Beiträge von Lucius Decimus Maximian

    Maximian ahnte nicht, dass auch sein Vater derzeit häufiger den Gedanken hegte, sich zur Ruhe zu setzen und ein Leben fernab der Legionen in Idylle und Einklang mit der Uhr des Lebens zu führen. Er war ja auch nicht alt. Nicht so alt. Genau genommen wusste Maximian das genaue Alter seines Vaters nicht mal.


    Sein erster Wurf traf mal wieder voll ins Schwarze. Die Grinsefalten auf Ahalas Gesicht verschwanden allmählich schon wieder, was Maximin lächeln ließ. Auch der zweite Wurf war nicht schlecht. Aber dann war Ahala schon wieder an der Reihe.


    "Dabei sind die Sommer Germaniens doch viel zu kurz, um die Reise hierher auf sich zu nehmen." Er schüttelte skeptisch den Kopf. Er würde das nicht tun, aber die Provinz Germania stand bei ihm ja eh unter einem schlechten Stern.

    Er hatte schon mit einem knappen und einfachen 'Ja' antworten wollen, da fragte Valeria ihn doch tatsächlich, warum er das wollte. Er blinzelte einen Moment lang, dann schüttelte sie den Kopf und verleugnete einmal mehr ihren Zustand. Maximian seufzte liese und senkte den Kopf, als die Katzen den Raum betrat und maunzend alles abstrich, was sich ihr da in den Weg stellte. So auch um Maximians Beine und von dort aus weiter zum Tisch, um den herum viele Krümel ihr Interesse weckten. Aber dem Brot und den Olivenfetzen konnte das Tier nicht viel abgewinnen.


    Maximian hätte dem Tier nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, schließlich waren Katzen da um Mäuse zu fangen. Valeria aber forderte, dass er dem kleinen, weichen Tierchen ein wenig Milch hinstellte. Zugleich hielt sie jedoch seine Hände fest und als er ihren Blick suchte, gab es einen kurzen aber sehr besonderen Moment, der Valeria sogar in Verlegenheit brachte.
    Ihm zauberte das ein Lächeln auf die Lippen, denn nach all dem, was sie er- und durchlebt hatten, wusste er nicht mehr genau, ob es jemals wieder solche Momente zwischen ihnen geben würde. Dieser Blick eben war der Beweis dafür, dass Valeria eben immer noch Valeria war, und er immer noch er. Es war nur einfach ein wenig Zeit ins Land gegangen. Nur ein wenig Zeit.
    Abermals atmete Maximian tief durch, dann suchten seine Hände nach Freiraum, entfernten sich aber nicht von Valeria. Ganz im Gegenteil. Sie langten nach Valerias Hüften, umfassten sie vorsichtig und zogen sie langsam von der Anrichte herunter. Gestützt durch ihn landete sie weich auf dem Boden und bekam Hilfe, während sie die ersten Augenblicke sicherlich unsicher stand. Maximian blickte Valeria dabei unentwegt in die Augen und rührte seine Finger kaum. Aber sein Herz pochte, weil sie sich so nahe standen.


    "Geht es? Kannst du stehen? Also gut, die Milch kann sie haben. Aber dann wird es Zeit für dich wieder ins warme Bett zu kommen. Wenn der Medicus erfährt, dass du länger als nötig gefroren hast, werde ich Ärger bekommen."
    Er hörte sich an wie seine Mutter. Seltsam. Maximian schmunzelte und überlegte, wie jemand hiervon erfahren sollte, denn nur er und Valeria wussten von diesem nächtlichen Zusammentreffen, niemand sonst.


    Damit löste er prüfend seine Hände, ließ Valeria diesen Moment allein stehen und nahm ein Schälchen aus dem Regal, füllte es zur Hälfte mit Milch. Eine Tätigkeit, die vom fordernden Maunzen der Samtpfote begleitet wurde. Er platzierte die Schale direkt vor dem kleinen Geschöpf, strich ihm dann einmal über das weiche Rückenfell und erhob sich wieder.


    "Kannst du gehen?" fragte er dann und war schon wieder bei Valeria. Die Amphore nahm natürlich er.

    Schwanger? Wie kam sie darauf? Ach ja, die Essgelüste. Maximian schmunzelte und schüttelte dann den Kopf. Nein, diese Option gab es in seinem Falle wohl nicht. Dann folgte er mit einer hochgezogenen Braue ihrer Ausrede dafür, dass sie die Sklavin nicht geweckt hatte und bemerkte, dass sie ihn zu beschwichtigen suchte. Nun gut, er wollte nicht so sein und so atmete er tief ein, um ein wenig milder gestimmt sein zu können.


    "Das steht fest" antwortete er trocken. Natürlich würde er sie zurück auf ihr Zimmer bringen, denn so wie sie aussah, musste er befürchten, sie würde auf halber Strecke einfach zusammenbrechen. Wenn sie Glück hatte, wachte einer der anderen noch vor Sonnenaufgang auf und würde sie am kalten Boden auffinden. Wenn nicht, würde sie noch ein paar Stunden dort liegen, auskühlen.... Nein, das musste nun wirklich nicht noch passieren.


    Wieder musste Maximin schmunzeln. Valeria scherzte, aber das hatte sie auch vor Tagen nicht verlernt gehabt, als es ihr weitaus schlechter gegangen war. Es freute ihn. Aber es war gefährlich ihr die Scherze abzunehmen, denn sie dienten dem Zwecke, dass man zu schnell darüber hinwegsehen wollte, wie es ihr in Wirklichkeit ging. Aus irgendeinem Grund glaubte Valeria, dass es ihr nicht schlecht gehen durfte, und so verleugnete sie ihren besorgniserregenden Zustand zu schnell.
    Sie nahm seine Hand und legte ihre beiden auf sie. Maximian sah auf ihre Hände, die kalt waren und sah hinauf in Valerias durch die Krankheit dauermüden Augen, die ihn aber nicht ansahen, sondern ebenfalls auf die Hände herab.


    "Eine dunkelhaarige Frau sagst du? Das kann nur Claudia Aureliana Deandra gewesen sein, denn meine Mutter kennst du ja. Keine Ahnung. Ist sie krank? Ach ja, ich habe meine Eltern über etwas diesbezüglich reden hören..." antwortete Maximian ihr und zuckte dann mit den Schultern. Apropos Decke, dachte er sich, Valeria würde so eine auch nicht gerade schlecht tun. Er sah sich kurz um, konnte aber nichts entdecken, dass den Dienst sinnvoll erfüllen konnte, sah zurück zu Valeria und entzog ihr seine Hand, denn hier konnte sie nicht bleiben.


    "Nein, bei der Legio habe ich noch nicht angefangen. Ich habe noch ein, zwei Dinge zu erledigen, aber dann..." erzählte er und machte sich daran das Schlachtfeld, das er hinterlassen hatte, ein wenig zu ordnen. Halbherzig wischte er die Krümel vom Tisch und stellte immerhin auch das Olivengefäß zurück, ehe er die Milch trank und sich hinterher den weißen Bart abwischte. Anschließend ging er langsam zu Valeria, die immernoch auf der Anrichte saß, den Umhang fest um ihre schmalen Schultern gezogen und schon leicht zitternd. Er musste aufstoßen, aber dann nahm er mit je einer Hand eine von Valerias und stand so direkt vor ihr.
    "Wenn ich weiß, dass du auf dem Weg der Besserung bist, werde ich mich mustern lassen. Vorher nicht." Er seufzte ganz leise und sah sich dann nochmal um. Hunger hatte er nun keinen mehr, aber er hoffte inständig, dass er vielleicht bei Valeria in dieser Hinsicht noch irgendetwas bewirken konnte.


    "Und du magst wirklich nichts essen? Ein wenig Apfelmus vielleicht? Ein Stückchen Brot?"

    Den Schwall an Informationen galt es erstmal zu verarbeiten, aber diesmal spielte das Hirn Maximians schon wesentlich besser mit. Fast ohne Verzögerung konnte er den genauen Inhalt Valerias Aussage verstehen und für sich verwerten, sodass er sie schließlich blinzelnd ansah und sich mit der Hand über die kurzen Haare im Nacken fuhr.


    "Ja, Hunger. Ich... ich tu das hin und wieder, wenn ich großen Hunger habe. Das kommt selbst zu den verrücktesten Tageszeiten vor, sodass es mich inzwischen nicht mehr wundert." Er lächelte dennoch leicht verwirrt (vielleicht allmählich auch ein wenig peinlich berührt) und schüttelte dann den Kopf. Schlafwandeln tat er nicht. "Und nein, ich bin hellwach."


    Etwas versetzt neben ihr stehend, wanderte sein Blick also hin zur leeren Amphore. Dafür brauchte sie also das Wasser bzw. besser gesagt sollte es dort rein. Maximian lupfte kurz die Brauen, nahm sich das gläserne Gefäß und ging zu einem Eimer, der mit frischem Wasser gefüllt war. Sein Blick war inzwischen strenger geworden, denn ihm gefiel ganz und gar nicht, dass Valeria in ihrem Zustand durchs Haus lief. Mit diesem Blick begegnete er ihr auch, während er mittels einer Kelle Wasser in die Amphore umfüllte.


    "Alesia ist eine Sklavin. Du hättest sie wecken sollen" sprach er. Jetzt war er also wieder ganz er selbst und voller Sorge um Valeria, die nicht umsonst eine Sklavin zur Überwachung abgestellt bekommen hatte. Während sie immer noch an Fieber litt, machte er sich Gedanken, ob sie durchkommen würde und da stand sie nun zu mitternächtlicher Zeit vor ihm. Er würde mit der Sklavin ein ernstes Wörtchen reden.
    Mit der gefüllten Amphore ging Maximian zurück zu Valeria. Er schloss das Gefäß und stellte es neben die kranke Decima auf die Anrichte. Dann stützte er beide Hände darauf und sah Valeria mit schräg gelegtem Kopf und fragender Miene an.


    "Geht es dir etwa schon besser?"

    Wo Wasser? ging es dem Menschenaffen durch den Kopf, der in diesem Moment immer noch nur nach einfachsten Mustern funktionierte. Alles ging ums blanke Überleben und Wasser stellte da sicher eine ernst zu nehmende Bedrohung dar. Erst, als Valeria die Amphore auf die Anrichte stellte, was ein Geräusch verursachte, auf das Maximians Instinkte reagieren konnte, glaubte er zu verstehen. Wobei... Amphore, Wasser.... naaaa, das war dann doch noch ein wenig schwer. Gleich kam er nicht drauf, was Valeria nur gemeint haben könnte. Wasser gab es doch überall. Wozu brauchte sie da eine Amphore für?


    Valeria hievte sich auf die Anrichte. Jetzt fielen Maxmimian auf ihre baren Füße auf, die völlig verdreckt waren. Er verstand noch weniger und überhörte ihre Frage.


    Also, langsam. Valeria tauchte des nachts in der Culina auf. Valeria suchte Wasser. Valeria hatte eine Amphore bei sich. So weit, so gut. Das sollte vorkommen. Aber warum trug sie keine Schuhe? Warum standen ihre blonden Locken so wirr ab? Und um Himmels Willen: Was suchte sie hier, wo sie doch nicht einmal kräftig genug war, um sich allein zu waschen?


    Weiterhin blinzelte Maximian, sah hinunter auf sein Schlachtfeld und mit leicht verklärtem Blick zurück zu Valeria.
    "Uhm... ja. Magst du etwas abhaben?" fragte er völlig verdattert. Dann ließ er sich zurück auf den Schemel fallen, schloss die Augen und fasste sich mit Daumen, Ring- und Zeigefinger ans Nasenbein, um einen Moment angestrengt nachzudenken.
    "Moment" bat er, verharrte einige Augenblicke und sah dann, als er glaubte wieder alles mehr oder weniger im Griff zu haben, auf. Er stand auch auf, fuhr sich mit der Hand über den Mund und ging hinüber zu Valeria, die immer noch auf der Anrichte saß. Erneut sah er einmal an ihr herab, dann sucht sein Blick unter einer gerunzelten Stirn hervor ihren.


    "Du solltest nicht hier sein. Aber du bist hier. Warum... bist du hier?"

    In ihn hinein ging folgendes: Essen, Trinken, eine Menge Luft und vor allem die Geräusche, die er beim Futtern, Trinken und zwischendurch Atmen so verursachte.
    Hinaus kam hingegen: Luft, begleitet von eben jenen Geräuschen.


    Wie das vonstatten ging, soll an dieser Stelle unbeschrieben bleiben. Er war jedenfalls so mit sich, seinem Essen und der Verarbeitung davon so beschäftigt, dass er nicht hörte, dass sich jemand näherte. Das nur mehr menschenähnliche Wesen bemerkte diesen Jemand auch nicht, als er schon in der Tür zur Culina stand und ihn erstaunt beobachtete. (Später soll sich aus eben solchen Situationen der ein oder andere Zoo entwickelt haben.)


    Erst, als er den Kopf mit dem Weinbecher (schon leer!) an den Lippen weit zurücklegen musste, um an die letzten Tropfen heranzukommen, musste sein Unterbewusstsein feststellen, dass da irgendetwas im Augenwinkel zu sehen gewesen war, das Aufmerksamkeit bedurfte. Es dauerte noch einige Sekunden, bis das Hirn an Arme, Beine und vor allem Futterluke gefunkt hatte, dass das Fressen kurzzeitig unterbrochen werden musste, aber dann ging wahrhaftig der Kopf Maximians in die Höhe und die Augen fanden über Umwege (Weinamphore, Brotlaib, Breitopf) tatsächlich hin zur Tür, wo er immer noch voller Faszination beobachtet wurde.


    Ein Rülpsen gerade noch so unterdrückend (ah, Mann fand in die Zivilisation zurück), erkannte Maximian Valerias dürre und blasse Gestalt. Sie hatte sich scheinbar einen dünnen Umhang umgewickelt und hielt sich wackelig auf den Beinen.
    (Es brauchte im Folgenden wieder einige Momente, bis seine Augen dem Hirn glaubhaft versichert hatten, dass ihn das, was er sah, beunruhigen musste.)
    Schließlich blinzelte Maximian verdattert und rieb sich sogar nochmal ungläubig über die Augen. Dann machte er aber sogleich Anstalten sich zu erheben, wobei sich ein Schwall von Krümeln aus den Falten seiner Nachttunika über den Tisch ergoss.


    "Valeria... Was suchst du denn hier unten?"

    Maximian nickte. Zum einen, weil es ihn irgendwie beruhigte, dass Mattiacus Valeria bereits kannte, denn so würde er einen Vergleich zu dem haben, was sie heute noch war. Zum andern, weil er gehofft hatte, dass ein qualifizierter Arzt sich Valerias annehmen würde.


    "Leider ist es wahr. Ich weiß nicht, ob es vielleicht übereilt wäre, aber.... meinst du, du könntest gleich mal einen Blick auf sie werfen? Seit Romanus' Tod damals...." Er machte eine Pause, weil der Gedanke an seinen kleinen Bruder immer noch schmerzte.
    "Nun, ich habe mir damals geschworen, dass wann immer jemand an einem Fieber erkrankt, ich alles dafür tun werde, damit derjenige auf der Stelle untersucht wird."

    Maximian war schon lange nicht mehr der Fresssack, der er einst gewesen war. Man hatte ihn ja beinahe nur noch mit etwas Essbarem in der Hand gesehen, nie ohne. Und auch wenn es nie angesetzt hatte, so waren doch irgendwann alle so ein wenig besorgt um den jungen Menschen gewesen, der ohne Unterbrechung essen konnte.


    Einige Monate später war ersichtlich, wofür er all die Energie gebraucht hatte. Er war ein ganzes Stückchen gewachsen und das nicht nur einfach in die Höhe, sondern auch in die Breite, sodass er ein schon viel breiteres Kreuz und eine enorm männlichere Figur aufweisen konnte.
    Trotzdem gehörte es immer noch zu seinen Gewohnheiten des nachts in die Culina zu pilgern und dort (so gut wie immer allein) die Vorräte zu plündern. Ja, mittlerweile stellte die fette Küchensklavin sogar manchmal einen Teller mit Leckereien für ihn bereit. Scheinbar hatte sie soetwas wie ein Gefühl für Maximians unerklärliche Gelüste.


    In dieser Nacht sollte es also wieder einmal so weit sein. Zu nächtlicher Stunde, die Familienmitglieder und auch die meisten der Sklaven schliefen friedlich, lief ein verschlafener Decimus bedacht auf Lautlosigkeit noch beinahe im Halbschlaf den Weg zur Culina ab, um sich dort erst einmal Licht zu verschaffen.
    Gähnend sah er sich um. Ging an einen Topf und sah hinein. Sah nach irgendeinem Brei aus. Sicherlich für den Folgetag bestimmt. Nicht so seine Sache, aber seine Mutter aß vieles, das er nie anrühren würde. Nein, ihm war nach etwas Herzhaftem.... Hm. Sich den Bauch kratzend sah er sich um. Die Köchin hatte diesmal auch nicht an ihn gedacht, sodass ihm die Futtersuche doch erheblich erschwert wurde, zumal er sich tagsüber eher selten in der Culina rumtrieb.


    "Hmmmmmmmm...." murmelte er und ging an ein Regal, in dem verschiedenste Dinge aufbewahrt wurden. Von dort nahm er sich ein kleines, tönerndes Gefäß, in dem die gutschmeckenden, marinierten Oliven aufbewahrt wurden. Mit bloßen Fingern nahm er sich eine heraus und ließ sie im Mund verschwinden. Gleich danach noch eine.


    "Lecker." Ja, das waren sie. Da war er, dessen kurze Haare immer noch verstrubbelt aussehen konnten, urplötzlich auch so richtig wach. Weiter. Da musste es noch mehr geben. Ah! A wie Apfelmus. Hmmm. Da konnte es einem doch egal sein, ob das zu Oliven passte. Dazu noch ein paar lukanische Würste und etwas Brot. Ha. Perfekt.
    Maximian stellte das alles auf den kleinen Tisch. Dann nahm er sich aus einer Amphore noch ein Glas unverdünnten Wein und weil er darüber stolperte auch noch ein halbvolles Glas irgendeiner Milch.


    Sein Magen hatte mittlerweile laut zu knurren begonnen. Also setzte er sich, rieb die Hände aneinander und begann dann.... Tjaaaaa, was begann er dann? Es schien, als würde er die Evolution im Folgenden rückwärts durchleben. Er mampfte... und wie! Man hätte meinen können, er würde am Tage nichts zu essen bekommen, so ging er, der sich allein wusste und so keine Manieren zeigen brauchte, da plötzlich zu Werke. Eine Herde Wildschweine war nichts gegen den jungen Mann - oder was der Hunger von ihm noch übrig gelassen hatte.

    Bedauerlich, fand Maximian. Was hätte der Bau eines Gymnasions für die Bevölkerung hier bedeutet? Nicht nur für die Römer wäre es eine Bereicherung geworden, weil sie damit nicht mehr allzu viel vermissen müssten. Nein, auch die Germanen (also jene, die den Römern zugetan waren) hättem davon profitieren können. Im Endeffekt hätte es sich vielleicht sogar positiv auf die hiesige Stimmung auswirken können. Hm.


    "Wo steckt Apollonius überhaupt? Weißt du das?"
    Es interessierte ihn doch schon sehr, wo sein Lektor abgeblieben war, immerhin hatte er damals in Tarraco viele Unterrichtsstunden von ihm erhalten. Und auch die ein oder andere Schelte...


    "Wunderbar, dann sollte sich meine Entscheidung auch nicht mehr allzu lange hinziehen" entgegnete Maximian erfreut, als es hieß, dass schon alle Vorbereitungen getroffen waren. Sichtlich erfreut nahm er die Würfel wieder auf. Der Verlierer durfte beginnen. Diesmal würde er wieder gewinnen.

    Wunderbar. Es konnte gleich begonnen werden. Wenn es so doch überall vonstatten gehen würde... Maximian folgte der Malerin ins andere Zimmer und sah sich kurz darin um. Es war karg eingerichtet, wohl damit nichts beim Malen störte. Er sah die Kline, die vor einem roten, mit goldenen Kordeln und Quasten gerafften Umhang aufgestellt war. Daneben stand ein niedriger Dreifuß, auf dem Boden lag ein farbenfroher Teppich. Rechts von der Kline fiel Licht durch ein Fenster ins Zimmer, auf der anderen Seite standen Kommoden, auf der allerhand Malutensilien sortiert waren. Dann standen da noch einige Rahmen und und und....


    Während der junge Decimus seinen Mantel auf einem Schemel ablegte und sich auf der Kline setzte, nickte er. Natürlich hatte er wie immer Appetit und da diese Sitzung einen Moment dauern würde, wäre es vielleicht nicht falsch, sich vorher schon mit ein wenig was für den Magen einzudecken.
    "Ein Glas Wein vielleicht. Und ein paar Oliven mit Brot?"

    Maximian war tatsächlich noch einen Moment mit im Raum stehen geblieben. Da das Cubiculum damit aber recht voll war und der Medicus gleich ans Werk gehen würde, zog er es vor nicht weiter im Weg rumzustehen und verließ das Zimmer mit einem unguten Gefühl. Er wartete noch einen Moment ab, ob seine Eltern ihm folgen oder zumindest Iulia bei Valeria bleiben würde.


    Er würde die Zeit sonst erst einmal nutzen, um selber in Mogontiacum anzukommen. Sich waschen, umziehen und stärken.

    Maximian nickte und sah an sich herunter. Unter seinem Mantel trug er eine frische Toga. Jene, die zeigte, dass er dem Senatorenstand angehörte. Natürlich war die wie immer sauber und knitterfrei, da er ja nur über den Markt geschlendert war. Schließlich sah er die Künstlerin wieder an und löste den Mantel, ihr verschmitztes Lächeln mit einem fröhlichen Lächeln erwidernd.


    "Gut, ich finde das gut. Dann lass uns auch gleich anfangen. Je eher, desto besser" sagte er und nickte, den Mantel schon ordentlich über den Arm gefaltet. Der Preis interessierte ihn erst einmal nicht, da er nichts kaufen würde, das ihn seiner Meinung nach nicht gut getroffen hatte. Also blieb noch genügend Zeit für Verhandlungen, auf die die junge Verkäuferin sicher von ganz allein kommen würde.

    ".... Aber der ist nunmal gerade nicht zur Stelle. Dswegen beharrte sie auf ihr eigenes Urteilsvermögen. Na jedenfalls ist sie gewiss schon seit zwei Wochen sehr schwach. In Confluentes wäre sie beinahe schon zusammengebrochen... Seither hat sich ihre Sklavin um sie gekümmert, aber selbst die schien überfordert, als wir von Colonia aus hierher aufgebrochen sind. Die Reise hat ihr arg zugesetzt. Seither hustet sie und..."


    Maximian seufzte nach diesem Redeschwall. Sie waren vor Valerias Zimmertür angelangt. Er legte eine erschöpfte Hand gegen die Tür und sah den Medicus an.


    "Jetzt bist du gut vorbereitet. Das musst du auch sein, weil sie dich nur wegen uns an sich heranlassen wird. Mit der Einscht hat sie es nicht so.."


    Ja. Mehr brauchte er wohl nicht wissen, denn alles andere würde er herausfinden. Maximian nickte und klopfte dann leise an, um dem Medicus die Tür zu öffnen.

    Den hatte der Sklave in der Tat dabei. Es hatte ja schnell gehen sollen. Also schloss er dem Medicus auf und betrat hinter ihm das Vestibulum. In eben diesem wartete Maximian ja bereits und ging erleichtert auf den Medicus zu, um ihn zu begrüßen.


    "Ah, endlich.... ich meine salve. Decimus Maximian, freut mich. Danke, dass du so schnell gekommen bist. Wenn du mir einfach folgen würdest, bringe ich dich direkt zu der Kranken."


    Er ging los, natürlich darauf achtend, dass der Iulier mithielt und im Gehen erzählte er:


    "Es handelt sich um eine Frau. Sie liegt bereits seit einigen Tagen mit Fieber im Bett und isst kaum etwas. Eigentlich eher gar nichts. Sie sieht Dinge, die gar nicht da sind und hat sich bislang geweigert, untersucht zu werden, es sei denn ihr Lehrer wäre zur Stelle gewesen...."



    Die Braue blieb dort, wo sie besonders guten Ausblick genoss - nämlich hochgezogen. Selbst, als er kurz in die Tasche sah und sporadisch darin 'herumwühlte', blieb sie oben. Er fand so einiges. Komische Gerätchen, ein paar Wurzeln in kleinen Säckchen, eine kleine Dose. Ah, und Kräuter.


    "Ja... Kräuter sind drin" antwortete er und nahm mit ratloser Miene die Ölflasche entgegen, um sie in die Tasche rutschen zu lassen.


    Es musste unweigerlich eine skeptische Augenbraue des Sklaven nach oben wandern, während er wieder einen Schluck Wein trank. Der Arzt war ja mal locker drauf. Ahala wusste nicht, ob es ihn mehr beängstigen sollte, dass das Leben seines Herrn in den Händen dieses Mannes stand, bzw. in diesem Moment das seiner Nichte, oder ob er sich in seiner Antipathie gegen diese Bauchaufschneider bestärkt fühlen sollte.


    "Weiß nicht. Sie brachten die Frau rein, riefen mich und schickten mich sogleich los."


    Dann nahm er die Tasche. Mit einer seiner Pranken hielt er also die, in der anderen noch den Becher. Mit einem nachdenklichen Blick auf letzteren stellte er ihn schließlich weg und räusperte sich erneut ungeduldig.