Die letzten Tage hatte ich leider kaum Zeit, mich intensiver als rein lesend mit dieser Diskussion zu befassen. Da ich jedoch mit meiner ID nahezu beispielhaft von diesem Thema betroffen bin, will ich meine Meinung doch noch beisteuern. Zunächst einmal sei gesagt, dass ich diese Entscheidung guten Gewissens unterstütze und mittrage. Wieso, weshalb und warum es dazu kam, will ich ein wenig näher erläutern. Ich dachte nämlich einst anders.
Als Grundlage der Entwicklung, die zu diesem Schritt geführt hat, ist der Grundgedanke des IR zu sehen, wie er auch in den Spielregeln zu finden ist. "Wir schreiben hier das Jahr 103 nach Christus (856 ab urbe condita) und wir leben (in) Rom. Das bedeutet, dass wir auf diesen Seiten versuchen, das Leben im alten Rom zu simulieren." Jedem in diesem Forum ist dieses gemeinsame Ziel klar, das Leben im Rom der antiken Kaiserzeit kennenzulernen und einen Teil davon auch mit selbst erschaffenen Charakteren nachzuspielen und nachzuerleben. Uns verbindet das gemeinsame Interesse am alten Rom und die Absicht auf dieser Basis zusammen ein wenig Spaß zu haben. Natürlich steht dabei vor allem der Spaß im Vordergrund, ist jedoch eng mit dem Lernen und Erfahren von neuem Wissen verknüpft. Anfangs war mir diese enge Verbindung weniger bewusst. Im Verlauf meiner aktiven Zeit im IR stellte sich jedoch heraus, wie wichtig diese Komponente vor allem für den dauerhaften, langfristigen Spaß an der Sache ist. Die reine, pure Karriere und das Machtstreben, sowie auch das ständige Beziehungsgeplänkel, verlieren ab einem gewissen Zeitpunkt ihren Reiz und der Fokus verlagert sich mehr und mehr auf die hinter all dem stehende, echte Information und das verfügbare Wissen.
Die Tatsache, dass sowohl Senat als auch Cursus Honorum im historischen Rom der Antike keinerlei weibliche Mitglieder hatten, wird kaum jemand bestreiten. Somit ist eine Sperrung dieser Gremien für weibliche IDs faktisch eine Annäherung an die historische Realität. Historisch war das öffentliche Leben vorwiegend von den Männern bestimmt. Frauen wirkten primär im Hintergrund mit. Natürlich entsteht aus einer solchen Trennung der Geschlechter in den beteiligten Gremien eine völlig andere Atmosphäre, als dies bei einer gemischten Besetzung der Fall wäre. Jedem wird bekannt sein, dass maßgebliche Unterschiede zwischen rein männlichen Gemeinschaften, gemischtgeschlechtlichen und rein weiblichen existieren. Insofern ist die Anwesenheit von Frauen im Senat oder Cursus Honorum nicht nur für die betroffenen IDs selbst von Belang. Auch für die anderen Beteiligten verändert sich der gegebene Rahmen. Der Kampf zwischen den Geschlechtern, sowie der Faktor möglicher "Beziehungskisten" wird hineingetragen. Diese Dinge beeinträchtigen aus der Sicht des historischen Realismus die eigentlich regulären Verhältnisse und stören so diese Form des Erlebens. Natürlich kann auch eine solche Spielweise in gewisser Weise Spaß machen und es mag interessant sein, wie sich Beziehungskisten zwischen Senatorinnen und Senatoren entwickeln, oder wie die weiblichen Senatoren beispielsweise gegen Vorurteile oder für besondere Rechte kämpfen. Doch in einem bemüht historischen Senat hat wohl keines von beidem einen wirklichen Platz.
Dem Realismus gegenüber steht in dieser Diskussion wohl scheinbar der Spaß am Spiel. Sehr viele Spieler leiten sich die Motivation für ihr Engagement aus den Möglichkeiten zur Karriere ab. Vor allem am Anfang des Spiels ist dies ein absolut nicht zu vernachlässigender Faktor. Auch ich war mal neu und auch ich habe Karriere machen wollen. Man will es uns zwar scheinbar gerne absprechen, doch ich kann mich wirklich noch sehr gut daran erinnern. (So alt bin ich als Spieler nun auch noch nicht.) Es gab während meiner Zeit schon sehr viele SimOff-Diskussionen zu diesem Frauen-ID-Thema, die mich mehr als einmal in Rage gebracht haben. Ich habe mich fürchterlich darüber aufgeregt, wie platt die Vertreter jenes Credos zumeist ihr Ziel verfolgten und sich nicht einmal die Mühe machten, über die Argumente und Probleme der 'Gegenseite' nachzudenken, geschweige denn sich (auch auf direkte Aufforderung hin) auch nur irgendwelche Lösungen dafür zu überlegen. Doch im Laufe meiner Panik kam ich auch nicht umhin mir selbst Ausweichmöglichkeiten "für den Fall, dass" zu erdenken. Als sich in den Diskussionen letztlich (damals war ich auch noch nicht SuperMod) diese Entwicklung abzeichnete, nahm ich die Sache irgendwann in Angriff. Über einen sehr langen Zeitraum hinweg habe ich meine eigentlich sehr bewusst für die Politik angelegte weibliche ID nach und nach langsam verändert. Ich bereue diese Entwicklung nicht und empfinde das Spiel mit ihr inzwischen vielmehr als bedeutetend angenehmer. Auch wenn es zugegebenermaßen lange dauern kann ist es also durchaus möglich, ein Charakterkonzept dauerhaft zu verändern. Der andere Teil meines Plans ist mir weniger gut geglückt. Eine neue ID sollte Livias Platz in der Politik einnehmen, da mir dieser Bereich der Sim einst viel Spaß gemacht hatte. (Die Frauendiskussion und vor allem die Tatsache, dass und wie sie SimOn geführt würde, hat den Löwenanteil zu diesem Spaßverlust beigetragen.) Doch um eine völlig neue ID noch einmal den ganzen Weg nach oben zu bringen, braucht es viel Kraft und Einsatz. Da ich all dies allerdings schon einmal gemacht habe, kann ich die notwendige Motivation für eine Wiederholung kaum noch aufbringen. Diesen Umstand finde ich sehr schade und ich hoffe weiterhin, dass es eines Tages trotzdem noch klappt und ich mich doch wieder für die Politik begeistern kann.
Vor genau dieser Entwicklung und dieser Sackgasse, vor der ich nun stehe, sehe ich durch diese Ankündigung der Spielleitung andere Spieler bewahrt. Die Wege bis zum Cursus Honorum sind vielfältig und niemand muss den gleichen zwei Mal gehen. Somit ist alles bis zu dieser Kandidatur keineswegs vergeudete Energie. Erst mit der Quaestur beginnt man seine gewählte Nische zu verlassen, das vorher Erarbeitete teilweise aufzugeben und in die Politik an sich zu investieren. Daher halte ich auch genau diesen Zeitpunkt für am sinnvollsten, um diese Beschränkung einzuführen. Die Kritik bezüglich der Ankündigungsform wird allerdings auch von mir voll akzeptiert. Die Information hätte schon weitaus früher bekannt gegegeben werden sollen. Das war zugegebenermaßen intern ein wenig sehr dumm gelaufen. Ein nachträgliches Aufheben der Entscheidung beziehungsweise ein Aufschub seines Inkrafttreten würde allerdings inhaltlich nun auch keinen Unterschied mehr machen. Auch ohne Verbot würde wohl kaum eine weibliche ID unter diesen Voraussetzungen noch in der kommenden Wahl antreten.
Zusammengefasst wäre meine Prognose zu den Auswirkungen dieser Entscheidung, dass wir einen schöneren, realistischeren Senat und Cursus Honorum bekommen. Darüber hinaus werden wir anfangs verhältnismäßig wohl einen sinkenden Anteil an weiblichen IDs haben. Das streite ich nicht ab. Doch ebenso wenig glaube ich, dass wir die wirklich wertvollen, unentbehrlichen Charaktere dabei verlieren werden. Man gibt keine wirklich geliebte ID auf, nur um einen Mann für die Politik spielen zu können. Nur ohnehin schon teils verworfene, noch halbherzig gespielte Charaktere werden weichen müssen. Weibliche IDs werden auch weiterhin angelegt und dabei vielleicht im Hinblick auf ihr Geschlecht sogar noch bewusster und farbiger erschaffen werden. Es ist schließlich nicht zu vergessen, dass ihnen in Bezug auf die "alltägliche" Beschäftigung weiterhin fast alle Möglichkeiten offen stehen und ausschließlich die höchsten Ebenen einer politischen Karriere von nun an verwehrt werden.
- solus semis meus -