"Bona Dea, ist das eine Hitze! Das ist ja kaum auszuhalten!" Hektisch wedelt Lucilla mit ihrem Fächer vor ihrem Gesicht herum. "Wo bleibt mein gekühlter Fruchtsaft? Gaius, etwas schneller wenn ich bitten darf, ich schmelze schon dahin. Herrje, ich habe das Gefühl, das Hauspersonal wird auch immer träger je heißer es wird."
"Du hast gut reden," entgegnet Lucillas Freundin Jocasta. "Du warst ja in den letzten Wochen draußen auf dem Land. Was soll ich denn erst sagen? Du glaubst ja gar nicht, wie unmenschlich heiß es hier war. Auf der Feier von Luria Pocycleta ist der Honig schneller aus den Globi geflossen, als man den zweiten Bissen essen konnte. Bona Dea, das war vielleicht eine Sauerei. Es war geradezu köstlich, vor allem, wie Valentina die gelbe Soße über ihr strahlend weißes Kleid gelaufen ist. Dumme Pute, was tackelt sie sich auch immer auf als wäre sie eine Vestalin? Dabei weiß doch jeder, dass sie mit kaum einem Mann in Rom noch nicht in der Kiste gelandet ist." Jocasta verdreht die Augen. "Aber das ist auch das einzige, was du verpasst hast."
Lucilla winkt abgeklärt ab. "Ach, hör mir bloß auf mit Festen. Bei Klothos endlosem Faden, die Gelage von Großtante Drusilla sind ja schon immer pompös genug. Das Problem dabei ist, dass man von den ganzen Gästen gleich zum nächsten Fest eingeladen wird. Eigentlich wollte ich doch schon vor zwei Wochen wieder zurück nach Rom, aber dann hatte es Großtante Drusilla tatsächlich geschafft, Petronia Petronilla für den Abend einzuladen. Du weißt schon, die alte Schnäpfe von dem Pontifex Petronius. Die kann ich ja überhaupt nicht ausstehen, aber ihre Gelage sind sagenumwobenen. Und das zu Recht." Lucilla unterstreicht den Satz mit einer entsprechenden Mimik. "Denn natürlich hat sich Petronilla mit einer Einladung revanchiert, da konnte ich einfach nicht nein sagen. Bei den Mänaden des Dionysos, so etwas hast du noch nicht gesehen. Dass eine derart träge Frau ist so ein Fest schmeißen kann - ihr Vilicus muss gold wert sein. Und sie hat Sklaven in allen Hautfarben und aus allen Gebieten des Imperiums. Aber aus keinem Gebiet zwei, außerdem nur männliche und sie waren alle ..." Lucilla macht eine Bedeutung schwangerer Pause. "... nackt." Noch bei der Vorstellung erröten ihre Wangen in einem zarten Rot. Sie schüttelt gespielt entrüstet ihren Kopf. "Mehr will ich dir gar nicht erzählen. Auf jeden Fall, auf Petronillas Gastmahl war dann auch Iunia Umbricia, die Frau vom alten Senator Iunius, und die hat zwei Tage später zu sich eingeladen. Na du weißt ja, da konnte ich schlecht Nein sagen, den iunischen Landsitz wollte ich doch schon immer einmal sehen. Sie haben drei Flügel nur für Gäste." Lucilla zuckt mit den Schultern. "Völlig übertrieben, wenn du mich fragst. So unbeliebt wie der alte Iunius ist, kriegen die doch nicht einmal einen Flügel voll." Sie kichert hämisch und Jocasta fällt ein.
"Und, war er auch dar? Der alte Iunius, meine ich. Es heißt ja, er soll jeder Frau gleich nachsteigen, die über die Türschwelle tritt."
"Nein, nein. Als Senator muss er doch in Rom bleiben. Nur Iunia ist draußen auf dem Land. Aber sie hat einen Griechen dar, so einen Dichter. Ich glaube, sie hintergeht ihren Mann."
"Was?" Jocasta reißt ihre Augen auf. "Nein! Das glaube ich nicht!"
Genau wie Lucillas Familie kommt auch Jocastas Familie aus der Provinz. Und wie Lucilla ist auch sie immer noch ein bisschen unbedarft was das Leben in der römischen Stadt und den Ländereien darum herum angeht.
"So ein Grieche ist überhaupt derzeit sehr schick." sagt Lucilla. "Gargonia Hypsaea, bei der wir drei Tage später zu Abend gegessen haben, hat auch einen. Aber kein Dichter, sondern einen Philosophen. Er hat ununterbrochen geredet. Großtante Drusilla will sich jetzt auch einen anschaffen. Mal sehen, vielleicht wenn ich mit Avarus verheiratet bin kaufe ich mir auch einen. Als Senatorengattin braucht man so etwas. Aber keine Philosophen, nur einen Dichter."
Mit einem gewichtigen Gesichtsausdruck nickt Jocasta zustimmend. Sie hat zum Glück einen Eques geheiratet, da braucht sie keinen Griechen.
Lucillas seufzt. "Ach, weißt du was, lass uns zu den Mercatus gehen. Unten in den teuren Geschäften ist es sowieso schattig, und wer kommt bei dieser Hitze schon auf die Idee einkaufen zu gehen? Wir werden die ganzen Mercatus für uns haben." Lucilla lacht fröhlich und Jocasta fällt ebenso fröhlich ein. Sie stellen ihre kühlen Getränke auf einen Tisch ab, und machen sich auf den Weg in die Stadt.