Beiträge von Nakhti

    Endlich hatte Nakhti jemanden gefunden, der ihm weiter helfen konnte. Dieser Jemand, dem Aussehen und Auftreten nach ein Seemann, führte ihn zu einem Schiff, das im Hafen an der Pier lag.

    Ein paar Tage nach diesen Ereignissen war ein ägyptischer Sklave auf der Suche nach dem Kaufmann aus Hispania. Das erwies sich als gar nicht so einfach, denn man hatte ihm keinen Namen genannt und die Leute in der Hafengegend Ostias mochten keine in gebrochenem Latein gestellten Fragen.

    Aufmerksam und durchaus fachkundig verfolgte Nakhti, wie sich die Einbalsamierer an den Verstorbenen zuschaffen machten. In seiner ägyptischen Heimat war die Konservierung der Toten eine hohe Kunst und wie er nun sah, waren diese Leute weniger sorgfältig und vermutlich auch weniger Kenntnisreich. Mit einem missfallenden Schnalzen quittierte er, als nicht einmal die wichtigsten Organe entnommen wurden. Aber da Nakhti inzwischen gelernt hatte, dass die Römer ihre Toten am Ende ohnehin verbrannten, beließ er es dabei und dachte auch lieber nicht daran, was diese Unsitte für die Seelen der Verstorbenen bedeuten würde. Schließlich waren die Männer fertig und verabschiedeten sich.


    Auf hölzernen Bahren lagen sie nun Seit an Seit. Links Lysias, der alte Grieche, rechts Flavus Aelius Vassenius. Beide in weiße Tücher gehüllt und passabel hergerichtet, so dass ein unaufmerksamer Beobachter sie vielleicht für schlafend gehalten hätte.
    Über ihnen hatte man ein Sonnendach aus festem Leinenstoff gespannt, das Sonne und Regen abhalten würde. An den vier Seiten waren Vorhänge aus dünnem, durchscheinendem Stoff angebracht. Nakhti hielt die erste Totenwache. Bis zu ihrem Begräbnis würde immer ein Sklave des Hauses bei den Verstorbenen verweilen und über ihre Totenruhe wachen. Endlich wurde der Ägypter von einem anderen Unfreien abgelöst und macht sich müde auf den Weg. Er hatte noch einen Auftrag zu erledigen.

    Der Ägypter hörte Hadrianus mit offnem Mund und gewohnt dümmlichen Gesichtsausdruck zu. Dann verneigte er sich weiteres Mal.
    “Ja –err. Nein –err.“, gab er wenig aussagekräftig von sich um dann eiligen Schrittes zu entschwinden.

    Als Nakhti in den Speisesaal sah, erblickte er den am Boden liegenden jungen Herrn. Er kniete nieder und faste ihn vorsichtig an der Schulter. Er rührte sich nicht.
    Der Sklave rüttelte ihn etwas sachter, doch immer noch war da keine Reaktion.
    Er drehte ihn auf den Rücken und stellte fest, dass hier wohl alle Hilfe zu spät kam und der junge Mann bereits vor Osiris’ Gericht stand.
    Ruhig, so wie Ägypter mit dem Tod umzugehen pflegten, stand Nakhti auf um den Hausherrn zu holen.

    Als Nakhti die Pforte öffnete, sah er seinen griechischen Lehrer auf den Stufen liegen. Im ersten Augenblick wusste er nicht zu sagen, ob der alte Mann bei Bewusstsein war, oder nicht. Besorgt kniete er nieder und schob seine Hände unter Lysias’ Kopf.
    “-err?“

    Auf einen Fingerzeig des alten Griechen machten die zwei es sich in einer Ecke der Bibliothek bequem. Dann begann der Unterricht.


    “Se-vus mei domini sum.“, sprach Nakhti mehr schlecht als recht nach.