Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Nachdem Menecrates den Text noch einmal verlesen bekommen hatte und sogar spontan für die Annahme gestimmt hatte, kamen ihm Bedenken, die er noch rechtzeitig äußern wollte, bevor der gesamte Senat über die Vorlage abstimmen würde.


    "Wäre es nicht schlau, zur Vermeidung von Missverständnissen, zwei Sätze im allgemeinen Teil anzufügen?

    Über die schlussendliche Vergabe von Auszeichnungen stimmt der Senat ab. Eine Verpflichtung, der Einschätzung der Consuln zu folgen, besteht dabei nicht. "

    Als Lurco den Raum betrat, unterbrach Menecrates seine Wanderung.

    "Salve Cornicularius", erwiderte er den Gruß. Zeit für anderes blieb nicht, denn Lurco legte sogleich los. Es schien, als hätte er viel zu lange auf eine Möglichkeit warten müssen, sich allen Ballast von der Seele zu reden.

    Sie nahmen beide nicht Platz. Um sich auf das Gehörte bestmöglich konzentrieren zu können, nahm Menecrates seine Wanderung wieder auf - den Blick auf den Boden gerichtet. Dabei reduzierte sich die optische Sinneswahrnehmung auf ein Minimum und die Ohren übernahmen die Macht. Wie zu erwarten, wurde klar, dass Geschehenes nicht rückgängig zumachen ging. Erst recht konnten die Dinge, die ungenügend oder sogar schief gelaufen sind, nicht aus der Welt geschafft werden. Nicht einmal, wenn sie einen Schuldigen fänden, würde das im Nachhinein etwas ändern. Das Trauerspiel nach dem Überfall würde in die Annalen der Corhortes Urbanae eingehen. Menecrates hoffte, dass wenigstens für alle derzeit Dienenden der Stadtkohorten ein zufriedenstellender Abschluss gefunden werden konnte. Das war der zu erfüllende Anspruch, den er aus der langen Einführungsrede mitnahm.


    Als Lurco einen Bericht erwähnte, hielt Menecrates in Gehen inne und hob den Blick. Er erwartete Fakten, Hinweise, Spuren auf mögliche Tatverdächtige, denn gerichtet oder angeklagt wurde bisher offenbar niemand. Aus Interesse trat er näher und warf, während der Cornicularius vorlas, gleichzeitig einen Blick auf das Papier. Seine Augen verengten sich, während er sich auf die Informationen konzentrierte. Offensichtlich gab es rivalisierende Banden in der Subura, was grundsätzlich keine Überraschung darstellte, aber in Bezug auf den Überfall auf die Statio I durchaus.

    "Ein Bandenkrieg?", spekulierte er, was sich natürlich noch als Irrtum herausstellen konnte, denn der Bericht barg weiteren Inhalt. Er las sich wie ein Krimi, denn nachdem die zuerst Verdächtigten ihren Bandenchef samt einiger Mitglieder verloren hatten, stellte sich die Frage, wer hinter allem steckte.

    "Siebenundzwanzig Krähenleichen. Da stellt sich mir die Frage, wie groß wohl diese Bande war oder ist. Ist sie ausgelöscht?" Er blickte flüchtig Purgitius an, dann senkte er wieder den Blick auf das Papier und hörte zu. Zeitgleich kam der Ersteller des Berichtes zu dem Schluss, dass es sich um eine zweite, gegnerische Bande handelte, die in den Sachverhalt verwickelt war. "Also doch, Bandenrivalität!" Offen ließ der Bericht, ob die Station zufällig oder mutwillig zerstört wurde. Nein, Menecrates korrigierte sich in Gedanken. Der Bericht ordnete die zerstörte Station einer Reihe von eliminierten Einrichtungen zu, die der Krähenbande zur Last gelegt wurden.


    "Es sieht danach aus, als liegt unsere Statio I auf dem Territorium einer anderen Bande, die von den Krähen geschädigt werden sollte." Er hielt inne. "Ist etwas über diese zweite Bande bekannt?" Menecrates fuhr sich durch das Haupthaar. Irgendetwas stimmte an der gesamten Geschichte nicht. "Wieso zerstört eine Bande unserer Statio, die offensichtlich auf dem Territorium einer anderen Bande steht und wird daraufhin von einem eingeschleusten Mann dieser Bande oder einer anderen eingeschleusten Vertrauensperson ausgelöscht? Wieso rächt jemand uns und natürlich auch andere Geschäfte, aber vor allem uns? Das lässt sich vielleicht noch mit Revange erklären. Wieso aber, zum Hades, duldet diese andere Bande unsere Statio? Tut sie es wirklich oder scheint es nur so? Steckt etwas anderes dahinter? Auf Anhieb erklärt sich mir das Ganze nicht." Er atmete einmal tief durch, nahm den Bericht von Purgitius entgegen und setzte sich an den Tisch. Wahrscheinlich hatte er bei der Flut an Informationen etwas übersehen.


    Bevor er nochmals in Ruhe las, blickte er zu Purgitius. "Kurz zurück zum Anfang. Hier stand etwas von einem Vertrauten, der den Kopf der Krähenbande niedergestreckt hat. Die geschilderten Spuren am Tatort lassen mich das ebenfalls glauben, ich halte diese These für schlüssig. Das bedeutet weiter, es gibt oder gab einen eingeschleusten Mann in der Krähenbande. Stellt sich die Frage, wem arbeitet dieser Mann zu? Einer anderen Bande? Jene, auf deren Territorium wir gebaut haben? Einem Geschäftsmann?" Menecrates hob die Brauen und wirkte spitzbübisch, als er eine weitere Vermutung äußerte. "Der Garde?"


    Er musste etwas übersehen oder falsch verstanden haben, daher vertiefte er sich wieder in den Bericht, aber nicht ohne aufzuhorchen, falls Lurco Antworten gab.

    Menecrates realisierte etwas verspätet, dass die Vorlage von ihm kommen sollte und dies möglichst umgehend und ohne längere Überlegung. Er begann, um sich etwas Zeit zu verschaffen, mit der Verpackung, die er für richtig hielt.

    "Ich würde eine senatsinterne Richtlinie bevorzugen. Aus Gesetzen lassen sich Rechtsansprüche ableiten, obwohl eine schlecht verlaufene Abstimmung auch nicht per Klage gekippt werden kann." Immerhin banden sie sich auch mittels Richtlinie an eine bestimmte Vorgehens weise.

    "Ich möchte mit einer allgemeinen Formulierung beginnen. Sie könnte lauten:

    Jeder Amtsinhaber hat spätestens am Tag seiner Res Gestae den Consuln Unterlagen zur Verfügung zu stellen, auf deren Grundlage eine Bewertung der Amtszeit möglich ist. Die Consuln verkünden ihre Einschätzung, ob die zurückgelegte Amtszeit einer Auszeichnung würdig ist, nach der jeweiligen Res Gestae vor dem Senat.

    Unterlagen können nicht nachgereicht werden. Was bis zum Tag der Res Gestae fehlt, kann keinen Eingang in die Beurteilung finden.


    Nun die Besonderheit:

    Quaestoren, die während ihrer Amtszeit überdurchschnittliche oder außergewöhnliche Leistungen erbracht haben, kann der Senat anstelle einer Diploma eine Auszeichnung in Form eines Landgutes verleihen.

    Ich denke, die Abwicklung über den staatlichen Landfundus muss in der Richtlinie keine Erwähnung finden."


    Als Vorlage sollte dies reichen, dachte sich Menecrates.

    Wie vor zwei Tagen bei der Besprechung mit Cornicularius Purgitius und Annaeus Vindex festgelegt, sollte am heutigen Tag gegen Mittag die Aufarbeitung der tragischen Ereignisse um die Statio I Urbana stattfinden. Je näher der Zeitpunkt rückte, umso weniger konnte sich Menecrates auf anderes konzentrieren. Da er nicht wusste, auf was er sich einstellen musste, fiel diese Form von Vorbereitung weg. Fest stand, die Eröffnungen würden sicherlich nicht angenehm sein. So viel konnte er den Ankündigen seitens Purgitius' bereits entnehmen.

    Früher als nötig betrat Menecrates den Raum. Er legte die Hände hinter dem Rücken zusammen und begann eine seiner typischen Wanderungen, mit denen er verarbeitete oder sich ablenkte.

    Menecrates konnte den Gedankengängen folgen und nickte. "Wir sprechen ja an anderer Stelle über die Bausausführung, aber vorab kann ich schon einmal sagen, dass die Statio keinesfalls unter dem Niveau der umliegenden Häuser liegen wird, alleine schon wegen den Voraussetzungen zur Signalübertragung zu anderen Stationes. Darüber hinaus wird eine Wache auf dem Dach eingerichtet und Maßnahmen zur optischen Signalübertragung getroffen." Das Hauptsächliche stand, die Feinheiten mussten noch ausgearbeitet werden, wozu die Erkenntnisse des Tribuns Petronius beitragen sollten, der die Möglichkeiten der Signalübertragung eruieren sollte.

    Auch zur zweiten Anmerkung nickte Menecrates kurz.


    Für Purgitius schien alles klar zu sein. Es stand noch die Meinung des Annaeers aus. Menecrates blickte zu Vindex und hob erwartungsvoll die Brauen.

    Anschließend beabsichtigte er, die beiden Männer zur Nachforschung im Archiv zu entlassen.

    Wieder hob Menecrates seinen Zeigefinger, aber dieses Mal, um Lurcos Vorschlag zu unterstützen. Er tippte in die Luft und setzte einen imaginären Punkt. "Genau dieser Gedanke kam mir vorhin ebenfalls: die öffentliche Suche nach einem Namen. Beteiligen darf sich nur, wer in der Subura wohnt und wessen Vorschlag ausgewählt wird, erhält eine Prämie. Ich habe meinen Gedanken vorhin nur nicht ausgesprochen, weil mit der Name 'Statio Urbaniles' im Kopf herumschwirrte." Er grinste und schüttelte leicht den Kopf. "Wir müssten dafür im Vorfeld ein Gremium aufstellen, das die finale Entscheidung trifft. Ich finde die Idee gut, was meinst du, Vindex?" Bei einer Übereinkunft, ja selbst bei einer Zweidrittel-Mehrheit dieser Runde könnten sie sofort über die Zusammensetzung des Gremiums sprechen, wobei dieses auch schon wieder voraussetzte, dass die Statio II überhaupt bewilligt wurde. Aus diesem Grund reagierte Menecrates erfreut, als die Sprache zielgerichtet auf das gesuchte Grundstück kam.

    Lurco hatte gut aufgepasst: Er präsentierte und wiederholte somit für alle die bisher genannten Aspekte, die das gesuchte Grundstück aufweisen sollte. Anmerkungen hatte Menecrates dennoch. "Punkt vier ist eigentlich bei jedem Grundstück gegeben, oder was wolltest du ausdrücken?"

    Ohne zu wissen, wo sich in Rom jeweils Brunnen befanden, ging er auch auf Punkt sechs ein. "Ein Grundstück diesen Ausmaßes wird schwer genug zu finden sein und wir sollten nicht die unmittelbare Nähe eines Brunnens davon abhängig machen. Brunnen sind bestens verteilt in der Stadt und meines Wissens auch reichlich vorhanden. Außerdem wollen wir doch hoffen, dass sie für Brandeinsätze, Insulae betreffend benötigt werden und nicht noch einmal für unsere Statio.

    Als zeitliche Vorgaben habe ich gedacht, die Archivsuche müsste an einem Tag zu bewältigen sein. Ihr sucht zu zweit und allzu weit zeitlich zurück müsst ihr nicht suchen, weil davon auszugehen ist, dass bereits neue Häuser stehen. Die Ortsbegehungen hängen wiederum von der Anzahl der infrage kommenden Grundstücke ab. Jeden Tag ein Grundstück, dann die Protokollierung mit Positiv- und Negativmerkmalen... Ich schlage vor, wir ziehen in genau einer Woche eine Zwischenbilanz und sehen dann, welche Grundstücke noch zur Besichtigung ausstehen und wie aufwendig überhaupt die Recherche ist."


    Menecrates bemerkte, wie er sich aus der Rolle des Vorgesetzten hinausbegab, weil er sich wie in einem gleichberechtigten Planungsteam fühlte. Das lag an der Kompetenz seiner Gesprächspartner. Er respektierte sie, obwohl er weisungsbefugt war.


    Einzig bei Lurcos Anmerkung zur Aufklärung über die Vorgänge bei der Statio I wurde er wieder Präfekt. Die Eindringlichkeit, mit der Lurco sprach, löste bei ihm üble Vorahnungen aus. Er hatte nie und nimmer mit so einer großen Altlast gerechnet. Sie konnten nicht vorwärts sehen, bevor sie nicht Altes bereinigt hatten, daher fasste er einen Entschluss. "Wir sprechen übermorgen in der Castra über das Thema. Bis morgen lässt sich der Dienstplan nicht umstellen für diejenigen, die du hinzuziehen möchtest, aber mit einem Tag dazwischen sollte es gehen. Komm gegen Mittag in mein Officium. Ich hänge eine Stunde in der Castra dran, bevor ich in die Praefectura gehe."

    "Lasst euch nicht stören", empfahl Menecrates, als er aufstand, um weitere Wachstafel zu holen. Sein Cornicularius nahm nicht an der Besprechung teil, also musste er selbst tätig werden. Trotzdem hörte er weiter zu und nahm geräuscharm wieder Platz, um keine Unterbrechung zu initiieren. Er notierte, hob aber zuweilen die Hand, um zu signalisieren, dass er kein Talent besaß, gleichzeitig zu schreiben und zuzuhören.


    Vindex

    - Prozession

    - Gracchus


    Lurco

    - Termin 1: Baubesprechung/Protokolle

    - Termin 2: Aufarbeitung Statio I

    - Begleitung Kaiser

    - Ortsbegehung Subura durch Streife <-- zusammenstellen



    Als sowohl Annaeus als auch Purgitius geendet hatten, schob er beiden eine Wachstafel zu. An Annaeus gewandt sagte er: "Falls du eine brauchst, hier wäre eine." Der eine oder andere Griffel lag bereit. Purgitius empfahl er: "Mach dir bitte Stichpunkte, über welche Sachverhalte du ein nachträgliches Protokoll fertigen solltest. Zum Beispiel die Sicherheitsmaßnahmen und den Bannbereich. Das möchte ich unbedingt heute ausklammern." Er zog die Merktafel mit seinen Terminen heran und warf einen Blick darauf. "Da Statio I so oder so wieder aufgebaut wird, setze ich eine Baubesprechung schon für nächste Woche an. Wir erörtern dann gleich mit für Statio II - vorsorglich. So sparen wir Zeit. Tag und Uhrzeit lasse ich dich wissen." Er blickte zu Purgitius hoch, nachdem die Notiz stand und fügte an: "Alleine weil die Statio I eingenommen und vernichtet wurde, befürworte ich einen Bannbereich. Da kommt noch nicht einmal zum Tragen, dass ich in Rom zwar kein freies Feld, sondern eine dicht bebaute Subura vor mir habe, aber meine Wurzeln trotz allem bei den Legionen liegen und die Anlage eines Feldlagers oder Kastells folgt nun mal einem bestimmten Prinzip. Wir müssen das Feldkonzept selbstverständlich anpassen, aber der Bannbereich als solches ist gesetzt!"


    Menecrates blickte zu Annaeus. "Mit einer Statio in der Subura erheben wir Anspruch auf jeden einzelnen Pes Quadratus unserer eigenen Stadt. Traurig, dass es so weit kommen musste, aber das andere Vorgehen - wie du es nennst, Annaeus - haben wir als erstes probiert und: Es ist gescheitert! Die friedliche Variante einer Suburastation, die den Ärmsten und Hoffnungslosen Schutz, Essenversorgung und medizinische Betreuung bieten sollte, wurde abgebrannt und die Soldaten massakriert. Nunmehr folgt die kriegerische Variante einer Station, zwar im Deckmantel eines Schafes respektive der Vigiles, aber davon abgesehen ohne jede Weichspülung. Diese Statio richtet sich ohnehin nicht gegen die Ärmsten, sondern gegen die kriminellen Strukturen. Dein Vorschlag einer Prozession hingegen wird nicht nur in Erwägung gezogen, sondern umgesetzt. Das ist eine Geste an die nicht kriminelle Bevölkerung in der Subura. Sehr schön!"

    Ob sich Flavius beim Suburaprojekt persönlich engagieren würde, bezweifelte Menecrates, aber er könnte - selbst wenn er delegierte - mit seinem Namen stehen.

    "Das Gespräch mit Senator Flavius Gracchus lege ich in deine Verantwortung, Annaeus, aber... nach wie vor muss der erste Schritt vor dem zweiten kommen: Wir benötigen ein Grundstück, der Kaiser muss dem Projekt zustimmen und erst dann käme es zu einer Prozession im großen Maßstab. Bauen wir einzig die Statio I wieder auf, wäre der Rahmen für eine Prozession kleiner."


    Als Vindex den Namen der neuen Station thematisierte, fiel ihm auf, dass er dieses Thema zuletzt übersehen hatte. Zu viele Aspekte wurden bisher angesprochen, aber nun wollte er darauf eingehen. "Richtig, der Name", begann er. Purgitius' Vorschlag stimmte er dieses Mal nicht zu. Er erklärte, warum: "Die Namenskombination Feuer und Stahl passt inhaltlich nicht. Das Feuer ist der Gegner für einen Vigil, unsere Gegner sind beispielsweise Betrüger. Stahl in Erscheinung eines Schwert wäre die Waffe für uns. Diesen Ansatz würde ich nicht verfolgen, aber ich begrüße es, ihn diskutiert zu haben. Wir können uns ohnehin überlegen, ob wir den Namen vorgeben oder zum Beispiel Roms Bevölkerung aus einer Auswahl abstimmen lassen. Tja, und ob sich der Kaiser geehrt fühlen würde, wenn eine Suburastation seinen Namen trägt, ist nicht sicher oder ich wage es sogar zu bezweifeln, aber letztlich wäre auch dieser Vorschlag zu diskutieren." Menecrates konnte den Kaiser recht gut einschätzen. Dieser müsste nicht 'gekauft' werden, zumal die Kaufsumme nicht attraktiv war, wie der Claudier meinte.


    "Noch mal zur Statio I, Cornicularius." Er kündigte das Thema an, verstummte aber, weil er den Punkt zunächst auf der Wachstafel notierte. Anschließend blickte er auf. "Ich setze eine separate Unterredung zum Thema Statio I an. Da ich die Realität einer Scheinwelt vorziehe, möchte ich selbstverständlich über alle Aspekte wahrheitsgemäß in Kenntnis gesetzt werden - die guten wie die unangenehmen. Ich kann keine Stadt verwalten, wenn ich geschont werde."

    Den Punkt Geschütztrainung wollte er nicht vergessen, weil er ihm am Herzen lag. "Guter Vorschlag übrigens, gemeinsam mit der anderen Stammeinheit das Geschütztraining vorzunehmen. Die Ausbildung erfolgt durch uns, auf unserem Gelände oder auch im Umland Roms."

    Hatte er etwas vergessen? Wieder war er sich nicht sicher. Sie sollten sich auf eine Sache beschränken und einen Schritt nach dem anderen tun.

    "Gibt es Fragen zum Thema Grundstückssuche?"

    Als Lurco begann, war nicht abzusehen, wie viel er anreißen würde. Genauso wenig konnte Menecrates dessen Haltung zu den Plänen erahnen und nachdem ihm von Stabseite erheblich Wind entgegengekommen war, rechnete er nicht in erster Linie mit Begeisterung. Umso mehr freute er sich, einen Befürworter seiner Pläne vor sich zu haben. Das erleichterte die Zusammenarbeit, wenngleich sich Menecrates von keinem Gegner hätte ausbremsen lassen. Einzig der Kaiser besaß dafür die Macht.


    Lurcos Beteiligung sprengte jede Erwartung. Irgendwann lehnte sich Menecrates zurück, um sich eine bequemere Zuhörposition zu verschaffen. Befürworter zu sein, war das eine, tatkräftig anpacken das andere. In diesem Fall vereinten sich beide Voraussetzungen zu einem optimalen Mix. Es stand fest: Lurco war genau der richtige Mann für das Projekt. Sie würden es allerdings teilen müssen, um sich nicht zu verzetteln.


    "Jah", erwiderte Menecrates, nachdem Lurco geendet hatte. Er musste sich zunächst vom Berg an Informationen freischaufeln und sortieren. Das Wichtigste stellte er voran. "Es freut mich, in dir einen Sympathisanten für das Suburaprojekt zu haben. Gleichzeitig ist mir nicht entgangen, dass du mit Dankesworten begonnen hast." Er hob in einer verwunderten Geste die Hände, ließ sie wieder sinken und fuhr fort. "Das macht auf mich den Eindruck, als gäbe es in der Angelegenheit Statio I Urbana mehr Rede- und Handlungsbedarf als ich es erwartet habe." Sein Brauen hoben sich, was seiner Mimik einen fragenden Ausdruck verlieh.

    "Ich möchte dieses Thema separat erörtern, vielleicht gleich in Kombination mit der Wiederaufbauplanung, aber das kann ich erst beurteilen, wenn ich weiß, was für einen Umfang die Aufarbeitung haben wird. Notfalls splitten wir nochmals. Besprechungsort wird die Castra sein. Die Örtlichkeiten - Castra und Statio I - liegen nahe beieinander und Annaeus ist in diesem Bereich nicht eingebunden, mit Ausnahme der Gedenkfeier." Er dachte kurz nach, dann fuhr er fort. "Wenn du einige wenige Kameraden mit Insiderwissen hast, bring sie mit zum Termin, den ich noch benennen werde. Nicht jeder scheint sich mit der Statio I auszukennen." Ohne hier Tribunus Petronius namentlich nennen zu wollen, hatte ganz offensichtlich noch nicht einmal jeder die Statio zu Gesicht bekommen, geschweige denn von den Umständen etwas mitbekommen.


    "Kommen wir zum eigentlichen Thema dieser Besprechung. Wenn es um die neue Statio geht, treffen wir uns hier in der Praefectura. Auch hier liegen die Örtlichkeiten nahe beieinander, auch wenn wir den genauen Bauplatz noch nicht kennen. Außerdem wirft es hier weniger Fragen für Außenstehende auf. Ach und noch was." Er hob den Zeigefinger, weil ihm fast etwas entfallen war. "Cornicularius Purgitius, fertige nachher ein Protokoll deiner eigenen Gedanken zur Bauphase an. Zwar habe ich bereits auch eine Wachmannschaft an den zünftigen Baustellen ins Auge gefasst, aber weiter habe ich mich mit der Thematik noch nicht befasst. Es soll auch nicht heute Thema sein, sondern in separaten Sitzungen. Wir können dann deine Aussage von heute als Diskussionsgrundlage nehmen. So, zurück zum Thema." Kein Wunder, dass Menecrates mehrmals abschweifte. Das Vorhaben war facettenreich und außerdem hatte Purgitius enorm vorgelegt.


    "Heute geht es zum einen um den Bauplatz - vor allem das muss zeitnah abgearbeitet werden, weil wir ohne die Zustimmung des Kaisers gar nicht in eine Bauphase für die Statio II kommen - und um die Gedenktafel sowie die Organisation einer Gedenkfeier. Ihr fangt beide umgehend mit der Archivsuche an. Gibt es dazu Fragen?" Er wartete kurz und gab Raum. "Die Organisation der Gedenkfeier muss nicht in Zusammenarbeit mit mir erfolgen. Ich sehe es gerne, wenn ihr euch unterstützt. Wenn du, Annaeus, aber der Meinung bist, du schaffst das ganz alleine oder ziehst externe Hilfe hinzu, ist mir das auch recht. Das Konzept würde ich aber vor Ausführung gern sehen. Sollte es dazu Fragen geben, dann ist hier der Raum, wo sie gestellt werden können."

    Wieder legte er eine Pause ein, die Zeit für Fragen bot. Im Geiste ging er bereits Purgitius' Vorschlag zu den Brieftauben durch. Aus diesem Gedanken heraus fragte er: "Wusstest du, dass Brieftauben nur deswegen fliegen, weil sie zu ihrem Partner streben? Sie teilen ihr gesamtes Leben mit nur einem Partner und nur wenn sie getrennt gehalten werden, fliegen sie überhaupt zielorientiert. Isoliert man ein Paar zu lange, begehen manche Tauben Selbstmord oder sterben aus Gram, weil sie glauben, sie hätten ihren Partner verloren. Und mache erirren sich auch. Sie fristen dann ein wildes Dasein in unseren Städten." Die meisten Menschen mochten sie nicht, dabei war es der Mensch, der sie diesem Leben ausgesetzt hatte.


    "Die Befragung wegen der Brandsicherheit möchte ich der Bauplatzsuche nachordnen." Mit Blick zu Purgitius sprach er weiter. "Du kannst zum passenden Zeitpunkt gern diese Befragung übernehmen. Wann und wie besprechen wir nicht heute." Und noch etwas fiel ihm ein, sodass er sich nun selbst Notizen machte. "Ich wollte so oder so mit euch noch Geschütztraining machen, nun erst recht. Ich möchte später fähige Männer in der Kombistation haben."


    Das Ende seiner Ausführungen bildete nochmals ein Lob. "Cornicularius, ich freue mich, dass du genauso viel Potential in einer Zusammenarbeit mit den Vigiles siehst wie ich. Alle deine Gedankengänge treffen sich mit meinen, da sie aber aus anderer Perspektive entstanden sind, besitzen sie eine besondere Bedeutung. Ich erwäge, dich als Begleitung zum Kaiser mitzunehmen." Die gleiche Chance besaß Annaeus, den Menecrates aktuell noch nicht einschätzen konnte. Das würden die Ergebnisse, dessen Vorgehensweise und Engagement zeigen.

    Eigentlich hatte Menecrates das Ende dieser Debatte greifbar nahe gesehen, daher überraschte es, dass der Ball erneut an ihn gespielt wurde. Sie hatten ausgelotet, abgeändert, Neues eingebracht und teils wieder verworfen. Er spürte, wie er ermüdete. Wahrscheinlich ermüdeten auch andere und es kamen Missverständnisse zustande. Gleichzeitig rief er sich ins Gedächtnis, dass Politiker und Musiker anerkanntermaßen an wenigsten an De-Mens (weg vom Geist = Demenz) leiden. Wahrscheinlich gehörte diese Quälerei durch Senatsdebatten zur Erhaltung der geistigen Leistungsfähigkeit dazu. Trotzdem atmete er einmal gequält durch, bevor er sich zu einer Antwort aufraffte.


    "Um weiteren Nachfragen vorzubeugen, lege ich hier noch einmal meinen Standpunkt dar:

    Ich sagte in einem meiner ersten Redebeiträge, dass ich mir alternativ zum militärischen Dienst eine vergleichbar lange Leistung im Dienst der Götter oder in staatlichen Verwaltungen vorstellen kann.

    Meine Nachfrage bezüglich der älteren als 30jährigen Liberti - so hieß es ja im ersten Vorschlag - habe ich selbst gelöst, indem ich auf den Codex Militaris verwiesen habe und somit das Eintrittsalter für das Militär auf 'nicht älter als vierzig Jahre' hochgesetzt habe. Welcher Liberti wird schon älter als fünfundsechzig? Vierzig Lebensjahre plus fünfundzwanzig Dienstjahre. Mir war nur fünfundfünfzig zu knapp bemessen."

    Er hob entschuldigend die Hand, falls hieraus die Missverständnisse entstanden waren, atmete durch, sah auf seine Tabula und las vor:


    "Daraus folgt: Ein Libertus, welcher bei seiner Freilassung jünger als 40 Jahre ist, kann sich für den Dienst in einer Auxilia, Ala, Classis oder bei den Vigiles eintragen. Er wird gleich behandelt, wie ein Peregrinus. Erfüllt er seine Dienstpflicht und wird nach deren Vollendung durch die Honesta Missio ehrenhaft entlassen, so erhält er das Bürgerrecht. Ich habe den Absatz eingekürzt. Für mich liest er sich so leichter."


    Da er eine alternative Dienstableistung für möglich und sinnvoll erachtete, aber nach wie vor auf einer vergleichbaren Länge zum Militärdienst beharrte, spann er den Gedanken weiter. Außerdem konnten hier nicht nur die ungeeigneten, sondern auch die überalterten Liberti eine Chance erhalten.

    " Für alle, denen der Dienst an der Waffe nicht liegt, könnte man - sofern es auf eine Mehrheit stößt - eine alternativen Weg freimachen. Der Gesetzestext könnte in etwa so lauten: Ein Libertus kann das Bürgerrecht auch durch den Dienst in einer städtischen oder kaiserlichen Administratio, dem Cursus Publicus oder dem Cultus Deorum erhalten. Die Dienstzeit beträgt analog dem Militärdienst fünfundzwanzig Jahre, der Dienstantritt ist nicht an eine Altersgrenze gebunden. Der entsprechende Antrag zur Verleihung des Bürgerrechts an den Kaiser wird nach Ableistung der geforderten Dienstzeit von einem Vorgesetzten gestellt.

    Ein Vorschlag, ein Zugeständnis zum Dienstantrittsalter: Die Anforderungen beim Militär sind nicht vergleichbar mit denen in einer Verwaltung. Hier kann meinetwegen auch noch ein sechzigjähriger Libertus den Dienst antreten. Ob er die erforderliche Dienstzeit zur Erlangung des Bürgerrechts erreicht, ist mehr als fraglich, soll aber nicht unser Problem sein, wie ich finde."

    :app:

    Als einer der Ersten fiel Menecrates in den aufkommenden Applaus ein. Die Qualität der Stückes begeisterte ihn, wenngleich es auch höchste Konzentration erforderte. Zur Zerstreuung hielt er das Stück darum weniger geeignet, aber er sah es als anspruchsvolle kulturelle Bereicherung, die Ihresgleichen suchte. Sein Kopf schwirrte. Das Stück beschäftigte ihn. Das nächste Mal würde er sich das Programm vorher ansehen und keine Verpflichtungen im Anschluss auf Termin legen.

    "Gut", erwiderte Menecrates sichtlich zufrieden. "Ich erläutere zuerst das Projekt und im Nachhinein die Vorgehensweise. Darüber hinaus gibt es noch einen zweiten Auftrag." Dabei blickte er vornehmlich Purgitius an, denn Vindex kannte zumindest die erste Thematik bereits.


    "Ich beginne mit dem Projekt. Ich plane für die Subura eine zweite Station. Das Besondere ist, dass es sich hier um eine Kombistation handeln wird, die sowohl Vigiles als auch unsere Cohorten beherbergt. Die Absprache mit dem Praefectus Vigilum liegt hinter uns. Um das Projekt als ein umsetzbares dem Kaiser präsentieren zu können, benötigt es in der Subura einen entsprechenden Bauplatz." Bis hierhin kannte Vindex das Vorhaben. Das Nachfolgende gab beiden Männern das Rüstzeug für die Umsetzung.

    "Anders als bei Statio I werden wir nicht abreißen und neu aufbauen. Wir suchen eine durch Brand frei gewordene Stelle in ausreichender Größe und zwar mittig oder tendenziell eher südlich als nördlich im Viertel. Statio I befindet sich im Norden. Ein weitgehend freier bzw. im Augenblick nicht zu Wohnzwecken nutzbarer Platz durch Häuserbrand erspart uns die aufwändige Umsiedlungsaktion, die uns bei Statio I erheblich Mittel und Zeit gekostet hatte.

    Wir bauen wieder nach oben und nicht in die Breite. Der rechte Zwilling dieser Doppelstation soll einhundert Mann der Vigiles beherbergen. Damit entspricht er haargenau den bisherigen Feuerwachen in Rom. Der linke Zwilling wird im direkten Wand-an-Wand-Schluss hochgezogen und wird für eine Centuria unserer Männer ausgelegt sein. Es empfiehlt sich also, zunächst eine Vigilesstation zu begutachten, den Platzbedarf für die kleiner Station unserer Männer aufzuschlagen und danach auf Grundstückssuche zu gehen.

    Die Suche, meine Herren", Menecrates blickte von Vindex zu Purgitius und wieder zurück, "wird im Archiv der Praefectura Urbis beginnen. Gesucht werden brauchbar große Brände der Vergangenheit. Davon gibt es nicht wenige. Mit einer fertigen Liste an Standorten beginnen dann die Ortsbegehungen. Dafür stellst du, Cornicularius Purgitius, eine Streife zusammen. Die Unternehmung soll von den Bewohnern der Subura möglichst als normaler Streifendienst wahrgenommen werden."


    Für Rückfragen gab es später Gelegenheit. Menecrates wollte zuerst die Gesamtaufgabe vorstellen.


    "Ist der best mögliche Standort gefunden und hat der Kaiser das Projekt freigegeben, dann möchte ich eine Bauplatzweihung vornehmen. An dieser Stelle die Frage an dich, Vindex: Wäre das eine Aufgabe, die du praktisch übernehmen kannst? Falls nicht, mit der Organisation würde ich dich ohnehin beauftragen. Das wäre Bestandteil deines Tirocinium Fori. Und dem nicht genug: Ebenfalls Bestandteil deines Jahres bei mir wird die Organisation einer Gedenkfeier und im besten Fall zusätzlich die Aufstellung einer Gedenktafel für die Gefallenen von Statio I sein. Auch hier wird Cornicularius Purgitius unterstützend an deiner Seite sein." Er blickte von Vindex zu Purgitius. "Du stellst deinen jeweils benötigten Trupp selbstständig und ohne Anschlag am Bekanntmachungsbrett zusammen. Das Ganze auch in unserer Einheit möglichst unauffällig. Bei den Prätorianern würde man es verdeckte Ermittlung nennen." Er schmunzelte. Purgitius' trug hohe Verantwortung. Entsprechend hoch konnte sein Einsatz honoriert werden.

    "Statio I Urbana wird im Übrigen wieder aufgebaut. Ich erwarte nicht, dafür Überzeugungsarbeit beim Kaiser leisten zu müssen. Es ist ein Signal an alle, die in kriminelle Strukturen der Subura verstrickt sind."


    Bestandteil der Aufgabe - und es musste sich erst herausstellen, wie knifflig oder erfreulich sich das Nachfolgende erweisen würde - war ein weiterer Punkt.

    "Schlussendlich: Als kleine Nebenaufgabe gebe ich euch die Namensfindung für die neue Station. Sie hätte Statio II Urbana geheißen, wäre nicht zusätzlich eine Feuerwache geplant. Ihr könnt euch an diesem Namen orientieren oder mir etwas ganz anderes präsentieren. Genauso könnt ihr mich davon überzeugen, dass Kombistatio, Zwillingsstatio oder Doppelstatio genau der treffende Name ist."


    Er zog die Karte heran, auf der die Subura samt umliegender Regionen und bereits bestehende Feuerwachen eingezeichnet waren. "Beleuchten wir die Details, sofern ihr sofort Fragen habt. Oft genug ergeben sich Fragen allerdings erst während der Ausführung. In diesen Fällen gebt ihr meinem Cornicularius Octavius Bescheid und vereinbart einen Termin mit mir. Das Projekt besitzt für mich eine hohe Priorität."

    Als er die Aufmerksamkeit beider Männer besaß, fuhr er fort. "Bevor ich das Projekt erläutere, nehme ich dir, Vindex, eine Schweigepflichterklärung ab. Was ich heute beauftrage, ist Bestandteil eines Konzeptes, das zunächst dem Kaiser vorgestellt werden muss und soll. Erst im Nachhinein, wenn der Kaiser es bewilligt hat, kann es der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dass diese Reihenfolge eingehalten wird, möchte ich in einem Versprechen auf Ehre zugesichert bekommen." Er wartete auf die Reaktion, dann fügte er als Erklärung an: "Um dieses Konzept hieb- und stichfest zu machen, benötigt es letzter Details, die zusammengetragen werden müssen. Erst danach kann es dem Kaiser präsentiert werden. Wirst du von irgendwem gefragt, auch von Familienangehörigen, sagst du, du bist nicht befugt, Auskunft zu erteilen." Sein Blick unterstützte mit Nachdruck die Worte.

    Er blickte von Annaeus zu Purgitius. "Cornicularius, ich weise dich an, gegenüber jedem Stillschweigen über das Vorhaben zu wahren." Von Purgitius benötigte er keine Zustimmung. Er war als Befehlsempfänger verpflichtet, dem nachzukommen und Menecrates verließ sich darauf.

    Fast schien es, als kämen sie dem Ende näher. Nach wie vor sah Menecrates in dieser Debatte die Chance, einen Mosaikstein zur Befriedung von Armenvierteln zu gewinnen, denn wo auch Liberti plötzlich eine Zukunftsvision entwickeln könnten, gärte weniger Unmut und Verzweiflung. Davon abgesehen hätte er auch gern das unerquickliche Thema abgearbeitet und zu den Akten gelegt.

    Da Menecrates noch nicht auf Annaeus' Beitrag geantwortet hatte, ging er nun auf beide Meinungsäußerungen ein.

    "Ich stimme Senator Flavius zu und sagte es eingangs der Debatte bereits, eine alternative Dienstableistung an den Göttern - und hier müssten es nach meiner Ansicht explizit römische Göttern sein - oder in staatlichen Verwaltungen müsste unbedingt in vergleichbarer Länge, also ebenfalls fünfundzwanzig Jahre sein. Das zum einen. Zum anderen halte ich es nicht für die Regel, dass ein über vierzigjähriger Libertus viel länger als weitere fünfundzwanzig Jahre lebt, sodass ich für die Altersklasse ab vierzig Jahren keine Lösung für erforderlich halte." Er überlegte kurz und fügte an: "Einer Abstimmung in Teilen stimme ich gern zu. Vielleicht erübrigt sich das aber auch für den einen oder anderen, sollte es darauf hinauslaufen, dass ein Alternativdienst bestenfalls gefahrenfrei, aber keineswegs kürzer als der Dienst im Militär ausfallen wird."

    Kurz nach der Eröffnung - Vindex hatte noch keine Zeit, sich zu äußern - klopfte es an der Tür. Menecrates blickte auf und da sein Befehl entsprechend lautete, wunderte er sich auch nicht, dass anstelle der Anmeldung durch Octavius, ein Klopfen ertönte.

    Er erwartete Lurco und rief: "Ja, herein!"

    "Cornicularius, Purgitius", grüßte er, als Lurco im Raum stand. Anschließend wies er auf den Platz im Winkel zu seiner rechten Seite. Links über Eck saß Vindex. "Nimm Platz, ich setze dich gleich in Kenntnis, möchte aber erst die Antwort von Annaeus Vindex abwarten." Er wollte nicht eine Rrage in den raum werfen und die Gelegenehit nehmen, darauf antworten zu können, weil er sich unhöflicherweise mit jemand anderem weiter unterhielt. "Annaeus absolviert übrigens sein Tirocinium Fori bei mir." Damit hatte er ganz nebenbei sowohl Vindex als auch Purgitius einander namentlich und in ihrem Rang bzw. ihrer Position vorgestellt.

    Während Frugi die Stühle richtete, schaute Menecrates auf und erkannte in einiger Entfernung Vindex. Da er nicht wie ein Gassenjunge über den Gang brüllen wollte - sie befanden sich hier schließlich in der Principia und nicht auf dem Exerzierplatz - hob er die Hand, um erkannt zu werden. Vom Praefectus Heius fehlte noch jede Spur, ebenso von Tribunus Serapio, der ebenfalls angekündigt wurde.

    Als Vindex eintraf, deutete Menecrates auf einen der beiden Sitzplätze mit geringem Abstand zum Stuhl-Trio. "Salve, Vindex. Das wäre für nachher dein Platz. Wir warten aber, bis der Praefectus eintrifft, bevor wir uns setzen." Menecrates hoffte, sie würden nicht allzu lange warten müssen. Eine Zeitangabe konnte immer nur ungefähr getroffen werden und im schlimmsten aller Fälle, stellten sich noch Hindernisse in den Weg.

    Das Gemurmel im Vorzimmer ließ Vindex' Ankunft erahnen. Menecrates zog vorsorglich eine Karte näher, bevor er zur Tür blickte.

    "Ah, Vindex. Sehr schön. Nimm bitte Platz." Er wies auf den freien Stuhl, der über Eck an seinem Schreibtisch stand. Auf diese Weise konnten sie beide bequem die Karten studieren. Nachdem Vindex saß, erläuterte Menecrates sein Anliegen. Er fasste dabei den jungen Mann ins Auge, um zu sehen, wie die Reaktion ausfiel.

    "Ich weiß nicht, wie ein Tirocinium Fori bei anderen abläuft. Ich habe es immer so gehandhabt, dass es zum Teil Aufgaben beinhaltete, die durchaus selbstständig abzuarbeiten sind. Dabei stehst du natürlich nicht allein und fragen kannst du auch jederzeit." An dieser Stelle erwartete er noch keine besondere Reaktion, möglicherweise aber nach der folgenden Eröffnung.

    "Ich möchte dich heute mit einer Recherche beauftragen. Sie findet sowohl am Schreibtisch bzw. in Bibliotheken statt als auch auf der Straße. Um genau zu sein, im Suburaviertel."

    Als Verlockung würde der Auftrag sicherlich nicht erscheinen, aber Menecrates hoffte, er würde nicht allzu abschreckend wirken. Vielleicht aber war Vindex auch unempfindlich. Das blieb abzuwarten.

    Die Suche nach einem Baugrundstück begann


    Um entsprechend gewappnet beim Kaiser das selbst entworfene Konzept präsentieren zu können, musste es möglichst ausgefeilt, lückenlos und vor allem umsetzbar sein. Der Praefectus Urbi beschloss daher, bereits jetzt auf die Suche nach einem passenden Baugrundstück zu gehen, denn der mangelnde Platz in der Subura stellte den zweitgrößten Knackpunkt seines Konzeptes dar.

    Sobald er - von der Castra Praetoria kommend - in der Preafectura eintraf, ließ er Annaeus Vindex zu sich kommen. Der junge Mann wollte lernen, aber gleichzeitig würde er sich beweisen müssen, denn Menecrates brauchte überzeugende Argumente, wenn er ihn beim Kaiser für die Erhebung in den Ordo Senatorius vorschlagen wollte.