Beiträge von Quintus Tiberius Vitamalacus

    Sein Gefolge war schon lange an Board, doch Tiberius Vitamalacus war einer der letzten Gewesen, die an Board gingen. Vielleicht war es ein vorrecht des Ranges, sich diese Zeit nehmen zu können, mochte so mancher Soldat denken, doch letzlich war der Grund ein ganz anderer gewesen, hatte er doch bis zum letzten Moment mit den anderen Legaten zusammen gesessen und über die Lage und das weitere Vorgehen gesprochen.


    Darüber würde er sich auf der langen Reise weitere Gedanken machen, bzw. auch die Stabsoffiziere informieren, doch zunächst einmal wohnte er dem Opfer an Neptun bei und verfolgte an Deck in der Nähe des Nauarchus das Auslaufen der Flotte.


    "Der Anblick von Roms Macht ist stets beeindruckend," entgegnete er ihm. "Ob an Land oder auf See."

    Gründlich musterten der Tiberier und die anderen Legaten die Eingeweide der Tieres, überprüften ob nichts fehlte, ob keine schwarzen oder andersartig negativ zu deutetenden Stellen zu sehen waren. Doch so gründlich sie auch schauten, konnten sie nichts finden. Kurz blickten die vier Männer einander an, kein Wort viel, stumm stellten sie ihre einstimmige Meinung fest.


    Tiberius Vitamalacus reichte die Schale dem Tempeldiener zurück, trat einen Schritt vor, hob die Arme und sprach die erlösenden Worte :


    "Litatio!"


    Dann trat er langsam rückwärts zurück, schlug die Kapuze zurück, liess sich
    den Mantel wieder abnehmen und seinen Helm reichen. Innerlich spürte er
    Regelrecht die Aufmerksamkeit, welche die Götter diesem Ereignis
    beimassen, doch allein die Götter könnten die leichte Anspannung
    bemerken, welche er in diesen Momenten verspürte, nach Aussen war er so kühl und gelassen wie immer.


    Mittlerweile hatte sich die Sonne etwas weiter gesenkt, die Schatten der
    Soldaten waren immer länger geworden und wie es in diesen Breiten üblich war, war der Übergang von Tag zu Nacht kürzer, wesentlich kürzer, als er es im hohen Norden. Und so traten eigens dafür abbestellte Soldaten vor und entfachten in grossen Feuerschalen, welche rund um den Scheiterhaufen standen, flackernde und lodernde Feuer.

    Sie mochten noch nicht verheiratet sein, doch letzlich lebten sie schon seit geraumer Zeit quasi wie ein Ehepaar zusammen, nicht erst seitdem sie zusammen in den Feldzug gegangen waren, schon zuvor in Mantua hatten sie unter einem Dach gewohnt, getrennt zwar von Bett, aber nicht von Tisch. Und das war ein Status, den sicher viele Ehepaare hatten.


    Doch wenn es in vielen solcher Ehen eher üblich war, das der Ehemann nur gelangweilt aufsah, wenn seine Frau das Triclinium betrat, war es bei Tiberius Vitamalacus anders. Er erhob sich von der Kline, noch bevor sein Centurio dies tat. Und auf seinem Gesicht zeigte sich keine langeweile, keine gequälte Freude, sondern der Anflug eines Lächelns, zwar nur der Anflug davon, doch für ihn war es, gerade in Anwesenheit eines Klienten eine besonders deutliche Gefühlsregung.


    "Helena, schön das du da bist," sagte er. "Centurio Artorius Imperiosus kennst du ?"


    Das konnte er beider Reaktionen entnehmen. Natürlich wusste er, das seine Verlobte den einen oder anderen Soldaten kannte, hin und wieder sprachen sie auch darüber, aber meist nannten sie dabei keine Namen, so das er eben wusste, das sie irgendeinen Optio oder Centurio getroffen hatte, aber nicht wen genau.
    "Der Centurio gehört seit heute zu meinen Klienten," fügte er noch an, während er sich wieder auf die Kline niederliess.

    Der Legatuis der Prima nahm seinen Helm und Umhang ab, reichte ihm einen Tempeldiener, dann wusch er seine Hände in der Schale, welche ein weiterer Tempeldiener ihm gereicht hatte, benetzte auch sein Gesicht, um so die rituelle Reinheit sicherzustellen. Als Zeichen das er nun der Opferherr war, legte ihm der erste Tempeldiener einen weissen Mantel um, dessen Kapuze tief in sein Gesicht ragte.


    Dann wandte er sich dem nächsten Tempeldiener zu, der ihm ein eine geöffnete Schachtel darbot, in der sich Weihrauch befand. Der Legatus nahm diesen, drehte sich zu der Opferschale neben sich.


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, rufe ich nun dich an, Iupitter, oberster Gott, Sohn des Saturns und der Ops."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, rufe ich nun dich an, Iuno, Frau des Iupitters, Tochter des Saturns und der Ops."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, rufe ich nun dich an, Minerva, Beschützerin Roms."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, rufe ich nun dich an, Mars, Gott des Krieges, Vater von Romulus und Remus."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, rufe ich nun dich an, Pluto, Herrscher der Unterwelt, Herrscher von Elysium und Tartaros."


    Langsam und Würdevoll liess er den Weihrauch in die Opferschale fallen, dann drehte er sich wieder rechts um, nahm die nächsten Opfergaben, Wein und Kekse, entgegen, drehte sich zürück. Diesen ganzen Vorgang wiederholte er fünfmal, sprach für jeden Gott eine kurze Bitte.


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, bitten wir dich, Iupitter, oberster Gott, Sohn des Saturns und der Ops, diese unsere Gaben anzunehmen."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, bitten wir dich, Iuno, Frau des Iupitters, Tochter des Saturns und der Ops, diese unsere Gaben anzunehmen."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, bitten wir dich, Minerva, Beschützerin Roms, diese unsere Gaben anzunehmen."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, bitten wir dich, Mars, Gott des Krieges, Vater von Romulus und Remus, diese unsere Gaben anzunehmen."


    "Für das Wohl Roms, für unseren verstorbenen Imperator, bitten wir dich, Pluto, Herrscher der Unterwelt, Herrscher von Elysium und Tartaros, diese unsere Gaben anzunehmen."


    Jedesmal legte legte er die Opfergaben ab, in der Opferschale schwellte der Weihrausch langsam vor sich hin, im Hintergrund wurde das Flötenspiel langsam lauter und dann wurden die Opfertiere heran geführt.


    Die Köpfe der weissen und schwarzen Tiere war prachtvoll mit roten Wollbinden geschmückt, über ihren Rücken lagen weisse, bzw. schwarze Wolldecke. Während sich der Legat den Tieren zuwandte, befestigeten die Tempeldiener die Ketten an den Beinen der Tiere an in der Plattform eingelassenen Befestigungen.


    Langsam umrundet der hochgewachsene Tiberier die Tiere, musterte jedes gründlich. Natürlich gab es nichts zu bemängeln, schliesslich waren die Tiere sorgfältig ausgesucht worden. So musste er nur einmal nicken und erneut reichte man ihm die Schale in der er sich die Hände wusch und reichte ihm auch das malluium latum, mit dem er sich die Hände trocknete. Tempeldiener gingen die Reihen der Soldaten ab, beschrenkelten diese mit Wasser.


    Jetzt machten sich die Tempeldiener daran, den Schmuck der Tiere zu entfernen und nach und nach reichte jeder Victimarius dem Opferherren sein Opfermesser und erneut umrundete dieser das Tier, welches der jeweilige Victimarius zu opfern hatte, strich dabei mit dem Messer über den Kopf des Tieres. Dann reichte er das Messer zurück.


    Nun folgte fünfmal der traditionelle Wortwechsel zwischen Opferherr und Victimarius.


    "Agone ?"


    "Age !"


    Die Messer durchschnitt die Kehle der Tiere, Iupiters weissen Ochsen, Iunos weisse Kuh, Minervas weisse Kuh, Mars weisser stier und Pluto schwarzer Ochse. Es waren ein sauberer, glatter Schnitte und das Blut floss reichlich. Tempeldiener machten sich daran in Schalen dieses aufzufangen.


    Die tödlich verletzten Tiere gingen langsam zu Boden, kein Laut drang aus ihren Kehlen und bald darauf waren die Tiere tot, die Plattform um die Tiere herum war Blut getränkt. Dann öffnete die Schlächter jeweils ihr Tier und entfernte die Innereien, welche er in die Patera legte. Dann machte er sich daran, das restliche Tier zu zerlegen.


    Ein Tempeldiener hielt derweil die Spendenschale Tiberius Vitamalacus hin, der die ihm dargebotenen Innereien eindringlich musterte. Die anderen Legaten traten hinzu, blickten ebenfalls in die Schale.


    Schweigen herrschte, nur das Flötenspiel der Tempeldiener erklang, während alles auf die erlösendenden Worte wartete.

    Die letzten Klänge der Cornichen verstummten und mit einer langsamen Handbewegung forderte Tiberius Vitamalacus von allen Anwesenden Ruhe ein. Besonders nervös waren in diesem Augenblick einige Tempeldiener der Stadt, welche die fünf Opfertiere ruhig halten sollten. Nichts wäre unpassender, ein schlechteres Omen als das laute Blöcken eines dieser fünf Rinder. Vier von ihnen, zwei Küh, ein Ochse und ein Stier, waren von makellosem Weiss, das fünfte Rind hingegen war ein prächtiger schwarzer Ochse. Die Tiere waren von so makelloser Farbe, das man vermuten könnte, das irgendjemand dort mit Farbe nachgeholfen hätte.


    Es herrschte Ruhe und die Stimme des Tiberius Vitamalacus und das leise Knistern der Feuer in den Opferschalen, welche auf der Plattform aufgestellt waren, waren alles, was nun zu hören war.


    "Heute übergeben wir die leiblichen Überrestes unseres Imperator Caesar Augustus Lucius Ulpius Iulianus Divi Traiani Filius, Pontifex Maximus, Tribuniciae Potestatis, Censor, Imperator, Pater Patriae den Flammen, so wie es seit anher Sitte und Brauch ist."


    Die Stimme hallte über die Köpfe der Soldaten hinweg, jedes Wort schien mit bedacht gewählt.


    "Wir rufen die Götter an, auf das sie diesen grossen Mann mit grossem Wohlwollen empfangen."


    "Wir rufen das Capitolinsche Trias an, welches seit jeher über Rom wacht !"


    "Wir rufen Mars an, der uns in letzten Schlachten zur Seite stand."


    "Wir rufen Pluto an, auf das über den Weg unseres Imperator ins Elysium wacht !"


    Dann verstummte er, verharrte im Schweigen. Dies war das Zeichen, das nun das Opfer beginnen würde. Im Hintergrund erklang zuerst leise, dann lauter werdend, gedämpfte, würdevolle Musik. Ein Tempeldiener näherte sich Tiberius Vitamalacus mit einer Waschschale, andere hielten sich bereit die Opfergaben zu bringen und die Opfertiere wurden langsam zur Plattform heran geführt.

    Titus
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    Titus stand zwar am Eingang zum Praetorium, allerdings Wache hielten zwei andere Milites, die nicht wirklich deutlich kleiner als Titus waren. Im Gegensatz zu diesen beiden stand er nicht stramm, sondern lehnte eher locker an einem Pfahl, kaute gelangweilt auf einem Stückchen Holz. Und genauso gelangweilt musterte er den Optio vor sich.


    "Wer will das wissen ?"


    Als sein Blick auf Serapio fiel, grinste er, denn natürlich hatte er diesen nervigen Pimpf aus Edessa nicht vegessen, der so lustig hinter ihm her gezettert hatte. Warum hatte er ihn damals überhaupt geschubst, fragte er sich, bis ihm einfiel, das ihm der Kerl einfach auf die Nerven gegangen war.


    "Na kleener,.. alles Stramm ?"

    Durch die Reihen seiner Legion schreitet Tiberius Vitamalacus hindurch, hinter him folgen die Stabsoffiziere und einige Milites aus seiner eigenen Garde. Helmbusch und Umhang wehen leicht in dem Wind, der sachte über das Arreal weht. Zwar ist die Mittagszeit schon vorbei, doch auch die Nachmittagssonne scheint unbarmherzig herunter, selbst wenn sie sich auch schon langsam dem Horizont zu neigt. Unter dem Helm des Legaten rinnt Schweis herunter, schon jetzt, da er sich bewegt, sammelt sich grosse Hitze unter dem Helm. Für die Soldaten, die nur Stramm stehen dürfen, muss es noch unerträglicher sein.


    Von allen vier Legionen treffen die Stabsoffiziere am Scheiterhaufen ein, es folgt ein kurzer, streng formaler Wechsel von Militärischen Grüssen, dann nehmen die Legaten und ihre Stabsoffiziere hinter der vorbereiteten Plattform aufstellung, die Legaten in der ersten Reihe, dahinter ihr Stab. Nun folgen die Kommandeure der anderen Einheiten, wieder folgt ein formaler Wechsel von militärischen Grüssen bevor auch diese Offiziere Aufstellung nehmen. Mag es auch zwischen ihnen manchmal diskrepanzen geben, hier und jetzt ist davon nichts zu spüren, hier sind alle in ihrer Trauer vereint.


    Nach dem die gewaltige, militärische Macht Roms in all ihrer Pracht und Perfektion Aufstellung genommen hat, trit eine Handvoll Honorationen von Stadt und Provinz hinzu und begrüssen die Legaten, welche den Gruss militärisch formell erwiedern. Mit wenigen Schritten betritt Tiberius Vitamalacus, gefolgt von den anderen Legaten und den Honorationen die Plattform, welche den Blick über das ganze Feld und ganz besonders über den Scheiterhaufen erlaubt.


    In dem Moment,da der erste Legat die Plattform betritt, erklingen die Cornicen aller versammelten Einheiten...

    Um sie herum mochte das übliche rege Treiben herrschen, welches immer Einsetzte, wenn die Legionen ein Lager errichteten, wenn an manchen Stellen noch geschanzt wurde, während an anderen schon der Puls köchelten. Doch hier im Zelt des Legatus herrschte Ruhe, Tiberius Vitamalacus begrüsste seine Stabsoffiziere mit einem leichten Nicken, wies einen Sklaven an, ihnen Wein zu servieren.


    "Meine Herren, die Rückreise steht unmittelbar bevor," eröffnete er, mit einer Feststellung, welche keinen sonderlich überraschen sollte. "Es gilt nun, die Rückreise mit der Classis zu besprechen. Tribun Terentius, du hattest schon auf der Hinreise mit der Classis zu tun, du wirst es auch diesmal übernehmen. Begib dich morgen zum Hafen."


    Kurz hielt er inne, bevor er weiter sprach.


    "Sollte die Classis da sein, gut,... wenn nicht und wenn sie nicht in den nächsten Tagen eintrifft, dann erteile ich dir freie Hand, den erforderlichen Schiffsraum zu requirieren."


    Er ging zwar davon aus, das Senator Quarto alles nötige geregelt hatte, aber sollte die Classis nicht bereit sein, konnte es ein Zeichen sein, das in Italia und anderen Provinzen bereits Unruhe herrschte. Und da wollte er nicht unnötige Kräfte in Gewaltmärschen durch Asia und Achaia verschwenden.


    "Die Reise wird zunächst nach Illyricum gehen, ein Ziel, das Quasi auf dem Weg nach Ravenna liegt. Wir werden unter der Küste Segeln, in jedem grösseren Hafen erkundigungen über die Lage und Stimmung einziehen..."


    Natürlich würde nicht die ganze Flotte immer anlegen, das die anderen soweit dachten, davon ging er aus. Doch eine Schnelle Liburne könnten sie immer hinschicken um Nachrichten zu empfangen. Allerdings bedeutete dies das,...


    "Wir werden einige Zeit auf See sein. Daher will ich, das sich die Milites vor der Einschiffung noch etwas entspannen. Daher habe ich eingeschränkten Ausgang gegeben,..."


    Er wies auf den zuvor verfassten Befehl und blickte dann zum Praefectus.


    "Ausgang, aber nur in kleinen Gruppen. Die Diziplin muss auf jedenfall gewahrt werden. Bestimme einen Centurio, der mit seinen Leuten darüber wachen wird, das niemand sich daneben benimmt. Und die Tabernen- und Lupanarbesitzer sollen unseren Milites gute Preise machen...."

    Eine ganze Weile später war Tiberius Vitamalacuis in das Zelt getreten, mit schnellen, sehr schnellen Schritten. Er war so eben vom Imperator zum Legaten der Prima ernannt worden, und er hatte vor seiner Offiziellen Ernennung noch einiges zu tun gehabt. Als er die alte Frau erblickt hatte, wollte er zu erst los poltern, wer sie denn sei, doch kaum ein Wort hatte er gesagt, dann war er auch schon verstummt.


    Nur einen Namen hatte er stammeln können, sein Helm, den er in der Hand gehalten hatte, war zu Boden gefallen und dann war etwas passiert, das kaum jemand, der ihn kannte für möglich halten könnte und ausser denbeiden Menschen im Zelt würde auch niemand erfahren würde. Mit ganz wenigen Schritten war er bei Mania gewesen, hatte seine alte Amme einfach in die Arme geschlossen und überschwenglich in die Luft gehoben. Und auch die Tränen in den Augen des Legaten hatte niemand ausser seiner alten Amme gesehen,


    Viel Zeit hatte er er nicht gehabt, denn seine Pflicht war wie immer vor gegangen, doch in den nächsten Tagen und Wochen sprachen er und seine Amme lange und viel miteinander, über das, was in den letzten Jahren passiert war...

    Ein lange Zeit vergangen, seit die Prima das letzte Mal vor Antiochia gelagert hatte und eine Menge war in der zwischenzeit passiert. Meilen um Meilen waren sie marschiert, zahlreiche Kämpfe hatten sie geschlagen, Siege errungen und Verluste verkraften müssen. Unzählige Soldaten waren gefallen, unzählige waren verletzt wurden, nicht wenige waren verschollen. Die Prima hatte einen Legaten verloren und das Imperium seinen Kaiser.


    Doch etwas hatte sich nicht geändert, denn die Prima lagert genau an der Stelle, an der sie auch bei ihrem Eintreffen in Syria gelagert hatte, ein kleines Stück nördlich des Brückentores begann sie ihr Lager aufzugeschlagen.


    Wie jeden Tag auch, wurde auch wieder das Praetorium errichtet und wie jeden anderen Tag, sass Tiberius Vitamalacus recht schnell hinter seinem Tisch und beschäftigte sich mit der immer anfallenden Bürokratie. Er wollte sie so schnell es ging vom Tisch schaffen, um danach Zeit für einen Rundgang durch das Lager zu haben.


    "Die Stabsoffiziere zu mir," war einer der nicht unüblichen Befehle die er erteilte. Einen anderen Befehle erteillte er schriftlich, zur verteiluing an alle Offiziere.



    -Ausgangsregelung-


    Für die Dauer des Aufenthaltes der Prima vor Antiochia ist den Milites in kleineren Gruppen Ausgang zu erteilen.
    Das Bilden von Ansammlungen mit mehr als 8 Milites ist untersagt. Jegliches Fehlverhalten im Ausgang wird strengsten geahndet.


    gez.


    Q. Tib. Vita.
    L. Leg. I


    Auch im Praetorium der Prima herrschte ein rege Geschäftigkeit, galt es doch, Rüstung und Kleidung des Legaten für die kommende Zeremonie so herrichten, das sie so tadellos wirkten, wie die Rüstungen der Legionäre und so, das sie dem Ereignis angemessen war. Und das war, nach einem langem Feldzug nicht leicht, besonders, wenn man nicht die Zeit hatte, die Resourcen der Stadt zu nutzen.


    Tiberius Vitamalacus hingegen bekam von all dem wenig mit, er bereitet sich auf seine Art auf das kommende Ereignis vor, denn er wird seinen persönlichen Eid auf Rom zuvor erneuern.


    Und als alles so weit ist, tritt er in das Lararium des Praetoriums, eigentlich nicht mehr als eine kleine Ecke in einem der Zelte. Seinen Helm trägt er unter seinem linken Arm, seine Rüstung ist makelos und sitzt perfekt. Er geht aufrecht auf den improvisierten Schrein zu, stellt dreei kleine Standilder dazu, eines eine Statuette Iupiters, ein Abbild des verstorbenen Impertors und eines des neuen.


    Langsam kniet er vor dem Schrein nieder, stellt seinen Helm vor sich ab.


    "Ihr meine Ahnen, die ihr immer über mich wacht, nach deren Vorbild ich lebe und deren Andenken ich ehren und mehren möchte, ich komme heute, um vor euch als Zeugen, meinen Schwur zu erneuern."


    Er zieht das Gladius, hielt den Griff mit der rechten und umschliesst die scharf geschliffene Klinge mit der Linken.


    "Oh Iupiter, ich schwöre bei meinem Leben und dem Heil meiner Ahnen, zu dienen Rom. Es zu verteidigen, mit Worten und Taten, seine Bevölkerung zu schützen, ihr zu dienen, zu ihrem Wohl zu handeln."


    "Oh Iupiter, ich schwöre bei meinem Leben und dem Heil meiner Ahnen, zu dienen dem Imperator, das zu tuen, was er von mir verlangt. Dort zu kämpfen oder zu dienen, wo er es für richtig hält."


    "Oh Iupiter, ich schwöre bei einem Leben und dem Heil meiner Ahnen, zu dienen meiner Familie, sie zu beschützen und zu verteidigen, mit meinen Worten und meinen Taten, ihren Ruhm zu mehren."


    Mit jeden Wort, das er spricht umschliest er die klinge etwas fester, bis sich ein kleines Rinnsaal von Blut an beiden Seiten der Klinge bildet und zu boden Boden tropft.


    Er bleibt noch eine Weile Knien, dann steht er auf, steckt sein Gladius zurück und verlässt das Praetorium. Direkt am Ausgang bleibt er kurz stehen, hinter ihm sammelt sich seine Garde.
    "Lasst zum Sammeln blassen !" befiehlt er den Cornichen und sogleich ertönt das Signal, welches die Legionen schon den ganzen Tag erwartet. In das Signal der Prima, mischen sich die Signale der anderen Legionen, werden auch hinausgetragen in die Stadt.

    Natürlich war die letzte Bemerkung des Legaten im Grunde überflüssig, denn ein jeder wusste, was denn sein Pflicht war und ein jeder wusste, das Rom erwartete, das jeder Mann seine Pflicht tun würde. Aber vielleicht war das eine angewohnheit von Kommandanten, das sie immer wieder das Selbstverständliche betonten und damit manchmal bei ihren Stabsoffizieren innerliches Kopfschütteln bewirkten.


    "Sehr gut, Praefectus !" erwiederte Tiberius Vitamalacus just in dem Moment, da in der Ferne das rhythmische Schlagen von Metall auf Holz einsetzte. Die XII. hatte ihren Marsch aufgenommen und ihre Soldaten schlugen im langsamem Takt mit ihren Gladi auf die Scuti. Es war ein dumpfes, gleichmässiges Geräusch, das sich so ganz anders anhörte, als der sonst übliche Ausdruck des Jubels oder Einschüchterung.


    "Abmarsch sobald bereit !" befahl Tiberius Vitamalacus knapp.

    Bis aus den letzten Reihen Drang der geschlossene Eid der Legion zu ihm, jeder von ihnen hatte die Worte schon mehrmals gesprochen und auch wenn so mancher noch seine Schwierigkeiten mit dem Namen des neuen Imperators hatte, war es doch immer noch beeindruckend diese Worte geschlossen aus tausemden von Kehlen zu hören. Und als die Wore der Prima verebbten, drang, einem Echo gleich, der gleiche Eid zu ihnen, gesprochen von den Soldaten der XII.


    "Soldaten der Prima !" setzte er wieder zu sprechen an. "Wir sind gekommen, um den Parthern zu zeigen, das sie nicht ungestraft den Frieden an Grenzen des Imperium in Frage stellen dürfen. Rom bestimmt ! Nicht Parthia !"


    "Diese Lektion haben wir sie gelehrt, in Edessa und in Circesium ! Und diese Lektion wollten wir sie auch hier lehren, doch nun haben wir eine wichtigere, eine heilige Aufgabe !"


    Kurz verharrte er, dann sprach er weiter.


    "Würdig und mit allen Ehren werden wir unseren Imperator zurück ins Imperium bringen ! Wir werden dafür sorgen, das er jene behandlung empfängt, welche seiner Stellung angemessen ist. Hier vor der Stadt werden wir ihn aufbahren, an seinem Totenbett Wache halten, so wie es unsere Aufgabe ist für unseren Pater Patriae ! Wenn die Frist, welche die Prieser uns nennen verstrichen ist, werden wir ihn auf einem langen Trauermarsch mit uns tragen, bis wir ihn, den Traditionen entsprechend den Flammen übergeben !"


    Wieder verharrte er, bevor er weiter sprach.


    "Doch dann ist unsere Pflicht noch nicht vorbei, gilt es doch, seine Urme zu seinem Sohn zu bringen, damit dieser sie in Rom beseitzen kann. Und welche Legion wäre dafür besser, als die Legion des Lucius Ulpius Iulianus ! Welche Legion ist dafür besser geeignet als die Prima !"


    Und auch wenn er es nicht explizt gesagt hatte, jeden sollte es klar sein : Es ging nach Hause...

    Es war eigentlich eher eine rethorische Frage gewesen, die der Legatus gestellt hatte, denn er zweifelte nicht daran, das der Praefectus alles nötige vorbereitet hatte. Ajax tänzelte leicht, der schwarze Hengst spürte schon, das es bald wieder auf den Marsch gehen würde und ungeduldig wartete er darauf, los gallopieren zu können. Doch diesmal würde es wohl zu keinem Gallop kommen.


    Tiberius Vitamalacus Blick wanderte vom Lager hinaus in die Ferne, dort wo sich schon die anderen Legionen langsam in Marsch gesetzt hatten, beziehungsweise begannen, dies zu tun.


    "Gut, Praefectus," meinte er nüchtern und fügte hinzu : "Wir mögen auf dem Weg nach Hause, die Nachhut übernehmern und die anderen Legionen für heute sichern, doch wir sind auch auf einem Trauermarsch. Ich will das das nicht vergessen wird."

    Es waren Soldaten aus der ersten Kohorte der XII., welche in das Zelt traten und sich neben der Bahre mit dem toten Imperator aufstellten. Noch einmal blickten die die Legaten sich an, grüssten sich wortlos militärisch, dann gingen sie jeder für sich zu seiner Legion.


    Nur der Legat der XII. blieb zurück, er wartete bis ihm die Abmarschbereitschaft seiner Legion gemeldet wurde, dann erst setzte er sich gefolgt von seinen Soldaten in Bewegung. Es war die XII., welche als erste aufbrechen würde und zumindest am ersten Tag des Marsches zurück ins Imperium den toten Imperator tragen würde und aus dem schlichten Marsch der Legionen einen Klagemarsch machen würde.


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    Als er bei der Prima eintraf, war es noch dunkel, doch vor dem Praetorium stand schon sein Pferd bereit und Tiberius Vitamalacus schwang sich in den Sattel. Es würde nicht mehr lang dauern, bis die Praesenz der Legionen in Flammen aufgehen würde. Und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Klagegeräusche der dumpfen, langsamen Schläge der Soldaten der XII. auf ihre Scuti zu ihnen dringen würde.


    Ruhig lenkte er sein Pferd zum Praefectus, sein Blick wanderte über das Geschehen im Lager, nur der geschulte Blick erkannte die hohe Ordnung in dem scheinbar chaotischen Gewühls.


    "Praefectus ! Ist alles bereit ?"

    Mit einer knappen Geste bot Tiberius Vitamalacus dem Artorier an, sich an den bisher aufgetragenen Vorspeisen zu bedienen. Über die Versorgungslage der Legion mochte im Stab nachgedacht werden, die Küchensklaven im Praetorium hatten eine ganz andere Sorge. Denn ihnen stand nicht mehr viel mehr zur Verfügung als den normalen Soldaten, doch sie hatten den Anspruch etwas besondere auf den Tisch des Legaten zu bringen.


    "Geld wird nicht alles sein, Grund und Boden ist knapp. Aber ich bin zuversichtlich, das dieses Problem gelöst werden kann."


    Bei den folgenden Worten des Artoriers zeigte sich etwas auf dem Gesicht des Legaten, das einem Schmunzel nahe kam.


    "Centurio, sei versichert, für mich steht der Dienst in der Legion über den Pflichten eines Klienten für seinen Patron. Wir werden da immer einen Weg finden," meinte er zustimmend. Er hatte genug gehört, der Centurio war ein guter Soldfat und würde sicher ein guter Klient sein. Daher erhob er sich von der Liege.


    "Dann soll es sein, ich werde dich unter mein Patronat nehmen."

    ....UND EIN LETZTES GELEIT


    Dura Europos...


    Die vier Männer hatten in dieser letzten Nacht vor Dura Europos nicht geschlafen, sie hatten sich in den letzten Tag nicht rassieren lassen, so wie es die Tradition von ihnen verlangte. Die vier Legaten hielten in dieser Nacht gemeinsam Ehrenwache an der letzten Ruhestätte ihres Imperators Lucius Ulpius Iulianus.


    Die Ärtze und Leichenbestatter hatten die sterblichen Überreste auf Sorgsamstes und Gründlichstes gewaschsen und präpariert. Und so hatte er dagelegen, aufgebahrt und für seine letzte Reise vorbereitet. Zu jeder Zeit hatte eine stattliche Anzahl von Soldaten an seiner Seite Wache gehalten, aus jeder Legion hatte man aus jeder Kohorte Milites gegestellt.Und jetzt, in dieser letzten Nacht waren es die Legaten selbst gewesen, welche die Aufgabe übernahmen.


    Tiberius Vitamalacus hatte kein Wort gesagt seit er das Zelt betreten hatte, schweigend und mit starrer Haltung hatte er an der Bahre gestanden, allein mit seinen Gedanken. Zeit seines Lebens hatte er dem Imperator gedient, im Militär genauso wie als Magistrat, oft hatte er vor diesem Mann gestanden und immer hatte er in dem Bewusstsein gelebt, das, wenn auch alles schiefgehen würde, es immer den Imperator geben würde, der es richten könnte.


    Und nun ?


    Der Imperator war tot, er würde nicht einfach aufstehen und sagen was zu tun sei. Und sein Sohn ? Valerianus war, das wusste der Tiberier, viel mehr Soldat denn Politiker. Eine Eigenschaft, welche ihn in seinen Augen auszeichnete, welche auch in ihm selbst wohnte. Doch, dessen war sich der Legat der Prima bewusst, um Rom zu regieren, reichte es nicht, nur Soldat zu sein.


    Kurz bevor der Morgen graute blickten sich die vier Legaten an, es war Zeit...

    Kaum eine andere Reaktion hatte der Tiberier von den Soldaten erwartet, diese Mischung aus Trauer, Wut und Bestürzung, denn kaum anders hatten die vier Legaten reagiert, auch wenn jeder von ihnen seine Gefühle nicht so offen zeigte, wie die Milites. Einen Momemt verharrte er schweigend, hörte auf die Zwischenrufe, die sich in das Hochleben ihres neuen Imperators mischten, liess den Soldaten so den Raum, ihren Unmut herrauszulassen.


    "Soldaten der Prima !"


    Dabei hob er beide Hände, als Zeichen an alle, nun zunächst wieder zu schweigen.


    "Es ist nun an uns, dem Wunsch unseres verstorbenen Imperators folge zu leisten. Und als Zeichen unsere Treue zu ihm, schwören wir seinem Sohn Gaius Ulpius Aelianus Valerianus die Treue."


    Tiberius Vitamalacus nahm Haltung an, gab demAquilifer das Zeichen vor zutreten, so das sich der Adler der Prima vor ihm befand. Dann sprach den Schwur, den er schon so oft gesprochen hatte, doch fügte er zum ersten Mal den Namen ihres neuen Imperators ein.


    "IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA."