Plautius war inzwischen bei dem 11. Becher Kräutersud mit Honig. An dieser Stelle wollen wir dem Leser jedoch 2 delikate Details nicht vorenthalten, zumal es gleich ja endlich nach ewigem Warten für die Reserve ernst wird.
1.Wo kam der Kräutersud denn her?
Hinter Plautius und seinen Offizieren hatte ein Scriba des Praefectus ein kleines Feuerchen gemacht und ein Dreibein aufgestellt. An diesem hing ein kleiner Kessel, in dem das Wasser kochte. Ab und an schüttete der Scriba das heiße Wasser in diverse Tonkrüge, in welche er bereits diverse Kräuter gegeben hatte. Die Kräuter stammten aus gewissen Döschen, die wiederum in eine kleine Holzkiste sortiert waren. Eine 2. Holzkiste enthielt diverse Honigsorten. Sobald das Kräuterwasser gezogen hatte, schüttete der Scriba es durch ein kleines Sieb in einen der unzähligen Tonbecher. Dann gab es den jeweiligen Honig dazu und schon ging der Becher zum Praefectus.
2.Wie schafft man es 11 Becher Kräutersud zu trinken ohne Pinkeln zu gehen?
Das schafft vermutlich nur Bachus und Plautius ist dagegen nur ein Mensch. Und so war der Praefectus natürlich im Verlauf der Schlacht 2 Mal zu einer einsamen Dattelpalme unweit des “kleinen matinischen Hügels” gewandert und hatte sich dort erleichtert (sprich: gegen die Palme gepisst). Wie viele andere der Reserve vor ihm, nachdem man sich versichert hatte, daß kein parthischer Heckenschütze auf der Palme hockte. Zum Glück versickerte alles im Boden unter der Palme, denn sonst wäre hier inzwischen ein künstlicher See entstanden.
Und so hatte man gewartet. Und gewartet. Und noch länger gewartet. Und wieder gewartet. Plautius bekam den 11. Becher gereicht, als endlich das Signal der Cornicen für die Reserve kam und auch ein Bote von der Front. War das nicht einer dieser frischegebackenen Jungtribuni, die Vitamalacus und diesem Terentier an der Tunika hingen? Der sah etwas mitgenommen aus. Man konnte fast meinen er hatte sich in die Tunika gemacht.
“Bericht!”
“Die Reserve soll angreifen. Wir werden vernichtet! Wir werden alle sterben. Die überrennen uns alle. Der Adler und die I. Kohorte drohen zu fallen. Der Tribunus Laticlavius ist tot, ebenso der Legatus. Wir müssen fliehen. Sonst sterben wir alle.”
Plautius lächelte den Boten an und nickte.
“Heute ist ein guter Tag zu sterben, Miles. Und was das fliehen angeht, also nach Zeugma musst du immer nur in diese Richtung laufen. Und dann immer weiter in diese Richtung. Dann kommt das Meer und von dort gibt es Schiffe nach Roma. Guten Heimweg. Ich hoffe du siehst es mir nach, daß ich jetzt keine Zeit habe dich wegen Fahnenflucht zu kreuzigen.”
Und zu Medeia nach Alexandria dachte Plautius. Nun denn, es war Zeit diese Schlacht zu beenden. Er gab dem Boten mit einer Handbewegung zu verstehen, daß er verschwinden konnte. Dann wandte er sich leise an den Centurio neben sich.
“Wenn sich uns der Kerl jetzt anschließt gut. Wenn er sich absetzt, dann setzte schnell nach, stech ihn in den Bauch ab und komm nach. Aber stech ihn so ab, daß es noch lange dauert und weh tut bevor er krepiert.”
Dann winkte er einen Boten heran.
“Wortwörtliche Meldung an Centurio Flavius Aristides, falls er noch lebt. Ansonsten die Befehlskette nach unten. Er soll alles was noch laufen und kämpfen kann bedingungslos und ohne Rücksicht nach Vorne werfen und die 1. Centurie beim Adler unterstützen. Wir sind gleich da. Sie sollen sich um den Adler einigeln und uns etwas Platz verschaffen, damit wir weiter vor können. Und wehe ich sehe ihn nicht, wenn ich gleich da bin. Dann reisse ich ihm die Eier ab, egal was für ein Geschrei seine Frau dann bei mir macht.”
Der Bote eilte davon und weil er den Centurio Flavius nicht leiden konnte betonte er besonders den Satz mit der Kastration.
Er winkte einen 2. Boten heran.
“Reite zum Imperator dort drüben und sage ihm wortwörtlich, daß ich mit 2 Kohorten die Flanken unterstütze und mit 3 Kohorten direkt zum Adler ins Zentrum vorstosse und dann über den Feind drüber und weiter nach Edessa. Tribunus Laticlavius Tiberius vermutlich gefallen, Legatus Decimus verschollen. Ich werfe die Reserve bis zum letzten Mann in die Schlacht. Es steht ab jetzt nichts mehr zwischen den Parthern und ihm außer der Reserve und dem Praefectus Castrorum Matinius. Ich empfehle, daß er sich sich mit seiner Leibwache hinter uns hängen soll und uns direkt ins Zentrum, dem sichersten Ort auf diesem Schlachtfeld, folgt. Seine Leibwache bekommt Unterstützung durch 3 Centurien von mir, welche die Nachhut bilden. Keine Gnade, keine Gefangenen! Es sei denn ich bekomme hier andere Befehle zeitnah von ihm. Ansonsten bin ich vorne zu finden. Und ich sehe ihn spätestens vor Edessa wieder.”
Bote: “Praefectus! Der Imperator soll so nah ins Kampfgeschen kommen?”
“Der Imperator ist ein Soldat! Er hat 2 Beine, damit er nicht auf seinen Eiern in die Schlacht hoppsen muß. Er hat 2 Arme um Scutum und Gladius zu führen. Und er ist der Pontifex Maximus! Also wenn die Götter und vor allem Mars IHN nicht beschützen, wen dann? Abmarsch!”
Und der Bote eilte davon und überbrachte dem Imperator wortwörtlich (wobei er äußerste Todesangst ausstand), was der Praefectus gesagt hatte. Er war ein guter Mann, der sich an seine Befehle hielt, und wortwörtlich umfasste so auch den Teil mit “auf den Eiern hoppsen” und dem Schutz der Götter.
Dann wandte Plautius sich an die 5 ½ Kohorten der Reserve. Er zog sein Gladius und zeigte damit auf die einzelnen Kohorten, um anzudeuten wer wofür zuständig war.
“Männer. Ich fasse mich jetzt wirklich kurz. 1 Kohorte unterstützt die linke Flanke, 1 Kohorte unterstützt die rechte Flanke. Die restlichen 3 Kohorten stürmen direkt mit mir ins Zentrum vor, wo sich der Adler und die Reste der I. Kohorte befinden. Der Imperator ist vermutlich direkt hinter uns. Also geht es immer nur nach Vorne. 3 Centurien bilden die Nachhut. Einen Krieg gewinnt der, welcher am Härtesten zuschlägt. Keine Gefangenen, keine Gnade. Heute Abend will ich, daß Pluto sich bei Mars beschwert, daß im Tartarus wegen parthischer Überfüllung kein Platz mehr ist. Roma Victrix! ANGRIFF!”
Plautius gab Befehl zum Vorrücken. Die Cornicen dröhnten. Die Reserve setzte sich in Bewegung. Im Marschtempo ging es los, die Cornicen schmetterten ihre Signale. Die Offiziere und Soldaten nahmen das “Roma Victrix” ihres Praefectus wieder und wieder auf. Das Tempo wurde schneller, die Rufe lauter.
Plautius Gesicht bekam einen entrückten Ausdruck, der Wahnsinn glomm in seinen Augen, während er den Feind fixierte. Die Lautstärke schwoll an, das Tempo wurde schneller und dann stürmten Plautius und die Kohorten der Reserve einer Todeswelle gleich auf das Zentrum, den Adler und dein Feind zu.
Und der Praefectus Castrorum Camillus Matinius Plautius stürmte an der Spitze. Seine 11. Tasse Kräutersud würde er bei der brennenden Stadt Edessa trinken, wenn die Stadt bis auf die Grundmauern zerstört und alle Bewohner hingerichtet werden würden. Diplomatie war ein Zeichen von Schwäche, wenn man in der Position des Stärkeren war. Und das Imperium war der Stärkere.