Plautius stand mit mehreren Legionären vor dem in sich zusammen gefallenden Scheiterhaufen, der jetzt noch aus Glut und den verbrannten Resten des Sklaven Marius bestand. Die Männer unterhielten sich leise. Vermutlich ging es um den Todesfall. Marius war zwar nur ein Sklave gewesen, aber ein Castellum war wie eine kleine Stadt und wenn da jemand plötzlich aus dem Haushalt des „Duumvir“ Decimus Livianus starb, dann gab es natürlich Gerede.
Plautius und die Wachen des Praetoriums hatten Marius einen Stofflappen als Schal um den Hals gewickelt, damit man die Spuren des Strickes nicht sah. Er hatte sie nicht hinsichtlich Stillschweigens erinnern müssen. Die Wachen des Praetoriums waren handverlesen und hörten und sahen Nichts, was das Privatleben der Bewohner betraf. Es sei denn es wurde ihnen befohlen.
Man hatte einen Scheiterhaufen beim Brennofen für die Tonziegel aufgebaut. Den neugierigen Helfern hatte er beiläufig mitgeteilt, dass Marius an Schwindsucht in Verbindung mit einer bösartigen Lungenentzündung gestorben sei. Nicht ansteckend, jedes für sich wenig auffällig, aber schwer heilbar. Und da Sklaven ja nicht das Augenmerk der Götter genossen wurde der Tod auch nicht groß in Frage gestellt.
Anschließend hatte man dem toten Marius Feuer unter dem Hintern gemacht. Die Männer hatten gutes Holz gewählt und auch ordentlich Reisig zum Einsatz gebracht. Es hatte sehr schnell ein ordentliches Feuer ohne große Rauchentwicklung gegeben, welches den Leichnam verzehrte.
Plautius hatte sich nach längerer Überlegung für eine Feuerbestattung entschieden. Einfach den Sklaven in den Wald zu werfen war ausgeschieden. Nachher stolperte eine Patroullie drüber und brachte ihn von Tieren angefressen wieder ins Castellum mit. Im Garten des Legatus vergraben schied auch aus. Was wenn dieser im Frühjahr den Garten umgrub, weil er Blumen Pflanzen oder einen Fischteich anlegen wollte. Dann würde er Marius halb verrottet wieder ausgraben. Gartenarbeit war eine beliebte Freizeitbeschäftigung bei Leuten, die kein Gemüse anbauen mussten, um die Familie damit zu versorgen. Also daher besser eine Einäscherung. Und dann konnte der Legatus selbst entscheiden, ob er die Urne im Garten vergrub und somit seinen Sklaven unter die Erde brachte oder die Asche als Dünger in die Blumen streute.
Die Zeit verging …
Die Glut war ziemlich abgekühlt. Plautius hielt Ausschau nach den Legionären Felix und Macer. Er hatte die Zwillinge beauftragt im Haus des Legatus einen Blumentopf aufzutreiben, in den man die Asche einfüllen konnte. Ah, da bogen beide auch schon um die Ecke. Felix, oder war es doch Macer, verdammt die sahen so gleich aus, hatte eine Vase in den Händen.
„Praefectus, wir haben keinen Blumentopf für die Asche gefunden, aber in der Küche des Legatus fanden wir diese schrammelige Vase. Die tut es doch sicher auch?“
Plautius nahm von Macer, den er an der Stimme erkannt hatte, eine große Vase entgegen und begutachtete diese im trüben Licht des Tages.
„Hm, ja, die wird gehen. Aber die sieht noch ganz passabel aus und hat auch keine Sprünge. Und die Muster der Bemalung auf der Keramik sehen vielleicht auch etwas zu fröhlich aus, aber sie wird ihren Zweck erfüllen. Habt ihr nichts anderes gefunden?“
Die Männer schüttelten den Kopf. Auf die Schnelle hatten sie in der Küche des Praetoriums nur eine Vase auf dem Tisch stehen sehen.
Plautius ließ die Asche von Marius in die Vase füllen. Er bedankte sich bei den Männern für die Mitarbeit am Scheiterhaufen, lud sie auf einen Umtrunk in der Taverne von Numerianuns nach Feierabend ein und machte er sich auf den Rückweg zum Praetorium um dort die Vase dem Legatus mit einer Nachricht versehen auf den Schreibtisch zu stellen.
Epilog: der Stellenwert einer Vase
Die Sklavin Miriam hatte die Vase mit größter Vorsicht aus dem Peristylium in die Küche getragen, wo sie am nächsten Tag neue Schnittblumen hinein stellen wollte. Es war eine besondere Vase, deren blumengefüllter Anblick den Legatus stets zu erfreuen schien.
Für die Legionäre Felix und Macer war es lediglich eine schrammelige Küchenvase.
Für Praefectus Plautius war es eine fröhlich bemalte Keramik in gutem Zustand. Plautius mochte als Architectus vielleicht etwas von Kriegsmaschinen und Gebäuden verstehen, aber Vasen waren ganz sicher nicht sein Spezialgebiet.
Erfahrene, weibliche Einkaufprofis wie Decima Lucilla, Artoria Medeia und andere Damen von Stand und Namen mit ihren gesammelten Erfahrungen auf unzähligen Einkaufsorgien auf den verschiedensten Märkten hätten vermutlich auf den ersten Blick darin eine etruskische Vase von hohem Alter und mit einem vierstelligen Sesterzenwert erkannt, welche die verstorbene Frau des Legatus mit Liebe und dessem dicken Wochenlohn im Einkaufskorb gekauft hatte.
Nur gut, dass die Vase bislang keinem der Beteiligten hingefallen war … 