Der blaue Fleck, den ich mir damals geholt habe, als Zeuxis mich auf das andere Schiff geschleudert hatte, den hab ich noch, und bei allen Göttern, er schmerzt noch immer. Aber was beschwere ich mich, ich bin ja froh, dass ich mir dabei nichts gebrochen habe. Der Empfang auf dem anderen Schiff hätte zwar schöner sein können, aber die Alternative auf See zu sterben war um einiges unangenehmer. Die ersten Tage auf Bord waren grässlich. Das ständige Deck schrubben sind Gift für meine hübschen Hände und es haben sich Schwielen gebildet, die ich wahrscheinlich nie wieder loswerde. Und sinnlos ist das Schrubben sowieso, denn das Schiff sieht nachher nie wirklich sauberer aus als vorher, also bin ich zu dem Schluss gekommen: reine Arbeitsbeschaffung. Den Göttern sei Dank wurde ich auch in die Kombüse eingeteilt, eine gute Verbindung zu jemandem, der für das Essen verantwortlich ist, kann ja bekanntlich nie schaden. Die anderen Wünsche, etwa ein Bad, konnte ich mir indes abschminken, schon nach nur 10 Tagen unterschied mich kaum etwas von all den anderen Männern auf dem Schiff, auch das Rasieren verkniff ich mir.
Die Tage vergingen aber doch ziemlich schnell. Mit den meisten kam ich sogar klar, waren allesamt ehemalige Sklaven, und nach ein paar Anekdoten von meinem Herrn bevor ich zu Lucilla kam, wurde ich mehr oder weniger akzeptiert. Ich dachte mir nämlich, dass es so viel intelligenter wäre, denn ich war und eigentlich bin ich mir noch immer sicher, wenn herauskäme, dass Lucilla meine Herrin sei, dann, ja dann wäre es sicher noch ungemütlicher an Bord. Also verhielt ich mich still und eckte wenig an, ich versuchte auch nicht, Kontakt zu meiner Herrin aufzunehmen oder ihre Speisen auch nur irgendwie aufzuwerten, aus Furcht erwischt zu werden. Ich beobachtete nur, und wenn ich sah, dass ihr das Essen gebracht wurde, so war ich zufrieden, denn das bedeutete, dass sie lebte. Vor allem aber hütete ich mich davor, zuviele Fragen zu stellen, und wenn, dann beschränkten sich meine Fragen meist auf Seemannstypisches, etwa was denn Luv und Lee wären und dergleichen.
Nur eines konnte ich tun. Einige Tage nach meiner etwas schmerzhaften Ankunft erfuhr ich von diesem Fluch, denn meine Herrin auf den Kapitän gelegt hatte - übrigens ein hübscher Kerl, im Gesicht und sein Körper... wirklich zum anbeissen - und ich musste insgeheim lächeln. Ich glaubte zwar nicht, dass sie deswegen noch am Leben war, sondern sie irgendwann als Sklavin verkauft werden würde, aber einige der Männer waren nicht nur beunruhigt, sie fürchteten sich. Also trug ich mein Scherflein dazu bei und erzählte von einem Fluch vom Typ "dem Freund eines Freundes ist so etwas passiert...", selbstverständlich mit dem Zusatz, dass die Aussprechende eines Fluches nie getötet werden dürfe und ich froh wäre, dass ich nichts mit der Gefangenen zu tun hätte, wer weiss denn genau, welche Flüche sie noch parat hätte. Dann schüttelte ich den Kopf, zitterte kurz, als ob ich Angst hätte und futterte den Rest meines Essens. Ich wusste nicht, ob meine Worte auf fruchtbaren Boden gefallen waren, also hielt ich mich zurück und ließ die anderen reden und überlegen.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass die Saturnalien schon nahe waren. Ich interessierte mich nicht für den Kalender, die Tage selbst hatte ich auch nicht gezählt, denn beim Schrubben auf dem Deck stumpfen die Sinne ab und man macht nur mehr seine Arbeit. Beim Koch aber merkte ich eine kleine Veränderung, denn sein Essen schmeckte einen Deut besser als vorher und wir bekamen mehr Fleisch. Und dann wurde sie tatsächlich herausgelassen. Ich war gerade wieder einmal zum Schrubben eingeteilt, als sie herauskam. Zeuxis rempelte mich an und deutete auf sie. Ihr Götter, wie sie aussah, einfach schrecklich. Nur kurz überlegte ich, wie lange ich wohl benötigen würde, um die Spuren hiervon beseitigen zu können, dann sah ich wieder runter und schrubbte. Sie sollte mich nicht sehen, die Gefahr, dass sie mich verriet, war mir einfach zu groß. Doch bald verschwand sie schon wieder und ich atmete auf. Dieser Moment rief mir wieder in Erinnerung, dass wir von diesem Schiff weg mussten. Irgendwann mussten wir doch an Land gehen und frische Vorräten holen. Wenn ich doch nur wüsste, was der Kapitän vorhatte...