• Flavus hatte nicht lange Ausschau halten müssen. Ausgerüstet mit frischen Badetüchern schritt er schnurstracks auf den Ort zu, an dem er das Balneum der familieneigenen Casa vermutet hatte und fand es dort tatsächlich vor. Blauer Schimmer trug das vom Wasser gespiegelte Licht einiger Kerzen durch die offene Türe in den angrenzenden Gang und verdeutlichte dem Neuankömmling so bereits schon vor Betreten des Raumes, was sich darin befand. Da er nicht wusste, wann das Bad für ihn bereitet sein würde, und er keine Lust hatte die ganze Zeit auf einen Sklaven zu warten, der ihm Bescheid gab, war er bereits vorher auf eigene Faust aufgebrochen, auch auf die Gefahr hin, dass noch nicht alles fertig war. Als er durch den Rahmen der Tür schritt, stellte er jedoch zufrieden fest, dass das Wasser schon dabei war eingelassen zu werden, sowie die obligatorischen Ölbäder zur Nutzung bereitstanden.


    Etwas anderes zog jedoch schon weit eher seine Aufmerksamkeit auf sich. Die Sklavin, der er die Vorbereitung dieses Bades zu verdanken hatte, kniete am Rand des Beckens und schien die Temperatur des Wassers zu überprüfen. Aufgrund des noch relativ geringen Wasserstandes musste sie sich dafür jedoch weit nach vorn beugen. Ein vergnügtes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des jungen Mannes aus, als er das wohlgeformte Gesäß der blonden Mirjam identifizierte. Er beobachtete sie ein, vielleicht auch zwei Sekunden, ehe er sich langsam, auf spitzen Zehen näherte. Das Geräusch des laufenden Wassers half dabei, seine Schritte zu überdecken. Als er genau hinter ihr stand, beugte er sich ebenfalls herab, so dass sein Mund nur knapp neben dem Ohr der jungen Frau war. In heiterem Ton machte er nun auf sich aufmerksam.


    „Ich dachte, du wolltest mir ein Bad vorbereiten lassen.“

  • Mirjam, die ohnehin schon Mühe genug hatte ihr Gleichgewicht zu halten, erschrak fürchterlich als sie die unerwartete Stimme und noch dazu so dicht an ihrem Ohr hörte. Zuerst versuchten sich die Finger ihrer festhaltenden Hand reflexartig an den Beckenrand zu krallen. Doch dieser war viel zu glatt, als das er den nötigen Halt bot. Mirjam merkte wie sich der Schwerpunkt ihres Körpers immer mehr nach vorne verlagerte und sie Kopf über in das Becken zu plumpsen drohte. Gleichzeitig riss sie den Kopf herum, sah sie in die Richtung aus der die Stimme kam und erkannte den jungen Decimer, der dicht hinter ihr stand. Ihre einzige Hoffnung nicht im Wasser zu landen war es, bei ihm Halt zu suchen. Mit einem letzten Kraftakt versuchte die junge Sklavin ihr Gleichgewicht noch einen kurzen Moment länger zu halten, löste die Hand vom Beckenrand und griff in die Richtung, in denen sie die Beine des jungen Herrn vermutete. Sie waren ihre letzte Hoffnung einen Sturz in das Becken zu verhindern.


    Und tatsächlich spürte sie den Bruchteil eines Augenblicks später eine behaarte und stramme Wade, welche ihre Finger auch sofort krampfhaft umfassten. Wie an einem Anker zog sie sich mühevoll zurück. Es war ein großes Glück das sie so zierlich und leicht war und der junge Herr dagegen einen recht festen Stand hatte. Es brauchte nur einen kurzen Ruck in seine Richtung und schon hatte sie ihr Gleichgewicht wieder. Die andere Hand glitt wieder rasch aus dem Wasser und stützte sich sofort am Beckenrand auf, als sie diesen erreichte. Ihr Herz raste und sie war aufgrund der Aufregung auch vollkommen außer Atem, als sie wieder, das Entsetzen immer noch in das Gesicht geschrieben, zu ihm aufsah.


    "Herr! Ich….. der Maiordomus…. es hatte gerade niemand anderer Zeit." sagte sie noch sichtlich unter leichtem Schock. Erst dann atmete sie erleichtert tief durch und löste den festen Griff um seine Wade. Da merkte sie, dass ihre Hand überhaupt immer noch darauf lag und zog sie peinlich berührt zurück.


    "Entschuldige bitte Herr….. aber ich wäre sonst…." Moment! Wollte sie sich gerade bei ihm entschuldigen? Er hatte sie doch erst in diese missliche Lage gebracht! Was hätte alles passieren können, wenn sie ihr Gleichgewicht verloren und in das Wasserbecken gefallen wäre? Vermutlich nicht viel, denn das Becken war mittlerweile ausrechend gefüllt, sodass sie sich zumindest nicht wehgetan hätte. Doch sie wäre Nass geworden! Das Entsetzen wich aus ihrem Gesicht und macht stattdessen einem äußerst vorwurfsvollen Blick Platz. Rasch erhob sie sich und fixierte den jungen Decimer mit zusammengekniffen Augen. Ihre darauf folgenden Worte klangen nicht weniger vorwurfsvoll.


    "Ich wäre um ein Haar in das Becken gefallen! Wie könnt ihr mich so erschrecken?! Wäre ich keine Sklavin……" hätte sie ihm eine geknallt. Doch sie war eine Sklavin und daher konnte sie sich gerade noch zurückhalten, diese Drohung auszusprechen. Sie war einen guten Kopf kleiner wie er, als sie so vor ihm stand, doch ihre Augen funkelten ihn böse an, als würde sie ihn jeden Moment anspringen und fressen. Sklavin hin oder her.

  • Die blonde Sklavin schien sich plötzlich über alle Maßen zu erschrecken und kippte nach vorn. Flavus, der keinesfalls mit einer so heftigen Reaktion gerechnet hatte, war von der neuen Situation ein wenig überfordert und wusste nicht, was zu tun war. Mit verdutztem Ausdruck nahm er wahr, wie Mirjam mit letzter Mühe sein Bein zu fassen bekam, es umkrallte und so vermied kopfüber ins halbefüllte Bad zu fallen. Glücklicherweise war sie eher zierlicher Statur, so dass die Gefahr, dass sie beide zusammen ins Becken stürzten, auf ein Minimum reduziert wurde. Er wankte lediglich leicht, fand jedoch schnell das nötige Gleichgewicht.


    Ebenfalls überfahren von der Situation starrte die junge Frau nun völlig außer Atem zu ihm hinauf. Er brauchte einen Moment bis ihm eingefallen war, worauf sich ihre Worte bezogen. Dass er überhaupt irgendwas gesagt und somit die ganze Aufregung erst heraufbeschworen wurde, hatte er beinahe schon vergessen. Dass ihre Hand immer noch auf seiner Wade lag, bemerkte er erst, als Mirjam sie zurückzog und sich peinlich berührt entschuldigte. Gerade jedoch, als er ihr sagen wollte, dass es in Ordnung wäre, schwang ihre Stimmung um 180 Grad. Offensichtlich bis aufs Mark verärgert fauchte sie ihn an und sprach sogar die Andeutung einer Drohung aus.


    Nun hatte sich der kleine Anteil Besonnenheit vollständig aus seinem Kopf entfernt. Völlig verwirrt stand er da, mit offenem Mund und gerunzelter Stirn. Es war nicht der Umstand, dass sie sich als Sklavin diese völlige Dreistigkeit erlaubte, die ihm die Sprache raubte. Viel mehr war es seine Unerfahrenheit mit Frauen. Natürlich wollte er sich einen kleinen Spaß erlauben und sie erschrecken, aber er wollte doch nie, dass es zu dieser Situation kommt.


    „Wärst du keine Sklavin, müsste ich mich vermutlich bei dir entschuldigen?“, sagte er in ruhigem Ton als er seine Gedanken endlich wieder soweit sortieren konnte, dass er in der Lage war seine Sprache zu gebrauchen. Vermutlich wollte sie ihren Satz so wohl eher nicht vollenden, doch wieder war er nachsichtig.


    „Ich wollte nicht, dass du stürzt. Entschuldige.“


    In ihrer Situation wäre er sicherlich auch sauer gewesen.


    Der Kontrast, den das Bild aus zierlicher, kleiner Frau und wütender Mimik gab, hatte zugegebenermaßen seinen ganz eigenen Charme und er konnte nicht umhin ihr von oben herab in die himmelblauen Augen zu schauen.
    „Wie wäre es, wenn ich dir eine Wiedergutmachung als Geschenk gebe und du das Bad nimmst?

  • Das Bad nehmen? Mirjam schnaubte verächtlich durch die Nase. Würde der Maiordomus mitbekommen, dass sie hier am helllichten Tag und noch dazu im Balneum der Herrschaften ein Bad nahm, dann wusste sie schon jetzt, dass sie die nächsten Wochen nicht mehr sitzen konnte, eine solche Tracht Prügel würde sie bekommen. Selbst wenn sie wollte, konnte sie dieses Geschenk also nicht annehmen. Und vermutlich wusste er das genauso gut wie sie selbst. Seine vermeintliche Entschuldigung würde ihr nur noch mehr Ärger einbringen, als sie vielleicht jetzt schon ausfasste. Außerdem hatte der junge Decimer ohnehin nötiger als sie, hatte sie sich doch erst heute Morgen ausgiebig gewaschen und gepflegt. Die kurz in ihr aufgekommene Wut war eigentlich auch schon wieder verflogen und mittlerweile tat es ihr auch Leid, dass sie den Herrn derart angefahren hatte. Er reagierte nicht verärgert, was sein gutes Recht gewesen wäre, sondern entschuldigte sich sogar und einmal mehr musste sie hoffen, dass er ihre Entgleisung niemanden erzählte. Damit war sie heute bereits ein zweites Mal von seiner Gunst abhängig. Zudem klang seine Entschuldigung auch ernst gemeint. Und die ehrliche Entschuldigung eines Freien, bekam ein Sklave nicht sehr oft zu hören.


    "Ich bin ja nicht gestürzt." sagte sie daher Kleinlaut. "Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe Herr! Ich habe für einen kurzen Moment meine Stellung vergessen. Bitte verzeih mir meine ungebührlichen Worte." Dann nickte sie verneinend. "Natürlich ist dieses Bad ausschließlich für dich bestimmt." Sie senkte ihren Blick, wich einen Schritt zurück und sah zum Becken, dass gleich ausreichend mit Wasser gefüllt war. Auch die Temperatur war perfekt, wie sie sich erinnern konnte. Sie wandte sich daher von ihm ab und ging arbeitsbeflissen zur Wasserzufuhr, um diese zu stoppen und von der unangenehmen Situation abzulenken. "Das Bad ist für dich bereit Herr. Hier findest du einige Duftessenzen und Badefläschchen. Ich habe noch nichts in das Wasser getan, da ich deine Vorlieben noch nicht kenne." Deutete sie auf den Beckenrand, wo die Fläschchen bereit standen. Dann schritt sie hinüber zum kleinen Tisch, auf dem die Karaffen mit unterschiedlichen Getränken standen. "Hier gibt es auch Honigwein, Wasser und Falerner. Darf ich dir etwas einschenken?" Ihr Blick war immer noch gesenkt und sie versuchte nun eine besonders artige Sklavin zu sein, um nicht doch noch den Unmut des jungen Decimers heraufzubeschwören.

  • Obwohl seine Gesprächspartnerin zunächst noch verächtlich schnaubte, schien sie sich kurz darauf doch zu beruhigen. Flavus war ziemlich froh darüber, denn er wusste nicht, wie viel er der Sklavin noch hätte durchgehen lassen dürfen. Er konnte nicht erlauben, dass sie sich über ihren Stand hinabsetzte, denn ab einem gewissen Punkt konnte so etwas gefährlich werden - und zwar für beide Seiten. Ob dieser Punkt nicht schon überschritten war, würde sich vermutlich noch zeigen, doch fürs Erste war er zufrieden. Er hatte sie nicht vor den Kopf gestoßen und sie hatte keinen Grund einen Groll gegen ihn zu hegen, was ihm wiederrum nur zu Gute kam. Schließlich konnte er schon jetzt sagen, dass er sie mochte. Dieses Rebellische hob sie ab von der grauen Masse und machte sie zu der interessanten Gesprächspartnerin, die sie war. Langweilig würde ihm mit ihr jedenfalls sicher nicht werden.


    Allerdings schien sich Mirjam sich nun wieder mehr und mehr in den Griff zu bekommen und fuhr erstaunlich unterwürfig mit der Vorbereitung des Bades fort.


    „Ähm…Wasser.“


    Bevor sie ihm etwas einschenken konnte, stellte er sich jedoch vor sie, berührte mit der Hand sachte ihr Kinn und schob den gesenkten Kopf nach oben. Aus irgendeinem Grund wollte er sie nicht niedergeschlagen und kleinlaut sehen.


    „Schon gut, ich bin nicht nachtragend.“


    Gerade als er diese Worte gesprochen hatte, bereute er sie auch schon wieder. Was, wenn die blonde Frau ein listiges Spiel mit ihm spielte und ihn um den Finger wickelte? Vielleicht teste sie ihre Grenzen aus und würde in Zukunft sogar noch weiter gehen. Der Decimer dachte darüber nach, während ihre Blicke sich kreuzten und er versuchte etwas Wahrheit in ihren Augen zu erkennen. Vermutlich würde er ihr vertrauen, solange bis sie ihm einen Grund gab, dies nicht mehr zu tun.


    Er entfernte sich wieder einige Zentimeter von ihr.


    „Ich mag Myrtenöl.“


    Daraufhin zog er sich die Tunika über den Kopf, befreite sich ohne falsche Scham von seinem Lendenschurz und stieg ins Wasser. Langsam ließ er sich nieder, so dass das Wasser seine Brust berührte. Tief durchatmend schloss er für einen kleinen Moment seine Augen und genoss das Gefühl.


    „Ich könnte auch von dir verlangen zu baden.“


    Immer noch mit geschlossenen Augen legte sich ein schelmisches Grinsen auf sein Gesicht, wobei sich seine Augenlider leicht anhoben, um ihre Reaktion zu erkennen.

  • Die Sklavin wollte gerade einen Becher und die Wasserkaraffe zur Hand nehmen, als er unerwartet an sie herantrat. Zuerst wollte sie zurückweichen. Hatte er ihre Entschuldigung nicht akzeptiert und nun vor sie zu schlagen? Kein Decimer hatte sie jemals geschlagen oder Hand an sie gelegt. Der Maiordomus versohlte den Sklavinnen gelegentlich die Hintern, aber auch nur dann, wenn keiner der Herrschaften in der Nähe war. Jeder wusste zwar, dass der Consular solche Maßnahmen unter seinem Dach eigentlich nicht tolerierte, aber keiner wagte es den Maiordomus, der schon sehr lange im Dienst der Familie Decima stand, an die Herrschaften zu verpfeifen. Mirjam selbst hatte dies noch nie miterlebt, da sie ja ebenfalls erst vor kurzem nach Rom gekommen war, doch manche Sklavin hatte sogar behauptet, der Maiordomus machte dies vor allem, weil es ihm Freude bereitete den blanken Hintern der Sklavinnen zu versohlen und zu berühren. Sollte er es auch nur einmal bei der blonden Sklavin probieren. Er würde schon sehen was er davon hatte. Doch hier und jetzt gegenüber des jungen Dominus, zuckte sie doch etwas ängstlich zurück, als er plötzlich die Hand auf ihr zartes Kinn legte. Doch anstatt sie zu schlagen, schob er einfach nur ihren Kopf wieder ein Stück nach oben, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. Etwas zaghaft erwiderte sie seinen Blick, schaute ihm in die Augen und war von dieser Geste vollkommen überrascht. Er sagte ihr, dass er ihr nichts nachtrug und wollte anscheinend, dass sie ihm wie auch schon zuvor auf Augenhöhe begegnete. Sichtlich erleichtert nickte Mirjam, nachdem er die Hand wieder von ihrem Kind genommen hatte, erwiderte aber weiter seinen Blick, bis er sich wieder von ihr abwandte.


    Damit war dieser überraschende, ungewöhnliche und sehr flüchtige Moment auch schon wieder vorüber. Der Decimer trat von ihr zurück und gab bekannt, dass er Myrtenöl bevorzugte, was die Sklavin auch gleichzeitig als Auftrag verstand, dem Badwasser die dementsprechende Essenz hinzuzufügen. Nachdem sie das Wasser in den Becher eingeschenkt hatte, kniete sie sich also erneut an den Beckenrad zu den Fläschchen und suchte nach dem richtigen Etikett. Der junge Mann entledigte sich in der Zwischenzeit seiner Kleidung und stieg in das Wasser. Nachdem Mirjam bereits zuvor in seinem Cubiculum einen verstohlenen Blick auf seinen halbnackten Körper ergattert hatte, wagte sie es dieses Mal nicht aufzusehen, sondern fixierte eisern die Beschriftungen der Fläschchen. Zum einen war er im Gegensatz zu vorhin nun ganz nackt und zum anderen konnte sie nicht sicher sein, ob er es nicht bemerken würde, wenn er ebenfalls zu ihr sah, um zu sehen, wo die Badeessenz blieb. Außerdem (und das lernte ein Haussklave ganz als erstes) gehörte es sich einfach nicht die Herrschaften anzustarren, ganz gleich wie leicht bekleidet sie vor einem herumtanzten und wie attraktiv sie waren. Und an Attraktivität mangelte es diesen jungen Decimer ganz bestimmt nicht. Das hatte sie ja bereits festgestellt. Dieser ungebührliche Gedanke brachte auch die Fröhlichkeit der jungen Frau wieder zurück und verdrängte die Situation von vorhin nun gänzlich. Als sie das richtige Fläschchen gefunden hatte, öffnete sie den Verschluss und ließ eine entsprechende Menge in das Becken fließen. Der junge Herr hatte es sich in der Zwischenzeit im Badewasser bequem gemacht und entspannt seine Augen geschlossen. Dennoch beschloss sie sicherheitshalber keinen Blick zu riskieren. Stattdessen erhob sich Mirjam leise und grazil, kontrollierte noch einmal mit einem geschulten Blick, ob die Kerzen noch genügend Wachs hatten und alles an seinem Platz lag und machte sich dazu bereit das Balneum wieder zu verlassen, als er sie unverhofft erneut ansprach. Sie sah überrascht zu ihm und erkannte auch sofort das spitzbübische Grinsen auf seinem Gesicht. Auch seine bisher geschlossenen Augenlieder öffneten sich leicht und blinzelten in ihre Richtung. Mirjam, die bereits die Türschnalle in der Hand hatte, hielt inne, legte den Kopf schief und zog mit einem kleinen Lächeln im Gesicht diesmal ihrerseits neckend die Augenbrauen hoch.


    "Das könnest du Herr. Allerdings ziemt es sich nicht für eine Sklavin in Anwesenheit der Herrschaften ein Bad zu nehmen und ich glaube außerdem nicht, dass der Maiordomus oder mein Dominus besonders erbaut darüber wären, wenn sie das mitbekommen würden." Langsam, aber deutlich sichtbar drückte sie dabei die Türschnalle immer weiter nach unten, als würde sie sich dazu bereit machen, jeden Moment durch die Türe zu verschwinden. Doch ihr Blick weilte weiter auf dem Decimer, der sich womöglich gerade als größeres Schlitzohr herausstellte, als es auf dem ersten Anschein zu erkennen war. Zumindest deutete seine Aussage im Moment in diese Richtung, die schon mehr wie eine Feststellung, denn eine Frage geklungen hatte.

  • Flavus‘ kleine Provokation verfehlte sein Ziel nicht vollends. Mirjam beharrte zwar darauf, dass es sich für sie nicht ziemte, hatte jedoch ein Lächeln im Gesicht und ließ sich ungewöhnlich lange Zeit für die Öffnung der Türe. Fast schien es, als wartete sie darauf, dass der Decimer ihre Worte widerlegte und ihr die Verantwortung abnahm.


    Falls es so war, gönnte er ihr diesen Gefallen allerdings nicht.


    „Da hast du wohl Recht.“, sagte er in gespielt niedergeschlagenem Tonfall.


    Das bübische Lächeln in keiner Weise ablegend, schloss er seine Augen wieder, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er verließ sich darauf, dass die blonde Gesellschafterin weiterhin keine Eile dabei hatte die Türschnalle zu benutzen und wartete einige Sekunden.


    „Wenn mich jedoch nach meiner anstrengenden, auszehrenden, langen Reise die Knochen plagen würden und ich massiert werden müsste, wäre der Consular bestimmt nicht davon angetan wenn er hörte, dass sich für diese Aufgabe kein Sklave finden ließ.“


    Erneut öffnete er eines seiner Augen halb und fixierte damit Mirjam.

  • Seine Enttäuschung war zwar zweifellos nur gespielt, denn das Schmunzeln war nicht aus seinem Gesicht verschwunden. Doch er schien die Aussage der jungen Sklavin zu akzeptieren. Nachdem er nun sogar wieder seine Augen schloss, war dies ein weiteres Indiz dafür, dass er nun seine Ruhe haben und entspannen wollte. Zumindest dachte sie das. Ihr Auftrag hier war damit erledigt und Mirjam konnte sich zurück in die Sklavenunterkünfte begeben. Mit einem leichten Schmuzeln auf den Lippen über diese ganze Situation hier, wandte sich daher zum gehen ab. Doch gerade als sie die Türschnalle endgültig heruntergedrückt und die Türe sogar schon einen Spalt geöffnet hatte, sprach sie der Decimer erneut an. Sie hielt ein weiteres Mal inne und lauschte seinen Worten, die wieder eine hypothetische Frage in den Raum stellten.


    Mirjam drehte lediglich ihren Kopf leicht in seiner Richtung und versuchte aus den Gesichtszügen des jungen Decimers zu lesen, was er sich gerade dachte. Ihre Hand blieb weiter auf der bereits geöffneten Türe. Spielte er hier etwa mit ihr? Sie war zugegebener Maßen ja sehr jung und ihr praktischer Erfahrungsschatz mit Männern hielt sich daher auch stark in Grenzen, doch sie war nicht gänzlich unerfahren und schon gar nicht dumm. Sie legte erneut ihren Kopf schief und überlegte kurz, was sie ihm darauf antworten sollte. Ihr schoss jedoch recht schnell etwas Passendes durch den Kopf und zauberte ihr schon beim Gedanken daran ein neckisches Grinsen in das Gesicht. "Für diese Aufgabe lässt sich bestimmt der passende Sklave finden Herr! Dort hinten steht ein Massagetisch, auf dem sich auch mein Dominus hin und wieder seine müden Muskeln durchmassieren lässt." Mirjam deutete dabei auf besagten Tisch und ihr Grinsen formte sich zu einen noch breiteren Lächeln. "Unser Ephialtes ist ein hervorragender Masseur. Der schwarze Hüne, der dir die Türe geöffnet hat. Du erinnerst dich bestimmt. Dominus Livianus schwärmt immer von seinem festen Griff und seinen guten Techniken." Sie konnte sich schon gut denken, von wem er eine Massage wollte und legte daher noch einmal nach. "Er sagt auch immer, dass sich zarte und schwache Hände nicht für eine richtige Massage eigenen. Doch Ephialtes hat wirklich groooße und kräftige Hände. Er ist ein starker Kerl. Wenn du möchtest, kann ich ihn rufen lassen. Du wirst gewiss angetan sein von seinen Massagekünsten."

  • Auf mein Ersuchen hin war prompt eine Antwort vom Palatin ins Haus geflattert. Schon morgen würde der Kaiser mich empfangen. Zeit mich in einen zivilisierten Römer zurückzuverwandeln.
    Obgleich unser Imperator, mit seiner dezent griechisch angehauchten Haar- und Barttracht, in unserem Reich ja einen gewissen stilistischen Wandel angestoßen hatte, konnte ich natürlich nicht als langmähniger Barbar vor ihn treten. Aus diesem Grund hatte ich eilig meinen Freigelassenen Narcissus einbestellt, der mir früher als Barbier, Friseur und Ornator gedient hatte.
    Er kam, mit dem gesamten Arsenal seines Handwerkes bewaffnet und legte sich ins Zeug. Die Schere klapperte, und ebenso rege plauderte er von diesem und jenem. Ob Libertiangelegenheiten, Familienfeste oder belangloser Hauptstadttratsch – ich sog jede Neuigkeit auf als wäre ich ein ausgedörrter Schwamm.
    Nicht ohne eine gewisse Wehmut sah ich die langen Strähnen um mich herum auf den Fußboden sinken. Adios Viriates, du warst mir eine Zeit lang... eine Maske, die ich zum Überleben brauchte, doch dann wurdest du mehr, beinahe... ein zweites Ich. Auch nagte in mir allen Ernstes ein schlechtes Gewissen, das Handelshaus Sospitos hintergangen zu haben... denn Sospitos war ein guter Patron gewesen... und vor allem Jarsiath belogen zu haben. Ob er trotz Verwundung den Weg zurück geschafft hatte, ob er genesen war, ob sein Zorn noch immer so glühte? Bestimmt, er war ein zäher Bursche.
    Sei nicht so sentimental, Faustus. Letztendlich hatte ich ja bloß getan was ich tun mußte. Wie schon so oft. Und oft ja auch noch deutlich unschöner. Bei Mars und Bellona, Auftrag war eben Auftrag, Punktum.
    Flink schabte Narcissus auch das Bartgestrüpp weg. Er hielt mir einen polierten Silberspiegel vor. Ich betrachtete mein Bild, kam mir fremd vor, zudem traten mit den kurzen Haaren meine ersten grauen Stellen ganz unvorteilhaft zu Tage. Mittlerweile konnte man ja kaum noch von "angegrauten" Schläfen sprechen, sie waren nun schlichtweg: aschfahl.
    "Wenn ich vorschlagen dürfte, die natürliche Haarfarbe hier vielleicht wenig aufzufrischen..." schlug Narcissus diskret vor.
    Ich nickte. Er rührte irgendeine Wunderpaste an und verstrich sie kundig auf meinen Schläfen.


    Während diese einwirkte, massierte er meine Füße mit duftendem Nardenöl. So richtig genießen konnte ich gerade aber nicht, denn meine Gedanken waren beim morgigen Tag, und mir war durchaus etwas... nein, ehrlich gesagt: sehr.... mulmig zu mute. Wichtige Infomationen hin oder her, ich war zu lange fort gewesen, hatte als verschollen gegolten, meine Klienten hatten sich anderweitig orientiert, mein früher beträchtlicher Einfluß hatte sich verflüchtigt. Meine Familie weilte überwiegend weit fort von Rom... wobei mein Vater als Statthalter Germaniens natürlich weiterhin eine tragende Säule des Reiches war. Letztendlich konnte morgen alles drin sein... wenn Fortuna richtig schlecht gelaunt wäre, könnte man mich als mutmaßlichen Deserteur oder von den Parthern umgedrehten Doppelagenten verdächtigen. Wenn Fortuna mir lachte, dann würde sich der Kaiser erinnern dass ich, als er den damals noch wackeligen Thron bestiegen hatte, die Garde auf ihn eingeschworen hatte... und an meine Verdienste im Felde und so weiter. (Fortuna hatte ich vorhin an unserem Hausaltar geopfert und der Sklave Phintias war gerade dabei alle meine Orden für morgen auf Hochglanz zu polieren.) Im allerbesten Bestfall würde der Imperator mir erneut das Gardekommando übertragen. Oder.... meine Träume wurden kühner und immer kühner... die Feldherrenschaft über eine stramme Invasionsarmee! Ich könnte mit dieser gnadenlos einfallen in Nabatäa, das Land für unseren Imperator ruhmreich erobern, ja, man würde mich mit Ehren überschütten, mein Adoptivvater wäre mal so richtig stolz auf mich, und man würde meinen Namen in einem Atemzug nennen mit dem von Onkel Meridius, den großen Triumphator. Niemals wieder würde ich irgendwem irgendwas beweisen müssen.


    Halbherzig schmunzelnd über mich selbst riss ich mich von diesen müßigen Träumereien los. Da phantasierte ich auf der einen Seite insgeheim noch immer davon, der Welt gemeinsam mit meinem Geliebten den Rücken zu kehren... und war auf der anderen Seite doch ganz und gar nicht frei vom decimischen Ehrgeiz.
    Erst mal mußte ich den morgigen Tag gut nutzen.
    Narcissus wusch die Paste aus und präsentierte mir meine wieder tadellos kastanienbraunen Schläfen. Darauf leistete der anschmiegsame Aquitanier mir noch etwas im Badebecken Gesellschaft. Wieder zu Hause zu sein hatte wirklich viele Vorzüge.

  • Es dauerte nicht lange, denn Decimianus Icarion hatte sich wirklich beeilt die Nachricht der Quintilia zu überbringen. Er suchte Serapio und war froh darüber, dass dieser seinem Rat gefolgt war und sich frisch machte. Außer Atem überreichte er ihm den Brief, den er erst vorhin von Serapio mitgenommen hatte. Die Quintilia hatte gleich die Rückseite des gleichen Schriftstückes benutzt um zu antworten.


    Mein lieber Serapio,


    meine Worte sind in Hast geschrieben und ohne darüber nachzudenken. Bitte entschuldige auch, dass ich so schnell kein Briefpapier zur Hand hatte. Mein Kopf ist leer nachdem ich den Brief meines ehemaligen Verlobten gelesen habe. Ich weiß nicht mehr was ich denken soll.
    Deine wunderschönen Blumen haben mir ein Lächeln geschenkt. Dennoch können sie mich nicht darüber hinweg trösten was ich gelesen habe. Über deinen Trost wäre ich sehr dankbar.


    In tiefer Verbundenheit
    Quintilia Valentina

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    Im warmen Wasser ausgestreckt, ließ ich mir von Narcissus die Haare mit einer duftenden Essenz behandeln. Seine Finger massierten meine Kopfhaut sehr angenehm, doch darunter rasten meine Gedanken noch immer wild im Kreis.... Casca-Valentina-Graecina-Ich-Valentina... und dann rückwärts und wieder von vorn.
    Icarion war schnell wieder zurück und las mir Valentinas Antwort vor.
    Na also, sie wollte mich sehen! Entschlossen entstieg ich dem Bade, ließ mich einkleiden und machte mich auf den Weg zu ihr.

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