• <<


    An dem langen Holztisch in der Küche saßen die anderen Sklaven der Familia urbana der Decimer schon versammelt. Silas quetschte sich mit auf die Bank und schenkte sich einen Becher Milch ein, riss ein Stück Fladenbrot ab, tunkte es in die Milch und kaute übellaunig, darauf verputzte er noch eine Schale Körnerbrei mit Honig. In dem rauchgeschwärzten Gewölbe der Küche mischten sich die Stimmen der Sklaven mit dem Scharren der Löffel in den tönernen Näpfen und dem Knacken des Herdfeuers zur vertrauten morgendlichen Geräuschkulisse.
    Köchin Candace kratzte den Kessel aus und verteilte die letzten Reste, unterhielt sich dann mit der Kellermeisterin, der alten Pontia über die aktuelle Vorratssituation. Sie waren sich einig, dass man vom Rauchfleisch die schimmeligen Ecken wegschneiden konnte und den Rest getrost in den Eintopf tun konnte. Knecht Sidonius erinnerte Papa daran, dass der schon länger vorgehabt hatte, die schiefe Dachtraufe über dem Ziegenstall zu reparieren. Papa meinte: aber ja, das stünde ganz oben auf seiner Liste, heute allerdings könne er es leider nicht einrichten, Dominus Serapio brauche ihn bei der Inspektion seiner Streitwägen.
    Mama und das Hausmädchen Timaia planten die nächste große Wäsche.
    De Leibwächter Natakamani schien wenig zu verstehen und grinste immer nur freundlich.
    Silas große Schwester Olivia beschrieb ihre tollen Ideen für einen Hochzeitskuchen für Dominus Casca, und ihr Kollege in der Küche Philodemos unkte, da solle man lieber mal abwarten ob das jemals was würde.
    Bote Acestes erzählte von seinem Ritt nach Bovillae.
    Die Kammerdienerinnen Corythia und Columbana diskutierten darüber wie man Kleinkinder am besten zum Einschlafen bringt.


    Langweilig war das. Echt öde. Jeden Tag das gleiche.
    Silas guckte rüber zu seinem Kumpel Paulinus und verdrehte überdrüssig die Augen zur Decke. Paulinus grinste verstehend. Sie brauchten keine Worte, verstanden sich stumm, hatten auch Blutsbrüderschaft geschlossen, im letzten Sommer, nach der Geschichte mit der Bande vom Aventin.
    Silas verspürte eine Unruhe, einen Drang, den er nicht hätte benennen können. Irgendwas ihn ihm war voll Erwartung von Veränderungen und Sehnsucht nach Großem, Neuem, Ungreifbarem... und zugleich war ihm manchmal bang ums Herz, wenn er die Famila urbana so wie jetzt gerade um den Tisch versammelt sah und ahnte, dass dies nicht immer so bleiben würde.
    Zugleich gab es da so Momente, wo ihn jäh der Hafer stach. Geradeeben zum Beispiel.


    "Was ich übrigens mal wissen möchte." platzte er in ein Abebben der Gespräche am Tisch hinein. "Warum sind wir eigentlich Sklaven? Was ist denn eigentlich genau der Unterschied zwischen den Herrschaften und uns?"
    Es wurde still. Nur Vincentius, Kammerdiener und als Hallodri bekannt, lachte amüsiert.
    "Warum ist der Himmel blau, warum ist das Gras grün" ergriff zuerst Candace das Wort, schüttelte gutmütig den Kopf. "Was ist der Unterschied zwischen einem Adler und einem Fink?Die Dinge sind wie sie sind, die Götter haben alles so geschaffen, zerbrich dir bloß nicht den Kopf junger Mann."
    Der Leibwächter Armastan – der sonst nie was sagte, er war ganz neu im Haus – widersprach ihr, mit seinem seltsamen rauhen Akzent, ganz ruhig und eindringlich. sagte er zu Silas: "Es gibt keinen Unterschied. Nur dass wir, wir oder unsere Ahnen, irgendwann mal in einem entscheidenden Moment Pech hatten. Das ist alles."
    "Schsch! Jungs! Was ist denn das für ein Benehmen?" wies die alte Pontia Silas (und den gestandenen Krieger Armastan gleich mit) empört zurecht. "Die Herrschaften sorgen sehr gut für uns. Reißt euch zusammen."
    Mama gebot ihm ebenfalls Einhalt. "Silas! Du weißt sehr wohl warum wir Sklaven sind. Dein Großvater konnte die Finger nicht von Glücksspiel lassen, darum. Und wenn es nicht so gewesen wäre, wäre ich nie nach Rom gekommen, hätte deinen Vater nie getroffen und es gäbe dich und deine Schwestern gar nicht. Es ist Schicksal. Punkt. Ende der Diskussion."


    Na die regten sich ja alle wieder mal schnell auf. Unwillkürlich hatte Silas doch den Kopf eingezogen und sagte lieber nicht mehr. Er fand aber, dass die Frage noch nicht so wirklich beantwortet war...


    Energische Schritte hallten durch das Gewölbe, kündigten die strenge Vilica Rhea an. Wie jeden Tag trat sie zuerst vor die Nische, in der die Herdgöttin dargestellt war, legte im Namen aller eine kleine Opfergabe vor der Tonstatue ab.
    Darauf zückte sie ihre Wachstafel und teilte die Versammelten für die Arbeiten des heutigen Tages ein.

    ir-servus.png

    SKLAVE - GENS DECIMA

    2 Mal editiert, zuletzt von Silas ()

  • Während an der Oberfläche alles glatt und mühelos erschien, und die Herrschaften zufrieden speisten, war beim Gesinde gerade heftige Betriebsamkeit angesagt. Die unvorhergesehene Ankunft des jungen Herrn, die spontan festliche Cena, die Unterbringung seines ganzen Gefolges, das Anheizen des Balneums. Die Köchin kommandierte, ihre dienstbaren Geister rannten, Teig wurde gerollt, Feuerholz herangeschafft.
    Noch dazu hatte Corythia, sonst eine verlässliche Stütze der Vilica, und oberzuständig für alles Kammerdienerische und Zimmermädchenhafte heute frei. Die Vilica Rhea wies darum selbst die beiden Sklavinnen, die ihr gerade am wenigsten beschäftigt erschienen, an:
    "Timaia! Grian! Bereitet Dominus Scapulas Cubiculum vor! Macht es schön wohnlich für ihn."

  • [...] - Ein paar Tage später



    Nun waren schon einige Tage vergangen, in denen ich beinahe vergessen hatte, dass dank mir ein Neuzugang in der Casa weilte. Grian hieß die Sklavin, welche ich auf dem Markt erstanden hatte und mit der ich mich, bis auf einen kleinen Plausch beim Sklavenhändlerstand, kaum unterhalten hatte. Immerhin deuchte mir noch, dass sie recht hübsch war, was einem Mann wie mir natürlich sofort ins Auge gestochen war, doch was sie genau für Fähigkeiten in ihr neues Heim brachte, hatte ich schon wieder fast verdrängt. Also machte ich mich auf den Weg, hinaus aus meinem Cubiculum und nach einer gepflegten Morgentoilette, ehe mich mein Weg in den Tempel und in die Societas führen sollte. Noch immer war ich erpicht darauf, das Haus schnell zu verlassen, da mir wenig daran gelegen war, meinem Vetter über den Weg zu laufen, der aus der Ferne in die Heimat zurückgekehrt war und für mich somit noch mehr den Nimbus eines weitgereisten, ehrenhaften Übermenschen über sich trug. Außerdem stand noch ein Gespräch aus, in welchem ich mich ihm stellen musste, um zu erklären, dass ich seine Verlobte zu ehelichen gedachte. Ein Grund mehr, sich jede Menge Beschäftigungen zu suchen, die einen trefflich ablenkten.


    Somit eilte ich nun durch die Gänge, in einer äußerst hübsch gepflegten Tunika mit reich besticktem Saum, darüber einen leichten, blau gefärbten Umhang, der mit einer raffinierten Fibel auf meiner Schulter befestigt war. So umwehte mich eilig der Stoff auf meinem Weg zu den Sklavenunterkünften, in welchen ich die neue Sklavin aufzufinden gedachte. “Wo ist Grian?“, wollte ich von einem anderen Sklaven wissen, der sich gerade im Gang an mir vorbei drücken wollte. Phildemos, der Küchenjunge war es, der wie immer mürrisch dreinschaute und nun beinahe so tat, als hätte ihn eine Haselmaus vor ihrer Zubereitung noch gebissen. Er deutete auf die Küche und knurrte sich etwas über das bartlose Kinn. Ich selbst straffte mich und betrat die Culina, wo Grian wohl an diesem Tag eine Arbeit finden sollte. In der Tat roch es bereits nach allerlei Speisen, vor allem aber nach gebratenem Fleisch, was mich nur wenig lockte. “Ist Grian hier?“, wollte ich dann vernehmlich wissen und ließ meine Blicke schweifen. Wohlwollend, so hoffte ich. Mit der Sklavenschaft des Hauses hatte ich nämlich bisher wenig Probleme gehabt. Oftmals, in den Mußestunden behandelte ich sie wie meinesgleichen, was eindeutig den Vorteil der Beliebtheit und das Wissen über das Gemunkel im Hause mit sich brachte. Andererseits brachte man mir wohl nicht den Respekt entgegen, den ein peitscheschwingender Dominus zu erwarten hätte. Doch wie auch immer! “Grian?“, fragte ich noch einmal.

  • Nach allem, was ich in meinem bisherigen Leben erlebt hatte, hatte ich keine großen Erwartungen an das, was diesmal nach dem Sklavenmarkt kommen sollte. Meinen neuen Dominus hatte ich nicht so richtig einschätzen können. Er hatte sich komisch verhalten und chaotisch. Aber irgendwas hatte mir gesagt, dass er gut zu mir sein würde. Zu meiner Überraschung hatte ich es diesmal in eine ganz passable Hütte geschafft.
    Seitdem ich nun hier war, hatte ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Nachdem ich mich Gelegenheit bekommen hatte, mich zu waschen und neue Klamotten bekommen hatte, war meine erste Aufgabe gewesen, mich in der Culina zu melden. Rhea, die Vilica, hatte mir eine ganze Latte von Aufgaben zugewiesen, damit ich auch wirklich den ganzen Tag (und darüber hinaus) beschäftigt war. Da Rhea nicht dumm war, hatte sie mich an nichts arbeiten lassen, was später noch jemand essen sollte. Ich durfte mich um die Küchenabfälle kümmern und den Boden wischen. Na toll!
    Inzwischen waren ein paar Tage vergangen. Mein Kreuz tat mir weh, die Arbeit kotzte mich an und meine Freude über die tolle Hütte, in der ich nun lebte, war bereits wieder Schall und Rauch. Vielleicht sollte ich irgendwas Blödes machen, damit man mich so schnell wie möglich wieder zum nächsten Sklavenmarkt schleppte.
    Philodemos, seines Zeichens langes Elend, Küchenhilfe und Dauernörgler hatte mir gerade einen weiteren Schweineeimer mit Küchenabfällen in die Hand gedrückt, damit ich ihn raus brachte und ihn an die Stallknechte weiterreichte. Ein paar vergammelte Äpfel, Essensreste von gestern sowie Karotten- und Zwiebelschalen befanden sich darin. Ein richtig leckere Mischung, wenn man auf vier krummen Beinen lief und grunzte.


    | Philodemus


    Keine Minute später nachdem die neue Sklavin mit den Küchenabfällen aus der Küche verschwunden war, schwebte Dominus Casca herein. Frisch rasiert, in seiner feinen Tunika, dem edlen Umhang und dem ihm umgebenden Duft seines Parfums, welches er aufgetragen hatte, glich er einer Lichtgestalt, die in der tristen Eintönigkeit der Culina erstrahlte. Philodemos, der sich gerade über das stumpfe Küchenmesser in seiner Hand ärgerte, sah erstaunt auf und legte sein Küchenwerkzeug beiseite. „Sie bringt gerade die Küchenabfälle nach draußen. Dominus. Wenn du willst, kann ich sie schnell holen.“

  • Noch einmal hatte ich meine Blicke schweifen lassen, doch in dem Küchendunst war meine neue Sklavin keineswegs zu entdecken. Also trat ich kurzentschlossen noch einige Schritte vor, bis ich beinahe an der Anrichte stand, an welcher Philodemos nun dabei war recht erstaunt zu sein und mich zu betrachten. Mürrisch und wenig guter Dinge, wie immer. Doch war es schön, dass sich manches im Leben eben nicht änderte, was auch eine gewisse Sicherheit in sich barg. Keinen Moment später wurde mir von dem schlaksigen Küchenburschen eröffnet, dass die Gesuchte wohl noch draußen war, um Abfälle zu beseitigen. “Nun gut,“ seufzte ich heraus. Danach ließ ich eine wedelnde Handbewegung folgen, um dem jungen Mann zu bedeuten, dass er seinem Vorschlag nachkommen, und Grian holen konnte. Während ich mich auf die kleine Wartezeit innerlich vorbereitete, stützte ich mich mit einer Hand auf der Anrichte ab und schaute mich weiter um, wobei mein Blick an einer Schafshälfte hängen blieb, die frisch abgezogen von einem Haken an der Decke baumelte. Ein Sklave war gerade dabei, dicke Fleischstücken davon zu lösen. Irgendwie schwebte in meinem Hinterkopf herum, dass frischer Hoden eines solchen Tieres ungemein die männliche Potenz befeuern sollte, was mich – ungelogen – einen Moment reizte. Immerhin stand ich kurz vor meinem Eheglück und träumte von fruchtbarer Mehrung der Zweisamkeit, doch schreckte ich letzten Endes doch davor zurück, diese Speise an mich heran zu lassen. Statt also irgendeine unüberlegte Anweisung zu geben, lächelte ich fröhlich in die Runde und wartete einfach ab, bis meine Sklavin von draußen wieder nach drinnen kam.

  • Eile mit Weile! Gemäss diesem Motto, lief ich gemächlich über den Hof, denn ich wusste, ich käme früher wieder in die Culina, als mir lieb sein konnte. Man durfte sich nur nicht erwischen lassen. Schon gar nicht von Rhea. Ich war zwar noch nicht lange hier, aber das hatte ich sofort gelernt: Leg dich bloß nicht mit Rhea an! Am Ende war man immer der Verlierer.


    Zum Glück war es aber nicht Rhea, sondern der Küchengehilfe Philodemos, der aus der Culina gelaufen kam und mich rief. Ich stellte den Mistkübel ab und bat das lange Elend doch selbst die Abfälle zum Stall zu bringen. Klar, dass Philodemos total begeistert war. Aber da ich ihm mit meinen schönen Augen zuzwinkerte, verzichtete er diesmal darauf, sich zu beschweren und kam meiner Bitte nach.


    Wie man sich vorstellen konnte, war ich überhaupt nicht darauf vorbereitet, meinem neuen Dominus zu begegnen. Meine Klamotten waren ziemlich dreckig, ein paar Strähnen meines zurückgesteckten Haars hatten sich selbständig gemacht und hingen nun wahllos herum und in meinem schmutzigen Gesicht standen die Schweißperlen. Naja, wenigstens das Gesicht konnte ich mir schnell waschen. Da drüben stand die Regentonne. Ich lief schnell hin, ließ meine Hände in das kalte Wasser sinken und schöpfte etwas mit meinen Händen heraus, um damit mein Gesicht zu schrubben. Der schlimmste Schmutz war damit beseitigt. Notdürftig richtete ich mein Haar und strich über die Tunika, bevor ich wieder die Küche betrat.


    Ich sah mich um und erblickte ihn dann. Er war ja auch kaum zu übersehen. Alle anderen Sklaven sahen ihn andächtig an oder waren einfach nur gespannt, was nun passierte.
    Ich trat näher zu ihm heran. er lächelte. Na, wen das kein gutes Zeichen war! vielleicht waren die Tage in der Culina nun gezählt.
    „Du wolltest mich sehen, Dominus“, sagte ich mit einer aparten, leicht koketten Stimme. Schließlich wollte ich hier raus. Da musste ich mich so gut es ging verkaufen.

  • Ich lächelte und lächelte, während Grian auf sich warten ließ. Philodemos eilte sich wohl auch nicht gerade, also blieb noch ein wenig Gelegenheit, den Küchensklaven auf die Finger zu schauen. Da wurde Knoblauch geschnitten, Brote in den Ofen geschoben, in Schüsseln gerührt und eben die Schafshälfte bearbeitet, wobei ich einen Moment lang noch andächtig zuschaute. Dabei entkam mir sogar das ein oder andere Seufzen, ehe ich dann und wann einer jungen Küchenmaid zulächelte und mein Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte. Dass ich anwesend war, brachte die Menschen wohl dazu, sich ein wenig mehr ins Zeug zu legen und den Klatsch und Tratsch zu unterbrechen, was eigentlich schade war. Doch früher oder später würde man mir diesen eh zutragen. Das hieß, sofern ich eines Abends wieder dem Müßiggang frönen konnte, was wohl noch eine Weile hin sein würde. Immerhin war Serapio wieder im Haus und eine Verlobungsreise wollte geplant werden. Abgesehen davon gab es auch Arbeit im Tempel und in der Societas.


    Mittlerweile merkte ich nicht einmal mehr selbst, dass meine Finger auf die Tischplatte der Anrichte zu trommeln begannen. Doch jede Wartezeit hatte wohl einmal ein Ende. Endlich sah ich meine neue Sklavin durch die Türe kommen und ich richtete mich sogleich wieder zu meiner vollen Größe auf. Das Lächeln war zwar aus meinem Gesicht mittlerweile gewichen, doch nun war es wieder da. Ich hatte vollkommen vergessen, wie hübsch die junge Frau, welche ich auf dem Markt erstanden hatte, anzusehen war. Wohlwollend betrachtete ich sie also, bis sie vor mir stand und mich begrüßte. Zwar hatte sie eine schlichte Tunika an, die von der Arbeit ein wenig befleckt wirkte, ganz so wie auch restliche Spuren in ihrem Gesicht verrieten, doch war dies ein gutes Zeichen von ehrlicher Arbeit, die sehr schätzte. Besonders, wenn sie aus der Küche kam!


    “Ja, ich wollte dich sehen!“, bestätigte ich ihr und ließ meine Blicke dabei von ihren Füße hin zu ihrem Haupte schweifen. Sie war sogar noch hübscher, als ich sie in Erinnerung hatte. Und ihre Stimme klang sehr angenehm. Vielleicht ein wenig kess, doch war kein Grund zum Griesgram zu werden. “Ich hatte in der letzten Zeit so viel zu tun, dass ich beinahe vergessen habe, dass du nun … nun ja… zu mir gehörst!“ So begann ich also meine Rede. “Doch du hast eine Beschäftigung gefunden.“ So weit so gut. Ich nickte zu meinen eigenen Worten und deutete dann mit einer leichten Handbewegung zur Tür, die hinaus in den Gang führte. “Ich denke, es wäre endlich an der Zeit, dass wir beide uns unterhalten und deinen wahren Fähigkeiten auf die Schliche kommen….“ Ohne auf die Reaktion der Sklavin zu warten, setzte ich mich schon mal in Bewegung und war so frei, ihr sogar die Tür aufzuhalten, damit sie der Küche ebenso entschlüpfen konnte wie ich.

  • Genau DAS wollte ich hören! JA! Er wollte mich sehen! Ich gehörte zu ihm! UND, was so ziemlich das ALLERWICHTIGSTE war: er wollte meinen WAHREN Fähigkeiten auf die Schliche kommen. Na ENDLICH! Das ich das noch erleben durfte! Wenn ich mich nicht total dämlich anstellte, dann musste ich NIE WIEDER in der Küche ackern!


    „Wie du wünschst, Dominus!“ antwortete ich in einer leicht lasziven Art und Weise. Aber Vorsicht, nicht zu lasziv! Noch immer befand ich mich in der Culina! Nicht das hinterher der halbe Haushalt mich für ein Flittchen hielt, das sich so ins Bett ihres Dominus schleichen wollte.


    Nichtsdestotrotz, meine Augen leuchteten auf und ich strahlte über das ganze Gesicht. Auch wenn meine Klamotten dreckig und mein Gesicht staubig war, wusste ich doch, wie man Typen wie ihn um den Finger wickelte. Zum Glück hatten die Götter mich mit einer ansehnlichen Figur, strohblondem Haar und einem liebreizenden Gesicht ausgestattet. Wenn mein Dominus also nicht völlig aus der Art schlug, dann musste auch er unweigerlich meinem süßen Gift verfallen. Voraussetzung dafür war natürlich, dass ich ihn nicht zu langweilen begann oder irgendwelchen Müll erzählte. In der letzteren Disziplin war ich zugegebenermaßen nicht immer erfolgreich gewesen, was auch die hohe Fluktuation meiner Vorbesitzer erklärte. Aber auch ich war lernfähig und zum Glück hatte ich bisher immer etwas Neues dazulernen können.


    Dass ich diesmal wieder ordentlich Eindruck bei meinem neuen Dominus gemacht hatte, bewies die Tatsache, dass er mir die Küchentür aufhielt, aus der ich dann auch sogleich hinausschwebte. Adios Culina, du elendes Drecksloch! Von nun an warteten nur noch Arbeiten in unmittelbarer Nähe meines Dominus! „Danke Dominus!“ hauchte ich ihm sinnlich entgegen und folgte ihm schließlich.

  • Während ich noch die Türe geöffnet hielt, lächelte ich (mal wieder) höchst freundlich und staunte noch immer darüber, dass ich in all dem Stress tatsächlich zu vergessen haben schien, dass diese Sklavin wohl ein Kleinod war. Gut, über ihre Kenntnisse und Fähigkeiten wusste ich nach wie vor überhaupt nichts, doch allein vom Anblick her musste doch etwas in dieser liebreizenden Person schlummern, was ihren Kaufpreis mehr als wert gewesen war. Was mir natürlich sofort ins Auge sprang war ihre Art und Weise sich fortzubewegen. Besonders der leichte Hüftschwung gefiel mir auf Anhieb und mein Lächeln wurde noch im eine Nuance wohlwollender. Ja, dies war eine Sklavin, die wohl gewählt gewesen war und ich konnte nur hoffen, dass sie letzten Endes Valentina, meiner Angebeteten, genauso gefiel wie mir. Dass die Sklavin bei meiner geliebten Verlobten wohl nicht mit Liebreiz und Hüftschwung ankommen würde, war mir durchaus bewusst, was mein Vorhaben, mehr über Grian zu erfahren nur umso bedeutender machte. Besonders auch, weil sie mich gerade so anstrahlte. Ich strahlte umgehend zurück, schaute ihr kurz nach, nachdem sie der Türschwelle entronnen war wie eine schwebende Nymphe und sich artig bei mir bedankte.


    “Natürlich!“, erklärte ich großvolumig auf ihren Dank hin, übertrat selbst die Schwelle und schloss die Tür hinter mir, ehe ich einen kleinen Moment stehen blieb und mir die Tunika am Bauch ein wenig glatt strich. Danach deutete ich in den Gang und setzte mich neuerlich in Bewegung, wobei ich eine geschäftige Miene aufsetzte. Noch einmal zogen sich meine Blicke über Grians Gestalt, dann zurück auf den Weg, der vor mir lag. “Man hat mir berichtet, dass du durchaus zu harter Arbeit in der Lage bist,“ hoffte ich das Gespräch möglichst unverfänglich zu beginnen. “Doch ist es natürlich mein Wunsch, deine Talente und dein Können nicht bei diversen Diensten zu vergeuden. Immerhin… nun ja..“, suchte ich flüchtig nach Worten, “...glaube ich fest daran, dass du gewisse Dinge kannst, die für einen Dominus von unschätzbaren Wert sein können….“ Nun hielt ich in meinen Worten doch noch einmal inne. Nicht, dass diese am Ende gar verfänglich wirkten und die Gedanken der Sklavin in eine Richtung lenkten, die für mich zwar vielleicht angenehm wäre, doch von mir gar nicht so gemeint waren. “Ich meine damit sowas wie… nähen oder heilerisches Wissen vielleicht? Vielleicht bist du ja auch ein guter Gesprächspartner… also… geeignet für die Konversation, wenn niemand sonst… also...im Hause ist?“


    Allmählich näherten wir uns nun den Gemächer, unter welchen sich auch das meine befand. Vor dessen Tür blieb ich neuerlich stehen, um Grian anzuschauen. Ich wusste sehr genau, dass hinter der Tür nach wie vor das Chaos herrschte. Zwar gab sich Nepomuk alle Mühe, es tagtäglich zu beseitigen, doch war ich auf der anderen Seite auch sehr bemüht, es spätestens bis zur Schalfensstunde wieder herzustellen. Dies geschah natürlich nicht mit Absicht, sondern einfach durch das Leben in einem Raum, welcher sowohl Schlaf- als auch Arbeitszimmer war.

  • Ich war auf einem guten Weg. Zumindest glaubte ich das. Nein, ich war davon überzeugt, als er sich noch einmal kurz zu mir umdrehte. Ich lächelte ihn engelsgleich an und sah mit Sicherheit so aus, als ob mich kein Wässerchen trüben könnte. Oh ja, ich hatte es schon oft gespielt, das Dummerchen vom Lande. Gerade bei Männern seines Schlages konnte das helfen.


    Anscheinend hatte ihm jemand gesteckt, womit ich mich in den letzten Tagen, seitdem ich hier war, beschäftigt hatte. Na klar, ich konnte hart arbeiten, doch wie jeder andere normale Mensch, schätzte ich den Weg des geringsten Widerstandes. ‚Was du heut´ nicht kannst besorgen, das verschiebe ruhig auf morgen!‘ war meine Devise.
    Dann sagte er etwas wirklich Gutes! Es sei sein Wunsch, meine Talente und mein Können nicht bei diversen Diensten zu vergeuden. Das war doch mal eine Ansage! Oh ja, mein neuer Dominus war davon überzeugt, dass ich in gewisser Hinsicht wertvoll war. Ich wusste zwar nicht so genau, in welcher, aber… schauen wir mal! Na ja, in Sachen Handarbeit war ich eine echte Niete, weil ich einfach zu wenig Geduld aufbrachte und mir ständig die blöden Fäden rissen. Heilerisches Wissen? Äh, lieber nicht! Dafür wollte ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Als Gesprächspartner sah ich mich da schon eher. Also je nachdem worum es in der Unterhaltung ging. Dann konnte ich eine richtige Plaudertasche sein. In der Vergangenheit aber hatte ich auch hier nicht immer ins Schwarze getroffen, was dazu führte, dass ich mich schneller auf dem Sklavenmarkt wiedergefunden hatte, als mir lieb sein konnte. Aber mal ehrlich, sollte ich irgendeinen Stuss erzählen, der gar nicht stimmte oder der an den Haaren herbeigezogen worden war? Oder sollte ich klar damit rausrücken, was ich dachte?


    „Oh, da findet sich bestimmt etwas, Dominus!“, meinte ich, weil ich mich hier auf dem Flur noch nicht festlegen wollte. Dann endlich erreichten wir des Cubiculum meines Dominus. Noch einmal blieb er stehen und sah mich an. Vielleicht um festzustellen, ob ich auch wirklich würdig war, sein Allerheiligstes zu betreten. Natürlich interessierte es mich brennend, was sich hinter dieser Tür verbarg. Nach all den Tagen in der blöden Culina hatte ich nun endlich den Olymp erklommen. So kam es mir zumindest gerade vor. Wenn ich erst einmal da drinnen war, dann konnte nichts mehr schief gehen, vorausgesetzt dass ich keinen Blödsinn machte. Also lächelte ich noch einmal hoffnungsschwanger. Bestimmt fuhr er voll darauf ab, wenn ich mich willig zeigte und ihm signalisierte, dass es mir Freude bereitete, ihm dienen zu dürfen.

  • “Da bin ich mir sicher!“, ließ ich zuversichtlich erklingen, als die Sklavin meinte, dass sich sicherlich etwas finden würde. Dazu nickte ich auch noch zustimmend, ehe ich noch einmal tief durchatmete, um die Tür zu meinem Cubiculum zu öffnen. Auch hier deutete ich mit einem raschen Handgeste an, dass ich durchaus gewillt war, Grian zuerst passieren zu lassen. Dennoch spähte ich noch einmal flüchtig hinein in mein Reich, welches ich ebenso sogleich betreten würde. Und mich traf es wie ein Hammer!


    [...]

  • Io Saturnalia


    Traditionen muss man in Ehren halten, so pflegte meine iberische Großmutter zu sagen. Und so stand ich eines schönen Saturnalienmorgens in der Küche der Casa und kochte unseren Sklaven den Frühstückspuls. Ich trug den Pileus, eine schlichte Tunika, und rührte pflichtbewusst in dem großen Topf mit dem Körnerbrei. Meine Liberti – zum Glück hatte ich ja eine Menge, das entspannte die Lage an den Saturnalien - halfen mir beim Frühstück machen: Icarion schälte Äpfel, Styrkar schlug Sahne, Akadios hatte frisches Fladenbrot vom Bäcker geholt, Pelias knackte Nüsse, Caluconius tranchierte Schinken in hauchdünne Scheiben, Damon deckte den Tisch, Rhea legte die Zweige mit den Saturnaliengeschenken bereit, und Narcissus verteilte alles auf dem Tisch solange neu hin und her, bis es seinem ästhetischen Empfinden genügte.

    Unsere Köchin, die gute Candace, war vom Herd verbannt, saß an dem großen Holztisch, an dem die Sklaven gemeinsam zu essen pflegten, und beäugte mich misstrauisch.
    "Aber nicht anbrennen lassen, Dominus. Und vergiss nicht, dass sich der Geschmack erst mit einer Prise Salz richtig entfaltet."
    "Pah, wenn ich eines beim Militär gelernt habe..." setzte ich an zu entgegnen, und Icarion nahm mir das Wort aus dem Mund: "...dann ist es Puls kochen." Er kannte eben alle meine Sprüche schon in- und auswendig. Wir lachten, und servierten der Sklavenschaft ein luxuriöses Saturnalienfrühstück. Sie trudelten aber erst nach und nach ein, denn viele hatten am Vorabend lang gefeiert und schliefen heute aus.


    Jeder bekam dann einen grünen Zweig, der mit süßem Gebäck und einem Beutel mit Münzen behangen war. Unsere Vilica Rhea hatte auch für jeden noch irgendein Geschenk besorgt: besondere Leckereien, gutes Werkzeug, schlichter Schmuck, Stoff zum Schneidern, oder Spielzeug für die Kinder...

    Ich fand den Rollentausch zur Abwechslung mal ganz witzig, und erfreute mich daran, unser treues Gesinde zu beschenken. Doch so locker wie in früheren Jahren war es dieses Mal nicht, bei vielen war eine gewisse... Scheu oder Reserviertheit zu spüren. Ich nahm schwer an, dass das an der kürzlichen Bestrafung des Silas lag, doch ich sagte mir, dass ich nur die notwendige Disziplin hier im Haus gewahrt hatte und tat einfach so als wäre alles in bester Ordnung – überreichte die Geschenke zusammen mit unserer Vilica, schöpfte Puls, rührte Sahne darunter und streute Nüsse darüber.


    Mit einer gewissen... besonderen Erwartung harrte ich Angus.
    "Io Saturnalia, Angus!" begrüßte ich meinen schönen Kelten, als er schließlich erschien. "Was möchtest du frühstücken?"

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Mein Schädel brummte immer noch. Vielleicht war der letzte Becher Cervisia doch zu viel gewesen. Oder vielleicht hatte er sich einfach doch nicht mit dem Wein vertragen, den ich zuvor getrunken hatte. Cervisia auf Wein, das lass sein - an dem Spruch war vielleicht doch was dran. Auf jeden Fall war es ein grandioser Abend gewesen, wie ich ihn schon lange nicht mehr erlebt hatte. Ich war in der Subura unterwegs gewesen, in der Hoffnung, ein paar bekannte Gesichter zu treffen. Aber irgendwie hatten die anscheinend alle andere Üläne für den Abend gehabt. So hatte ich mir den Spaß dann an anderer Stelle gesucht und mit der holden Weiblichkeit in einem der besseren Etablissements des Vergnügungsviertels ein paar sehr anspruchsvolle akrobatische Übungen vollführt. Eine der Damen kam aus dem sehr weit entfernten Osten, jenseits der Grenzen des Imperiums. Sie hatte mich am letzten Abend Dinge gelehrt, die mir so noch nicht geläufig gewesen waren und mir damit ein intensives Lustempfinden verschafft. Wieder was gelernt, sagte ich mir.


    Gähnend und auf dem Kopf noch etwas zerzaust, kam ich in die Culina geschlappt. Ich war mir noch nicht so sicher, ob ich Hunger hatte oder ob mir einfach nur übel war. Als mich dann auch noch ein, für meine Verhältnisse, lautes und übermotiviertes 'Io Saturnalia' empfing, nickte ich nur und entgegnete erst mal mit einem verschlafenen "Morgen!" Wie es schien, hatte Decimer schon in aller Frühe den Kochlöffel geschwungen. Dabei wurde er von seinen Liberti unterstützt. Es roch schon sehr verführerisch. Aber ich brauchte jetzt erst mal was zu trinken, um meinen Flüssigkeitshaushalt wieder auszugleichen.

    "Am besten erst mal einen Schluck Wasser, aber bloß keinen Wein!"

  • Mein schöner Kelte war noch ganz zerzaust, genauso wie wenn er morgens neben mir den Kopf aus den Kissen gehoben hatte. Ein bisschen lädiert vom Vorabend schien er... Ich goss ihm einen Becher kühles Wasser ein und bereitete ihm gutgelaunt ein Katerfrühstück, mit sauer eingelegtem Schwertfisch, Oliven und gebratenen Eiern. Es machte mir Freude, auch einmal etwas für ihn zu tun, und mit einem breiten Lächeln setzte ich ihm den Teller vor.
    Dabei fing ich... nur aus den Augenwinkeln... auf, wie einer unserer Sklaven, der ziemlich nichtsnutzige Vincetius, sein Gesicht zu einer spöttischen Grimasse verzog. Nur kurz. Als ich ihn anblickte, guckte er schon wieder ganz unschuldig und stach den Löffel in den Puls. Doch stutzig geworden, war mir mit einem mal, als sähe ich auch bei anderen Mitgliedern der Hausgemeinschaft hinter harmlosen Minen so etwas wie... verborgenen Spott oder Geringschätzung.


    Meiner Saturnalienleichtigkeit beraubt, zog ich mich alsbald aus der Küche zurück – den Abwasch machten meine Freigelassenen – und grübelte über diese Episode. Wenn es etwas gab, was ich hasste, dann war es, andere über mich spotten zu sehen... Unglücklich musste ich mir eingestehen, dass mein goldener Kelte mir für einen Sklaven viel zu wichtig geworden war. Ich hatte es ihm durchgehen lassen, dass er mir öffentlich Widerworte gegeben hatte, und ich hatte ihn noch immer nicht in die Gladiatorenschule geschickt, einfach weil er mir so ungemein viel Freude bereitete. Das untergrub meine Autorität.


    Notgedrungen entschied ich mich dann schlussendlich doch für die vernünftige Lösung, und ließ Angus nach dem Ende der Saturnalien zur Gladiatorenausbildung in den Ludus bringen, so wie ich es bei meinen beiden anderen neuen Arenakämpfern in spe schon anfangs getan hatte. Doch der herrliche Kelte hinterließ eine traurige Leere in meinem Bett. Ich war einsam, des nachts, und vermisste ihn heftig.

    Ach Angus...

    Ob es anders hätte laufen können, wenn wir uns nicht unter so verkorksten Voraussetzungen begegnet wären? Das fragte ich mich bisweilen.... doch es war eine müßige Frage.



    ~ ~ Ende ~ ~

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!