• Mit Mühe unterdrückte der Gefangene ein genervtes Augenrollen. War ja klar, dass der Klugscheißer einen dummen Spruch anbringen musste, nur weil er in der Position dazu war. Der folgende Satz des Decimus traf den Quintilier unerwartet. "Was? Äh..." Ihr Götter! Wie viele verfluchte Pelzkneuel hatte das Frettchen denn abgemurxt? Dreißig? Vierzig? Sermo verfluchte sein bescheidenes Gedächtnis und versuchte sich an die Rufe des Wettkampfleiters zu erinnern. Fortuna war ihm hold, denn blitzartig schossen ihm die Worte wieder in den Kopf. "Siebenundvierzig. Neuer Rekord..." Er starrte in das blendende Licht. Seine Miene war beinahe reglos, nur sein linkes Augenlid zuckte nervös. Sermo rieb sich die feuchten Handflächen. Der Centurio erhöhte den Druck auf ihn, indem sein Kamerad und er die unsichtbare Schlinge um seinen Hals enger zogen und ihm ziemlich nah auf die Pelle rückten. Sermo geriet immer mehr ins Schwitzen und versuchte dem Blick des Urbaneroffiziers standzuhalten, als dieser das Verhör mit weiteren harschen Fragen fortsetzte. Er hatte nicht gewusst, wer der andere Mann überhaupt gewesen war, in dessen Verhaftung er geplatzt war. Dass er ein Meuchelmörder war, berührte ihn nicht sonderlich. Allerdings fiel ihm jetzt das Gesicht seines Verhörers auf. Centurio Decimus war vom Kampf (oder vom Unfall?) gezeichnet. Sein Blick schien Sermo durchbohren zu wollen, was ihm mit seinen glühenden hellblauen Augen beinah zu gelingen schien. Seine hervortretenden Wangenknochen und die Augenbrauen, die jetzt zu einer bösen Miene verzogen waren, verliehen dem Mann ein markantes Aussehen. Dieser Typ machte Sermo nervös, besonders mit einem so eindringlichen Blick. Die Fragen beantwortete er daher verzögert, nachdem er seine Konzentration durch Blinzeln wiederhergestellt hatte. "Was mich mit ihm...? Bei Iuppiter, ich kenne ihn nicht!" Jetzt erst realisierte der Quintilier, dass er zum Komplizen eines Verbrechers gemacht werden sollte, den er noch nie im Leben getroffen hatte. Das konnte doch nicht deren Ernst sein! Zornesröte stieg ihm ins Gesicht, als er sich auf dem Stuhl straffte und in scharfem Ton antwortete. "Mir ist nicht bewusst gewesen, dass der Festgenommene ein Meuchelmörder ist. Ich kenne ihn nicht, weiß nicht einmal seinen Namen. Centurio, du unterstellst mir Verbindungen zu Schwerverbrechern aus der Subura. Du beleidigst mich auf's äußerste!" Dem war wirklich so. Sermo fühlte sich ziemlich angeschmiert. Da hatte er doch nur auf dieses dreckige Frettchen wetten wollen und am Ende landete er in diesem muffigen Loch in der Castra Praetoria. Verflixt nochmal, wie hatte er nur in eine so dermaßen desaströse Lage geraten können?


    Sim-Off:

    Hm. Könnte man noch einweben, dass natürlich ein Wettschein mit im Geldbeutel gefunden wird? Hatte ganz vergessen, dass man am Stand ja auch eine Bestätigung für seinen Einsatz bekommt, um diesen später auch einfordern zu können.

  • Sim-Off:

    Ja klar.


    Es stimmte soweit alles überein, auch die Details, auf denen ich nur herumritt, um den Gefangenen nervös zu machen. Er hatte einen Wettschein auf das Frettchen, und, auch wenn ich mich nicht mehr so ganz genau erinnerte, siebenundvierzig klang gut. Besonders die zornige Reaktion erschien mir sehr authentisch, und ich muss zugeben, in dem Augenblick war ich ganz froh dass er noch gefesselt war. Für gewöhnlich nahm ich die Dinge, die in solchen Situationen gesagt wurden, nicht persönlich, aber für gewöhnlich waren die Verdächtigen auch nicht so attraktiv wie dieser hier. Der hier gab mir das Gefühl, ein fieser Urbaner zu sein, nicht besser als der miese Princeps Prior, der mich damals genau hier verhört und mit seinen gemeinen Unterstellungen fast zur Weißglut gebracht hatte. Ich presste die Lippen zusammen, und sagte mir, dass es immer noch einen Unterschied gab... ganz bestimmt.
    Über den Kopf des Quintiliers hinweg warf ich Musca einen fragenden Blick zu. Ich schätzte seine Menschenkenntnis und wollte mich vergewissern, dass er das selbe dachte wie ich. Tja. Es wäre auch zu schön gewesen, mit unserer Zielperson auch gleich noch den Komplizen zu erwischen, von dem die alte Katzenfrau damals erzählt hatte. Aber die Frau war ziemlich durch den Wind gewesen, vielleicht gab es gar keinen Komplizen. Und selbst wenn es einen gab, der Quintilier war eine arg unwahrscheinliche Besetzung für diese Rolle. Ich atmete schwer aus, als ich mir das klarmachte, und legte die ganze bedrohliche Attitüde ab wie eine Theatermaske.

    “Ich glaube dir ja.“ sagte ich resigniert, beinahe besänftigend, und beugte mich herunter, um ihm die Fesseln aufzuknoten.
    “Musca, du kannst gehen, lass aber noch jemanden auf das Bein schauen.“
    Mein Kamerad nickte und verschwand. Ich konzentrierte mich auf den Knoten, und ausserdem darauf, mich nicht darauf zu konzentrieren, dass bei dieser Tätigkeit ein, zweimal meine Hand in Berührung mit der unseres unfreiwilligen Gastes kam. Dann löste sich der Strick, und ich kehrte wieder auf meine Seite des Tisches zurück.
    “Den hier muss ich beschlagnahmen.“ Ich nahm den Dolch von der Tischplatte und steckte ihn zu mir. Mehr würde ich wegen der Waffe nicht unternehmen, das war zwar nicht so ganz korrekt, aber ich fand es nicht fair jemandem aus so einer Lappalie einen Strick zu drehen. Mein Mund war trocken. Darum ging ich zu einem Schränkchen an der Wand, und entnahm ihm einen abgedeckten Krug mit Posca und zwei angeschlagene Tonbecher. Mit dem Ende meines Focale wischte ich noch mal an ihrem Rand entlang, dann schenkte ich sie voll.
    “Möchtest du einen Schluck trinken, Quintilius Sermo? Ist aber nur Posca.“
    Ich stellte ihm einen Becher hin und schob die Öllampen beiseite, damit sie ihm nicht mehr ins Gesicht schienen. An der Tischkante lehnend trank ich aus meinem Becher, dabei zerbrach ich mir den Kopf nach einer geistreichen Möglichkeit, den Quintilier noch etwas länger hierzubehalten. Aber es war spät, ich war müde und zerschlagen, und nachdem die Anspannung des Verhörs nachgelassen hatte, wurden meine Gedanken zunehmend schwerfällig.

  • Sim-Off:

    Gratias.


    Eine gefühlte Ewigkeit verging in Stille, nachdem Sermo seine Antworten vorgebracht hatte. Die beiden Urbaner tauschten Blicke aus und schienen übereinstimmender Meinung zu sein wie nun vortzufahren sei. Der Quintilier spannte vor quälender Erwartung seine Muskeln an, drückte die Füße lautlos auf den Boden und presste die Handflächen ineinander. Dann die Erlösung. Der Centurio schenkte seinen Aussagen glauben. Erleichterung traf Sermo schlagartig. Doch das war kein Grund, sich jetzt gehen zu lassen. Der Decimus nahm ihm - endlich! - seine Handfesseln ab. Dass er dabei nicht rein zufällig auch Sermo Finger berührte, fiel diesem nicht einmal auf. Statt dessen rieb er sich die schmerzenden Handgelenke. Die Haut brannte fürchterlich an den Stellen wo die straffen Fesseln ins Fleisch geschnitten hatten. Der Quintilier sah von seinen geschundenen Gliedern auf, als sein Gegenüber den Dolch an sich nahm, doch ließ er es bis auf ein stummes Nicken unkommentiert. Die billige Klinge war es nicht wert, jetzt noch unnötig späte Konsequenzen zu provozieren. Immer noch wortlos beobachtete Sermo dann wie der Centurio ihm einen gefüllten Krug vor die Nase setzte. Am liebsten hätte er sich wie ein halb verdursteter Köter auf die Flüssigkeit gestürzt, doch er hatte noch immer seinen Stolz und seine geringe Würde - sofern man von so etwas noch sprechen konnte, wenn man sich sein jämmerliches Aussehen einmal veranschaulichte. Daher griff er zunächst betont langsam nach dem Knöchernen Anhänger und steckte auch seinen Geldbeutel zurück in den versauten Mantel. Sein Blick blieb mehr oder weniger durchgängig auf den Mann gerichtet, der ihm im Schein der Öllampen gegenüber saß. Und Sermo schaute nicht gerade fröhlich drein. "Danke," erwiderte er tonlos und nahm dann den Krug zur Hand, um ihn mit wenigen Zügen zu leeren.


    Er stellte den Krug zurück auf den Tisch und betrachtete den Mann eingehend, der ihn hatte festnehmen lassen. Das Verhör ließ er in Gedanken revue passieren, während er den wesentlich besseren Körperbau seines Gegenübers feststellte. Natürlich, der Mann war ja auch Urbaner. Gut trainiert und abgehärtet durch die Gosse. Den Ausgang der Befragung befand Sermo unterdessen als nicht zufriedenstellend. Daher stellte er - nun, da seine Kehle wieder geölt war - ein paar nachhakende Fragen. "Centurio Decimus. Nachdem ich dir Rede und Antwort stand, gestatte mir ebenfalls eine Frage." Er verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte sich seine Erschöpfung nicht anmerken zu lassen. Mit dem linken Bein im rechten Winkel über das rechte geschlagen lehnte er sich auf seinem unbequemen Stuhl zurück und tat so locker wie möglich. Was ihm nicht sonderlich leicht fiel und auch nicht besonders gut gelang. Sein Lid zuckte nämlich noch immer. Seine Handgelenke schmerzten und quälten ihn. Sein Gesicht war schweißnass und schlammverschmiert. Und überdies zitterte seine rechte Hand ganz eigenartig vor Aufregung und gleichzeitiger Erleichterung über den glimpflichen Ausgang der Festnahme. Selbst das Trinken hatte ihn angestrengt, da er sein Zittern nicht offen zeigen wollte und sich sehr auf seine Finger hatte konzentrieren müssen.
    "Zu aller erst würde ich gern deinen vollen Namen erfahren." Er wollte nicht hier herausspazieren, ohne zu wissen mit wem er es überhaupt zu tun gehabt hatte. Und es gab gewiss genügend Centurionen mit dem Namen Decimus. "Und dann...würde ich gern erfahren, wer dieser andere Mann ist und was er verbrochen hat."

  • Es gibt ein Standbild im Porticus Octaviae, welches einen der Söhne der Niobe darstellt. Ein Jüngling, der, vom Pfeil des Apoll getroffen, zu Boden sinkt, und dabei noch immer um sein Leben ringt. Eine Hand hält er vor der Brust, er versucht den Pfeil des zornigen Gottes herauszuziehen, die andere stemmt er gegen den Erdboden, um sich wieder aufzurichten. So anmutig ist seine Haltung, und sein Gesicht, vom Tode gezeichnet und doch dem Leben zugewandt, so edel.
    War es dieses Standbild, von welchem das seltsame Gefühl herrührte, eine Ähnlichkeit zu etwas Bekanntem an dem Quintilier wahrzunehmen? Natürlich, er lag weder im Todeskampf noch war er ein Jüngling, aber die Haltung in der er da sass, und sich trotz der offensichtlichen Erschöpfung keine Blöße gab... sich nicht unterkriegen ließ, beinahe herausfordernd... diese ganze Ausstrahlung, die erinnerte mich wirklich ein wenig an den Sohn der Niobe. Es war aber noch etwas anderes dabei... etwas, das ich nicht zu fassen bekam.


    Jetzt musterte er mich, düster, ließ mich kaum aus den Augen. Ich erwiderte den Blick unverwandt, auch ich wollte mir natürlich keine Blöße geben, obgleich ich unter diesem Blick ein Kribbeln im Nacken verspürte, von dem ich nicht sagen konnte ob es aufregend oder doch eher unheimlich war. Mein Mund war schon wieder trocken, ich leerte meinen Becher, während der Quintilier das selbe mit dem Krug tat.
    Auf seine Frage hin trat kurz ein schiefes Lächeln in mein Gesicht. Das klang ja fast, als ob er hier das Verhör umkehren wollte. Ich machte eine bereitwillige Kopfbewegung, meinen Namen verriet ich ihm natürlich gerne.
    “Faustus Decimus Serapio.“ sprach ich, wobei ich ihm direkt in die Augen blickte. Sie waren blau, was ich nicht vermutet hätte. Dann waren aus der einen Frage auf einmal zwei geworden.
    “Er hat, aller Wahrscheinlichkeit nach, einen schweren Raubmord begangen, an einer nicht unbedeutenden Person. Ich bin ihm schon über ein Jahr auf der Spur...“
    Bevor ich auch noch Namen und so weiter ausplaudern konnte, fiel mir auf, dass das ermittlungstaktisch ziemlich dumm wäre... und dass ich absolut keinen Grund hatte, dem Quintilier Vertrauen zu schenken. (Auch wenn ich ihn gerne mit tollen Ermittlungserfolgen und gefährlichen Verbrecherjagden beeindruckt hätte.) Bevor ich hier völlig den Kopf verlor, sollte ich das besser beenden!
    “Ich denke das genügt.“, schloß ich also, stellte meinen Becher beiseite – er traf mit einem vernehmlichen Klacken auf die Tischplatte - und erhob mich. “Ich begleite dich hinaus, Quintilius Sermo.“

  • Festen Willens erwiderte der Centurio Sermos Blick. Gut, keiner der beiden wollte Schwäche zeigen. Faustus Decimus Serapio hieß er also. Das Lächeln erwiderte der Quintilier nicht, zog jedoch die rechte Augenbraue hoch, als er die Antwort auf seine zweite Frage zu hören bekam. Decimus Serapio - den Namen würde er sich gut einprägen - brach seine Erzählung mitten im Satz ab. So als wäre er gerade kurz davor, wichtigste Geheimnisse auszuplaudern. Ein leichtes Stirnrunzeln folgte, das jedoch vor Erleichterung schnell verflog. Denn er wurde nun endlich entlassen. Müde erhob auch Sermo sich und nickte bereitwillig. "Nun gut. Nach dir, bitte." Trotz aller Vorkommnisse blieb er höflich und bedeutete Serapio vorzugehen. Er wusste ohnehin nicht, wie er hier rauskommen sollte.
    Den Göttern sei Dank! Endlich würde er nach Hause gehen und sich in sein herrlich weiches Bett fallen lassen können. Nein, erst würde er ein Bad nehmen. Ein warmes, ausgedehntes Bad. Er würde wohl darauf verzichten Diomedes das Heizfeuer schüren zu lassen, sondern diesem seinen wohlverdienten Schlaf zugestehen. Obwohl...nein, der Haussklave konnte das auch noch verkraften. So spät war es bestimmt noch nicht...oder so.

  • Schweigend führte ich den Quintilier hinaus aus dem Raum, dem Gebäude, dann durch die nächtliche Castra, die Via Praetoria entlang, auf die massiven Mauern zu, die das Kastell umschlossen. Wir erreichten das Haupttor, dort wechselte ich ein paar Worte mit den wachhabenden Soldaten. Sie öffneten das Tor, und ich verabschiedete unseren unfreiwilligen Gast – einerseits bedauernd, dass ich jemanden, der mir so interessant erschien, unter derart widrigen Umständen getroffen hatte, andererseits einfach nur fix und fertig von der ereignisreichen Nacht.
    “Vale.“
    Ich erlaubte es mir nicht, ihm hinterherzusehen.


    Erst auf dem Weg zu meiner Habitatio, als ich alleine zwischen den dunklen Baracken entlangging, in einer Stille, die nur vom Geräusch meiner müden Schritte durchbrochen wurde, und, wenn man genau hinhörte, vom Zwitschern einer Fledermaus, die über den Dächern umherflatterte, und bisweilen auch von einem Schnarchen aus den Unterkünften – da erst, als ich das Gesicht des Quintilius Sermo nicht mehr vor Augen hatte, und statt dessen an das Verhör dachte, das ich morgen in Angriff nehmen würde, da erst fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich erkannte endlich, welche Ähnlichkeit es war, die mich bei seinem Anblick so seltsam angemutet hatte, so ins Grübeln gebracht hatte... Ich blieb stehen, und wandte den Blick gen Himmel. Hoch über mir flimmerten die Sterne, verschwommen im Dunst der Stadt. Ich seufzte leise, aus tiefster Seele. Natürlich.
    Quintilius Sermo hatte eine nicht von der Hand zu weisende Ähnlichkeit mit Hannibal.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Ohne ein weiteres Wort ging es hinaus, in die Freiheit. An den Baracken und Wirtschaftsgebäuden vorbei führte der Centurio ihn auf das Tor zu, das ihn ausspucken würde in die dunklen Straßen der Stadt. Die Wachen öffneten auf Serapios Befehl hin und Sermo wandte sich dem Urbaner zu.
    "Vale," verabschiedete sich Sermo tonlos. Einen kurzen Moment lang überlegte er, dem Gegenüber die Hand zu reichen. Doch diese Idee verwarf er wieder beim Gedanken an seine schmerzenden Handgelenke. Bloß weg hier! Stur drehte er sich um, würdigte die Wachleute keines Blickes und stolzierte zum Tor hinaus. Er gestatte sich kein Anzeichen von Erleichterung oder Freude, bis er hinter sich die Torflügel ins Schloss einrasten hörte. Geräuschvoll atmete er aus, ließ seinem Glücksgefühl freien Lauf. Ihr Götter, euch sei gedankt! betete er im Stillen, während er in eine Seitenstraße abbog um dem Sichtfeld der Wachleute zu entfliehen. Dort blieb er einen Moment stehen, stützte sich an einer Hauswand ab und atmete tief durch. Welch ein Glück er doch hatte. Fortuna war ihm wohlgesonnen, dass er so glimpflich aus dieser Situation herausgekommen war. Er würde ihr ein Dankesopfer darbringen. Sekunden verstrichen, oder waren es Minuten? Dann raffte er sich auf, als er Schritte auf dem kalten Pflaster hörte. Eilig setzte er sich in Bewegung und trat den Heimweg an, der von hier aus nicht allzu lang war, ihm jedoch in seiner Erschöpfung wie eine unendlich Entfernung vorkam. Und während er dahinstolperte, kam er zu einem ermutigenden Schluss: Die Götter mussten ihn, Iullus Quintilius Sermo, wahrhaftig lieben!

  • Aus dem Gefängnistrakt kommend im Verhörzimmer angelangt wurde die Gefangene auf einen hölzernen Hocker mit drei Beinen - damit hier niemand auch nur auf die Idee nervtötend zu kippeln kommen könnte - und ohne Lehne - das war schließlich kein Urlaub hier - gesetzt. Der Soldat, der sie herein geführt hatte, setzte sich hernach auf der anderen Seite eines breiten, ebenfalls hölzernen Tisches. Auf letzterem befanden sich zunächst nur zwei Öllampen, deren Licht in der Mitte des Raumes ausreichend hell war, damit der Soldat auf einer gezückten Wachstafel Protokoll führen konnte, zugleich jedoch nicht hell genug schien, um auch die Wände des Zimmers ausreichend zu beleuchten. Kurz darauf erschien der iulische Tribun, der auf dem Weg hierher dem zweiten Urbaner noch einige Anweisungen gegeben hatte, und blieb direkt neben der Tür erst einmal in beobachtender Position zurück, während sich hinter dem dritten im Bunde der einzige Ein- und Ausgang mit einem schweren, dumpfen Geräusch schloss. Der Militär baute sich stehend neben seinem sitzenden Kameraden mit den Händen auf den Tisch gelehnt vor der Gefangenen auf:
    "Elfter Tag vor den Augustkalenden des Jahres 864 nach Stadtgründung. Verhör der Inhaftierten Beroe. Anwesende: Optio Umbonius, Miles Memmius und Tribunus Iulius." Es folgte ein kurzer, versichernder Blick zum besagten Tribun. Der nickte nur stumm aus seinem Halbschatten heraus. Dann wandte sich der Optio erneut der zu Verhörenden zu. "Dein Name ist Beroe. Du befindest dich nicht in Besitz des römischen Bürgerrechts, sondern bist Peregrina. Du arbeitest als Lupa, bist eine Anhängerin der Christianer-Sekte und wurdest bei einer Versammlung derselben im Rahmen einer Razzia festgenommen. Soweit richtig?", lautete schlussendlich die rhetorische Frage. "Wann und wo genau war das?" Irgendwo würde der Verantwortliche für besagte Razzia schon einen entsprechenden Bericht hinterlegt haben, mit dem man das Verhörprotokoll später eh noch abgleichen würde. Doch sollte die Verhörte erstmal selbst erzählen...

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    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Der Soldat hatte sie in einen der Verhörräume geführt. Von diesem Ort hatte sie nur vage Vorstellungen, was hier drinnen mit ihr geschehen sollte. Aus den Erzählungen von anderen Gefangenen hatte sie von recht drakonischen Verhörmethoden gehört, die angewandt wurden. Doch seltsamerweise bleib sie auf dem Weg dorthin sehr ruhig. Nur eine weitere Station auf ihrem Weg zum ersehnten Ende. Ausgerechnet jetzt musste sie an Avianus denken. Wenn sie ihn doch nur noch einmal sehen könnte. Aber er hatte sie bestimmt schon längst vergessen oder womöglich war er gar nicht mehr auf dieser Welt. Welchen Sinn hatte dann noch ihr Leben?


    Der Soldat setzte sie auf einen Schemel. Der Tribun und ein weiterer Soldat hatten sich ebenfalls eingefunden. Beroe hielt noch immer ihren Blick gesenkt. Auf Andere mochte sie vielleicht abwesend wirken, doch sie wartete nur, bis ihre Befragung endlich begann.
    Darauf musste sie sich nicht allzu lange gedulden. Der Soldat, der nach ihr den Raum betreten hatte, baute sich vor ihr auf und ein Schwall von Worten kam aus seinem Mund. Ihr ausdrucksloser Blick ging nach oben, um dem Mann besser folgen zu können.
    „Mein Name ist Beroe, ich bin Lykierin und nein, ich besitze nicht das Bürgerrecht,“ begann sie zögerlich. „Ja, ich habe als Lupa gearbeitet aber zu den Christianern gehöre ich nicht. Es stimmt, ich war auf ihrer Versammlung, weil ich eine Freundin begleitet habe.“ Ihr Blick wanderte über die Gesichter der drei Männer. Sie fragte sich, ob sie ihr glauben mochten.
    „Ich weiß nicht, vor wie vielen Wochen das war… aber es war irgendwo im Trans Tiberim. Dort wohnte und arbeitete ich in einer Taberna. Nach meinem letzten Kunden… ich bin runter zur Straße und traf dort meine Freundin und sie fragte mich, ob ich mitkommen wollte. Ich ging mit, weil ich nicht allein sein wollte.“ Sie erinnerte sich wieder ganz genau, was in ihr vorgegangen war und wie aufgewühlt sie an diesem Abend gewesen war.
    „Wir gingen zu einem Haus in dessen Untergeschoss diese Versammlung stattfand. Dann plötzlich kam Panik auf, als die Stadtwache den Keller stürmte. Meine Freundin wurde fast totgetrampelt und ich wurde niedergeschlagen. Das Nächste, an was ich mich erinnern kann, ist als sie uns nach oben gebracht hatten. Da meine Freundin schwer verletzt war, bat ich einen der Urbaner uns zu helfen. Er wollte uns tatsächlich laufen lassen, wenn wir ihm dafür etwas bieten. Ich bin dann mit ihm gegangen… aber als er dann anfing, mich anzufassen, da wollte ich das nicht mehr… ich wollte, dass er aufhört und dann habe mich gewehrt und wollte davonlaufen.“ Beroe hatte alles wiedergegeben, woran sie sich noch erinnern konnte. Besonders an den letzten Teil ihrer Geschichte hatte sie schmerzliche Erinnerungen. Durch ihre Weigerung hatte sie sich und Rachel ins Unglück gestürzt.

  • Der Optio schlug mit der flachen Hand einmal laut auf den Tisch.
    "Dir gehts wohl immernoch zu gut, was?! Du hälst das hier scheinbar für einen Urlaub mit freiem Brot und Wasser und einem kostenlosen Dach über dem Kopf!" Der Umbonier fühlte sich offensicherlich veralbert. "Erst erzählst du dem Tribun, dass du eine Christianerin bist und nun verleugnest du es. Was stimmt denn nun, hm?!", wollte er scharf wissen, ohne dass ihm bewusst gewesen wäre, dass die Gefangene tatsächlich nur nicht an der richtigen Stelle widersprochen hatte. Letztlich war es ihm aber eh egal, ob die Frau nun aktiv oder nur passiv gelogen hatte, solange er selbst nur vor dem Tribun ein gutes Bild hier abgab.


    Langsam und bedächtig, vergleichbar fast mit einer lauernden Raubkatze, die nur darauf wartete, die Beute in einer blitzschnellen Attacke anzuspringen und zu reißen, schritt der Optio um den Tisch herum und hinter diese hagere, schwarzhaarige Beroe, die nach ihrem langen Kerkeraufenthalt auf ihrem Schemel keinen allzu ansehnlichen Eindruck auf ihn machte.
    "Und deine... Geschichte", sprach er in ihrem Rücken und griff sodann mit seinen kräftigen Händen ihre Schultern, während sein Kopf nach vorne an ihr linkes Ohr schnellte. "wirklich herzergreifend!" Der Sarkasmus tropfte förmlich aus seinen Worten. Dann wechselte er ihr Ohr. "Aber vielleicht überlegst du dir deine Antwort nochmal... ganz genau. Denn du musst wissen, wir sind hier bei den Stadtkohorten in Roma! Hier dienen keine peregrinen Halbbarbaren irgendeiner Auxiliareinheit oder gar Vollbarbaren in einem unzivilisierten Haufen Wilder. Hier dienen Römer - und zwar nur die besten!", ausgenommen selbstredend die besten der Besten, die dem Skorpion dienten. Der Umbonier ließ von der Gefangenen ab und tigerte weiter, bis er direkt vor ihr den Tisch erreichte, sich leicht breitbeinig an diesen lehnte und seinen Oberkörper bedrohlich nach vorne zu Beroe beugte.
    "Du willst hier rauskommen? Du willst das das alles hier ein Ende hat? Dann erzähl mir, was wirklich vorgefallen ist - die Wahrheit.", stimmte er nun etwas versöhnlicher an. "Du hast gesagt, dass du eine billige Lupa wärst. Kann es da nicht sein, dass du meinen Kameraden bei der Razzia einfach nur entkommen wolltest, dich ihm freiwillig angeboten hast und dann ausgetickt bist, als er nicht darauf eingegangen ist? War es nicht vielmehr so?", fand der Optio eine in seinen Augen wesentlich wahrscheinlichere Version der Geschehnisse. Er lehnte sich wieder in eine aufrechte Haltung zurück, während er an den Tisch gelehnt vor Beroe stehenblieb.


    "Wenn du unsere... meine Hilfe willst, dann verlange ich von dir auch Namen. Für wen hast du als Lupa angeschafft? Wie heißt die Taberna, in der du gewohnt und gearbeitet hast? Wie heißt der Besitzer der Taberna? Wie hieß dein letzter Kunde, wie deine Freundin, die dich zu dieser Christianer-Versammlung geschleppt hat? Wie hieß das Haupt der Versammlung, wer hat sie geführt und geleitet? Wer hat gesprochen?", mischte sich Dives aus seinem Halbschatten sachlich aber dennoch in recht eindringlichem Tonfall an die Peregrinagewandt in das Verhör ein. "Und natürlich möchte ich wissen, ob es da draußen gerade jemanden gibt, der dich vielleicht vermisst: Eventuell ein Stammkunde? Ein Liebhaber? Irgendwelche... Freunde, die sich unter Umständen einfach nur aus Angst noch nicht hier gemeldet haben, um sich nach dir zu erkundigen?"

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    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Beroe zuckte erschrocken zusammen. Das scharfe Echo des Soldaten auf ihre Schilderung tat ein Übriges. Eingeschüchtert suchte sie nach Worten. Dabei war doch diese Situation für sie keinesfalls neu gewesen. Sie fühlte sich zurückversetzt an ein längst vergangenes Leben. An ein Leben in Unfreiheit… damals in der Villa Auria in Misenum… an die Schimpftiraden ihrer Domina, wenn ihr ein Missgeschick passiert war... und an die Schläge…


    „Aber Herr,… ich …ich habe doch niemals behauptet, …Christianerin zu sein!“ stammelte sie mit weinerlicher Stimme. „Bitte, das musst du mir glauben…“ Was der Optio aber mit Sicherheit nicht tat. Wie viel war denn ihr Wort schon wert? Absolut gar nichts!


    Indessen begann er langsam aber kühl berechnend, sie zu umrunden und schaffte es dadurch, sie noch weiter zu verunsichern. Sie musste sich wie ein Tier fühlen, das man in die Enge getrieben hatte und das nun nur noch darauf wartete, bis endlich der finale aber alles entscheidende Zugriff erfolgte. Und als er schließlich hinter ihr stand, sie an den Schultern packte und sich mit seinem Kopf ihrem Ohr näherte, schrie sie erschrocken auf und begann schrecklich vor Angst zu zittern. Er ergoss einen weiteren Wortschwall über sie - bedrohlich und furchteinflößend. Flehend, nein bettelnd war ihr Blick, den sie ihm zuwarf, als er sich vor ihr breitbeinig postierte, um keinen Zweifel an seiner Dominanz über sie zu lassen.


    „Aber ich habe doch die Wahrheit gesagt!“ schluchzte Beroe. „Ich kann doch nichts sagen was nicht stimmt! Ich schwöre, ich habe mich ihm nicht angeboten und ich wollte ihn auch nicht austricksen. Ich wollte doch nur… meine Freundin,… sie war doch verletzt und brauchte dringend Hilfe!“ Die Tränen rannen der Lykierin inzwischen an den Wangen herab und dieses Zittern… dieses schreckliche Zittern vor Angst wollte einfach nicht aufhören.


    Doch dann mischte sich auch noch der Tribun ein, der sich, seitdem sie in den Verhörraum geführt worden war, nur passiv an der Befragung beteiligt hatte. Im Gegensatz zu dem Optio erweckte er weniger den Anschein so hart und unnachgiebig zu sein. Dennoch verlangte er nach Namen. Wenn sie ihm Namen nennen konnte, dann kam sie hier raus.
    Beroe versuchte sich zu beruhigen. Sie wollte den Strohhalm, den man ihr anbot, ergreifen. Schniefend wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie musste sich wieder konzentrieren. Was hatte er gleich noch gesagt? Welche Namen wollte er haben?
    „Namen? Ja… Namen… natürlich!“ Was hätte sie jetzt für einen Becher Posca gegeben. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet. Schon lange hatte sie nicht mehr so viel gesprochen.


    „Ich habe für einen Mann namens Silanus gearbeitet. Ihm gehört das Magnum Momentum. Aber vor einiger Zeit habe ich mich von ihm getrennt und bin ins Trans Tiberim gezogen. Dort habe ich bei Simon und Mirjam gewohnt. Das sind die Eltern meiner Freundin Rachel… mit der ich auf dieser Versammlung war. Später habe ich auch noch in ihrer Taberna gearbeitet. Die Taberna heißt „Zum silbernen Stern“. Gelegentlich bin ich auch mit den Gästen in meine Kammer gegangen, wenn sie dafür bezahlen wollten… mein letzter Kunde… ich weiß nicht wie er hieß. Er gehörte zu den Gefolgsleuten eines Gastes, der einen feinen Mantel trug und der großzügig Essen und Geränke für seine Männer bestellte. Ich glaube, er hat erwähnt, er wohne in der Nachbarschaft, was ich ein wenig seltsam fand… Danach bin ich runter zur Straße und ich traf auf Rachel…. Einige Tage zuvor war ein Gast aus Lykien eingetroffen. Das weiß ich so genau, weil er auch aus Myra kam, so wie ich. Sein Name war Ioannis und wie ich später erfuhr, war er so eine Art Prediger. Er hatte auch auf der Versammlung gesprochen.“ Dann zögerte sie eine Weile. Ganz bestimmt nicht würde sie auch nur ansatzweise einen Satz über Avianus verlieren. Auch wenn er sie wohl vergessen hatte oder sich nicht traute, nach ihr zu fragen, so wollte sie ihn hier nicht auch noch mit involvieren. „Es gibt niemand, der auf mich wartet. Meine Familie ist tot. Ich habe niemanden mehr. Nur meine Freundin Rachel…“
    Wieder stockte sie und überlegte, ob sie ihn nach Rachel fragen konnte. Er musste doch wissen, ob sie noch hier war. „… was ist eigentlich mit Rachel? Geht…geht es ihr gut?“

  • Der Optio konnte sich ein kurzes, gemeines Lachen nicht verkneifen.
    "Oh, ich glaube, du hast deine Lage noch immer nicht ganz erkannt, Mädchen. ICH muss hier gar nichts!" Erst recht wollte und musste er ihr keine Geschichte glauben, die am Ende einen der Seinen, einen seiner Kameraden in ein schlechtes Licht rückte und einen Urbaner unterm Strich zum Täter und die Gefangene zum Opfer erklärte. Das war doch absurd!


    "Ich höre.", kommentierte Dives seinerseits nur kurz darauf den Wunsch der Beroe, nun etwas spezifischer und expliziter werden zu wollen. Sie begann mit einem Silanus, der ein gewisses Magnum Momentum führen sollte - eine wertlose Information, sobald sie erklärt hatte, dass sie schon vor ihrer Verhaftung nicht mehr dort gearbeitet hatte. Für eine Überprüfung von größerem Nutzen waren da schon Simon und Mirjam aus der Taberna "Zum silbernen Stern". Und in der Tat überzeugte es den Tribun auch, dass sich die Lupa nicht mehr an den Namen ihres letzten Freiers erinnerte. Bis dahin tatsächlich hielt er die Geschichte für durchaus glaubwürdig. Nachdem die Peregrina geendet hatte, klinkte sich der Optio wieder ein:
    "Wo du jetzt 'entschieden' hast, also doch keine Christianerin mehr zu sein, wird es dich bestimmt freuen zu hören, dass du diesen Prediger Ioannis vermutlich nicht so schnell wiedersehen musst." Böse lächelnd lehnte er sich etwas nach vorn. "Unsere römischen Gerichte gehen hier nämlich nicht gerade zimperlich um mit solchen Aufrührern!", ließ er absichtlich der Gefangenen jede Menge Interpretationsspielraum. "Und irgendeine Rachel", lehnte er sich langsam wieder amüsiert zurück, "sagt mir nichts. Aber wenn sie so schwer verletzt war, dann wird sie vermutlich zu denen gehören, die wir hier sehr bald wieder entlassen haben..." Er grinste kalt. "weil wir hier nämlich keine Leichen sammeln und aufbewahren!"


    "Wenn du in dieser Taberna bei diesem Simon und dieser Mirjam gearbeitet und gewohnt hast, wie kommt es dann, dass sich bis heute anscheinend niemand nach dir erkundigt hat, hm?", wollte Dives wissen ohne auf die vorherigen Kommentare des Unteroffiziers einzugehen. "Spätestens wenn du deiner Arbeit nicht nachkommst und deine Miete nicht pünktlich zahlst, hätten sie dich doch eigentlich vermissen müssen, oder nicht?", bohrte er an dieser Stelle etwas weiter nach.
    "Überhaupt. Aus welchem Grund sollte man dich hier freilassen, häh?! Niemand scheint dich zu vermissen. Und DU erzählst nur Lügenmärchen über die Urbaniciani - über UNS." Der Umbonier stützte sich mit den Händen auf dem Tisch ab und schwang sich auf jenen, um aus der nachfolgend sitzenden Position mit seinem rechten Sandalen einmal 'versehentlich' das linke Bein der Gefangenen zu streifen. "Warum sollte jemand wie du überhaupt nochmal auf freien Fuß gesetzt werden? Was hast du... 'Roma' zu bieten, hm?!", betonte der Optio so, dass es nicht schwer zu verstehen war, dass er hier weniger vom Vorteil für Roma als vielmehr von seinem eigenen Vorteil sprach. Wobei angesichts dessen, dass der iulische Tribun hier ebenfalls mit von der Partie war, der Vorteil für den Optio natürlich nur in erster Linie darin bestehen könnte, sich beim Tribun beliebt zu machen und für jenen hier etwas herauszuschlagen zu versuchen. So blickte er dann auch kurz zu Dives, bevor er sich erneut ganz und gar auf Beroe und ihre Antwort konzentrierte...

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    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Ihre verheulten Augen sahen kurz auf und erblickten dieses fiese Grinsen im Gesicht des Soldaten, bevor er ihr wieder lautstark Paroli bot. Warum auch war Beroe so naiv gewesen, zu glauben, er würde die Aussage einer dreckigen verlausten Hure für bare Münze nehmen, erst recht nicht, wenn sie einen der Seinen beschuldigte. Und Beroe selbst spürte, wie ihr langsam die Kräfte schwanden. Wenn dieser Kerl so weitermachte, dann war sie schon bald an einem Punkt angekommen, an dem sie fast alles gestehen würde, in der Hoffnung, dass dann alles vorbei sein würde.


    Auch wenn sie schon geglaubt hatte, der Tribun, der in seiner Art weitaus angenehmer war, eben weniger aufbrausend und gemein als der Optio, sah sie sich schon bald sehr getäuscht. Er versuchte ebenso nur, sie dazu zu bringen, noch mehr Informationen preiszugeben und noch mehr Namen zu verraten. Aber sie hatte ihm doch alles gesagt! Jeden einzelnen Menschen, mit dem sie zu tun gehabt hatte, hatte sie doch bereits schon genannt. Außer einem…
    „Ich schwöre, es gibt sonst niemanden!“ schluchzte sie verzweifelt. Was, wenn sie ihn doch verriet, wenn sie nicht weiter standhalten konnte? Eine Katastrophe würde über ihn hereinbrechen. Die Mäuler wurde man sich über ihn zerreißen. Und er? Er würde sich endgültig von ihr abwenden! Aber… hatte er das nicht längst schon getan? Wieso war er in all den Wochen nicht einmal hier gewesen! Bestimmt war er längst zurück aus Germanien! Beroe versuchte diese Gedanken beiseite zu schieben, was aber angesichts ihrer Lage immer aussichtsloser wurde.


    Genau an diesem Punkt mischte sich wieder der Optio ein, dessen aggressive Stimme sie bereits mehr als hasste. Seine Anspielungen auf das Schicksal des Predigers ließen sie nur an das Schlimmste denken. Sie erwiderte nichts darauf. Lediglich das blanke Entsetzen stand ihr in ihrem Gesicht geschrieben. Beroe konnte sich lebhaft vorstellen, was sie mit diesem Mann angestellt hatten, der doch so gütig und freundlich gewesen war. Doch als der Soldat schließlich Rachel ins Spiel brachte, konnte sie nicht länger schweigen. Rachel war entlassen worden? Sie bewahren hier keine Leichen auf? Der Optio hatte sichtlich Freude daran, sie mit seinen Anspielungen gänzlich zu verwirren. Doch alleine der Gedanke, dass ihre Freundin tot war, trieb ihr erneut die Tränen in die Augen. „Rachel ist… tot?“ Die Stimme droht ihr zu versagen.


    Aber auch der Tribun ließ nicht locker. Er gestand ihr kaum Zeit zu, sich wieder zu sammeln, sondern bohrte unablässig weiter und das, was er sagte, ließ auch Beroe weiter grübeln. Genau, warum hatten sich Simon und Mirjam nicht nach ihr und Rachel erkundigt. Rachel war doch ihre Tochter gewesen… auch wenn Simon sie geächtet hatte. Und überhaupt, warum war niemand sonst hier gewesen für sie, der sich nach ihnen erkundigt hatte!
    Beroe konnte nicht mehr. Sie heulte und jammerte und schien gar nicht mehr zu hören, was der Tribun von ihr wollte. „Aulus, hilf mir doch endlich!“, wimmerte sie leise vor sich hin, auch wenn sie wusste, dass es aussichtslos war. Für sie würde kein strahlender Retter durch diese Tür schreiten und sie befreien.
    Der Optio hatte es auf den Punkt gebracht. Niemand schien sie zu vermissen. Auch ihr geliebter Aulus nicht. Sie würde hier drinnen verrecken und das, was von ihr übrig blieb, würde man auf einen Müllhaufen werfen oder verbrennen. Warum also wieder frei sein?
    Diesen Drang nach Freiheit, den sie ihr Leben lang verspürt hatte und der sie damals in Misenum hatte fliehen lassen – erschien endgültig verflogen zu sein. Wie glücklich war sie damals gewesen, als sie nach ihrer langen beschwerlichen Reise endlich Rom erreicht hatte. Damals hatte sie noch nicht wissen können, was sie alles hier erwarten würde. War dieser Drang tatsächlich versiegt?


    „Ich sage die Wahrheit…“ brachte sie schließlich, einem letzten Aufbäumen gleich, heraus. Dabei spielte der Optio doch nur mit ihr. Es machte ihm Spaß, sie so zu sehen, was sie unternehmen würde, um ihr Schicksal doch noch in eine andere Bahn zu lenken. Es ergötze ihn, sie aus der Fassung zu bringen und sei es auch nur mit Gesten oder der „zufälligen“ Berührung seiner Sandale an ihrem Unterschenkel, so dass sie sich so verschreckte und beinahe drohte, hinterrücks von ihrem Schemel zu fallen. Und dann diese absurden Fragen, die wenn man sie sich langsam auf der Zunge vergehen ließ, nur in eine einzige Richtung gingen.
    „Was ich zu bieten habe?“ echote sie sichtlich verwundert. Nichts! So verdreckt, verlaust und übelriechend wie sie war, hatte sie Roma nichts mehr zu bieten. Niemand würde auch nur einen Quadrans für sie zahlen wollen.


    „Das habe ich zu bieten: Verdrecktes Fleisch!“, entgegnete sie nach einer Weile überraschend. Beroe hatte ihre zerschlissene Tunika, die im Grunde nur noch ein einziger großer Fetzen war, nach unten gerissen, so dass ihr ausgemergelter verschmutzter Oberkörper zum Vorschein kam. Selbst einem hartgesottenen Soldaten, wie der Optio bestimmt einer war, verging bei diesem Anblick mit Sicherheit jede Art von Lust.

  • Der Umbonier setzte auf die Nachfrage der Gefangenen hin nur eine schlecht gespielte mitleidige Mimik auf, bevor er langsam aber sicher in ein Grinsen verfiel bei der zunehmenden Verzweiflung dieser Peregrina. Als jene dann allerdings ihren Oberkörper zu zeigen begann, verfinsterte sich seine Miene erneut.
    "Was zum Henker glaubst du, das du da tust, hm... Lupa?! Glaubst du, du bietest dich mir hier einfach mal so an in der Hoffnung frei zu kommen? Glaubst du, irgendwer von uns wird sich schon begeistern können für... dich?" Ein kurzes Momentum der Stille erfüllte den Raum. "Tja, falsch gedacht, du billige Hure! Wir sind hier nämlich genauso ehrenwerte Urbaniciani wie derjenige, der dich verhaftet hat! Und genauso wie er dich abgelehnt hat, genauso wirst du auch hier niemanden SO bestechen können!" Mit bitterbösem Lächeln lehnte sich der Optio zu Beroe. "Und nun? Tickst du jetzt auch wieder so aus, wie du vermutlich schon bei der Razzia ausgetickt bist? Und wirst du später nun ebenfalls behaupten, das wir uns hier an dir vergehen wollten? Ja, wirst du also ERNEUT schamlos lügen, um dein Verhalten zu rechtfertigen?" Stolz grinsend, denn er hatte wahrlich das Gefühl, dass er sie nun hatte, lehnte sich der Umbonius wieder zurück.


    "Genug damit!", ergriff Dives mit wenig begeistertem Gesichtsausdruck sodann abermals das Wort. Denn nicht nur, dass er diesem sich bietenden Anblick nur wenig Erfreuliches abgewinnen konnte, hatte er in der Tat mittlerweile auch beinahe mehr als genug gehört von der ganzen Geschichte dieser Beroe. Mit einem Ruck löste er sich von der Wand im Halbschatten, ging sodann einen, dann einen weiteren und hernach gar noch einen dritten Schritt langsam auf die Verhörte zu. Dort blieb er etwa zwei bis zweieinhalb Passus vor ihr stehen.
    "Du bist überführt.", stellte er sachlich neutral und trocken fest. "Und ich sage dir, das wird keine schöne Strafe, die dich für deinen tätlichen Angriff auf ein Mitglied der ehrenwerten Stadtkohorten erwartet." Er schüttelte bedauernd den Kopf und hielt einen Moment lang inne. "Aber hier ist der Deal: Ich entlasse dich trotzdem auf der Stelle aus diesem Verhör, setze dich auf freien Fuß und lasse dich gehen..." Denn offensichtlich hatte der betreffende Soldat, das Opfer ihrer Tätlichkeit, selbst bisher nur wenig bis keinerlei Interesse an einer Strafverfolgung Beroes gehabt (durchaus verständlich, wollte man sich als Soldat wohl kaum als Opfer des Angriffs einer einfachen Lupa darstellen) und würde es in der Folge wohl auch künftig kaum haben. Die angesprochene und damit indirekt angedrohte Strafe würde es daher ebenfalls kaum geben. Die Peregrina würde auch in Zukunft nur weiter auf Kosten des Staates und der Cohortes Urbanae mit Brot und Wasser versorgt werden; Kosten, die man sich mit dem 'Beweis' ihres Lügens über die Urbaner nun getrost auch sparen könnte. "... WENN du mir nur noch eine einzige Frage beantwortest - voll und ganz WAHRHEITSGETREU beantwortest.", betonte er eindringlich, dass sie hier nur mit der Wahrheit weiter käme, obgleich er selbst natürlich nur bedingt sofort überprüfen könnte, ob es die Wahrheit wäre, die Beroe nun von sich geben würde. Der Iulier trat noch einen weiteren Schritt auf die Verhörte zu und winkte seine beiden Untergebenen aus dem Zimmer, bevor er seine linke Hand auf den Tisch legte und sich zu Beroe herunter beugte, um ihr in die braunen Augen zu sehen. "WER... wer ist dieser Aulus?" Die Verhörzimmertür schloss sich hinter den beiden bis eben anwesenden Soldaten, sodass die (noch) Gefangene folglich allein war mit dem Tribun. "Ich will einen vollen Namen und wissen WER dieser Aulus für DICH ist oder war." Dives richtete sich auf und deutete anschließend mit der rechten Hand zur Tür. "Sprich die Wahrheit und du bist frei... auf der Stelle."

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    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Ganz gleich, wie sie reagiert hätte, stets wäre sie die Verliererin gewesen. Sie hatte von Anfang an keine Chance. So ließ sie schluchzend die Beschimpfungen über sich ergehen, während ihre Tränen unablässig die Wangen benetzten, bis sie sich an ihrem Kinn sammelten, größere Tröpfen bildeten und dann vom Stoff ihrer Tunika aufgesogen wurden, nachdem sie zu schwer geworden waren und sich unwiderruflich der Schwerkraft beugen mussten.
    „Ich habe nicht…“ versuchte sie immer wieder zu widersprechen, jedoch ließ ihr der Optio keine Möglichkeit, sich noch weiter zu rechtfertigen. Für ihn war sie Sache glasklar.
    Schließlich ließ sie jämmerlich heulend den Kopf hängen und schlug sich die Hände vors Gesicht. Dies war der Tartaros, aus dem es kein Entkommen mehr gab. Je mehr sie versuchte, sich aus seinen Fängen herauszuwinden umso verfahrener wurde ihre Situation. Sie konnte nicht mehr. Sie hatte keine Kraft mehr. Ihr Kopf schmerzte furchtbar und ihre Kehle schien ausgetrocknet zu sein. Es sollte einfach nur noch aufhören, damit sie sich wieder in ihre Zelle verkriechen konnte und dort wieder eins werden konnte, mit dem Gemäuer.


    Dann sprach der Tribun ein Machtwort. In der plötzlich aufkommenden Stille sah Beroe langsam wieder auf. Ihre Augen waren ganz verquollen. Schiefend wischte sie sich wieder die Tränen fort, als er zu ihr sprach und ihr mit einer „schönen“ Strafe drohte. Aber was konnte denn noch schlimmer sein, als das, was sie bisher erlebt hatte? Dennoch ließ sie diese Drohung nicht gleichgültig, denn sie ahnte, mit welcher Kreativität man daran gehen würde, diese Strafe zu vollstrecken.
    Doch dann, wie aus heiterem Himmel, schlug der Tribun einen Deal vor. Beroe traute ihren Ohren nicht. Sie schaute ganz ungläubig drein. Das war bestimmt wieder nur ein mieser Trick, um sie noch tiefer in die Scheiße zu reiten. „Einen Deal?“ Ihr Misstrauen wuchs und wuchs. Gerade eben noch hatte er mit schwerer Strafe gedroht und nun wollte er sie freilassen, wenn… ja was wenn? Er fuhr fort und nannte seine Bedingung. Eine einzige Frage sollte sie ihm beantworten… wahrheitsgetreu. Und so wie er sich ihr gegenüber gab, hatte er genügend Möglichkeiten, um nachzuprüfen, ob sie auch die Wahrheit sagte. Er kam noch näher an sie heran, dann schickte er seine beiden Begleiter hinaus. Beroe sah ihnen noch nach und war in gewisser Weise erleichtert, vorerst einmal den Optio los zu sein.
    Der Tribun sah ihr in die Augen und stellte seine Frage. Er fragte nach Aulus. Die Augen der Lykierin weiteten sich. Aulus? Woher wusste er von Aulus? Sie war völlig von der Rolle gewesen, als sie in höchster Not seinen Namen geflüstert hatte. Und der Tribun musste das mitbekommen haben! Nun wollte er seinen ganzen Namen hören. Als Beroe nicht sofort antwortete, wiederholte er seine Frage noch einmal. Um sein Angebot noch einmal zu bekräftigen, deutete er zur Tür. Ebenso wanderten Beroes Augen vom Tribun hin zur Tür. Es war so einfach. Sie musste nur seinen Namen preisgeben. Was hatte sie denn noch zu verlieren? Sollte der Iunier doch mit den Konsequenzen klar kommen. Schließlich hatte er sich nicht um sie gekümmert und sie hier vergammeln lassen. Andererseit aber sie hatte es ihm doch versprochen, Stillschweigen zu bewahren. Und sie liebte ihn doch noch immer…
    „Aulus Iunius Avianus,“ sagte sie endlich mit tonloser Stimme. „Er ist… er war mein… Geliebter.“

  • Dives drehte sich zur Seite weg und lehnte sich mit seinem Gesäß an den Verhörtisch, den Blick in Richtung Tür, allerdings eher überlegend auf den Boden gerichtet. Ein Iunier... und eine Peregrina... eine Lupa. Nein, das wollte ihm nicht so recht in seinen Kopf gehen. Wie und warum konnte man..? Andererseits war er selbst wohl keinen Deut besser. Wo die Liebe eben hinfällt, sagte man weitläufig. Der Iulier schüttelte den Kopf und versuchte sich seine in eine unbequeme Richtung abschweifenden Gedanken damit zu vertreiben.
    "Wache!", rief er in forderndem Befehlston.


    "Miles Cesellius Ursus, II. Centuria der XII. Cohors Urbana, zu Befehl!", stand ein junger Soldat, gleich dem Tribun in etwa um die 25 Jahre jung, kurz darauf stamm in der Tür.


    "Unser... 'Gast' hier", deutete Dives auf Beroe, "hat sich entschieden, heute auszuchecken. Bring sie noch sicher aus den Castra und setz sie an der Porta Decumana * dann wieder auf freien Fuß.", befahl der Tribun. Denn das Haupttor, durch das hohe Gäste und auch das Gros der sich freiwillig beim Militär Verpflichtenden das Lager betraten und verließen, sollte von dem doch in den Augen des Iuliers eher heruntergekommenen Eindruck der Peregrina nichts erfahren. Das wäre keine schöne Werbung.
    "Vale.", wünschte er der Freigelassenen letztlich lapidar zum Abschied, bevor er den Raum zurück in Richtung seines Officium verließ. Für den heutigen Tag hatte er definitiv genug vom Urbanergefängnis...


    Sim-Off:

    * Ich habs mir mal gespart einen extra Porta Decumana-Thread anzulegen. Ich hoffe, du findest auch so zurück in die Freiheit. ^^

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  • Beroe starrte ins Nichts. Wie tief konnte man denn noch sinken? In dem Moment, als sie Avianus´ Namen über ihre Lippen gebracht hatte, hatte sie nicht nur ihn verraten. Nein, sie hatte all das, was sie für ihn empfunden hatte, verraten… nur um dann aus diesem finsteren Loch herauskriechen zu können und um dann feststellen zu müssen, dass es nichts mehr gab da draussen. Sie verabscheute sich selbst dafür. Dennoch riss die erschrocken die Augen auf, als der Tribun nach der Wache rief. Zu tief saß ihre Angst und zu groß war ihr Misstrauen gegen jeden.


    Ein junger Urbaner erschien daraufhin. Beroes Herz schlug schneller und schneller. Doch der Tribun hielt Wort und ließ sie tatsächlich gehen. Gänzlich verwundert sah sie sich um, ob sie nicht doch einer Finte aufsaß. Aber nein, sie durfte wirklich gehen. Zögerlich erhob sie sich, weil es noch immer nicht richtig glauben konnte. „ Äh, vale“, entgegnete sie verhalten und folgte dem jungen Soldaten, der sie zum Hintertor brachte und dort entließ.


    Sim-Off:

    Klar doch! :D Macht's gut, und danke für den Fisch!:wink:

  • Avianus betrat den Verhörraum, ein mäßig gut ausgeleuchteter Raum ohne Fenster und ausgestattet mit lediglich dem einen oder anderen Hocker und einem Tisch. Hinter ihm wurde Sarah durch die Tür geschoben. Sie, die die letzten Nächte, seit sie bei ihm in der Castra aufgekreuzt und anschließend im Carcer gelandet war, in einer leeren und noch sehr viel stickigeren, dunkleren Zelle verbracht hatte, könnte den Raum vielleicht sogar als angenehm empfinden … wenn da nicht das bevorstehende Verhör wäre, vermutlich. Er würde sie zum Reden bringen, da war er sich sicher. Er musste es, wenn er abschließen wollte mit Trans Tiberim und diesen verfluchten Christianern. Aber er wusste aus Erfahrung, fast jeder redete irgendwann, jeder hatte irgendwo eine Schwachstelle oder eine Grenze, nach der er, war sie einmal überschritten, nicht mehr ertragen konnte und aufgab. Und er hatte einige Ideen im Hinterkopf, sodass er sich sicher war, sie würde ihm alle Informationen liefern, die er brauchte, und wenn er sich dafür ihren Christianer-Freund zunutze machen musste, den sie verlaust und abgemagert in einer der Zellen wiedergefunden hatten.
    Er bedeutete dem Soldaten, sie auf den Hocker zu setzen, der beim Tisch stand, und ließ sich selbst auf dem gegenüberliegenden Hocker nieder.
    "Ante diem V KAL IUL DCCCLXV A.U.C., Verhör der Christianerin Sarah, Mitglied einer aufrührerischen Gruppe Christianer in Trans Tiberim …", murmelte er unbeteiligt vor sich hin, notierte sich dabei die wichtigsten Daten auf einer Tabula und sah wieder auf, direkt zu Sarah, die nun auf der anderen Seite des Tisches saß.
    "Nun ... wie geht es dir, Sarah?", fragte er eher rhetorisch, "Ich muss mich vermutlich nicht lange vorstellen, …" Ebenso wusste er bereits gut genug über sie Bescheid. Nein, er würde lieber zur Sache kommen. "... und weißt du, weshalb du hier bist? Bestimmt ist dir doch klar, dass ich dich unmöglich gehen lassen konnte. Du wolltest nicht kooperieren ... nein, du wolltest dich sogar aus dem Staub machen und hast damit ein Risiko dargestellt. Wie auch immer ... ich denke wir wissen beide worum es hier geht, oder? Du und die anderen Christianer, ihr haltet doch regelmäßig Versammlungen ab, soweit ich weiß ..."

  • [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Man hatte Sarah in ein stickiges feuchtes dunkles Loch gesperrt, welches sie sich lediglich mit ein paar Ratten teilte. In der Dunkelheit hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Doch diese Stunden und Tage, die Schlimmsten in ihrem Leben waren, schienen endlos zu sein.
    Anfangs hatte sie noch geschrien und mit ihren Fäusten gegen die Tür geschlagen. Allerdings waren all ihre Bemühungen umsonst gewesen, weshalb ihr Protest bald zu einem Klagen wurde und, bevor es gänzlich erstarb, ein Wimmern wurde.
    In ihrer Verzweiflung hatte sie zu ihrem Gott gebetet, er möge sie doch erlösen und ihr vergeben. Sie wusste, sie hatte durch ihren Verrat, Schuld auf sich geladen.
    Nichts aber geschah, bis sich irgendwann dann doch die Tür wieder öffnete...


    Ein Urbaner trat auf sie zu und zerrte sie aus ihrer Zelle. Erneut begann sie zu bitten und betteln, man möge sie doch gehen lassen, als man sie zum Verhörraum brachte. Eigentlich hatte der Soldat sie mehr dorthin schleifen müssen, da sie immer noch Widerstand leistete und keinen einzigen Schritt freiwillig machen wollte.


    Im Verhörraum wurde sie bereits erwartet. Man konnte sich sicher unschwer vorstellen, wie Sarah sich fühlen mochte, als sie den Centurio wieder sah, der ihr das alles hier eingebrockt hatte. Ihre Wut war wieder präsent, wie an jenem Abend, als er sie festgenommen hatte. Und die junge Christianerin dachte erst gar nicht daran, es weder ihrem Bewacher noch dem Centurio einfach zu machen. Sie dazu zu bewegen, auf dem Hocker Platz zu nehmen, kostete enorm viel Mühe.


    Der Centurio begann sei Verhör, was Sarah aber dazu veranlasste ihn nicht weiter zu beachten. Er hatte sie getäuscht! Vom ersten Moment an, als sie ihn zum ersten Mal in der Taberna in Trans Tiberim gesehen hatte.
    Seine erste Frage nach ihrem Befinden klang in ihren Ohren wie purer Hohn. Wie sollte es ihr den gehen? Ihr Äußeres war verdreckt und ihr Haar wirr. Das alles sprach doch schon für sich!
    „Ich wollte einfach nur gehen, nachdem ich freiwillig zu dir kam!“, korrigierte sie ihn. „Ich wollte dir helfen, nur diejenigen auszuschalten, die uns schaden. Doch du wirst da keinen großen Unterschied machen. Ist es nicht so?! Von mir wirst du kein Wort mehr hören!“

  • Die Hand des Miles, der sie in den Verhörraum gezerrt und auf dem Hocker zum Sitzen gebracht hatte, ruhte noch immer auf Sarahs Schulter, und übte bei jeder Bewegung, die sie machte, Druck aus. Avianus schnaubte kurz verächtlich als sie ihm widersprach und beugte sich, sich auf seine Hände stützend, über den Tisch hinweg zu ihr hinüber.
    "Dann hättest du uns verdammt nochmal sagen oder zeigen sollen, wo sie sich treffen! Anstatt verschwinden zu wollen!" Verlogenes Pack, allesamt. Er bezweifelte nicht einmal, dass sie zu Beginn hatte helfen wollen, doch was sollte man von einer jungen, naiven, verunsicherten Christianerin erwarten? Sie hatte es mit der Angst zu tun bekommen, und kurzerhand ihre Meinung geändert … so war es doch. So jemanden konnten sie wohl kaum auf freien Fuß setzen, abgesehen davon, dass Sarah nur ein weiterer Beweis dafür war, weshalb es ohnehin besser wäre, gleich alle Mitglieder ihrer Gemeinschaft loszuwerden.
    "Kein Wort mehr also?! Du beweist mir lieber, dass du tatsächlich noch auf unserer Seite stehst, sonst wird es hier ganz schnell ungemütlich!", fuhr er sie an und blickte sie dabei eindringlich an, "Nicht nur für dich!" Er erhob sich, sah hinüber zu dem zweiten Miles, der sich noch im Raum befand und deutete mit einer flüchtigen Geste zur Tür. "Bringt ihn herein!", befahl er.
    Der Miles nickte, verschwand aus dem Raum und kehrte wenig später mit jenem Christianer zurück, der in seiner Gemeinde einmal als Evander bekannt gewesen, von dem inzwischen aber nicht mehr als ein Häufchen Elend übrig geblieben war. Wochen und Monate im stickigen Carcer mit knapper Nahrung und ohne wirkliches Licht hatten ihre Spuren hinterlassen. Als Evander von dem Miles und einem weiteren Kameraden, der eine Peitsche mit sich führte, in den Raum geschleift wurde, wurde der Griff an Sarahs Schulter erneut fester. Avianus' Kiefer spannte sich unterdessen an, denn der Anblick ließ auch ihn nicht ganz kalt. So oder ähnlich musste es Sibel ergangen sein, als sie über Wochen hinweg im Carcer eingesperrt gewesen war. Dieser Mann allerdings hatte es verdient, sagte er sich selbst. Einen Urbaner wollte er töten, einen seiner besten Männer und ertrug nun eben die Folgen seines Handelns. Verrückt musste jemand sein, der mit ihm Mitleid hatte.
    "Bindet ihn fest."
    Der junge Miles verzog kurz das Gesicht, nickte aber erneut. Während der Körper des Christianers durch Fesseln und im Mauerwerk befestigte Eisenringe gestreckt wurde, beobachtete der Iunius Sarahs Reaktion.
    "Ich will wissen wo ihr euch versammelt, Sarah."

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