Decima Valeria

  • Valeria starrte ihn verdattert an. Hatte er eben...Obstessen gesagt? Sie blinzelte, doch das Wort klang noch immer in ihren Ohren nach. Und dann begriff sie, was er meinte, und musste lauthals lachen. Ihre glockenhelle Stimme hallte durch das Cubiculum und sicher noch durch die Tür hindurch, ehe sie sich fast verschluckte, weil Maximian sie mit der Weintraube an der Nase kitzelte.


    "He", brachte sie halb erstickt vor, weil sie noch immer kicherte.
    "Obstessen, was? Und das soll ich dir abnehmen?"


    Sie zwinkerte ihm zu und schnappte ihm die Weintraube aus der Hand. Schnell kaute und schluckte sie sie herunter und fiel dann Maximian, der momentan schließlich kleiner war als sie, um den Hals. Das musste man natürlich ausnutzen.


    "Ich liebe dich", sagte sie dann wieder ernst und leise. Sie hatte sich beruhigt und drückte ihm ein Küsschen nach dem anderen auf sein Gesicht, küsste die Augenlider und die Nasenspitze, die Mundwinkel und das Kinn. Und dann langte sie bei seinen Lippen an und versank in einem innigen Kuss mit Maximian, ihrem Cousin. Valerias Arme umschlossen den jungen Decimus und würden ihn wohl so schnell auch nicht wieder loslassen.

  • Maximian stimmte leise in Valerias Lachen ein. Er war viel zu beschäftigt, jede ihrer Regungen in sich aufzunehmen, bis sie nur noch kicherte und ihn scheinbar gar nicht überzeugt fragte, ob sie das hatte überzeugen sollen. Er lächelte vielsagend und als Valeria ihm die Traube wegschnappte, blieben seine Augen an ihren Lippen hängen, die immer näher kamen und ihm schließlich viele kleine Küsschen aufs Gesicht hauchten.
    "Ich liebe dich", hatte sie gesagt und es war wie als würden die letzten Wochen durch diese drei kleinen Wörter einfach weggewischt. Drei kleine Wörter, die alles so einfach unter dem Nenner zusammenfassten und ihm einen wohligen Schauer über den Rücken fahren ließen.
    "Ich weiß...", erwiderte er nur grinsend, während ihre Küsschen sich endlich getrauten, seine Lippen aufzusuchen, um sich in einem langen, leidenschaftlichen Kuss mit ihnen zu verbünden.


    Und nein, dass sie ihn erst einmal nicht losließ, würde ganz bestimmt so schnell nicht wieder passieren...


    Einige Trauben und innige Küsse später:


    Valeria lag neben ihm, wie sie die Götter erschaffen hatten. Ihre Brust hob und senkte sich verschnaufend, ihre blondes Haar war wirr und leicht verklebt, aber der Ausdruck auf ihrem Gesicht glich dem eines Engels. Und das war sie auch... für ihn.
    Sie waren freilich nicht auf der Kline geblieben, sondern waren irgendwann auf das doch beträchtlich größere Bett ausgewichen, in dem sie das beiläufige Ziel, die Decken komplett durcheinander zu bringen, durchaus erfolgreich erzielt hatten. Noch dazu zierten den Boden einige Kleidungsstücken oder verunglückte Obststücke, sodass man davon ausgehen konnte, dass hier nach allen Regeln und Verboten geliebt worden war.


    Er seufzte glückseelig und stemmte den Kopf auf einen Arm, während er ihr eine goldene Strähne aus dem Gesicht strich und leicht schmunzelnd den Kopf schüttelte, während seine zittrigen Finger Valerias Wange streichelten.
    "Was tun wir hier nur?"

  • Valeria sah denjenigen Mann an, der ihr Herz gestohlen hatte und der es wohl auch für immer behalten würde. Ihr Atem ging noch rasch und obwohl sie diesmal nicht das gleiche Glücksgefühl wie damals in Tarraco verspürt hatte, so fühlte sie sich dennoch geliebt und ausgeglichen. Maximian war ein guter Liebhaber und sie sehnte sich bereits jetzt wieder ein baldiges gemeinsames Erlebnis herbei, doch fürs Erste reichte auch Maximians pure Anwesenheit vollkommen aus.


    Er lag auf der Seite und strich ihr die Haare aus dem Gesicht, was Valeria dazu veranlasste, sich näher an ihn zu kuscheln und die Augen wieder zu schließen. Sie sog seinen - nun wieder recht salzigen - Geruch ein und seufzte wohlig, während ihre Fingerspitzen wie zufällig über Maximians Seite strichen.


    "Das, was uns Venus befiehlt", hauchte sie an seinen Hals und setzte einen Kuss hinterher.

  • Zuerst benetzte warme Luft, dann warme Haut seinen Hals mit einem Kuss, der Maximian diesen Moment lang die Augen schließen ließ. Ja, Venus. Jene Göttin, gegen deren Wirken Waffen sinnloser waren noch als Worte. Der junge Mann ertappte sich dabei, wie er im Weiteren daran zweifelte, dass die Göttin der Liebe, die als eine wahre Schönheit beschrieben wurde, annähernd so schön sein konnte, wie es Valeria war. Träger noch fragte er sich mit verschwommenem Blick durch nur leicht geöffnete Lider, ob sie es nicht war. Venus, díe neben ihm lag. Er war so wehrlos gegen sie, brach mit jeder Minute, die verstrich, ein weiteres Versprechen, das er seinem Vater oder sonst wem gegeben hatte... Nur um bei ihr zu sein, ihren süßlichen Geruch zu vernehmen, sie glücklich zu machen.
    Allmählich schlug er die Augen wieder auf und wanderte mit seinen Lippen einen Weg von der Wange hinauf zu ihrem Mund, um ihn mit einem Kuss zu bedecken. Das Streichen ihrer Finger rief schon beinahe eine Gänsehaut hervor.
    "Dann soll es so sein. Wochenlang hatten die Götter Zeit gehabt, uns einen anderen Weg aufzuzeigen, um uns ein Wiedersehen zu verwehren. Aber sie führten mich nach Rom und dich in die Casa Decima."
    Genau in diesem Moment war es, als Maximian den Entschluss fasste, vor allen, die es ihnen nicht gönnen wollten, gerade zu stehen und ihre Liebe zu verteidigen. War das vor Meridius, Iulia, Livianus oder wer sich da noch würde in den Weg stellen wollen.
    Maximian griff in eine Schale, die mit Feigen gefüllt war und unweit des Bettes auf einem Schemel stand. Er nahm eine der Früchte, biss hinein und genoss den Geschmack, der sich in seinem Mund ausbreitete.
    "Wir könnten heiraten", sagte er kauend und sah Valerias geschlossene Augen an.

  • ....die in diesem Moment aufflogen und von einem Gesichtsausdruck begleitet wurden, der stark daran zweifelte, ob Maximian noch ganz bei Trost war. Valeria starrte ihn einige Herzschläge lang nur verdattert an, ehe sie überhaupt zu irgendeiner Regung, zu irgendeinem Gedanken fähig war. Hatte Maximian gerade von Heirat gesprochen?


    Sie holte Luft, weil sie im Übrigen vergessen hatte, überhaupt zu atmen, und starrte noch immer. Dann zuckten ihre Mundwinkel und die Lippen formten sich zu einem unsicheren Lächeln. Valeria zwang sich dazu, etwas zu lachen, doch es klang nicht gerade überzeugend und passte desweiteren auch so gar nicht zu ihrer plötzlichen Unsicherheit. Sie starrte Maximian noch immer an und konnte nicht glauben, was er da sprach. Heirat? Also....Bündnis? Ehe?


    Kurz kam ihr der aberwitzige Gedanke, dass der Schlag auf den Kopf damals vielleicht doch schlimmere Nachwirkungen als den kurzfristigen Gedächtnisschwund verursacht hatte, doch dann bemerkte sie Maximians Ausdruck und ihr war nicht mehr nach lachen zumute. Ein Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus, das so vollkommen anders als jenes war, was sie noch wenige Minuten zuvor verspürt hatte. Sie fühlte sich schwach und hätte sie gestanden, hätte sie sich womöglich an Maximian festhalten (oder ihm schlicht um den Hals fallen) müssen. Ihre Stimme zitterte, als sie schließlich doch so etwas wie Worte herausbrachte.


    "Das....das ist nicht dein Ernst?"


    Trotzdem schwang eine gewisse Freude mit, Obwohl sie genau wusste, dass es kein Antrag war.

  • Na wenn das kein Blick für die Götter war, den Valeria da urplötzlich auf ihr wunderschlnes Gesicht brachte. Beinahe hätte er sich an der Feige verschluckt, konnte das aber vermeiden und ließ sich nicht auf diese unscheibare Starrherausforderung ein. Nein, viel lieber blinzelte er seine Geliebte mit eher nichtssagender, ernster Miene an und wartete auf weitere Regungen, wie zum Beispiel auch die Atmung, die er schon vermisst hatte... Liebendgern hätte er gewusst, was hinter ihrer Stirn vor sich ging, bis sie endlich aber zitternd etwas sagen konnte.
    Doch ehe er antwortete, steckte er sich die restliche Feige in den Mund und kaute einige Augenblicke lang nachdenklich. Natürlich war das sein voller Ernst gewesen, andernfalls wäre er wohl gar nicht erst auf die Idee gekommen. Sie würden zwar noch etwas warten müssen und noch einige Hürden überwinden - aber ja, es war sein ernst und er nickte.
    Dennoch erschienen kleine Denkerfältchen auf seiner Stirn, während er Valeria so betrachtete.
    "Du bist doch nicht anderer Meinung?", wollte er sich vergewissern.

  • Ihr Herz schien auszusetzen, als der Herr sich erst noch den Rest seiner Feige in den Mund schob und uuuuuunendlich lange darauf herumkaute, ehe er überhaupt etwas sagte. Und dann nahm sein Gesicht einen ernsten, beinahe feierlichen Ausdruck an, als er mit seinen Worten indirekt deren Wahrheitsgehalt bestätigte.


    Ein seltsamer Ton entfurh Valerias Kehle; etwas zwischen einem Jauchzen und einem Geräusch, dass eine ungeölte Tür verursachte. Zeitgleich sprang sie regelrecht auf und warf Maximian um, so freute sie sich. Die Decima drückte einen dicken Schmatzer auf Maxens Mund und strahlte ihn an.


    "Und das meinst du ehrlich? Also...ganz ohne schmuhlen? Oh, bei den Göttern, Maximian! Das wird Meridius nie und nimmer erlauben, ich meine....."


    Sie sprudelte wie ein Wasserfall und sah Maximian dann schuldbewusst an.

  • Dieses Geräusch, das sich da Valerias Kehle entrang, hätte Vorwarnung genug sein sollen. Aber nein, Maximian ahnte nichts und war so völlig unvorbereitet, als Valeria aus heiterem Himmel aufsprang, ihn auf den Rücken schubste und ihm im gleichen Moment auch schon einen deftigen Schmatzer auf den Mund drückte.
    Dann hatte er genug Gelegenheit amüsiert leise zu Glucksen, als Valeria scheinbar immer noch total überrascht in Aufregung geriet. Das wartete er beinahe schon gekonnt einfach ab, bis Valeria schließlich ganz von selbst verstummte und rappelte sich dann ein Stückchen auf, um nicht so platt auf dem Lager zu liegen. Meridius, wohl wahr, würde ein erhebliches Problem darstellen auf dem Wege dorthin, doch war es erst einmal an der Zeit, würde auch er sich sicherlich bereit erklären. Von daher konnte der junge Mann die Zweifel der jungen Frau durchaus verstehen.
    Mit zwei Fingern fuhr er sich über die Mundwinkel.
    "Ich hatte nicht gedacht, dass dich das so aufregen würde. Aber ja, es ist mein Ernst, ganz ohne Schmuhlen", wiederholte er schmunzelnd Valerias Worte ohne auf die Gegenwehr seines Vaters einzugehen, wobei er ihr ihre blonden Haare hinters Ohr strich - wohl in dem Wissen, dass es dort nicht bleiben würde, falls Valeria weiterhin derart aufgeregt bleiben würde.

  • Sie lächelte schuldbewusst und zuckte mit den Schultern. Noch einmal atmete sie tief ein und aus, dann legte sie sich zurück zu Maximian und bettete den Kopf auf seine Schulter.


    "Ach Maximian...ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich meine...das ist so.... Als ob du in meinen geheimsten Wünschen einfach so lesen könntest wie in einem offenen Buch. Es wird nicht funktionieren, ich weiß. Es wird immer etwas geben, das uns die Gemeinsamkeit verwehrt. Ich bin deine Cousine und wenn nicht der pater familias, so wird Fortuna dagegen sein, dass wir uns lieben. Ich weiß es trotzdem zu schätzen, dass du mir das vorschlägst... Und ich liebe dich dafür, auch wenn ich vielleicht zu schwarzseherisch klinge."


    Sie seufzte tief und schmiegte sich enger an ihn. Es war wirklich zu schön um wahr zu sein. Maximian hatte sie nicht gefragt und nicht um ihre Hand angehalten, trotzdem hatte er darüber nachgedacht. Wollte er sich absichern, indem er sie fragte, was sie zum Thema heirat sagen würde? Nein, sicher nicht. Maximian würde nicht einfach anfangen, von etwas zu reden, dass nicht durchdacht war....oder doch?


    Valeria fiel wieder auf, wie wenig sie ihn bisher einschätzen konnte. Sie nahm sich vor, so oft mit ihm zusammen zu sein wie es ging, ohne ihn jedoch ersticken zu wollen. Sie liebte es, mit ihm Schabernack zu treiben - und sie liebte es auch, von ihm geliebt zu werden. Kurzum, sie liebte ihn einfach.


    Und selbst wenn eine Heirat nicht gestattet werden würde, konnte der pater familias daran rein gar nichts ändern.
    Mit diesem Gedanken und einem glücklichen Lächeln auf den Lippen schlief sie ein.

  • Als sie sich wieder zu ihm legte, schlangen sich seine Arme um sie und hielten sie fest, während ihm kein Wort über die Lippen kam, als Valeria ihren Gedanken freien Lauf ließ. Seine Nase hatte er in Valerias Haar gedrückt, doch die Augen richteten sich auf die Wand und fixierten einen nicht existerenden Punkt, denn je weiter Valerias Gedanken gingen, desto nachdenklicher wurde der junge Mann.
    Tausende von Einwendungen, aber auch viele Beipflichtungen flogen durch seinen Kopf. Er sah fremde Männer und Frauen, denen es auch nicht verwehrt worden war die Ehe zu schließen, nur weil sie nahe Verwandte waren. Dennoch hörte er Iulias Empörung und Meridius Enttäuschung, sah das geschockte Ebenbild seines Großvetters und musste daran denken, was in der nähsten Zeit alles passieren würde. Sein Geburtstag. Einige Wochen Unterricht vielleicht noch, dann aber früher oder später der Eintritt in die Legion. Und diese befand sich momentan und wohl auch noch eine Weile in Germania. Er würde weit, weit weg sein von Tarraco, ja selbst von Roma.


    Für diesen Moment waren das sicherlich viel zu viele Gedanken, sodass Maximian träge blinzelte und seinen Kopf nach hinten rutschen ließ, um die Decke anzustarren.
    Dass Valeria bereits eingeschlummert war, vernahm eran der Art wie sie atmete. Ganz ruhig und gleichmäßig und an ihn gekuschelt, als hätte sie nie eine Nacht ohne ihn verbringen müssen. Ihr ungläubiges Gesicht von eben entlockte dem Decimus ein zufriedenes Schmunzeln und so hob er den Kopf nochmal an, um Valeria einen Kuss ins Haar zu setzen. Der Frau, wegen der er Iulia vergessen hatte. An die er immerzu gedacht hatte, während er wochenlang Zeit gehabt hätte, eine neue Bekanntschaft zu machen, damit er es in Zukunft leichter haben würde. Cousine hin oder her, er fühlte sich zu ihr mehr hingezogen, als er es je bei einer anderen gewesen war.


    Leise seufzend sah Maximian wieder die schlafende Valeria an. Um böse Überraschungen zu vermeiden, würde er in sein Cubiculum wechseln - sicher war sicher. Dazu nahm er ihren Kopf ganz vorsichtig von seiner Schulter und bettete ihn auf dem Lager, ehe er ihr sanft noch eine Strähne aus der Stirn fischte und seine Lippen auf ihre Schläfe setzte. Dann rappelte er sich, darauf bedacht, die Schlafende nicht zu wecken, auf und nahm eine zu Boden gewurschtelte Decke, um Valerias Körper damit zu bedecken, auf dass sie nicht frieren würde. Er selber suchte sich auf blanken Sohlen seine Tunika, zog die sich schnell über, und den Lendenschurz, den er sich ebenfalls schnell ummachte.
    Mit einem letzten, sehnsüchtigen Blick auf die schlafende Schönheit, verließ Maximian alsdann ihr Cubiculum und schlich sich hinüber in seines.

  • Sie spielten im Garten, der kleine Mann und seine Schwester. Der Junge war um die elf, das Mädchen erst sieben; und während er mit seinem Holzschwert imaginäre Soldaten zerstückelte, pflückte sie Blumen und flocht einen Krankz daraus. Valeria saß dort ung beobachtete sie. Eine Sklavin kämmte ihre Haare. Sie war wieder in Tarraco. "Ist es nicht schön, Maximian?" sagte sie traurig und wandte sich um. Doch dort saß kein Maximian. Um genau zu sein, stand dort eine Büste, die Maximian ähnlich sah. Und Valeria redete mit ihr. Da kam das Mädchen angelaufen, in den Händen einen fertigen Kranz auf bunten Blumen, den sie der Büste auf den Kopf legte. "Schau mal, Mama, jetzt sieht Papa viel schöner aus!" rief es. Valeria musste die Tränen unterdrücken und hauchte ein Ja.
    Maximian war einen Monat zuvor gefallen.


    Valeria schreckte aus dem Schlaf hoch und sah sich erschrocken um. Warum träumte sie das? Und...wo war Maximian? Inzwischen schien die Sonne durchs Fenster, doch er war fort. Valeria seufzte und beschloss, noch einen Moment im Bett liegen zu bleiben und die Wärme zu genießen. Maximian hatte sie wohl zugedeckt und war dann gegegangen. Aber warum hatte sie diesen Traum gehabt? War es ein Omen? Und...würden das ihre Kinder sein? Sie schloss die Augen und erhib sich einen Moment später. Valeria stand auf und kleidete sich an, dann blickte sie sich grinsend im Zimmer um. Wenn Fannia es wieder herrichtete, würde sie sich ganz sicher denken können, was hier passiert war.


    Valeria machte sich frisch und verließ dann das Zimmer, um zum Ara ein Stockwerk tiefer zu gehen und zu beten.

  • Valeria betrat das Cubiculum. Lange war es her, dass sie hiergewesen war; und doch war ihr alles noch vertraut. Sie seufzte tief und setzte sich in einen Korbsessel. Eigentlich lag sie mehr darin, als sie saß. Schon bald (sie wollte eigentlich nur etwas dösen) fielen ihr die Augen zu und sie glitt in einen leichten Schlaf.

  • Einige Minuten nachdem Ganymed sich zur Küche aufgemacht hatte und dort nach einer längeren Diskussion mit der Köchin endlich ein Tablett mit Essen in der Hand hatte, kam zu dem Cubiculum von Valeria. Mit einer Hand hielt er das Tablett, mit der Anderen klopfte er sachte an der Tür. Er blieb stehen und lauschte, ob er ein 'Herein' hörte, dann öffnete er leise die Tür und spähte hinein. Mit dem Tablett schlüpfte er in das Zimmer und grinste breit, als er Valeria auf dem Sessel eingeschlafen sah.


    Lächelnd stellte er fast lautlos das Tablett auf einem Tisch ab und ging zum Bett. Dort nahm er eine Decke und faltete sie auseinander. Ganz sachte breitete er die Decke über Valeria aus. Dann machte er einen Schritt rückwärts, betrachtete sie jetzt unverhohlen neugierig. Er warf einen Blick auf das Essen und ließ es stehen, für den Fall, dass Valeria hungrig erwachen würde. So versuchte er sich wieder auf leisen Sohlen aus dem Zimmer zu schleichen.

  • Spätestens die Decke, die jemand über sie breitete, bemerkte die nicht sehr tief schlafende Valeria dann doch. Sie bewegte sich nicht, als Ganymed sich wieder entfernen wollte, sondern sagte nur etwas.


    "Ganymed? Bleib doch einen Moment hier", bat sie und setzte sich nun doch auf. Dunkle Ränder lagen unter ihren Augen und sie fühlte sich einfach nur müde. Eine Strähne ihres Haares kringelte sich auf ihrer Wange und ließ sie jünger erscheinen, als sie eigentlich war. Sie ächzte leicht und griff dann nach den Trauben, die Ganymed unter anderem gebracht hatte. Hunger hatte Valeria nämlich auch; und das nicht zu knapp. Ihre Lösung wäre es gewesen, im Schlaf zu essen, aber das war ja nun einmal nicht möglich.

  • Erschrocken drehte sich Ganymed um. Eigentlich hatte er Valeria tiefschlafend gewähnt. Doch so zuckte er mit der Schulter und grinste schief. "Natürlich, Herrin!" meinte er und kam wieder zu ihr zurück. Er ging zu dem Tablett und hob die Oberschale von einem Schälchen weg, worunter ein dampfender Eintopf zum Vorschein kam. Er goß ihr auch stark verdünnten und gewürzten Wein ein und sah sie fragend an. "Ich hoffe, das ist Euch recht so?"

  • Valeria machte große Augen, als sie den heißen Eintopf sah; und ohne dass sie es verhindern konnte, knurrte ihr Magen schrecklich laut. Sie errötete etwas und nickte schließlich hastig.
    "Ja, danke...mmh...der duftet ja lecker..."
    Sie ließ Trauben Trauben sein, nahm die kleine Schale mit der Suppe darin und begann zu essen.
    "Wirklch gut", meinte sie dann und deutete auf die Suppe, die sie wie eine hungrige Wölfin aß. Ob das immer so war, dass schwanger sein zugleich auch Heißhunger bedeutete? Sie zwang sich, langsamer zu essen, ehe ihr schlecht wurde, und sah Ganymed an.
    "Setz dich doch. In Gesellschaft isst es sich besser. Magst du vielleicht auch etwas haben? Das schaff ich sowieso nicht alles, du kannst gern etwas abhaben", sagte sie.

  • Ganymed grinste und setzte sich auf einen Schemel. Irgendwie erstaunte ihn diese Familie immer wieder, besonders die hispanischen Vertreter. Das war nun schon das zweite Mal, dass er zum mitessen eingeladen wurde aus diesem Familienzweig. Lächelnd beobachtete er, dass es Valeria wohl zu schmecken schien.


    Neugierig sah er sie wieder an und stützte sich hinten mit seinen Händen ab. "Seid Ihr die Tochter von Senator Meridius?" fragte er sie. Dass sie die neue Frau des Senators war, bezweifelte Ganymed kurz, aber man konnte nie sicher sein. Manche Männer hatten ja gerne sehr junge Frauen. Aber mit seiner Frage war er auf jeden Fall eher auf der sicheren Seite, befand er. Außerdem wußte er auch nicht so genau, ob jener überhaupt schon seine Verlobte geheiratet hatte. Diese Verwandschaftsverhälnisse im Hause Decima waren ihm da auch viel zu kompleziert.

  • Valeria hielt kurz inne und sah Ganymed verwundert an. Dann lachte sie und schüttelte den Kopf.
    "Nein, ich bin seine Nichte. Also, die Tochter des..."
    Ach du Schreck! Wie hatte denn der Mann noch einmal gehießen? Valeria schluckte und hustete kurz, um sich mehr Zeit zu verschaffen, dann sprach sie weiter.
    "...des Praetorianus."
    Sie sah Ganymed kurz aufmerksam an und fragte sich, ob er wohl wusste, wer das war. Schließlich war er schon vor einiger Zeit gestorben und davor war er lange Zeit fort gewesen. Sie aß weiter und wiederholte nebenbei ihre auffordernde Geste.
    "Nur zu", murmelte sie.

  • Etwas zögerlich nahm Ganymed einen Traubenzweig und spielte mit diesem in seiner Hand ehe er eine Traube aß. Die Trauben waren zwar noch ganz gut, aber nicht mehr so wirklich frisch und saftig wie noch vor ein paar Monaten.


    "Ist das nicht Romanus Vater gewesen? Dann seid ihr Romanus Schwester?" Ganymed lächelte, ehe ihm etwas einfiel. "Oh, Euer Vater ist doch vor kurzem gefallen...Das tut mir leid!" meinte er und sah sie zerknirscht und mit Mitgefühl an.


    Um aber von der Trübsal abzulenken, lächelte er schnell wieder. "Und was führt Euch nach Rom? Wollt Ihr auch hier in Zukunft wohnen?"

  • Valeria nickte.
    "Genau, ich bin seine Schwester. Ach, warte mal - du bist derjenige, von dem Romanus mir erzählt hat! Er vermisst dich", sagte Valeria. Zu Ganymeds weiteren Worten nickte sie nur kurz und machte ein betroffenes Gesicht, dann jedoch erhellte sich ihre Miene wieder.
    "Nein, ich werde schon bald wieder nach Tarraco zurückkehren. Eigentlich bin ich nur hier, um den Ius Iurandum abzulegen, mit der Rectorin der Schola zu sprechen und...nun ja, das Orakel zu besuchen."
    Warum, das verriet sie dieses Mal nicht. Sie hatte Adrias Reaktion noch gut im Gedächtnis.... Sie seufzte.
    "Ich habe mein ganzes Leben in Rom verbracht, weißt du. Zumindest, bis ich meinen Vater fand. Ich finde, Rom ist laut und hektisch. In Tarraco gefällt es mir besser."

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