Saturnalia Flaviae

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    Dann richtete sich Marcus auf und folgte seiner Tochter, suchte nach ihr erst im Gang ehe er sie an den Säulen ausmachen konnte. Besorgt beugte er sich zu ihr runter, wagte es immer noch nicht, sie zu vertraulich zu berühren.


    "Kleines, ist Dir nicht gut?"



    Sie hatte noch gar nicht lange gesessen an der Säule aber umso mehr Gedanken waren ihr durch den Kopf gegangen. Auch wenn Rutger in ihrer Nähe gewesen war hatte sie ihn nicht gesehen so blind war sie rausgelaufen, weil wenn sie ihn gesehen hätte wäre sie wohl stehen geblieben, denn eigentlich wollte sie ja zu ihm, etwas in ihr drängte danach ihn zu sehen um zu wissen wie es ihm ging was mit ihm war. Immer wieder massierte sie sich in kreisenden Bewegungen ihre Stirn und versuchte dieses Übelkeitsgefühl in ihr runterzubekommen, aber diese schrecklichen Flötenklänge machten sie wahnsinnig und dann stand ihr Vater da und sie schaute ihn an mit leicht geröteten Augen.


    "Es tut mir led. Ich wollte dir eine Freude machen und bei euch sein, aber ich schaffe es einfach nicht. Ich sehe die Menschen da drinne und weiß sie sind meine Familie, aber ich kenne keinen von ihnen, aber sie kennen mich, sprechen mich mit meinem Namen an und ich weiß nicht was ich machen soll." Verzweifelt sah sie ihren Vater an und spürte welch kleines Kind sie doch auf einmal war. Wenn sie gewusst hätte wie sie vor wenigen Tagen noch gewesen war, hätte sie es nicht für möglich gehalten.


    "Bitte hilf mir und mach, dass meine Gedanken wieder zurück kommen, meine Erinnerungen.......bitte." Ihre Hände wanderten wieder über ihre Augen und sie atmete tief ein um Luft zu bekommen und hatte noch eine Bitte an ihn. "Ich muss unbedingt noch einmal mit Rutger sprechen Vater. Alleine." Sie hatte es nur noch geflüstert denn um lauter zu sprechen fehlte ihr die Kraft dazu.

  • Langsam beugte Rutger sich vor, und besah sich den naseweisen kleinen Sohn des Flavius Aristides.
    "Kleiner Römer, glaub mir, welche Ahnen einer hat, darauf hat der 'Besitzer' gar keinen Einfluß.", machte er ihn aufmerksam, etwas spöttisch ob der Überheblichkeit des jungen Bengels.
    "Aber du hast recht, ich komme von jenseits der Alpen, aus dem Land der Wälder und Wölfe, wo zu dieser Zeit schon grimmig der Frost wütet, der Schnee mannshoch liegt, und die Reif-Thursen von den Bergen kommen…"
    Er grinste, nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher, und lehnte sich wieder zurück, um zu verfolgen wie der Held der Legio I einen Vers zum Besten gab.
    Anscheinend schätzten auch die Römer die Kunst der Skops, und schrieben doch nicht alles nur auf, wie Aquilius behauptet hatte. Interessant. Aber einen anständigen Stabreim brachten sie offenbar nicht zustande.


    Als Flavius Aristides sich ihm so unheilverkündend näherte, wurde ihm doch ungemütlich – einen kurzen Augenblick zuckte gar das Bild vor seinen Augen auf wie der Römer, die Sonne verdeckend, sein Gladius auf ihn niederstieß – er zog unbedacht zu tief die Luft ein, und spürte ein heißes Stechen im Brustkorb.
    Mit zusammengebissenen Zähnen blieb er trotzig sitzen, wich keinen Zoll zurück als der Römer sich zu ihm beugte, und lächelte ihm bei der Drohung nur mit müdem Hohn ins Gesicht. Obwohl er diesem Mann in seiner abgrundtiefen Niedertracht ohne weiteres zutraute, dass er so eine wahnsinnige Drohung auch wahrmachen würde.
    Verschlossen sah Rutger ihm hinterher wie er den Raum verließ, wandte sich dann wieder seinem Becher zu, der sich in der Zwischenzeit wundersamerweise gefüllt hatte. Eine lähmende Niedergeschlagenheit stieg in ihm auf. Er war besiegt - was hatte es für einen Sinn hier das absurde Spiel seiner Feinde mitzuspielen? Sehnlichst wünschte er sich, bei Arrecina zu sein.

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    Original von Manius Flavius Gracchus
    .... Da Aristides den Raum verlassen hatte, wandte sich Gracchus mit dem nächsten Geschenk an Furianus und mit einem tadelnden Blick an seine Base.
    "Leontia, meine Liebe, hast du auch darauf geachtet, dass dein Neffe ein Saturnaliengedicht aufsagt? War es nicht immer so, dass die Kinder erst hernach ihre Geschenke bekamen? Zumindest in unserer Zeit war dies so, wenn ich mich recht daran erinnere."
    Jene Zeit war natürlich auch die Kindheit Furianus' gewesen, während Leontia zu dieser Zeit wahrscheinlich noch kaum dazu in der Lage gewesen war Gedichte zu rezitieren. Doch die Verschiebung der Generationen in den einzelnen Zweigen der Flavia, teilweise sogar in den einzelnen Familien, war für Gracchus schon immer ein Grund zur Erheiterung gewesen - vorausgesetzt, sein Neffe, der älter war als er, fing nicht damit an, ihn Onkel zu nennen.
    "Nachdem dein Vetter mit solch vortrefflichen Worten vor- und dein Onkel nicht weniger elegant nachgelegt hat, wird es für dich schwer werden, Furianus. Ich hoffe, du findest deine Mühe angemessen entlohnt."
    Ohne ein Gedicht abzuwarten schob Gracchus ein unförmiges Paket zu Furianus hinüber. Es war eine in weichen Stoff verpackte, kleine, bronzene Statue der Wölfin und den beiden Zwillige Romulus und Remus, welche Gracchus mit großer Sorgfalt und Umsicht tatsächlich selbst für seinen Vetter, der eigentlich sein Neffe war, ausgesucht hatte.


    Leontia lachte auf, silberhell, und legte den Spiegel beiseite, da sie sich nun genug bewundert hatte. Aber bestimmt würde er auf diesem Fest noch häufiger zum Einsatz kommen. „Ja, zu unserer Zeit, Manius, da wäre das undenkbar gewesen! O tempora, o mores. Aber er wird es sicher gleich nachholen….“ Neugierig spähte sie, was Furianus da auspackte, und schritt dann selber erneut zur Tat. Mit einem großen roten Päckchen mit Goldschleife bewaffnet kam sie auf Serenus zu. So ein kleines Geschenk vorneweg konnte dem Jungen doch sicher nicht schaden.


    „Serenus, mein kleiner Spatz! Bona Saturnalia!“ Ohne ihm eine Chance zur Gegenwehr zu lassen, schloss sie ihn überaus herzlich in die Arme, wuschelte ihm ausgiebig durchs Haar und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Du hast das vorhin so gut gemacht, ich bin so stolz auf dich! Schau mal hier…“ , sie zwinkerte ihm zu und drückte ihm verstohlen das Päckchen in die Hand, „damit du auch schon ein bisschen was zum Auspacken hast.“


    Unter dem roten Stoff verbarg sich zum einen ein rundes Mühle-Spielbrett aus glänzendem Kirschholz mit Steinen aus weißem und schwarzem Mamor, außerdem eine große Schachtel mit feinem Konfekt, und ein bestickter Lederbeutel, gefüllt mit vielen großen und kleinen Murmeln, geschliffen aus Achat, Jaspis, Malachit und anderen bunten Schmucksteinen. Erst als Leontia dies alles überreicht hatte, fiel ihr mit einem mulmigen Gefühl auf, wie wunderbar sich diese Murmeln auch als Geschosse für Serenus’ Schleuder eignen würden.

  • Der Plan war voll aufgegangen. So, werter Leser und geneigter Voyeurist dieser flavischen Runde, hatte es Hannibal in jenem kurzen Moment jedoch tatsächlich geglaubt als Rutger den Raum betreten hatte und Sciurus zu so einer unbeherrschten Handlung brachte, sich selber vor seinem Herren echauffierte und von jenem eine solche Rüge erhielt. Ob Sciurus eifersüchtig war? Weder Hannibal, noch sonst die Meisten am Tisch konnten oder wollten das wohl ergründen. Nichtsdestotrotz war Hannibal zufrieden mit der Wirkung. Vielleicht gefiel der Germane Gracchus doch derart, dass ihm sein altbekannter Sklave etwas schal in der nächsten Zeit wurde. Ein kleiner und wohl dosierter Seitenhieb für Sciurus war das, doch bei seinem kleinen Triumph und süffisant lächelnd bemerkte Hannibal den zornigen Blick seines Herren nicht, war er doch schwer damit beschäftigt aus den Augenwinkeln Sciurus, Rutger und Gracchus zu beobachten. Das Weggehen von Aristides irritierte Hannibal nur kurz, erst da fiel ihm auch auf, dass Arrecina ebenso fort war. Just ging Hannibal, leider etwas zu spät, das Dilemma seiner kleinen Intrige auf. Denn manchmal war Hannibal in seine eigenen Gedankenkonstrukte und Überlegungen so vertieft, dass ihm das Naheliegenste völlig entging. Schnell ließ sich Hannibal einen Becher Wein reichen und trank ihn in einem Zug leer. Immerhin hatte das erste Geschenk schon Anklang gefunden bei Aristides Verwandtschaft und vielleicht hatte Aristides auch nicht bemerkt, dass eben Hannibal seine Finger im Spiel mit Rutger hatte. Somit war Hannibal vielleicht auch noch nicht in Schwierigkeiten, möglicherweise.

    „Pss! Darf ich jetzt reinkommen?“
    Das leise Flüstern war kaum zu hören, nur ein wenig lauter als die Tibiaspielerin am Rande. Hannibal drehte sich um, eine Mischung aus gequältem Lächeln und Unschlüssigkeit zuckte über sein Gesicht. Schließlich nickte Hannibal. „Ja, komm schon rein, mein Kind!“ Wie ein Mäuschen huschte das junge Mädchen in den Raum. Ihre honigblonden Haare waren sorgfältig nach hinten gesteckt, ihre rote Tunika flatterte bei jedem Schritt und sie hatte etwas vom Honiggebäck an ihrem Kinn. Hannibal stand auf, trat zu ihr und wischte ihr unauffällig die Krümel vom Kinn. Ruhig wartete er ab, bis Leontia ihr Geschenk überreicht hatte, wartete auch die Reaktion von Serenus ab und wollte da wohl nicht hineinplatzen. Erst dann führte er das junge Mädchen zu Serenus und legte dem Mädchen, sie war wohl so zwischen 7 und 10 Jahren alt, die Hände auf die Schultern. „Dein Vater ist noch nicht da, aber mir scheint, Dein Geschenk wird etwas ungeduldig. Das ist Dido! Sie gehört von nun an Dir, junger Mann. Wie so manch ein Sklave hier im Haushalt entstammt sie einer alten Sklavenlinie der Flavier und sie wird bis zum Ende ihres Lebens Dir treu dienen. In diesen Tagen wird sie noch Deine Gefährtin sein und nach den Saturnalien Deine Sklavin. Dido, das ist Lucius Flavius Serenus, Dein künftiger Herr!“


    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Prüfend musterte das junge Mädchen, die vielleicht ein wenig dürr war und klein, aber sie war nur eine Handbreit kleiner als ihr zukünftiger Herr, Serenus. Sie legte den Kopf schief und musterte ihn aus ihren blaugrünen Augen heraus. „Du hast da was an Deiner Wange, Lucius Flavius Serenus. Ich glaub, das ist Ei! Das sieht ziemlich blöd für einen Patrizier aus. Hannibal wandte seinen Blick Richtung Decke, unterdrückte dabei einen tiefen Seufzer. Das fing schon mal gut an.

  • Den Kopf melancholisch in die Hand gestützt, ließ Rutger den Wein in seinem Becher kreisen. Immer wieder irrte sein Blick zu der leeren Kline, auf der vorhin noch Arrecina gesessen hatte. Um ihn herum war Trubel und Heiterkeit, die Römer scherzten und beschenkten sich nebenbei mit ungeheuren Schätzen.
    Er saß zwischen ihnen, bleich und still, wie ein Geist, oder wie ein Toter, den man noch einmal zum Mahl geladen hatte. Vielleicht war er das? Ein Wiedergänger? Für uns ist er schon lange gestorben.
    Ein hoher Triller der Flöte jagte ihm einen kalten Schauder über den Rücken, und er sah: Nebel drang in den Saal. Die Gesichter der Feiernden verschwammen, und höhnische Fratzen traten aus ihnen hervor. Stimmen verzerrten sich, fröhliches Lachen wurde zu schrillem Kreischen - das Geräusch von Knochen, die in einer großen Mühle zermahlen wurden. Eisiger Wind kam auf und löschte die Kerzen.
    Rutger krallte die Hand um den Becher. Ruhig atmen. Er starrte auf einen Punkt des Bodenmosaiks und schüttelte den Kopf, versuchte die Chimäre abzuschütteln. Als er wieder aufblickte, brannten die Kerzen wie eh und je, Nebel war nicht zu sehen, und der Sohn des Neidings bekam gerade ein kleines Mädchen geschenkt.


    Er stürzte den Becher herunter, und der Wein wurde in seinem Mund nicht zu Asche.
    Zu Hel! Die Römer sollten nicht denken, dass er schon erledigt war. Mit Nachdruck riss er sich zusammen, straffte sich, und griff trotzig wieder nach den Speisen, ein ironisches Lächeln auf den Lippen.
    Denn es hieß:
    Schweigsam und besonnen / sei des Drichten Sohn
    Und kühn im Kampfe.
    Heiter und wohlgemut / erweise er sich
    Bis zum Tage des Todes.

    So heiter und wohlgemut wie er es vermochte aß Rutger von den Eiern, den Weinbeeren, dann den verschiedenen Muscheln. Die waren wirklich gut. Aber die Austern stellten ihn vor ein Problem. Grübelnd hielt er eine dieser buckeligen Muschelschalen in der Hand. Wie, bei Geri und Freki, sollte man das essen?
    "Verzeih. Wie wird das gegessen?"
    Über die Auster hinweg heftete er seine grüngrauen Augen fragend auf den Römer, der ihm schon mal Wohlwollen gezeigt hatte. Auf Flavius Gracchus.

  • Zitat

    Original von Rutger
    "Verzeih. Wie wird das gegessen?"
    Über die Auster hinweg heftete er seine grüngrauen Augen fragend auf den Römer, der ihm schon mal Wohlwollen gezeigt hatte. Auf Flavius Gracchus.


    Mit halbem Ohr hatte Gracchus der Rede des Germanen gelauscht. Augenscheinlich war er ein Sklave in erster Generation, und Gracchus fragte sich, wer so unvorsichtig war und sich einen solchen als Haussklaven hielt. Aus seiner Familie sicherlich niemand. Womöglich Aristides, in der Legio von Agrippina getrennt musste er immerhin anfangen, für sich selbst Sorge zu tragen, und dies würde auch erklären, warum er seine Briefe nicht von seinem Sklaven schreiben ließ, der wahrscheinlich nur noch mäßiger der Buchstaben fähig war als er. Womöglich war der Germane jedoch auch in Furianus' Besitz. Dies würde zweifellos passen, Felix' Sohn trat in diesen Belangen ständig von einem Fettnäpfchen ins nächste. Gleich nach seiner Ankunft hätte Felix nachholen müssen, was er versäumt hatte, Furianus wäre wahrscheinlich längst an einem Platz, der ihm würdig wäre. Gracchus' Blick wanderte nach einem hohen Flötenton zu den Musikantinnen hin, leicht bekleidet zwar, doch kaum ansprechend für ihn. Er würde Sciurus dafür eine weitere Rüge erteilen müssen, nach den Saturnalia. Gab es in Rom nicht genügend schöne griechische Knaben, die sich auf die Kunst der Musik verstanden? Warum, bei allen Göttern, musste sein unfähiger Diener eine Truppe auswählen, die einzig und allein aus Frauen bestand, wo er doch nur allzu genau um die Wünsche seines Herrn wusste? Die Ablenkung durch den blassen, blonden Germanen, dessen Augen die Farbe des seichten Meeres rund um eine kleine Insel vor der Küste Athenaes hatten, mit welcher Gracchus ausnehmend gute Erinnerungen verband, kam dabei gerade recht. Vorsichtig griff er nach einer Auster und hielt die flache Schale in seiner Hand. Zum einfacheren und gemütlicheren Verzehr waren die Tiere bereits in der Culina von ihren Schalen getrennt worden, so dass der ohnehin nur ungern mit dem Messer umgehende gemeine Patrizier sie direkt schlürfen konnte.
    "Du hältst die Schale einfach nur locker in deiner Hand und schlürfst den Inhalt sodann in einem Zuge in einen Mund. Versuche nicht, sie zu zerbeißen, schlucke sie als ganzes Stück hinunter. Für den Anfang solltest du daher eine kleine Auster wählen."
    Das Schlürfen gelang Gracchus noch recht perfekt, doch als der die halbe Muschelschale zur Seite legte verzog er sein Gesicht zu einer Grimasse. Obwohl er selbst bisweilen einen ausgesprochen merkwürdigen Geschmack pflegte, gehörten Austern beileibe nicht zu seinen Lieblingsspeisen.
    "Doch sei gewarnt. Der Geschmack ist scheußlich, nach Salz und verdorbenem Seetang. Dazu sind sie glibberig und in ihrem eigenen Saft leigend, damit sie überhaupt die Kehle hinab fließen. Doch sie werden als die Königinnen der Meeresspeisen gepriesen und da man sie nicht einfach mit Netzen einfangen kann wie den Fisch, erlangen sie Preise, die völlig über ihrem Geschmackswert liegen. Aus diesem Grunde dürfen sie an keinem hohen Feste fehlen und alle Welt tut sich an ihnen gütlich, um zu zeigen, dass man zum Adel gehört, welcher sich diesen Luxus leisten kann."
    Er blickte mit einem leichten Schmunzeln zu seinem Vetter Furianus, der nicht nur ganz versessen auf den Verzehr der teuren Schalentiere war, sondern dabei gleichzeitig einen äußerst angenehmen Anblick bot.
    "Natürlich gibt es tatsächlich einige Menschen, welche imstande sind, Austern zu genießen, doch ich bin ganz sicher, dass es weniger sind, als allgemeinhin angenommen. Aber lass dich nicht von mir abhalten, Rutger, nur zu, versuche es. Geschmäcker sind verschieden und vielleicht bist du eher dazu geeignet, zum Adel zu gehören als ich."

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    Original von Flavia Arrecina
    "Es tut mir led. Ich wollte dir eine Freude machen und bei euch sein, aber ich schaffe es einfach nicht. Ich sehe die Menschen da drinne und weiß sie sind meine Familie, aber ich kenne keinen von ihnen, aber sie kennen mich, sprechen mich mit meinem Namen an und ich weiß nicht was ich machen soll." ....
    ....
    "Bitte hilf mir und mach, dass meine Gedanken wieder zurück kommen, meine Erinnerungen.......bitte." .... "Ich muss unbedingt noch einmal mit Rutger sprechen Vater. Alleine."....


    Schwer seufzend ging Marcus auf ein Knie runter und legte seine Hand auf Arrecinas Schulter und versuchte die Besorgnis in seinen Augen nicht allzu deutlich werden zu lassen. Dabei hatte Marcus natürlich die Hoffnung gehabt, daß der Kreis der Familie Arrecina von dem Fluch heilen könnte- wieder vergeblich. Doch Rutgers Auftreten war vielleicht Beweis genug, daß Gracchus Recht hatte und der Germane sterben müßte ehe Arrecina wieder frei sein würde. Marcus presste seine Lippen fester bei den Gedanken aufeinander, lächelte Arrecina wieder darauf beruhigend an.


    „Cinilla, Sonnenschein, das macht doch nichts. Du mußt nichts tun, um mir zu gefallen damit. Die Menschen dort drin sind Deine Familie, Arrecina. Sie werden Dich nicht bedrängen oder Dir schaden wollen!“


    Als Marcus ihre Verzweiflung sah bohrte es sich wieder in sein malträtiertes Herz hinein. Solche Nöte in ihren Augen zu sehen war einfach selber zu schlimm für Marcus, schließlich wollte er doch alles tun, damit seine kleine Tochter, sein liebster Schatz, glücklich war. Und so konnte er nicht anders, er nahm sie in seine Arme und strich ihr beruhigend über den Rücken.


    „Mein Sonnenschein, das werde ich tun. Bei Iuppiter und allen Göttern, ich verspreche es Dir. Wir werden den Fluch brechen und Du kannst Dich dann wieder erinnern. Mach Dir keine Sorgen.“


    So nahe an ihr vernahm er das Flüstern doch recht gut und er stutzte, seine Hand verharrte an ihrem Rücken. Sie wollte Rutger alleine sprechen? Bei Mars, warum? Wieder kamen Marcus die vertrauten Blicke zwischen den Beiden in den Sinn. Hatte der Germane sie vielleicht noch viel übler verhext? Marcus wagte es noch nicht mal sich vorzustellen, was Rutger vielleicht seiner Tochter sonst noch angetan haben mochte. Aber dafür würde der elende kleine Germane büßen. Marcus ließ seine Tochter wieder los und umgriff ihr Kinn, hob es sanft nach oben und sah sie prüfend an, wenngleich ohne Vorwurf und immer noch milde.


    „Warum willst Du den Germanen alleine sprechen, Arrecina? Er hat Dich entführt und Dir all das Schlimme angetan, weswegen Du Dich nicht mehr an uns erinnerst.“

  • Mit beträchtlicher Verspätung betrat Milo schließlich und endlich den festlich geschmückten Raum und grüßte die Anwesenden mit einem breiten Grinsen.
    "Von drauß' vom Markte komm ich her! Bona Saturnalia!"
    Wie immer war er in eine schlichte Toga von kostbarem Stoff gehüllt, die er mit der großen Selbstverständlichkeit des Alltäglichen trug. Ungewohnt war jedoch die Tasche mit den Geschenken, welche der Patrizier am heutigen Tage selber trug. Zumindest dies hatte er sich von Sicas Trägern nicht nehmen lassen wollen.
    Freundlich grüßte er einem nach dem anderen und betrachtete die familiäre Versammlung mit Anerkennung. Tatsächlich schien sich in Rom inzwischen eine ansehnliche Zahl sehenswerter Flavier gesammelt zu haben. Seinem Onkel Gracchus gab er dabei durch ein leichtes Nicken zu verstehen, dass der gewünschte Falerner tatsächlich noch beschafft werden konnte. Nur angesichts Leontias versteinerte sich Milos Miene für einen Moment und eilig wandte er sich von ihr ab. Seine Augen taxierten die noch freien Klinen und erblickten schließlich einen freien Platz in nicht unmittelbarer Nähe zu ihr, auf den er auch sogleich zusteuerte und sich dort niederließ. Die Tasche mit den Geschenken landete vorerst unbeachtet neben ihm.
    "Entschuldigt meine Verspätung. Auf den Märkten scheint der Pluto los."
    Erleichtert sich endlich ausruhen zu können, atmete Milo erst einmal durch und organisierte sich sogleich einen Becher Wein, aus welchem er durstig einen großen Schluck nahm.

  • Sica folgte dem Sohn seines Herrn wenig später. Er hatte noch die Träger entlohnt und die Verteilung des gekauften Falerners in die Wege geleitet. Dann begab er sich dem heutigen Feiertag gegenüber relativ gleichgültig zu den anderen. Auf eine ausgiebige Begrüßung verzichtete Sica. Nachdem er die Anwesenden kurz überblickt hatte, suchte er sich zielstrebig einen Klinenplatz in ungefährer Nähe zu Sciurus. Mit diesem würde wohl am Ehesten noch eine sinnvolle Unterhaltung möglich sein, so dass die elende Zeit der Saturnalien vielleicht nicht ganz und gar vergeudet sein möge. Doch zuerst tat er so, als wolle er jenem eine kurze Rückmeldung aus der Küche überbringen. Sica neigte sich leicht zu Sciurus und unterrichtete ihn leise mit wenigen, verschlüsselten Worten von seiner Beobachtung vor der Villa.

  • Eher unbeteiligt fletzte ich auf meiner Kline. Nahm von den Austern ebenso wie vom Hühnchen und ließ mir Wein und Wasser schmecken. Trotzdem entging meinen Augen nichts. In Gedanken dachte ich an die Jahre am Lago Larius in Oberitalien. An die Feste, an die Saturnalien an soviele Freiheiten, die wir uns nehmen konnten und durften.


    Rom wandelte zu mehr Einsamkeit. Zwar konnte ich so den Göttern immer und zu jeder Stunde nah sein, doch die Erfüllung meiner Träume deckte das bei Weitem nicht ab.


    So bohrten sich meine Augen in die Olivenschale, während die Worte, Gedichte, Lieder, die Lyrik, die Erzählungen, die Menschen und Sklaven immer mehr verschwammen. Ihre Silben hallten in weiter Ferne, ihre Gesichter wurden von dunklen Schwaden umsäumt.


    Eher monoton befriedigte ich meinen Magen und ließ meine Gedanken in fernen Sphären kreisen, wo die Nymphen zum Gabentisch riefen.

  • „Penner! Wichser! Arschloch!“ dachte Serenus. Der wagt es mich klein zu nennen, dabei bin ich erst die letzten Wochen und Monate wieder um zwei Zentimeter gewachsen. Serenus kam zu dem Schluss, dass er Rudger nicht leiden konnte. Vielleicht gab es ja die Möglichkeit ihn nach den Saturnalien bestrafen zu lassen. Serenus mochte das Wort „klein“ nicht von Dritten, denn das erinnerte ihn daran, dass seine Schwester noch größer war. Er war in der schwierigen Phase, wo Kinder da sehr empfindlich waren.



    Seine Tante Leontia war dagegen eine ganz Nette. „Kleiner Spatz“ war dagegen in Ordnung, denn sie gehörte ja zur Familie und da war „klein“ akzeptabel. Die mochte Serenus direkt. Serenus hatte in wenigen Herzschlägen die Verpackung abgestreift und betrachtete das Mühlespiel. Schön! Mal sehen wen er da zum Mitspielen fand. Konfekt? Hilfe! Den würde er direkt vor Arrecina und seinem Papa verstecken müssen. Denn sonst hätte er am Ende der Feier nur noch eine leere Schachtel. Große Augen bekam er bei den Murmeln. Tante Leontia dachte mit und so freute er sich über die bunten Geschosssteine für seine Schleuder ganz besonders. Er würde später im Garten unbedingt mal nach der Pinkelkatze oder Krähen Ausschau halten müssen.


    „Vielen Dank, Tante Leontia.“


    Serenus übergab den Konfekt, einen Teil der Murmeln und das Spiel einem Sklaven, der heute ja kein Sklave war und trug diesem höflich auf alles in sein Zimmer zu bringen. Der Sklave war so schlau der Bitte Folge zu leisten. Die restlichen Schleudersteine verstaute er in einem kleinen Beutel an seinem Gürtel.


    Serenus kicherte als er die Frage von „Penner!Wichser!Arschloch“-Rudger hörte und runzelte etwas die Stirn, als er die Antwort von seinem Onkel hörte.


    „Onkel Gracchus, du isst die Austern wie ein Bettler oder ein armer Mann es in Baiae tun würde. Hat das auch mit den Saturnalien zu tun? Oder daran, dass sie in Roma so was Besonderes sind?


    Serenus wandte sich gönnerhaft an den Sklaven.


    „In Baiae sind Austern etwas Normales, aber die Stadt liegt ja auch am Meer. Da sind Fisch und Meeresfrüchte noch ganz frisch, wenn sie auf den Tisch kommen. Hier muß der Fisch es erst einmal von Ostia nach Roma schaffen. Die kleinen Austern essen die armen Leute und Fischer meist selbst. Vorzugsweise wird die mittlere und gute Qualität aber verkauft. Nur die großen Austern schaffen es in die Häuser der Patrizier und reichen Plebeier. Die Austern schmecken im Rohzustand nur nach Glibber mit Salzwasser und Algen. Sie schmecken deutlich besser, wenn man die geöffnete Auster mit ein klein wenig Pfeffer, Garum, Koriander, Bärlauch-Olivenöl oder weißem Weinessig beträufelt. Dann schafft man auch ein oder zwei Dutzend davon. Angeblich sollen Austern die Potenz der Männer steigern, Frauen lüstern machen und nach zwei Dutzend Austern soll man die Ausdauer für die ganze Liebesnacht und die Zeugung von sieben Söhnen haben. Aber das halte ich für Gerüchte. Nach einem Dutzend Austern bin ich einfach erst mal etwas gesättigt von denen. Andererseits haben die Fischer und armen Leute von Baiae immer ganz viele Kinder.“


    Dann sah Serenus sich dem Geschenk von seinem Papa gegenüber. Die Kinder beäugten sich erst einmal interessiert. Serenus war zu gut erzogen um sein Inneres zu offenbaren. Er war etwas ratlos. Das Mädchen war kein Löwe und auch kein kleiner Bär, aber ein Leibsklave für ihn. Leibsklaven waren eine tolle Sache, aber das war ein … Mädchen. Mädchen waren doof. Das wusste er genau, denn die Schwestern seines besten Kumpels aus der Gens Cornelia waren alle doof. Was sollte er mit einem Mädchen? Ob man sie wenigstens zur Gladiatorin ausbilden lassen konnte?“

  • Zitat

    Original von Sica


    Mit großem Interesse verfolgte Sciurus die Blicke seines Herren und auch den Versuch des Germanen, sich bei diesem anzubiedern. Sicherlich war sein Äußeres dazu angetan, seinem Herrn zu gefallen, hatte jener doch eine Schwäche für das helle Haar, welches Sciurus selbst dem Erbe seines Vaters verdankte. Natürlich war sein Herr nicht einseitig, bisweilen vergnügte er sich durchaus mit Exoten, doch zog es ihn immer wieder zu den blonden Männern aus dem Norden zurück. Aquilius war der einzige, welcher nicht in dieses Schema passte, doch kam ihm in dem merkwürdigem Beziehungsgeflecht ohnehin eine Sonderstellung zu. Sciurus war versucht, eine anscheinend unbedarfte Bemerkung über die Zukunft Rutgers fallen zu lassen, um seinen Herrn vor einer Dummheit zu bewahren, doch Sicas Eintreffen hielt ihn davon ab. Mit Erstaunen hörte er die Kunde über das dumme Ding und berichtete im Gegenzug leise von den gegenwärtigen Entwicklungen. "Der Sohn der Wölfin zieht die Furchen für seine Stadt." entgegnete er dem Vilicus leise. "Zudem scheint er sein Bündnis mit Tatius gefunden zu haben, doch es ist unsicher, wer der König ist."

  • Zitat

    Original von Lucius Flavius Serenus et Quartus Flavius Lucullus


    Die Lippen zu einem feinen Lächeln gekräuselt hob Gracchus entschuldigend die Hände.
    "Da siehst du es, ich bin völlig ungeeignet, was den korrekten Verzehr der Austern angeht. Man möge es mir nachsehen. Doch nachdem sich augenscheinlich sogar die Bettler und armen Leute von Baiae an ihnen gütlich tun, sind sie vielleicht ohnehin das falsche Mahl für unsereins."
    Er griff zu seinem Wein, um den abscheulichen Nachgeschmack der Auster aus seinem Mund zu vertreiben. Die Notwendigkeit der Potenzsteigerung war bei ihm ohnehin nicht vorhanden, doch womöglich sollte er darauf zurückgreifen, wenn die Notwendigkeit bestand, erneut bei Antonia zu liegen. Im Grunde bestand diese längst, doch das Thema war zu bedrückend, um sich dem nun hinzugeben. Da selbst Milo mittlerweile anwesend war, Antonia dagegen noch immer nicht, wollte Gracchus sie für diesen Abend aus seinen Sinnen verbannen, so wie er dies auch all die anderen Abende sehr erfolgreich tat.
    "Es ist mir ohnehin ein Rätsel, wie man etwas als Genuss bezeichnen kann, das man nicht genießen, da kaum schmecken kann. Immerhin bedürfte es zum Wahrnehmen eines Gemacks des Zerkauens des Tieres, womit beim Verzehr der Auster also nur die sie umgebenden Säfte den Eindruck eines Geschmackes bestimmen. Genauso gut könnte man also die Flüssigkeit aus den Schalen schlürfen und den Rest samt der Muschel entsorgen, zumindest bliebe auf diese Art und Weise das unangenehme Schlucken im Halse erspart."
    Gracchus wandte sich seinem Bruder zu, der ein wenig abwesend schien.
    "Lucullus, der du den Namen eines großen Genießers trägst, was ist deine Ansicht über den Genuss von Austerngetier?"
    Nachdem Gracchus das Saturnaliengeschenk für seinen Bruder hervorgeholt hatte, bemerkte er, dass sein Weinbecher bereits wieder gefüllt war. Ein wenig irritiert stellte er erst jetzt fest, dass die Becher kontinuierlich aufgefüllt wurden und er fragte sich, wie oft er schon getrunken und dies aufgrund dieser Tatsache nicht bewusst wahrgenommen haben mochte. Er reichte seinem Bruder, noch immer ein wenig verwirrt, das Geschenk hinüber. Es war ein wenig unpersönlich, doch war sein Bruder einer von jenen gewesen, für die es ihm am schwersten schien, ein Geschenk zu wählen, kannte er ihn doch kaum, wusste wenig von seinen Gedanken und Wünschen. So hatte er sich letztlich für ein äußerst fein geschmiedetes Opfermesser entschieden, um Lucullus Weg Rechnung zu tragen. Es war eingeschlagen in purpurnen Stoff, zusammengehalten von einem breiten goldenen Band.
    "Bona Saturnalia, Quartus."

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    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM


  • Der Schlinge solcher Traditionen entkam Furianus dank Gracchus auch diese Saturnalien nicht. Seinen Ärger überspielte er jedoch mit einem warmen Lächeln. Da von ihm sowieso kein Kunstwerk erwartet wurde und er Gracchus Geschenk sowieso vorher auspacken musste, schritt er zur Tat und bewunderte nach dem Enthüllen die wunderschöne Wölfin mit den zwei Knaben.


    "Welch schönes Geschenk, Gracchus. Ich danke dir und werde diesem Kunstwerk römischer Geschichte den richtigen Platz zuweisen - es würde auf meinem Schreibtisch oder einem eigens dafür angebrachten Regal sicherlich trefflich zur Geltung kommen."


    Dann vertraute er seine beiden Geschenke einem sehr alten Sklaven, der ihm auch heute zur Seite stand, jedoch aus freien Stücken, zur Verwahrung an.


    "Nun sollte ich meiner Pflicht nachkommen - mit Traditionen bricht man schließlich nicht."


    Wobei er es bei anderen Bereichen des Lebens anders hielt. Doch das war ein Gedanke, der heute nicht angemessen war. So fing er schließlich an in seinem Gedächtnis zu forschen und fand etwas passendes.


    Es ist soweit,
    wunderbare Saturnalienzeit.
    Jedes Jahr erwacht es wieder,
    wohlbekanntes Saturnalienfieber.


    Kleine Freuden sollten dir gut genügen,
    dass du des Tages Mühen gut überstehst.
    Auch trübes Denken ist nur zu besiegen,
    dass wieder freudig in die Zukunft du gehst.


    Bona Saturnalia, Freund der Feste"


    Nun musste auch Gracchus eine Freude bereiten und dessen Geschenk überreichen, welches dem des Gracchus nicht ähnlicher sein konnte.
    Es war eine Bronzefigur der alten Göttertrias, die jedoch von außen unscheinbar aussah, Furianus sie aber aufgrund ihrer Besonderheit erworben hatte. Diese Besonderheit wollte er Gracchus selbst erkunden lassen, doch eine kleine Hilfe musste er ihm geben.
    Die Figuren standen nämlich auf einem Podest, welches sich aufgrund des eingebauten Kugellagers drehen konnte.


    "Ich denke, dass dich dieses Geschenk als Sacerdos besonders erfreuen könnte. Es hat auch eine Besonderheit, die du jedoch selbst herausfinden solltest."


    Damit überreichte er ihm das Geschenk, das in einer kunstvoll verzierten Holzschachtel lag.

  • Serenus musterte Dido und wischte sich das Ei weg. Er brauchte Zeit um Nachzudenken. So bekam er das Gedicht von Onkel Furianus nicht wirklich mit.


    „Am besten setzt du dich erst mal zu mir auf die Kline und isst etwas. Dann können wir uns besser unterhalten und du lernst auch gleich meine ganzen Onkel und Tanten kennen. Später stelle ich dich dann meinem Hund Nero vor, damit er dich nicht anfällt, wenn du mein Zimmer unangemeldet betrittst. Und deine erste Aufgabe als meine Sklavin nach den Saturnalien besteht darin, daß wir einmal dringend und ernsthaft mit Vilicus Sica sprechen. Erinnere mich daran. Ich habe keine Lust, daß mein nächster Ausflug von der Villa in die Stadt noch einmal so ein Desaster wird wie das letzte Mal.“


    Serenus winkte einen Bediensteten heran, damit dieser Dido ebenfalls einen Becher Honigwasser brachte.

  • Erleichtert wandte sich Hannibal von den beiden Kindern ab, die Beiden sollten sich erst mal selber untereinander bekannt machen und wenn die körperlichen Auseinandersetzungen das übliche Haare ziehen, kratzen und beißen nicht überstieg, musste er hoffentlich an jenem Abend die Beiden nicht mehr beachten. Es war für ihn in der Tat eine recht ungewohnte Situation. Von der Existenz von Dido, wie vom kleinen Hannibal wusste Hannibal schon seit langem. Aber er war Beiden bis zum heutigen Tage nicht begegnet, hatte sich doch die Sklaven in Baiae um die Kinder gekümmert und taten es mit Hannibal Minor noch immer. Trotzdem sah er noch mal zu seiner Tochter und drehte sich dann um. Es gehörte nicht zu den angenehmen Dingen in seinem Leben, wenn er daran zurückdachte. Fast schien seine Schulter an der Stelle zu schmerzen, wo ihn Didos Mutter verletzt hatte. Ausdrucksloser Miene schritt er zu seiner Kline zurück und sank dort herunter, griff wieder nach dem Becher und ließ sich nachschenken. Abwesend schweifte sein Blick über die Männer und Frauen am Tisch, er lächelte in sich gekehrt und ließ die Flavier erst mal weiter sich gegenseitig beschenken.


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    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Schwupps, schon saß die junge Dido auf der Kline, zog ein Bein an sich und sah Serenus durchdringend mit ihren großen blaugrünen Kinderaugen an. Das war also ihr neuer Herr? Dido befand das für äußerst befremdlich, schließlich hatten ihr nur Leute was zu sagen, die größer als sie waren und Serenus war ja kaum größer als sie. Natürlich wusste Dido darum, dass die Leibsklaven den Flaviern schon von Kindesbeinen an geschenkt wurden. „Ist Dein Hund Nero ein Kampfhund?“ fragte Dido mit funkelnden Augen. Wie sie doch Kampfhunde liebte, sie hatte mal einem dabei zugesehen, wie er einem Huhn den Hals zerfetzt hatte, lustig war das. Ja, Dido kam ganz nach ihrem Vater und den vielen flavischen Sklaven von zuvor. „Oder ist der so ein oller Schoßhund?“


    Als Sica angesprochen wurde, ließ Dido ihren Blick schweifen. Sie war schon seit einigen Tagen in der Villa und wusste natürlich um den Verwalter. Da, da war er ja! Ehrfürchtig und bewundernd sah sie zu ihm rüber. Schnell hatte Dido begriffen, was er für ein Sklave war. Ein starker Sklave, ein gefährlicher und berechnender Mann. Sie wollte auch eines Tages so wie Sica werden. Alle Sklaven sollten Angst haben, wenn sie den Namen Dido hörten und um ihren geschundenen Rücken bangen. Ein fieses Lächeln umspielte ihre Lippen, doch dann sah sie wieder vergnügt zu ihrem jungen Herren und umgriff das Honigwasser. „Hmmm...das ist lecker. Was ist ein Distater oder Dastaster?“ Da fielen ihr Blick auf die schönen Murmeln. „Ohh...!“ murmelte Dido. Damit konnte man bestimmt Tauben von den Dächern holen. Nicht alle ihre kleinen fiesen Gedanken auszusprechen hatte Dido schon vor einiger Zeit gelernt, als die Großmutter von Serenus sie mal dafür auspeitschen ließ. Sie hatte jeden Schlag in sich aufgenommen und gelernt. Eine Sklavin bei den Flavier durfte keine Fehler zwei Mal begehen.

  • Zitat

    Original von Sciurus
    Mit Erstaunen hörte er die Kunde über das dumme Ding und berichtete im Gegenzug leise von den gegenwärtigen Entwicklungen. "Der Sohn der Wölfin zieht die Furchen für seine Stadt." entgegnete er dem Vilicus leise. "Zudem scheint er sein Bündnis mit Tatius gefunden zu haben, doch es ist unsicher, wer der König ist."


    Sica nahm die Information ohne äußerliche Regung auf und nickte nur kurz. In der Tat hatte er längst erkannt, dass sich aus der Zusammenarbeit mit Sciurus weitaus bessere Möglichkeiten ergaben, als dies allein möglich gewesen wäre. Sie ergänzten einander und tauschten die wertvolle Ware 'Information' so rege aus, wie mit sonst wohl keinem. Beide waren äußerst geizig mit diesem Gut, doch manchmal half der Austausch weiter als das Schweigen. Nun galt es allerdings vorerst die Posse ihrer Herren mitzuspielen, um diese in ihrem Bedürfnis nach Erfüllung der Tradition zufriedenzustellen. Sica nahm etwas von den einfachsten der verfügbaren Speisen und gab sich den Anschein einer gelösten Unterhaltung mit dem anderen Sklaven.


    Das Mahl der Götter wird reichhaltig und Apollo zufrieden sein. Der andere König wurde bereits erwartungsgemäß bestimmt?


    Ohne besonderen Genuss nahm er einen Bissen und kaute, während er die restliche Schar der Feiernden stets beiläufig im Auge behielt.

  • Den Kopf etwas schräg gelegt, die Brauen leicht zusammengezogen, hörte Rutger die Erläuterungen von Flavius Gracchus, und betrachtete seine Demonstration des Austern-Schlürfens genau. Besonders kompliziert sah das nicht aus. Aber dass man etwas aß, was eigentlich scheußlich schmeckte, nur weil es teuer war, schien ihm eine verdrehte Logik, und ein Sinnbild römischer Dekadenz.
    Wider Willen mußte er grinsen bei Gracchus' Grimasse der Abneigung, und Serenus' kleiner Vortrag über Die Auster im Allgemeinen beeindruckte ihn tatsächlich. Der Junge sprach ja wie ein Buch. Und was er über die Stärkung der Manneskraft erzählte, klang schon interessant. Man konnte ja nicht ausschließen, dass er später am Tag noch einer Frau begegnen würde, die Lust hätte, sich ihm hemmungslos hinzugeben - auf der Cena Liber der Gladiatoren hatte Rutger schließlich gelernt, dass die Römerinnen ganz wild auf Todgeweihte waren.
    Also probierte er es aus.


    Er wählte gleich eine Auster von mittlerer Größe, und nahm die schartige Schale, wie gezeigt, locker zwischen die Finger. Ganz leicht traten die Sehnen an seinem Handrücken vor, als er die Muschel, langsam, um nichts zu verschütten, von der Platte hob und zum Mund führte.
    Eine Brise Meer schien davon aufzusteigen. Seine Nasenflügel bebten als er sie einatmete, er dachte an den Ausflug nach Ostia, nur Tage bevor er geflohen war, wie sie am Strand entlang geritten waren, und der Seewind ihm salzig ins Gesicht geweht hatte.
    Vorsichtig setzte er die Muschelschale an die Lippen, der Rand ruhte sacht auf seiner Unterlippe. Jetzt mischte sich ein mineralisches Aroma in den salzigen Geruch. Wieder sog er ihn begierig ein, bevor er die Schale entschlossen kippte, und mit gewölbten Lippen neugierig den kalten, glitschigen Inhalt schlürfte. Herb und salzig glitt es über sein Zunge und an seinem Gaumen entlang, er schluckte sie im ganzen, und spürte einen Moment lang noch konzentriert dem eigenartigen Geschmack nach.
    Dann zuckte er die Schultern. "Es schmeckt nach Meer."
    Er spülte mit Wein nach, hielt kurz die leere Muschelschale in das Licht, drehte sie hin und her, und besah sich das Glänzen der spiegelglatten Innenfläche. Dann reckte er sich, streckte die Beine lang auf der Kline aus, und machte einen zweiten Versuch, diesmal bestreute er die Auster mit Gewürzen, beim drittenmal wagte er sich gar an eine seltsame rote Sauce.
    Aber es blieb dabei: er fand nichts besonderes an den Austern. Und wandte sich wieder den Venusmuscheln zu.

  • Serenus nahm zufrieden zur Kenntnis, daß Dido mindestens drei Zentimeter kleiner war als er.


    “Ja, Nero ist ein römischer Kampfhund, der mir zugleich mein Leibwächter ist und dann in Zukunft uns beide beschützen wird. Er ist bereits gut abgerichtet, hört aufs mein Wort, eignet sich zur Sklavenjagd und lässt sich auch auf Leute und Tiere hetzen. Aber er ist auch verschmust und verspielt. Aber nur bei mir und Oma. Ich stelle dir Nero vor, sobald du etwas gegessen hast. Ich vermute ja mal, daß es bei Dir bis jetzt auch nur Saturnalienkekse gab.”


    Serenus winkte einen Bediensteten heran und signalisierte, daß Dido auch etwas zu essen wünschte.


    “Die Murmeln sind ein Geschenk meiner Tante. Sie sehen schön aus, aber ich denke, daß sie sich nicht nur zum Spielen eignen.”


    Serenus grinste verschmitzt.


    "Disaster! So nennt man zum Beispiel einen Zustand, wenn etwas überhaupt nicht klappt, obgleich die Anforderungen und Planungen hinsichtlich der Ausführung ganz einfach sind. In meinem Fall war es ein Besuch in der Stadt und der Versuch mit der Sänfte von Senator Onkel Felix zu den Vestalinen zu gelangen. Die Klienten von Senator Onkel Felix haben das zu einer Unmöglichkeit werden lassen kaum, daß ich irgendwo mit der Sänfte um die Ecke bog. Und deshalb müssen wir mit Sica reden, daß er Vorkehrungen trifft, wenn wir mal in die Stadt wollen. Kannst du eigentlich Lesen, Schreiben, Rechnen und welche Sprachen sprichst du? Was hast du denn bislang Nützliches gelernt?"

  • Zitat

    Original von Lucius Flavius Furianus


    Es entzückte Gracchus geradezu, dass sich Furianus tatsächlich zu einem Saturnaliengedicht drängen ließ, hatte er zwar gehofft, doch nicht erwartet, dass diese Feier wahrhaftig so familiär-traditionell werden würde. Zwar war es nur ein mäßig literarisches Kunstwerk, doch immerhin bemühte sein Neffe sich. Gespannt nahm Gracchus von jenem die hölzerne Schachtel entgegen und öffnete diese. Nachdem er die Bronzetrias aus der Schatulle gehoben hatte, stellte er sie auf den Tisch vor sich und betrachtete sie eingehend. Die Anordnung um ein gemeinsames Zentrum herum und so von allen Seiten gleichermaßen betrachtenswert war ein wenig merkwürdig, doch die Kunstfertigkeit des Gestalters sicherlich nicht abzustreiten.
    "Eine äußerst filigrane Arbeit."
    Prüfend fuhr er mit den Fingerkuppen über die mit einem winzigen Adler geschmückte Brustplatte des bronzenen Mars und als er schließlich die Lanze berührte, bemerkte er die leichte Bewegung, welche dieser Kontakt auslöste. Verwundert hob Gracchus eine Augenbraue, beugte sich neugierig vor und schob mit dem Zeigefinger an des Mars' Schild, so dass sich die Dreiheit träge in Bewegung setzte und über dem Kugellager rotierte. Ein erstauntes Lächeln kräuselte Gracchus' Lippen und er erneuerte die Bewegung gleich noch einmal durch einen kleinen Schubs an Quirinus' Fuß.
    "Faszinierend."
    Er nickte Furianus anerkennend zu.
    "Ein wirklich stilvolles Geschenk, Furianus. Ich danke dir dafür."
    Die kleine Statuengruppe kam zur Ruhe und Iuppiter blickte nun zu ihm, der gutmütige und gleichsam unerbittliche oberste Gott der Römer, jener der einzig aus der alten auch in der neuen Trias seinen Platz gefunden hatte, und welchem Gracchus äußerst verbunden war, glaubte er doch nicht nur jenem sein Leben zu verdanken, sondern war er auch gleichsam der, welcher die Götter liebte. Ein Hauch von Sehnen mischte sich in Gracchus' Blick, doch schlussendlich schüttelte er jenes Gefühl ab, die Saturnalia waren nicht der geeignete Ort für Trübsal und jener, welcher ihn einzig daraus zu erlösen vermocht hätte, weit fort. Erneut fand ein Geschenk den Weg in seine Hände, es war ein Beutel aus dunkelblauem Samt mit goldenem Saum und einer goldenen Kordel, durch welche er zu schließen war. Darin lag ein Armband aus Gold, mit einigen Gliedern aus Weißgold und gelblichen Schmucksteinen. Sie harmonierte perfekt zu jener Kette, welche Minervina sich auf den Mercatus ausgesucht hatte, und welche sie zu den Saturnalien um ihren Hals trug. Gracchus reichte den Beutel an seine Schwester und wünschte ihr mit weicher Stimme ein frohes Fest.
    "Bona Saturnalia, Minervina!"
    Noch hatten sie weder Gelegenheit gefunden über ihre Mutter, noch über Minervinas Zukunft zu sprechen, doch nachdem sie sich auf dem Markt gütlich geeinigt hatten, hegte Gracchus die Hoffnung, dass beide Gespräche harmonisch verlaufen konnten.

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