Mit einer Hand strich ich ihr über das Haar, sanft und freundlich, weil sich eine ihrer Strähnen gelöst hatte und ihr in der Stirn gehangen hatte. In diesem Augenblick wirkte sie so glücklich und zufrieden wie schon lange nicht, und tief in meinem Inneren tat mir ihr Anblick sehr wohl. Vielleicht war es oftmals hinderlich, sich um das Wohlbefinden der Menschen um einen herum Gedanken zu machen, aber die langen Wochen, in denen sie wie ein lebendiges Elend durch die villa geschlichen war, hatte ich noch zu deutlich im Gedächtnis, und mich stets darüber geärgert – zum einen, weil es nichts gab, was ihr damals hätte helfen können, zum anderen, weil ich ihr nie hatte begreiflich machen können, dass ihre damalige Situation nicht ihr Lebensende bedeutete.
Und heute schien sie wie ausgewechselt, wie jene Bridhe, die vielleicht früher schon in ihrer Heimat glücklich gewesen war, inmitten ihrer Familie, an vertrauten Orten ihrer Kindheit. Dass sie diese Freude wiedergefunden zu haben schien, machte auch mich zufrieden. Leicht drückte ich sie noch einmal an mich, hakte sie mir dann wieder unter und führte sie langsam zur Tür – mit einem solchen Bauchumfang konnte keine Frau schnell gehen, und ganz so eilig hatten wir es dann auch wieder nicht.
„Ich tue nur, was getan werden sollte, Bridhe, und wie ich es versprach. Du hast Dir vieles auch selbst eröffnet und ich hoffe, dass Du in der Freiheit noch vieles wirst lernen können, um Dein Leben so zu gestalten, dass es Dir Freude bereitet. Mein Vater hat mir einst gesagt, dass nur ein Teil der Macht unseres Volkes auf unseren Armeen beruht und ich wollte es ihm damals nicht glauben, weil mir die Legionäre so stark und unbesiegbar erschienen. Aber jeder Mensch kann getötet werden, auch Legionäre -–Ideen aber lassen sich nicht töten, und wenn ein Volk ein Problem nicht mit jammern angeht, sondern mit dem festen Willen, es zu lösen, wird es früher oder später Erfolg haben. Das ist es, was ich wichtig finde und es trifft für mich wie auch für Dich zu: Die Dinge, die uns heute schwer und unlösbar erscheinen, haben doch immer irgendwo eine Lösung, man muss sie nur zu finden versuchen. Nichts ist unmöglich, wenn man nicht aufgibt. Auch nicht, dass Du und ich ein Kind haben werden, das in dieser Welt etwas Besonderes sein wird.“ Ich zog langsam hinter uns die Tür des Arbeitszimmers zu und ging mit ihr auf den Gang hinaus, denn die Sänfte wartete auf uns und ebenso ihr Weg in die Freiheit.