[Taberna] "Granum et Vennuncula"

  • Natürlich galt es bei diesem Abendessen auch erstmal, die jeweils andere Familie überhaupt erstmal kennenzulernen, damit man wusste, wer zu jeweils anderen Familie gehörte. Von daher war es auch durchaus sinnvoll, die weiblichen Familienmitglieder ebenso einzuladen. Der Vorschlag Celers zur Einladung von Dives fand bei Ocella durchaus Zustimmung. Iulius Dives ist natürlich ebenfalls herzlich willkommen. stellt Ocella kurz fest, natürlich auch mit Wissen, dass derzeit eher unklar war, wann Dives aus Roma zurückkehren könnte. Es blieb also auch noch genug Zeit zur Planung und Vorbereitung des Abendessens, vielleicht sogar noch sehr viel Zeit.


    Aber eine mögliche Verlobung oder gar Hochzeit musste ja ohnehin auf sich warten lassen, jetzt in einer Zeit, wo noch viel unsicher war und man nicht wusste, was das Morgen brachte. Daher war Eile hier auch gar nicht angebracht. So konstatierte Ocella den Gedanken auch nochmal. Natürlich müssen wir uns auch mit der Einladung nicht überhetzen. Wir können gerne warten, bis wieder einigermaßen Normalität eingekehrt ist.

  • | Potitus Asinius Celer


    Bei den folgenden Zusagen Ocellas wurde das Lächeln des Asiniers wieder etwas ehrlicher. Nicht nur, dass mit dem Warten auf den Iulier noch Zeit geschunden wurde, nein, der Aedil erklärte gar auf die Nachkriegszeit wartenzu wollen. Und so, wie sich die Situation derzeit entwickelt hatte - die 'Rebellen' vor Roma, die Duumviri ebendort festgesetzt und der Cornelius mit festem Schritt im Anmarsch - war wohl davon auszugehen, dass nach dem Sieg Palmas, der sich damit so langsam abzeichnete, der Civitas Ostia auch noch eine gewisse Zeit der Besatzung bevorstehen würde. Von 'Normalität' - ein Begriff, den Dives nebenbei erwähnt seinem Klient aus irgendeinem Grund abgewöhnt hatte - war das alles noch sehr weit entfernt.
    "Das ist eine sehr gute Idee! Bis dahin würde es in der Stadt sonst sicherlich auch nur Gerede geben, dass wir feiern, während viele Familien noch die Opfer des Krieges betrauern.", stimmte Celer folglich also zu. Anschließend überlegte er kurz.
    "Am besten, du schickst Iulius dann eine entsprechende Einladung zu. Da ich, sobald er wieder da ist, eh dessen nächste Salutationes sicher nicht verpassen werde, sparst du dir damit lästige Schreibarbeit.", erklärte er und lächelte freundlich. Als ganz schönen Nebeneffekt wurde damit die Rückankunft Dives' noch einmal als Voraussetzung unterstrichen, ohne sie jedoch wortwörtlich in den Vordergrund zu rücken.


    "Müssen wir sonst noch etwas besprechen, wo wir hier nun gerade einmal zusammen sitzen?", erkundigte sich der Quaestor, bevor er die Alternative hierzu aufzeigte.
    "Ansonsten sollte ich mich nämlich so langsam wieder in mein Officium begeben. Nicht dass der alte Cassius mir nachher noch den Tartarus heiß macht..." Celer lächelte kurz entschuldigend und nahm anschließend noch einen Schluck verdünnten Wein aus seinem Becher, während er Ocellas Antwort abwartete.




    KLIENT - MARCUS IULIUS DIVES

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Der Helvetier nickte bei dem ersten Vorschlag des Quaestors und trank dann ebenfalls noch einen Schluck. Danach schüttelte er leicht den Kopf und musste sogar bei der Anmerkung zum Cassier schmunzeln. Ja, der Cassier war schon dazu in der Lage, einem den Tartarus schon richtig heiß zu machen.


    Von meiner Seite gibt es nichts mehr.


    stellte Ocella fest. Zumindest von seiner Seite waren die wichtigsten Themen besprochen und wenn der Asinier wieder weg musste, wollte er ihn nicht weiter aufhalten.

  • | Potitus Asinius Celer


    Der Quaestor nickte verstehend.
    "Gut, dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag. Wir sehen uns dann sicherlich früher oder später in der Curia. Vale bene!", verabschiedete sich der Asinier hernach, trank seinen Becher leer und ging anschließend zum Wirt, um seine Schulden für die Verpflegung zu begleichen. Bei der kleinen Portion Fisch, die so spektakulär jetzt auch nicht geschmeckt hatte, fiel das Trinkgeld entsprechend bescheiden aus. Wenig später war Celer aus der Taverne verschwunden und auf direktem Wege in Richtung seines Officiums in der Curia unterwegs...




    KLIENT - MARCUS IULIUS DIVES

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Das war ein Tag. Voller Ereignisse und mit viel Stress ging dieser zu Ende. Und auch hier hatte Asius noch Glück. Tatsächlich hatte die Taverne noch ein paar Kammern frei, so dass Asius gleich zu schlug und sich die erst beste sicherte. Mit dem Restgeld vom Schwertverkauf konnte er sich diese ein paar Tage leisten. Genug Zeit um die Antwort des Aedil abzuwarten.
    Müde viel Asius auf seine Liege, und träumte nochmal von dem Huhn ala Fronto, dass er gerade genießen konnte. Bevor er einschlief, überlegte er kurz, wie er die Zeit bis zur Rückmeldung nutzen konnte. Es bot sich natürlich ein kleiner Stadtspaziergang an, um sich einen kleinen Überblick über den Ort zu verschaffen. Schon allein für die evtl. anstehenden Botengänge konnte das von Vorteil sein. Aber nicht nur das, denn wie hatte der Aedil gesagt? Seh dich nach einer passenden Unterkunft um! Es galt also auch ein ordentliches zu Hause für die Zukunft zu finden und das moglichst in einer brauchbaren Wohngegend. Was für Asius aber mindestens genauso wichtig war, war der Besuch des Hafens. Schon allein um seine größte Leidenschaft zu genießen, das Meer....

  • Ein Bote der Curia überbrachte eine Tabula, übergab sie dem Wirt, dass er sie dem Gast Asius übergeben möge, und war dann auch wieder schnell verschwunden.


    Ad
    Asius
    Taberna "Granum et Vennuncula"
    Osta, Italia


    Salve Asius,


    bezüglich deiner Bewerbung zum Scriba Ostiensis wird ein weiteres Gespräch bei Duumvir Iulius Dives stattfinden. Hierzu bitte ich dich, morgen zur dritten Stunde im Atrium der Curia zu erscheinen.


    Vale bene,


    Titus Helvetius Ocella
    _____________
    Aedilis Ostiensis


    [Blockierte Grafik: http://img716.imageshack.us/img716/9771/85964148.gif]

  • Asius lag gemütlich auf seiner Liege, als es plötzlich klopfte und eine hübsche junge Frau eintrat, um ihm ein Schreiben vom Aedil zu übergeben. Man war die..... die würde ich gerne mal.... dachte sich Asius. Aber zurück zum Wesentlichen. Er musste morgen früh zur Curia. Doch vorher lag etwas an, was noch wichtiger war. Das Frühstück. Da nun keine Zeit für längere Spaziergänge war, entschied Asius direkt zum Markt zu gehen. Er hatte Apetit auf Aprikosen. Vielleicht würde es ja welche geben, dann könnte er gestärkt in die Curia gehen.

  • Nachdem Lucius in der ersten Zeit Rom erkundet hatte, war ihm die ewige Stadt doch immer wieder etwas langweilig geworden. Deshalb beschloss er eines Tages, einen Ausflug nach Ostia zu machen. Auch wenn ihm an Bord des Schiffs immer wieder schlecht geworden war, hatte er den Hafen als ziemlich interessant in Erinnerung gehabt und dazu hatte er sich erinnert, dass diese Stadt weitaus geometrischer angelegt gewesen war als Rom selbst. Entsprechend hatte er sich am Flusshafen von Rom umgehört und für ein Trinkgeld auf dem Kahn eines Tiberschiffers eingeschifft. Stromabwärts war es sogar ziemlich zügig gegangen und so standen Armin und er recht bald am Hafen von Portus.


    Den ganzen Tag betrachteten sie Schiffe, deren Fassungsvermögen der junge Petronier zu berechnen versuchte, bestaunten die Lastkräne und die Geschwindigkeit, mit der die Hafenarbeiter die Ladungen löschten. Irgendwann wurde es aber spät und mit den meisten Reisenden machten auch Armin und Lucius sich auf den Weg in die Colonia, wo die beiden in der Taberna Granum et Vennuncula einkehrten. Über all der Begeisterung für den Hafen war es doch später geworden als geplant, sodass sie sich nun eine Unterkunft für die Nacht suchen mussten.


    Während die beiden ihren Wein schlürften und einen deftigen Eintopf aßen, redeten sie über ihre weiteren Pläne:
    "Morgen schau'n wir uns die Stadt nochmal genau an, Armin - da scheint's auch viel zu sehen zu geben!"
    "Musste morgen nich' zur Salutatio beim Tiberius?"
    fragte Armin zurück und nahm noch einen Schluck. Aber der junge Petronier winkte nur ab:
    "Ach Quatsch, der Kerl kommt auch mal ohne mich aus! In letzter Zeit is' die Salutatio eh immer ziemlich langweilig. Dieses ständige 'Salve, Domine.' - 'Wie geht es dir?' - 'Hast du irgendwelche Wünsche?' - 'Ich sehe was ich tun kann.' - 'Vale.' geht mir eh auf den Sack! Wozu soll das gut sein? Hat der Tiberius Angst, dass er vergisst, wie seine Klienten aussehen?"
    "Naja, er hat's immerhin geschafft, dass du in den Ritterstand aufgenommen wurdest!"
    Lucius nahm einen tiefen Schluck, bevor er antwortete. Er musste zugeben, dass Lepidus' Patronat sich tatsächlich ganz gut ausgezahlt hatte bisher. Allerdings wurde das Geld, das der Alte ihm geschickt hatte, schon wieder knapp und ewig konnte er nicht von einem goldenen Ring am Finger leben, den die Kanzlei ihm zugeschickt hatte...
    "Ja, aber 'nen Posten hab' ich immer noch nich'! Was nützt mir der Ring, wenn ich keinen anständigen Posten hab'?"
    fragte er deshalb und zog das goldene Standesabzeichen von seinem Finger. Irgendwie konnte er sich an das Ding immer noch nicht gewöhnen, es drückte und wenn er schwitzte - wie heute - fühlte es sich irgendwie... schmierig an. Außerdem zeigten sich schon erste Macken, wenn man genau hinsah...

    cu-tribunuscohortisurbanae.png petronia2.png

    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Als er wieder von seinem Ring aufsah, setzte sich unvermittelt ein Mann an ihren Tisch. Er trug eine Tunica, aus der sich ableiten ließ, dass dies kein einfacher Arbeiter war - eher eine Art Geschäftsmann. Die Unordentlich seines Stils sagte aber auch aus, dass er nicht besonders erfolgreich sein konnte - er hatte nicht einmal eine Toga oder einen Mantel an! Außerdem roch er ziemlich nach Wein!


    "Oh Mann, oh Mann - die bringen mich noch um!"
    erklärte der neue Tischgenosse unvermittelt und sah Armin und Lucius abwechselnd an, die irritiert zurückblickten. Die Augen des Fremden verengten sich und er begann zu gestikulieren:
    "Könnt ihr euch das vorstellen? Die rauben einen komplett aus - und das unbarmherzig! Ich sag's euch! Die legen noch meine Familie um, wenn's so weitergeht!"
    Lucius sah zu Armin, der den Blick erwiderte. Hatten sie jetzt einen Verrückten an der Backe? Aus den Aussagen ließ sich nicht so recht ableiten, worauf er hinauswollte: War er einfach verrückt und fühlte sich verfolgt? Oder war er tatsächlich ausgeraubt worden? Aber das war auch unlogisch - dann hätten sie seine Familie wohl schon umgelegt. Oder hatten sie ihn erpresst, dass er ihnen noch mehr Geld brachte? Andererseits war es dann ziemlich irrational, diese Lage mitten in einer Taverne herauszuposaunen - da musste man sich entweder an die Vigiles wenden oder zahlen, soweit der junge Petronier wusste. Andererseits waren viele Leute ziemlich dumm...
    Der Fremde ließ sich von ihren fragenden Blicken aber nicht beeindrucken, sondern fragte in sarkastischem Unterton, den Lucius natürlich nicht verstand:
    "Oder habt ihr zufällig 300 Sesterzen?"
    "Ja."
    antwortete er deshalb knapp und genervt. Der Typ war ziemlich aufdringlich und versprach nicht gerade ein interessantes Gespräch. Tatsächlich begann er wieder wild zu gestikulieren und sich aufzuregen:
    "Na super! Toll für euch! So junge Leute sitzen hier und trinken ihren Wein - nein, Bier sogar! - und können mit Geld nur so um sich werfen! Und so'n armer Schlucker wie ich, ein ehrlicher Handwerker, muss sich von irgendwelchen Geldeintreibern die Scheiße aus dem Leib prügeln lassen! Das is' so ungerecht! Was sollen meine Frau und meine Kinder davon halten, wenn sie das rauskriegen? Hätte der verdammte Phytocles seine Pferde doch nur 'n bisschen mehr angetrieben!"
    Gegen Ende war sein Ton eher ein bisschen jammerig geworden und tatsächlich brach er nun in Tränen aus.
    "Könnt ihr euch das vorstellen? Könnt ihr euch das vorstellen?"
    Armin wirkte nun ziemlich verdutzt. Aber auch Lucius wusste nicht so recht, wie er das alles verarbeiten sollte: Aus dem Gebrabbel ließ sich aber zumindest ein bisschen etwas rekonstruieren: Er hatte sich als Handwerker und Familienvater bezeichnet. Dazu hatte er Geldeintreiber erwähnt - logischerweise hatte er dann also Schulden, die er nciht bezahlen konnte, wofür auch das Verprügeltwerden sprach. Darüber hinaus fürchtete er eine Entdeckung durch seine Familie, was wiederum mit einem gewissen Phytocles und Pferden zusammenhing. Phytocles - dieser Name kam ihm tatsächlich auch bekannt vor. Richtig, ein Auriga! Der junge Petronier war ja bei den Spielen zu Ehren von Tiberius Durus gewesen und auch wenn er nach der ersten Runde beschlossen hatte, dass Wagenrennen langweilig waren und er sich lieber etwas zu Essen organisierte, hatte er die Namen der Lenker noch mitbekommen. Aus all dem ließ sich also nur eines ableiten: Der Typ hatte Geld bei einer Wette verloren, was er seiner Familie aber nicht verraten hatte. Offensichtlich war außerdem, dass er dieses Geld - genaugenommen 300 Sesterzen - nicht aufbringen konnte und er somit ziemlich sicher vor dem sicheren Ruin stand.
    Stellte sich die Frage, ob diese Geschichte für Lucius interessant war. Generell war sie das natürlich nicht - er war nicht hier um über traurige Schicksale Unbekannter zu schwafeln! Oder ließ sich daraus irgendwie Gewinn schlagen? Vielleicht, indem er ihn erpresste, das ganze der Frau zu erzählen? Aber was hatte er davon - offensichtlich hatte dieser Handwerker ja kein Geld! Und abgesehen davon kannte er die Frau natürlich nicht - dies war nicht Mogontiacum, wo jeder jeden kannte!
    "Was für'n Handwerker biste denn?"
    fragte Armin in diesem Moment.
    "Bäcker!"
    antwortete der Mann, was aber natürlich nicht alles war:
    "Ich bin Gaius Istorius Albianus Hispo, der beste Bäcker von ganz Ostia! Mit eigenen Mühlen! Ich hatte schon Verträge mit der Cura Annonae - schon oft! Und jetz' steh' ich vor dem Nichts! Das ist so ungerecht! Verflucht sein Neptun und alle Götter, die mit Pferden zu tun haben!"
    "Was für ein dämlicher Name" dachte sich Lucius. Trotzdem waren diese Informationen weitaus interessanter als das Gejammer über seine Frau. Denn die Sache mit der Cura Annonae war dem jungen Petronier tatsächlich schon aufgefallen - diese Organisation kaufte Unmengen von Brot und Getreide und beschäftigte Massen an Bäcker, Müllern und so weiter! Im Grunde war es ein ähnliches Geschäft wie die Tunicae des Alten - die gingen ja auch an die Legion und die zahlte pünktlich und gut. In ihm reifte ein Plan...
    "Verkauf' doch deine Bäckerei!"
    schlug Lucius ganz scheinheilig vor (zumindest so scheinheilig, wie er konnte).
    "Meine Bäckerei? Die ist alles was ich hab! Wovon soll ich denn leben, wenn ich sie nicht mehr habe? Woher sollen meine Kinder ihr Brot bekommen? Etwa diese Backsteine von Pullo?"
    Lucius hob abwehrend die Hände - geradezu eine rhetorische Geste, über die Eumenius sich sicher gefreut hätte (zumindest glaubte Lucius das).
    "Naja, der neue Besitzer könnte dich einfach als Bäcker anstellen und dir einen kleinen Lohn zahlen."
    "Einen Lohn? Ich hab' diese Bäckerei aufgebaut! Mein Vater war noch ein kleiner Bäckersgeselle vom Land und ich bin ein respektabler-"
    "-Pechvogel mit einem Berg Schulden und einer Familie, die nichts davon erfahren darf!"
    beendete Lucius den Satz kühl. Er hatte Privatus immer mal über die Schulter geschaut. Und auch wenn seine ersten Schritte im Wirtschaftsleben ziemlich holprig gewesen waren, hatte er noch lange nicht aufgegeben. Diesmal würde er sich zuerst etwas genauer informieren. Außerdem war er im Vorteil, denn dieser Kerl war in einer Notlage und in solchen Fällen pflegten Menschen manchmal ziemlich irrational zu handeln! Was sich wieder bewies:
    "Du hast ja einen Vogel! Was weißt du schon vom richtigen Leben, Bürschchen? Meine Bäckerei verkaufen - dass ich nicht lache!"
    "Das wäre eine ziemich kluge Lösung, Istorius. Deine Fraue würde nichts bemerken, du hättest Lohn und der Investor Gewinne."
    versuchte der junge Petronier es nochmals im Guten. Aber der Typ war zu betrunken oder zu aufgekratzt oder zu dumm, um das jetzt einzusehen. Stattdessen erhob er sich schwankend und sagte nur:
    "Meine Bäckerei verkaufen - so ein Blödsinn! Ihr jungen Schnösel ihr, ihr glaubt wohl, man kann alles mit Geld kaufen! Nene, an sonem Geschäft, da hängt Herzblut dran! Herzblut, versteht ihr?"
    Mit einem Klopfen auf die Brust wandte er sich um und wankte aus der Tür. Lucius' Blick verfolgte ihn einen Moment, dann sah er wieder zu Armin.
    "Folge dem Typen! Finde raus, wo diese Bäckerei is'. Und wo er wohnt - beziehungsweise seine Frau!"
    Der Sklave schien sofort zu verstehen, denn er grinste. Dann sprang er auf und schob sich an der Kellnerin vorbei, um den betrunkenen Bäcker abzupassen, bevor er durch die Tür und verschwunden war...

    cu-tribunuscohortisurbanae.png petronia2.png

    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Den restlichen Vormittag hatten Lucius und Armin genutzt, um noch einmal einen Ausflug nach Portus zu machen. Dort hatte der junge Petronier sich noch einmal den größten Kran angesehen und sich gefragt, ein wievielfaches seines Gewichts ein einzelner Mann in dem Antriebsrad heben konnte - eine faszinierende Sache, so ein Kran!


    Gegen Nachmittag waren sie dann wieder in der Stadt und schlenderten zurück in die Taberna. Als sie eintraten, malte sich ein Grinsen auf Lucius' Gesicht: Hinten im Eck saß der Bäcker wie ein Häufchen Elend, vor sich einen Becher Wein. Wenn man genau hinsah, konnte man annehmen, dass das nicht der erste war - was für ein Versager!


    Zielstrebig gingen die beiden auf Hispo zu und setzten sich ihm gegenüber.
    "Eine gute Entscheidung!"
    begrüßte Lucius ihn und strahlte ihn an - was der Bäcker keineswegs erwiderte. Vielmehr betrachtete er weiter seinen Becher und murmelte:
    "Naja... ich hab' ja keine Wahl!"
    "Korrekt!"
    entgegnete nun wieder der Petronier, den die missliche Lage, die Genugtuung seines Triumphes geradezu in Hochstimmung versetzte. Jetzt aber sah Hispo noch noch einmal auf und hob den Zeigefiinger.
    "Aber ich hab' ein paar Bedingungen."
    Lucius' Blick wurde hart und er verschränkte die Arme vor der Brust.
    "Ich glaube nicht, dass du in der Position bist, Bedingungen zu stellen!"
    sagte er schroff, doch ganz war der Widerstand seines "Geschäftspartners" offensichtlich nicht gebrochen, denn nun blitzten seine Augen geradezu auf, während er seinen Standpunkt klar machte:
    "Hör zu, Bürschchen: Ich geb' ja zu, ich will nich', dass meine Frau von den Spielschulden erfährt! Aber ich bin ein freier Mann und alles hat seinen Preis! Ich schlage ein, aber nur, wenn du mir folgendes garantierst:
    Erstens will ich, dass du es geheim hältst, dass der Laden dir gehört. Das heißt, dass wir alle Ausstattung und so weiter in meinem Namen kaufen und du nur das Geld zuschießt. Außerdem will ich ein Festgehalt von-"

    "-das mit dem Festgehalt kannst du vergessen!"
    unterbrach Lucius ihn. Er hatte über diese Sache noch einmal nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass dies eine ziemlich irrationale Übereinkunft sein würde, denn wenn dieser Trottel bezahlt wurde, egal was er leistete, dann war es ja logisch, dass er möglichst wenig leistete. Und da Lucius nicht ständig hier in Ostia sein konnte, um ihn zu kontrollieren, würde das sicherlich schnell dazu führen, dass er immer weniger rausbekam oder sogar etwas draufzahlen musste.
    "Du bekommst eine Gewinnbeteiligung. Zehn Prozent!"
    "Zehn Prozent? Davon kann ich ja nichtmal mich selbst ernähren! Ganz zu schweigen von meiner Familie! Du überschätzt wohl meinen Laden!"
    Der junge Petronier stöhnte. Er hatte tatsächlich nicht so große Ahnung, wie gut so ein Bäckerladen verdiente. Aber er hatte erfahren, dass die Gewinnspanne stieg, je größer so ein Geschäft war - deshalb hatte der Alte auch gleiche eine Schar von Webern beschäftigt, für die er zentral Wolle einkaufte und so bessere Preise bekam.
    "Wie viel willst du?"
    "Dreiviertel - ich hab' ja auch die Arbeit!"
    "Dann dauert es ja Jahrzehnte, bis ich meine Investitionskosten wieder drin hab'! Ich sage ein Drittel!"
    "Die Hälfte!"
    "Na gut, die Hälfte."
    lenkte Lucius schließlich ein. Wenn er recht darüber nachdachte, würde eine große Beteiligung ja auch die Motivation seines Angestellten erhöhen, fleißig zu arbeiten! Und eine 50:50-Lösung machte immer den Eindruck eines guten Kompromisses.
    "Dafür will ich, dass du mir genau Rechenschaft ablegst!"
    gab nun auch Lucius seine Konditionen bekannt.
    "Und einen Vertrag, der die Regularien genau festlegt."
    "Dann will ich, dass du mir garantierst, dass du niemals meiner Frau von meinen Schulden erzählst. Mit Unterschrift und Siegel!"
    Der junge Petronier lehnte sich zurück und dachte einen Moment nach: Eine Verzichtserklärung? War so etwas überhaupt rechtswirksam? Und wie sollte sie sanktioniert werden? Naja, im Grunde war das ja auch egal - er hatte ja kein persönliches Interesse, dass die Alte von dieser Spielsucht erfuhr, also kostete sie ihn auch nichts. Und selbst wenn - dieser Trottel würde es sicherlich nicht bemerken, wenn Lucius die Erklärung so schrieb, dass zum Beispiel Armin nicht ebenfalls der Mund verboten wurde...
    "Einverstanden."
    sagte er also schließlich.
    "Achja, und ich will 300 Sesterzen für meine Bäckerei!"
    "Ich hatte 200 gesagt. 200 und kein As mehr!"
    Lucius' Arme waren noch immer verschränkt. Er wusste, was eine Bäckerei wert war - 200 Sesterzen waren das, was man etwa brauchte, um einen geeigneten Raum mit den erforderlichen Gerätschaften zu kaufen.
    "Ich hab' einen riesigen Kundenstamm! Du wirst gute Gewinne machen damit - gönn' mir wenigstens genug Geld, dass ich meine Schulden bezahlen kann!"
    Seine Schulden? Was war das denn für ein dämliches Argument? Der junge Petronier hatte dafür nur ein spöttisches Schnauben übrig:
    "200 Sesterzen oder ich geh' direkt zu deiner Frau!"
    Ein großer Kämpfer war Hispo offensichtlich nicht - er ließ den Kopf hängen und nickte.
    "Na gut... Wo machen wir's - gleich hier?"
    Für einen Moment überlegte Lucius tatsächlich, ob er Armin befehlen sollte, eine Tabula herbeizuholen. Dann erinnerte er sich aber an Eumenius und sein Geschwafel über Immobilienverkäufe - die regelte man am besten vor dem Praetor... oder war's der Aedil gewesen? Jedenfalls vor einem Magistraten, sonst konnte es leicht zu Klagen kommen! Außerdem würde der Bäcker dort keine Unterlassungserklärung beglaubigen lassen, die dem Duumvir oder Aedil oder was auch immer mitteilte, dass er hohe Spielschulden hatte!
    "Nein, wir gehen in die Curia und lassen das direkt eintragen. Treffen wir uns übermorgen, dann bring' ich das Geld gleich in Bar mit."
    Natürlich hatte er nicht seine gesamten Ersparnisse mit auf den Ostia-Ausflug genommen. Bis übermorgen würde Armin das nötige Geld aber sicherlich hierher bringen können...
    Scheinbar hatte er Hispo ertappt, denn es sah plötzlich ein wenig so aus, als würde es ihm noch deutlich unangenehmer werden, als all das hier sowieso schon war...
    "Hmmmeinverstanden..."
    rang er sich endlich ab. Dann schien er es plötzlich eilig zu haben: Rasch trank er den Becher aus, stand auf und ging ohne Gruß.


    Armin und Lucius blickten ihm verwirrt hinterher.
    "So ein Spinner..."
    "Wenn ich die Besitzurkunde hab', sollte ich ihn vielleicht entlassen..."
    bemerkte der junge Petronier nachdenklich. Aber darüber würde er bis übermorgen ja noch ausgiebig nachdenken können. Es gab sicherlich viele rationale Gründe für beide Seiten...

    cu-tribunuscohortisurbanae.png petronia2.png

    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Wieder einmal die Qual der Wahl. Für mich nicht die einfachste Entscheidung. Garküche oder Taverne? Hunger stillen und Unterkunft suchen oder Schmalhans und Zimmer für die ersten Tage?
    Noch stand ich unweit und ließ die Braunen von einer Tür zur anderen wandern. Ertappte mich wie ich wieder einmal meine Lippen mit den Zähnen massakrierte bis der Blutgeschmack mich zum Aufhören ermahnte. Unwirsch folgte ein Wisch mit dem Handrücken und die Ermahnung durch nicht gerade sensibler Wortwahl. Sogar die Röte stieg in die Wangen als hätte ich eine Rüge empfangen.
    Entscheide dich endlich! knurrte mein Magen und meine Füße tippelten unruhig hin und her. Die Wahl war entschieden. Eh ich mich versah stand ich in der Taverne und hielt Ausschau nach einen entsprechenden Tisch. Schob mein Bündel auf den Stuhl neben mir und wartete auf Bedienung.
    In der Zwischenzeit sah ich mich um, ordnete meine roten Locken und strich mein erdfarbenes Leinengewand glatt so gut es nach der langen Reise noch möglich war. Fühlte es sich doch an wie eine Ziehharmonika ohne Begleitmusik.
    Die Räumlichkeit sah gepflegt aus und der Duft nach Speisen kitzelte sehr appetitlich in der Nase. Es war wenig los und die meisten Anwesenden männlich. Mein Blick orientierte sich in ihren Gesichtern und sobald ein Augenkontakt zustande kam wanderte er ziellos weiter, zurück blieb ein offenes Lächeln.

  • Das Knurren im Magen nahm Dimensionen an denen ich kaum noch Herr wurde. Immer öfters musste ich mich zwingen den Fingern nicht freien Lauf zu lassen um in die Höhe zu schnellen. Zu gerne hätte ich laut HUNGER gerufen und auf den Tisch geklopft.
    Endlich und von einem Seufzer der Erleichterung begleitet sah ich wie ein dicklicher Kerl auf mich zusteuerte. In seinem etwas missmutigen Gesichtsausdruck war allerdings auch sofort zu erkennen wie er dachte über eine wie mich. Die Sonne schien gerade auf mein rotes Haar und ich kannte die Wirkung. Sein Zwang zur Freundlichkeit entlockte mir ein Heben der Mundwinkel als ich meine Bestellung abgab. Omelett aus 2 Hühnereiern, Garum, Rettich und getrocknetes Obst. Dazu Wein mit Honig. Das zu erwartende reichliche Mahl ließ meinen Bauch als Bestätigung jubilieren und mir trieben die Töne Röte ins Gesicht. Sein Grinsen war dann kaum zu übersehen als er sich entfernte zum Gang in die Küche aus der er wenig später mit einem Krug zurückkam und mir den bestellten Wein in einen Becher goss.
    Dabei beobachtete ich seine fleischigen Finger und verglich sie mit meinen zierlichen. Habt ihr ein Zimmer für einige Tage? Meine Frage kam spontan und lenkte mich von weiteren skurrilen Gedanken ab. Mit den Braunen musterte ich ihn fragend während ich nach dem Becher griff und einen Schluck nahm bevor er antworten konnte. Seine Gedankengänge stockten und die gefaltete Stirn ließ wenig Begeisterung erkennen. Mein Lächeln wurde breiter und die Feuchtigkeit vom Wein auf den Lippen schnell weg geleckt.
    Seine Antwort kam dann so flüssig wie der Wein beim Einschenken und mein Lächeln so süß wie der Geschmack auf der Zunge. Wir waren uns handelseinig und ich hob zum Dank den Becher. Warf sogleich einen Blick in Richtung Küche und sprach mit Nachdruck: zuerst aber freue ich mich auf mein köstliches Mahl. Er verstand auch prompt und schaffte es in kurzer Zeit die Speisen aufzutragen.

  • Nicht ganz so schnell wie die Speisen aufgetragen waren wurden sie auch verspeist. Genüsslich ließ ich die Sinne sprechen und aß teilweise mit geschlossenen Augen. Das Mahl mundete mir und zu guter Letzt labte ich mich noch am restlichen süßen Wein bis die Kanne geleert war. Gefühle der Sättigung waren nicht nur im Magen zu spüren sondern drückten auch auf die Müdigkeit. Die Hand vor den Mund gähnte ich herzhaft und räkelte mich gemütlich in eine bequeme Sitzposition.
    Mit leicht geschlossenen Lidern verharrte ich bewegungslos und genoss die Sonnenstrahlen. Sie drängten sich immer noch reichlich zum Fenster herein obwohl die Zeit bereits voran geschritten war. Mit den Gedanken war ich am nächsten Tag. Hatte mir vorgenommen gleich nach dem Aufstand auf die Suche nach Arbeit zu gehen bevor die mitgeführte wenige Barschaft zur Neige ging. Durch die Lehre des Kräuterwissens, welches mir meine Großmutter mit viel Mühe angedeihen ließ, wollte ich versuchen eine Anstellung in einer Kräutermanufaktur zu bekommen. Obwohl ich unschlüssig war wie ich als Fremde zu den entsprechenden Informationen kommen sollte hießen die Gedanken Zuversicht.
    Als der dickliche Kerl am Tisch auftauchte und mit Abräumen begann nahm ich wieder gerade Haltung an und bedankte mich mit ehrlichen Worten für die vorzüglichen Speisen. Worauf er mir mit nun weniger Skepsis im Blick beschrieb wo das Zimmer läge und mir einen Schlüssel auf den Tisch schob. Abwartend bis er sich wieder entfernt hatte griff ich nach meinem Bündel. Noch wollte er keine Bezahlung. Oder er hatte es vergessen. Eine Zeit wartete ich noch ob er wohl wieder auftauchen würde. Er blieb weg und ich erhob mich schließlich. Oberflächlich wanderte mein Blick beim Gehen über die wenigen Anwesenden mit Konzentration auf den beschriebenen Weg, der mich schlussendlich nach Hinten über einen schmalen Hof eine Stiege nach oben führte.

  • Das mit der Hilfe für Roxana hatte wirklich gut geklappt. Ich konnte mich ein wenig umsehen und auch die anderen Angestellten kennenlernen. Alle waren freundlich und ich kam mir nicht vor als bin ich die mit Skepsis beäugte Rothaarige. Zum ersten Mal ohne dieses Gefühl ein Teil einer Gemeinschaft zu sein gab mir Rückenhalt und so stand ich in der Taverne mit meinem Bündel und sah mich nach dem dicklichen Alten um. Es hielten sich wie bereits den Tag vorher wenig Gäste auf.
    Einen Augenblick später erschien der Kerl und wieder fielen mir die fleischigen Finger auf. Er streckte sie mir fast gierig entgegen und ließ sich die vereinbarten Münzen in die Hand zählen. Der Preis war nicht gerade als niedrig zu bezeichnen. Länger hätte ich mir den Luxus kaum leisten können. Zufrieden und ein wenig euphorisch klingend bedankte ich mich nochmals für die Gastlichkeit. Offen ließ ich die Frage seinerseits nach meinen Plänen. Als Antwort zwinkerte ich nur geheimnisvoll. Lächelte knapp zum Gehen bereit und mit einem Salve! auf den Lippen.

  • Irgendwie war es heute schon ein bisschen komisch für mich in die Taberna einzuziehen. Da hatte mich der gute Gaius doch glatt versetzt. Da ging es doch bestimmt um irgendein Mädchen. Ja, ich hab ihn doch gesehen, wie er diese Horatia umwarb. Na, wenn das ihr Vater erfahren würde. Dann könnte ich hier ja gleich für alle Ewigkeit alleine trinken oder halt mit einem Gaius ohne Kopf. Vielleicht war es aber auch nicht die schlechteste Idee heute ein bisschen Zeit für mich zu haben. Oh, ich sollte hier nicht so herumsitzen, sondern lieber bestellen: "Für mich bitte ein Bier. Ja, das aus der örtlichen Brauerei". Das Zeug, was sie manchmal hierher importierten war doch grauenhaft. Gutes ostensisches Bier aus örtlicher Brauerei, das war immer noch das beste und das trank ich immerhin schon seit ich sowas trinken durfte. "Besten Dank! Tut mir leid, dass ich heute kein Trinkgeld habe, bin etwas knapp bei Kasse", vertröstete ich die Bedienstete, die es mir hoffentlich nicht weiter übel nahm.


    Tja, und da war auch schon das Thema, wofür mir wohl Gaius heute schicksalhafterweise etwas Denkgelegenheit gab. Denn knapp bei Kasse bin ich ja eigentlich ständig. Das bisschen Tagelöhnern am Hafen konnte einen echt nicht weit bringen. Ein Glück war mein Vater nicht mehr da. Der würde sich sicher nur grämen über meine allabendlichen Tavernenbesuche. Naja, allzu viel Hinterlassen hat er mir ja leider auch nicht. Einen edlen Namen habe ich, hat er mir immer gesagt. Ein edler Name, ja, hätte ich dann immer gern geantwortet, aber eben einen Namen aus längst vergangenen Zeiten. Heute, so hatte man das Gefühl, brachten einen Namen nirgendwo mehr hin. Wer war nicht heute alles ein Iulius, tja und da kümmerte einen ein Marcier eben erst recht nicht mehr. Das war für mich immer alles nur Blabla. Mein Vater lebte in der Vergangenheit, wie so viele andere auch.


    Nagut, ich dagegen lebte nirgendwo. Mit der Vergangenheit hatte ich nichts am Hut, Plände für die Zukunft hatte ich nicht und die Gegenwart plätscherte so vor sich hin. Irgendwas musste ich wohl tun, bloß was? Mal eine etwas längere Anstellung wäre nicht schlecht. Das ist wohl wahr. In der Vergangenheit habe ich ja öfter schonmal einen Aushang gemacht... gemeldet hat sich aber niemand. Als Schreiber habe ich mich beworben und auch für einfachere Arbeit in einem Betrieb. Das war das einzige, was ich so richtig konnte. Ein bisschen Schreiben und ein bisschen körperlich arbeiten. Aber Ostia hatte wohl schon genug von solchen Leuten. Vielleicht dachte ich auch ein wenig zu kurz? Ich sollte mich vielleicht breiter orientieren. Vielleicht werde ichs diesmal auch in Rom probieren. Naja, probieren wir es erst einmal noch mit Ostia. Vielleicht klappt es ja in diesem Monat und danach kann ich ja versuchen auch Aushänge in Rom zu machen. Mal sehen, ob sich diesmal jemand meldet.

  • Ein Bote betrat die Taverne und gab einen Brief sowie einen kleinen Beutel ab bevor er umgehend kehrt machte...


    Ad Quintus Marcius Rex
    Ostia


    Salve Marcius,


    Einer meiner Sklaven berichtete mir von deinem Aushang auf den Märkten in Roma. Ich bin neulich zum Vigintivir gewählt worden und suche für meine Amtszeit und eventuell auch darüber hinaus nach fähigem und verlässlichem Personal.
    Anbei einige Sesterzen um deine Reisekosten nach Roma zu decken.
    Bei Interesse erwarte ich deine Ankunft in der Villa Flavia Felix, am besten zeitnah.


    Auf bald,


    Caius Flavius Scato

  • "Was? Wirklich? Post für mich?". Ich konnte meinen Ohren nicht trauen und meinen Augen erst Recht nicht als ich den Brief endlich sah. Würde tatsächlich jemand auf meinen Aushang reagiert haben? Leicht nervös und natürlich etwas zögerlich begann ich zu lesen. Aha, ihm sei von dem Auhang berichtet worden, schrieb der Verfasser, gut, gut. Und, ohje, ohje, er wurde gerade zum Vigintivir gewählt. Ein baldiger Magistrat Roms! Welch Glück den Aushang gerade nach Ende einer Wahlperiode verfasst zu haben. Natürlich konnte man da auch mal einen echt großen Fisch an Land ziehen. Sogar Geld hatte er mitgeschickt für meine Reise nach Rom. Was für ein Gönner! Zur Villa Flavia Felix also! Zu den Patriziern direkt in die Stube. Ich konnte meine Zufriedenheit kaum verbergen, gab gleich meinem Freund Gaius noch einen aus, auf dass wir dies begrießen konnten. Doch nachdem sich die erste Euphorie gelegt hatte, wurde mir auch schon bewusst, dass ich ja jetzt auch ziemlich viel falsch machen konnte. Wie sollte ich auftreten? Welche Erwartungen würden an mich gestellt werden? Nicht, dass ich am Ende gleich wieder nach Hause geschickt wurde, wenn ich mich als unzureichend erweisen würde. Aber gut. Das waren Sorgen für Morgen. Heute ließ ich die Gedanken noch ein wenig bei der reinen Freude.

  • "Ja, das ist meine letzte Runde!", verkündete ich der Bediensteten und stieß mit ein paar Freunden (darunter auch der bekannte Gaius) an. Auf mich wartete nun ein Leben in Rom. Was vor ein paar Wochen noch ziemlich unwahrscheinlich klang, wurde jetzt bald Realität. Dabei war dieser Flavier ja schon ein bisschen komisch, so berichtete ich es auch meinen Freunden, die daraufhin nur Kommentare parat hatten, wie "typisch Patrizier", "diese reichen Schnösel". Ich erzählte von sämtlichen Details, darüber, dass er mich kaum ansah und mir ziemlich gleichgültig gegenüberstand. Schon ein bisschen merkwürdig, wenn man bedachte, dass wir bald sehr eng und viel zusammenarbeiten mussten. Bestimmt würde das ganze ziemlich hart und wer weiß, wie der noch mit mir umsprang. Aber wie einen Sklaven würde ich mich sicherlich auch nicht behandeln lassen! Immerhin war ich römischer Bürger und ich entstammte immerhin einem bedeutenden Geschlecht, auch wenn die guten Tage natürlich schon lange vorbei waren und nicht mehr viel vom Glanz meiner Vorfahren in der Gegenwart übrig blieb. Dem hatte ich nie nachgeweint. Zeiten änderten sich, Rom änderte sich. Mit etwas Glück würde dieser etwas sonderbare Patrizier auch nur das Sprungbrett sein, um in Rom bessere Kontakte zu finden. Das blieb abzuwarten. Vielleicht entpuppte sich der Flavier ja auch noch als echter Menschenfreund. Das alles war noch Zukunftsmusik.


    Wir scherzten und lachten, ich erhielt viele Glückwünsche für mein neues Leben in Rom. Ein bisschen würdest du mir ja schon fehlen, mein liebes Ostia, denn du bist wirklich eine Augenweide und hast dich immer gut um mich gekümmert. Der Hafen wird mir fehlen, das wusste ich schon, doch das gute war vielleicht, dass du nicht allzu weit weg bist und ich dich vielleicht sogar ab und zu mal besuchen kann. Vielleicht kehrte ich ja auch irgendwann gänzlich wieder hierhin zurück, denn die Wahrscheinlichkeit, dass ich in Rom sogar völlig scheiterte, sollte man auch nicht allzu gering einschätzen. Was auch immer passieren würde, ich war froh, dass etwas passierte und dass ich es tatsächlich geschafft hatte, mein Leben ein bisschen mehr in die eigene Hand zu nehmen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!