Duccia Venusia

  • Aufmerksam saß der ehemals freie Mann vor der Frau und hörte ihr zu. Es war nicht nur weil es so angenehm war die Sprache wieder zu hören. Er war auch gespannt was sie ihm alles zu erzählen hatte. Beim Anblick ihrer Schulter legte sich ein Schatten über seinen Blick. Sie war sicherlich eine freie, stolze Frau gewesen. Wie die Frauen in seinem Dorf. Und dann hatte sie so etwas erleben müssen.
    Alans Hand ballte sich zur Faust. Das durfte doch einfach alles nicht passieren. Irgend etwas musste er jetzt tun, sonst konnt er sich nicht mehr beherrschen. Und so stand der Sklave auf und trat zu einem Tisch in der Nähe. Er sollte doch immer dafür sorgen, dass es seiner Domina gut ging. Und nachdem sie so viel gesprochen hatte, war sie sicherlich durstig. Also schenkte Alan ihr etwas von dem verdünnten Wein in einen Becher und brachte ihr diesen.
    Anschließend setzte er sich wieder auf den Hocker. Auch wenn es ihm nicht leicht fiel. Sie fragte ihn woher er kam. Und eigentlich wollte er ja nicht so viel erzählen. Doch nachdem er jetzt alles von seiner Domina gehört hatte, fühlte er sich irgendwie mit ihr verbunden.
    "Ik herkamen vun Gebiet der Marser. Wi weern een grootes Dorp. In de Nacht sünd wi ok von de Nachbarstamm angegriepen worrn. Keen hett dormit reken mit. Väl Minschen sünd dootbleven."
    Alan hielt inne. Die Erinnerungen an diese schreckliche Nacht waren alles andere als angenehm. Er hörte noch immer in der Nacht die Schreie und Rufe in seinen Träumen. Er atmete tief durch, denn die Erzählung ging ja leider noch weiter.
    "Den di neet dootbleven worrn, di sünd an de Römer verkoopen worrn. Bangbüx di!"
    Schimpfte Alan und ballte seine Hand schon wieder zur Faust. Doch da sah er Venusia wieder an und zog sich das Hemd über den Kopf. Das hatte keinen anderen Hintergedanken, als dass er ihr sein Brandmal zeigen konnte. Direkt auf der Brust sah man noch das vernarbte und noch nicht vollkommen abgheilte Zeichen des Sklavenhändlers. Er ließ seinen Blick zu Boden sinken.
    "Ik konn neet hoem. Ik hev keen hoem mihr."
    Alan zog das Hemd wieder an, wobei er sehr darauf bedacht war nicht an die Wunde zu kommen. Es schmerzte immer noch. Noch dazu hatte er ja auch noch die Wunden vom Kampf, die auch noch viele sichtbar waren.
    "Glöbst die ik kann hie ok een neues Loeben starten?"
    Fast etwas scheu blickte der Germane dann wieder auf und seine Gegenüber an. War das etwa schon der erste Schritt in die richtige Richtung?

  • Venusia betrachtete ihren Sklaven eine Weile und nickte dann schließlich.
    "Ik gloeb scho. De bekumst weng Munz und de kanns se back leegen und wennst frigelasen würst een newes Leven staten."
    Ein neues Leben hatte sie damals auch versucht zu beginnen und was hatte es ihr gebracht? Sie war weit weg von ihrer Familie, sie war wieder allein und ihre Kinder konnte sie nicht behalten. Da fiel ihr auch wieder ein was sie auch noch mit ihrem Sklaven zu besprechen hatte.
    "Kunnst goed kämpen? Ik schicken mijn Kinds to een Onkle.Ik will in eene klein Grup wegföhren. Net veel Leut."
    Sie hoffte, dass er ja sagen würde. Sie wollte nicht viele mitnehmen und noch weniger einweihen. Sie würde den Kindern einen Brief an Livianus mitgeben und hoffen, dass er sie aufnimmt. Sie würde ihm darin alles erklären und einfach nur hoffen.

  • Ein neues Leben? Alan sah sehr nachdenklich aus. Wollte er ein neues Leben haben? Was war mit seinem Alten? Das hatte er verloren. Und alles was ihm blieb war das was er momentan hatte. Eine scheinbar sehr verständnisvolle Domina und ein kleines Quentchen Glück. Ja, er würde die Münzen gut aufbewahren und wenn er dann wirklich wieder so etwas wie ein freier Mann war, dann würde Alan alles daran geben wieder jemand zu werden. Er war ein stolzer Marser! Man konnte ihm die Heimat und seine Liebstne nehmen. Aber das vermochte ihm niemand weg zu nehmen.
    Als Venusia dann wissen wollte ob er kämpfen könnte nickte der Marser. Ja, kämpfen konnte er sehr wohl. Nur gegen die Überzahl des angreifenden Dorfes hatte keiner von ihnen wirklich eine Chance.
    "Ik solln inhöen dien Kinds und di? Woneer bösseln wi los?"

  • Sie nickte vorsichtig.
    "Mijn Kinds, ja. Ik kann kämpen, häbs leren möten as ik wär een kind. Ik will heppen een kleene Grup. De Kinds, di, mi un zwee Sklaven. De kinds kummen inne Wagen an we anneren uf de Pferds. Es it keen langs Weg bis Misenum."
    Es fiel ihr wirklich schwer die Kinder wegzuschicken, aber es wollte ihr einfach kein anderer Weg einfallen und die Kinder hier zu lassen war immer noch keine Alternative. Nicht mehr, nicht nach Allem was sie hier erleben musste.
    "Uff de Weg to Misenum will ik kömpen öven mit dijn Helf."
    Dies war mehr oder minder ein Befehl. Sie hatte die Übung leider schon einige Zeit einschlafen lassen müssen. Nun aber würde sie damit weiter machen.

  • Während seine Domina berichtete wie sie sich das vorstellte, ging Alan das Ganze in Gedanken durch.
    Es könnte klappen. Der Wagen der Kinder umringt von vier Leuten. Jeder an einem anderen Eck und wenn die anderen beiden Sklaven wenigstens halbwegs gut kämpfen konnten, dann müssten sie es schaffen. Noch dazu war Venusia eine angesehene Römerin. Es war ja nicht so, dass er alleine versuchte irgendwo hin zu kommen.
    Schlussendlich nickte Alan. Das war machbar.
    "So maken wi es."
    Ihm war klar, dass die -Bitte- ihr beim Kämpfen zu helfen nicht wirklich eine Bitte war. Deswegen nickte Alan auch darauf. Auch wenn es ihm etwas wiederstrebte seiner Domina etwas zu zeigen. Doch es wäre ja auch zu ihrer eigenen Sicherheit.
    "Woneer bösseln wi los?" Es wäre gut zu wissen wann es los ging, denn dann konnte er sich selber besser darauf vorbereiten.

  • "De nächsten Dach. Ik denk in zwee oda dree."
    Einige Dinge mussten noch geklärt werden, organisiert, besprochen, geplant und durchgeführt werden. Das war der letzte Punkt gewesen, den sie mit dem Germanen besprechen wollte.
    "Wenn de mögst, loop in dijn Ruum o gehst in de Kök o wat du meenst noch so zu maken."
    Jetzt benötigte sie Ruhe und Platz für ihre Sachen und Vorbereitungen.

  • Nach ihrem Gespräch auf dem Palatin war sie schnurstracks zur Casa gegangen um den ersten Teil des Auftrages zu bewältigen. Sie setzte sich auf ihr Bett und überlegte was sie mitnehmen sollte und was nicht. Ihren Sklaven würde sie benötigen und ließ nach ihm schicken. Ihn würde sie auch mitnehmen. Was nahm so eine Unterhändlerin sonst noch mit? Viel würde sie wahrscheinlich nicht benötigen. Reisesachen sollte sie einplanen, dickere und bequeme Kleidung sollte es sein. Ein paar Ersatzsachen. So langsam reiften ihre Gedanken heran. Sie würde endlich etwas tun können und aus Roma herauskommen.

  • In den letzten Tagen war einiges passiert.
    Alan hatte Vorbereitungen getroffen. Im Geheimen und nur für sich.
    Schließlich war er auch ein Krieger und daher auch schon gewöhnt, wenn man mehrere Tage auf Wanderschaft gehen musste.
    Natürlich war das hier in dieser großen Stadt alles andere als leicht.
    Was der Germane aber verstärkt getan hatte war die Sprache zu lernen. Er hörte zu und unterhielt sich mit anderen Sklaven. Es war immer besser, wenn man verstand, was der Feind zu einem sagte.
    Heute wurde er ins Cubiculum seiner Domina gerufen.
    Alan trat ein, schloss die Türe hinter sich und trat vor Venusia.
    Wie es sich gehörte, senkte er den Kopf, doch nicht gänzlich. Er zeigte seinen Respekt, doch unterwürfig war Alan immer noch nicht.
    "Du hast mich rufen lassen?"
    Fragte er dann in gebrochenen Worten.

  • Erfreut hatte Venusia registriert, dass sich Alan immer besser in den Haushalt einfügte und auch Latein lernte. Sie sprach es jetzt auch deutlich öfter mit ihm damit er es auch üben konnte. So tat sie es auch jetzt wieder.
    "Alan, wir werden eine Reise machen. Ich bitte dich darauf vorzubereiten und dir auch ein paar Sachen mitzunehmen."
    Sie überlegte wieviel sie ihrem Sklaven erzählen konnte. Auch wenn sie ihn noch immer nicht genau einschätzen konnte, hatte sie das Gefühl, dass er ihr Verbündeter war und so wechselte sie kurzer Hand ins Germanische. Das war der einzige Weg sich mit ihm im Geheimen zu verständigen.
    "Ik heff een geheem Warf gekriegt."
    Venusia hoffte, dass er ihr Ansinnen verstand und wenn er Fragen hatte, diese auf germanisch stellen würde.

  • Es war immer noch komisch, wenn er die Frau vor sich Latein sprechen hörte. Von den Römern war er es ja mittlerweile gewöhnt und kannte es ja auch nicht anders. Aber Venusia sprach so wunderschön seine Sprache und er hörte ihr so gerne dabei zu. Es war jedes Mal eine Wohltat. Und doch neigte Alan nun erneut den Kopf als sie ihm auftrug alles für eine Reise vorzubereiten.
    Er wollte sich schon zurück ziehen, als sie ihn erneut ansprach. Und dieses Mal in der erhofften Muttersprache. Doch die Freude darüber wich der Verwunderung. Sie tat es dieses Mal nicht für einen Plausch. Sie hatte einen geheimen Auftrag? Was bedeutete das denn? Aber war ihm diese Frage gestattet? Obwohl sie Alan auf der Zunge lag, verkniff er sie sich. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass hier etwas großes in der Luft lag. Schließlich kam es nicht oft vor, dass seine Domina so plötzlich von einer Sprache in die Andere wechselte. Und geheim war immer ein deutliches Zeichen dafür.
    "Ik verstahn. Solln ik einpackn waffn?"
    Man sollte schließlich auf alles vorbereitet sein.

  • Kurz überlegte sie und nickte dann langsam.
    "Een poor beten. Nech heel. Wi müssen se goot versteken. We hebben een Warf in't Naams de kaiserlichen Kanzlee. Dat mutt geheem bemöten."
    Dass es gefährlich werden konnte, musste sie ihm vermutlich nicht erklären. Dass es geheim war, hatte sie ihm eben und gerade noch mal erklärt, dass sie vorsichtig sein mussten ebenso. Jetzt konnten sie sich nur noch bereit machen und warten und dann loslegen wenn man sie rief. Sie seufzte. Früher hätte es ihr riesigen Spaß gemacht den Gefahren zu trotzen und sich Hals über Kopf in den größten Wahnsinn zu stürzen. Sonst wäre sie wohl nicht durch eine von einem krieg gebeutelte Provinz gereist um nach dem Rechten zu sehen. Ihr wurde auch nur all zu deutlich gezeigt, welch Glück sie hatte unbeschadet zurückzukehren. Der Germane an ihrer Seite war ihr ein großer Trost.

  • Überrascht zog Alan eine Augenbraue nach oben.
    Das nannte er mal einen wirklich geheimen Geheimauftrag.
    Einerseits war er natürlich ein Krieger und deswegen dem Abenteuer nicht abgeneigt. Andererseits schlug in ihm halt immer noch das einfache Herz eines Schreiners.
    Ein ausgebildeter römischer Soldat würde wohl über die Kampftechniken von Alan lachen. Es war die Art wie er all die Jahre sein Dorf beschützt hatte. Bis zum bitteren Ende.
    Aber es gefiel ihm nicht, dass sich seine Domina in Gefahr brachte. Sie war in dieser großen Stadt die Einzige, die bisher zu ihm gehalten hatte. Und auch wenn es Alan alles andere als passte, dass er verraten und verkauft worden war. So war sie vermutlich in dieser Miesere das Beste für ihn. Schließlich hatte sie ihm schon mal seine Zukunft in Aussicht gestellt. Und wenn ihr nun etwas passierte?
    "De sollst weeten, dass ik di oppassen warn. Ik sech zu keeneen was. Nur di und ik. Ik niemen lütt wapen mit, goot verstekt."
    In einer ergebenen Geste senkte Alan den Kopf. Irgendwie ehrte es ihn ja schon, dass seine Domina solch ein Vertrauen in ihn hatte.

  • Zufrieden nickte Venusia.
    "Dank u veel."
    Dann ging sie noch mal ihre Liste im Kopf durch und fand nichts weiter was sie ihrem Sklaven auftragen konnte. Den Rest musste sie selbst machen.
    "Dat is denn all. Du kannst gahn."
    Sie lächelte Alan noch mal kurz zu, dann erhob sie sich und packte einige wenige Sachen zusammen, die sie unbedingt mitnehmen wollte und musste.

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