Tatsächlich zeigte Lucius keine Reaktion mehr - stattdessen wartete er irgendwie auf eine Eingebung, die ihm einen logischen Weg zeigen konnte, wie er die Schuld seines Vaters beweisen konnte. Wäre er abergläubisch gewesen, hätte er den abschließenden Ratschlag wohl auch für einen Wink der Götter gehalten, dass hier der sprach, der selbst im Tonhaus saß... Aber so musste er bei der Berührung an der Wange nur an zahlreiche andere Berührungen dort denken, die weitaus schmerzhafter gewesen waren. Ob seine Mutter auch zuerst eine Ohrfeige bekommen hatte? Die Ohrfeigen des Alten waren berüchtigt - zumindest in der Domus Petronia - gut möglich, dass seine Mutter, die ja nicht unbedingt ein Schwergewicht gewesen war, von ihrer Wucht gegen den Herd geschleudert worden war!
Wie sich dies beweisen ließ, blieb dem jungen Petronier aber verborgen - und so stierte er weiter vor sich hin, schüttelte ferngesteuert Hände und murmelte
"Vale - Vale - Vale"
bis sämtliche Decurionen an ihm vorbeidefiliert waren. Als die Decurionen sich dann aufmachten, fixierte er wieder seinen Vater, als würde er sich durch irgendeine bestimmte Geste verraten. Zweimal trafen sich sogar ihre Blicke, als der Alte verstohlen zurückschaute - oder war es schuldbewusst? Vielleicht hatte er ja auch gerade im Moment an sein Verbrechen gedacht... - auch die Wahrscheinlichkeit hierfür natürlich ziemlich gegen Null ging...
Als die Gesandten dann um die Ecke verschwunden waren, tippte Armin ihn an.
"Wie sieht's aus, Lucius? Geh'n wir einen Saufen?"
"Ne, keine Lust. Ich glaub', ich muss mich doch 'mal mit der Juristerei befassen..."
gab er zurück. Sein Sklave sah ihn an, als wäre er verrückt geworden - Lucius hasste die Rechtswissenschaft für ihre Unpräzision und den unendlich großen Laberfaktor! Aber jetzt war sie wohl die einzige Möglichkeit, eine bewährte Strategie zu finden, wie er das Verbrechen seines Vater aufdecken konnte!
Die Feierstimmung war jedenfalls ruiniert und am Ende des Tages musste Armin schließlich wieder einmal allein losziehen...