Atrium | Und die Welt erscheint dunkler....

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    Original von Manius Flavius Gracchus


    Aufs Neue hatte der junge Flavius an jenem Tage die Tunica von einer Farbe, der von Granit überaus similär, geziert durch samtene Borten angelegt um, alternierend die Nähe seiner beiden Elternteile suchend, an einer Bestattung teilzunehmen. Im Gegensatz zu der letzten derartigen Gelegenheit handelte es sich in diesem Falle hingegen um ein Individuum höchsten Prestiges, ja um einen Senator Roms, welcher an diesem Tage zu Grabe getragen werden sollte. Dem Anlass entsprechend hatten sich daher Vertreter der renommiertesten Häuser Roms versammelt, deren sich der Knabe in Teilen von anderen Ausflügen in die hohe Gesellschaft Roms erinnerte. So mochte er mit gewissem, irrationalem Unbehagen diesen ergrauten Mann memorieren, der nun auf einen Stock gestützt bei anderen gravitätisch dreinblickenden Persönlichkeiten stand, aber auch jene überaus konfundierenden, sich in seinen Augen gänzlich gleichenden aurelischen Damen, deren Bekanntschaft er auf den Sponsalia im Hause Flavia gemacht hatte.


    Doch inmitten des gedämpften Gemurmels unzähliger Kehlen vermochten die neuerlichen Gedanken an den Tod und die inimmaginable Endlichkeit des Lebens den Knaben in gleichem Maße zu bedrücken wie bei dem kürzlich vergangenen Male, sodass er es nicht wagte, heranzutreten und die bleichen Leichname im Zentrum zu inspizieren, sondern bei seinen Eltern verharrte und die Situation schweigend und mit gewisser Furcht vor dem Ungewissen in sich aufnahm.

  • Vala weilte ebenso in der Trauergesellschaft. Wenn auch weit ab vom eigentlichen Geschehen, immerhin spiegelte die Nähe zum Toten auch den gesellschaftlichen Rang wider. Und der war bei Vala.. nun, lassen wir das.
    Auch der junge Germane hatte sich in Trauerflor gekleidet, so dezent wie unauffällig, schließlich gab es noch mehr zu verstecken. Eigentlich konnte er sich kaum auf den Beinen halten, was noch ein Grund mehr war sich so weit wie möglich unauffällig im Hintergrund zu halten. Jeder Schritt ein stechender Schmerz, jeder digitus Stoff, der über seine zahlreichen Verbände rieb eine einzige Pein.
    Aber Vala wäre nicht Vala, würde er sich wegen so etwas schonen. Denn auch wenn es ihm letztendlich nicht viel brachte hier zu sein, da die Aufmerksamkeit anderen vorbehalten war, galt es doch zumindest so sehr mit Anwesenheit zu glänzen bis er seine Pflicht erfüllt und dem Aurelier die notwendige Portion Ehrerbietung ob seines Wirkens in dieser Welt dargebracht hatte. Dann konnte er gehen, und das Schluchzen und Heulen der verweichlichten und heuchlerischen Oberschicht hinter sich lassen. Aber bis dahin hieß es: ausharren. Zähne zusammen beissen. Und einen auf alter Mann machen.

  • Sextus lehnte sich an eine Säule am Rand des Atriums. Er musste hierbei nicht in erster Reihe stehen und Trauer heucheln, es reichte, wenn er sie durch seine Kleidung und Anwesenheit zeigte. Ein gutes hatte die Sache: Schwarz sah gar nicht mal so schlecht aus. Nur etwas trist.
    Die letzten Tage hatte er schon damit zugebracht, zu versuchen, seine Cousinen zu trösten. Diese nahmen den Verlust wohl am schwersten. Sextus vermutete dahinter eine weibliche Anwandlung, die einfach bei Tod mit Heulen reagieren musste. Eine seiner Schwestern hatte auch mal ein Kätzchen gehabt, und als das eines Tages tot dagelegen hatte, hatten alle seine Schwestern geheult. Selbst seiner Mutter war eine Träne entwichen. Das hier war wohl ähnlich, nur etwas größer. Und er konnte ja verstehen, dass man traurig sein konnte, wenn man eben ein gefühlskontrolliertes Wesen (also ein Weib) war. Nur machte es ihm die Situation nicht unbedingt leichter. Wie sollte er bitte seinen Status als mitfühlender Frauenversteher UND Kerl etablieren, wenn sich alles um ihn herum in Tränen auflöste und er nicht viel mehr als 'Es wird schon wieder gut' sagen konnte? Weiber...


    Und so überließ er den Platz in der ersten Reihe denen, die den Tod von Corvinus und Celerina beklagen wollten. Als Senator war es sowieso Avianus, der hier nun erstmal der Hausherr war und sich damit der Trauergemeinde stellen musste. Und die Frauen würde ohnehin da vorne niemand wegbekommen. Er hingegen konnte sich im Hintergrund halten und nur dann einspringen, wenn er gebraucht wurde.
    Eines wenigstens musste er Celerina lassen: Sie war eine hübsche Leiche. Gut, nun so kurz vor dem Trauerzug wurden hier und da schon Spuren ihres Totseins erkennbar, aber sie hielt sich gut. Auch nach den ganzen Tagen, in denen sie aufgebahrt war. Das Gift hatte sie nicht entstellt oder verfärbt, das musste er ihr anrechnen. Corvinus hingegen sah da schon etwas toter aus, so blass und blutleer. Ein sehr römischer Tod, zweifellos, aber dennoch war sich Sextus nicht sicher, ob er denselben Weg je gehen würde, wenn es wirkliche Gründe gab, das zu tun. Und nicht, weil die Frau einem Skandal ausgesetzt war, den man seiner Meinung nach hätte vertuschen können. Aber allzu sehr musste er sich mit diesem Gedanken ja auch nicht befassen. Vermutlich würde er ohnehin mit einem Dolch im Rücken sterben, da waren solche Gedanken dann überholt.


    Und so lehnte er da und beobachtete die Szenerie der Trauer mit mäßigem Interesse und zeigte eigentlich nur betroffene Präsenz im Sinne der gensbetreffenden Einigkeit.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso

    “Ja, ich bin hier, bei dir“, entgegnete er leise und lächelte.... “Weißt du, was geschehen ist?“, fragte er leise und blickte sie unsicher an. “Und... und... weißt du jetzt, wie es mit uns weitergehen wird... [size=6]meine Liebste[/size]?“, setzte er leise hinzu. ...



    Hatte sie ihn tatsächlich gerade eben Piso genannt anstatt Aulus, so wie sie ihn unlängst zu nennen pflegte? Gut möglich. Es geschah unbewusst und war ein deutliches Zeichen dafür war, wie aufgewühlt Priscas Seele augenblicklich war. Noch immer konnte sie die Endgültigkeit des Todes nicht begreifen und, dass erst durch diesen der Weg für ihre und Pisos gemeinsame Zukunft frei wäre. Eine Zukunft, die sie nunmehr hatten - die ihnen vergönnt wäre - nur ... Wie wird es mit uns weiter gehen?,wiederholte Prisca die Frage ihres Liebsten im Gedanken. Hatte es erst so weit kommen müssen?! Womöglich ahnte Piso noch gar nichts von dem Brief ihres Onkels und von den genauen Umständen, wie er und wie Celerina zu Tode gekommen waren. Oder doch? Der Freitod ihres Onkels, die Geschehnisse im Hain, .. die Einverständniserklärung von Marcus, post mortem, mit der er dem Glück seiner Nichte nicht mehr im Wege stehen wollte,... Warum musste Marcus erst sterben, um mir DAS zu sagen, ... warum nur mussten er und Celerina überhaupt sterben? Priscas schluchzte leise, mit den Tränen kämpfend und sie war heilfroh, dass dieser Schleier - wie ein "kleines Schutzzelt" - ihre tiefste Trauer (zumindest optisch)v or der übrigen Welt verborgen hielt.

    Nein, Aulus sollte dieser Anblick wirlich erspart bleiben, ebenso, wie ihrer übrigen Familie. Flora, Narcissa, Avianus, Cotta (der trotz seiner gesundheitlichen Probleme extra aus Sardinien angereist war), Ursus und Septima und ihr ungeborenes Kind, Imbrex, selbst Lupus und ihr Halbbruder Pegasus. Sie alle hatten genug mit ihrer eigenen Trauer zu tun und der Weise, wie sie damit umgingen. In diesen schweren Zeiten, die ihnen zweifellos beschert waren und in denen allein der Zusammenhalt und die Verbundenheit der gesamten Familie zählte. Und das bedeutete Prisca sehr viel, denn ohne dieses Gefühl der Verbundenheit könnte eine so bedeutsame gens wie die der Aurelia gar nicht bestehen.

    Unwillkürlich umfasste Prisca die Hand ihres Liebsten mit ihren kalten Fingern und drückte diese sanft. Ja sie war dankbar für seine Nähe und seine Liebe, die sie unglaublich viel Trost und Wärme in dieser schweren Stunde schenkten. So sehr ihre Gedanken auch in Trauer gefangen waren, so hoffnungsvoll war gleichzeitig der Schimmer am Horizont den sie erkennen konnte, wenn sie in Pisos Augen blickte. "M..mein Onkel, er hat sich das Leben genommen, nachdem man Celerina vom Pontifex hierher gebracht hatte", begann Prisca mit einem tiefen Atemzug so leise zu sprechen, dass nur Piso ihre Worte vernehmen konnte. "Man sagt, .. sie war zu dem Zeitpunkt schon tot, aber es hätte nicht unmittelbar an den Folgen dieses … dieser schrecklichen Ereignisse im Hain gelegen, von denen die ganze Stadt spricht." Sicher wusste Piso, worauf sie hinaus wollte. Der Frevel im Hain, die Rinderherde, die vielen Toten, die den Zorn der Götter herauf beschworen haben sollen und die Gerüchte, die sich darum rankten. Aber daran wollte Prisca gar nicht weiter denken und so schüttelte sie nur schluchzend den Kopf.


    "Ich weiß nicht was das alles zu bedeuten hat, Aulus und was wir nun tun sollen. Glaubst du, dass die Götter uns zürnen, weil unseren Familien dieser Tage so viel Leid widerfährt?", fragend sah die junge Aurelia in Pisos Augen, die sie zweifellos besser erkennen konnte wie er die ihren, durch den Schleier hindurch. Auch das flüchtige Zucken ihrer Mundwinkel blieb ihm verborgen als Prisca - all der Trauer und der Sorgen, in diesen schweren Stunden zum Trotz - an ihre gemeinsame Zukunft denken musste. "Doch es gibt etwas das ich dir unbedingt sagen muss. ... Marcus, er .. er hat unserer Ehe seinen Segen gegeben! ...[SIZE=5]Oh Liebster"[/SIZE], seufzend sprach Prisca unvermittelt und mit schwerer Zunge aus, was ihr so sehr am Herzen lag. Obwohl es ihr schwer fiel dieses Glück zu fassen, angesichts der schrecklichen Ereignisse, so wollte sie dieses Glück dennoch mit Piso teilen.

  • Piso nahm sich zusammen, um bei der Berührung nicht zusammenzufahren. Ach du liebe Zeit, war ihre Hand eiseskalt! Es war, als ob man seine Hand in siedend heißes Öl tauchte. Nur halt andersrum. Logisch, oder? Sich fragend, was dazu wohl geführt haben mochte, dass sie sich so kalt anfühlte – vielleicht war es eine direkte Translation ihrer psychischen Konditionen auf die Physis? – umschloss er ihre Hand mit der seinen. Ja, sie sollte etwas aufgewärmt werden. Das war gut so, ja. Körperliche Nähe war Piso wichtig, denn er empfand sie als schön. Der Flavier hatte keine Ahnung, ob Lupus jetzt zuschaute, aber er hoffte, er tat es. So geht man mit seinen Mitmenschen um, dachte er sich ein wenig hochmütig, denn Lügen hatten kurze Beine. Und Pisos Gefühle waren ehrlich, ja, er verspürte sie wirklich, die Pfeile des Amor in seinem Herzen, und wie sein Herz glücklich war, nach Langem endlich Labsal zu finden für die Pein, die er durchgemacht hatte. Ja, ihre Nähe war wie Salbe, sie zu hören wie Medizin. Ein Remedium für die lange Zeit, da er sie nicht gesehen hatte, sie nur nach ihr verzehrt hatte und sich deshalb kreuzunglücklich gefühlt hatte. Vielleicht würde nun alles gut werden. Doch zuerst mal hörte er ihren Worten zu.
    Erst horchte er hin, und seine Reaktion kann folgendermaßen wiedergegeben werden: “Oh.“ Ja, etwas anderes konnte er wohl nicht sagen. Celerina war in den Nemoralien verwickelt gewesen. Man munkelte, sie wäre gestorben zwischen der Nemoralia und ihrer Ankunft hier? Und Corvinus hatte sich das Leben genommen...
    In Pisos Hirn entstand eine Geschichte, die perfekt kompatibel war mit seiner Vorstellung von Corvinus als gemeingefährlichen Stumpfhirn. Und die ging so. Corvinus hatte seine Frau veranwtortlich gemacht für den Skandal, er hatte sie umgebracht und sich dann selbst, in einem Wahn von Idiotie. Ja, so musste es gewesen sein! Das war ihm zuzutrauen, diesem Schmalzheini, der immer gelabert hatte von wegen Familienehre und oh wie sittsam und ziemlich und guter Name der Gens. Piso würde ihn umbringen, wenn... nun ja, wenn Corvinus die Arbeit nicht schon für ihn erledigt hätte. Aber wer wusste, vielleicht kam er mal am Grab des Kerls vorbei und würde, wenn niemand hinguckte, draufpinkeln. Jawohl, dass würde ihm recht geschehen, dem Gauner! Und da war es ihn egal, wenn ihn dann die Lemuren holen würden!
    Er hütete sich aber davor, seine Gedanken Prisca mitzuteilen. Die Gründe waren offensichtlich. Und er wollte ihren geliebten Onkel nicht vor ihr diffamieren. Es hieß nun also ernst dreinzuschauen und zu nicken.
    “Hmm“, machte er, was ihre kommende Frage nun anging. Ob die Götter den Flaviern zürnten? Vielleicht. Den Aureliern? Naja, war ja nur der eine. Kein sonderlich großer Verlust. Konnte man ersetzen (zum Beispiel mit ihm selbst, Piso, im Collegium Pontificorum, dachte er sich). “Ich denke nicht. Es ist nun einfach passiert“, hoffte er mit der Authorität eines Septemvirs sagen zu können. “Die Sühne wird wohl vom Staat geleistet werden.“ Ob da ihre beiden Familien etwas beitragen mussten? Piso hoffte nicht, denn er mochte sein Geld!
    Doch dann, dann kam der Moment, der der Frisch ins Wasser springt. Piso klebte an ihren Lippen, soweit dies möglich war bei diesem Schleier, der ihre Schönheit von ihm fern hielt. Was war das? Er hatte... Segen?
    Pisos Unterkiefer klappte auf, nach unten hin. Mit seiner Kinnlade unten, rauschte ihm etwas durch den Kopf. Das konnte nicht sein, nein. Corvinus hatte in seinem Kopf schon einen festen Platz – der des unverbesserlichen Schurken! Des Bösewichts! Corvinus war vom Prinzip her gehässig, doof, uneinsichtig und antiästhetisch – wie also konnte so etwas passieren? Wi konnte solch ein Typ Prisca die Erlaubnis geben, ihn zu heiraten? Das war ja... unglaublich! Als Piso seinen Mund wieder schloss, suchte er nach Erklärungen. Es war ein Teil von demselben Wahn, der Corvinus dazu veranlasst hatte, Celerina zu ermorden (diese Geschichte nahm immer mehr Form in ihm an)! Oder aber es war der Gedanke, dass, wenn das rauskäme, niemand mehr bereit wäre, eine Aurelia zu heiraten! Oder aber Corvinus hatte doch noch das Licht gesehen! Ja! Vielleicht hatte der Aurelier ihn doch noch am Ende seines Lebens als das Genie gesehen, das er war! Vielleicht hatte er eingesehen, dass er seiner Nichte einen großen Künstler vorenthielt! Vielleicht hatte er Vernunft angenommen!
    Möglich. Hmm. Vielleicht würde Piso doch nicht auf sein Grab schiffen. Mal sehen.
    Im Moment aber beschränkte er seine Aktionen darauf, auch seine zweite Hand um ihre andere zu fassen. “Oh Prisca. Das ist ja wunderbar... wunderbar... einfach... das ist großartig...“ Er wirkte baff, und er war es auch. Mit so etwas hätte er nie gerechnet.
    “Das heißt also, dass wir uns verloben können? Nicht jetzt, sondern halt... wenn die Trauerzeit vorbei ist?“ Erwartungsvoll blickte er sie an.

  • Der junge gallische Sklave fühlte sich wie gelähmt. Er war nicht dazu in der Lage, irgend etwas zu tun. Er stand einfach nur da und hörte leise gemurmelte Gespräche, ohne ein Wort zu verstehen. Es interessierte ihn auch nicht wirklich, was da gesprochen wurde. Irgendwie gab er sich noch immer die Schuld an dem, was geschehen war. Die Trauer färbte seine sonst grünblauen Augen regelrecht bläulich und sie sahen aus wie ein tiefer See. Noch immer verstand er nicht, was genau bei den Nemoralia geschen war. Man hörte so viele verschiedene Gerüchte und man konnte kaum noch herausfinden, was wirklich geschehen war. Einzig Celerina hätte den Sachverhalt klären können, aber sie war tot. Auch ihr Gemahl war tot. Er hatte sich getötet. Sich selbst betötet, in dem er sich mit einem Dolch in den Bauch stieß. Wie elendig. Wie furchtbar.


    Nur erinnerte ihn das an seine eigene Wunde, die er bei seinem Kampf gegen die Legionäre davon getragen hatte, und nun als Narbe seinen Körper zierte.


    Noch immer stand er hinter Domina Flora, die ihn angesichts ihrer Trauer natürlich überhaupt nicht wahrnahm. Er war nur ein Sklave und sie war eine Aurelia und wenn sie etwas überhaupt nicht kümmerte - ja gar nicht zu kümmern hatte - dann war es der rotblonde Gallier hinter ihr.

    Fishing4Comments: Verbesserungsvorschläge sind durchaus erwünscht.

  • Auch Seiana war zur Trauerfeier erschienen. Natürlich war sie das. In schlichte Trauerkleidung gewandet, hatte sie sich auf den Weg zur Villa Aurelia gemacht, um Aurelius Corvinus und seiner Gattin die letzte Ehre zu erweisen. Von Beileidsbekundungen sah sie, jedenfalls im Moment ab. Die Aurelier und Flavier, die sie – wenigstens vom Sehen her – kannte, wirkten nicht so auf sie, als legten sie im Augenblick sonderlich Wert auf derlei Aufmerksamkeiten, und später würde wohl immer Zeit genug sein. Im Übrigen war ihre Anwesenheit ja bereits Zeichen für ihre Anteilnahme. Seiana hielt sich also, ebenso wie einige andere, im Hintergrund, und wartete schweigend.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    ...


    Ach wie gerne hätte Prisca ihrem Liebsten diese Nachricht unter anderen Voraussetzungen mitgeteilt. Sein ungläubiger Blick und der offenstehende Mund! Für diesen Anblick, den der Flavier bot, wäre Prisca ihm anderenorts sofort um den Hals gefallen und hätte ihn geküsst, dafür, dass er ihr seine aufrichtige Liebe auf eine so liebenswerte Weise zeigte. Piso wirkte in der Tat wie ein kleines Kind, dass sich über das schönste Geschenk in seinem Leben freute und Prisca freute es nicht minder, auch wenn sie es ihm leider heute nicht so zeigen konnte und durfte. Zumindest ein paar Tränen der Freude vergoss die Aurelia, just in dem Moment, als Piso die gemeinsame Verlobung ansprach.


    "Ja es ist wahr! Wir dürfen uns verloben. ...", nickte sie ergeben seufzend zu seinen Worten und legte ihre freie Hand auf die Seine, so als würde dieses Zeichen ihr Bündnis bereits besiegeln. "Das heißt, … sobald mein Cousin Ursus hier ist und du mit ihm gesprochen hast. Er verwaltet nämlich das Testament meines Onkels und wird wahrscheinlich als mein neuer Tutor darüber entscheiden.", fügte Prisca mit bedächtiger Stimme hinzu, um Piso gewissermaßen "vorzuwarnen". Zwar ging sie nicht davon aus, dass Ursus dieser Verbindung entgegen stehen würde, zumal ihr Onkel selbst seinen Segen gegeben hatte, aber … letztendlich würde ihr Cousin die Verhandlungen weiter führen und dabei würde er ganz sicher nicht nachlässig vorgehen.


    "Oh Aulus, ich bin unendlich glücklich, dass ich deine Frau werden darf und doch tut es so weh wenn ich daran denke, dass Marcus diesen schönsten Moment in meinem Leben nicht mehr miterleben kann.", schluchzte Prisca mit bebender Stimme, ihrer inneren Zerrissenheit Ausdruck verleihend und gleichzeitig aller Trauer zum Trotz, die Hände des Flaviers zärtlich drückend. Für einen kurzen Augenblick verblassten tatsächlich all die traurigen Gedanken, die sie plagten und konnte sie die Nähe zu dem Mann genießen, den sie liebte und dem sie gehören wollte.


    Doch der Anlass dieser Zusammenkunft galt nicht ihrer Liebe sondern der Trauer um ihren Onkel und seiner Frau, die heute zu Grabe getragen wurden. Der Trauerzug nahm seinen Lauf und entsprechend begannen die Sklaven die beiden Leichname für den bevorstehenden Gang zur Gräberstraße vorzubereiten. Prisca schauderte als sie dies bemerkte und unweigerlich umschloss sie die Hände ihres Liebsten noch fester. "Bleib bitte bei mir, ja?", bat sie ihn mit hilfesuchender Stimme und gleichzeitig zog sie ihn auch schon mit, um sich stumm in das Gefolge einzureihen.

  • Eine schlanke Person namens Tilla löste sich aus der Gruppe der Sklaven, die dafür eingeteilt waren, die Fackeln zu tragen. Zugleich löste sie sich auch von Hektor, gab ihm einen Kuss auf die Wange und bemühte sich sehr, sich nicht nach ihm umzudrehen. Sie liebte den Leibwächter Priscas um so mehr, seit der Tod doppelt ins Haus eingedrungen war. Er schaffte es, ihr vor allem Geborgenheit zu vermitteln. Tilla achtete darauf, niemandem mit der Fackel in die Quere zu kommen. Sie musste an einer Reihe von Säulen vorbei. Sie traf auf Sextus Aurelius Lupus, der an einer Säule lehnte. nanu.. warum stand er nicht bei den anderen. Ganz kurz suchte sie seinen Augenkontakt auf, fragte auf diese stumme Art, ob alles in Ordnung war. Vielleicht suchte er nur einen Moment der Ruhe, bevor er sich ins Getümmel der Trauerfeier stürzte?!?


    Schließlich streifte sie weiter und begegnete einem weiteren abseits stehenden Aurelier. Hoppla! Das war ja Appius Aurelius Cotta!!! Sie musste unweigerlich lächeln und sah sich sofort nach seinem Sklaven Maron um. Die junge Sklavin wusste noch nicht, dass Maron ebenfalls verstorben war. Aus einem Impuls heraus kramte sie das weiße Taschentuch hervor, welches sie vor langer Zeit von einem der beiden Männern bekommen hatte. Ja, sie hatte es immer noch. Eine knappe Geste reichte, um es ihm zu zeigen. Wollte er es wieder zurück haben? Sie wartete noch auf seine Antwort.. doch jemand rief ihren Namen. Mit einem bedauerndem und zugleich entschuldigendem Schulterzucken steckte Tilla das Taschentuch wieder ein und strebte ihrem Platz entgegen.


    Sie platzierte sich mit der brennenden Fackel schräg vor Prsica, die schleierverhüllt mit einem Mann Händchen hielt Also... diese vertrauliche Geste kannte sie selber. Wenn das nicht der geheimnisvolle unbekannte Verlobte war! Mit einem wissenden Lächeln nickte sie Piso grüßend zu und wartete auf das Zeichen, dass sie los gehen würden. Wohin war Patraios entschwunden? Noch einmal wandte sie sich um, rückte ihre Kleidung zurecht und betrachtete aus den Augenwinkeln das Pärchen. Er sah aus.. er sah aus wie ein Künstler. Jedenfalls stellte Tilla sich so Künstler vor.


    Im Umkreis der Fackel sah sie rötliche Haare aufleuchten. Dort stand Aedan, Der Mann rührte sich gar nicht.. beinahe einer Statue gleich. Leider konnte sie ihn wegen ihrer Behinderung nicht bei seinem Namen rufen. Die junge stumme Sklavin bückte sich und ergriff einen kleineren Kieselstein. Sie zielte auf seine Knie, warf nicht mit voller Kraft, denn sie wollte den Gallier nicht verletzen. Ein aufmunterndes Lächeln blitzte auf Tillas Mimik auf und verschwand so schnell wie es gekommen war.

  • Die ganze Zeit hatte Ursus nicht wirklich geglaubt, was in der Nachricht gestanden hatte. Nein, das stimmte nicht. Er hatte es vielmehr nicht glauben wollen. Doch als er am Abend dann schließlich vor den beiden Toten gestanden hatte, war es unmöglich gewesen, sich der Erkenntnis so zu verschließen. Ein Schrei hatte sich seiner Kehle entrungen, ein Schrei des Zornes, des Entsetzen. Trauer? Ja, auch Trauer. Denn auch wenn er Marcus nicht geliebt hatte und Celerina sich ihm gegenüber seit ihrer Heirat eher abweisend verhalten hatte, so trauerte er doch um die beiden. Sie waren doch eine Familie gewesen! Warum? Warum? Es gab keine Antwort. Und Gebete... nun, sie führten nur in eine Richtung.


    In eine dunkle Toga gehüllt, unrasiert und noch immer sichtlich erschöpft von dem Gewaltritt der letzten Tage, schloß sich Ursus schließlich auch der Trauergesellschaft an. Nicht alle Familienmitglieder hatte er gestern noch begrüßen können. Und nun waren auch so viele Gäste da. So vieles gab es zu bedenken, so vieles zu besprechen und zu ordnen. Und nur so wenig Zeit war ihm gegönnt. Jetzt aber war nicht die Zeit und nicht der Ort dafür. Jetzt war es Zeit, der Verstorbenen zu gedenken, die nun zu ihren Ahnen zählten.


    Ursus schritt langsam durch die Menge der Trauergäste. Hier drückte er Hände, dort wechselte er ein paar Worte. Den Verwandten schenkte er aufmunternde Blicke, dann wandte er sich den Flaviern zu. Flavius Gracchus war wohl der richtige Ansprechpartner. "Salve, Flavius", grüßte er den Mann, den Corvinus einen sehr guten, wenn nicht gar den besten Freund genannt hatte, den Ursus aber leider nur wenige Male getroffen hatte. "Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, um meine Betroffenheit auszudrücken. Celerina war ganz und gar in unsere Familie hineingewachsen. Ich kann es noch gar nicht fassen, daß die beiden von uns gegangen sind. Bitte laß Dir versichern, daß euer Schmerz auch der unsere ist und nicht minder tief, als der Schmerz um unseren eigenen Verwandten."

  • Ja, wie ein kleines Kind freute sich Piso wirklich. Der Flavier schien eine Wandlung durchlaufen zu haben. Wie lange hatte er niedergedrückt herumvegetiert! Wie lange hatte er um Vera getrauert, um Archias, um die unterdrückte Liebe zwischen ihm und Prisca! Doch nun war alles anders. Zwar war Celerina tot, und Piso bedauerte ihren Tod zutiefst. Aber nun, nun waren er und Prisca zusammen. Dafür konnte er so ein zusätzliches Tödchen locker in Kauf nehmen. Freilich hätte er Celerina nicht selber dafür umgebracht, aber so fiel alles ins Lot. Seitlich bemerkte er eine Sklavin, die ihm nickend zugrinste. Piso hatte keine Ahnung, wieso sie das tat, und warum sie genau so lächelte, aber er merkte es sich trotzdem, dieses freundliche Gesicht. Vielleicht meinten es doch nciht alle schlecht mit ihm. Er unterdrückte den Zwang, zurückzugrinsen – den grund hatte er ja nun –, und blickte nur ernst zurück, ohne die Gestik zu erwidern, bevor er sich wieder geradewegs an Prisca wandte.
    Doch jetzt konnte Piso sein Lächeln nicht mehr unterdrücken, als Prisca ihm das bestätigte, was er schon erahnt hatte. Sie würden sich verloben dürfen! Sie beide! Oh, wie sehr sich Piso zusammenreißen musste, um nicht vor Glückseligkeit sich auf die Knie sacken zu lassen, seine Fäuste herumzuwirbeln und fröhlich zu jodeln. Tatsächlich hielt er seinen Mund geschlossen und biss sich auf die Unterlippe, wie es Leute taten, die einen Lachanfall niederkämpfen mussten. Endlich würde alles ins Lot kommen! Es würde Friede, Freude und Eierkuchen nur so hageln!
    “Ursus...“, wiederholte er langsam und musste wieder vor sich hin lächeln. Der gute alte Ursus! Sicher würde der nicht nein sagen! Sicherlich nicht! Ursus hatte Hirn im Kopf! Ursus war zurechnungsfähig! Sicher würde der nichts dagegen haben, wenn die beiden den Bund fürs Leben schlossen! Haha! Piso sah die Sache schon als geritzt an.
    Wobei es da noch einen Unsicherheitsfaktor gab. Piso blickte sich kurz um, aber sah Lupus nicht. Nun gut, er würde schon irgendwo rumkriechen, wie ein Lurch im Schlamm. Als sein zukünftiger Schwager würde er Piso hoffentlich keinen Anlass geben, auf eine seiner neuerlichen Schandtaten zu reagieren. Man konnte sich ja in Frieden gegenübertreten. Einmal bis Piso seine Schafe im Trockenen hatte, das hieß, bis Piso verheiratet und Senator war. Und wer wusste, vielleicht rückte er ja als Nachfolger des Corvinus nach? Das wäre schon etwas!
    Aber momentan war noch nichts von dem der Fall. Also musste Piso erst einmal sein Mütchen zügeln. Denn seine Gedanken wurden jetzt jäh unterbrochen, als Prisca losschniefte. Ihre Worte rührten ihn zutiefst. Sie war glücklich, seine Frau werden zu dürfen! Sie war glücklich mit ihm... Piso war nicht so realitätsfremd, dass er sich je vorstellen hätte können, solche Worte je aus dem Mund einer Frau wie Prisca zu vernehmen. Prisca, das war seine Traumfrau. Und sie schien zum Griefen nah. Ja, es würde nur noch ganz kurz dauern, dann würden sei heiraten! Den Teil mit ihrem geliebten Marcus, den überhörte Piso einfach. Jahahaha, er war heilfroh, keinen eifersüchtigen Heini über seine Schultern glotzen zu haben. Denn mit ihm würde Prisca diesen schönsten Moment in ihren Leben kaum je erleben.
    So löste Piso seine rechte Hand von der ihren und tätschelte ihr sachte auf den Rücken. “Ich bin sicher, er ist bei uns und freut sich mit uns beiden“, machte er leise und nickte, als sie ihn fragte, ob er mitkäme.
    “Natürlich bleibe ich bei dir“, war seine Antwort, als er wieder seine rechte in ihre linke Hand legte. “Ich bleibe bei dir bis zum Ende meines Lebens.“ Au ja, das war schön gesagt, freute er sich innerlich, als er sich mitziehen ließ und sich beeilte, in den Gleichschritt mit ihr zu kommen.
    Was war denn das da drüben? War das Ursus? Ja, er war wohl angekommen. Großartig, dann konnte er ihn abpassen, und das Angenehme mit der Arbeit verbinden. Wenn man Hochzeitsverhandlungen denn als Arbeit sah.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Jahahaha, er war heilfroh, keinen eifersüchtigen Heini über seine Schultern glotzen zu haben.



    Patraios stand verborgen hinter der dicken Säule und schmollte vor sich hin. Er hätte nie zu glauben gewagt, das es ihn dermaßen hart treffen würde, aber diese Welt war ungerecht und die Götter grausam, besonders Aphrodite, die Göttin mit dem makellosen Hinterteil.
    Gegen seinen Willen, aber dennoch zu neugerig um der Versuchung zu wiederstehen, spähte er wieder etwas hervor und sah in Richtung Aurelia Prisca und Flavius Piso, welche ihm dem Rücken zugedreht hatten und irgendetwas miteinander tuschelten. "Bah!" "Soll sie diesen verwöhnten Aristokratenbengel doch heiraten, irgendwann wird er Senator und dann gerät er früher oder später unter die Mühlsteine der hohen Politik." dachte er sich und wandte dabei seinen Kopf für ein oder zwei Sekunden in Richtung des Sextus Aurelius Lupus, Aurelia Priscas ehrgeizigem Cousin, welcher sich ebenfalls etwas abseits an eine der Trägersäulen des Atriums gelehnt hatte und das ganze Trauerspektakel mit einer eher als teilnahmslos zu bezeichnenden Miene verfolgte. Die Gesichtszüge des jungen Griechen hingegen waren düster und innerlich brannte er förmlich vor Eifersucht und Neid auf diesen Aulus Flavius Piso, den die Götter zwar nicht eben in körperlicher, aber so doch immerhin in gesellschaftlicher Hinsicht so überaus großzügig bevorzugt hatten.

  • Cimon hatte Ursus begleitet, doch nun hielt er sich zurück. Als Sklave hatte er am Rande zu stehen und sorgte dafür, das die Sklaven des Hauses, die für das Wohl der Gäste zuständig waren, immer am rechten Ort sein würden. Er versuchte den Überblick zu behalten und dabei immer respektvoll zu bleiben. Auch wenn es nicht seine Aufgabe war... er wollte helfen. Da die Sklaven ihn gut kannten, schienen sie es gut anzunehmen. Seine Anteilnahme zeigte er durch Kleidung und den etwas mehr gesenkten Blick. Er sah sich immer wieder nach Sklaven der Gäste um, um diese unauffällig versorgen lassen zu können. In seinen Augen hatten Sklaven nichts in Mitten der Trauergemeinde verloren.
    Wobei er feststellte, das es ihn bei Áedán nicht störte. Er trauerte sicher sehr um seine Herrin. Cimon versuchte ihm zu zu nicken und ihm ein leichtes aufmunterndes Nicken zu schenken.
    Dann erblickte er einen Sklaven... aber er konnte ihn nicht so recht zu ordnen. Er versteckte sich... oder stand er zufällig hinter der Säule? Fragend sah er ihm entgegen und suchte den Blick mit ihm. Nur langsam trat er näher. Denn er wollte auf keinen fall jemanden der Gäste stören.

  • So recht wusste sie nicht was sie fühlen sollte. Dieser Tag war einfach nur düster, kalt und irgendwie traurig. Angesichts des Todes fühlte sie sich ein wenig verloren und auch machtlos. Sie beobachtete Prisca und ihren Flavier, allein dass Piso da war, schien ihre Cousine aufzuheitern und eine Stütze zu sein. Noch immer wirkte sie traurig und mitgenommen, aber sie schien auch Glück auszustrahlen. Ein erstes Zeichen dafür, dass die Zukunft wohl doch nicht so düster war, wie es den Anschein hatte. Kurz verspürte sie einen kleinen Stich Neid. Sofort schämte sie sich für diese Gefühlsregung, natürlich hatte Prisca es verdient glücklich zu werden, aber sie war dennoch neidisch. Neidisch darauf, dass Prisca etwas bekommen würde, was sie wirklich wollte. Einen Mann der sie liebte und nicht weil die Ehe ein politischer Schachzug war.
    Wie gut das die Ankunft von Titus ihre Aufmerksamkeit von dem Paar schließlich ablenkte. Er sah müde aus, was wohl kein Wunder war, denn er hatte einen fürchterlichen Gewaltritt hinter sich. Er war erst vor wenigen Stunden angekommen, gestern Abend. Tauschen hätte sie nicht mit ihm gewollt, aber es war gut, dass er da war, es schien die Welt noch ein bisschen mehr wieder ins Lot zu rücken.
    Leicht drehte sie den Kopf, als sie sich plötzlich irgendwie beobachtet fühlte. Einen winzigen Augenblick lang kreuzte ihr Blick der von Cimon. Floras Lippen wurden schmal und sie sah eilig in eine andere Richtung. Sie würde es ihm nie verzeihen, dass er sie einfach so ausgenutzt hatte. Leicht drückte sie die Hand ihrer Schwester. Einfach nur um sich zu vergewissern, dass diese bei ihr war und sie nicht gänzlich allein und einsam.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    "Salve, Flavius", grüßte er den Mann, den Corvinus einen sehr guten, wenn nicht gar den besten Freund genannt hatte, den Ursus aber leider nur wenige Male getroffen hatte. "Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, um meine Betroffenheit auszudrücken. Celerina war ganz und gar in unsere Familie hineingewachsen. Ich kann es noch gar nicht fassen, daß die beiden von uns gegangen sind. Bitte laß Dir versichern, daß euer Schmerz auch der unsere ist und nicht minder tief, als der Schmerz um unseren eigenen Verwandten."


    Als er mit seiner Gemahlin und seinem Sohne von den Bahren fort trat, blickte Gracchus ein wenig suchend sich um, wer im Hause der Aurelia nun die Familie würde anführen nach Corvinus' Ableben, wer somit die Bestattung würde organisiert haben, und sein Blick blieb an Aurelius Avianus hängen. Dieser indes erweckte ob seiner desolaten Erscheinung nicht eben den Eindruck, den Ereignissen gewachsen zu sein, was Gracchus zu Sinnen brachte, dass er nicht genau wusste, wie die anwesenden Aurelier genau mit Corvinus waren verwandt gewesen, geschweige denn, wie eng darüberhinaus ihre Beziehungen gewesen waren. Diesen Gedanken durchbrechend tauchte auf einmal Aurelius Ursus aus der Menge auf, und nur einen kurzen Augenblick wunderte Gracchus sich darüber, dass jener in Rom war, waren die Umstände doch durchaus gewichtig genug, wiewohl seine Frage sich damit erübrigte, würde doch während der Dauer seiner Anwesenheit zweifelsohne Ursus einstweilen die Geschicke der Aurelia lenken.
    "Salve, Aurelius"
    , grüßte er seinerseits zurück, ehedem er auch die Anteilnahme retournierte.
    "Gerade ob des Umstandes wegen, dass Celerina in diesem Hause auf solch redli'he Art und Weise wurde aufgenommen, ihr Herz seit ihrer Hochzeit gar wohl für zwei Familien schlug, ist gemeinsam mit dem Dahinscheiden Corvinus' der Verlust der Aurelia wohl noch weitaus gra..vierender denn unser eigener, wiewohl den größten Verlust zweifelsohne Rom hat davongetragen."
    Es war eine durchaus ambigue Andeutung, welche wohl auf den Verlust eines Senators, als auch den Verlust der Pax Deorum konnte bezogen werden, durften doch öffentlich die persönlichen Verluste niemals über das Wohl des Imperium gestellt werden - und obgleich das Sterben eine überaus persönliche Angelegenheit war, so waren es Aufbahrungen nicht immer, wiewohl Bestattungen im Allgemeinen.
    "Wirst du die Lei'henrede zu Corvinus' Ehren halten?"

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Patraios war überaus schlecht gelaunt an diesem Tag und er verspürte nicht die geringste Lust mit jemanden zu reden, geschweige denn über sich selbst. Mit grimmig bösen Blick und verschränkten Armen lehnte er hinter der Säule und grübelte schweigend vor sich hin, die Augen auf einen unbestimmten Punkt des kostbar ausgestatteten Fußbodens gerichtet. Als er den Schatten des sich nähernden Afrikaners bemerkte, blickte er verärgert auf und fixierte den nubischen Leibsklaven des Titus Aurelius Ursus kurz mit seinen, diesmal bösartig stechenden braunen Augen, bevor er sich wortlos umdrehte und ging, noch bevor der hochgewachsene, muskulöse Glatzkopf ihn ansprechen konnte. In seinem Kopf drehte sich alles um Aurelia Prisca und seiner unglücklichen Liebe zu ihr und die Sorge um seine Zukunft unter der Fuchtel des Aulus Flavius Piso, für andere Dinge war da kein Platz, weder für Leichenumzüge, noch für Smalltalk mit irgendwelchen anderen Sklaven, schon schlimm genug das er einer war und so ging er zurück in seine Werkstatt und verschloss die Tür, während Piso und Prisca traurig und glückselig zugleich den schon müffelnden Kadavern ihrer beiden selbstgemordeten Verwandten hinterhertrotteten.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    ... “Natürlich bleibe ich bei dir“, war seine Antwort, als er wieder seine rechte in ihre linke Hand legte. “Ich bleibe bei dir bis zum Ende meines Lebens.“ ...


    "… und ich bei dir, bis zum Ende meines Lebens", wiederholte Prisca leise die Worte ihres Liebsten, gleich einem Schwur, während sie seine Hand zum Zeichen ihrer Verbundenheit drückte und hielt. Pisos Worte berührten die Aurelia sehr und keine Sekunde lang zweifelte sie an der Aufrichtigkeit seiner Gefühle, die Piso für sie hegte und umgekehrt sie für ihn. Für einen kurzen Moment schweiften Priscas Augen von Piso ab und ihr Blick erfasste die umstehenden Angehörigen und Trauergäste, ehe sie Piso erneut anhimmelte. Ihretwegen mochten Andere darüber denken was sie wollten, ob nun von Neid oder Eifersucht getrieben, oder aus der festen Überzeugung heraus, dass für die Liebe kein Platz wäre in dieser Gesellschaft, in der sie lebten. Sicher, es war nicht vielen vergönnt sie zu finden, doch wie dunkel würde eine Welt wie diese erst erscheinen, wenn es sie gar nicht gäbe ...


    "Ich hoffe sehr, dass mein Onkel sich mit uns freut und er sieht, wie glücklich ich bin.", fügte Prisca schließlich auf die aufmunternd gemeinten Worte des Flaviers an und gemeinsam mit ihm schritt sie - Hand in Hand - auf den sich langsam bildenden Trauerzug zu. "Sieh nur, da ist ja auch mein Cousin! Er hat es also doch noch rechtzeitig nach Rom geschafft. Welch ein Glück, dass man ihm die Anwesenheit innerhalb des Pomeriums genehmigt hat ", bemerkte Prisca erleichtert, als sie Ursus erblickte der (ehrlich gesagt) ziemlich mitgenommen aussah. Sicher lag das mitunter an den Umständen seiner kurzfristigen Anreise, die es ihm nicht einmal ermöglicht hatten am Vortag noch mit der Familie zu sprechen. "Oh! Und ist das da nicht Flavius Gracchus, mit dem er sich gerade unterhält?", fügte Prisca ehrfurchtsvoll seufzend eine Frage hinzu, die ihre Neugier hinsichtlich des flavischen Familienoberhaupts durchaus erkennen ließ. Wie mögen wohl die Flavier der Verbindung gegenüber stehen und wie gut versteht sich Piso mit mit seinem … Vetter, Onkel?, …


    … oder wie auch immer die verwandtschaftlichen Verhältnisse der beiden Flavier zueinander sein mochten, von denen Prisca so gut wie nichts wusste und deshalb in ihr eine gewisse Unsicherheit hervor rief, nach all dem was vorgefallen war.

  • Der Flavier lächelte gerührt. Genau das hatte er hören wollen. “Oh, Prisca. Wie sehr ich dich doch liebe. Ja, das musste nicht jeder mitbekommen, aber, wie gesagt, die Sache war noch nicht zu hundert Prozent geritzt. Wenn der Fall erst mal eingetreten war, konnte er seine Liebe zu ihr noch immer in die Welt hinaustrompeten. Er betrachtete Prisca dabei, wie sie sich kurz umschaute. Was mochte sie denken? Ätsch, schaut, was ich für einen tollen Kerl geangelt habe? Irgendwie hielt er das noch immer für abstrus. Trotzdem war es eine hübsche Vorstellung. Piso hatte sich aber noch immerhin insoweit unter Kontrolle, dass sein mildes Lächeln nicht zu einem triumphierend-suüffisanten Grinsen mutierte, das wäre nicht so gut gekommen. Und dann blickte sie wieder zu ihm hin – ach, was für schöne Augen sie hatte, dachte er sich. Und, wenn es nach Corvinus – ausgerechnet Aurelius Corvinus, hatte er doch bei der Nachricht von seinem Tod durchaus nicht allzusehr nicht alzusehr Trübsal geblasen – wenn es nach diesem Hammel ging, dann würde er Prisca heiraten. Er würde mit ihr in die Villa Flavia ziehen, und somit seine Heimstatt zieren mit der Blume von Rom. Wundervoll – zumindest klang der Plan wundervoll. Und erschien Piso nun durchaus realistisch. Er musste sich nur mit Ursus austauschen, und höllisch aufpassen, dass er keinem Aurelier bis zur Heirat auf den Schlips trat, nein, auch nicht Lupus, obwohl er den Kerl mehr als nur unmöglich fand. Er würde ihn einfach in Frieden lassen, rief er sich noch einmal ins Gedächtnis. Ja, das war vielleicht eine gute Idee. Mit so einem Kerl musste man nicht unbedingt was zu tun haben. Andererseits, sollte Piso mal Senator, Pontifex und Ehemann von Prisca sein, könnte er ihm ja einen Brief schicken. Mit nicht als Inhalt außer die Zeichnung eines Gesichtes mit herausgestreckter Zunge. Das wäre klass. Von ästhetisch gar nicht zu reden, denn Kunst wäre es wohl!
    Er behielt sein Lächeln bei und nickte freundlich, als Prisca ihm sagte, dass sich sicherlich ihr Onkel mit ihr freute. Denkste. Wobei Piso noch immer nicht wusste, warum Corvinus gerade ihm Prisca überlassen hatte. So, wie er neben ihr langsam schritt, war es eigentlich eine ziemliche Überwindung, ihr ins Gesicht zu sehen, während er mit ihr redete, und nicht einen vorsichtigen Blick in ihren Ausschnitt zu riskieren. Spätestens bei der Hochzeitsnacht würde er das, was sie hatte, in seiner vollen Pracht sehen können.
    Sein Blick wanderte in die Richtung, auf die Prisca deutete, und seine beiden Augenbrauen hoben sich leicht. Ursus. Und Gracchus! Wunderbar! Erbeugte sich leicht zu Prisca hin. “Genau, das ist er. Du weißt ja, Gracchus ist auf unserer Seite. Sollen wir einmal zu ihnen hingehen?“, fragte er die schöne Aurelierin.

  • Der Blick machte Cimon nicht viel aus, außer das er sich nun überlegte, wie er vorgehen konnte. Seine Augen verengten sich während er den Anderen ebenso fixierte. So ernst sah er in letzter Zeit nur selten aus. Das mochte zeigen, wie sehr Cimon über das Benehmen des Anderen nachdachte.
    Das war an sich unangemessen. Man trauerte oder war erst gar nicht da, weil man von seinem Herren frei bekommen hatte oder man hatte zu dienen. Die Sklaven des Hauses zeigten nach außen viel mehr als dieser eine Sklave wohl zu verstehen schien. Sie zeigten nach Außen, wie die Herren es wollten. Was sie taten viel auch irgendwie auf die Herren zurück.


    Er wollte nach, ihn aufhalten. Doch das wäre keine gute Idee gewesen. Davon abgesehen war er nicht der Maiordomus des Hauses. Er sah dem Sklaven noch nach. Er würde auf ihn acht geben und die anderen bitten es ebenso zu tun und ihn besser fern zu halten von diesem Fest. Dabei lehnte er sich über seine Befugnisse hinweg, das wusste der Nubier, aber er wollte nicht das es Ärger bei diesem traurigen Fest geben würde. Die Menschen wollten um geliebte Familienmitglieder, Freunde trauern. Und die Sklaven waren dafür da, dies so gut es ihnen nur möglich war zu unterstützen. Dabei dachte er an Áedán, den er bislang nicht hatte sprechen können...


    Dieser würde sicher sehr in Trauer sein. Er selbst wusste nicht, was er tun würde wäre ihm derartiges wiederfahren. Cimon hatte Ursus zu schützen.... nicht auszudenken was geschehen würde, würde er versagen...


    Nein! Áedán hatte nicht versagt. Er war ein guter Mann. Ganz sicher hat er alles getan, was in seiner Macht lag. Der Nubier nahm sich fest vor ihm dies noch zu sagen, bevor er seinen Herren zurück nach Mantua begleiten würde.


    Cimon blieb weiterhin lieber im Hintergrund und versuchte so gut es ging zu helfen. Bei allem versuchte er immer ein wenig mehr in der Nähe von Ursus zu sein, falls dieser etwas benötigen würde. Ansonsten zeigte er in seiner Haltung Respekt und Anteilnahme. Soweit seine eher zurückhaltende Mine dies zuließ.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    ... “Oh, Prisca. Wie sehr ich dich doch liebe. ... . “Genau, das ist er. Du weißt ja, Gracchus ist auf unserer Seite. Sollen wir einmal zu ihnen hingehen?“, ....


    Ach ja … Dieses gerührte Lächeln, die vielen und intensiven Blicke, mit denen er sie sie bedachte und dazu die Bekundung seiner Liebe. "...wie sehr ich dich doch liebe..." Piso sagte es, leise zwar, aber dennoch in aller Öffentlichkeit. Welcher Mann tat das schon, noch dazu in so einer Situation? Prisca fühlte sich wahrhaftig von ihm begehrt und geliebt und dies war ein wundervolles Gefühl. Sie war für ihn nicht einfach nur eine gute Partie, oder gar ein einfacher politischer Schachzug, nein, sie war es - in Person - die er ganz offensichtlich begehrte und genau das war es, was Prisca sich zeitlebens gewünscht hatte. Ein Mann, der MICH liebt und der MICH glücklich machen will! Und das nicht nur des Standes wegen, ein Traum!, der tatsächlich in Erfüllung gehen sollte …


    Oh ja, Prisca war durchaus von ihrer Liebe zu Piso überzeugt (ungesehen seiner Eigenarten, die sie an ihm noch gar nicht kennengelernt hatte) und sie stand voll hinter ihm, egal was Andere von ihm halten mochten. Piso war schließlich und letztendlich attraktiv, erfolgreich, gebildet! Kein Macho, kein Athlet und … (vor allem) kein hirnloser Spartaner - nein - er war einfach der liebenswerte Piso, der gleichermaßen abrupt wie einprägsam in ihr Leben getreten war und somit ihr Herz, wie im Sturm erobert hatte.


    "Ist er das wirklich? Das wäre ja wundervoll! Dann wird mein Cousin unserer Verbindung sicher nicht im Wege stehen wollen. ... Also lass uns zu den Beiden hinüber gehen. Aber du musst das Reden übernehmen, ja?", stimmte Prisca sofort und mit ergebener Stimme zu, da es zum Einen der Anstand erforderte, dem Familienoberhaupt der Flavier zu kondolieren und es sicher viel zu besprechen gab, bei dem Prisca durchaus mitzureden gedachte. Allerdings würde sie es ganz ihrem Liebsten überlassen, sie zu führen und das Gespräch zu beginnen, da sie sich geschworen hatte, allzeit die Rolle der treusorgenden Ehefrau an seiner Seite zu "spielen", auf die Piso allen Grund hätte stolz zu sein ...

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