Entwurf einer Lex Municipalis

  • Das Projekt hatte ein bisschen gedauert, aber inzwischen war Iulius mit dem Entwurf einer Lex Municipalis fertig geworden und hatte dem alten Petronier auch jeden einzelnen Abschnitt erklärt - was nicht immer einfach gewesen war, denn die juristischen Formulierungen waren manchmal ein bisschen umständlich.


    Heute aber konnte Crispus endlich das Ergebnis seiner Anstrengungen (die in diesem Fall vor allem finanziell gewesen waren) den Decuriones präsentieren.


    "Liebe Decuriones!


    Ich habe mich mit Juristen unterhalten und ein bisschen schlau gemacht. Manche von euch wissen vielleicht, dass die Leges Municipales in vielen Städten ziemlich gleich aussehen, vor allem diejenigen, die ihren Status noch nicht so lange haben. Und weil diese Gesetze normalerweise vom Kaiser bestätigt werden, habe ich mir gedacht, dass es schlau wäre, wenn wir es ähnlich machen wie sie. Es gab ja schon die ein oder andere Beschwerde über die momentane Lex Civitatis, deswegen kann uns das Vorbild anderer Municipia vielleicht auch dabei helfen, zu sehen, was bei uns fehlt oder anders formuliert werden sollte.


    Ich lese meinen Entwurf also einfach mal vor, dann können wir drüber diskutieren:


    I. De Civitate
    Das Municipium Ulpium Mogontiaciensis ist die Gemeinschaft der Municipes, die in die Bürgerliste des Municipium eingeschrieben sind. Diesen Municipes soll das volle Recht zukommen, ihre Magistrate zu wählen und alle Rechtshandlungen zu vollziehen, zu denen sie dieses Gesetz ermächtigt.
    Zum Territorium des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen alle Vici, Viculi und Villae zählen, die zwischen dem Rhenus und den Civitates Bauconia Nova, Bingium und Vicus Altaiensium. Diese werden in die Regesta Territorii eingetragen.


    II. De Pontificibus
    Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Decuriones aus diesen zu Pontifices gewählt werden, sollen Pontifices des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Die Pontifices und ihre Kinder sollen vom Kriegsdienst und allen Munera freigestellt sein, das Recht haben, bei den Spielen und öffentlichen Opfern die Toga Praetexta zu tragen. Sie sollen die Aufsicht über den Cultus des Municipium haben und den Decuriones und Magistrati mit Rat zur Seite stehen.


    III. De Duumviris iure dicundo
    Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Municipes bei den Comitia aus der Reihe der ehemaligen Aediles zu Duumviri gewählt werden und mindestens XXXII Jahre alt sind, sollen für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Duumviri iure dicundo des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Sie sollen während ihrer Amtszeit das Recht haben, die Toga Praetexta zu tragen, zwei Liktoren, einen Accensus, zwei Scribae, sowie einen Boten, einen Haruspex und einen Tibicen auf Kosten der Stadtkasse haben. Sie sollen spätestens drei Tage nach ihrem Amtsantritt vor den versammelten Decuriones die Feiertage des kommenden Jahres verkünden und das Recht und die Macht haben, als Schiedsrichter über Streitigkeiten der Municipes fungieren, die Contiones der Decuriones leiten, die Aufsicht über die Stadtkasse führen, den Magistrati ihre Aufgaben zuweisen und ihre Arbeit prüfen, über Vergabe öffentlicher Aufträge und Verpachtungen entscheiden, sowie sämtliche Wahlen und Abstimmungen der Municipes oder Decuriones leiten. Für ihre Beschlüsse sollen sie mit ihrem Vermögen haften und zum Antritt ihres Amtes ein Pfand von 500 Sesterzen in die Stadtkasse legen, das sie am Ende ihrer Amtszeit zurückerhalten sollen, wenn sie ihr Amt rechtschaffen ausgeführt haben.


    IIII. De Quaestore
    Derjenige, der durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Municipes bei den Comitia aus der Reihe der ehemaligen Aediles zum Quaestor gewählt wird und mindestens XXVII Jahre alt ist, soll für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Quaestor des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Er soll während seiner Amtszeit das Recht haben, einen Accensus und zwei Scribae, sowie einen Boten auf Kosten der Stadtkasse zu haben. Er soll das Recht und die Macht haben, die Stadtkasse nach dem Willen der Duumviri verwalten, Einnahmen und Ausgaben gewissenhaft aufschreiben und die Steuern des Municipium einziehen und pünktlich an die Procuratores abführen. Für ihre Beschlüsse soll er mit seinem Vermögen haften und zum Antritt seines Amtes ein Pfand von 500 Sesterzen in die Stadtkasse legen, das er am Ende ihrer Amtszeit zurückerhalten soll, wenn er sein Amt rechtschaffen ausgeführt hat.


    V. De Aedilibus
    Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Municipes bei den Comitia aus der Reihe der Decuriones zu Aediles gewählt werden und mindestens XXV Jahre alt sind, sollen für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Aediles des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Sie sollen während ihrer Amtszeit das Recht haben, zwei Scribae, sowie einen Boten auf Kosten der Stadtkasse zu haben. Sie sollen das Recht und die Vollmacht haben, die Getreideversorgung des Municipium, die Märkte, die öffentlichen Bauwerke und Tempel, die Thermen und Häfen, die Bordelle, Garküchen und Brunnen zu beaufsichtigen, öffentliche Spiele abzuhalten, und bei Bedarf das Kommando über die Vigiles zu führen.


    VI. De Magistris Vici
    Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Vicani ihres Vicus aus der Reihe der Municipes dieses Vicus zu Magistri Vici gewählt werden, sollen für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Magistri Vici ihres Vicus sein. Sie sollen für die Dauer ihrer Amtszeit das Recht haben bei den Contiones der Decuriones teilzunehmen und abzustimmen und das Wort zu ergreifen und alle Rechte, die die Decuriones haben, für die Dauer ihres Amtes zu genießen.


    VII. De iure iurando Magistratum
    Die Duumviri, Aediles und Quaestores sollen spätestens fünf Tage nach ihrer Wahl und vor jeder Amtshandlung auf dem Forum einen Eid schwören bei Iuppiter, Divus Augustus und allen Divi Augusti, bei Divus Iulianus und dem Genius des Imperator Caesar Augustus und allen Göttern, dass sie sie stets entsprechend dieser Lex und den Decreta der Decuriones des Municipium Ulpium Mogontiaciensis handeln und gegen jeden vorgehen mögen, der dieser Lex und den Decreta der Decuriones zuwiderhandelt. Jeder Magistrat, der diesen Eid nicht schwört, soll verpflichtet sein, eine Strafzahlung von 2000 Sesterzen in die Stadtkasse zu zahlen.


    VIII. De Iuribus Magistratum
    Jeder amtierende Duumvir soll das Recht haben, die Beschlüsse und Handlungen seines Collega oder der Quaestores oder Aediles für unwirksam zu erklären. Ebenso soll jedes Aedil das Recht haben, die Beschlüsse seines Collega für unwirksam zu erklären, wenn er dies innerhalb von drei Tagen tut. Jeder Aedil, Quaestor oder Duumvir, der sein Amt rechtschaffen ausgeführt hat, soll nach dem Ende seiner Amtszeit das römische Bürgerrecht für sich und seine ehelichen Kinder verliehen bekommen, soweit er dieses nicht bereits besitzt. Für die Dauer ihrer Amtszeit sollen außerdem alle Duumviri iure dicundo, Quaestores und Aediles von allen Munera und dem Kriegsdienst frei sein.


    VIIII. De Comitiis habendis
    Die Duumviri sollen für Wahlen jährlich alle Municipes durch öffentliche Bekanntmachung mindestens zwanzig Tage vor dem Versammlungstag zu den Comitia laden. Unter dem Vorsitz eines Duumvir sollen die Municipes dann nach Vici getrennt abstimmen und zwei Duumviri, zwei Aediles und einen Quaestor wählen. Am zweiten Tag sollen die Duumviri die Abstimmung beenden und diejenigen zu Duumviri, Aediles und Quaestores ernennen, welche die meisten Stimmen, mindestens jedoch die Hälfte aller abgegebenen Stimmen erhalten haben. Das Ergebnis der Wahlen sollen sie am folgenden Tag öffentlich bekannt geben und auf dem Forum aushängen.


    X. De Decurionibus
    Diejenigen, die als Municipes durch die Mehrheit der Decuriones auf Vorschlag eines Duumvir zu Decuriones gewählt werden, sollen rechtmäßige Decuriones des Municipium Ulpium Mogontiaciensis mit allen Rechten und Pflichten sein. Jedes Jahr soll jeder von ihnen ein Honorarium von 200 Sesterzen an die Stadtkasse entrichten oder seinen Rang als Decurio verlieren. Sie und ihre Ehefrauen und ehelichen Kinder sollen das Recht haben, bei den Spielen die vordersten Reihen zu besetzen und die städtischen Thermen kostenlos zu nutzen. Weiterhin sollen sie das Recht haben, durch Abstimmung über die Kooptation von Patronen des Municipium, öffentliche Baumaßnahmen, die Verwendung der städtischen Gelder und die Bestellung städtischer Angestellter, in einer Contio unter Vorsitz eines Duumvir abzustimmen. Weiterhin sollen sie gemäß dieser Lex und zum Wohle des Municipium Ulpium Mogontiaciensis durch Abstimmung in einer Contio unter Vorsitz eines Duumvir Decreta erlassen, die für alle Municipes und Incolae des Municipium Gültigkeit besitzen und laut auf dem Forum verkündet und im Tabularium des Municipium archiviert werden sollen. Darüber hinaus sollen sie am Ende jedes Jahres die Tätigkeit der Magistrati, insbesondere die Aufzeichnungen der Quaestores zur Stadtkasse prüfen und durch Mehrheitsbeschluss die Rechtschaffenheit ihrer Amtsführung in einer Contio feststellen.


    XI. De Legatis mittendis
    Wenn es notwendig ist, Gesandte zu entsenden, so sollen die Decuriones unter Vorsitz eines Duumvir durch Decretum die Entsendung einer Gesandtschaft, ihre Aufgaben und die zur Verfügung gestellten Mittel in einer Contio beschließen. Der Duumvir hat nach diesem Beschluss Decuriones als Legati auszuwählen nach freiwilliger Meldung oder durch Los, jedoch nicht solche, die den Decuriones durch ihr Amt oder anderes noch in irgendeiner Weise Rechenschaft schuldig oder älter als sechzig Jahre sind. Die erwählten Legati sollen dann beizeiten aufbrechen und nach dem Decretum der Decuriones ihre Gesandtschaft erfüllen. Die Decuriones sollen unter Vorsitz eines Duumvir durch Decretum auch bestimmen, ob den Legati ein Wegegeld aus der Stadtkasse zugesprochen werden soll.


    XII. De Pecunia Commune
    Die Duumviri sollen die Stadtkasse nach Maßgabe ihrer Vorgänger verwalten und daraus kein Geld auf die Municipes, die Decuriones oder andere Bewohner der Stadt verteilen. Sie sollen das Recht haben, die Ausgaben für einen Bereich zu erhöhen, wenn die Mehrheit Decuriones in einer Contio diesen zugestimmt hat und sie einen Eid schwören, dass dies zum Wohle der Stadt geschehe. Ausgenommen davon sollen sein Ausgaben für religiöse Feiern, Spiele und Mähler, an denen die Municipes oder die Decuriones teilnehmen, die Löhne der Apparitores, Ausgaben für Gesandtschaften, Reparaturen öffentlicher Gebäude und Tempel, die Verpflegung der Servi Publici, für religiöse Handlungen der Magistrate im Namen des Municipium und solche für die Erfüllung der Amtspflichten der Magistrate. Diese zu erhöhen soll den Duumviri auch ohne das Schwören eines Eides und die Abstimmung der Decuriones erlaubt sein.
    Auch sollen diejenigen, die mit der Verwaltung der Stadtkasse oder öffentlicher Betriebe betraut sind, sollen nach dem Ende ihrer Aufgabe innerhalb von dreißig Tagen den Decuriones eine Abrechnung vorlegen. Die Decuriones sollen drei Decuriones mit der Prüfung dieser Abrechnung betrauen. Sollten diese Fehler zum Schaden des Municipium Ulpium Mogontiaciensis feststellen, so soll derjenige, der diesen Fehler verantwortet, die doppelte Summe seines Fehlers an die Stadtkasse zahlen.
    Jeder soll das Recht haben, Missbräuche der Stadtkasse anzuzeigen. Die Decuriones sollen dann in einer Contio über den Angeklagten richten.


    XIII. De Locationibus
    Die Duumviri sollen das Recht haben, öffentliche Pachten zu vergeben. Diese Verpachtungen sollen sie jedoch öffentlich bekannt machen und im Tabularium des Municipium Ulpium Mogontiaciensis archivieren. Ihnen soll es nicht erlaubt sein, öffentliche Verpachtungen an Magistrati des Municipium Ulpium Mogontiaciensis, deren Großeltern, Eltern, Geschwister, Kinder oder Enkel zu vergeben.


    XIIII. De Apparitoribus
    Diejenigen Scribae, die mit der Führung der Bücher der Stadtkasse und Archive betraut sind und durch die Mehrheit der Decuriones bestätigt wurden, sollen den Duumviri unterstellt sein. Und sie sollen vor Beginn ihrer Amtstätigkeit einen Eid schwören bei Iuppiter, Divus Augustus und allen Divi Augusti, bei Divus Iulianus und dem Genius des Imperator Caesar Augustus und allen Göttern, dass sie die Bücher nach bestem Wissen und Gewissen führen sollen und nicht wissentlich oder böswillig Fehler in den Büchern machen werden. Auch sollen die Decuriones bestimmen, wie hoch der Lohn jedes Apparitor sein soll, den die Duumviri dann auszahlen sollen. Ebenso sollen die Decuriones über die Aufgaben der Servi Publici bestimmen.


    XV. De Muneribus
    Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen die Pflicht haben, nach Decretum Decurionum Abgaben für das Wohl des Municipium zu leisten und bei öffentlichen Bauarbeiten bis zu fünf Tage mit ihrem Vieh auf der Baustelle zu arbeiten. Ebenso sollen sie durch die Magistrate herangezogen werden können zur Unterbringung von Soldaten und kaiserlichen Beamten und den Unterhalt von Straßen, an denen sie Güter besitzen.


    XVI. De Iuris Dictione Municipale
    Die Duumviri iure dicundo sollen das Recht und die Macht haben, Recht zu sprechen so, wie es der Legatus Augusti pro Praetore Germaniae oder durch die Leges des römischen Volkes bestimmt ist. Er soll Gerichte einsetzen und Urteile fällen, wie es nach diesen Bestimmungen gestattet ist.


    XVII. De Iure Municipum
    Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen gemäß diesem Gesetz handeln und sich davor hüten, es wissentlich oder mit böser Absicht zu brechen. Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, soll verpflichtet sein, 5000 Sesterzen an die Stadtkasse zu bezahlen. In allen Dingen, die nicht durch diese Lex geregelt sind, sollen die Leges des römischen Volkes für die Municipes und Incolae des Municipium gelten. Was nach dieser Lex, den römischen Leges und den Decreta Decurionum nicht verboten ist, soll erlaubt sein.
    Die Duumviri sollen dafür sorgen, dass dieses Gesetz in Bronze gegossen und öffentlich auf dem Forum ausgestellt wird, sodass es gut vom Boden aus zu lesen ist.


    So, ist ein bisschen länger, aber wenn man einen guten Rechtsstatus hat, muss man eben auch viel regeln!


    antwortete er und setzte sich, gespannt, was die Duumviri sagen würden.


    Sim-Off:

    Ich habe mir die Lex Irnitana, ein erhaltenes Stadtrecht aus Hispania zum Vorbild gemacht (aus der Zeit der Flavier - man vermutet heutzutage teilweise, dass es sogar eine Art "Mustergesetz" gab, da sich die Stadtrechte dieser Zeit teilweise wortwörtlich entsprechen). Das Gesetz ist allerdings ziemlich umfangreich (über 80 Kapitel), weshalb ich es zusammengefasst und -gekürzt habe, allerdings bemüht, den Stil möglichst beizubehalten. Trotzdem kann man natürlich drüber diskutieren, ob man mehr/weniger reinschreibt ;)

  • Volusus Pleminius Cartilianus Labeo
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/21.jpg]


    Als der Petronier in einer vorhergehenden Diskussion noch von der einen oder anderen Änderung gesprochen hatte, hatte Labeo sich nichts dabei gedacht. Änderungen an der Lex Municipalis waren ja schon öfter vorgekommen. Was allerdings noch nicht vorgekommen war, war die Überrumplung des gesamten Ordo Decurionum und der städtischen Magistrate mit einer neuen Lex, die der Petronier ohne Absprache oder auch nur ANsprache einbrachte.
    Entsprechend still waren die ersten Momente nach der Verkündigung des Petroniers, quasi im Alleingang die städtische Verfassung neuregeln zu wollen. Labeo war alles andere als ein politisches Genie, dazu war er noch viel zu neu in diesen Gefielden. Allerdings wusste er um die Animositäten, die gewisse Zirkel in Mogontiacum zueinander pflegten, und rein zufällig wusste er auch, dass die ursprüngliche Fassung der Lex Municipalis von einer Gruppe stammte, zu denen der Petronier nicht unbedingt freundschaftliche Beziehungen pflegte.
    Entsprechend klar war für Labeo dann auch die Natur dieses Vorschlags, weshalb er sich auch fern dessen fühlte, was man als 'Zustimmung' bezeichnen konnte.


    "Deine Leistungen in allen Ehren, Petronius...", meldete er sich daher noch vor den Duumvirn, nachdem er mit einem Handzeichen um die Redeerlaubnis gebeten hatte, "...aber ich sehe kein einziges Wort aus der alten Lex Municipalis. Können wir also davon ausgehen, dass sie derart unzureichend für unsere Zwecke gewesen ist, dass sie komplett ausgetauscht werden musste? Soweit ich das mitbekommen habe, hat Mogontiacum eine der modernsten Civitalleges des Reichs. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier viel weniger um eine Lex Municipalis geht, als um eine Lex Petronia."


    Sim-Off:

    Quellen?

  • "Moderne Civitalleges? Ich weiß ja nicht, wie ihr Germanen das seht, aber bei uns Römern schätzt man eigentlich das Bewährte und geht lieber keine Risiken ein! Und die Alten - zumindest zu Zeiten des Divus Vespasianus und seiner Söhne - haben Gesetze immer ein bisschen anders formuliert! Inhaltlich ist da kaum etwas neu, wenn du genau zugehört hast!"


    antwortete er - schon jetzt etwas aufgebracht, da er diese Kritik als persönliche Kritik auffasste (ihm zu unterstellen, er habe versucht, eine komplette Neuheit zu erfinden, war doch eine Unverschämtheit!).

    Sim-Off:

    Ich hab leider keine Online-Quellen, daher meine Literaturangaben (hab da mal Hausarbeit drüber geschrieben):
    GALSTERER, Hartmut: Municipium Flavium Irnitanum: A Latin town in Spain, in: Journal of Roman Studies 78 (1988 ), S. 78-90.
    GALSTERER, Hartmut: Lex Irnitana, in: DNP, Bd. 7, Stuttgart u. Weimar 2001, Sp. 120-121.
    GONZÁLEZ, Julián: The Lex Irnitana. A new copy of the Flavian municipal law, mit englischer Übersetzung des Gesetzes von Michael CRAWFORD, in:
    Journal of Roman Studies 76 (1986), S. 147-238.
    Etwas vergleichbares, aber spätrepublikanisches: Lex Ursonensis
    Sieht ein bisschen anders aus, aber vielleicht noch interessant: die Lex Irnitana beinhaltete diese Punkte: Anfang unbekannt (vermutlich Bürgerschaft und religiöse Belange), Magistrate (bis Kapitel 27), 2 Kapitel Manumissio und Tutela (28 u. 29), Abschnitt über Decuriones (1 Tafel fehlt)
    Wahlen (51-60), 2 Kapitel generelle Verwaltung (61-62), Abschnitt über Finanzen (62-73), 2 Kapitel über illegale Zusammenrottungen und Getreidespekulationen (74 u. 75), weiter Finanzen (76-80), 3 Kapitel Spiele, Straßen und Arbeiten(?) (81-83), Jurisdiktion (84-93), 3 Kapitel über Einwohner/Rechte und Veröffentlichung des Gesetzes (94-96), Ende mit Brief des Domitian (10.4.91 n.Chr.), Erinnerung an aufstellenden Duumvir und Legaten

  • Volusus Pleminius Cartilianus Labeo
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/21.jpg]


    "Oh, selbstverständlich...", raunte Labeo, der sich nicht die Muse gab an Realitäten zu glauben die mit dieser nicht das geringste zu tun hatten, "...ich weiß zwar nicht in welcher Res Publica du bisweilen deine Zeit verbringst, Petronius, allerdings ist mir nicht geläufig, dass eine andere Civitas eine Verfassung besitzt die der unseren auch nur nahe kommt. Solltest du also wirklich vorhaben, diese doch gravierenden Änderungen durchzusetzen, sollte dir schon besseres einfallen."


    So der Petronius tatsächlich vor hatte diese Lex durch den Ordo zu bringen, würde er wohl akzeptieren müssen, dass er keinesfalls etwas Altes und Bewährtes präsentiert hatte, sondern etwas in ihrem Sinne brandneues... noch nie dagewesenes. Weshalb eine Referenz auf eine gute alte Vergangenheit hier auch deutlich fehl am Platze war...

  • "Und von was für 'gravierenden Änderungen' redest du? Und abgesehen davon - was soll bitte das besondere an unserer Lex Civitatis sein? Du bist scheinbar nie aus deinem Vicus 'rausgekommen, wenn du glaubst, die Idee von Aedilen oder Duumviri oder Magistri Vici wäre etwas völlig Einmaliges!"


    Beinahe hätte Crispus noch angefügt 'Oder kann eine Verfassung hier nur von Leuten beantragt werden, die lange Haare haben?'


    "Soweit ich es sehe, ist es vielleicht etwas Neues, dass man von Magistraten verlangt, dass sie einen Eid schwören. Aber ich sage eines: Wenn ein Magistrat nicht bereit ist, sich an die Regeln zu halten, dann soll er ein Krämer oder sonstwas werden, aber kein Magistrat!


    Ich muss mich also eher fragen, wo du deine Zeit verbringst, bevor du mich so dämlich anredest, Cartilianus!"


    Wieder einmal hatte der alte Petronier sich richtig in Rage geredet und dass ein junger Germane ihm Lektionen in Tradition und Res Publica erteilen wollte, machte all das nicht gerade besser. Jetzt war er gespannt, ob all das nur diente, ihn zu beleidigen (vielleicht steckten doch die Duccier dahinter? Diese Germanen steckten doch alle unter einer Decke...) oder ob es auch inhaltliche Kritik gab.

  • Bei Wodans Schniedel, was war denn das für ein Entwurf? Der hatte ja die Ausmaße eines Trolls. Quatsch, einer ganzen Trollkohorte! Witjon nahm die Abschrift entgegen und fiel beinahe vom Stuhl. Während er sich durch den riesigen Wortsalat kämpfte, begann bereits der Kampf im Ordo Decurionum. Witjon sah entgeistert auf, als sich direkt ein zünftiger Streit zwischen Petronius und Pleminius Cartilianus aufbauschte.


    "Äh..." machte er in seiner Art, wenn er Verwirrt war und sah konfus zu seinem Amtskollegen hinüber. "Patulcius, hast du etwas hiervon im voraus gewusst?" Der andere Duumvir schüttelte nur stumm den Kopf. "Toll," grummelte Witjon. "Einfach toll." Er versuchte sich wieder in den Gesetzentwurf zu vertiefen, als die Streithähne schließlich ausfallend wurden. Das ging dann doch zu weit.


    "Also bitte, meine Herren! Achtet die Würde dieses Gremiums!" Er hatte die Stimme erhoben und strafte alle beide mit einem verärgerten Blick. Dann wedelte er über der Tabula herum, die er in der Hand hielt und richtete seine Worte an Petronius Crispus. "Petronius, warum hälst du es für nötig, eine völlig neue Lex aufzusetzen, statt die bestehende einfach zu überarbeiten? Und dazu noch eine so unglaublich lange...hättest du uns diesen Entwurf nicht wenigstens einen Tag zuvor zur Ansicht geben können? Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier bereits jeder einen vollen Überblick über deinen Vorschlag bekommen konnte." Ein fragender Blick ging in die Runde. Witjon selbst hatte noch nicht alle Absätze gelesen, dazu war es viel zu unruhig. Er war nicht sonderlich erfreut, über diese großartige Neufassung einer Lex Civitatis. Beziehungs einer Lex Municipalis, wenn man mal so optimistisch wie der Petronius sein wollte.

  • Zitat

    Marsus: "Petronius, warum hälst du es für nötig, eine völlig neue Lex aufzusetzen, statt die bestehende einfach zu überarbeiten? Und dazu noch eine so unglaublich lange...hättest du uns diesen Entwurf nicht wenigstens einen Tag zuvor zur Ansicht geben können? Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier bereits jeder einen vollen Überblick über deinen Vorschlag bekommen konnte."


    Mein erster Eindruck von der petronischen Gesetzesvorlage war, dass sie viel zu umfangreich war. Ich hatte den Verdacht, dass hier einfach zu viel geregelt war. Man kann das städtische Leben ja auch zu Tode regeln. Auch der Stil schien mir eher dekorativ als klar und verständlich zu sein. Ich meldete mich zu Wort.


    "Werte Duumviri, werte Decuriones, ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Entwurf noch nicht diskussionsreif ist. Oder genauer gesagt, dass der Ordo Decurionum noch nicht in der Lage ist, darüber eine fruchtbare Diskussion zu führen. Ich will damit nicht deine fleißige Arbeit herabwürdigen, Petronius Crispus, aber ich denke, dass jeder hier im Ordo jetzt Zeit braucht, um sich mit diesem Entwurf auseinanderzusetzen. Insbesondere muss erst einmal geprüft werden, ob der Entwurf mit der Lex Provincialis konform geht. Des Weiteren, ob der Entwurf Regelungen enthält, die schon in anderen Gesetzen statuiert sind, respektive, ob er Regelungen enthält, die mit anderen Gesetzen im Widerspruch stehen".


    "Schließlich ist die Frage zu stellen, ob es überhaupt eine dringende Notwendigkeit gibt, ein neues Gesetz zu schaffen. Dies vor dem Hintergrund, dass die geltende Lex Civitatis erst kürzlich vom Kaiser in Kraft gesetzt wurde. Würden wir da nicht den Eindruck erwecken, dass der Kaiser ein schlechtes Gesetz erlassen hat?"

  • Crispus funkelte Cartilianus wütend an, als sich endlich auch ein paar andere Stimmen zu Wort meldeten. Scheinbar war niemand besonders begeistert von seinem Vorschlag - alle schienen eher erschlagen. Einerseits enttäuschte dies den alten Petronier ein bisschen - andererseits musste er zugeben, dass das alles ein wenig viel auf einmal war. Aber wenn man schon über eine Überarbeitung einer Lex Municipalis nachdachte, dann sollte man es eben gründlich tun!


    Da er bemerkte, dass eine verärgerte Reaktion das ganze nur noch gefährlicher machen würde und er keine Lust hatte, dass seine Bemühungen (oder vielmehr die von Iulius) ganz umsonst waren. Also bemühte er sich, seine Wut über die Herablassung und Sturheit, mit der sein Entwurf römischer Tradition zurückgewiesen wurde, herunterschluckte, sich räusperte und sagte


    "Also...Ich habe auch nicht vor, in den nächsten Minuten eine Entscheidung herbeizuführen. Meinetwegen können wir die Diskussion auch erstmal vertagen. Ich wusste nicht, dass man so einen Entwurf zur Ansicht stellt, dafür gibt es doch die Sitzungen der Decuriones!"


    Er überlegte einen Moment, beschloss dann aber doch, auf die erste Frage von Marsus einzugehen.


    "Und ich glaube, dass es besser ist, die ganze Lex zu überarbeiten, weil wir uns damit auf den Boden der guten alten Tradition stellen, wie ich schon gesagt habe. Außerdem ist sie ja ganz anders gegliedert als die Lex Civitatis - die übrigens auch nicht einen Tag vorher zur Ansicht verteilt wurde, soweit ich weiß. Ich finde, in meinem Entwurf werden die Aufgaben und Rechte der einzelnen Amtsträger ein bisschen klarer und übersichtlicher.


    Und ich glaube nicht, dass es den Kaiser stört, wenn wir ihm ein umfangreicheres Gesetz vorlegen. Wenn man es mit anderen Leges Municipales vergleicht, ist es immernoch relativ kurz!"


    Sim-Off:

    Eine Idee war auch, durch diese Lex ein paar Spielideen zu bieten, z.B. die Verpachtung von Betrieben der Stadt, Abrechnungen, Vereidigungen etc. Und mit der Aufmachung wollte ich eben mal ein bisschen in Richtung historischer römischer Rechtstexte gehen. Natürlich können wir auch bei der "modernen" Aufmachung bleiben, aber das müssen wir halt bestimmen - für mich wäre es vor allem die Frage, ob das Gesetz dadurch wirklich deutlich unübersichtlicher wird... ;)

  • Volusus Pleminius Cartilianus Labeo
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/21.jpg]


    "Wenn du dir selbst nicht mehr sicher bist, worin in deinem traditionellen Entwurf die gravierenden Änderungen bestehen, Petronius, frage ich mich, wozu wir ihn überhaupt noch diskutieren mü...", giftete Labeo zurück bevor er vom Duumvir zur Ordnung gerufen wurde.


    Anstelle weitere Gedanken zum dem Thema anzustellen lauschte er den Ausführungen des duccischen Duumvirs und des Domitius Massula, bevor er sich selbst mit einem "Petronius, was du denkst ist schon überdeutlich geworden, in dem du es überhaupt für notwendig hälst den Magistraten und dem Ordo eine komplett neue Lex aus deiner Feder vor die Füße zu werfen. Ich befürworte ebenfalls eine Vertagung der Entscheidung über die Lex Petronia..." das Thema vorerst vom Hals schaffen wollte.

  • Galeo Laetilius Fecenianus
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/04.jpg]


    Wäre der Petronius mit seinem lexförmigen Rundumschlag nicht seinen eigenen Reformbemühungen in die Kandarre gefahren, hätte Fecenianus dessen Vorschlag wahrscheinlich unumwunden zustimmen können. Allerdings hielt der Veteran es für angebracht alle aus dem Nichts mit seinem Vorschlag überfahren zu können, und erwartete dafür anscheinend auch noch eine Ovatio. Die Kritik blieb ihm allerdings im Halse stecken als sich die peregrine Fraktion geschlossen gegen den Entwurf stellte, was es für ihn selbst quasi unmöglich machte sich jetzt ebenfalls gegen sie zu stellen.


    "Auch wenn die Art und Weise, wie Petronius Crispus seine... Ausführungen... diesem Gremium vorstellt, durchaus zu wünschen übrig lässt...", quälte er sich damit zu einer halbgarem Mittelweg, "...sollten wir doch nicht außer Acht lassen, dass der Entwurf vielleicht doch ganz nützlich sein könnte. Ich spreche mich ebenfalls für eine Vertagung aus."
    Was letztlich bedeutete: der Erfolg oder Misserfolg des Entwurfs würde letztlich hinter den Kulissen ausgemacht. Wie es von Anfang an hätte gemacht werden sollen, denn DAS hätte wirklich der Tradition entsprochen.


    Sim-Off:

    Der Entwurf ist nicht das Problem. Die Art und Weise wie er eingebracht wird schon.

  • "Wenn es eine Beleidigung der Magistrate und Decuriones ist, eine neue Lex vorzulegen, dann brauchen wir uns wohl auch nicht mehr hier zu treffen, dann halten einfach alle die Klappe und klatschen Applaus, wenn der Duumvir 'was sagt!"


    kommentierte Crispus ebenso giftig an Labeo zurück, ehe er feststellen musste, dass offensichtlich auch Fecenianus in gewisser Weise unzufrieden mit der Präsentationsform war - wenn er dem ganzen auch etwas mehr abgewinnen konnte und dem alten Petronier damit zeigte, dass er sich offensichtlich doch nicht so unrömisch verhielt, wie hier alle taten.


    "Ich kann euch auch gern einen Entwurf meiner Lex zukommen lassen oder ihn öffentlich anschlagen, damit jeder ihn ansehen und darüber nachdenken kann, bevor wir diskutieren."


    fügte er dann an. Einen konkreten Modus der Diskussion zu finden, erschien ihm allerdings eher die Aufgabe der Duumviri. Wenn sich alle über die Form aufregten, konnte man ja vielleicht Streit um Form und um Inhalt trennen oder so.


    Jedenfalls war er den Meinung, dass er sich sehr versöhnlich zeigte angesichts der Art und Weise, wie man hier seine Leistungen honorierte...


    Sim-Off:

    Sorry, ich habe gar nicht gedacht, dass es einen anderen SimOn-Weg der Vorstellung gibt.
    P.S.: Ich hab' mir zwar schon ein bisschen Arbeit gemacht, aber ich erwarte keineswegs, dass das einfach so anstandslos durchgewunken wird, auch wenn Crispus sich das SimOn natürlich wünscht. Wenn ihr die "IR-Tradition" mehrheitlich besser findet, dann solls so sein... :]

  • "Es ist keine Beleidigung der Magistrate und Decuriones," bemerkte Witjon laut, der dennoch leicht angesäuert darüber war, dass 'seine' Lex Civitatis gern von Petronius abgeschafft würde.


    "Da wir ja nun alle ein Exemplar in Händen halten, schlage ich vor, dass sich jetzt jeder erst einmal zurückzieht und, wie du sagtest, darüber nachdenkt. Ich vertage den Tagesordnungspunkt daher auf nächste Woche. Bis dahin sollten sich die Gemüter beruhigt haben und jeder hatte genügend Zeit zur Vorbereitung und gründlichen Studie dieses eifrig gestalteten Werkes. Im Übrigen wünsche ich, dass du, Petronius, in der nächsten Sitzung deine Lex im Detail vorstellst und etwaige Änderungen und Vorteile gegenüber der bestehenden Lex Civitatis schwerpunktmäßig beleuchtest." Schließlich rief er den nächsten Tagesordnungspunkt auf und die Sitzung wurde fortgegesetzt...




    ------------------------- Eine Woche später -------------------------




    Zum genannten Termin traf man sich erneut. Witjon rief zur Ruhe auf und die Herren setzten sich endlich. Dann ergriff er sogleich das Wort.
    "Willkommen zurück, werte Stadtväter. Petronius, ich möchte dich nun bitten, deine Lex vorzustellen. Ich bitte derweil um Ruhe. Die anschließende Diskussion möge dann sachlich und gesittet vonstatten gehen!"

  • Dem Petronier hatte der Vorschlag nicht sonderlich gut gefallen, denn er hatte sich bei seiner Lex nur sehr nachrangig an der bestehenden Lex Civitatis orientiert (außer bei den Magistri Vici), sondern vor allem an einer bestehenden Lex Flavia aus Hispania, die sein Rechtsberater hervorgekramt hatte. Deshalb hatte er in der letzten Woche noch einmal mit diesem reden müssen und sich erklären lassen, was nun konkret wichtig und erwähnenswert war.


    Außerdem hatte er sich vorgenommen, sich diesmal nicht so schnell aus der Fassung bringen zu lassen.


    "Danke, Duccius."


    Er räusperte sich und sah auf seine Tabula, die er sich als Gedächtnisstütze mitgenommen hatte - er war eben doch kein so erfahrener Politiker, dass er eine ganze Rede zu so einem komplizierten Thema auswendig lernen oder aus dem Stegreif halten konnte...


    "Also, gehen wir vielleicht Schritt für Schritt vor:


    Zuerst einmal geht mein Entwurf nicht vom Territorium der Stadt aus, sondern von der Bürgerschaft. Ich denke, dass wir ja in erster Linie eine Gemeinschaft von Bürgern sind oder sein wollen, deshalb heißen wir ja auch Civitas und nicht Territorium Mogontiacum."


    Dieser Zug war nicht auf Crispus' Mist gewachsen - Iulius hatte ihn vorgeschlagen.


    "Die Sache mit dem Territorium hab' ich ein bisschen vereinfacht. Die Sachen, die sowieso in anderen Leges geregelt sind - zum Beispiel, dass der Kaiser natürlich in alles eingreifen kann - habe ich rausgelassen, weil das ja sowieso klar ist. Außerdem dachte ich mir, dass es vielleicht nicht schaden kann, wenn wir das Gebiet einfach über die Grenzen definieren, also die Nachbar-Civitates.


    Auch wegen dem schon genannten Grund habe ich auch den Rechtsstatus 'rausgelassen: Den erkennt man ja schon am Namen unserer Stadt, wenn sie denn ein Municipium wird und falls eine Colonia gegründet wird, wird's wahrscheinlich sowieso eine neue Lex Coloniae geben, denke ich.


    Die Gliederung danach habe ich dann eher an einer anderen Lex Municipalis orientiert, angefangen bei den Pontifices, weil der Frieden mit den Göttern ja am wichtigsten ist, dann eben bei den Magistraten absteigend nach ihrer Wichtigkeit oder ihrem Rang. Das mit der Administration und den Munera habe ich hier auch weggelassen, weil ich dachte, dass es nicht so viel bringt, wenn irgendwo Verpflichtungen genannt werden, ohne dass man genau sagt, wer dafür zuständig ist. Und Sachen, die der Legatus Augusti oder Rom selbst von uns einfordert, ergeben sich ja wieder sowieso aus ihren Gesetzen, also hab' ich das weitgehend 'rausgelassen. Das betrifft ja nicht unsere innere Verfassung. Und..."


    Der alte Petronier sah von seiner Tabula auf und stellte fest, dass einige Decuriones ihn fragend ansahen - er war wahrscheinlich in seiner Nervosität etwas schnell vorgegangen! Er räusperte sich noch einmal und sagte dann


    "Gibt's bis hierher Fragen oder Einwände?"

  • Zitat

    Crispus: "Gibt's bis hierher Fragen oder Einwände?"


    Ich war den Ausführungen des Peronius Crispus gefolgt und hatte gleichzeitig versucht, die angesprochenen Stellen in dem vor mir liegenden Entwurf zu identifizieren. Dabei hatte ich den Eindruck, dass Crispus möglicherweise von einem überarbeiteten Entwurf sprechen könnte.


    "Dürfen wir davon ausgehen, dass du jetzt von dem Text sprichst, den du uns kürzlich vorgelegt hast oder sprichst du von einer neuen, eventuell überarbeiteten Fassung? Ich frage deswegen, weil du Änderungen, Weglassungen und Vereinfachungen erwähnt hast. Ich konnte jetzt beim Mitlesen auf die Schnelle nicht feststellen, ob diese im deinem ersten Entwurf schon enthalten sind".

  • "Von dem, was ich letzte Woche vorgelegt habe und was ihr hoffentlich vor euch habt!"


    erklärte Crispus knapp und hatte ein wenig Angst, dass seine Ausführungen schon jetzt etwas konfus waren.

  • Volusus Pleminius Cartilianus Labeo
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/21.jpg]


    Labeo hielt sich zurück. Seine Meinung über den Vorstoß des Petronius hatte sich nicht einen Passus geändert, eigentlich war sie nur noch entschlossener geworden: der Petronier wollte sich selbst auf Kosten anderer in die Annalen der Civitas einschreiben. So hatte er die Ausführungen des Petronius auch nur einfach überflogen, immerhin konnte der Mann als Quelle so ziemlich jede popelige Gemeinde des Reichs angeben, nachprüfen würde dies niemand können. Was er allerdings wusste war: die politische Grundlage für solcherlei Leges waren erst vor wenigen Jahren erlassen worden. So weit vorraus konnten die Hispanier, wenn sie es überhaupt waren, also nicht sein.

  • "Wieso sollten wir das Territorium über die Grenzen unserer Nachbarn definieren? Wozu haben wir denn Grundlisten? Jeder, der in der mogontinischen Grundliste eingetragen ist, soll der Civitas angehören, oder nicht? Wozu haben wir denn erst letztens eine Volkszählung gehabt, in der jede Person ihren Wohnort angeben musste?"


    Witjon verstand durchaus den Gedankengang des Legionsveteranen, erkannte jedoch auch seine Mängel.


    "Denn wie definiert sich deiner Meinung nach denn sonst die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft von Bewohnern Mogontiacums?" fragte Witjon weiter und stellte mit seiner Formulierung auch gleich klar, dass er die Lex Civitatis eindeutig nicht auf die römischen Bürger beschränkte, was ja nicht ihr Sinn war.


    "Was die Gliederung angeht, kann ich soweit zustimmen. Die Reihenfolge der Ämternennung et cetera sieht ordentlich aus. Was mir nicht gefällt ist, dass du die Nennung der Pflichten wegfallen lassen willst. Ich habe damals bewusst diesen Absatz geschaffen, um eine geschriebene Grundlage für alle Magistrate zu haben, nach der sie sich zu richten haben. Besonders für junge und unerfahrene Politikanwärter kann das doch nur sinnvoll sein. Und sollte etwas daran unklar sein, kann der Ordo Decurionum immer noch ein Edikt erlassen, das die Passage für Einzelfälle auslegt und die Anwendung erleichtert."

  • Zwar konnte Crispus sich nicht an die letzte Volkszählung erinnern, doch war er ja auch einige Zeit weg gewesen. Auf die Bedenken wegen der Abgrenzung des Municipium und das Bürgerrecht bemerkte er


    "Das steht ja in meinem Entwurf. Municipes, also Bürger des Municipium Mogontiacum, sollen diejenigen sein, die in die Bürgerliste eingeschrieben sind. Damit können wir aber nicht unser Territorium definieren - wenn ich mir ein Haus in Confluentes kaufe, gehört das ja auch nicht plötzlich zu Mogontiacum! Natürlich können wir auch über die Regesta Territorii gehen, aber das erschien uns...äh mir doch ein bisschen unklar."


    In fünf Jahren konnte dann ja am Ende ein Duumvir daher kommen und einfach irgendwelche Vici in die Grundliste aufnehmen, die eigentlich zu den Nachbarn gehörten! Das würde nur Rechtsstreitigkeiten auslösen...


    "Und zu den Pflichten: Die sind ja alle genannt, aber eben bei den Zuständigen. Zum Beispiel die Marktaufsicht bei den Aedilen, die Vertretung vor der Provinz etc. im Abschnitt über Gesandtschaften und so weiter. Und deine Munera Rei Publicae werden ja von außen an uns herangetragen, das geht uns ja erstmal nix an.


    Eigentlich sollte ein Jungpolitiker sowas von seinen Mitdecuriones, Vorgängern und Eltern gelernt haben. Als Leitfaden für so jemanden würde ich dir eher vorschlagen, ein Lehrbuch zu schreiben. In eine Lex Municipalis muss sowas meiner Meinung nach aber nicht - da sollen ja Sachen geregelt werden, die anfechtbar sind und nicht das, was sowieso jeder weiß!"


    Am Ende wurde die Steuererhebung durch die Gemeinden abgeschafft und Mogontiacum musste das weiterhin übernehmen, weil es in seiner Lex Municipalis stand...

  • Jetzt ging da schon eine muntere Diskussion um Einzelheiten des Entwurfs los. Mir graute davor. Das würde sich in vielen Umwegen und Sackgassen bis ins Ungewisse verlaufen, sozusagen bis hinter Thule, und folgerichtig dann ohne Ergebnis bleiben. Ich wusste, dass die Menschen sich gerne auf Details stürzen, weil die so hübsch konkret sind. Aber man stolpert dann blind an den Hauptsachen vorbei.


    "Werte Decuriones, erstens halte ich zum jetzigen Zeitpunkt eine Diskussion über die Einzelheiten des Entwurfs von Petronius für unnütz. Die geltende Lex Civitatis und der Entwurf von Petronius haben unterschiedliche Gliederungen. Sie sind so nicht miteinander vergleichbar. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, müsst man in recht aufwendiger Arbeit die Gliederungen an einander anpassen.


    Zweitens sind Zweifel daran aufgetaucht, ob die Civitas von sich aus eine Gesetzesänderung vornehmen kann. Wie mein verehrter Freund Laetilius richtig anmerkte, ist die Civitas ein höheres Rechtsgut als der Krümmungsradius von Gurken. Wir können also davon ausgehen, dass wir zwar einen neuen Gesetzentwurf erarbeiten können, aber der muss dem Kaiser vorgelegt werden. Und das tut man nur dann, wenn man wirklich triftige Gründe dazu hat.


    Drittens müssen wir in diesem Sinne zuerst klären, ob solche triftigen Gründe vorliegen. Erst dann können wir die Arbeit an einem neuen Gesetzentwurf ins Auge fassen".

  • Crispus seufzte. Hier schien jeder mit seinen Einwänden immer so lange zu warten, bis ein Punkt abgehakt schien, um dann zu ungünstigsten Moment aufzustehen.


    "Erstens hoffe ich, dass dir die Woche Zeit gereicht hat, meinen Entwurf mit der bestehenden Lex Civitatis zu vergleichen. Die sind beide ja nicht besonders lang und wenn du die Inhalte vom einen im anderen suchst, solltest du keine Schwierigkeiten, sie zu finden. Abgesehen davon erkläre ich die ganzen Unterschiede ja auch gerade noch einmal.


    Zweitens ist mein Entwurf der einer Lex Municipalis, also der Verfassung eines Municipium. Ich würde ihn dem Kaiser mit unserer Bitte zur Erhebung vorlegen. Das ist für mich schon ein triftiger Grund, seine Verfassung zu überdenken! Genaugenommen kann ich mir sogar keinen besseren Anlass vorstellen!"


    Er verschränkte die Arme vor der Brust.


    "Und abgesehen davon - ich habe es glaube ich schon so oft gesagt, dass ich es gar nicht mehr zählen kann - gibt's kaum inhaltliche Änderungen, sondern vor allem Erweiterungen!"

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!