Das Projekt hatte ein bisschen gedauert, aber inzwischen war Iulius mit dem Entwurf einer Lex Municipalis fertig geworden und hatte dem alten Petronier auch jeden einzelnen Abschnitt erklärt - was nicht immer einfach gewesen war, denn die juristischen Formulierungen waren manchmal ein bisschen umständlich.
Heute aber konnte Crispus endlich das Ergebnis seiner Anstrengungen (die in diesem Fall vor allem finanziell gewesen waren) den Decuriones präsentieren.
"Liebe Decuriones!
Ich habe mich mit Juristen unterhalten und ein bisschen schlau gemacht. Manche von euch wissen vielleicht, dass die Leges Municipales in vielen Städten ziemlich gleich aussehen, vor allem diejenigen, die ihren Status noch nicht so lange haben. Und weil diese Gesetze normalerweise vom Kaiser bestätigt werden, habe ich mir gedacht, dass es schlau wäre, wenn wir es ähnlich machen wie sie. Es gab ja schon die ein oder andere Beschwerde über die momentane Lex Civitatis, deswegen kann uns das Vorbild anderer Municipia vielleicht auch dabei helfen, zu sehen, was bei uns fehlt oder anders formuliert werden sollte.
Ich lese meinen Entwurf also einfach mal vor, dann können wir drüber diskutieren:
I. De Civitate
Das Municipium Ulpium Mogontiaciensis ist die Gemeinschaft der Municipes, die in die Bürgerliste des Municipium eingeschrieben sind. Diesen Municipes soll das volle Recht zukommen, ihre Magistrate zu wählen und alle Rechtshandlungen zu vollziehen, zu denen sie dieses Gesetz ermächtigt.
Zum Territorium des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen alle Vici, Viculi und Villae zählen, die zwischen dem Rhenus und den Civitates Bauconia Nova, Bingium und Vicus Altaiensium. Diese werden in die Regesta Territorii eingetragen.
II. De Pontificibus
Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Decuriones aus diesen zu Pontifices gewählt werden, sollen Pontifices des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Die Pontifices und ihre Kinder sollen vom Kriegsdienst und allen Munera freigestellt sein, das Recht haben, bei den Spielen und öffentlichen Opfern die Toga Praetexta zu tragen. Sie sollen die Aufsicht über den Cultus des Municipium haben und den Decuriones und Magistrati mit Rat zur Seite stehen.
III. De Duumviris iure dicundo
Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Municipes bei den Comitia aus der Reihe der ehemaligen Aediles zu Duumviri gewählt werden und mindestens XXXII Jahre alt sind, sollen für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Duumviri iure dicundo des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Sie sollen während ihrer Amtszeit das Recht haben, die Toga Praetexta zu tragen, zwei Liktoren, einen Accensus, zwei Scribae, sowie einen Boten, einen Haruspex und einen Tibicen auf Kosten der Stadtkasse haben. Sie sollen spätestens drei Tage nach ihrem Amtsantritt vor den versammelten Decuriones die Feiertage des kommenden Jahres verkünden und das Recht und die Macht haben, als Schiedsrichter über Streitigkeiten der Municipes fungieren, die Contiones der Decuriones leiten, die Aufsicht über die Stadtkasse führen, den Magistrati ihre Aufgaben zuweisen und ihre Arbeit prüfen, über Vergabe öffentlicher Aufträge und Verpachtungen entscheiden, sowie sämtliche Wahlen und Abstimmungen der Municipes oder Decuriones leiten. Für ihre Beschlüsse sollen sie mit ihrem Vermögen haften und zum Antritt ihres Amtes ein Pfand von 500 Sesterzen in die Stadtkasse legen, das sie am Ende ihrer Amtszeit zurückerhalten sollen, wenn sie ihr Amt rechtschaffen ausgeführt haben.
IIII. De Quaestore
Derjenige, der durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Municipes bei den Comitia aus der Reihe der ehemaligen Aediles zum Quaestor gewählt wird und mindestens XXVII Jahre alt ist, soll für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Quaestor des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Er soll während seiner Amtszeit das Recht haben, einen Accensus und zwei Scribae, sowie einen Boten auf Kosten der Stadtkasse zu haben. Er soll das Recht und die Macht haben, die Stadtkasse nach dem Willen der Duumviri verwalten, Einnahmen und Ausgaben gewissenhaft aufschreiben und die Steuern des Municipium einziehen und pünktlich an die Procuratores abführen. Für ihre Beschlüsse soll er mit seinem Vermögen haften und zum Antritt seines Amtes ein Pfand von 500 Sesterzen in die Stadtkasse legen, das er am Ende ihrer Amtszeit zurückerhalten soll, wenn er sein Amt rechtschaffen ausgeführt hat.
V. De Aedilibus
Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Municipes bei den Comitia aus der Reihe der Decuriones zu Aediles gewählt werden und mindestens XXV Jahre alt sind, sollen für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Aediles des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sein. Sie sollen während ihrer Amtszeit das Recht haben, zwei Scribae, sowie einen Boten auf Kosten der Stadtkasse zu haben. Sie sollen das Recht und die Vollmacht haben, die Getreideversorgung des Municipium, die Märkte, die öffentlichen Bauwerke und Tempel, die Thermen und Häfen, die Bordelle, Garküchen und Brunnen zu beaufsichtigen, öffentliche Spiele abzuhalten, und bei Bedarf das Kommando über die Vigiles zu führen.
VI. De Magistris Vici
Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Vicani ihres Vicus aus der Reihe der Municipes dieses Vicus zu Magistri Vici gewählt werden, sollen für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Magistri Vici ihres Vicus sein. Sie sollen für die Dauer ihrer Amtszeit das Recht haben bei den Contiones der Decuriones teilzunehmen und abzustimmen und das Wort zu ergreifen und alle Rechte, die die Decuriones haben, für die Dauer ihres Amtes zu genießen.
VII. De iure iurando Magistratum
Die Duumviri, Aediles und Quaestores sollen spätestens fünf Tage nach ihrer Wahl und vor jeder Amtshandlung auf dem Forum einen Eid schwören bei Iuppiter, Divus Augustus und allen Divi Augusti, bei Divus Iulianus und dem Genius des Imperator Caesar Augustus und allen Göttern, dass sie sie stets entsprechend dieser Lex und den Decreta der Decuriones des Municipium Ulpium Mogontiaciensis handeln und gegen jeden vorgehen mögen, der dieser Lex und den Decreta der Decuriones zuwiderhandelt. Jeder Magistrat, der diesen Eid nicht schwört, soll verpflichtet sein, eine Strafzahlung von 2000 Sesterzen in die Stadtkasse zu zahlen.
VIII. De Iuribus Magistratum
Jeder amtierende Duumvir soll das Recht haben, die Beschlüsse und Handlungen seines Collega oder der Quaestores oder Aediles für unwirksam zu erklären. Ebenso soll jedes Aedil das Recht haben, die Beschlüsse seines Collega für unwirksam zu erklären, wenn er dies innerhalb von drei Tagen tut. Jeder Aedil, Quaestor oder Duumvir, der sein Amt rechtschaffen ausgeführt hat, soll nach dem Ende seiner Amtszeit das römische Bürgerrecht für sich und seine ehelichen Kinder verliehen bekommen, soweit er dieses nicht bereits besitzt. Für die Dauer ihrer Amtszeit sollen außerdem alle Duumviri iure dicundo, Quaestores und Aediles von allen Munera und dem Kriegsdienst frei sein.
VIIII. De Comitiis habendis
Die Duumviri sollen für Wahlen jährlich alle Municipes durch öffentliche Bekanntmachung mindestens zwanzig Tage vor dem Versammlungstag zu den Comitia laden. Unter dem Vorsitz eines Duumvir sollen die Municipes dann nach Vici getrennt abstimmen und zwei Duumviri, zwei Aediles und einen Quaestor wählen. Am zweiten Tag sollen die Duumviri die Abstimmung beenden und diejenigen zu Duumviri, Aediles und Quaestores ernennen, welche die meisten Stimmen, mindestens jedoch die Hälfte aller abgegebenen Stimmen erhalten haben. Das Ergebnis der Wahlen sollen sie am folgenden Tag öffentlich bekannt geben und auf dem Forum aushängen.
X. De Decurionibus
Diejenigen, die als Municipes durch die Mehrheit der Decuriones auf Vorschlag eines Duumvir zu Decuriones gewählt werden, sollen rechtmäßige Decuriones des Municipium Ulpium Mogontiaciensis mit allen Rechten und Pflichten sein. Jedes Jahr soll jeder von ihnen ein Honorarium von 200 Sesterzen an die Stadtkasse entrichten oder seinen Rang als Decurio verlieren. Sie und ihre Ehefrauen und ehelichen Kinder sollen das Recht haben, bei den Spielen die vordersten Reihen zu besetzen und die städtischen Thermen kostenlos zu nutzen. Weiterhin sollen sie das Recht haben, durch Abstimmung über die Kooptation von Patronen des Municipium, öffentliche Baumaßnahmen, die Verwendung der städtischen Gelder und die Bestellung städtischer Angestellter, in einer Contio unter Vorsitz eines Duumvir abzustimmen. Weiterhin sollen sie gemäß dieser Lex und zum Wohle des Municipium Ulpium Mogontiaciensis durch Abstimmung in einer Contio unter Vorsitz eines Duumvir Decreta erlassen, die für alle Municipes und Incolae des Municipium Gültigkeit besitzen und laut auf dem Forum verkündet und im Tabularium des Municipium archiviert werden sollen. Darüber hinaus sollen sie am Ende jedes Jahres die Tätigkeit der Magistrati, insbesondere die Aufzeichnungen der Quaestores zur Stadtkasse prüfen und durch Mehrheitsbeschluss die Rechtschaffenheit ihrer Amtsführung in einer Contio feststellen.
XI. De Legatis mittendis
Wenn es notwendig ist, Gesandte zu entsenden, so sollen die Decuriones unter Vorsitz eines Duumvir durch Decretum die Entsendung einer Gesandtschaft, ihre Aufgaben und die zur Verfügung gestellten Mittel in einer Contio beschließen. Der Duumvir hat nach diesem Beschluss Decuriones als Legati auszuwählen nach freiwilliger Meldung oder durch Los, jedoch nicht solche, die den Decuriones durch ihr Amt oder anderes noch in irgendeiner Weise Rechenschaft schuldig oder älter als sechzig Jahre sind. Die erwählten Legati sollen dann beizeiten aufbrechen und nach dem Decretum der Decuriones ihre Gesandtschaft erfüllen. Die Decuriones sollen unter Vorsitz eines Duumvir durch Decretum auch bestimmen, ob den Legati ein Wegegeld aus der Stadtkasse zugesprochen werden soll.
XII. De Pecunia Commune
Die Duumviri sollen die Stadtkasse nach Maßgabe ihrer Vorgänger verwalten und daraus kein Geld auf die Municipes, die Decuriones oder andere Bewohner der Stadt verteilen. Sie sollen das Recht haben, die Ausgaben für einen Bereich zu erhöhen, wenn die Mehrheit Decuriones in einer Contio diesen zugestimmt hat und sie einen Eid schwören, dass dies zum Wohle der Stadt geschehe. Ausgenommen davon sollen sein Ausgaben für religiöse Feiern, Spiele und Mähler, an denen die Municipes oder die Decuriones teilnehmen, die Löhne der Apparitores, Ausgaben für Gesandtschaften, Reparaturen öffentlicher Gebäude und Tempel, die Verpflegung der Servi Publici, für religiöse Handlungen der Magistrate im Namen des Municipium und solche für die Erfüllung der Amtspflichten der Magistrate. Diese zu erhöhen soll den Duumviri auch ohne das Schwören eines Eides und die Abstimmung der Decuriones erlaubt sein.
Auch sollen diejenigen, die mit der Verwaltung der Stadtkasse oder öffentlicher Betriebe betraut sind, sollen nach dem Ende ihrer Aufgabe innerhalb von dreißig Tagen den Decuriones eine Abrechnung vorlegen. Die Decuriones sollen drei Decuriones mit der Prüfung dieser Abrechnung betrauen. Sollten diese Fehler zum Schaden des Municipium Ulpium Mogontiaciensis feststellen, so soll derjenige, der diesen Fehler verantwortet, die doppelte Summe seines Fehlers an die Stadtkasse zahlen.
Jeder soll das Recht haben, Missbräuche der Stadtkasse anzuzeigen. Die Decuriones sollen dann in einer Contio über den Angeklagten richten.
XIII. De Locationibus
Die Duumviri sollen das Recht haben, öffentliche Pachten zu vergeben. Diese Verpachtungen sollen sie jedoch öffentlich bekannt machen und im Tabularium des Municipium Ulpium Mogontiaciensis archivieren. Ihnen soll es nicht erlaubt sein, öffentliche Verpachtungen an Magistrati des Municipium Ulpium Mogontiaciensis, deren Großeltern, Eltern, Geschwister, Kinder oder Enkel zu vergeben.
XIIII. De Apparitoribus
Diejenigen Scribae, die mit der Führung der Bücher der Stadtkasse und Archive betraut sind und durch die Mehrheit der Decuriones bestätigt wurden, sollen den Duumviri unterstellt sein. Und sie sollen vor Beginn ihrer Amtstätigkeit einen Eid schwören bei Iuppiter, Divus Augustus und allen Divi Augusti, bei Divus Iulianus und dem Genius des Imperator Caesar Augustus und allen Göttern, dass sie die Bücher nach bestem Wissen und Gewissen führen sollen und nicht wissentlich oder böswillig Fehler in den Büchern machen werden. Auch sollen die Decuriones bestimmen, wie hoch der Lohn jedes Apparitor sein soll, den die Duumviri dann auszahlen sollen. Ebenso sollen die Decuriones über die Aufgaben der Servi Publici bestimmen.
XV. De Muneribus
Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen die Pflicht haben, nach Decretum Decurionum Abgaben für das Wohl des Municipium zu leisten und bei öffentlichen Bauarbeiten bis zu fünf Tage mit ihrem Vieh auf der Baustelle zu arbeiten. Ebenso sollen sie durch die Magistrate herangezogen werden können zur Unterbringung von Soldaten und kaiserlichen Beamten und den Unterhalt von Straßen, an denen sie Güter besitzen.
XVI. De Iuris Dictione Municipale
Die Duumviri iure dicundo sollen das Recht und die Macht haben, Recht zu sprechen so, wie es der Legatus Augusti pro Praetore Germaniae oder durch die Leges des römischen Volkes bestimmt ist. Er soll Gerichte einsetzen und Urteile fällen, wie es nach diesen Bestimmungen gestattet ist.
XVII. De Iure Municipum
Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen gemäß diesem Gesetz handeln und sich davor hüten, es wissentlich oder mit böser Absicht zu brechen. Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, soll verpflichtet sein, 5000 Sesterzen an die Stadtkasse zu bezahlen. In allen Dingen, die nicht durch diese Lex geregelt sind, sollen die Leges des römischen Volkes für die Municipes und Incolae des Municipium gelten. Was nach dieser Lex, den römischen Leges und den Decreta Decurionum nicht verboten ist, soll erlaubt sein.
Die Duumviri sollen dafür sorgen, dass dieses Gesetz in Bronze gegossen und öffentlich auf dem Forum ausgestellt wird, sodass es gut vom Boden aus zu lesen ist.
So, ist ein bisschen länger, aber wenn man einen guten Rechtsstatus hat, muss man eben auch viel regeln!
antwortete er und setzte sich, gespannt, was die Duumviri sagen würden.
Ich habe mir die Lex Irnitana, ein erhaltenes Stadtrecht aus Hispania zum Vorbild gemacht (aus der Zeit der Flavier - man vermutet heutzutage teilweise, dass es sogar eine Art "Mustergesetz" gab, da sich die Stadtrechte dieser Zeit teilweise wortwörtlich entsprechen). Das Gesetz ist allerdings ziemlich umfangreich (über 80 Kapitel), weshalb ich es zusammengefasst und -gekürzt habe, allerdings bemüht, den Stil möglichst beizubehalten. Trotzdem kann man natürlich drüber diskutieren, ob man mehr/weniger reinschreibt