Entwurf einer Lex Municipalis

  • Natürlich hatte Crispus sich bei der Abfassung des Entwurfs auch über diese Dinge informieren lassen. Und leider gab es hier auch die größten Probleme:


    "Das Problem ist, dass es dazu keine eindeutigen Gesetze gibt. Der Codex Iuridicialis regelt die Verhältnisse vor allem für Rom und die Municipia und so weiter kommen gar nicht erst vor. Deshalb auch nur diese allgemeine Formulierung. Aber ich denke, wir sollten zusammen mit der Lex auch die Bitte an den Senat schicken, klare Regelungen für die Rechtsprechung in den Provinzen zu schaffen - Gerichtsstand für alle Einwohner des Imperiums kann ja unmöglich Rom sein und wir wissen ja selbst, dass es in der Praxis anders gehandhabt wird."


    So kannte Crispus verschiedene Beispiele - etwa hatte Marsus hier in Mogontiacum zu Gericht gesessen oder die Statthalter sprachen im Vorbeigehen Recht. Und selbst der alte Petronier hatte schon Urteile gesprochen und vollstreckt. Aber das Reich war eben einfach zu groß, um alles in Rom zu entscheiden...

  • Es schien so, als sei man bisher frei nach Schnauze bei der Wahl des Gerichtsstands vorgegangen, eben weil das geltende Recht diese Fragen offen ließ.


    "Du hast Recht, Petronius Crispus, wenn es um die Zuständigkeiten der Gerichte geht, tappt man außerhalb von Roma im Nebel herum. Das macht eine klare Regelung dringend notwendig. Also ich hätte gerne dafür plädiert, dass wir ganz frech und naseweis in unsere Lex Municipalis hineinschreiben, für welche Fälle der Duumvir iure dicundo zuständig ist und für welche nicht. Aber ich kann mich auch mit deinem Vorschlag anfreunden, den Senat zu bitten, diese Gesetzeslücke zu schließen".


    "Egal, für was wir uns entscheiden, wir müssen uns dann aber schon überlegen, welche Kriterien für die Wahl des Gerichtsstands ausschlaggebend sein sollen. Ein Kriterium wäre der Ort, in dem Kläger und Angeklagte ansässig sind. Solange es Fälle sind, bei denen die Prozessbeteiligten aus der Civitas Mogontiaci kommen, bleibt der Gerichtsstand in der Civitas. Wenigstens, solange keine anderweitigen Gründe vorliegen, die eine Rechtssprechung durch die Duumviri ausschließen".

  • Einer der Decuriones, ein Jurist, meldete sich zu Wort.


    "In Analogieschluss zu § 1 des Codex Iuridicialis wäre es angemessen, eine Mischung aus Territorial- und Personalitätsprinzip anzuwenden. Letzteres käme den germanischen Bräuche hier entgegen, ersteres der Praktikabilität."


    Zwar wusste Crispus, dass Germanen in Stämmen und Sippen dachten, aber er hatte nicht gewusst, dass das auch für die Rechtsprechung galt*. Aber wenn der Codex Iuridicialis so etwas in der Art vorgab, konnte es nicht falsch sein.


    "Wenn der Senat oder der Kaiser uns Teile der Rechtsprechung überlässt, könnten wir aber überlegen, ob wir sie zwischen Duumvirn und Aedilen aufteilen wollen oder lieber nicht."


    gab er dann aber zu einer anderen Sache zu bedenken. Und damit nicht ins Blaue hinein überlegt wurde, schlug er gleich noch vor:


    "Ich könnte mir vorstellen, marktbezogene Sachen den Aedilen zu überlassen. Aber eigentlich ist Mogontiacum auch übersichtlich genug, dass es nur die Duumviri machen, oder?"

    Sim-Off:

    * Stimmt das auch für die Antike?

  • Sim-Off:

    Ich verstehe ehrlich gesagt deine Frage gar nicht. Was sollen die Germanen über Rechtsprechung gedacht haben?


    "Die Gerichtsbarkeit der Duumviri ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. Ich würde erstens sagen, wir bitten den Princeps darum, den Codex Universalis zu reformieren, wie Petronius es vorgeschlagen hat.
    Und zweitens sollten wir eine eigene Gerichtsordnung per Decretum festlegen, denn die Details einer solchen sollten nicht in der Lex Municipalis stehen. Dort können wir sie nämlich später nicht mehr so gut abändern, falls es einmal die Notwendigkeit geben sollte.


    Ohne dich in deinem Eifer also gleich ausbremsen zu wollen, muss ich doch bitte: Über diese grundsätzliche Frage sollten wir zuerst entscheiden, bevor wir uns wieder in den Feinheiten verlieren."





    DECURIO - MOGONTIACUM

  • Sim-Off:

    Dass die Stammesrechte für Personenverbände galten, nicht territorial gebunden.


    Crispus zuckte mit den Schultern.


    "Die Idee mit dem Decretum find' ich gut. Ein paar grundsätzliche Dinge zu den Abläufen könnte man aber vielleicht wirklich in die Lex Municipalis aufnehmen, damit die Municipes Rechtssicherheit haben und nicht fürchten müssen, dass sich ihr Prozess ständig verändert!"

  • Im Grunde genommen konnte man eine weitere Diskussion über die Kriterien, nach denen der Gerichtsstand Mogontiacum zu bestimmen war, auf später verschieben.


    "Gut, dann sollten wir bei dem vorgeschlagenen Text bleiben. Etwaige Delegierungen der Rechtssprechung, beispielsweise an die Aedile, wie sie Petronius Crispus angesprochen hat, sind nach meiner Meinung in einem Decretum Decurionum zu regeln und brauchen jetzt nicht diskutiert werden. Sie sind aber in dem Gesetzentwurf eigentlich schon enthalten, nämlich in dem Passus 'sie können Gerichte einsetzen ... '. Damit ist schon klargestellt, dass die Duumviri auch andere Richter einsetzen können".


    "Die Frage, welche Fälle von den Duumviri iure dicundi behandelt werden dürfen, sollten wir bis zur Vorlage der Lex Municipalis beim Kaiser aber auf jeden Fall geklärt haben".

  • "Dann sind wir uns ja einig", lächelte Witjon. Er frohlockte zwar nicht ob der Aussicht, in Zukunft auch noch über die Details einer municipalen Gerichtsordnung diskutieren zu müssen, denn aufgeschoben war nicht aufgehoben. Aber wenn sie dafür mit dieser Lex erst einmal fertig wurden, war ihm dieser kleine Nachteil doch sehr recht. "Nungut, meine Herren. Ihr werdet es nicht glauben, aber wir kommen dann tatsächlich zum letzten Absatz des Entwurfes!"


    Zitat

    XVII. De Iure Municipum
    Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen gemäß diesem Gesetz handeln und sich davor hüten, es wissentlich oder mit böser Absicht zu brechen. Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, soll verpflichtet sein, 5000 Sesterzen an die Stadtkasse zu bezahlen. In allen Dingen, die nicht durch diese Lex geregelt sind, sollen die Leges des römischen Volkes für die Municipes und Incolae des Municipium gelten. Was nach dieser Lex, den römischen Leges und den Decreta Decurionum nicht verboten ist, soll erlaubt sein.
    Die Duumviri sollen dafür sorgen, dass dieses Gesetz in Bronze gegossen und öffentlich auf dem Forum ausgestellt wird, sodass es gut vom Boden aus zu lesen ist.


    Dieser Absatz jedoch erforderte noch einmal ein paar Änderungen. Witjon trug sie vor:
    "Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen gemäß diesem Gesetz handeln und sich davor hüten, es wissentlich oder mit böser Absicht zu brechen. Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, hat gemäß dem Urteilsspruch der Duumviri 5000 Sesterzen an die Stadtkasse zu bezahlen. In allen Dingen, die nicht durch diese Lex geregelt sind, gelten die Leges des römischen Volkes für die Municipes und Incolae des Municipium. Im Übrigen ist dasjenige, was nach dieser Lex, den römischen Leges und den Decreta Decurionum nicht verboten ist, erlaubt.
    Die Duumviri sollen dafür sorgen, dass dieses Gesetz in Bronze gegossen und öffentlich auf dem Forum ausgestellt wird, sodass es gut vom Boden aus zu lesen ist.


    Ich habe mir erlaubt, die Strafregelung etwas zu modifizieren, indem ich die Duumviri für zuständig in derlei Angelegenheiten erkläre. Ich hoffe, das trifft auf Zustimmung. Außerdem ist so auch festgelegt, dass eine Strafe auf einem Urteil basieren muss, damit gar nicht erst die Gefahr von willkürlichen Strafen mit langwierigen Beschwerdeprozessen aufkommt. Was meint ihr dazu?
    Außerdem halte ich es für angemessen, der besseren Verständlichkeit halber den vorletzten Satz etwas umzuformen. Auch wenn ich glaube, dass wir diesen Satz eigentlich auch streichen können, denn es ist ja irgendwie offensichtlich, dass das was nicht verboten ist, erlaubt ist. Nicht wahr?"





    DECURIO - MOGONTIACUM

  • "Moment, moment, wollten wir nicht ein paar grundsätzliche Sachen reinschreiben? So Gerichtsstandfragen und so? Und ich würde klären, ob die Duumviri selbst Recht sprechen oder das delegieren oder wie oder was... Und vielleicht die Streitwerte, die wir uns so vorstellen. Zum Beispiel nur Vergehen oder so..."


    fragte Crispus - er konnte es kaum fassen, dass er soeben den Betrieb aufhielt, anstatt ihn wie bisher anzutreiben. Aber die Juristerei war eben ein Punkt, der sicherlich leicht Streitigkeiten nach sich zog, wenn man keine verlässlichen Regeln fand.


    "Übrigens finde ich den letzten Absatz aber in Ordnung."


    fügte er dann noch lächelnd hinzu - vielleicht konnte er sein Bremsen hier durch zügiges Vorwärtsschaffen beim Letzten wettmachen.

  • Zitat

    Original von Marcus Petronius Crispus
    "Moment, moment, wollten wir nicht ein paar grundsätzliche Sachen reinschreiben? So Gerichtsstandfragen und so? Und ich würde klären, ob die Duumviri selbst Recht sprechen oder das delegieren oder wie oder was... Und vielleicht die Streitwerte, die wir uns so vorstellen. Zum Beispiel nur Vergehen oder so..."


    "Achso", wunderte sich Witjon. "Ich dachte, das wäre mit dem Satz geklärt, den Domitius eben noch einmal genannt hatte." Jedoch akzeptierte er Petronius' Protest und schaltete wieder einen Gang runter. Schade, schon hatte er sich am Ende der langwierigen Diskussion gesehen. Jedenfalls sagte ihm die Zustimmung des Petroniers zum letzten Absatz schonmal zu.


    "Also gut, du möchtest also noch mehr Grundsätzliches direkt in der Lex Municipalis regeln", stellte Witjon nochmal für alle mit, die vielleicht von Crispus' Einwurf überrascht waren. Dann ging er auf dessen einzelne Vorschläge ein.
    "Was den Gerichtsstand angeht, folgendes im voraus: Von mir aus können wir den in der Lex regeln. Jedoch sollte die Gesandtschaft, die die Lex dem Kaiser in Zukunft präsentieren wird, darauf achten, ob der Kaiser womöglich selbst eine Neuregelung über die Gerichtsstände erlassen will. Aber das wissen nur als Hinweis.
    Konkret würde ich sagen, dass für alle Bewohner Mogontiacums hier auf der allgemeine Gerichtsstand liegen muss. Alles andere wäre ja unsinnig. Die Frage ist, wo Fremde angeklagt werden können. Ich würde sagen, dazu sollten wir allerdings juristischen Rat einholen, da bin ich überfragt.*


    Was die Rechtsprechung selbst angeht: Ich würde den Duumviri die Rolle des Praetors in Rom zusprechen. Sie nehmen die Klagen lediglich entgegen und setzen im Fall der Klagezulassung Iudices ein, die von einem juristisch gebildeten Berater unterstützt werden.
    Klagen sollten dabei bis zu einem Maximalstreitwert zugelassen werden, beispielsweise dreitausend Sesterzen. Also, wenn es um Schadensersatz oder Herausgabe von Sachen oder ähnliches geht.
    Bei Strafklagen müssten wir wohl einen eindeutigen Katalog entwerfen. Kapitalstrafen, das heißt alle diejenigen, für die die Todesstrafe verhängt wird, gehören vor den Statthalter. Damit haben wir nichts am Hut.
    Bleibt also die Frage nach weniger schweren Verbrechen beziehungsweise Vergehen."

    Hier hielt Witjon inne und zuckte ahnungslos mit den Schultern.
    "Ehrlich gesagt, meine Herren, bin ich diesbezüglich etwas ratlos. Ich schätze, dazu sollten wir auch erst einmal detaillierten juristischen Rat einholen."
    Witjon sah in die Runde. Vielleicht hatte Petronius ja bereits eine ungefähre Vorstellung?



    Sim-Off:

    *Was daran liegt, dass ich gerade das entsprechende Lehrbuch wieder zur Bib zurückgebracht habe. Wenn ihr euch diesbezüglich noch ein paar Tage gedulden könnt, suche ich entsprechende historische Regelungen raus.




    DECURIO - MOGONTIACUM

  • Zitat

    Original von Petronius Crispus


    Der Einwand von Crispus war etwas an der Sache vorbeigegangen, aber es passiert schon mal, dass die betreffenden Unterscheidungen in einer Diskussion unter den Tisch fallen.


    "Mit dem Grundsätzlichen, Petronius Crispus, war, wie Duccius Marsus auch sagte, die Frage der Zuständigkeit gemeint. In welchen Fällen kann die Civitas überhaupt Recht sprechen und in welchen nicht? Wann ist beispielsweise die Provinz zuständig? Das können wir keinesfalls in die Lex Municipalis schreiben, weil das nur in einem höherrangigen Gesetz geregelt werden kann. Deshalb gehört diese Frage nicht in die jetzige Debatte über die Lex Municipalis, sondern in eine andere. Duccius Marsus hat dazu ja schon einige Anhaltspunkte genannt".


    "Der andere Punkt, nämlich, ob die Duumviri selber zu Gericht sitzen oder ob sie es delegieren und wenn ja, an wen und aus welchen Gründen, sollte in einem Decretum Decurionum geregelt werden. Auch dies wäre eine andere Debatte".


    "Wenn du mit dieser Unterscheidung einverstanden bist, würde gerne schon etwas zu dem Punkt XVII sagen, Petronius Crispus".

  • Crispus staunte nicht schlecht, als er Marsus' Worte hörte. 3000 Sesterzen waren ein gewaltiger Batzen Geld und er kannte nicht einmal eine Straftat, die so schwer geahndet wurde.


    "Naja gut, stellen wir das zurück."


    stimmte er schließlich zu und nickte, als Massula nach der Erlaubnis zu einem Kommentar zum Folgenden fragte.

  • Zitat

    Marsus: "Ich habe mir erlaubt, die Strafregelung etwas zu modifizieren, indem ich die Duumviri für zuständig in derlei Angelegenheiten erkläre. Ich hoffe, das trifft auf Zustimmung. Außerdem ist so auch festgelegt, dass eine Strafe auf einem Urteil basieren muss, damit gar nicht erst die Gefahr von willkürlichen Strafen mit langwierigen Beschwerdeprozessen aufkommt".


    "Danke Petronius Crispus. Ich komme also zu den Punkten, die den Absatz 'XVII. De Iure Municipium' betreffen. Da ist vor allen die Strafregelung zu nennen: '... Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, hat gemäß dem Urteilsspruch der Duumviri 5000 Sesterzen an die Stadtkasse zu bezahlen'. Das widerspricht meinem Rechtsverständnis, weil hier den Richtern schon vorab das Strafmaß vorgeschrieben wird. Der Richter kann also nur noch feststellen, ob ein Verstoß vorliegt und nicht, wie dies im Codex Iuridicialis bei jeder Strafe üblich ist, auch über das Strafmaß je nach Schwere des Verstoßes und nach Würdigung mildernder Umstände ein angemessenes Urteil fällen. Ich schlage deshalb vor, die Worte 'gemäß dem Urteilsspruch der Duumviri' fallen zu lassen und vor den Worten '5000 Sesterzen' den Zusatz ' bis zu' einzufügen. Die Duumviri sind laut Abschitt XVI zuständig für diese Angelegenheiten. Das braucht hier also nicht mehr gesagt zu werden".


    "Auch den Satz 'Im Übrigen ist dasjenige, was nach dieser Lex, den römischen Leges und den Decreta Decurionum nicht verboten ist, erlaubt' können wir uns sparen. Er entspricht der allgemeinen Rechtsauffassung und braucht deshalb nicht hier wiederholt werden".


    "Schließlich schlage ich noch vor, den letzten Satz folgendermaßen zu formulieren: '... auf dem Forum so ausgestellt wird, dass jeder es lesen kann'."

  • Die Einwände Massulas hatten natürlich ihre Berechtigung - aber das gleiche galt auch für Crispus' Entwurf, den er deshalb genau so verteidigte, wie Iulius es ihm empfohlen hatte:


    "Das 'bis zu' könnten wir machen, ja. Ich denke, die Höchststrafe wäre dann zum Beispiel für den Versuch, die ganze Lex abzuschaffen. Aber wenn wir es flexibler handhaben, können wir auch andere Verstöße sanktionieren - das haben wir ja in anderen Abschnitten auch schon teilweise.


    Dass wir das Satz zu dem nicht Verbotenen als erlaubt streichen, fände ich aber schlecht. Der Satz unterstreicht nochmal, dass die römischen Gesetze generell und die Decreta Decurionum genauso Rechtskraft besitzen wie die Lex - nicht, dass jemand meint, weil wir jetzt eine selbstständige Stadt wären, könnten wir uns über die römischen Leges hinwegsetzen.


    Und zum letzten Satz bin ich...indifferent. Mein Vorschlag ist ein bisschen spezifischer, aber dafür eben ein bisschen länger. Ich weiß nicht, ob jemand auf die Idee kommt, die Lex so hoch aufzuhängen, dass jeder sie nur dann lesen kann, wenn er auf einem Gerüst steht..."


    Die Vorstellung, das zu tun, amüsierte Crispus ein bisschen - so etwas hätte er vor einigen Jahren noch den Ducciern zugetraut, aber nicht einmal sie hatten wahrscheinlich so viel kriminelle Energie...

  • Zitat

    Crispus: "Dass wir das Satz zu dem nicht Verbotenen als erlaubt streichen, fände ich aber schlecht. Der Satz unterstreicht nochmal, dass die römischen Gesetze generell und die Decreta Decurionum genauso Rechtskraft besitzen wie die Lex - nicht, dass jemand meint, weil wir jetzt eine selbstständige Stadt wären, könnten wir uns über die römischen Leges hinwegsetzen."


    Crispus hatte wohl sein Herz an bestimmte Passagen seines Entwurfs gehängt und verteidigte sie zäh und geduldig.


    "Dieser Satz 'Alles was nicht verboten ist, ist erlaubt' ist eine solche Selbstverständlichkeit wie etwa der Satz 'Wenn nicht Nacht ist, ist Tag'. Gleichwohl haben die Juristen bemerkt, dass man auch solche Selbstverständlichkeiten regeln muss, weil anderenfalls einige närrische Winkeladvokaten auf die Idee kommen könnten, dass man sich solche Gesetzeslücken nutzbar machen könnte. Daher gibt es seit altersher den Grundsatz 'sine lege nulla poena'. Genau diese Worte sind auch die Überschrift des § 44 'Keine Strafe ohne Gesetz' im Codex Iuridicialis. Der Codex Iuridicialis ist ein höherrangiges Gesetz und deswegen brauchen wir das selbe nicht noch einmal in unserer Lex Municipalis zu wiederholen. Kurzum: ich bin für Streichung".

  • "Naja, als Municipium sind wir ja offiziell nur Verbündete Roms - auch, wenn ein Großteil von uns gleichzeitig römische Bürger sind. Deswegen würde ich sicherheitshalber klar stellen, dass die Gesetze in Rom eben auch für uns gelten.


    Und dass sowas im Codex Iuridicialis steht, zeigt ja, dass solche scheinbar logischen Sätze nicht ganz nutzlos sind. Und auf einen Satz mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an..."


    gab Crispus zurück. Für ihn als Nicht-Juristen und praktisch denkenden Menschen war es zumindest so - zumal Iulius ihm das empfohlen hatte...

  • Zitat

    Crispus: "Naja, als Municipium sind wir ja offiziell nur Verbündete Roms - auch, wenn ein Großteil von uns gleichzeitig römische Bürger sind. Deswegen würde ich sicherheitshalber klar stellen, dass die Gesetze in Rom eben auch für uns gelten.


    Hinter der Hartnäckigkeit des alten Petroniers verbarg sich offenbar ein tieferer Grund, den er aber erst nach geduldigem Nachbohren herausrückte. Nämlich, dass ein Municipium nur ein Verbündeter Roms zu sein schien. Mir kam das etwas abenteuerlich vor. Sein Gedankengang war dann wohl, dass ein Municipium, weil es nur mit Rom verbündet sei, sich expressis verbis den römischen Leges zu unterwerfen hätte.


    "Aber Petronius Crispus, was sagst du da? Die Civitas Mogontiacensium sei nur ein Verbündeter Roms, so wie die Mattiaker Verbündete Roms sind? Das ist mir neu. Wo ist das niedergeschrieben?"

  • "Nönö, die Civitates in der Provinz sind Untertanen, keine Verbündeten. Aber wenn wir ein Municipium sind, haben wir ja quasi den gleichen Status wie die Städte in Italien und die sind ja keine Provinz, sondern freie Städte - oder?"


    erklärte Crispus etwas genauer sein Problem - was natürlich nicht bedeutete, dass er diese Rechtsfiktion glaubte. Selbstverständlich war Misenum oder Ostia genauso Rom untertan wie die Treverer oder Mogontiacum. Aber auf dem Papier sah es doch anders aus - zumindest hatte Iulius ihm das so erklärt.


    Jetzt war er sich allerdings nicht mehr ganz so sicher und sah deshalb fragend zu Marsus, der ja immerhin Jurist war...

  • Zitat

    "Nönö, die Civitates in der Provinz sind Untertanen, keine Verbündeten. Aber wenn wir ein Municipium sind, haben wir ja quasi den gleichen Status wie die Städte in Italien und die sind ja keine Provinz, sondern freie Städte - oder?"


    Aha, das klang schon anders. Ich ließ mir meine Änderungswünsche nochmal durch den Kopf gehen und kam zum Schluss, dass ich eigentlich bei meiner Auffassung bleiben konnte.


    "Na, dann können wir ja bei meinen Änderungsvorschlägen bleiben. Ich schlage also vor, den Satz bezüglich der Zuwiderhandlung gegen die Lex Municipalis folgendermaßen zu formulieren: 'Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, kann zu einer Strafzahlung von bis zu 5000 Sesterzen an die Stadtkasse verurteilt werden'. Der Satz bezüglich dessen, was erlaubt ist, kann entfallen. Den davor stehenden Satz bezüglich der Geltung der römischen Leges, der dir ja so am Herzen liegt, Petronius Crispus, sollten wir stehen lassen: 'In allen Dingen, die nicht durch diese Lex geregelt sind, gelten die Leges des römischen Volkes für die Municipes und Incolae des Municipium'. Mir wäre es aber lieber, wenn wir schreiben würden: 'Im Übrigen gelten die Leges des römischen Volkes für ...'. Die erste Formulierung stellt die Lex Municipalis zu sehr und in ausschließender Weise neben die Leges des römischen Volkes, wobei ich der Auffassung bin, dass sie besser unter dem Dach der römischen Leges anzusiedeln wäre.


    "Schließlich schlage ich noch vor, den letzten Satz folgendermaßen zu formulieren: '... auf dem Forum so ausgestellt wird, dass jedermann es lesen kann'. Damit ist klargestellt, dass auch die es lesen können, die gerade keine Leiter dabei haben."

  • "Naja, ich finde meine Formulierung trotzdem besser - dann können wir ja abstimmen."


    schlug Crispus achselzuckend vor. Nicht, weil er fest davon überzeugt war, sondern weil er der Expertise von Iulius vertraute.

  • Witjon verlor schnell den Überblick, als er durch plötzlich aufwallende Kopfschmerzen einen Augenblick abgelenkt wurde. Diese ganze Diskutiererei kostete ihn mehr Nerven und Kraft, als gut für ihn war. Schließlich rief Petronius zur Abstimmung auf und der überforderte Duumvir brauchte einen Moment, um wieder ins Geschehen zu finden.


    "Also, wenn ich das richtig verstanden habe, sollen damit jetzt folgende Alternativen zur Wahl stehen:


    Erstens der ursprüngliche Vorschlag von Petronius mit den entsprechenden Modifikationen hinsichtlich der Strafen:
    Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen gemäß diesem Gesetz handeln und sich davor hüten, es wissentlich oder mit böser Absicht zu brechen. Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, hat bis zu 5000 Sesterzen an die Stadtkasse zu bezahlen. In allen Dingen, die nicht durch diese Lex geregelt sind, gelten die Leges des römischen Volkes für die Municipes und Incolae des Municipium. Im Übrigen ist dasjenige, was nach dieser Lex, den römischen Leges und den Decreta Decurionum nicht verboten ist, erlaubt.
    Die Duumviri sollen dafür sorgen, dass dieses Gesetz in Bronze gegossen und öffentlich auf dem Forum ausgestellt wird, sodass es gut vom Boden aus zu lesen ist.


    Zweitens der gekürzte Vorschlag von Domitius:
    Alle Municipes und Incolae des Municipium Ulpium Mogontiaciensis sollen gemäß diesem Gesetz handeln und sich davor hüten, es wissentlich oder mit böser Absicht zu brechen. Jeder, der wider dieses Gesetz handelt, kann zu einer Strafzahlung von bis zu 5000 Sesterzen an die Stadtkasse verurteilt werden. Im Übrigen gelten die Leges des römischen Volkes für die Municipes und Incolae des Municipium.
    Die Duumviri sollen dafür sorgen, dass dieses Gesetz in Bronze gegossen und öffentlich auf dem Forum so ausgestellt wird, dass jedermann es lesen kann.


    Soweit ich nun die Meinungen richtig wiedergegeben habe, können wir abstimmen. Falls nicht, bitte ich um Korrektur."



    Sim-Off:

    Für Crispus' Variante :dafuer:
    Für Massulas' Variante :dagegen:
    Ansonsten Enthaltungen.
    Ich hoffe, ich habe aus der Diskussion jetzt die Quintessenz vernünftig herausgefiltert. :D




    DECURIO - MOGONTIACUM

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!