Die Petronisch-Duccische Hochzeit | Die Vermählung

  • Sim-Off:

    So, wer schon was länger in Mogontiacum unterwegs ist, kennt das Prinzip vielleicht schon von einer früheren Hochzeit...
    Zum Ablauf: es wird zwei Erzähllinien in diesem Thread geben, eine aus Sicht des Brautpaares und eine aus Sicht der Gäste. Das ist, damit die Geschichte relativ linear vorangetrieben werden kann, und damit man nicht die Übersichtlichkeit verliert, was gerade wo passiert (BAUMANSICHT!!! :D), nach der Vermählung wird es dann eine neue Linie geben, in der sich die Brautleute den Glückwünschen etc. stellen. Dann mal viel Spaß und haut kräftig in die Tastatur!


    Hradja Octavenaz al Witjoniz
    Die Vermählung der Octavena und des Witjon



    Nach dem Abschluss des Brautlaufs und nachdem die Gäste auch die Braut hatten begrüßen können - wieder Hände schütteln, Lächeln, Scherze machen, noch mehr Hände schütteln, über Scherze lachen, anstoßen und Bier trinken, weitere Hände schütteln - wurde die Hochzeitsgesellschaft von diversen Akteuren langsam in Richtung des Ritualkreises gelockt beziehungsweise getrieben. Festgesellschaften besaßen in der Hinsicht einen ähnlichen Herdentrieb wie Schafe. Man stellte ein paar Schäferhunde auf die eine Seite und ließ sie bellen, während man auf der anderen Seite ein Törchen im Gatter öffnete, das auf eine unabgegraste Weide führte. Die heutigen Schäferhunde hießen Albin, Leif und Thorgall und die Schafe waren mit Getränken versorgt und hatten sich halbwegs miteinander bekannt machen können. Bereitwillig ließen sie sich zum Ritualkreis dirigieren, wo im Folgenden die Vermählung stattfinden würde.


    Dieser Kreis war an einem Ort im Garten, der seinen ganz eigenen Reiz hatte. Dort, wo eine große Eiche vor längst verganger Zeit als Trieb ihren Ursprung genommen hatte, würden heute einmal mehr zwei Menschen den Bund der Ehe eingehen. Die Eiche stand schon seit Jahrzehnten hier, und sah dementsprechend aus, und überragte die anderen Bäume im Garten, die erst gepflanzt worden waren, nachdem die Sippe hier einzog, um einiges an mythischer Behäbigkeit. Dieser Baum war auch die erste Opferstätte der Sippe gewesen, noch bevor sie einen Opferstein weiter hinten im Garten platziert hatte.


    Die nachmittägliche Sonne brach hier und dort durch das ausufernde Blätterdach der riesenhaften Eiche. Begleitet vom Gezwitscher von Vögeln und vom leisen Rascheln der Baumwipfel in einer leichten Brise füllte sich der Teil des Gartens ziemlich schnell mit Gästen und war auch bald platzmäßig voll ausgeschöpft. Der Ritualkreis selbst war eigentlich nur ein Halbkreis, der vor der Eiche mit unübersehbar großen hellen Steinen markiert worden war. In seiner Mitte würde sich das Brautpaar zusammen mit dem Goden und dem Pontifex platzieren, eingerahmt von den beiden sich nun verbindenden Sippen.

  • Innerhalb des Ritualkreises:


    [WRAPIMG=left]http://www.kulueke.net/pics/ir…rmanen-maenner-alt/27.jpg[/WRAPIMG]Potitus Tuscenius Piso, dessen germanischer Name Thorger, Sohn des Wituold war, würde die Zeremonie leiten und begann auch sogleich damit, den Steinkreis abzugehen und aus einer Schale Erde entlang seines Weges zu verstreuen. Selbiges tat er mit Wasser aus einer bereitgestellten Karaffe. Überhaupt stand ein Tisch bereit, auf dem alle notwendigen Zeremonialutensilien präpariert waren. Dieser Kreis jedenfalls, den der Gode mit Wasser und Erde gezogen hatte, stand für Midgard, den Erdkreis, und für die Fruchtbarkeit, die bei jedem Volk im Mittelpunkt der Hochzeit stand.


    Letztlich wandte Thorger sich den heranschlurfenden Gästen zu und sprach - auf ausdrücklichen Wunsch der Brautläufe auf Lateinisch - die Worte, die diese Zeremonie nun einläuten sollten:


    "Kommt zu mir, Kinder dieser Welt. Kommt zu mir unter den Schutz von Mutter Erde, den Schutz der Götter, und den Schutz der Naturgeister, die diesem ehrwürdigen Baum inne sind. Kommt zu mir, wenn ihr vollenden wollt, was ihr geschworen habt!"



  • Der Petronier folgte dem Brautpaar in den Ritualkreis und platzierte sich rechts von dem Goden - oder genaugenommen da, wo er erwartete, dass der Gode sich postieren würde, denn dieser musste ja noch Reinigungszeremonien vollziehen (zumindest nahm Crispus das an). Da dies die erste rein "germanische" Zeremonie war, an der der Alte teilnahm, war ihm doch ein wenig mulmig. Zwar behauptete er immer, dass die hier angerufenen Götter nichts anderes waren als seine eigenen, aber sicher sein konnte man sich ja nicht... und wer wusste schon, ob Tyr es den römischen Legionen nicht doch nachtrug, dass sie seine Söhne unterworfen hatten und sich an einem Veteranen rächte?


    Trotzdem machte er tapfer ein zufriedenes Gesicht und wartete, was nun folgen würde. Sein Auftritt kam ja erst später...

  • Der Brautlauf war geschafft und Octavena angesichts der Tatsache, dass sie den wie sie fand ganz gut gemeistert hatte, auch nicht mehr ganz so nervös. Zwar würde nun natürlich noch die eigentliche Zeremonie mit allem drum und dran kommen, aber der erste Punkt auf ihrer gedanklichen Liste des Ablauf des heutigen Tages war damit abgehakt.
    Sie ließ sich vor die alte Eiche und vor den Goden führen, neben dem sich bereits ihr Onkel postiert hatte, um später auch noch die römischen Götter anzurufen. Von hier an hatte sie wohlweißlich praktisch jede Bewegung und natürlich jedes Wort auswendig gelernt, um ja nichts dem Zufall zu überlassen, und nun zahlte sich das aus.
    Nicht nur, dass sie ihrer Aufregung zum Trotz sich jedes Wortes entsinnen konnte, sondern zudem hatte sie auch etwas, womit sie diese Aufregung so weit nieder kämpfen konnte, als dass sie hoffentlich nicht bemerkt werden würde, indem sie immer und immer wieder die Sätze in Gedanken durchging.


    Als schließlich ihr Einsatz kam, wandte sie sich brav den Ducciern zu und betete ihren Spruch herunter genau so wie sie es sich von Gunda hatte beibringen lassen: "Durch Feuer, Wasser und Erde bin ich vorgetreten, um zu vollenden, was ich geschworen habe. Ich bin Petronia Octavena. Als Jungfrau trete ich vor euch, ihr Edlen aus dem Stamm des Wolfrik, und erbitte euer Einverständnis zur Heirat mit Witjon, Sohn des Evax."

  • Außerhalb des Ritualkreises:


    Albin ging ein Stückchen vom Ritualkreis entfernt in Position, wo sich auch der Großteil des duccischen Haushalts einfand. Wie schon bei der ersten duccischen Hochzeit hatte er Marga im Arm, die die ganze Sache mit gemischten Gefühlen betrachtete. Das Urgestein der Casa Duccia mochte den Sippenführer, hegte jedoch Sorge um sein Weib. Callista war bereits im Kindbett gestorben. Blieb zu hoffen, dass Octavena nicht ihr Schicksal teilte.


    Albin jedenfalls war beeindruckt, dass Witjon es tatsächlich geschafft hatte, durch diese Vermählung seine Position in der Politik noch weiter zu stärken. Der junge Duccier war seit Landos Tod über sich selbst hinaus gewachsen, so viel stand fest. Mit dieser Heirat überwand er eine weitere Bergkette auf dem Weg zum höchsten (erreichbaren) Gipfel. Diesen Eindruck unterstrichen auf jeden Fall auch die vielen Gäste, die sich zusammengefunden hatten, um dieses Fest zusammen zu begehen. Behäbig sah Albin dem Treiben zu und lächelte leise in sich hinein. Es schien, als wäre tatsächlich langsam so etwas wie Frieden in das Leben der Töchter und Söhne Wolfriks eingekehrt.


    Und während Albin so seinen Gedanken nachhing, schoben sich die Gäste in diesen Teil des Gartens und besetzten den Platz um die große Eiche, von wo aus sie der mit Spannung erwartete Zeremonie beiwohnen würde. Jetzt war es erneut am Brautpaar, das weitere Geschehen einzuleiten.

  • Zitat

    Original von Petronia Octavena
    Als schließlich ihr Einsatz kam, wandte sie sich brav den Ducciern zu und betete ihren Spruch herunter genau so wie sie es sich von Gunda hatte beibringen lassen: "Durch Feuer, Wasser und Erde bin ich vorgetreten, um zu vollenden, was ich geschworen habe. Ich bin Petronia Octavena. Als Jungfrau trete ich vor euch, ihr Edlen aus dem Stamm des Wolfrik, und erbitte euer Einverständnis zur Heirat mit Witjon, Sohn des Evax."


    Audaod war nicht weniger nervös als es das Brautpaar wohl sein musste. Die zwei Becher Bier, die er in sich hineingeschüttet hatte, konnten dem leider noch nicht abhelfen, weshalb er jetzt, da die Vermählung im Ritualkreis begann, das Herz vor Aufregung in seinem Hals pochen spürte. Dann fing Octavena auch schon an und es war an Audaod, die entsprechende Erwiderung aufzusagen:


    "Octavena, Tochter des Lucius Bassus von den Petronii. Du bist hier vor uns getreten und fragst, ob wir dir Witjon Evaxsohn zum Ehemann geben. Sei versichert, dass wir ihn dir geben, wenn du dafür deine Sippe mit unserer verbindest. Wenn ihr euch verbindet, werden unsere Sippen dies auch tun und wir alle werden eine große Familie sein. Die Götter mögen euch segnen und euch viele Kinder schenken, auf dass unsere Familie noch größer werde. Denn es ist die Natur von Mann und Weib, dass er und sie austreiben wie es die Bäume und Blumen tun. Und so, mit dem Segen der Götter und der Natur, hast du auch unseren Segen und wir geben dir Witjon zum Ehemann."


    Als er die auswendig gelernten Worte vorgebracht hatte, fiel Audaod ein gigantischer Stein vom Herzen. Dass er hier gerade seinen eigenen Vater einer Frau zur Hochzeit gab, mochte vielleicht merkwürdig erscheinen, machte aber insofern Sinn, als dass Audaod schon seit Jahren darauf vorbereitet wurde die Führung der Sippe einst von Witjon zu übernehmen. Da zu dieser Pflicht auch die Vermählung von Familienmitgliedern gehörte, stellte sich dieser Tag als eine weitere Übung für kommende Tage dar.


  • Witjon führte seine Braut zum Ritualkreis und verharrte dort geduldig, bis die Gäste sich in der Folge ebenfalls zu ihnen herüberbewegt hatten. Marcus fand sich neben dem Goden Thorger ein und auch die beiden Sippen der Brautleute nahmen ihre Plätze ein. Dann konnte es losgehen und Witjon drückte Octavenas Hand einfach sachte, um ihr den Einsatz zu geben, woraufhin sie auch gleich textsicher begann.


    Witjons Sohn tat es ihr - zum Glück fehlerfrei, nach der langen Auswendiglernerei - daraufhin gleich und erteilte die Genehmigung seiner Sippe zu dieser Vermählung. Nun war es an Witjon, selbiges gegenüber den Petroniern zu tun:


    "Durch Feuer, Wasser und Erde bin ich gegangen, um zu vollenden was ich geschworen habe. Ich bin Witjon, Sohn des Evax, aus dem Stamme Wolfriks, vom Volk der Ubier. Als Mann von Ehre trete ich vor euch, ihr ehrbare Familie des Maximus Sonor aus dem Geschlecht der Petronii, um mir von euch Octavena, Tochter des Lucius Bassus, zum heiraten zu erbitten."

  • Während der Alte wieder einmal seinen priesterlichen und diesmal auch verwandtschaftlichen Verpflichtungen nachging, blieb Lucius außerhalb des Ritualkreises stehen - natürlich auf der Seite der Freunde und Geschäftspartner seines Vaters, nicht bei den Barbaren. Das Ritual war erwartungsgemäß langweilig - offensichtlich war es egal, ob man römische Juristerei und Religion oder griechische oder germanische betrieb. Am Ende kam es dann doch auf irgendwelche Phrasen an, die geschwollen klangen und unnötig Stimme verbrauchten, um einfache Sachlagen zu beschreiben oder zu klären. Der junge Petronier hörte aber gar nicht zu - er machte sich daran, im Kopf die Primzahlen aufzuzählen: 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19 und 23 konnte er auswendig. Was kam danach? Im Grunde war es ja nicht sehr schwierig: Durch 2 musste man teilen, durch drei (oder auch die Quersumme durch drei), durch fünf (wobei man nur an das Zahlzeichen denken musste), durch sieben... ah, richtig: man musste ainfach durch sämtliche vorhergehenden Primzahlen teilen! Dann kam wohl die 29. Und dann die 31...

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Als Callistus seinen eigenen Vater in die Ehe gab, huschte ein Lächeln über die Lippen des Petroniers - diese Situation war doch ein wenig komisch und wäre nach römischen Maßstäben so wohl kaum vorgekommen. Aber die Duccier waren eben doch etwas rar geworden in Mogontiacum...


    Plötzlich war er dann selbst an der Reihe und gab die Worte wider, die er gelernt hatte - zum Glück waren sie nicht ganz so zahlreich wie die des jungen Ducciers:


    "Witjon, Sohn des Evax, aus dem Stamme Wolfriks, vom Volk der Ubier. Das Versprechen soll vor dem Angesicht der Götter gehalten werden und wir geben dir hiermit Octavena, Tochter des Lucius Bassus, zur Frau. Möge diese Verbindung Kinder hervorbringen und unsere Gentes verbinden für alle Zeit."


    Mit zwei Schritten war er an dem Brautpaar vorbei und machte auch die vorgeschriebene Geste, indem er den Unterarm des jungen Ducciers ergriff und ihn kräftig drückte. Auch dies war ungewohnt - das war wohl der jüngste Vertragspartner, den er je gehabt hatte...

  • [WRAPIMG=left]http://www.kulueke.net/pics/ir…rmanen-maenner-alt/27.jpg[/WRAPIMG]Die Sippen der Brautleute hatten sich mit Abschluss dieses ersten kurzen Rituals nun verbrüdert. Thorger verbarg ein zufriedenes Lächeln hinter einer feierlichen Miene. Denn nun war es an der Zeit, das Wohlwollen der Geister und Götter auf das Pärchen herabzubitten. Dazu wartete Thorger zunächst ab, bis der Pontifex sich wieder zu ihm gesellt hatte, um dann die volle Aufmerksamkeit des Brautpaars auf sich zu ziehen. Ein kurzes aufmunterndes Lächeln huschte über seine Lippen, bevor er sich der Eiche zuwandte und seine Gebete zu sprechen begann.


    ""Oh ihr Götter, ihr mächtigen Bewohner der Hermenagebaz, wir rufen euch an, dass ihr schenkt unserer gläubigen Gemeinschaft einen Hauch eures Geistes. Hört uns an, und schenkt uns einen Hauch eures Wesens! Hört uns an, und schenkt uns einen Hauch eures wachen Seins!", begann Thorger die Anrufung mit einer Formel, die schon sein Vorgänger Dagoberaht benutzt hatte. Dann folgten die einzelnen Gottesanrufungen.


    "Oh Wodan, du weisester unter den Asen, der du unter ihnen der Gerechteste und Mächtigste bist. Deinen Segen erbitte ich für dieses Paar. Lasse ihnen deine Weisheit zuteil werden und schenke ihnen den richtigen Sinn für das Gute und das Schlechte, für das Richtig oder Falsch. Hilf Mann und Frau in ihren Entscheidungen, auf dass sie ihr Lebtag glücklich und voller Mut ihrer Wege gehen. Gib ihnen Warnung vor Unheil und zeige die richtige Abzweigung auf, wo immer nötig. Deine Weisheit möge sie behüten vor Krise und Leid. Mächtiger Wodan, schau auf uns herab! Wir rufen dich an! Wir rufen dich an!


    Oh Frigg, du fürsorgende Mutter, du ehrbare Gattin, du hälst deine schützende Hand über alle Ehefrauen. Sorge auch du dich um dieses Paar, auf dass sie auf immer einander ehren und respektieren, so wie sie unsere Mutter natur ehren und pflegen. Dein Segen währe in dieser Vereinigung von Mann und Frau, auf dass aus ihr reiche Nachkommenschaft hervorgehe, dir zur Freude. Liebende Frigg, schau auf uns herab! Wir rufen dich an! Wir rufen dich an!


    Donar, mächtiger Riesenbezwinger, stärkster unter den Göttern, Herrscher über Blitz, Donner und die Zeitgewalten, Schützer und Bewahrer der Welt, schenke diesen Menschen Schutz und Obdach auf den Wegen, die sie zusammen gehen werden. Möge deine Stärke diesen Mann erfüllen, dass er jede Gefahr zerschmettere und möge diese Frau von Kraft durchdrungen sein, in schlimmen Zeiten den ihren sicherer Halt zu sein. Gib ihnen beiden Mut und verhüte Verzagen und Zaudern. Stärkster Donar, schau auf uns herab! Wir rufen dich an! Wir rufen dich an!


    Freya, du Liebende, du Sorgende, du Hegende. Die du erstehen lässt, wo Kälte regierte, die du blühen lässt, wo Tod sich fand, die du zusammenführst, um den Kreis zu schließen! Schenke der Frau die Kraft deiner Natur, zu schenken dem Kreise der ihren Zukunft und Fortbestand, gebe dem Mann die Kraft, sich mit seiner Frau zu mehren und zu sorgen für seine Sippe. Schenke ihnen Fruchtbarkeit und Gesundheit, damit sie sich geben in den Kreis der Natur! Schenke ihnen das Wesen des Krauts, sich zu entfalten wo sie Boden finden, sich zu wehren selbst durch Eis und Stein. Schenke ihnen die Treue der Tiere, die zusammen stehen durch Not und durch Hunger. Schenke ihnen die Geduld, die der Kraft deiner Schöpfung inne ist. Sorgende Freya, schau auf uns herab! Wir rufen dich an! Wir rufen dich an!"


    Thorger ließ das Gesprochene einige Augenblicke in den Köpfen der Versammelten widerhallen, bevor er sich dem Tisch zuwandte und von dort einen Eibenast nahm, den er in eine Schale mit Wasser tauchte, um damit dann erst die Brautlaute zu benetzen und anschließend auch die Festgemeinschaft. Wasser ist Leben, Wasser ist Fruchtbarkeit.


    Nun wandte der Gode sich erneut der Eiche zu um diesmal die Naturgeister und Götterwesen anzurufen. Alben und Undinen, Irrwesen und Nereiden, Sylphen und Nymphen, Wichte und Gnome wurden beschworen, auf dass sie herbeikämen und dem Brautpaar auf immer ihren Schutz gewährten. Im Anschluss folgte die selbe Prozedur des Benetzens, nur dass statt in eine Wasserschale der Eibenast in Met getunkt wurde. Met deshalb, weil der Alkohol es möglich machte, Einblicke in die Welt der soeben angerufenen Geisterwesen zu erhaschen.


    Nun schließlich wandte Thorger sich noch an die Ahnen der Brautleute, deren Segen und Wohlwollen für diese Verbindung ebenfalls erbeten wurde. Mit dem Zweig einer Fichte wurde das Brautpaar nun noch mit Asche benetzt als Zeichen für das Vergangene.


    Als der Gode Thorgall daraufhin ein Zeichen gab, führte dieser einen Bock in den Ritualkreis und Thorger nahm sein Opfermesser zur Hand. Das Opfertier bekam gar nicht richtig mit, wie ihm die Kehle aufgeschlitzt wurde und war sich gewiss auch nicht der Bedeutung bewusst, die es für die Manneskraft des Bräutigams ausstrahlte. Aus diesem Grund jedenfalls fing der Gode den Lebenssaft des Bocks in einer Schale auf und strich ihn dann Witjon von der Stirn bis zur Nasenspitze ins Gesicht.
    Ebenso erging es einer Henne, deren Blut Thorger Octavena von der Stirn zur Nasenspitze auftrug. Es folgte der Abschluss der Anrufungen, den der Gode mit folgenden Worten vollzog:


    "Ihr Asen und Wanen, ihr guten Geister und ihr Ahnen, ihr wart Zeuge dieses Opfers, das euren Geist und eure Kraft auf dieses Paar übergehen ließ! Ihr habt ihnen euren Segen geschenkt, so seid nun auch Zeuge, wie diese Menschenkinder sich selbst ein Zeugnis ablegen, ein Zeugnis von ihrem Glauben und ihrer Liebe! Ihr Asen und Wanen, ihr guten Geister und ihr Ahnen, hört uns an!"


    Mit einem erwartungsvollen Blick zum Pontifex Petronius trat Thorger dann einen Schritt zur Seite und überließ somit dem römischen Priester das Feld, damit dieser ebenfalls seine Gebete sprechen und ein etwaiges Opfer erbringen konnte, um auch das Wohlwollen der Götter der Brautsippe für diese Vermählung sicherzustellen.



  • Als der Gode zu beten begann, legte Crispus den Saum seiner Toga über den Hinterkopf - diese Gebetsgeste konnte sicherlich nicht schaden, auch wenn er nicht alle Wesenheiten kannte, die angerufen wurden. Er nahm an, dass sie eine Art Laren und Penaten waren. Als endlich sämtliche Geistwesen mit dem Blut des Bocks besänftigt worden waren (oder zumindest nahm er an, dass dies die Bedeutung des Rituals war), kam er an die Reihe.


    Prompt trat Gallicus heran, der heute als Opferhelfer fungierte. Aus der Domus Petronia hatte er einen Foculus und einen Opferkuchen mitgebracht, die heute für die römischen Götter bestimmt waren:


    "Mutter Iuno, ich bitte dich mit diesem Kuchen, sei diesem Paar wohlgesonnen und gnädig, segne sie wie ihre Kinder, ihr Haus und ihre Sklavenschaft. Ich bitte dich, gewähre diesem Paar und den Kindern, die aus ihrer Verbindung hervorgehen werden, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft deinen Schutz."


    begann er zu beten, während er seine Handflächeln zum Himmel reckte. Dann wandte er sich nach rechts zu seinem Minister und legte den ersten Kuchen auf den Altar, wo er stinkend zu verbrennen begann.


    "Mutter Tellus, ich bitte dich mit diesem Kuchen, sei diesem Paar wohlgesonnen und gnädig, gewähre ihnen wie ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft deine nährende Kraft und Fruchtbarkeit."


    Der zweite Kuchen wanderte in die Flammen.


    "Mutter Ceres, ich bitte dich mit diesem Kuchen, sei diesem Paar wohlgesonnen und gnädig, gewähre ihnen wie ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft deine reifende Kraft und dein Wachstum."


    Den dritten Kuchen legte der Pontifex auf den bereits völlig verkohlten ersten Kuchen, sodass er vorerst nicht sofort brannte. Schließlich wurde noch ein vierter Kuchen hinzugefügt:


    "Pilumnus und Picumnus, ich bitte euch mit diesem Kuchen, seid diesem Paar wohlgesonnen und gnädig, gewährt ihnen wie ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft eure nährende und schützende Kraft."


    Damit war das Voropfer vollzogen. Als Pontifex und Decurio wollte der Petronier es sich aber auch nicht nehmen lassen, ein ebenso prestigeträchtiges Opfertier wie die Duccier aufzufahren. Deshalb musste Gunda nun ein Schaf, das sie an einer Kordel gehalten hatte, herbeibringen. Gallicus, der nun die Hände frei hatte, nahm es entgegen und führte es in den Ritualkreis. Der Anblick erinnerte Crispus, dass Lucius sich ausnahmsweise geweigert hatte, den Opferhelfer zu spielen - wahrscheinlich wollte er langsam als Erwachsener gelten und nicht mehr wie ein Kind wie ein Diener behandelt werden. Diesmal hatte der Alte seinen Sohn auch nicht gezwungen - er wollte sich die Freude über die Verbindung nicht durch Streitigkeiten verderben!


    "Mutter Iuno, ich bitte dich, nimm dieses Opfer zu deinen Ehren an, sei den Brautleuten wohlgesonnen und gewähre ihnen deinen gütigen Segen!"


    betete er und zog ein Culter, das Zeichen seines Amtes, aus dem Gürtel unter der Toga. Mit dem Messerrücken fuhr er über den Widerrist. Dann wurde das Tier wieder Gallicus anvertraut, der nun seinerseits ein Messer hervorholte.


    "Agone?"


    fragte er und blickte zu Crispus. Und Crispus nickte.


    "Age!"


    Blitzschnell wurde die Klinge über die Kehle gezogen und Blut spritzte. Das Schaf gab ein angstvolles Blöken von sich, dann brach es zusammen. Schweigend beobachte die Gemeinde, wie nach und nach der Lebenssaft aus dem Tier rann, bis es völlig zur Ruhe kam. Dann erst öffnete Gallicus den Körper des Tieres und zog die Innereien hervor. Crispus nahm sie entgegen und verbrannte sie direkt auf dem Foculus - er hatte wenig Ahnung von Eingeweideschau und vertraute einfach darauf, alles richtig gemacht zu haben.


    Während die Innereien mit dem Opferkuchen langsam verkokelten, wandte Crispus sich nochmals nach rechts um und damit dem Brautpaar zu.


    "Der Segen unserer Götter ist mit euch!"


    Damit war sein Part bei der Hochzeit beendet. Er nahm die Toga vom Kopf und sah erwartungsvoll auf das Paar, das nun an der Reihe war.

  • Ich war der Hauptmasse der Gäste gefolgt und hatte versucht, möglichst nah am Geschehen zu bleiben. Die aufgedrehten Biertrinker hatte ich hinter mir gelassen, wohlweislich aber einen vollen Krug Bier mitgenommen, um beim Betrachten des Spektakels nicht vom Durst überwältigt zu werden. Und dieses Spektakel schien immer ausladendere Formen anzunehmen, so dass ich schon fürchtete, dass ich mit dem Krug Bier nicht auskommen würde.


    Nun, da ich ja beinahe auch demselben Schicksal anheimgefallen wäre wie Marsus, begann ich zu überlegen, wie denn meine Hochzeitsfeier ausgesehen haben könnte, im Fall des Falles, versteht sich. Was sich da vor meinen Augen abspielte, war natürlich liturgiemäßig oberste Sahne, vor allem, wenn man berücksichtigte, dass der Duccier ja aber wirklich alles aus der Germanenkiste herausgekramt hatte, was überhaupt da drin war. Ich konstatierte, dass ich so ein oberprächtiges Dings bei meiner fiktiven Hochzeit kaum zustande gebracht hätte. Schon deswegen, weil meine Familie sich von solchen Bräuchen längst getrennt hatte, da man ja auf Sichtweite zur römischen Siedlung Bonna lebte und somit schon recht heftig versaurömert war. Also ich hätte mich mangels einer germanischen Zeremonienzauberkiste dann doch lieber für den römischen Ritus entschieden.


    Ein Seitenblick zeigte mir, dass nicht weit von mir Lucius Petronius stand, der, in irgendwelche Gedanken versunken, gar keine Notiz von dem ganzen Zirkus nahm. Ein weiterer Blick in meinen Krug sagte mir, dass ich mit meinem Bier vielleicht doch auskommen könnte, vorausgesetzt, dass bald das Happy End Platz greifen würde.


    Sim-Off:

    Ein Happy End kann nicht Patz greifen, dazu braucht es noch ein 'l'

  • Witjon verfolgte mit wachsender Aufregung, wie erst der Gode und später der Pontifex ihre Anrufungen, Gebete und Opfer vollzogen. Er nahm erleichtert zur Kenntnis, dass der Wille der Götter seiner Vermählung mit Octavena offenbar nicht entgegen stand. In seinem Rücken spürte er die Blicke der Gäste. Sie waren Verwandte, Freunde, politische Verbündete. Witjon wusste, dass es viele waren, auf die er sich vollends verlassen konnte und das machte ihn stolz und glücklich. Als Marcus schließlich geendet hatte - der Gestank verbrennender Organe hatte sich unangenehm in Witjons Nase festgesetzt - war es nun an Witjon, weiterzumachen.


    Braut und Bräutigam traten nun bis auf einen Schritt Entfernung aufeinander zu und reichten sich die Hände, die sie über Kreuz verschränkten. Der Gode bedeckte die Hände mit einem strahlend weißen Tuch und schmückte Witjon und Octavena mit jeweils einer Blütenkrone. Thorger nickte den beiden aufmunternd zu und trat dann zur Seite. Es folgten nun die Treueschwüre, den Braut und Bräutigam sich gaben.


    Dies war der Moment, in dem ein jeder Junggeselle zögerte, um sich der schönen freien und womöglich zügellosen Zeit ohne Hausdrachen zu erinnern. Witjon aber hatte dies schon hinter sich. Er erinnerte sich nur zu gut an sein Junggesellendasein. Viel besser aber stand ihm noch seine gemeinsame Zeit mit Callista im Gedächtnis. Beim Gedanken an sie erschien es ihm plötzlich unangemessen, dass seine ganze Aufmerksamkeit nicht bei seiner neuen Anverlobten war. Sich innerlich zur Disziplin rufend löste Witjon also räuspernd den Kloß in seinem Hals und versuchte sich die Worte vor Augen zu halten, die er sich als Schwur für Octavena überlegt hatte.


    "Midgard ist groß", begann Witjon zögerlich und, wie er schnell feststellte, viel zu leise, denn einige Leute reckten die Hälse um besser zu verstehen was er sagte. "Midgard ist groß", wiederholte er also lauter und deutlicher. "Und die Nornen weben die Schicksalsfäden manchmal in seltsamen Formen. Und überall in den Landen der Menschen lauern Übel und Schrecken. Mann und Frau beschreiten den Weg, den die Parzen in dieser Welt ihnen zu gehen vorgeben. Doch es kommt der Tag, an dem sich die Fäden von Mann und Frau kreuzen."


    Wo Witjon zuvor noch in einem Anflug totaler Nervosität auf seine respektive Octavenas Hände hinuntergesehen hatte, hob er nun den Blick. Er suchte die Augen seiner Braut und stockte einen Moment, als sich ihre Blicke trafen.


    "So auch heute", brachte er dann hervor, den Blickkontakt zu Octavena weiter haltend. "Denn die oberirdischen und unterirdischen Götter und alle Geister dieser und jener Welt und die Ahnen aus alten und jüngeren Zeiten sind meine Zeugen, dass jene Frau meinen Weg gekreuzt hat. Jene Frau, deren Lebensfaden fortan mit dem meinen verwoben sein wird. Diese Frau bist du, Octavena, Tochter der Petronii, und mit dir werde ich meinen Lebensweg beschreiten; und ich werde es mit Freude im Herzen und großem Stolz tun."


    Das Tuch über ihren Händen verdeckte naturgemäß den Blick der versammelten Gäste, der ihnen sonst verriete, dass Witons Nervosität, die sich zuvor in einem lockeren Griff und gelegentlichen fahrigen Bewegungen der Finger geäußert hatte, in Sicherheit umgeschlagen war. Jetzt, da diese ersten Worte mit Bestimmtheit ausgesprochen waren, fühlte er sich am richtigen Platz. Da, wo zuvor leichte Unsicherheit geherrscht hatte, war nun Überzeugung eingekehrt. Sein Händedruck war fest und sicher und er ließ Octavena spüren, dass er seine Worte auch so meinte, wie er sie sagte.


    "Mit Freude will ich, Witjon, und mit der Kraft der Götter und der Stärkung der Geisterwesen und mit der Sicherheit meiner Ahnen, an deiner Seite gehen und stehen. Kein Übel oder Schrecken soll dich behelligen. Ich werde dir Stütze sein in Zeiten der Unsicherheit, werde dir Schutz bieten in Zeiten der Gefahr, werde dir Hilfe sein in Zeiten der Not, auf dass kein Jammern und Weinen dein Herz trübe. In Zeiten der Freude aber und des Glücks will ich ebenso mit dir über seltsam gewobenen Pfade der Nornen wandeln und mit dir lachen und scherzen, auf dass dein Lächeln Midgard zum strahlen bringe."


    Hier musste er schlucken. Gleichzeitig lächelte er seine Braut an. Es war ein aufrichtiges Lächeln, denn Witjon wollte wirklich, dass es so sein würde wie er es beschrieb.


    "Voller Stolz will ich mit dir teilen, Octavena, alles was das Leben mir bringt. Und komme Sturm, so werde ich dir Kraft sein wie Donar es den Menschen ist, dass du den Wogen widerstehest. Und komme Streit und Krieg, so werde ich dir Schwert und Schild sein wie Taiwaz es den Menschen ist, dass dir kein Leid geschehe. Und stehst du am Scheideweg, so werde ich dir weisen Rat geben wie Wodan es den Menschen tut, auf dass du immer auf rechten Pfaden wandelst."


    Ab hier machte Witjon ein ernstes Gesicht. Jetzt galt es.


    "Dein Mann will ich sein, Octavena, wie du meine Frau sein willst. Und nichts soll zwischen uns kommen, denn wir stehen vereint. Dich will ich ewig ehren. Dir soll mein Respekt sein und meine Achtung und meine Treue auf immer. Im Zeichen der Freya wird unsere Zweisamkeit stehen und unter Friggs Zeichen werden unsere Kinder geboren werden, denn unser Blut soll eins sein."


    Ja, schoss es Witjon in den Kopf, das klingt einfach richtig.


    "Das schwöre ich, Witjon, Sohn des Evax, so wie ich hier vor dir stehe. Dich will ich lieben. Und weder mögen uns Unbill trennen noch Missgunst uns entzweien, denn ich werde dir ein liebender Mann sein und alles was mein ist, soll auch dein sein, auf dass es dir an nichts fehle.
    Das schwöre ich, Witjon, Sohn des Evax, und dies tue ich freien Willens und ohne Zwang. Das schwöre ich, vor Göttern und Menschen, denn ich bin der Mann, der dich liebt."


    Für die Römer mochten Witjons Worte teilweise überaus emotional, gar schnulzig rüberkommen. Er selbst jedoch wusste, dass es so sein sollte. Denn unter Germanen bedeutete der Treueschwur mehr als nur das Einverständnis zur Ehe, wie es unter Römern so schlicht und manchmal vorschnell gegeben wurde. Nein, er war sich sicher. So, wie Lando damals sicher gewesen war, war Witjon sich jetzt sicher, dass er diese Frau, die er an den Händen hielt, zu seinem Eheweib nehmen wollte. Und das hatte er auch so gesagt.


    Heimlich holte Witjon nun erstmal Luft und versuchte seine stete Aufregung zu dämmen, während er erwartungsvoll dessen harrte, was Octavena nun erwidern würde.

  • Von dem Punkt an, an dem Callistus die passende Erwiderung auf Octavenas eigenen Spruch zurück gegeben hatte, hatte sie sich langsam, aber sicher wieder etwas beruhigt.
    Zwar durchlief sie ein kleiner Schauer, als der Gode ihr das Hennenblut auftrug, und die Flüssigkeit fühlte sich seltsam in ihrem Gesicht an, aber beides verflog schnell und bedeutend aufmerksamer verfolgte sie die Anrufung der römischen Götter und die Eingeweidenschau durch ihren Onkel. Als er dann den Segen der Götter verkündete, atmete Octavena unwillkürlich leise aus, ohne gemerkt zu haben, dass sie scheinbar die Luft angehalten hatte, und Freude vertrieb ihre Aufregung fürs erste in die hinterste Ecke ihres Herzens, während es nun an die Treueschwüre ging.


    Als er geendet hatte, schluckte Octavena erst einmal und blickte ihren Bräutigam einen Augenblick stumm an.
    Zu behaupten, dass seine Worte sie völlig kalt gelassen hätten, wäre eine Lüge gewesen. Gut, vielleicht hatte er an der ein oder anderen Stelle etwas dick aufgetragen, aber unterm Strich schien er zu meinen, was er sagte. Und das fühlte sich gut an.
    So hielt auch der Umstand, dass ihr Verstand da schon wieder vorsichtige Zweifel zu hegen begann – denn schöne Worte aufsagen konnte wahrscheinlich jeder – ihr Herz nicht davon ab, einen Schlag auszusetzen.
    Noch im selben Moment wurde sie sich allerdings auch der Tatsache bewusst, dass es nun an ihr war zu sprechen und mit einem Mal war ihre Nervosität, die sich nach den Opferungen halbwegs verzogen hatte, wieder vollkommen da.
    Mit einem Mal war Octavena froh, dass sie einander die Hände hielten, denn so hatte sie etwas oder viel mehr jemanden, an dem sie sich festhalten konnte, während sie den Mund öffnete, um den Schwur zu erwidern:
    "Du hast Recht: Die Schicksalsfäden der Parzen nehmen manchmal seltsame und zugleich wunderbare Formen an. Zum Beispiel so, wie sie mich aus Tarraco hierher und zu dir geführt haben."
    Ein kleines Lächeln glitt über ihr Gesicht, ehe sie noch einmal tief Luft holte, um dann nach dieser kleinen Überleitung damit fortzufahren, was sie sich selbst überlegt hatte.
    "Aber niemals würde ich das bedauern oder bereuen, denn du, Witjon, Sohn des Evax, bist der Mann, an dessen Seite ich mit Freuden mein Leben verbringen will. Ich will mit dir durch alle Höhen und Tiefen gehen, egal, was das Schicksal für uns bereit halten mag. Dein Kummer soll der Meine sein, meine Freude soll auch Deine sein und sei es im Leid oder Glück, ich werde bei dir sein."
    Die Worte sprudelten nur so aus Octavena heraus und mit jeder Silbe, die ihr sicher über die Lippen ging, entspannte sie sich etwas mehr. Ihre Finger entkrampften sich, ihr Herz schlug wieder gleichmäßig und ihre Knie fühlten sich auch langsam, aber sicher nicht mehr so weich an. Nun blieb das Lächeln von eben, während sie Marsus weiterhin fest ansah.
    "Ich will immer hinter dir stehen und dich auffangen, wenn du fallen solltest. Will für dich da sein und dir einen Ort der Geborgenheit und Ruhe schenken genauso wie ich in Zeiten des Glücks mit dir dem Lachen unserer Kinder lauschen möchte."
    Ihr Blick glitt kurz zu dem Tuch und ihren Händen darunter.
    "Ich will dir von diesem Tag an und bis zum Ende aller Tage immer treu sein und nichts soll mich von dir trennen oder meine Treue schmälern können. All meine Kraft soll dazu dienen, dich zu unterstützen. Als deine Frau, Geliebte und Freundin."
    Bei dem letzten Satz drückte sie kurz die Hände ihres Bräutigams und blickte ihn gleichsam ernst wie ehrlich an. Er sollte wissen, dass auch sie das alles genau so meinte, wie sie es sagte. Sie hoffte, dass diese Ehe eine glückliche werden würde und sie sich zumindest immer aufeinander würden verlassen können. Alles andere würde sich zeigen, aber das war etwas, das Octavena wirklich wichtig war.
    "Denn dich will ich ehren und dich werde ich immer lieben. Denn für dich soll mein Herz bis in alle Ewigkeit schlagen. Und dir will ich meine Kinder gebären. Nichts soll mich von dir fortreißen können und dir soll jeder meiner Gedanken gelten. Das schwöre ich, Petronia Octavena, Tochter des Lucius Bassus, hier vor Göttern und Menschen. Das schwöre ich frei und aus eigenem Willen, denn ich liebe dich."
    Damit atmete sie leise aus und lächelte erleichtert und froh darüber, das meiste so gesagt zu haben, wie sie es gemeint hatte. Ehrlich gewesen zu sein.

  • [WRAPIMG=left]http://www.kulueke.net/pics/ir…rmanen-maenner-alt/27.jpg[/WRAPIMG]Auch wenn Witjon ein bisschen dick aufgetragen haben mochte, Thorger lächelte zufrieden. Die junge Petronia hatte ebenso schöne Worte gewählt wie ihr Bräutigam und seiner Meinung nach war dies hier einer der schönsten Momente, den diese beiden wohl miteinander haben würden. Lediglich gefolgt von den vielen kleinen Augenblicken mit den gemeinsamen Kindern und Enkeln. Soweit die Nornen solche auf ihrem Webstuhl vorgesehen hatten, so hoffte der Gode jedenfalls inständig.


    Diese Gedanken hinter sich lassend legte Thorger seine Hände auf das Tuch, das die Hände des Brautpaars bedeckte und beschloss den Treueschwur in feierlichem Ton und mit festlicher Miene:


    "So wie ihr gesprochen soll es unser Recht sein, die Götter, die Geister und die Ahnen waren eure Zeugen. So ist es mir eine Freude euch, dich, Witjon Evaxsohn und dich Petronia, Lucius Bassus' Tochter, in dieser erlauchten Gesellschaft und in Anwesenheit der allumfassenden Mutter Natur zu Mann und Frau zu erklären!"


    Damit nahm er das Tuch von den Händen der Brautleute, und bedachte den Bräutigam mit einem vergnügten Blick: "Du darfst die Braut nun küssen, mein Sohn."


    Der für das Brautpaar normalerweise wichtigste Moment in der Zeremonie stand bevor. Vorher war den Eheleuten nur erlaubt, sich wenn überhaupt nur an der Hand zu halten, aber mit dem Kuss war die körperliche Barriere durchschritten, was später am Abend auch zum Vollzug der Ehe führen sollte, welcher die Ehe rechtmäßig machen würde.


    Thorger gab dem Brautpaar ein paar Augenblicke, wandte sich dann um und vermengte Asche, Met und Wasser in einer einzigen Schale. Die beiden zuvor benutzten Zweige überkreuzte er dann und segnete mit ihnen schließlich sowohl das Brautpaar als auch die Gäste wie er es bereits zuvor jeweils einzeln getan hatte. Diesen Brauch, der Fruchtbarkeit und Gesundheit bekräftigen sollte, würde man wohl nicht ohne Grund noch in späteren Zeiten in christlichen Zeremonien wiederfinden.


    Im Anschluss daran war wieder das Brautpaar am Zug. Schwerter und Ringe zu tauschen galt es jetzt, während der Gode das Feuer entfachte, über das die Brautleute zum Abschluss der Vermählung würden springen müssen. Thorger sorgte dafür, dass die Flammen nicht zu hoch sein würden. Aber er war auch kein Anfänger. Witjon und Octavena sollten schließlich nicht durch das Feuer spazieren gehen. Schmunzelnd beobachtete Thorger dann das weitere Geschehen...



  • Diese Vermählung rührte Audaod schon ein bisschen, wenn er das auch nicht zugeben wollte. Zunächst zwar verfolgte er die Gebte und Opfer des Goden und des Pontifex nur mäßig gebannt. Doch als sein Vater und seine zukünftige Stiefmutter - die nicht wesentlich älter sein konnte als Audaod selbst! Verrückte Welt! - sich gegenseitig Liebe und Treue schworen, spürte der Sohn des Bräutigams plötzlich etwas seltsam schwummriges in seiner Magengegend. Und sein Hals wurde auch noch trocken. Schnell noch ein Schluck Bier...oh nein, jetzt war auch noch sein Becher leer!


    "Wenn ich meine Mannbarkeit zelebriert habe, suche ich mir auch so ein wunderbares Weib", ließ er Dagwin flüsternd wissen. "Und dann...mach' ich ihr zehn Kinder. Mindestens." Es folgte ein Zwinkern, dann widmete er seine volle Aufmerksamkeit wieder der Zeremonie, wo gerade Thorger vorgetreten war und nun den feierlichen Abschluss der Vermählung einleitete, der dann hoffentlich zügig im anschließenden Fest münden würde.

  • Der Bräutigam durfte seine Braut jetzt küssen. Der Glückliche. Witjon nickte leicht und schmunzelte. Ha, da hatte einer ja wirklich das große Los gezogen. So eine schöne junge Frau, und nett war sie auch noch! Und laut ihrem Onkel war sie auch für die Haushaltsführung zu gebrauchen, etc. pp.


    Die Erkenntnis traf ihn wie der Schlag. Das war ja er, Witjon! Instinktiv näherte er sich seiner Braut...ach was, seiner Frau! Und küsste sie. Erst etwas zögerlich drückte er seine Lippen auf die ihren. Gütige Freya, wie gut sie dabei schmeckte! Witjons Kuss wurde leidenschaftlicher, während er ihren Duft langsam einsog und sich fragte, wie er es zu diesem Glück gebracht hatte. Waren die Nornen tatsächlich solche Fans seiner Person? Er drückte Octavena an sich und ließ erst von ihren Lippen ab, als er sich sicher war diesen einzigartigen Moment bis ans Maximum in die Länge gezogen zu haben.


    Leider und viel zu früh löste sich das Brautpaar wieder voneinander, denn jetzt gab es ja noch weiteres Programm zu überstehen. Schwert, dachte Witjon stumpf, während er seine Gattin - das Wort ließ er sich erstmal gedanklich auf der Zunge zergehen - verliebt ansah.


    Ein grinsender Audaod stand bereits mit einem Sax bereit, das er in beiden Händen haltend seinem Vater darreichte. Es war dasjenige Schwert, das Witjons Vater gehört hatte und das sein Bruder Arbjon einst in Mogontiacum gelassen hatte, da er in seinem Dienst dafür keine Verwendung finden konnte. Das Sax war nicht perfekt in Schuss, aber gepflegt genug um es einer Festgesellschaft vorzeigen zu können. In dieser Funktion also nahm Witjon es auch von seinem Sohn entgegen, freilich nicht ohne sich dabei ein schelmisches Schmunzeln verkneifen zu können. Derart mit Schwert und Lächeln bewaffnet wandte er sich nun wieder seiner Frau - Frau, Weib, Gattin: Witjon konnte es immer noch nicht ganz glauben! - zu und machte weiter im Text:


    "Geliebte Ehefrau, mein Glück, meine Freude. Dir will ich dieses Schwert überreichen, mein Eigen, als Zeichen meiner Wertschätzung und meines Glaubens an unser gemeinsames Glück." Womit er ihr das Schwert reichte und daraufhin das ihrige entgegennehmen würde.

  • Damit war es geschehen. Sie waren verheiratet.
    Verheiratet, wie seltsam das sogar nur in Octavenas Gedanken klang. Ungewohnt. Neu.
    Aber das war im Moment alles eher nebensächlich. Sie würde noch genug Zeit haben, sich darüber zu wundern, wie seltsam es noch klang, dass sie nun tatsächlich Mann und Frau waren. So gesehen würde sie dafür sogar noch ein Leben lang Zeit haben.
    Ein kleines Lächeln huschte dabei über ihr Gesicht, gerade in dem Moment, als ihr Mann vorsichtig seine Lippen auf ihre legte und sie küsste. Damit war auch alle mühsam erkämpfte Ruhe und Gelassenheit wieder futsch, denn nach der ersten Überraschungssekunde, in der sie mit dem wilden Flattern ihres eigenen Herzens nichts anfangen konnte, begann sie, seinen Kuss vorsichtig zu erwidern und dieses Gefühl zu genießen. Es war nicht das erste Mal an diesem Tag, dass es sich so anfühlte, als sollte es einfach so sein, doch nun fühlte es sich nur noch richtig gut an.
    Als sie sich dann wieder voneinander lösten, sah Octavena ihren Mann warm lächelnd an, erwiderte so den Blick, den er seinerseits ihr zuwarf, und so brauchte sie ein paar Wimpernschläge, um auch aktiv wieder zu begreifen, dass die Zeremonie ja noch nicht beendet war, und ihre Gedanken zu ordnen.


    Das Schwert lag schwer in ihren Händen, als Octavena es von ihrem Mann entgegen nahm, aber lange hielt sie es auch nicht, denn schließlich konnte sie schlecht zwei Schwerter auf ein Mal tragen.
    "Ich danke dir", murmelte sie und wandte sich dann zu Athicus um, der diesen Einsatz zum Glück nicht verpasst hatte, sondern ihr die Waffe vorsichtig abnahm, und das Schwert, das er selbst in den Händen hielt, seiner Herrin übergab.
    Octavena nickte kurz zufrieden, kehrte ihm dann aber auch schon wieder den Rücken zu.
    "Geliebter Ehemann, mein Glück, meine Freude. Dir will ich dieses Schwert überreichen, mein Eigen, als Zeichen meiner Wertschätzung und meines Glaubens an unser gemeinsames Glück."

  • Pacatus hatte sich einen guten Platz gesucht, um die Zeremonie auch in allen Einzelheiten mitzubekommen. Einige Abläufe kamen ihm bekannt vor, aber das meiste, was hier getan und gesprochen wurde, kam ihm krötenfremd vor. Um nicht zu sagen, germanisch. Natürlich war trotz aller fremdartigen Rituale sonnenklar, um was es hier ging. Da hatten einige Mitglieder beider Sippen sich nach langem Kuhhandel darauf geeinigt, gegen einen guten Preis, versteht sich, eine Frau aus der Fuchtel der einen Sippe unter die Fuchtel der anderen Sippe zu verschieben, ohne dass die Dame auch nur einen Augenblick etwas von der Freiheit zu sehen bekam. Das ganze Brimborium mit Treueschwüren und Geschenken diente nur dazu, die beiden Sippen dazu zu verdonnern, sich in Zukunft keine Extrawürste herauszunehmen, Besänftigungsgesten also. Das ist nun mal die höhere Politik des Vorgartens, sippenmäßig betrachtet.


    Pacatus sah sich um. Unter den männlichen Gaffern waren mit dem Fortgang der Zeremonie immer zufriedenere Gesichter zu sehen und man bemerkte auch, dass sich die Herren bei bestimmten Worten der Brautleute in eine stolzere Positur stellten. Bauch rein, Brust raus, wie sich's gehört. Die Weiblichkeit fiel im gleichen Gang der Dinge einer allgemeinen Rührung zum Opfer und ganze Wogen leisen Geschluchzes schwappten über die Köpfe hinweg.


    Pacatus war auch gerührt, obwohl er sich das nicht eingetehen wollte. Damit das niemand merkte, schaute er in seinen Bierkrug und beschloss, gleich nochmal die Dienste der Jungduccier in Anspruch zu nehmen.

  • Der alte Petronier sah schweigend zu, wie die Brautleute sich süße Worte zusagten. Ihr Verhalten dabei erstaunte ihn ein wenig - dafür, dass die beiden sich bisher kaum kannten, spielten sie doch ziemlich überzeugend die Verliebten. Ob dies zu Show war oder wahre Gefühle, konnte er nicht beurteilen. Zwar war es doch erstaunlich - trotzdem glaubte er durchaus, dass es eine solche Verliebtheit geben konnte und dass pflichtschuldige Verlobte Gefühle für den von ihrer Familie Auserwählten gewinnen konnten. Alles in allem war es aber sicherlich nicht schädlich und so lächelte er zufrieden, während ein germanisches gegen ein römisches Schwert getauscht wurde.

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