Dankbar, dass Avianus nicht weiter darauf einging, starrte Lucia weiter auf den Rücken des Soldaten, der noch immer versuchte für sie einen Platz frei zu schaffen. Wäre Lucia nicht grade so gefangen in ihrer Bemühungen nichts zu sehen und zu hören, sie hätte Avianus wohl darauf hingewiesen, dass sie den Platz nicht mehr brauchte. Sie würde sich garantiert nie zu dem wildgewordenen Pöbel da stellen! Sie wusste nicht wie lange sie schon in dessen Richtung starrte, aber plötzlich drehte sich der Soldat zu ihr um… und fiel zu Boden. Lucia bewegte sich wie in Trance, sie versuchte Avianus anzutippen, ohne in dessen Richtung zu sehen und deutete auf den gefallenen Soldaten.
Zuerst hatte Lucia überhaupt nicht wahrgenommen, dass die Mater endlich beendet war. Erst als ihr Bruder wieder zu sprechen begann, wurde es ihr bewusst. Ihre Lippen entspannten sich etwas, jetzt würde es bald vorbei sein. Nicht mehr lange und sie könnte nach Hause.
Dann wurde ihr von ihrem eigenen Bruder (metaphorisch) in den Rücken gestochen.
Ihre Mund öffnete sich, ihre Augen wurden groß und ihr Gesicht kreidebleich. Sie spürte wie ihr Herz unendlich langsam und schmerzhaft in ihrer Brust pochte. Vorhin hatte sie noch mit halben Ohr von falschen Namen mitbekommen, jetzt wurde ihr schlagartig klar was Lepidus damit gemeint hatte. Ihren Vorsatz, nicht zum Richtplatz zu sehen, vergessend drehte sich Lucia zu ihrem Bruder und blickte ihn (neben Avianus tretend, sollte er noch da stehen) fassungslos an. Doch er wetterte weiter, drehte das Messer und verunglimpfte ihren Mann und dadurch sie selbst und ihr ungeborenes Kind. Schlug ihr Herz überhaupt noch?
Ohne es selbst zu wollen wurde ihr Blick auf den blutigen, zerfetzten Leib gezogen, den ihr Bruder nun so zur Schau stellte. Sie spürte ihre Hände und Füße nicht mehr. Das Schwert wurde gehoben, jetzt wollte sie doch eigentlich die Augen schließen, aber sie war viel zu langsam. Mit Entsetzen sah sie wie das Schwert in den Hals fuhr. Der Schrei drang ihr durch Mark und Bein. Ihre Knie gaben nach, Lucia taumelte. Hinter sich hörte sie Arsinoe wimmern, seltsam laut im Vergleich zu den restlichen Geräuschen. Lucia sah den zitternden Körper und dann wurde ihr gnädiger Weise endlich schwarz vor Augen.