[Forum Boarium] Öffentliche Hinrichtung durch das Schwert

  • Dankbar, dass Avianus nicht weiter darauf einging, starrte Lucia weiter auf den Rücken des Soldaten, der noch immer versuchte für sie einen Platz frei zu schaffen. Wäre Lucia nicht grade so gefangen in ihrer Bemühungen nichts zu sehen und zu hören, sie hätte Avianus wohl darauf hingewiesen, dass sie den Platz nicht mehr brauchte. Sie würde sich garantiert nie zu dem wildgewordenen Pöbel da stellen! Sie wusste nicht wie lange sie schon in dessen Richtung starrte, aber plötzlich drehte sich der Soldat zu ihr um… und fiel zu Boden. Lucia bewegte sich wie in Trance, sie versuchte Avianus anzutippen, ohne in dessen Richtung zu sehen und deutete auf den gefallenen Soldaten.


    Zuerst hatte Lucia überhaupt nicht wahrgenommen, dass die Mater endlich beendet war. Erst als ihr Bruder wieder zu sprechen begann, wurde es ihr bewusst. Ihre Lippen entspannten sich etwas, jetzt würde es bald vorbei sein. Nicht mehr lange und sie könnte nach Hause.
    Dann wurde ihr von ihrem eigenen Bruder (metaphorisch) in den Rücken gestochen.
    Ihre Mund öffnete sich, ihre Augen wurden groß und ihr Gesicht kreidebleich. Sie spürte wie ihr Herz unendlich langsam und schmerzhaft in ihrer Brust pochte. Vorhin hatte sie noch mit halben Ohr von falschen Namen mitbekommen, jetzt wurde ihr schlagartig klar was Lepidus damit gemeint hatte. Ihren Vorsatz, nicht zum Richtplatz zu sehen, vergessend drehte sich Lucia zu ihrem Bruder und blickte ihn (neben Avianus tretend, sollte er noch da stehen) fassungslos an. Doch er wetterte weiter, drehte das Messer und verunglimpfte ihren Mann und dadurch sie selbst und ihr ungeborenes Kind. Schlug ihr Herz überhaupt noch?


    Ohne es selbst zu wollen wurde ihr Blick auf den blutigen, zerfetzten Leib gezogen, den ihr Bruder nun so zur Schau stellte. Sie spürte ihre Hände und Füße nicht mehr. Das Schwert wurde gehoben, jetzt wollte sie doch eigentlich die Augen schließen, aber sie war viel zu langsam. Mit Entsetzen sah sie wie das Schwert in den Hals fuhr. Der Schrei drang ihr durch Mark und Bein. Ihre Knie gaben nach, Lucia taumelte. Hinter sich hörte sie Arsinoe wimmern, seltsam laut im Vergleich zu den restlichen Geräuschen. Lucia sah den zitternden Körper und dann wurde ihr gnädiger Weise endlich schwarz vor Augen.

  • Jemand berührte ihn kaum merklich am Arm, sodass Avianus seinen Blick wieder vom Magistrat abwendete, hin zu Lucia und dann in die Richtung, in welche sie deutete. "Hm?"
    Der Germanicus lag am Boden. Er wollte bereits auf den Tiro zugehen, ihn wieder auf die Beine ziehen, doch da kam ihm bereits der Octavius zu Hilfe. Der Cluvier und der Decimus kümmerten sich um die Steinewerfer, der Rest hielt mit Mühe die Leute zurück. Es könnte schlimmer sein, wohl war dem Iunius dennoch nicht.
    Er öffnete bereits den Mund um seinen Leuten Befehle zuzubellen, doch genau in jenem Moment entschied der Tiberier, seine Rede fortzusetzen.
    Er wandte sich wieder um. Duccianus und Vettianus?! Was … ?! Die falschen Namen … natürlich, dämmerte es ihm und es wurde ihm noch ein ganzes Stück unwohler. Jetzt, wo der Tiberius die Namen genannt hatte, verstand er. Natürlich war die Ähnlichkeit der Namen absoluter Zufall. Nicht im Geringsten wollte er das Volk gegen die Konsuln hetzen, die noch etwas länger an der Macht bleiben wollten. Kein Wort hatte er gehört, redete er sich ein, kein einziges Wort. Das hier ging ihn nichts an. Er war kein Politiker, hatte nichts damit zu tun, wenn irgendein Magistrat eine Hinrichtung für seine Zwecke nutzte. Dass Lucia inzwischen neben ihm stand registrierte er gar nicht, viel zu sehr war er damit beschäftigt sich auszumalen, wozu derartige Einstellungen, wie sie der Tiberius offenbar an den Tag legte, im Senat hinauslaufen könnten. Alles nur kein neuer Bürgerkrieg. Alles, nur nicht noch so eine Scheiße. Nicht schon wieder.
    Das Schwert hob sich, flog einen Augenblick später auf den Hals des Vettianus zu, doch kein Kopf rollte. Stattdessen zerriss ein markerschütternder Schrei die Stille, die gerade eben geherrscht hatte, als alle Augen gebannt am Carnifex und dem Verurteilten gehangen hatten. Blut spritzte pulsierend aus durchschlagenen Adern. Der Mann unter dem Fuß des Carnifex zappelte noch immer.
    Erneut streifte ihn etwas. "Was denn?!", fragte er barsch, als ihn die Berührung aus seiner Fassungslosigkeit riss, und fuhr herum. Vor seinen Augen knickten der Tiberia die Beine ein und gerade noch schaffte er es, sie an einem Arm zu packen, damit sie nicht auf dem Boden aufschlug. Irritiert blickte er hinunter zu der blonden Frau, hoch zu ihren Begleitern, dann zu seinen Leuten.
    Der Germanicus hatte sich wieder auf die Beine gestemmt. Verdammt nochmal, was zur Hölle sollte er nach Meinung des Tiberius tun? Mit einem Contubernium eine Meute aufhalten, die der Magistrat selbst nur noch weiter aufstachelte? Wenigstens leisteten seine Leute gute Arbeit und noch war keiner ernsthaft verletzt. Dem Tiberier warf er dennoch finstere Blicke zu.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit holte der Henker erneut aus, und endlich rollte der Kopf. Avianus ließ die Tiberia bei ihren Leibwächtern und der Sklavin zurück. Irgendwer musste sich ja um den Rest kümmern. Ein eigener Platz für Lucia war vorerst vermutlich überflüssig, und den Leuten musste gezeigt werden, wo die Grenzen waren.
    "Die Tiberia bleibt vorerst hier, verstanden? Konzentriert euch darauf, die Leute im Griff zu behalten. Wer zu nahe kommt oder irgendwas auf euch schmeißt, dem zeigt ihr, verdammt nochmal, was er davon hat!" - Von den Verurteilten abgesehen. "Wenn das hier glatt läuft spendier' ich euch allen heute Abend einen Becher guten Wein!"

  • [Blockierte Grafik: http://oi61.tinypic.com/11tyjd5.jpg]
    Spurius Cluvius Sulca


    Soso, Vettianus und Duccianus. Grinsend pfiff der Cluvius durch die Zähne. Der Magistrat war ein verflucht durchtriebener Hund. Der Krieg der Parolen war also eröffnet. Recht so. Das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden war ganz nach Sulcas’ Gusto. Ohnehin war es in der Urbs für seinen Geschmack viel zu ruhig geworden unter der fast unmerklichen Herrschaft Palmas. Ein Princeps hatte für ihn omnipräsent zu sein, allgegenwärtig, unausweichlich, sehr gerne von höchst exzentrischem Wesen, von ihm aus auch völlig irrsinnig. Die stille schleichende Verwaltung des Imperiums machte das Volk nur faul, träge, und vor allem respektlos den Ordnungskräften gegenüber. Ein Römer, der seinen Kaiser fürchtete, fürchtete auch dessen Exekutivorgane. Vielleicht hatte es dieser Tiberier ja selbst auf den Thron abgesehen. Wenn ja, konnte er sich der Unterstützung des Cluviers gewiss sein.


    Ohnehin sah Sulca keinen annähernd geeigneten Kandidaten aus dem hochgestellten Haufen der Togaträger herausragen. Die Consuln? Selbstverliebte Debattierbrüder ohne Bezug zu den niederen Staatsdienern. Ein unverfrorener Barbar aus der germanischen Provinz? Pah! Niemals! Der Praefectus Urbi? Vielleicht nicht die schlechteste Wahl, aber auch der hatte Sulca bis heute nicht befördert. Nein, der also nicht. Was blieb dann noch? Ein siegreicher Kriegsheimkehrer, ein bewährter Feldherr, der die Dinge ohne große Rücksichten selbst in die Hand nahm? Ja! Genau das brauchte Rom jetzt. Aber woher sollte dieser Triumphator kommen? Nicht einmal einen Krieg hatte Palma zustande gebracht! Sulca suchte sich missmutig einen besonders unsympathischen Kerl in der Menge aus und wischte seine besudelten Caligae an dessen Mantel ab. Der Civis war augenscheinlich wenig davon angetan, beschränkte seinen Protest aber auf einen hasserfüllten Blick. Fleischlose verweichlichte Schwächlinge, alle miteinander!


    Über den Richtplatz kullerte der spritzende Schädel des Schwagermörders. Verdammt! Sulca hatte einen der Höhepunkte verpasst. Die ganze Veranstaltung, so sehr er sich im Vorfeld auch darauf gefreut hatte, begann ihm langsam lästig zu werden, ebenso lästig wie diese unbeleckten Rekruten von denen einer sogar zu Boden gegangen war. Getroffen von einem welken matschigen Kohlkopf! Oh Lares! Oh Manes! So weit war es mit den Truppen Roms schon gekommen! Er hätte am liebsten gar nicht hingesehen. „Nun gut, Tiro Decimus!“ wandte er sich an den auf Anweisungen wartenden Rekruten, den er zwischenzeitlich fast vergessen hatte. „Wir verstärken dort drüben die Linie! Deine Kameraden stellen sich an wie die Vestalinnen!“ Ohne auf Antwort zu warten, stampfte Sulca voraus. Wenn er dort Ordnung reinbrachte, würde er vielleicht noch die zweite Enthauptung genießen können.

  • Hinter sich hörte Frugi das das kreischen eines Mannes was eine die Adern gefrieren ließ, vor sich hatte er Ferox welcher sich zuerst bedankte, dann aber doch noch nicht seine Hand ergriff, sondern eine merkwürdige Stellung einnahm bevor er nach vorne starrte um letztendlich zu stöhnen "Ist mir ... schlecht ..." , um sich dann doch an ihm hochzuziehen. Jetzt erst kam der Octavier dazu sich umzudrehen, was er dann sah ließ ihn erst sein Frühstück kosten und gleich darauf einen abscheulich bitteren Geschmack. Schnell wandte er sich wieder um, presste sein Lippen aufeinander und schaute in die johlende Menge hinein. Den Anblick von Carnifex, mit dem am Haarschopf gefassten Kopf, des Verurteilten, vergessen.
    Hinter sich ertönte die Stimme ihres Centurio, verbissen nickte er zur Bestätigung, dass er verstanden hatte und rammte wütend sein Scutum auf den Boden und zischte, mit zusammen gebissenen Zähnen, die vor ihm standen an. „Ihr bleibt wo ihr seit!!!“ Danach erst spürte er jenes störende kribbelnde Gefühl, verursacht durch Schweißtropfen, welche an seinen Schläfen und seinem Rücken einen Weg nach unten suchten. Dabei war bis jetzt erst einer hingerichtet worden und ob es nach der hetzerischen Rede des Magistrat besser würde bezweifelte er doch sehr.

  • Avianus brüllte einen neuen Befehl. Ferox war erleichtert. Geschissen auf den freien Platz für die Patrizierin!
    "Los, Frugi, denen zeigen wir, wer hier das Sagen hat!"


    Endlich konnten sie sich ordentlich verteilen! Als er bemerkte, dass Sulca ihnen zu Hilfe kam, schien es Ferox, als ob die Kampfeslust des sauertöpfischen, aber effektiven Miles ihn ansteckte. Aufgestachelt durch das Adrenalin, das seinen Körper durchflutete als stünde seine Haut in Flammen, stieß Ferox einem der vordrängenden Zuschauer den Schild vor die Brust, so dass diesem geräuschvoll die Luft aus den Lungen wich und stieß ihn dann zurück in die Menge. Dann einen zweiten. Und einen dritten. Er stellte sich vor, dass jeder einzelne es gewesen war, der ihm den Kohl gegen den Helm gedonnert hatte.


    "Zurück hinter die Linie, oder es gibt heute noch mehr Verletzte als nur die Verurteilten", brüllte er. Die Angst war von ihm gewichen, zusammen mit aller Erschöpfung und allen störenden Gedanken. Dafür hatte eine verdammt schlechte Laune diesen leeren Raum in seinem Kopf eingenommen.

  • Rusticus schüttelte den Kopf. Was war nur mit diesen Leuten los? So etwas hatte er noch nicht gesehen, eine ganze Anzahl von Urbanern stand zur Sicherung des Platzes da, jedoch kümmerte dies die Menschenmassen wenig. Einzig das beherzte eingreifen von Sulac und ihm hatte zumindest das schmeißen mit Steinen und etlichen anderen Gemüsesorten unterbunden. Doch glich diese Aktion einem Tropfen auf den heißen Stein.


    Wollte sich der Tiro doch eigentlich ganz in Ruhe die Hinrichtung ansehen, bekam er noch nicht einmal richtig mit, wie der erste schon enthauptet wurden. Nur vom Schreien hinter sich und einigen grünlich gilblichen Flecken auf dem Fußboden, bemerkte er, dass etwas geschehen sein musste. Aber selbst dies stillte den Leuten nicht den Durst weiter nach vorn zu brechen.


    Der Tiro wusste bald nicht mehr, wie er handeln sollte. Was konnte er auch tun, außer sich mit seinem Scutum gegen die schiere Übermacht zu stellen. Warum bekam er keine weiteren Anweisungen. Ein kurzer Blick zum Centurio reichte und Rusticus merkte, dass dieser gerade anderweitig stark beschäftigt war, so hielt er sich lieber an den Miles und verstärkte neben Ferox und Frugi die Linie.


    „Zurück mit euch, im Namen Roma´s!“, brüllte der junge Tiro und schob so kräftig er konnte gegen die voranschreitende Menschenmasse. „Miles, ein guter Rat wäre gerade wünschenswert!“

  • [Blockierte Grafik: http://oi61.tinypic.com/11tyjd5.jpg]
    Spurius Cluvius Sulca


    Mit äußerst gemischten Gefühlen stapfte Sulca hinter Rekrutenkette entlang, hieb wo es nötig war mit dem unteren Ende der Hasta auf allzu erhitzte Bürgerschädel ein oder trat mit den frisch benagelten Caligae unter den erhobenen Scuta hindurch nach Fußknöcheln und Schienbeinen. Die Tirones machten ihre Arbeit soweit ganz passabel, aber sie schrien dabei viel zu viel rum. Sie mühten sich ab, das war nicht zu leugnen, allerdings standen ihnen Angst und Verwirrung deutlich in’s Gesicht geschrieben und das war fatal. Die Menge hatte sich vor den Urbaniciani zu fürchten, nicht umgekehrt! „Hört mit dem dämlichen Geblöke auf!“ röhrte Sulca missmutig. „Haltet die Klappe und die Reihen geschlossen!“ Gebrüllte Anweisungen der Urbaner interessierten den Pöbel nicht im geringsten.


    Die Meute hatte Blut gerochen, und wollte mehr davon, so viel wie möglich. So lief das immer ab, wenn ihnen ein Ventil für ihren Hass und ihren Neid dargeboten wurde. Der Magistrat hatte es ja auch so gewollt. Allerdings konnte sich Sulca des Eindruckes nicht erwehren, dass der Tiberius die Wirkung des Spektakels wohl doch nicht bis in’s kleinste zu Ende gedacht hatte. Man hätte taub sein müssen, um nicht mitzubekommen, dass sich in der aufgebracht skalierenden Menge allmählich zwei Lager bildeten. Während Sulca kopfschüttelnd stehen blieb um auf den jungen Decimus zu warten, hatte er die privilegierte Gelegenheit, den verschiedenen Parolen aus nächster Nähe zu lauschen.


    „Weitermachen!“


    „Zerfetzt sie! Nieder mit den Parasiten!“


    „Das ist Rechtsbruch!“


    „Holen wir uns die wahren Verbrecher!“


    „Römische Bürger dürfen nicht gegeißelt werden!“


    „Überlasst sie dem Volk!“


    „Der Tiberier missachtet die Gesetze!“


    „Keine Macht den Consuln!“


    „Macht die Tore auf!“


    Nein, das lief nicht glatt. Mit etwas Glück würden sich die widerstreitenden Parteien vielleicht ineinander verbeißen und den Urbanern die Position des lachenden Dritten überlassen, mit etwas Pech dagegen konnte sich der angestaute Volkszorn auch vereint gegen die Organe der Öffentlichen Ordnung richten, die ja bekanntlich sowieso immer an allem schuld waren. Verdammt, und das empörte Pack hatte nicht mal völlig unrecht. Der Tiberius musste doch wissen, dass römische Cives nicht der Folter übergeben werden durften, so bedauerlich das auch war.


    Nun ja, niemand war letztlich perfekt, und wie auch immer sich das hier entwickeln würde, es war Zeit, einen Meldegänger zu bestimmen, der bei Bedarf Verstärkung heranholen konnte. Der Decimus – langbeinig und eifrig – war da ein idealer Kandidat. Endlich war der Bursche herangekommen und half nun dabei, die drängende Plebs aufzuhalten. Auch er schien etwas überfordert und brüllte den Leuten Anweisungen entgegen, die natürlich vollkommen unbeachtet verhallten. Brummend trat Sulca neben den Decimer, schlug ein- zwei mal mit der Hasta über den Schildwall und stieß schließlich ein raues Lachen aus, als der Tiro um Rat nachfragte.


    „Ratschläge interessieren uns einen Scheiß, mein Junge!“ Hatte er eben mein Junge gesagt? Er? Mit einem weiteren Lanzenhieb trieb er sich diese gefühlsduseligen Faxen aus. Wir handeln nach Befehl! Und unser Befehl ist, standzuhalten! Das sind nur blutgefüllte Fleischsäcke, nichts weiter! Bleib ruhig! Schlag zu wenn du musst und halt dich bereit! Wenn der Centurio Anweisung dazu gibt, rennst du los zur Castra als wär der Cerberus persönlich hinter dir her! Verstanden, Tiro?

  • Was für ein Tag! Es war nämlich keiner, wie jeder andere. Kein bloßes Spazieren durch die Gärten. Kein Treffen mit irgendwelchen Frauen, denen man rein aus Langeweile eine gewisse Freundschaft beteuert, um seine Zeit auszugestalten. Keine Anlässe auf denen sie sich besonders überfreundlich und interessiert die Reden irgendwelcher Politker anhören und brav nicken musste. Nicht, dass ihr diese Sachen nicht hin und wieder Spaß machten - je nach Laune versteht sich -, aber heute war ein besonderer Tag. Eine Hinrichtung! Lange hatte sie ein derartiges Schauspiel nicht mehr gesehen. Zuletzt war sie bei einigen Disziplinarmaßnahmen von Soldaten der Legio I dabei gewesen, als sie bei ihrem Cousin im Castellum in Mantua gelebt hatte. Aber das konnte man ja überhaupt nicht mit einer öffentlichen Hinrichtung vergleichen, hatten die Disziplinarmaßnahmen doch nie nur ansatzweise den Grad einer Dezimierung erreicht. Natürlich konnte man sich hier in Rom die Spiele ansehen, aber jene waren doch nun wirklich langweilig geworden. Keiner der feinen Senatoren hatte in der letzten Zeit besonderes ausrichten lassen, was über den gewöhnlichen Usus hinausging.


    Auf dem Forum Boarium war es brechend voll, Lentidia war natürlich nicht die einzige Schaulustige. Vor allem der Pöbel war interessiert am Blut der Männer. Bei einer Hinrichtung konnten sie doch für ein paar Stunden ihre alltäglichen Lasten vergessen.
    Die Aurelia trat ohne familiären Anhang, wie in letzter Zeit häufig - ihr wurde momentan einfach kein Riegel vor irgendetwas geschoben, alle waren beschäftigt, so konnte sie mehr oder minder tun und lassen was sie wollte -, und betrat daher mit ihrem den Umständen entsprechend aufgestocktem Sklavengefolge das Forum. Den drei kräftigeren Sklaven voran Alexandrinus und ganz nah bei ihr Mila. "Schau Mila, all diese Menschen wollen dabei sein, wie diese Verbrecher ihre Häupter verlieren. Ha!" meinte sie vergnügt zu ihrer Sklavin. Ihre Vorfreude auf dieses Ereignis war objektiv betrachtet als junge Frau hohen Standes ziemlich erschreckend und zeigte wieder einmal, dass sie völlig fern ab von der Realität stand. Für sie war dieses Spektakel reinste Belustigung, was es natürlich für viele auch höher gestellte Persönlichkeiten war, welche allerdings das ganze noch irgendwie reflektieren konnten und in einer distanzierten Betrachtungsweise bewerten konnten.


    Während sie sich relativ am Rand des Geschehens, aber so, das sie noch alles sehen konnte, postierte, ihre Sklaven hatten ihr den nötigen Freiraum verschafft, welcher allerdings hinsichtlich des Spektakels kleiner ausfiel als bei einem gewöhnlichen Rundgang durch die Märkte der Stadt, ließ sie sich etwas Wein einschenken und erwartete freudig den Beginn des Spektakels. Dass der Magistrat der Bruder ihrer Freundin Lucia war und diese vermutlich auch hier sein würde, merkte sie beides nicht.
    Während die Hinrichtung vorbereitet wurde und die Menge erwartungshungrig das ein oder andere Alltägliche murmelte, hörte sie ganz aus der Nähe ihren Namen.


    "Aurelia!" verwundert sah sie in die Richtung, aus der sie gerufen wurde. Schließlich stand der noch unbekannte Mann mittleren Alters vor Alexandrinus und einem der anderen beiden Hünen, die heute für ihre Sicherheit sorgten. "Aurelia! Wie schön dich zu sehen! Erkennst du mich nicht?" fragte er schon fast skeptisch, immerhin wurde ihm der Weg in dominanter Weise versperrt. Irritiert überlegte Lentidia, wer das wohl sein konnte. "Wenn ich ehrlich bin, nein, verzeih mir." blockte sie den Mann ab und sah wieder in Richtung Carnifex. Allerdings ließ der Mann nicht locker. "Ich bin es! Darius Darma! Ich war ein Klient eures Vaters. Zuletzt haben wir uns an seinem letzten Geburtstag gesehen!" Auch jetzt fiel ihr nicht wirklich ein, wer das sein konnte, aber sie tat einfach mal so, als wüsste sie es. Ihr Vater hatte viele Klienten gehabt und sie wusste immerhin, dass diese oft bei ihnen auf irgendwelchen Feierlichkeiten waren. Außerdem schien sich der Beginn der Hinrichtung noch hinzuziehen. "Aber Darus, natürlich!" natürlich konnte sie sich wieder einmal den Namen des Mannes nicht merken. Dieser schien ihr das aber trotz seines irritierten Blickes nicht übel zu nehmen. Sie wies ihre Sklaven an, den Mann in ihre 'Schutzblase' zu lassen. "Ich danke dir.. und ich hatte schon gedacht, du würdest scherzen, mich nicht mehr zu kennen, hahaha!" begrüßte er die junge Frau, welche einfach mal mitspielte, "Aber Darus, wie könnte ich das vergessen! Wart ihr doch einer der liebsten Klienten meines Vaters.." Ah! Es ging los! Die Menge verstummte langsam und der Magistrat war kurz davor, das Spektakel zu eröffnen. "Jetzt geht es los!" bekundete die Aurelia freudig und klatschte zwei Mal mit den flachen Händen aufeinander, ihr Lächeln bestätigte dabei noch einmal, wie schräg ihre Haltung hier eigentlich war.


    Während der Magistrat seine Reden schwang, hielt Darius eine Art Small-Talk mit Lentidia. Wie es so ging, wie das Leben in Rom denn sei, ob sie gut versorgt war. Sein sorgenvoller Ton war schon fast väterlich, er schien ihrem Vater wohl sehr nahe gestanden zu haben. Als der Tiberier letztendlich seine finalen Worte vor dem Akt der Hinrichtung sprach, verstummte der Mann neben Lentidia plötzlich. "Was erzählt dieser Mensch denn da!" platzte es schon fast aus ihm heraus, wobei er allerdings noch versuchte möglichst leise zu reden. "Jetzt benutzt dieser Schwachkopf von Magistrat schon eine gewöhnliche Hinrichtung als Anlass, anderen Senatoren und dabei vor allem den Consulen (!) ans.." Bein zu pissen, wollte er sagen, aber vor Lentidia hielt er sich mit diesen Kraftausdrücken zurück. Die Aurelia merkte überhaupt gar nicht, was Darius da erzählte, viel zu fasziniert war sie von den Peitschenhieben gewesen und dem Schwert, welches der Carnifex seit kurzem in der Hand hielt. Völlig fasziniert von der blanken Brutalität konnte sie ihre Augen nicht von der Szenerie ablassen. Darius hingegen lamentierte weiter "Der Kaiser ist tot und die Senatoren haben nichts weiter zu tun als gegeneinander zu hetzen? Das ist doch eine Farce! Haben sie nichts besseres zu tun, als sich selbstvergessen in der Vergangenheit zu suhlen anstatt die aktuelle Situation als Chance zu nutzen, gemeinsam die Gegenwart mitzugestalten? Er erdreistet sich öffentlich den Namen zweier Consuln in den Schmutz zu ziehen und ihnen den Krieg zu erklären, in dem er eine an den Haaren herbeigezogene und rein zufällige Ähnlichkeit zu den Namen dieser unbedeutenden und schändlichen Verbrecher plakatiert? Oh Götter.. steht uns bei. Das letzte was wir jetzt brauchen und wollen ist ein zerrütteter Senat.. was mag daraus folgen? Attentate? Morde? Ein neuer Bürgerkrieg? Was ist mit Rom? Haben etwa alle den Verstand verloren und vergessen, worum es hier eigentlich geht!?" Dabei gestikulierte er wild herum, was Lentidia allmählich anfing zu nerven. Am liebsten hätte er noch mehr auf die Patrizier geschimpft, aber das konnte er in ihrer Anwesenheit wohl kaum tun.


    Zum Glück war jetzt der Moment gekommen, indem der erste seinen Kopf verlieren musste. Worüber Darius sich nicht mehr amüsieren konnte, war für die Aurelia die reinste Augenweide. Der Carnifex holte aus und schlug zu. Die Menge war still und wurde von einem fürchterlichen Schrei gebrochen, das Blut spritzte in alle Richtungen, das Schwert war wohl nicht scharf genug gewesen. Erschrocken hielt sich Lentidia die Hand vor den Mund, ihr dem Staunen geschuldeter o-förmiger Mund darunter wandelte sich nach nur wenigen Momenten in ein begeistertes Lächeln. Die Atmosphäre spitzte sich langsam zu, man konnte die Anspannung spüren. Nachdem die erste Hinrichtung vorbei war, setzte der Magistrat erneut an und rief erneut den Namen Duccianus aus, der zweite Mann, der heute seinen Tod finden sollte. Als der Name gefallen war, fing Darius wieder da an wo er aufgehört hatte und sprach das aus, was vermutlich viele Bürger Roms dachten. Da fiel Lentidia auf, dass Lucias Mann ja nun eben dieser Consul Duccius war, gegen den dieser Tiberier da hetzte! Sie war sich sicher, dass ihre Freundin hier war. Ihr eigener Bruder hetzte öffentlich gegen ihren Mann? Wie.. witzig war das denn? Das würde für einiges an Klatsch und Tratsch in den höheren Kreisen Roms sorgen, da war sie sich sicher! Sie würde ihre Freundin unbedingt in den nächsten Tagen besuchen müssen! Die Aurelia brannte nur darauf zu erfahren, welche Unstimmigkeiten es da zwischen Lucia und ihrem Bruder gab und inwiefern der Consul Duccius darin involviert war.


    "Entschuldige mich, Aurelia." riss Darius die junge Frau aus ihren Gedanken. "Ich kann mir das nicht länger mit ansehen und vor allen nicht mehr mit anhören, was dieser Tiberius da von sich gibt. Wir können nur hoffen, dass sich die Wogen glätten und alle zur Vernunft kommen, ansonsten sehe ich schwarz für Roms Zukunft. Es freut mich dennoch dich getroffen zu haben Aurelia, grüße deine Mutter von mir. Vale!" mit diesen Worten verabschiedete sich und verschwand in der Menge. "Wie? Ach du musst schon gehen? Die Freude war ganz auf meiner Seite Dasus!" erwiderte sie aufgesetzt freundlich, aber eigentlich völlig desinteressiert. Sie brannte einfach zu sehr drauf zu sehen, wie das Spektakel weiterging..

  • Wer heute das Feld früher verließ, weil er noch einen anderen Termin hatte, der würde sich später mächtig ärgern, wenn er sich von anderen erzählen lassen musste, was hier noch geschehen war. Aber es ließ sich auch nicht erkennen, dass sich die Leute schon satt gesehen hätten, vielmehr hatte er das Gefühl, dass die Urbaner mit der Menschenmenge gar nicht mehr so gut zurechtkamen, aber das sollte erstmal deren Problem sein. Sollten die Stadtwachen noch ein wenig ausharren. Negative Zwischenrufe konnte er nicht wahrnehmen, schließlich müssen sie extrem gering und vereinzelt gewesen sein, denn erstens wurden hier gar keine römischen Bürger geköpft, denn unter seine Regie fielen natürlich nur Sklaven und Peregrine, während die Bestrafung von Bürgern höheren Magistraten oblag. Das sollte wohl jedem klar sein, der nicht gerade das erste Mal zu einer der zahlreichen Hinrichtungen erschien, die so das ganze Jahr über stattfanden. Und eine Folterung konnte er hier nun erst recht nicht erkennen. Geißelung gehörte zu einer solchen Hinrichtung dazu und dass das Schwert ein wenig stumpf war, das kann ja wohl mal ganz zufälligerweise und sicherlich völlig ungeplant passieren, zumindest würde der Tiberier jederzeit abstreiten, dass er das so gewollt hätte. Ja, die Wahrheit kannte zum Glück niemand hier, auch wenn man sich Gegenteiliges immer denken konnte und alles, was Lepidus sagte so voller ironischen Unterton war, dass wohl nichts, was aus seinem Mund kam, tatsächlich das bedeutete, was die rohen Wörter von sich aus so hergaben.


    Also: Eine angeheizte Menge und noch eine Exekution übrig. Dazu noch jemand, den er so liebevoll Duccianus getauft hatte. Welch wunderschöne explosive Mischung. Der Carnifex folgte der Aufforderung des Tiberiers und band nun den ebenfalls von den Peitschenhieben gescholtenen Verurteilten los, um ihn in Position zu legen. Der Henker hatte sichtbar sein Schwert gewechselt. Das konnte man wohl auch erwarten, wenn es doch ungeeignet war, Hälse richtig zu durchtrennen. Wenn es das Gebrüll der Leute nicht übertönte, so konnte man Lepidus jetzt bereits von seinem Tribunal aus köstlich lachen hören. Vorfreude ist doch die größte Freude und die ließ sich dann manchmal doch nicht so still verbergen. Der Carnifex platzierte wieder einen Fuß kraftvoll auf dem Rücken des Duccianus, während er auf das Zeichen des Tiberiers wartete. "Die Augenblick der Strafe ist gekommen! Wer unsere Traditionen und das auf ihr geschaffene Recht mit Füßen tritt, für den gibt es die gerechte Strafe! Hat dieser Duccianus hier etwa ein Recht sein Leben zu verlängern? Darf er es bis ins unendliche hinauszögern, trotz seiner Missratenheit und seiner schändlichen Taten? Nein, sage ich! Er hat zu sterben! Das Recht gibt ihm kein längeres Leben! Es sagt, er muss getötet werden! Wir gönnen ihm diese Verlängerung nicht! Kein längeres Leben für den, der es verdient hat, es zu verlieren! Und wenn er sich nicht selbst richten will, dann übernehmen wir das gern für ihn und sorgen dafür, dass alles seine Rechtmäßigkeit hat! Denn wir, die wir die Gesetze und die Tradition achten, ja, wir sind Rom! Und die, die es nicht tun, sind die Feinde Roms! Drum sage ich: In Staub mit allen Feinden Roms!" Und der Tiberier beendete seine gesamten Anspielungen auf die 'Verlängerung', welche sich demjenigen, der eins und eins zusammenzählen konnte, schnell als eine Deutung der Amtsverlängerung des Duccius Vala offenbaren mussten. Nun folgte nur noch das laute "Lege age!"


    Der Carnifex erhörte das Signal und ließ nach einer kurzen Spannungspause das Schwert niedersinken... doch diesmal traf er nicht einmal so halb den Hals des Verurteilten. Stattdessen landete die nun ausreichend scharfe Klinge direkt im langgestreckten Arm des auf dem Boden liegenden Verurteilten und durchtrennte diesen vollständig. Erneut ein mächtiger schriller Schrei des Gequälten, aus dessen Arm das Blut förmlich hinausgepumpt wurde. "Ohhhhhh" stimmte der Tiberier in das raunen der Menge mit ein und kommentierte das Geschehen für die Masse: "Der Carnifex ist wohl etwas verunsichert aufgrund seines ersten gescheiterten Versuch! Nur Mut, Henker, beim zweiten Mal klappt es besser! Ganz bestimmt!" Und wieder rief er "Lege Age!" Der Henker nahm wieder das Schwert hinauf und erneut ließ er es schwungvoll niedersegeln und auch diesmal traf er weder Kopf noch Hals und die Klinge drang in die Schulter des Verurteilten, zertrümmerte diese förmlich. Das Schreien des Gefangenen war immer noch nicht verstummt, stattdessen wurden seine lauten qualvollen Geräusche vom Lachen des Tiberiers begleitet. "Grahahahahaha!" Ein wahnhaftes, für ihn köstlich empfundenes Lachen. "Aber Carnifex...", kommentierte der Tiberier wieder das Geschehen für die Zuschauer, während er sich eine Träne aus den Augen wischte "...wir wollten ihm doch keine Verlängerung gewähren. Er soll doch sterben indem er seinen Kopf verliert, wie es das Gesetz verlangt. Nun nimm dich zusammen und triff endlich die richtige Stelle! Lege Age!" Dann folgte alles sehr schnell. Oder dauerte es in Anbetracht des Geschehens gefühlt sehr lange? Der Verurteilte war nun gerade erst verstummt und verlor sein Bewusstsein. Der Henker richtete wieder das Schwert aus, ließ es fallen und es landete bei diesem Versuch direkt auf dem Schädel des Verurteilten, leider immer noch nicht die geforderte Köpfung. "Lege Age!" ertönte es und ein zweites Mal sank die Klinge in den Kopf des Verurteilten. Wieder kein richtiger Treffer, wie er gefordert war. Wie das alles aussah, das bedurfte keiner weiteren Beschreibung. Ein letztes "Lege Age!" war notwendig und ertönte. Nun wurde tatsächlich und endlich der Hals getroffen. Was auch immer da noch geköpft werden konnte, es wurde geköpft. Warum der Carnifex nicht noch herum ging, um wie beim ersten Mal allen Anwesenden noch einmal das Gesicht des Toten zu zeigen, bedurfte ebenfalls keiner Erklärung oder Beschreibung mehr. "Grahahahahaha!", ertönte es nur vom Sitze des Tribunals.


    Kurz nachdem der Carnifex seinen letzten Schlag vollendete, stellte sich der Tiberier aufrecht, streckte beide Arme breit aus und sprach ein letztes Mal zum anwesenden Volk, dessen Blutdurst heute hoffentlich ausreichend gestillt wurde. "Ihr wart ein großartiges Publikum. Ich danke euch für eure vortreffliche Assistenz! Und behaltet stets in Gedanken: In Staub mit allen Feinden Roms!" Und der Tiberier wank in die Menge, während er vom Tribunal hinabschritt, immer noch mit einem breiten Lächeln auf den Lippen.

  • Nach einem kurzen Moment der Langeweile erhob erneut der Magistrat sein Wort, woraufhin die Menge wieder ruhiger wurde, aufgrund der ersten Hinrichtung allerdings sichtlich angeheizt war. Das war auch kein Wunder, benutzte der Tiberier hier die Hinrichtung zweier Verbrecher zu Propagandazwecken. Lentidia war es völlig egal warum, weshalb, oder wofür dieser Mann seine Worte wählte und so ein Spektakel aus der Sache machte. Sie hatte einfach nur.. Spaß. Sie hatte tatsächlich 'Spaß' daran, wie zwei Verbrecher, obgleich sie schuldig waren oder nicht, qualvoll, immerhin wurden sie kräftig ausgepeitscht, bevor man sie ihres Hauptes enthob, ohne mit der Wimper zu zucken hinrichtete. Freudig lauschte sie also der Hetzrede des Magistraten, der in seiner Rolle dort oben völlig aufging. Welche Subtilitäten hinter seinen Worten steckten, erschloss sie keineswegs, hatte sie doch überhaupt kein politisches Gespür oder nur die geringste Ahnung, was momentan im Senat abging. Zu ihrem Cousin Lupus hatte sie wahrlich kein gutes Verhältnis. Gut fungierte in diesem Sinne allerdings nicht als Wertung, sondern stand lediglich für ein 'man lebte zwar unter einem Dach, hatte aber keinen besonderen Kontakt und tauschte sich deshalb auch nicht über mehr als Nichtigkeiten, also schon mal gar nicht über Politisches, aus. Wie schon gesagt: Zur Zeit waren alle beschäftigt und sie konnte schalten und walten wie sie wollte.


    Als das erste 'Lege age!' fiel, klatsche Lentidia wieder zweimal mit den flachen Händen aufeinander. Sie verfolgte genau die Klinge des Schwerts, welches der Carnifex in aufgrund ihres Adrenalinpegels langsam wirkenden Tempo auf den Verbrecher niederfallen ließ. Als das Schwert aber nicht, wie gedacht, den Hals des Mannes traf, trennte sie seinen Arm ab, woraufhin dieser herzzerreissend vor Schmerzen schrie und die Menge nur ein 'Ohhhhhh!' raunte. In dieses 'Ohhhhhh!' stimmte sie mit einem 'Huh!' ein, dabei war ihr Mund wieder dem Erstaunen nahe geformt, allerdings war es immer noch mehr ein Lachen, welches auch nicht mehr wie beim ersten Mal von ihrer Hand verdeckt wurde. Hätte man neben ihr gestanden, wäre ihr Anblick einfach nur skurill gewesen.
    Der Magistrat wuchs immer mehr in seine Rolle hinein, sodass man hätte annehmen können, er würde am liebsten selbst das Schwert schwingen und voller Blutdurst sich vom Blut des Verbrechers bespritzen lassen. Auch das zweite 'Lege Age!' bescherte dem Mann nicht den Tod. Das Schwert des Carnifex zertrümmerte die Schulter des Mannes. Von da an folgten noch mehrere 'Lege Age!'s des Magistraten, der fast schon dämonisch lachte und sich amüsierte. Jedes einzelne und noch folgende 'Lege age!' sprach Lentidia stumm mit. Ihre Augen waren weit geöffnet und verfolgten immer wieder die Flugbahn der Klinge. Nach jedem Treffer fuhr ihre rechte Hand immer zügiger ihren Bauch entlang bis hin zu ihrem Dekollté, auf welchem sie ruhen bleib, ihr war heiß geworden, das Blut in ihren Adern pulsierte, ja sie fing schon fast an zu schwitzen, sie bekam Hitzewellen. Das was sie sah, hätte ihr als vornehme junge Frau ihres Standes nicht gefallen dürfen, jedenfalls nicht auf diese Weise. Aber es gefiel ihr.. erschreckender Weise. Ihre Blicke wanderten bei jedem 'Lege Age!' zwschen dem Magistraten und dem Opfer hin und her. Ihr gefiel der Mann, von dem sie nicht wusste, dass es sich um Lucias Bruder hielt. Er strahlte nicht nur durch sein Äußeres, welches nicht mehr als gewöhnlich war, sondern vor allem durch seinen Wahnsinn und seine Macht eine ungeheure Attraktivität für Lentidia aus, was sie in ihrer fast schon ekstatischen Stimmung noch rasender machte. Als der Verbrecher nun endlich seinen Kopf verlor lachte sie und klatschte ebenso wie ein Großteil der Menge Beifall, welche nun noch angeheizter war, als nach der ersten Hinrichtung. Hinrichtung.. nein, nach dem Tod des zweiten Mannes konnte man wahrlich nicht mehr von einer Hinrichtung sprechen. Es war eine Massakrierung sondergleichen. In einer riesigen Blutlache lag der fast schon zerstreute und zermatschte Körper sowie der zertrümmerte Kopf des Mannes, welchen der Tiberier Duccianus getauft hatte.


    Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, fasste die Aurelia den Entschluss, sich den Tiberier von Nahem anzusehen. Er würde sicher nicht sofort das Feld räumen und noch mit dem ein oder anderen Honoratioren ein Wort wechseln müssen, währenddessen sie sich der Vollzugsstätte allmählich nähern konnte - immerhin dauerte es, bis sich der Großteil der Menge zerstreute. Außerdem würde sie sich das Blut, die Verbrecher und den Carnifex aus unmittelbarer Nähe anschauen können, der gerade 'sauber machte'. Sie wies ihre Sklaven an, sie immer noch relativ am Rand des Geschehens nach vorne zu führen, was aufgrund der Menschenmenge wie schon gesagt kein leichtes Unterfangen war. Nach einigen Augenblicke stand sie schließlich ziemlich in der Nähe des Tiberiers, sodass sie ihn sowohl sehen als auch hören konnte, allerdings trennte sie immer noch die Wand der Urbanen, die immer noch den Ort des Geschehens absicherten. Sie wartete, denn gegen die Urbanen würde sie eh nichts tun können. Wenn sich die Menschenmenge noch weiter auflöste, würden sich die Reihen der Soldaten ebenfalls allmählich auflösen. Momentan konnte sie nichts weiter tun, als sich zu strecken und nach dem besagten Mann Ausschau zu halten, vielleicht sogar Blickkontakt zu suchen. Dass ihre Freundin Lucia ganz in der Nähe in Ohnmacht gefallen war und immer noch dort war, konnte sie nicht sehen, wurde sie doch von einigen Soldaten verdeckt.

  • [Blockierte Grafik: http://oi61.tinypic.com/11tyjd5.jpg]
    Spurius Cluvius Sulca


    Bereits die anklagenden Worte des Tiberiers hatten den Lärmpegel auf dem Forum deutlich zu senken vermocht. Der eben noch röhrende Pöbel verfiel in erwartungsvolles Gemurmel, die frugalen Wurfgeschosse wurden weniger, die keuchenden Tirones konnten kräftig durchatmen und die Reihen neu ausrichten. Unter den Schildreihen streckten sich dürre Hände nach dem herumliegenden Gemüse aus. Die ärmeren Schichten in der geifernden Menge hatten offensichtlich schon kapiert, dass es in Zeiten wie diesen weit sinnvoller war, das Gemüse zu essen anstatt damit rum zu schmeißen. Frisches Gemüse würde bald zur begehrten Mangelware werden. Die Tore waren dicht, der Handel unterbrochen. Ein knurrender Magen verlangte eben mehr Aufmerksamkeit als ein kochendes Hirn. Sulca zertrat trotzdem ein paar der knochigen Hände. Das war hier keine Armenspeisung sondern eine Hinrichtung. Und was für eine. Kaum war die mit wohldosiertem Pathos gewürzte Rede des Magistrats verhallt, machte sich der Carnifex über den noch verbliebenen Delinquenten her, und begann der faszinierten Menge eine ebenso unerhörte wie entzückende Sauerei zu präsentieren.


    „Hoppla.“ entfuhr es Sulca vergnügt, als der erste Schwerthieb statt des Halses den Arm des Verurteilten durchschlug. Fein! Der Carnifex spielte den Dilletanten, nicht ganz überzeugend, wie Sulca fand, dafür aber mit vollendeter Hingabe. Der Mann wollte eben auch auf seine Kosten kommen. Verständlich. Ein kurzer Blick auf den strahlenden Tiberius ließ unschwer erkennen, dass nun auch der Impresario dieses perfekt inszenierten Spektakels seinen verdienten Lohn empfing. Angestachelt von den süffisanten Bemerkungen des Magistrats lief der Henker allmählich zur Hochform auf, hackte und hämmerte auf den zuckenden Fleischklumpen ein bis dessen Schädel anmutete wie zerkochter Kürbis in Rotweinsoße. Die Ansicht des erstarrten Todesblickes wurde Sulca so zwar verwehrt, denn die Augen des stolzen Mörders waren längst aus den Höhlen geplatzt, aber alles in allem wog das Gemetzel dieses kleine Defizit mehr als auf. Schließlich wurde der zerhauene Schädel dann doch noch vom nicht minder zerhauenen Rumpf getrennt. Sulca reckte den Hals. Nein, da gab es nichts mehr zu bestaunen, nicht einmal das Gesicht war noch zweifelsfrei zu lokalisieren. Gelöst und dankbar schob sich der Cluvier zwei Finger in den Mund und schickte ein paar anerkennende Pfiffe zu Magistrat und Carnifex hinüber. Natürlich war letzterer eine verfluchte Drecksau ohne Berufsethos, aber an den virtuos geführten Fäden des Tiberius hatte das Stück Mist doch eine bewegende Vorstellung abgeliefert. Trotzdem würde Sulca dem Henker die Daumen abschneiden, wenn er ihm einmal in einer finsteren Gasse über den Weg lief. Er selbst konnte sich ja auch nicht immer so hemmungslos ausleben wie ihm zumute war. Professionalität verpflichtet.


    „Tja, Tiro Deciums.“ grinste Sulca zufrieden den noch immer neben ihm stehenden Rekruten an. „Verstärkung wird wohl keine mehr benötigt. Die nächsten, die hier aus der Reihe tanzen, lassen wir den Richtplatz säubern. Das kann viel unterhaltsamer sein als ihnen die Knochen zu brechen.“

  • Erneut ungläubig beobachtend, was sich vor seinen Augen gerade abspielte, registrierte Avianus kaum, wie seine Leute sich noch immer abmühten, die Zuschauer unter Kontrolle zu halten. Wie auch, wenn vor seinen Augen gerade ein Duccianus nach allen Regeln der Kunst zerlegt wurde. Und die Sache mit den Namen war ganz bestimmt der einzige Zufall. Na klar. Er konnte nicht anders, als angesäuert das Gesicht zu verziehen. Die Senatoren waren beschäftigt damit sich gegenseitig die sprichwörtlichen Köpfe einzuschlagen, anstatt sich um einen Nachfolger für den Thron zu kümmern, und die Urbaner durften den ganzen Mist aufräumen, der unterdessen produziert wurde, während sich der Tiberius dabei auch noch amüsierte. Denn was war unterhaltsamer als ein zerrütteter Senat und ein vakanter Thron...
    Ein weiteres Mal verfehlte das Schwert den Hals und erneut, traf alles, nur nicht die Stelle, wo es hin sollte. Ob die Tiberia wieder zu sich kam? Ein flüchtiger Blick wanderte zur Schwester des Magistrats. Besser nicht, denn was sie sehen und hören würde, war noch um einiges übler, als der Anblick des halb durchtrennten Halses des Vettianus und was auch immer ihr Bruder währenddessen von sich gegeben hatte. Vermutlich wäre sie noch im selben Moment, in dem sie wieder zu sich kam, bereits wieder in Ohnmacht gefallen, wenn das schmerzerfüllte Schreien zu ihr durchdrang, oder spätestens dann, wenn sie den Ursprung des nur so spritzenden Rots ausmachte.
    Zumindest war es dann endlich vorbei, als der vermeintlich blinde und motorisch äußerst unbegabte Carnifex es entgegen aller Erwartungen schaffte vom Körper zu trennen, was in der Vergangenheit vermutlich einmal einen Kopf dargestellt hatte.
    Seine Leute würde er vorerst dennoch stehen lassen, zumindest bis der Carnifex seine Sauerei aufgeräumt hatte und Bewusstlosen beiseite geschafft waren, und bis dahin hatte sich die aufgeheizte Menge vielleicht ebenfalls wieder ein Stück weit beruhigt. Diese kurze Zeit wollte er nutzen, um zum Tiberius zu treten.
    "Wir sehen uns dann wohl auf dem Marsfeld wieder?", sprach er den Magistrat an. Kurzer Smalltalk war allerdings nicht gerade, worauf er aus war. Der Tiberius ging eindeutig zu weit. Avianus' Mitleid dem Verbrecher gegenüber hielt sich in Grenzen, doch wo würde Rom enden, wenn jeder sich das Recht nahm zu tun, was auch immer ihm gefiel. Definitiv wollte er sich nicht mit dem Patrizier, Senator und Magistrat anlegen, der schlussendlich wohl am längeren Hebel saß. Einfach so stehen lassen konnte er das geschehene jedoch ebenfalls nicht, hatte er das Gefühl.
    "Falsche Namen also, Magsitrat Tiberius? Wäre es nicht derart offensichtlich, dass das alles vollkommene Absicht war, würde ich fast schon fragen, ob ich die Wahrheit etwa für mich behalten soll …", kommentierte er wenig begeistert, "Und wenn Konflikte im Senat von jetzt an auf diese Art und Weise geregelt werden, können wir uns sicherlich auf eine rosige Zukunft freuen."

  • Ferox machte den größten Fehler am heutigen Tage.


    Obwohl ihm schon die Hinrichtung des ersten Deliquenten heftig zugesetzt hatte, drehte er sich noch einmal nach dem Richtplatz um, wobei er so tat, als schaute er nach seinem Centurio, ehe sein Blick scheinbar beiläufig zum eigentlichen Geschehen huschte. Was er dann sah, fühlte sich an wie ein Faustschlag in die Magengrube.


    Da war ein roter, zerhackter Klumpen, der einmal ein Kopf gewesen war, die hintere Hälfte des Gehirns hing schlaff heraus, leuchtete hellrosa in dem dunklen Blut. Und das Schlimmste daran war, dass der Deliquent sich noch bewegte. Sein Körper zuckte unkontrolliert und er stieß Laute aus, die nicht mehr menschlich waren.


    Ferox` Körper folgte der Drehung seines Halses, er stürzte verleiert in Richtung der weißen Bodenkacheln, die in der Wintersonne leuchteten, als fiele er in einen See aus Licht. Die Fugen wurden zu einem schwarzen Gitter, welches ihn vom Lichtermeer aussperrte, auf das er zuraste. Der zerhackte Schädel, auf den er starrte, wurde zu einem roten Fleck, der übermächtig anwuchs, während Ferox fiel, eine pulsierende rote Sonne, die ihr Rot in das Weiß ergoss und Ferox angrinste, der hart auf das dunkle Gitter prallte.


    Verdreht lag er da auf dem Platz und rührte sich nicht mehr.

  • Gerade hatte Frugi wieder Mut gefasst und er sowie Ferox brüllten die Zuschauer an, als er ein Stück weiter weg Sulca hörte. Ein Blick zu diesem rüber wäre fast sein schaden gewesen, denn in dem Augenblick rempelte ihn jemand an. Im letzten Moment fand er noch festen Stand.
    Die Stimmung wurde immer aufgepeitschter. Die Meinungen klafften weit auseinander und mittendrin er, ein noch ziemlich frischer Tiro. Frugi versuchte möglichst alles im Blick zu halten, doch sein größtes Problem war die drückende schiebend Menge. Er fragte sich wie lange er noch Stand halten konnte, denn der kräftigste war er nun wirklich nicht.
    Er wünschte sich es würde Verstärkung kommen. Aus dem Augenwinkel sah er wie Ferox zu Boden ging. Hatte den wer gestoßen? Er musste ihm helfen oder sollte er Sulca rufen?
    Da passierte es, er verlor seinen Halt, wurde nach hinten gestoßen auf ihm landetet sein Scutum. Schon spürte er wie jemand darauf stand. Die Luft ging ihm fast weg. Der Rand des Scutums drückte gegen seine Stirn. Würde er jetzt von der nach vorne schiebenden Menge zertrampelt werden.
    Wie ein Irrer versuchte er das Scutum hoch zu drücken.

  • [Blockierte Grafik: http://oi61.tinypic.com/11tyjd5.jpg]
    Spurius Cluvius Sulca


    Die denkwürdige Darbietung des Carnifex hatte bei der Menge zu unterschiedlichen Reaktionen geführt. Während die einen von jeglicher Protestattitüde kuriert nur noch damit beschäftigt waren, sich den Mageninhalt nicht über das eigene Schuhwerk zu erbrechen, strebten die anderen nun erst recht dem total versauten Richtplatz zu, ob nun aus Begeisterung oder Empörung war nicht klar ersichtlich, aber die Motive der vordrängenden Plebs waren dem Cluvius auch völlig egal. Er starrte nur ungläubig auf die linke Flanke und hätte vor Zorn über das, was er da sehen musste, am liebsten seine Gedärme ausgekotzt. Kaum war einer der sogenannten Rekruten plötzlich zusammengesackt, lag schon der nächste wie ein zappelnder Maikäfer unter seinem Scutum, und drohte von stolpernden Cives erdrückt zu werden. Oh Virtus! Oh Victoria! In welcher Weltgegend wurden bloß solche Materialfehler gezeugt? Schnaubend drosch er ein paar mal mit der Hasta auf den unverschämten Pöbel ein und stapfte dann brüllend auf die größer werdende Urbanerlücke zu. „Tirones! Surgite! Aciem dirigite!“ Ach ja, richtig, das war bei diesen Anfängern vergebliche Liebesmüh. „Hoch mit euch! Richtet die Linien aus!“ Es half nichts.


    Dank allen Göttern standen auf dem rechten Flügel noch ein paar Altgediente in Stellung, auch allesamt sture Arschlöcher, aber wenigstens in der Wolle gefärbte Urbaner. „He! Laevinus! Vargula! Wir brauchen hier ein paar Erwachsene!“ Mit steinernen Mienen setzten sich die Milites in Bewegung. Sulca nickte kurz befriedigt und wandte sich ausgesprochen unbefriedigt an den schweigend abseits stehenden Deciumus. „Von dir hätt’ ich auch mehr erwartet, Söhnchen! Aber was soll’ s ..“ Wozu sich aufregen? Hatte er wirklich etwas anderes erwartet? Eigentlich schon. Grummelnd riss Sulca den Schild hoch und warf sich gegen die vorquellenden Leiber. Mit ein paar herzhaft geführten Hieben und Stichen fegte er schreiendes Pack vom Scutum des flachliegenden Tiros. „So! Und jetzt auf die Beine mit dir!“ Dann waren endlich Laevinus und Vargula zur Stelle. „Jetzt passt mal gut auf, ihr Kaulquappen!“ blökte Sulca den Tirones über die Schulter zu, während er mit den beiden Milites zu einem engen Schildwall zusammenrückte. „So geht das!“



    Die Soldaten traten geschlossen vor, rammten die Scuta gegen Brustbeine und Kieferknochen und legten die Hastae an. „Block!“ brüllte Sulca belehrend „Und Stoß!“ Die umgedrehten Lanzen zischten nach vorn, fraßen sich dumpf in Rippen und Bäuche. „Block!“ Wieder knallten die Scuta in die Menge. Zwei Schritte nach vorn. Weg mit dem Pack. „Und Stoß!“ Unter den gefräßigen Zungen der schweren Lanzenschuhe begann sich die vergnügungssüchtige Saubande jaulend zurückzuziehen. „Block!“ Und weil's so schön war, noch einmal mit Gefühl. „Stoß!


    Das sollte reichen. In der Menge klaffte nun ein Loch von der Tiefe einer guten Pertica. Zeit, sich wieder zurückzuziehen und die Reihen zu schließen. Laevinus und Vargula sicherten die Linie ab, Sulca trat schäumend auf den am Boden verbliebenden Rekruten zu. War das nicht der selbe, der erst vor kurzem schon mal umgekippt war? Für ihn sahen diese Milchgesichter alle gleich aus. „He, du Lurch!“ krähte er angewidert auf den besinnungslosen Tiro hinunter. „Schwache Nerven oder Schwache Beine? Wohl zuviel an deinem Strunk rumgezupft. Hoch mit dir!“

  • Ferox blieb liegen und rührte sich nicht. Er befand sich in einer gnädigen Ohnmacht und ohne wahlweise einen Eimer Wasser oder ein paar saftige Ohrfeigen würde man ihn auf dem Karren, auf dem hinzu die Gefangenen gewesen waren, zurück in die Castra bugsieren müssen.


    Immerhin war bisher niemand auf dem Bewusstlosen herumgetrampelt und dank des Helmes hatte er vom Sturz nicht mal eine Beule, nur aufgeschürfte Knie und Ellebogen.

  • Im nachhinein konnte Frugi nicht sagen wie er es geschafft hatte unter seinem Scutum hervor zu kommen. Er wäre lieber liegen geblieben, denn was er gerade geboten hatte war eines Urbaners nicht würdig. Sein nächstes Ziel sollte unbedingt sein stärker, kräftiger zu werden. Bestimmt würde diese Sulca ihn noch manches Mal hänseln. Aber immerhin, er hatte ihn rausgeholt.
    Als der Octavier einigermaßen sicher stand beobachtete er das Vorgehen der alt gedienten. Irgendwann sind wir auch so weit, schoss ihm zähneknirschend durch den Kopf. Dann endlich, eine Lücke und da lag Ferox. Was beim Henker war mit ihm?
    Der stand ja gar nicht mehr auf. Was soll‘s dachte Frugi, ich bekomm die Meute eh nicht gehalten, kümmern ich mich lieber um den Kameraden, dann können die anderen sich weiter um den Schreier kümmern.
    Widererwarten war er dann doch schnell bei Ferox, der nicht auf Sulca‘s Gemecker reagierte. Frugi kniete sich neben ihm. rüttelte ihn, nichts passierte. Er überlegte sich vielleicht sollte ich bevor dieser hier noch niedergetrampelt wurde, dafür sorgen, dass er hier wegkam.
    Zuerst versuchte er es aber noch etwas anderes nachdem das schütteln nichts half. „Tut mir ja leid aber das musste sein Kamerad“, meinte er nachdem er ihn leicht an seiner Schulter anhob und ein paar wirkungslose Ohrfeigen verpasst hatte. Noch einmal gab er ihm links und rechts eine, „Ferox, ..Mensch Ferox komm wieder zu dir…was ist denn nur los mit dir?“ Soweit Frugi sehen konnte hatte der am Boden liegende keine Verletzung, also nicht, dass ihn ein Stein am Kopf getroffen hatte oder so.
    Hier liegen bleiben kann er auch nicht sinnierte er nochmals, richtete sich auf und sah schräg vor sich einen kräftigen Burschen, der nicht wie die anderen rum lärmte, sondern ruhig das Ganze beobachtete. „He du da, komm mal zu mir und hilf mir.“
    Leicht sprachlos über die Wirkung seiner Worte, stellte Frugi fest, der kam wirklich. „Pass auf, wir bringen den jetzt da drüben zu dem Karren.“ Der Bursche nickte und meinet: “Komm hilf mir den auf meinen Rücken zu wuchten und dann geh vor“. Der Octavier richtete Ferox in Sitzposition auf, der Bursche hockte ich über dessen Beine und Frugi half ihm, dass er Ferox Arme zu fassen bekam. Schon stand er da mit seiner Last auf dem Rücken und sie gingen zum Gefangenenkarren. Am Karren angekommen, kletterte Frugi hoch und versuchte seinen Kameraden hochzuziehen, was ihm nach einiger Mühe dann auch gelang. Bevor er sich noch bedanken konnte war der Helfer verschwunden. Selber ging er zurück in die Linie seiner Kameraden, denn Ferox konnte er jetzt nicht weiter helfen.

  • Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus


    Den Rummel sichtlich genießend, konnte er sich noch gar nicht seiner Sänfte nähern, die ihn weit weg von diesem Blutbad tragen würde, welches er hier verursacht hatte. Ja, wahrscheinlich war ein bisschen Händeschütteln noch angebracht und natürlich mussten die Urbaner auch noch hochgelobt werden für ihre Leistung. Da traf es sich ganz gut, dass der Iunier sogleich an ihn herantrat. Aus irgendeinem Grund schien dieser nicht halb so amüsiert zu sein, wie der Tiberier, doch davon ließ sich Lepidus die Laune nicht verderben. "Selbstverständlich, guter Iunius, ich freue mich schon darauf unsere Kooperation auf dem Marsfeld fortsetzen zu können. Du und deine Männer haben ausgezeichnete Arbeit geleistet." Auf den Kommentar zum Senat ging er dagegen alles andere als so ein, wie sich der Centurio das vielleicht vorgestellt hatte. "Ach, ihr Stadtwachen scheint sehr viel Fantasie zu haben. Ich bewundere ja so viel Vorstellungskraft. Aber reden wir doch lieber über das hier und jetzt: Schick doch am besten eine Tabula mit all den Namen der am Einsatz beteiligten Stadtwachen in mein Officium. Eure Taten sollen vor dem Praefectus Urbi nicht unerwähnt bleiben und der ein oder andere von euch steht ja vielleicht an der Schwelle zu einer netten Beförderung." Das war eine deutliche Sprache, die jemand mit keinem allzu stark ausgeprägten Gewissen sicher gut verstehen konnte. Derweil blickte sich Lepidus um und konnte seine Schwester erst nicht so richtig sehen. War sie verdeckt von ihren Leibwachen oder gar nicht mehr auf ihren Füßen?

  • Das Kompliment des Tiberiers ließ er unkommentiert. Klar hatten sie ihre Arbeit gut gemacht. Eine Handvoll Soldaten hatte eine ganze Meute davon abgehalten, die Verurteilten niederzutrampeln. Zwei Soldaten, rief Avianus sich erneut ins Gedächtnis. Zwei verdammte Soldaten hatte der Tiberier für nötig gehalten. Wäre bestimmt witzig gewesen, den Magistrat unter den Füßen der tobenden Menge hervorzuzerren, und einen Carnifex hätten sie ebenfalls nicht gebraucht. Dessen Aufgabe hätten vermutlich die Zuschauer übernommen. Ein bitteres Lächeln konnte der Iunier bei den Gedanken dann doch nicht mehr zurückhalten, selbst wenn sein Gegenüber den Grund dafür nicht kannte.
    "Mal sehen ...", antwortete er schließlich, noch immer nicht sonderlich angetan von dem Gedanken, sich bei der erstbesten Möglichkeit bestechen zu lassen ohne zu wissen, was der Tiberius in Zukunft noch vorhatte - ob er etwa nur etwas Staub aufwirbeln wollte, oder den Consules den Kampf ansagen. Vorerst hieß es also: Beobachten. Und eventuell ein paar Worte mit der Schwester des Magistrats wechseln. Vielleicht wusste die ja mehr.
    "Mist, verdammter ...", murmelte er dann, als sein Blick auf den neuesten Germanicus fiel, der sich von einem Kameraden über den Platz tragen ließ.
    "Bestimmt können wir diese Unterredung ein anderes Mal fortsetzen, Magistrat. Ich sehe besser nach meinen Leuten", stellte er fest und verabschiedete sich mit einem schlichten "Vale".
    Was war heute eigentlich los, dass um ihn herum alle aus den Latschen kippten, um Bekanntschaft, mit den Pflastersteinen zu machen? Zumindest seine Tirones musste er wohl öfter zu solchen Veranstaltungen mitschleppen. So unappetitlich der Anblick auch sein mochte, er konnte es nicht gebrauchen, dass irgendwann mal bei einem Einsatz einer umkippte, nur weil irgendwem der Schädel eingeschlagen wurde. Seufzend marschierte er zu seinen Soldaten, um sich ein Bild davon zu machen, wer noch wie gut auf seinen Beinen stand. Und was wollten die Leute eigentlich noch hier?
    "Na los! Macht Platz! Die Vorstellung ist vorbei!", machte er sich lautstark bemerkbar, um die letzten verbliebenen Störenfriede möglichst schonend dazu zu bewegen, sich wieder auf die Socken zu machen, und natürlich ging es ansonsten auch anders. Immerhin musste nachher noch ein Karren durch. "Wie sieht's aus? Alle noch an einem Stück ...?", fragte er seine Männer - ... vom Germanicus mal abgesehen, fügte er in Gedanken hinzu. "Wir brauchen etwas mehr Platz für den Karren."

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!