Curio nickte nur noch auf die Aussagen seines Patrons und kam kurz ins Wanken, als der fest Schlag auf die Schulter kam. Heute war nerven- und geduldsmäßig wirklich nicht sein bester Tag und daher war er froh, dass er hier nicht noch irgendwas organisieren musste, und als die beiden Duccier sich zu den Gästen begaben, blieb Curio mit Acanthos und Tullus stehen. Er brauchte jetzt dringend ein paar Minuten Ruhe und Abstand von allem, damit er wieder in angemessener Art und Weise zu den Gästen gehen konnte. Tief durchatmend blickte er sich um und traf dann eine Erscheinung.
Kommt mit.
sagte er kurz angebunden und führte die beiden dann abseits der Feierlichkeiten an den Wasserfall des duccischen Wildgartens, wo sie niemand der Gäste sehen konnte, es sei denn man würde extra nach ihnen suchen. Erneut atmete er tief durch, schloss dabei die Augen und erkannte erst jetzt, dass seine Hand leicht zitterte.
Acanthos, hilf mir doch bitte aus der Toga, ich hab das Gefühl zu ersticken.
Sprachs und wurde aus dem unpraktischen Kleidungsstück herausgeschält, sodass er nun mit seiner Tunika etwas freier wirkte. Weiter atmend und auf das Rauschen des Wasser hörend kam nun auch wieder seine Hand zur Ruhe
Das wird schon alles, Curio. Mach dir mal keine Sorgen. Als ob sich der Statthalter hier wirklich einmischen wollen würde.
setzte Tullus erneut an, um seinen Freund zu beruhigen. Einige Augenblicke schien es als würde es gar nicht bei dem jungen Helvetier ankommen, irgendwann drehte er sich aber resigniert um.
Er hat es grade eben getan, Tullus. Was auch immer ihn dazu gebracht hat, er hat es grade eben getan.
Zweifelte er an den Göttern? Nein, ganz sicher nicht. Er wusste aber auch, dass sich nicht alle Götter grün waren und manche Götter sich einen Spaß daraus machten, den Menschen - und damit auch deren wohlgesonnenen Göttern - Hindernisse in den Weg zu legen. War es nicht Iuno, die Herkules töten wollte, weil er ein Lieblingskind ihres Mannes und obendrein von einer anderen Frau war? War es nicht Minerva, die vor den trojanischen Mauern Laokoon und seine Söhne ins Elysium schickte, weil sie nicht wollte, dass die Trojaner, deren Sohn Paris sich gegen sie entschieden hatte, den Betrug des Pferdes erkannten? Die Geschichte war voll von solchen Beispielen. Daher zweifelte er nicht etwa an Venus, die ja morgen auch noch ein Opfer erwartete, sofern die Hochzeit tatsächlich stattfinden würde, er fürchtete, dass eine andere Göttin der Venus eins auswischen wollte und sich dafür - traurig, aber vielleicht wahr - ihr aktuelles Vorzeigepärchen ausgesucht hatte.
Mit einigen wenigen Schritten trat er an Wasser, formte mit Händen eine kleine Schale und warf sich etwas Flusswasser ins Gesicht. Es war angenehm kühl, nicht zu kalt, schließlich war es auch ein warmer Tag, aber auch nicht zu warm. Es befreite ihn, entspannte ihn ein wenig, konnte aber nicht die Sorgen wegwaschen, die der theaterreife Auftritt des Legionsreiters hervorgerufen hatte. Immer noch stellte er sich die Frage, was sich in dieser einen Stunde wohl ändern sollte? Brauchte er solange, um sich aus dem Bett zu hieven und hier einen alternativen Bräutigam vorzustellen, der dann ja gleich heiraten konnte? Musste er noch einen Hinderungsgrund suchen oder ausdenken, um die Hochzeit endgültig zu stoppen und Silvana für jemand anders warm zu halten? Er hatte, verdammt nochmal, alle Zeit der Welt, sich irgendwas auszudenken, warum grade heute, warum grade jetzt?
Seine beiden Begleiter blickten ihn besorgt an. Passieren konnte eigentlich nicht. Stattdessen mussten sie einfach die eine Stunde herumkriegen und warten, was sich jetzt ergab und ob sich überhaupt irgendwas ergab. Eigentlich musste der Statthalter ja nur bis zur Abenddämmerung warten, denn danach konnten ohnehin keine ordentlichen Zeremonien mehr durchgeführt werden und die Hochzeit wäre mindestens um eine Woche aufgeschoben, wenn nicht sogar für immer...
Es dauerte einen Augenblick, bis Curio wieder zu sich kam und den Blicktkontakt zu seinen Begleitern suchte.
So, dann gehen wir wohl mal wieder zu den Gästen, nicht wahr?
Das Lächeln Curio war dermaßen belegt, dass klar wurde, wie er sich fühlte. Dafür war aber jetzt kein Platz. Während sich Silvana ihren Tränen hingab, stieg in ihm wieder Anstand und Haltung hoch und Acanthos begann, ihm die Toga wieder anzulegen.