[Officium] Tribunus Aulus Iunius Avianus

  • Avianus konnte gerade ein wenig Zeit entbehren und ließ den jungen Patrizier und Vigintivir umgehend in sein Officium vor. Der zögerte auch nicht, sein Anliegen vorzubringen, was dem Iunius nur recht sein konnte. Dass der Miles, der ihn herbegleitet hatte, ebenfalls bei der Besprechung dabei sein wollte, war allerdings nicht ganz geplant. Der hatte damit ja nichts zu tun und noch weniger mitzureden. Dazulernen könnte während einer solchen Reise jeder Soldat. Viel wichtiger war, dass die Milites korrekt ihre Arbeit leisteten.
    "Miles, warte vor der Tür. Abi", befahl er deshalb knapp, bevor er sich dem Flavius zuwandte und kurzerhand fragte: "Ich werde selbstverständlich gerne Männer für eine Eskorte entbehren. An wie viele Männer hättest du gedacht?" Das hing sicherlich auch davon ab, wie groß die Vorräte waren, die es zu transportieren galt. Und im Kopf rechnete er auch schon einmal durch. Populonia war mehr als eine Woche entfernt, machten also, großzügig geschätzt, gute drei Wochen, während derer Rom auf die Leute verzichten musste, die den Flavius begleiteten.

  • Zwar überraschte es den jungen Flavius, als der Tiro, welcher augenscheinlich ihn ins Herz hatte geschlossen, seinerseits das Wort ergriff, doch schenkte er selbigem doch einen wohlwollenden Blick, nachdem der Tribun ihn hinauskomplementierte.
    Indessen verblieb der Jüngling nun allein gegenüber dem Offizier, welcher seine Kompetenz bei Weitem überästimierte, da er ja bereits kaum zu ermessen war imstande, welche Eskorte einer Spaziergang durch das herbstliche Roma mochte adäquat erscheinen, zu schweigen von den Präkonditionen einer solchen für die Reise in ein italisches Landstädtchen.
    "Nun"
    , hob er an und blickte fragend zu Patrokolos, welcher ihm einen seinem Herrn ob der Fehlsicht ohnehin unerkenntlichen, nicht minder ratlosen Blick zurückwarf und unmerklich mit den Schultern zuckte, und wieder zurück zu dem Iunius.
    "Ich vermute, die gebräuchliche Zahl für das Geleit eines Transportes edler Metalle."

  • Der Miles, der die beiden Rückkehrer zu ihm geführt hatte, hatte dem Tribunus die Angelegenheit knapp, so wie sie der Flavius geschildert hatte, erklärt, und Avianus legte seine restlichen Arbeiten augenblicklich beiseite. Das durfte doch nicht war sein. Nicht einmal zu einer einfachen Eskorte waren seine Leute in der Lage. Entführte, verprügelte Procuratores und Publicani, die in diesem Augenblick hier in der Castra ins Lazarett geführt wurden ... das klang so absurd, dass er es von dem Tresvir persönlich hören wollte. Unverzüglich.
    "Eintreten lassen", murmelte er knapp, und hatte vorerst keine Ahnung, wie er die Situation handhaben sollte. Wenn alles, was ihm gesagt worden war, der Wahrheit entsprach, ging es hier selbstverständlich um ein schweres Verbrechen, begangen von seinen eigenen Leuten, oder zumindest einem davon. Und wenn es nur einer gewesen war, der Rest von ihnen hatte nicht reagiert. Das hier war schlecht. So schlecht wie es nur sein konnte. Unruhig kaute er auf der Unterlippe, bis sich die Tür wieder öffnete.

  • Direkt von der Porta Principalis kommend ließ Manius Minor sich zu jenem wohlvertrauten Officium führen, welches er wenige Tage zuvor bereits hatte aufgesucht, um seine Eskorte zu bestellen. Wie zuvor war er in Begleitung jenes Miles, welchen er damalig für kurios, nun jedoch für furios erachtete, gegen den er damalig vorwitziges Wohlwollen, nun jedoch desillusionierte Abscheu verspürte. Peticus mochte ihm gedroht haben, doch abseits des Faktums, dass er den Mann kaum für kapabel erachtete, die Phalanx an Sicherheitsvorkehrungen zu durchdringen, welche die Flavii aufzubieten imstande waren, war in ihm auf dem Weg hierher die Gewissheit erwachsen, dass es ohnehin eines Epikureers unwürdig war, den Tod zu fürchten. Nichts würde ihn somit zurückhalten, seiner (selbstredend überaus unepikurischen) Ungnade an höchster Stelle Ausdruck zu verleihen.


    Als er eintrat, erkannte er den Schemen, als der sich der Iunius ob seiner Fehlsicht präsentierte und erinnerte sich sogar des Namens, obschon er selbigen nur ein einziges Mal hatte vernommen.
    "Salve, Iunius. Wie du siehst, bin ich von meiner Expedition zurückgekehrt."
    Er blickte zu dem Germanicus. Selbstredend war ihm unbekannt, was der Miles, welcher sie hierher hatte eskortiert, dem Tribun im Vorfeld zu berichten imstande war gewesen, weshalb er knapp seine Anklage reproduzierte:
    "Deplorablerweise haben deine Männer sich mitnichten zu meiner Zufriedenheit verhalten. Dieser Miles wie seine Kameraden haben sich nicht lediglich der Insubordination schuldig gemacht, sondern darüber hinaus den Procurator der kaiserlichen Minen von Populonia sowie einen der hiesigen Publicani gegen meine ausdrückliche Order tätlich angegriffen und in unwürdiger Weise wie Sklaven hierher verschleppt. Zwar wirft er ihnen Misswirtschaft mit dem kaiserlichen Vermögen vor, doch liegen meines Erachtens weder hinreichende Indizien für eine dergestalte Anschuldigung vor, noch erscheint es mir in irgendeiner Weise adäquat, derart honorige Männer ob jenes vagen Verdachtes derartig zu traktieren."
    Selbstredend würde es Peticus selbst obliegen, seine Defension vor dem Vorgesetzten zu führen, doch fühlte sich der Jüngling doch genötigt, die Position jenes Mannes zumindest knapp zu skizzieren. Immerhin bewies auch eine gewisse Mäßigung im Umgang mit Delinquenten die aristokratische Superiorität, deren Dünkel ihn in jenem Zustand heftiger Erregung sämtlichen Vorsätzen zuwider hatte erfasst.

  • Peticus war am Officium angekommen. er hatte das Ross vorher die die Stallung gebracht und einem Burschen befohlen das Pferd gut abzureiben. Er lies die Beweise von Packpferd nehmen und jeder der Tirones, welche ihn begleitet hatte, musste etwas davon tragen, Peticus nahm seinen Helm ab und betrat mit seiner Abordnung das Officium.
    Ein schneller lauernder Blick traf den Minor, als jener eintraf, da wusste Peticus das jener feige Knabe, versuchte seine Haut zuretten und die seinige zu verkaufen.
    Helm in der eineinen Hand, die andere am Gladíus, stand er stramm und donnerte.
    "Salve Aulus Iunius Avianus,wir melden uns zurück. Der Hinweg war zwar beschwerlich jedoch ohne Vorkommnisse.Leider habe ich Beschwerden und Anklagen vorzubringen.Höre nun meinen Bericht, kaum dort angekommen, wir wollten gerade beginnen mit der Inspektion, brach auf Grund der Misswirtschaft der Verwalter, eine Sklavenrevolte aus. einer der Elenden wollte den Minor angehen und dann fliehen, dies habe ich durch meine Kampfkunst verhinder und den Bastard getötet. darauf hin erhoben beide Verwalter ein Mordgeschrei und wollten ihre restlichen Sklaven und Wächter auf mich hetzen. Nur dadurch da ich den Tirones befahl sie in Schach zu halten wurde schlimmeres verhindert. Einen der Tirones schickte ich nun in die Häuser der beiden, da mir ei schlimmer fürchterlicher Verdach aufkam, erstens hatte man etwa die Miene absichtlich zum Einsturz gebrach um Misswirtschaft, Sabotage und Diebstahl am Eigentum des Kaisers zu verschleiern? dazu kam da der Minor auf Grund seines Drogenkonsums nicht in der Lage war seinen Aufgaben nachzukommen. ergo oblag es mir, da ich wie er einem der ersten Häuser Roms entstamme ,diese Aufgabe zu übernehmen, obwohl selbst kein Offizier, sondern nur Miles, war es mir durch Geburt und Stand erlaub was deren Kameraden nicht erlaubt war. nun Verehrter Iunius wir fanden die die Beweise, Rechnungen für minderwertiges Holz, anstatt das was für Minen vorgesehen. Vor allen aber fanden wir bei den beiden, Truhen voller Gold-Asse. Man zeigte mir diese, ich kombinierte und liess die beiden an Ort und stelle festnehmen. erst als beide mich auf das unflätigste beleidigten, bekamen sie sie Härte des Gesetzes zu spüren, sie sollten sich bereits daran gewöhnen wie es nun immer in ihren Leben sein würde. Denn niemand bestiehlt den Kaiser, schon gar nicht wenn es ein Germanicus verhindern kann. Nun stellte sich auch unser drogensüchtiger Minor gegen mich, da ich aber sah, dass er nicht Herr seiner Sinne war, beließ ich es bei einer Ermahnung. Wir kehren wohlbehalten nach Rom zurück. Hier stehe ich nun mehr mit den Beweisen für die Verbrechen der beiden Hunde."
    Peticus winkte und die Tirones legten dem Iunius, Pergamente mit Holzrechnungen, Beutel voller Gold Asse und Denare vor.
    Peticus war inzwischen an Minor herangetreten und flüsterte ihm zu, "Du bist so etwas von Tod, Knabe!"
    Dann wandte er sich abermals Iunius zu, er lächelte gewinnend,
    "Ich weiß es wird mir eine gewisse Strafe zu gedacht, nun denn. wenn ich selbst einen Vorschlag unterbreiten dürfte, niemand von uns will doch sein Gesicht verlieren, also kurz um, befördert mich und lobt mich weg. Es gibt so schöne Ecken im Imperium, gebt mir aber diesen winselnden drogensüchtigen Knaben mit, denn auch er soll seine Strafe haben, genau wie die diebischen Verwalter."
    Nochmals Straffte sich Peticus und stand stramm vor Iunius.

  • Dem Opium war es zu verdanken, dass die bedrohliche Atmosphäre, welche jene insubordinanten Tirones unter Leitung ihres Erz-Meuterers in seiner unmittelbaren Nähe ihn nicht in einem Maße ängstigten, dass er sein Wort nicht mehr gegen selbige zu erheben wagte. Doch seine Droge begrub seinen gewöhnlich timiden Charakter unter einer wohlig-weichen Decke des Gleichmutes, welcher ihn nahezu amüsiert jene ridikulöse Version der Umstände ihrer Exkursion ließ vernehmen. Dennoch refutierte er jene provokanten Worte mit größter, womöglich gar verdächtig großer Ruhe:
    "Erstlich handelte es sich mitnichten um eine Sklavenrevolte, sondern lediglich den Fluchtversuch eines jener miserablen Gestalten, welche dort ihren Dienst verrichten. Weder wurde ich für meine Person bedroht, noch war eine Tötung des Mannes unumgänglich.
    Des weiteren erscheint es mir überaus dubitabel, dass die beiden böswillig die Miene zum Einsturz brachten und damit ihr eigenes, vermeintlich lukratives Geschäft vernichteten, zumal augenscheinlich sie ihre Beweise noch immer aufbewahrten, nachdem das Unglück bereits Tage zurück lag.
    Zum Dritten erachte ich es jedoch selbst für den Fall, dass die beiden sich einer Missetat schuldig machten, für absolut inadäquat, einen römischen Bürger und Publicanus Augusti sowie einen Procurator Augusti auf jene vagen Indizien hin mit herben Beleidigungen und physischen Attacken zu traktieren, was wiederum zum vierten der singuläre Grund war, warum ich mich genötigt sah das Verhalten jenes Miles zu kritisieren."

    Schweigend betrachtete er die vorgeblichen Beweise, welche die Tirones dem Tribunus zu Füßen legten, die jedoch faktisch nichts anderes waren als eine Summe unschuldigen Geldes, wie ein Publicanus sie durchaus zu besitzen pflegte, sowie eine Rechnung über Hölzer, deren Gebrauch und Eignung keineswegs zwingend aus ihr selbst hervorgingen. Selbst wenn der junge Flavius dem Germanicus an Kenntnis über das Grubenwesen um Meilen unterlegen war, so vermochte er doch ob seiner spärlichen juristischen Kenntnisse zu ermessen, dass dergestalte Indizien kaum geeignet waren, das Wort eines kaiserlichen Beamten sowie eines Publicanus Lügen zu strafen.


    Als Peticus endlich, zweifelsohne verärgert über die Desperation seiner Lage, an ihn herantrat, um ihm eine mörderische Drohung ins Ohr zu hauchen, war dies doch geeignet, selbst die wohlige Opium-Blase um den flavischen Jüngling zur Implosion zu bringen. Erschrocken sprang er einen Schritt von diesem fort und auf den Iunius zu, und deutete klagend auf den Miles.
    "Dieser Mann bedroht mich mit dem Tode! Ich verlange, dass man mich vor ihm defendiere!"
    Er schluckte und gedachte schlagartig seiner Situation.
    "Immerhin bin ich ein Magistrat Roms!"

  • Peticus stand stramm und hörte das Gestammel des Knaben an.
    Schallend fing er an zu lachen, dann fing er sich wieder.
    "Verzeiht Aulus Iunius Avianus, aber das was unser opiatsüchtiger Freund hier stammelt ist Blödsinn, er hat keinerlei Ahnung von militärischer Notwendigkeit.Beginnen wir doch damit, dass der Knabe, sich unterwegs zudröhnte. Das er so im Rausch war, das ein einfacher verlauster Sklave, ihm das Pferd Endreißen konnte. Minor war auf Grund seines Zustandes nicht fähig seine Aufgabe nach zu kommen, ergo kümmerte ich mich und stieß dabei unbeabsichtigt ,auf die Missstände, natürlich könnte man sagen der Jüngling hat sich so zugedröhnt ,weil er von Anfang an, davon wusste, ja sogar involviert war in den Diebstahl ect. Das er was zu verbergen hat, erkennt man schon an seiner Lüge vor Euch, Aulus Iunius Avianus, aus dem ihm zugeflüstert, Gestehe, es erleichtert, mach der Kerl einen Mordaufruf. nun wahrscheinlich hat er in seinen Drogenwahn, genau dies vernommen, man weiß es nicht. Ich empfehle den Bengel in ein Lazarett bringen zu lassen.So wie ich es euch darlegte war es. Bedenkt, auch die beiden Halunken werden Gegenteiliges behaupten, also stehe ich hier allein auf weiter Flur und trotzallen, würde ich morgen genauso handeln!"
    Wieder strafft sich Peticus.

  • "Salve, Tresvir", grüßte Avianus erst den Flavier und wandte sich dann dem Miles zu. "Es heißt Tribunus, Miles", korrigierte er den Mann, der mehrmals nicht die korrekte Anrede nutzte. Sie beide waren schließlich keine alten Bekannten. Außerdem war er nicht schwerhörig. Das Officium war nicht so groß, als dass man von einer Seite zur anderen hätte brüllen müssen. Den Miles ließ er dann erstmal wieder beiseite.
    "Es tut mir leid, dass die dir zugeteilten Männer deine Erwartungen nicht erfüllt haben, Tresvir Flavius. Wer auch immer sich eines Verbrechens schuldig gemacht hat, wird seine Strafe erhalten. Sei unbesorgt."
    Für den Germanicus schien die Sache klar zu sein, dass der aber eine etwas eigenwillige Auffassung von korrektem Verhalten hatte, war nichts Neues. Avianus erinnerte sich noch gut daran, wie der Optio einst so seine Probleme mit dem Soldaten gehabt hatte. Daran schien sich nicht viel geändert zu haben
    "Zuallererst eine Frage, Miles: Wer hat dir das Kommando übertragen?" Niemand, wie der Germanicus die Frage eigentlich bereits beantwortet hatte. Die eigene Abstammung war schließlich kein Vorgesetzter. "Stand und Geburt verleihen dir noch lange keine Befehlsgewalt. Ein Miles, egal welchen Namen er trägt, ist nach wie vor ein Miles. Nicht mehr und nicht weniger", stellte er klar, "Eine militärische Notwendigkeit ist, dass jeder hier seinen Platz kennt. Und deiner ist jener, wo Befehle entgegengenommen werden. Du gibst sie nicht, Miles."
    Er nahm eine Tabula zur Hand und wollte sich das wichtigste notieren. Diesen ganzen, wirren Mist konnte sich ja kein Mensch merken. Obwohl er eigentlich keine große Lust darauf hatte, hier lange herumzudiskutieren, zumal er nach den Details, die er bereits gehört hatte, schon denkbar schlecht gelaunt war. Das musste er glücklicherweise auch gar nicht, denn der Germanicus hatte seine Vergehen zum Teil sogar selbst gestanden. Wie er dastehen würde, vor dem restlichen Stab ... eine Katastrophe. Denn zumindest in einer Sache hatte der Germanicus recht. Niemand hier wollte das Gesicht verlieren.
    "Ob die beiden schuldig sind, ändert nichts an deinem Fehlverhalten. Du schleppst mir einen Procurator, einen Beamten des Kaisers, und einen Publicanus durch halb Italia in die Castra - beide bedürfen angeblich medizinischer Versorgung -, du stellst dich vor mich, als wärst du der Centurio deiner Einheit persönlich und nun fragst du nach einer Beförderung?!", wischte er die sogenannten Beweise vorerst beiseite. Während er sprach, richtete er sich hinter seinem Schreibtisch auf. "Es scheint dir in jeder Hinsicht an Respekt zu mangeln, Germanicus." Und ebenfalls war ihm vollkommen egal ob oder wie sehr sich der Flavier zugedröhnt hatte, denn einerseits machten die Ausführungen des Senatorensohnes weitaus mehr Sinn, zum anderen erkannte der Iunier absolut keinen Grund, weshalb der Flavier sich seine Geschichte aus den Fingern hätte saugen sollen. "Cornicularius! Ich will hier auf der Stelle ein Contubernium Soldaten sehen", befahl er vorsichtshalber, wenn hier sogar schon von Morddrohungen geredet wurde. "Was ist mit dem Rest der Eskorte?"

  • Als Peticus dröhnend zu lachen begann, entfuhr dem jungen Flavius ein quiekender Laut und er sprang noch einen Satz in Richtung des Tribunus, entsetzt und furchtsam zugleich, da eben jenes Gelächter in seiner Erregung ihm weniger als Spott denn als neuerliche Konfirmation jenes Wahnes erschien, welchen er dem Miles bereits seit geraumer Zeit unterstellte. Augenscheinlich wagte er es jedoch nicht, vor den Augen seines Vorgesetzten zur Waffe zu greifen, sondern versuchte aufs Neue durch Worte seine desperate Situation zu retten. Manches erschien dem durchaus noch peripher durch den Morpheus-Trunk betörten Jüngling als subjektive Interpretation des Erlebten, manches entzog sich seinem Verständnis, manches wiederum war augenscheinlich eine intendierte Inversion der Realität.


    Doch fortunablerweise erwies es sich nicht als notwendig, neuerlich Korrekturen zu ersinnen, was ihm in seiner Furcht ohnehin nicht sonderlich viabel erschien, denn wie der Iunius endlich vernehmen ließ, war er keineswegs gewillt die Insubordination seines Untergebenen zu tolerieren, sondern verwies ihn an jenen Platz zurück, welcher einem Miles gregarius zustand. Als final er noch die Wache ins Officium beorderte, löste sich der Knoten aus Furcht und Panik in der feisten Brust Manius Minors und er atmete auf.


    Er blickte zu jenen Tirones, welche Peticus zu seinen Assistenten hatte erkoren und die nun zweifelsohne die Strafe ihres selbsterkorenen Kommandanten würden teilen.

  • Peticus blickte den Tribun spöttisch an,
    " Nun denn Tribun antworte mir, wenn Du es vermagst, da kein Offizier anwesend und der Knabe voller Drogen. habe ich es auf Grund meiner Abstammung, als meine Pflicht angesehen das Kommando zu übernehmen. Wer hätte es auch sonst die Tirones entsprechen nicht der Abstammung um ein Kommando zu übernehmen.Nochmals Tribun, niemand verliert sein Gesicht wenn Du mich weglobst!"Aber ich sehe Deinem Gesicht an, dass Du Tribun dem Jüngling mehr glaubst als mir, obwohl jener immer noch unter Drogen steht!Fürchtest Du seine Senatorenverwandtschaft? Dann sei Dir gesagt Tribun, dass Du die meinige auch fürchten solltest, beide Familien haben denselben Status!"
    Er drehte sich zu dem Jüngling um und blickte ihn kalt und voller Verachtung an.
    "Manius Flavius Gracchus Minor, Du entstammts einen der alten Häuser Roms, ebenso wie ich, wie konntest Du so tief sinken und anstatt Dich Deiner Aufgabe zu stellen, Dich mich Drogen voll zu pumpen. Ich empfinde nur Ekel bei Deinem jämmerlichen Anblick."
    Er drehte sich zu seinen Tirones herum und sprach sie an.
    "Tirones, habe ich euch gut geführt? Wollt ihr dass ich euch weiterführe? Dann stellt euch hinter mich und achtet darauf was hier passiert."
    So wie es Peticus sagte geschah es, die Tirones stellten sich wortlos hinter ihn.
    Er schaute auf die inzwischen eingetretene Wache und den Tribun.
    "Was soll das nun werden, Tribun? Zu einer Arretierung werden wir es nicht kommen lassen. Nochmals, mein Angebot steht Tribun. Von mir aus nehme ich den drogensüchtigen Knaben auch mit.
    Zu etwas anderem, hast die Beweise angesehen, welche wir vorlegten, so viel verdient kein Beamter, ergo haben die Halunken den Kaiser bestohlen!
    Wie gesagt Tribun, es liegt an Dir, die Affäre, friedlich und ohne Gesichtsverlust für alle zu lösen. Was also liegt näher, mich wegzuloben, den Rest hier nehme ich mit versprochen. Wir werden keinen weiteren Ärger machen, Tribun."

    Peticus stand da, die Tirones hinter ihm, er schaute den Tribun , wartend an.

  • Avianus hatte Mühe, an sich zu halten. Früher als Centurio hatte er für kleinere Vergehen, als es der Germanicus sich gerade zu Schulden kommen ließ, bereits die Vitis gezügt, und hätte er nach wie vor den Rebstock in der Hand und wäre er sich nicht zu schade für diesen Unsinn, hätte der Miles sich möglicherweise im Valetudinarium wiedergefunden. Der Iunius knirschte merklich mit den Zähnen. "Keiner von Euch entspricht der Abstammung, um ein Kommando zu übernehmen", knurrte er. Eine Abstammung, die einen dazu befähigte, ein Kommando zu übernehmen, existierte nämlich nicht. Aber er könnte es vermutlich noch dreimal aussprechen, es würde nicht durch den Dickschädel des Germanicus dringen.
    Das hier musste er sich nicht bieten lassen, und in seinem eigenen Officium wollte er so ein Theater erst recht nicht sehen. Welch ein Glück war es also, dass noch während der Germanicus sprach, das verlangte Contubernium eintrat und vor dem Tribunus salutierte. Er gab dem Flavius mit einer knappen Geste zu Verstehen, dass es wohl besser war, wenn er den Soldaten Platz machte. So … kein Arrest? Na das würde man ja sehen. Wenn ein Tribunus ex caligae, ein Stabsoffizier mit jahrelanger Erfahrung, sich von einem kleinen Miles einschüchtern ließe und irgendeinen absurden Handel einginge, wäre das ja noch schöner gewesen.
    "Den Miles gregarius und ebenso die Tirones festnehmen. Diese Männer stehen bis auf weiteres unter Arrest", ordnete er an, "Vorerst aufgrund von Insubordination und Körperverletzung." Glücklicherweise hatte er dem Tresvir nicht noch mehr leicht zu beeindruckende Rekruten mitgeschickt. Mit den paar Leuten würden die Soldaten wohl noch fertig werden. Zwei der Männer gingen sogleich auf den Germanicus zu und hielten ihn nur einen Augenblick später fest im Griff. Avianus glaubte zwar nicht, dass der Mann es wagen würde, in seinem Officium ein Blutbad anzurichten, doch zu sehen, wie ihm gleich zwei andere Soldaten die Arme auf den Rücken drehten, war durchaus beruhigend. "Ob ich dem unter Drogen stehenden Jüngling glaube oder nicht, spielt keine Rolle, wenn schon deine Aussagen allein Grund genug für eine Festnahme sind, Soldat. Und jetzt raus aus meinem Arbeitszimmer. Abite." – woraufhin der Germanicus inklusive offenbar geistig eingeschränkter Tirones abgeführt wurden. Hoffentlich würden sie sich von der Strafe, die Peticus blühen würde ebenso leicht beeindrucken lassen, wie von dem großmäuligen Soldaten. Vielleicht konnte man dann davon absehen, sie allesamt aufzuhängen.
    "Unfassbar. Nach all den Jahren beim Militär könnte man meinen, bereits alles gesehen zu haben, und wird doch immer wieder eines besseren belehrt", sprach er und ließ sich wieder hinter den Schreibtisch fallen. "Selten habe ich so eine grenzenlose Überheblichkeit gesehen. Ich entschuldige mich für das Verhalten meiner Leute, selbst wenn das Geschehene nur schwerlich wiedergutzumachen ist." Verärgert schob er den Kram, den der Germanicer und seine Handlanger bei ihm abgeliefert hatten, beiseite. Wobei verärgert eigentlich gar kein Ausdruck war. Stinksauer traf es um einiges besser. "Als Tribun weiß man über die Mannschaftsränge leider kaum mehr, als einem die Centurionen an Berichten zukommen lassen."

  • Ein entschiedener Aristokrat mochte dem Germanicus wie dem Iunius widersprochen haben, als der eine die Gleichrangigkeit der Germanici und Flavii postulierte, der andere dagegen die genetische Bestimmung zur Herrschaft so freiheraus negierte, doch erstlich hatte Manius Minor sich aus philosophischen Gründen von jener Haltung abgewandt, zum Zweiten jedoch verspürte er schlicht Erleichterung, dass mit jenen Worten jemand dem wahnhaften Germanicus Paroli bot. Die maskuline Bestimmtheit des Tribunus war nämlich in der Tat geeignet, ihm ein Gefühl von Sekurität zu vermitteln, welche selbst die bedrohlichen Worte des Miles zu widerstehen vermochten. Zwar flammte noch einen Augenschlag die Furcht in dem jungen Flavius auf, Peticus würde final doch seine Eskapaden in einem Blutbade enden lassen, worin er gar jene leichtgläubigen Tirones zu integrieren gedachte, doch schon erschien die Kavallerie und salvierte die gesamte Situation.


    Sämtliche jener Meuterer wurden abgeführt und zurück blieben ein sichtlich erlöster Jüngling und ein vielschrötiger Militär, welcher prompt sich exkulpierte.
    "Berühmt und angesehen wollten manche Menschen werden, weil sie meinten, dass sie sich so die Sicherheit vor den Menschen verschaffen könnten. Wenn daher das Leben solcher Menschen sicher war, haben sie das natürliche Gut gewonnen. Wenn es aber nicht sicher war, besaßen sie nicht, wonach sie von Anfang an in Übereinstimmung mit ihrer eigenen Natur strebten"
    , rezitierte der junge Flavius den siebten Lehrsatz des Epikur und lächelte versonnen.
    "Wo leere Meinung sich mit Uneinsichtigkeit verbindet, da ist jede Glückseligkeit verloren."
    Deplorablerweise traf dies jedoch nicht nur für Peticus, sondern ebenso für einen Großteil der Gesellschaft, nicht zuletzt Manius Maior, zu, wie Manius Minor gewahr wurde.
    "Ich danke dir, mich aus jenem Irrsinn erlöst zu haben."

  • Obwohl die Castra Praetoria ihre Spezialitäten hatte, konnte Lucius sich mit seiner Kenntnis des Castellum von Mogontiacum ganz gut zurechtfinden - irgendwie waren ja alle Militärlager gleich. In der Principia war das allerdings nicht so einfach. Sie schien zwar von außen analog zu der der Classis aufgebaut zu sein, aber bei zwei eigenständigen Einheiten unter einem Dach konnte sie logisch ja innerlich nicht kongruent besetzt sein.


    Also musste er doch einen Scriba fragen, wo es zu Tribun Iunius ging, bevor er sein Ziel erreichte. Er ließ sich anmelden und trat dann ein.
    "Ave. Ich bin Tribun Lucius Petronius Crispus und trete heute meinen Dienst hier an."
    stellte er sich ungefragt vor.

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Danke Soldat,
    verabschiedete ich meine Begleitung. Da stand ich nun und durfte warten, nur weil dieser unfähige Optio, den Tribun vor mir den Einlass gewährte, mich zunächst übersah, dann unnötig warten ließ obwohl die Zeit drängte.
    Salve,
    begann ich meine Vorrede,
    mein Name ist Tiberius Helvetius Faustus, ich bin Liktor und Scriba des Praetor Urbanus. Dieser erbittet Akteneinsicht zu der strafrechtlichen Prozess gegen den Miles Nero Germanicus Peticus, weil nunmehr auch noch ein zivilrechtlicher Prozess ansteht.
    Hoffentlich würde nun mein Anliegen zügig abgewickelt.

  • Einer der Sekretäre bekam die Bitte mit und machte sich schnurstracks auf den Weg in die Archive. Mit einer Menge an Schriftrollen und Tabula bewaffnet erschien er nach einer gnazen Weile wieder. „Hier das ist alles was ich finden konnte. Ordnung müsst ihr selbst reinbringen. Die Protokolle der Vernehmung und der Verhandlung. "


    Er drückte die Unterlagen dem Helvetier in die Hand.

  • Ich bedankte mich und eilte zurück zur Basilica Ulpia.
    Auf dem Weg zum Tor dachte ich mir, es wird Zeit, dass jemand in diesem Haufen einmal richtig aufräumt. Langsam hatte ich den Eindruck Rom verkam allmählich.

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