Pagus Chattorum | Aut bibat, aut abeat!

  • Für Runa war mit ihren Worten zu der Mission diese nun auch abgeschlossen.
    Nun lauschte sie den Worten des Flaviers und musste hier und da schmunzeln. Ja sie wusste wohl von den Vorurteilen über die Barbaren.
    „Nun sie mögen wohl kriegslüstern erscheinen. Ja sie scheuen den Kampf nicht. Doch in erster Linie sind sie Bauern. Ihr Hauptaugenmerk gilt immer dem Erhalt und dem Auskommen der Sippe. Und wie du gemerkt hast sind sie sehr gastfreundlich. Die Gastfreundschaft ist ihnen heilig. Im Gegensatz zu römischen Städten gibt es jenseits des Limes ja auch kaum kulturelle Veranstaltungen. So ist natürlich ein Reisender der gute Geschichten zu erzählen hat eien willkommene Abwechslung vom Altgastrott. Für sie zählt dein Stand nicht was bei ihnen zählt ist Aufrichtigkeit. Nun ja die Statdt hier ist sher gepärgt von den Einheiten. Fast jeder hat einen verwandten bei der Legio oder der Ala. Jeder ist mit ihnen verbunden, oder von ihnen abhänig. Viele der Händler und Gewerke haben sich nur wegen den Soldaten hier angesiedelt. Man könnte also fast sagen, dass es ein gegenseitiger Profit ist. Jeder zeiht daraus seinen Gewinn. Das Land hier... ja es ist ungebärdig, es ist wild. Es gibt keine Straßen. Für einen Römer mag dies wie Chaos aussehen, aber es ist so wie Mutter Natur es gewollt und gemacht hat. Hier greift man nur dann in die Natur ein, wenn es unbedingt nötig ist. Die Menschen hier versuchen nicht die Natur zu bändigen sondern mit ihr im Einklang zu leben. “ Sagte Runa bevor sich sich nun privateren Dingen zuwandte. „Ich hoffe die Kleine ist wohlauf. Als ich aufbrach war sie gerade drei Tage alt.“ Runa seufzte leise. Natürlich hatte ihr Mutterherz geblutet, die Kleine schon so früh zu verlassen, aber diese Mission hier war für die Region einfach von zu großer Bedeutung gewesen, als das sie ihre privaten Befindlichkeit hätte voranstellen können. „Sie heißt Sveid.“ Sagte Runa und setzte sogleich zu einer Erklärung an. „Ich gab ihr bisher nur einen germanischen Namen, so wie es Sitte in meiner Familie ist. Da ihr Vater gerade aus gesundheitlichen Gründe auf unserem Landgut weilt, war noch keine Gelegenheit, dass er sie als seine Tochter anerkennt, deswegen hat sie bisher noch keinen römischen Namen.“ Runa sprach mit leise Stimme, und ob seiner Kurzsichtigkeit konnte der Flavier wohl nicht die kleinen Sorgenfalten erkennen die sich auf Runas Stirn gebildet hatten. „Ich werde nach meiner Rückkehr auf das Landgut reisen und meinem Mann dort seine Tochter vorstellen.“ Natürlich erwähnte die Germanin mit keinem Wort, dass ihr Mann nichts von dieser Mission wusste.
    Runa wandte sich nun wieder direkt zu dem Flavier. „Dein Tribunat neigt sich ja nun bald seinem Ende. Freust du dich schon bald wieder in Rom zu sein?“

  • Varro musste zuweilen noch schmunzeln, wenn er an die Rede des Tribunen dachte. Er sah die teils angestrengten Mienen der Männer, besonders seiner Männer vor sich, im verzweifelten Bemühen zu verstehen was der Tribun da von sich gab. So war denn die Zustimmung in einem Grunzen und Brummeln beschränkt, was angesichts der Umstände schon sehr viel war.
    Nachher erklärte Varro den Männern den Sachverhalt noch einmal in einfacheren Worten und erntete Zustimmung und Respekt für die Leistungen des jungen Tribuns.
    Der Rückweg gestaltete sich wie der Hinweg, mit vorgeschobenen Kundschaftern und allen Sinnen auf die Umgebung gerichtet. Denn es war nicht das erste Mal, daß sich einige, wohl übergangene, oder unwichtige Häuptlinge nicht an die Vereinbahrungen gebunden fühlten und ihrerseits ein Zeichen setzen wollten.

  • Zitat

    Original von Duccia Silvana
    Nun lauschte sie den Worten des Flaviers und musste hier und da schmunzeln. Ja sie wusste wohl von den Vorurteilen über die Barbaren.
    „Nun sie mögen wohl kriegslüstern erscheinen. Ja sie scheuen den Kampf nicht. Doch in erster Linie sind sie Bauern. Ihr Hauptaugenmerk gilt immer dem Erhalt und dem Auskommen der Sippe. Und wie du gemerkt hast sind sie sehr gastfreundlich. Die Gastfreundschaft ist ihnen heilig. Im Gegensatz zu römischen Städten gibt es jenseits des Limes ja auch kaum kulturelle Veranstaltungen. So ist natürlich ein Reisender der gute Geschichten zu erzählen hat eien willkommene Abwechslung vom Altgastrott. Für sie zählt dein Stand nicht was bei ihnen zählt ist Aufrichtigkeit. Nun ja die Statdt hier ist sher gepärgt von den Einheiten. Fast jeder hat einen verwandten bei der Legio oder der Ala. Jeder ist mit ihnen verbunden, oder von ihnen abhänig. Viele der Händler und Gewerke haben sich nur wegen den Soldaten hier angesiedelt. Man könnte also fast sagen, dass es ein gegenseitiger Profit ist. Jeder zeiht daraus seinen Gewinn. Das Land hier... ja es ist ungebärdig, es ist wild. Es gibt keine Straßen. Für einen Römer mag dies wie Chaos aussehen, aber es ist so wie Mutter Natur es gewollt und gemacht hat. Hier greift man nur dann in die Natur ein, wenn es unbedingt nötig ist. Die Menschen hier versuchen nicht die Natur zu bändigen sondern mit ihr im Einklang zu leben. “ Sagte Runa bevor sich sich nun privateren Dingen zuwandte. „Ich hoffe die Kleine ist wohlauf. Als ich aufbrach war sie gerade drei Tage alt.“ Runa seufzte leise. Natürlich hatte ihr Mutterherz geblutet, die Kleine schon so früh zu verlassen, aber diese Mission hier war für die Region einfach von zu großer Bedeutung gewesen, als das sie ihre privaten Befindlichkeit hätte voranstellen können. „Sie heißt Sveid.“ Sagte Runa und setzte sogleich zu einer Erklärung an. „Ich gab ihr bisher nur einen germanischen Namen, so wie es Sitte in meiner Familie ist. Da ihr Vater gerade aus gesundheitlichen Gründe auf unserem Landgut weilt, war noch keine Gelegenheit, dass er sie als seine Tochter anerkennt, deswegen hat sie bisher noch keinen römischen Namen.“ Runa sprach mit leise Stimme, und ob seiner Kurzsichtigkeit konnte der Flavier wohl nicht die kleinen Sorgenfalten erkennen die sich auf Runas Stirn gebildet hatten. „Ich werde nach meiner Rückkehr auf das Landgut reisen und meinem Mann dort seine Tochter vorstellen.“ Natürlich erwähnte die Germanin mit keinem Wort, dass ihr Mann nichts von dieser Mission wusste.
    Runa wandte sich nun wieder direkt zu dem Flavier. „Dein Tribunat neigt sich ja nun bald seinem Ende. Freust du dich schon bald wieder in Rom zu sein?“


    Die Explikationen der germanischen Kultur schienen sich in der Tat mit dem zu decken, was Manius Minor selbst in den vergangenen Monaten seines Tribunates erfahren hatte. Er dachte zurück an jenen Augenblick auf dem Limesturm, wo die Friedlichkeit des wilden Germania Magna, undisturbiert durch die ordnende Hand des Menschen, so weitaus gesegneter ihm war erschienen als das Kulturland des Imperiums. Lebte Rom im Einklang mit der Natur und dem Willen der Götter oder waren all die zivilisatorischen Leistungen nichts als eine Violation jener weitaus älteren Ordnung der Natur? Der Jüngling vermochte es nicht zu ermessen, doch verspürte ein gewisses Verständnis für die Lebensweise der Germanen.


    Indessen verblieb ihm auch keine Zeit, jene philosophischen Fragen weiter zu erwägen, denn Silvana wandte sich nun den profanen Umständen ihres konkreten Lebens zu, an welchen der junge Flavius ebenfalls großen Anteil zu nehmen vermochte. Seit seiner Errettung aus der epikureischen Verwirrung akzeptierte er wieder die Familie als Wert, ja hegte er den festen Vorsatz, in Kürze nach seiner Heimkehr selbst eine Ehe anzubahnen, um seiner Bestimmung als Stammhalter der flavischen Gens zu folgen. Und selbst wenn seine Verlobte ihm mitnichten sonderlich zusagte, so verspürte doch auch er Sympathie zu kleinen Kindern, welche auch er sich selbst durchaus wünschte.
    "Oh, das wusste ich nicht!"
    , rief er jedoch erstaunt aus, als er vernahm, dass jene junge Mutter bereits so kurz nach ihrer Niederkunft auf jene zweifelsohne exhaustierliche Reise aufgebrochen war. Sie entstammte der lokalen Aristokratie, weshalb er nicht vermutete, dass sie ihre Kinder selbst säugen würde, doch erschien es ihm doch beachtlich, ein derart kleines Wesen bereits so kurz nach der Geburt für mehrere Tage allein zu lassen.
    "Wir hätten selbstredend die Mission auch noch ein wenig prokrastinieren können, bis deine Sveid ein wenig kräftiger gewesen wäre."
    Der Name erschien ihm überaus exotisch, doch hatte er inzwischen erkannt, dass zahlreiche Provinziale zwei Namen führten, wobei der indigene nicht zwingend mit dem römischen übereinstimmte. Die Praxis, letzteren dem Pater familias zu überlassen, erschien insofern durchaus einleuchtend.
    "Oh, was fehlt deinem Gatten?"
    Ob die Duccia dies bereits auf seinem Gastmahl berichtet hatte, dessen vermochte Manius Minor sich nicht zu entsinnen, so viele Novitäten wie er an jenem Abend erfahren hatte.


    "Durchaus freue ich mich auf meine Heimkehr. Rom ist meine Heimstatt seit meiner Geburt, dort leben meine Familie und meine Freunde, welche ich herzlich gern wieder in die Arme zu schließen wünsche."
    , erwiderte er hinsichtlich ihrer finalen Frage. Licinius würde wohl bereits die Quaestur bekleiden, wenn er in die Urbs zurückkehrte, Claudia Silana ihn mit einem philosophischen Disput erwarten und womöglich sein Vetter Scato seine Hochzeit noch nicht vollzogen haben, sodass eine Festivität es ihm erlaubte, sämtliche seiner Verwandten und Bekannten wieder zu sehen.
    "Mein Vater befindet sich zwar, wie dein Gatte, aus gesundheitlichen Gründen ebenfalls auf dem Lande, doch auch ihm werde ich wohl einen Besuch abstatten."
    Das hieß, sofern Manius Maior nicht anlässlich der Eheschließung persönlich nach Rom reiste.

  • Runa schüttelte den Kopf.
    „Nein, die Mission war zu wichtig, als das man sie hätte verschieben können. So ein Thing findet immer zu festgesetzten Terminen statt, deswegen wäre ein Verschieben nicht möglich gewesen.“ Erklärte Runa. „Mitunter muss man zum Wohl des Ganzen sein Privates hinten anstellen. Aber wem erzähle ich das?“ Sie lächelte den Mann an, der sicherlich sich auch nicht gerade darum gerissen hat von Rom weg hier im Norden sein Tribunat abzuleisten. „Nun mein Gatte wurde in seiner Amtszeit als Aedil überfallen. Er trug schwerste Verletzungen am Kopf davon. Seine Amtszeit brachte er noch zu ende, aber danach ging es ihm Zusehens schlechter. Er hatte Sprach- und Konzentrationsschwierigkeiten. Deshalb hat er sich auch um Ruhe zu finden auf unser Landgut zurückgezogen. Ich habe ihm auch noch nichts von dieser Mission erzählt, da ich nicht weiß in wie weit er derartigen Aufregungen schon gewachsen ist. Ich werde ihn unterrichten, sobald wir wieder zurück sind und ich zu ihm reise.“ Dass das Reden schneller kommen sollte, als Runa lieb ist konnte sie ja jetzt noch nicht ahnen.
    „Ich kann mir denen, dass du dich nach deiner Familie und deinen Freunden sehnst. Ich hoffe jedoch, dass du auch etwas von diesem Abschnitt deines Lebens mitnehmen konntest. Und da sich dein Bild über die Menschen hier im Norden vielleicht etwas geändert hat.“

  • "Oh, wie grässlich!"
    , interjezierte der junge Flavius angesichts jener gräuelichen Episode, dass in Mogontiacum, der Metropole dieser Provinz, selbst ein Aedil nicht vor ruchlosen Verletzern des Rechts nicht gefeit war.
    "Doch spricht es für sein Pflichtgefühl, dass er seine Amtszeit noch vollständig absolvierte, ehe er seinem Leib Rekreation vergönnte."
    Einen Augenschlag spekulierte der Jüngling, was er hätte unternommen, hätte jener närrische Germanicus ihm in Populonia ernstliche Wunden zugefügt. Ein Vigintivirat war zwar kein sonderlich bedeutsames Amt, zumal er in seinem Ressort über zwei weitere Collegae verfügt hatte, welche ihn zweifelsohne hätten vertreten können, doch war er nicht sicher, ob eine irgend geartete Beeinträchtigung seiner Gesundheit ihm nicht ein willkommener Anlass gewesen wäre, sich selbst von seinen misslichen Pflichten zu dispensieren.


    "Durchaus hat dieser Aufenthalt mich einiges gelehrt, nicht lediglich hinsichtlich der hiesigen Population."
    , bemerkte er sodann, da gerade seine hohe Motivation bei der Erfüllung seiner tribunizischen Obliegenheiten, welche nicht selten von similärer Ennuyanz waren wie jene eines Tresvir monetalis, eine durchaus bedeutsame Erfahrung für sein künftiges Leben würde darstellen: Auch das Degoutierte ließ sich bewerkstelligen, sofern man mit einer adäquaten Kampfmoral sich ihm stellte!
    "Lebst du im Übrigen im Hause deines Vaters oder deines Gatten, wo er jetzt nicht persönlich in Mogontiacum weilt?"

  • Runa war natürlich nicht unbedingt der Meinung des Flaviers, wenn es nach ihr gegangen wäre, dann hätte sich ich Mann gleich zu Genesung zurückgezogen. „Nun er entschied es selbst. Ich hätte es lieber gehabt, wenn er sich mehr um seine Gesundheit gesorgt hätte. Aber er ist sehr pflichtbewusst und gewissermaßen im Zugzwang. Mein Vater stimme der ehe nur unter gewissen Bedingungen zu, da mein man in seinen Augen nicht unbedingt dem entsprach, was Vater sich für mich eigentlich vorstellte.“ Runa zuckte mit den Schulter, ihr bedeutete der Stand nicht sonderlich viel, für sie zählte der Mensch. „Zum Glück gab Vater doch nach.“ setzte sie noch hinterher.
    Mit Freude vernahm Runa, dass der Flavier durchaus etwas von seinem Tribunat mitnehmen. Vielleicht gab es dann zumindest Patrizier, der die hier lebende Bevölkerung nicht gänzlich verachtete. „Es freut mich, wenn du ein paar positive Erfahrungen mit nach Rom nehmen kannst.“ sagte sie aber dennoch recht neutral.
    Auf die Frage nach ihrem momentanen Aufenthaltsort stutze sie einen Moment., Warum sollte sie im Haus ihres Vaters leben? „Ich wohne natürlich im Haus meines Mannes. Schließlich ist es seit der Hochzeit auch das meine und wenn mein Mann nicht da ist, dann muss ich mich doch um so mehr um den Haushalt und die Geschäfte kümmern. Meine Schwägerin Alpina ist auch noch mit ihrem Kind anwesend. Sie betreibt im Haus selbst eine Taberna Medica.“ sagte sie aber mit einem freundlichen Lächeln. War es in Rom üblich, dass die Ehefrau wieder zu ihrer Familie zog, wenn der Mann mal abwesend war? Runa konnte sich das zwar kaum vorstellen, aber unmöglich war es ja wohl nicht. „Was wirst du machen, wenn du wieder in Rom weilst? Wartet dort schon eine neue Aufgabe auf dich? Oder gönnst du dir zunächst etwas Erholung von dieser Amtszeit?“ Nun wurde Runa doch etwas neugierig, was diese jungen aufstrebenden Mann betraf.

  • Die Entscheidung des Vaters für die Wahl des Ehegatten war dem jungen Flavius nur allzu vertraut. Niemals wäre er auf den Gedanken gekommen, Cornelia Philonica, seine Verlobte, aus freien Stücken zu ehelichen, doch war jene Hochzeitsabrede bereits seit frühestem Knabenalter für ihn paternalerseits prädestiniert worden, weshalb er nun, da er selbst besser zu entscheiden imstande gewesen wäre, sich zu fügen hatte.
    "Oh, ist er eurer Familie nicht ebenbürtig?"
    , fragte der Tribun somit vorwitzig, obschon er selbstredend bereits erahnte, dass jenem Gatten der equestrale Status abging, über den zumindest die männlichen Duccii seiner Wahrnehmung nach sämtliche verfügten, so sie nicht zu höheren Ordines sich gar erhoben hatten.
    Doch nicht allein die Wahl des Gatten schien hier in der Provinz nach similären Prinzipien zu fungieren wie in der Hautevolée Roms, sondern ebenso die Gepflogenheiten hinsichtlich der Wohnstatt.


    Die finale Frage der Duccia ließ Manius Minor hingegen ein sublimes Lächeln präsentieren:
    "Nun, grundsätzlich ist das Leben eines Mannes meines Standes bereits zur Gänze prädestiniert. Mir steht meine Quaestur bevor, sodann werde ich meine Verlobte ehelichen und daraufhin das Aedilat anstreben, womöglich ein irgend gearteter senatorischer Posten in der Verwaltung, womöglich ein Priesteramt, schließlich die Praetur und, so die Götter mir hold sind, das Consulat."
    Im Grunde bedeutete dies nichts anderes als eine Reproduktion der Vita Manius Maiors, dessen Namen er immerhin trug. Doch der Jüngling hatte beschieden, seinem Schicksal keinen Widerstand mehr zu leisten, sondern mit jener Berufung sich zu arrangieren, zumal dies als der singuläre Weg erschien, seine Ahnen zu kalmieren und sich die Vereinigung mit seiner geliebten Mutter im Elysium zu erstreiten.

  • Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Nein das ist er nicht. Oder wie Vater es ausdrückte, diese Ehe ist ein gesellschaftlicher Abstieg.“ Runa sprach recht offen darüber. „Es war nicht leicht, diese Ehe bei meinem Vater durchzusetzen, aber schlussendlich hatten wir wohl göttliche Hilfe. Es war – was es wohl heutzutage kaum gibt – eine Liebeshochzeit.“ Sagte Runa mit einem leisen Lächeln.
    Dann verfolgte sie gespannt, welch große Karriere der junge Mann plant. „Nun ich wünsche dir, dass all dein Erwartungen erfüllt werden und du zukünftig bei deinen Aufgaben genau so ein geschicktes Händchen hast wie bei dieser. Dein Vater ist bestimmt enorm stolz auf dich.“ Sie stutze einen Moment. Er hatte eine Verlobte und sprach so als wäre diese Hochzeit nur eine weitere Aufgabe auf seinem Weg. Aber tatsächlich war es wohl genau das. Runa rief sich wieder ins Gedächtnis, dass nicht jede Ehe wie die ihre war. „Auch für deine zukünftige Ehe wünsche ich dir alles gut, und viel gesunde Erben.“

  • Der Begriff der Liebesheirat war dem jungen Flavius überaus fremd, vermochte er noch nicht einmal klärlich zu definieren, was genau jenes schillernde Wort bedeuten mochte, da er sich des Wörtleins 'Liebe' lediglich in einem platonischen Sinne bediente, wenn er etwa an seine geliebte Mutter, seinen geliebten Patrokolos oder seinen geliebten Vindex dachte, all dies jedoch in keiner Relation zum Rechtsbündnis der Ehe standen. Manius Maior hätte eine derartige Verbindung zweifelsohne missbilligt und es Duccius Verus als Schwäche ausgelegt, seine Tochter nicht schärfer diszipliniert zu haben, doch dem ehemaligen Epikureer Manius Minor nahm jene Historie mit Gleichmut hin und beließ es bei einem salomonischen Schweigen.


    Ihr Kommentar hinsichtlich seiner prädestinierten Wege hingegen bewegte ihn in weitaus stärkerem Maße. Zwar hatte Gracchus Maior zahllose Male seinem Stolz, seinem Vertrauen und seiner Zuneigung zu ihm diverse Male Ausdruck verliehen, zuletzt erst in jenen Episteln, welche ihn hier in Germania erreicht hatten. Jedoch stellte jene ehrwürdige, indessen bisweilen überaus schwache und träge Gestalt nicht eben den Maßstab seiner Satisfaktion dar, hatte er doch selbst in höchster Not seine Inkapabilität gegenüber den selbst gepredigten Idealen bewiesen. Beinahe fragte sich der junge Flavius bereits, ob er mit jenem diplomatischen Erfolg gegenüber den Chatten nicht bereits mehr für das Staatswesen und seine Familie vollbracht hatte als dieser.
    All diese Gedanken waren freilich nicht für fremde Ohren bestimmt, weshalb er lieber das Sujet modifizierte:
    "Ich danke dir und wünsche dir dasselbe, selbst wenn sich deine Obliegenheiten und Wünsche zweifelsohne in gänzlich konträren Bahnen bewegen."
    Nachdenklich strich er sich über das feiste Kinn.
    "Wie genau habe ich mir im Übrigen deine Funktion als Seherin vorzustellen? Bist du beständig zwischen den verschiedenen Stämmen auf Reisen? Ist dein 'Amtsgebiet' beschränkt oder genießt du bei allen denselben Status? Und wie lässt sich dies mit deinen Pflichten als Matrone und Mutter verbinden, zumal wenn dein Gatte außer Haus weilt?"

  • Runa überlegte einen Moment und säumte dann die frage von hinten auf. „Nun es wird schwierig werden die Familie und mein Tun zu vereinbaren. Aber ich habe eine liebe Freundin, die mich unterstützt, wenn mein Mann nicht da ist. So wie jetzt auch. Sie kümmert sich um das Haus und mein Kind.“ Wie sollte sie nun aber ihre Tätigkeit erklären. „Ich werde von nun an wohl des Öfteren hinter dem Limes weilen um dort meine Dienste als Beraterin und Vermittlerin zwischen den Stämmen selbst und zwischen den Menschen und den Göttern anbieten. Es gibt kein 'Amtsgebiet' in diesem Sinne. Frauen wie ich werden in der Tat von viele Stämmen respektiert unabhängig von der Zugehörigkeit. Es gibt auch keine festgelegten Grenzen. Grenzen sind doch nichts weiter als eine von Menschen erdachte Linie. Wer legt sie fest? Die Götter haben jene Grenzen nicht gezogen. Wenn also jemand meine Rat sucht, so wird er ihn erhalten, egal welchen Volk oder welchem Stamm er zugehörig ist. Ich werde niemanden abweisen, der einen Rat oder eine Vermittlung sucht.“ Sagte die Germanin und sah dann wieder zu dem Flavier. „Ich möchte so neutral wie möglich sein, wenn du verstehst.“

  • Die Narration Silvanas ließ dem jungen Flavius aufs Neue allzu deutlich werden, welch kulturelle Differenzen doch zwischen dem hiesigen Volk und seinem eigenen bestanden, denn obschon auch eine noble Matrone ihre Villica mochte unterhalten, so erschien es ihm doch gänzlich indisputabel, dass eine Römerin ein Amt mochte tragen, bei welchem sie beständig umherreiste ohne die Protektion ihres Gatten, bei dem sie ihre Familie hinter sich ließ und nicht einmal über einen Bezirk verfügte. Denn obschon auch Iuppiter nicht an das Capitolium oder selbst Italia war gebunden, so erschienen Manius Minors Götter doch auch insofern weitaus zivilisierter, als sie Grenzen und Amtsbereiche kannten wie die Priesterschaften, die templa in den Himmel zeichneten, ihre Rituale an hergebrachten Orten vollzogen und somit jene Komplexität des Kultwesens produzierten, welche die Pontifices als Konsultoren in religiösen Belangen erst erforderlich machte.
    "Nun, so neutral die Götter eben sein mögen."
    , vermerkte er endlich und verwies somit auf die divine Provenienz ihrer Weissagungen, die in diesem Falle doch klärlich zugunsten der römischen Administration ausgefallen waren, deutete jedoch zugleich jenen Konflikt zwischen Amt, Familie und Eigeninteresse an, welcher den Tribun angesichts der Haruspices, Auguren und Quindecemviri bereits stets hatte okkupiert.

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