Pagus Chattorum | Aut bibat, aut abeat!

  • Varro nickte verstehend und sah, daß der Tribun noch etwas auf dem Herzen hatte. Auf dessen Frage entgegnete er, Nein Tribun, ich bin ein gebürtiger Römer, aus dem Hause Germanicus, Sohn des Flavius Germanicus Honorius, ein Eques Imperii,... Er gestattete sich ein leichtes Lächeln, ...ich bin aus freien Stücken hier in Germania und bei der Ala...um die Grenzen des Imperiums mit meinem Leben zu verteidigen. Wo sonst sollte ein Germanicer stehen? Er würde den Teufel tun und dem Flavier die genauen Beweggründe für sein freiwilliges Exil am Arsch der Welt offerieren.

  • Unweit von Flavius und Germanicus, hatte Andriscus Stellung bezogen. Den Tirones war es verwehrt an der Sicherung der diplomatischen Gesandtschaft im Dorf, teilzunehmen. Aus diesm Grunde hatten nun die Tirones die Aufgabe im Lager zu bleiben und sich um die Pferde zu kommen die zurückgelassen wurden


    Kurz grinste er als er zufällig das Gespräch zwischen dem Flavier und dem Germanicer hörte. Das der Decurio die Legion bzw die Legionäre so offensichtlich halb nackt hinstellte gefiel dem Italiker. Nach diese kurzen aber erheiternden Ablenkung kümmerte sich Andriscus nun weiter um die Pferde. Seine Wache war die Zweite.... An Schlaf konnte er in dieser Umgebung und durch die Aufregung nicht denken.

  • Zitat

    Original von Gaius Germanicus Varro
    Varro nickte verstehend und sah, daß der Tribun noch etwas auf dem Herzen hatte. Auf dessen Frage entgegnete er, Nein Tribun, ich bin ein gebürtiger Römer, aus dem Hause Germanicus, Sohn des Flavius Germanicus Honorius, ein Eques Imperii,... Er gestattete sich ein leichtes Lächeln, ...ich bin aus freien Stücken hier in Germania und bei der Ala...um die Grenzen des Imperiums mit meinem Leben zu verteidigen. Wo sonst sollte ein Germanicer stehen? Er würde den Teufel tun und dem Flavier die genauen Beweggründe für sein freiwilliges Exil am Arsch der Welt offerieren.


    Der Name Germanicus Honorius war dem jungen Flavius, welchem die noblen Häuser Romas wohlbekannt waren, kein Begriff, doch der Umstand, dass es sich bei ihm um einen Eques handelte, ließ es noch mysteriöser erscheinen, dass Varro bei der Ala seinen Dienst verrichtete.
    "Führte dein Vater diese Einheit, oder wie verschlug es dich hierher?"
    , fragte er daher, da dies womöglich eine Explikation bot, nachdem bisweilen die Söhne edler Häuser direkt als Offiziere in die gemeinen Ränge der Einheiten von Anverwandten einstiegen.

  • Der Flavier zeigte eine unverhohlene Neugier an seiner Familiengeschichte. Varro begann sich zu fragen warum. Er beschloß vorsichtig zu sein, besonders was seine eigene Vergangenheit anging. Mein Vater war Praefectus Castrorum bei der Legio Secunda. Das ließ er erst einmal sacken...um dann anzuschließen Ich selbst kam von der Legio Prima hierher,...nach dem Abschluß der Academia erschien mir ein Dienst an der Germanischen Front adäquater für meine Virtutes. Was bezweckte der Flavier mit seiner Befragung? Mit meinem Vater hat mein Dienst hier nichts zu tun...ich kannte ihn leider nicht und weiß nur aus Erzählungen von ihm. Was stimmte, ihn zog es hierher, weil es so schön weit weg von Roma war...dessen Laster, Sünden und vielfälltige Möglichkeiten sich um seinen Kopf zu bringen. Was ihm letztlich fast gelungen war. Als praktisch denkender Mensch hatte er die Wahl getroffen, lieber in der Exercites für Ruhm und Ehre kämpfen, als mit durchschnittener Kehle oder Schlimmerem in irgendeiner Kloake als Rattenfutter verrottend zu enden.
    Hatte ihn diese Erkenntnis geläutert? Vielleicht. War er ein Anderer geworden? ...mit Sicherheit. Das Gespräch begann ihm zu gefallen.

  • Der Jüngling runzelte die Stirne, als der Decurio von seiner Biographie berichtete, welche nicht eben gewöhnlich erschien: Gewiss wies sie eine gewisse Similität zu seiner eigenen auf, denn auch er war faktisch freiwillig hierher an den Limes gezogen, um sich in Mut und Tugend zu schulen, jenen mannhaften Disziplinen, welcher Manius Maior gebrach.
    "Löblich, löblich."
    , konzedierte er daher, ehe er, von Vorwitz bewegt, anfügte:
    "Doch warum von der Legio Prima, der ersten des Kaisers, in einen Auxiliarverband?"

  • Noch mehr Fragen,…was zum Veiovis bezweckte der Falvier damit?! Wollte er ihn adoptieren?
    Varro, nicht eben verlegen um eine passende Antwort entgegnete,
    Ich störe mich an dem Selbstverständnis von sogenannten Eliteeinheiten. Der Korpsgeist bei der Prima hat mir nicht zugesagt. Sie bildeten sich auf vergangene Taten zuviel ein.
    Er schüttelte leicht den Kopf und wies auf den Boden.
    Hier lauert die Gefahr, hier ist das Imperium zuende, Feinde zuhauf, hier gilt es den Ruhm zu ernten…und nicht bei der Prima in Italia. Ein Soldat Roms ist ein Soldat Roms, wir haben alle denselben Eid geleistet und der Feind fällt genauso unter der Spatha eines Alenreiters wie unter dem Stich eines Elitelegionärs. Wir sind Brüder unter Waffen, Einer steht dem Anderen bei. Bei manchen Angehörigen derartiger Eliteeinheiten ist das noch nicht angekommen.
    Er sah den Flavier direkt an und schloß;
    …aber das weißt du doch sicher alles, warum sonst wärst du hier und nicht bei der Prima oder der Flotte in Misenum? Manchmal muss man den leichten Weg verlassen, terra incognita erkunden um sich später im Dickicht des Lebens zurechtfinden zu können. Nur von Erzählungen oder durch Warnungen kann man keine essentiellen Erfahrungen sammeln. Wobei er fürchtete hier ein wenig über die Stränge geschlagen zu haben.

  • Manius Minor, der keineswegs ein konkretes Ziel mit jenem Zwiegespräch verfolgte, sondern faktisch schlicht Konversation betrieb, blickte nachdenklich über die Zelte der Equitea hinweg, während er die Worte Varros reflektierte. Obschon er zweifelsohne nicht wirklich hatte zu wählen gehabt, welcher Einheit er zugeteilt würde (zumal er sich reichlich spät beworben hatte), so hatte er sich doch in der Tat explizit sich un einen Einsatz am Rande des Imperiums beworben, hatte er wiederholt um keinerlei Schonung gebeten.
    "In der Tat. Auch ich suchte die Herausforderung, anstatt den leichten Weg zu gehen."
    , konfirmierte er somit, fragte sich kurz, welche Differenz ein Dienst in der Legio oder in einem Auxiliarverband machte, so beide in derselben Stadt srationiert waren, und fuhr dann fort:
    "Doch bestätigte jene Erwartung sich in der Ala? Bietet sie bessere Gelegenheiten zur Erprobung der Tugend?"

  • Varro fragte sich gerade wie alt das Milchgesicht vor ihm wohl war. Er fragte sich auch warum er ausgerechnet mit ihm hier in einer immer tiefer gehendes Zwiegespräch versank. Vielleicht war es seine Vita die ihn anzog, wobei die Vita des knorrig sentimentalen Tiberiers sicherlich auch ein paar erheiternde Annekdoten bereithielt.
    Er nickte als der Flavier ihm seine Vermutung bestätigte und entgegnete auf dessen Frage;
    Nun, was mich betrifft, so hat sich mein Wechsel zur Ala gelohnt. Ich erlangte das Vertrauen meiner Vorgesetzten und bekam immer mehr Verantwortung, welche man zweifellos nicht mit den Ausmaßen deiner Kompetenzen vergleichen kann, oh,...Mars,...auf keinen Fall. Man schickt dich trotz deiner Jugend als Unterhändler los um mit Barbaren zu verhandeln, die sich selbst nicht grün sind.
    Seiner Miene entsprang tatsächlich so etwas wie ein gewisser Respekt, wobei er auch inständig hoffte, daß der Falvier wußte was er tat und vor allem Erfolg damit hatte. Denn wenn nicht würde das mit den paar Gestalten hier ein trauriges Finale ergeben. Also galt es hier Optimismus zu verstreuen und dem, von dessen Verhandlungsgeschick hier alles abhing ein wenig den Rücken zu stärken.
    Ich denke es geht nicht um eine Erprobung sondern im Erkennen der Tugenden durch Dritte. Und da mache ich mir bei dir keine Sorgen, da sind einige direkt zu erkennen...Prudentia, Dignitas,Gravitas,...nun um ehrlich zu sein Tribun, scheint man entweder wegen dieser offensichtlichen Eigenschaften auf dein Verhandlungsgeschick zu setzen,...oder man will, daß wir hier grandios scheitern um einen Kriegsgrund zu haben...Si vis pacem, para bellum. Was nicht weiter tragisch wäre, denn das Imperium befand sich permanent irgendwo in einer kriegerischen Auseinandersetzung, es würde nur etwas schwieriger werden mit heiler Haut zurück nach Mogo zu kommen.
    ...und da fragst du mich nach Erprobung der Tugend...?!

  • Der junge Flavius nickte erneut. Er wusste selbstredend um jenen Cursus Honorum, dem ein gemeiner Soldat folgte und welcher similär zu seinem eigenen zu immer größerer Verantwortung führte. Deplorablerweise vermochte er indessen nicht zu sagen, ob er jetzt, da eigentlich er erst ganz am Anfang seines Ehrenlaufes stand, der vorliegenden Obliegenheit gewachsen war, für die der Decurio ihm anfänglich unverdientermaßen Admiration zollte. Konnte man etwa seine Prudentia loben, nachdem sie über mehrere Jahre ihn in die Arme hochmütiger Epikureer getrieben hatte, die sich selbst zum Maßstab der Welt erklärten? Mochte er jemals wieder Gravitas erlangen, nachdem er, vom Opium berauscht, einem bockigen Knäblein gleich immer wieder aufs Neue mit seinem Vater gestritten hatte? Und wie war seine Dignitas zu restituieren, nachdem er in weibische Gewänder gehüllt gleich einem Lustknaben durch die Straßen Alexandrias paradiert war? All dies mochte nicht nach Germania Superior, erhofftermaßen selbst in Roma nicht die Runde gemacht haben, doch genügte bereits die Reminiszenz allein, um den Jüngling mit Scham zu erfüllen und zugleich die Furcht zu erwecken, die allwissenden Götter würden ihm diese Narreteien niemals verzeihen.
    "Nun, ich vermag selbst nicht zu sagen, warum man mich mit dieser Aufgabe betraute."
    Er blickte nachdenklich in die Schwärze der Nacht hinaus. Womöglich war dies die Rache der Götter, welche ihn nicht lediglich eradieren, sondern dazu noch die Schande für seine Familia amplifizieren wollten, indem sie ihm die Schuld für den Ausbruch eines Krieges aufbürdeten. Womöglich starben hunderte Menschen aufgrund seines Mangels an Prudentia, Gravitas und Dignitas!
    "An meiner Tugend mag es kaum gelegen haben."
    Selbstredend gestand Manius Minor jenem fremden Soldaten nicht seine Sünden, die sein Gewissen so grässlich torquierten, weshalb er schlicht schweigend einen Augenschlag verharrte.
    "Es ist schon seltsam: Ich war begierig auf den Kriegsdienst, doch statt auf das Schlachtfeld bestellen die Unsterblichen mich nun an den Verhandlungstisch. Ich hoffe, mir liegt dieses Feld besser als jenes."

  • Das überraschte Varro nun doch ein wenig. Er ging davon aus, daß man den Flavier aufgrund seiner, ähem,...wie auch immer gearteten Erfahrung im Umgang mit Barbaren oder zumindest ähnlich unberechenbaren Zeitgenossen. Sein Alter schien dem zu wiedersprechen, jedoch was sprach gegen ein Naturtalent.
    Offenbar haderte der Flavier selber mit sich und seinen Fähigkeiten. Diesen Hader galt es abzustellen. Einjeder von uns hat seine Aufgabe, der Hieb, der mich dereinst fällen wird ist schon im Schwung, es wird mich irgendwann, irgendwo treffen.
    Varro gestattete sich ein leichtes Lächeln.
    Das ist so, unser Leben ist endlich und darum sollten wir jeden Tag so leben als sei es unser letzter. Er nickte, als höre er seinen Onkel Sedulus sprechen.
    Gebe dein Bestes und ehre deine Familie,...mehr gibt es nicht zu tun,...was einmal war liegt hinter uns, was mal wird, liegt zumindest in unserer Hand.

  • Carpe diem. Augenscheinlich verfolgten die Remineszenzen seiner alexandrinischen Tage ihn selbst hier am anderen Ende des Imperiums, wo nun just ein gemeiner Decurio epikureische Ratschläge formulierte, obschon er sie sogleich durch weitere Ermahnungen relativierte. Doch auch jene Worte aktivierten bei dem Jüngling nicht eben zuversichtliche Gedanken, da doch ihm die ewigliche Zukunft, sein Dasein nach dem Verlassen dieser Erde, überaus dubitabel erschien, ja er gleichsam verspürte, dass jene so bedeutsame, ja gleichsam bedeutsamste Frage ihm längst entglitten war, womit ihm statt tatkräftiger Zuversicht nur furchtsames Bangen verblieb.
    "Uns allen bleibt wohl nur unser Bestes zu geben und zu hoffen, dass es die Unsterblichen saturiert."
    , konfirmierte er endlich die wahren Worte Varros. Insonders ihm selbst blieb nichts als die desperate Hoffnung auf die letzten Worte seiner Mutter, obschon selbige keineswegs mit hinreichenden Explikationen waren versehen gewesen. Er würde es schlicht versuchen müssen!

  • Varro widerstand einem Impuls dem Flavier auf die Schulter zu klopfen. Das wäre sicherlich ungehörig. Daher beschränkte er sich auf eine zustimmende Miene. ein leichtes Nicken und ein Lippenbekenntnis. Permitte divis cetera...
    Obwohl er es selbst nicht so absolut mit den Göttern hielt, der Falvier schien das sehr zu favosieriern. Wohlan denn, wenn es ihm half. Es gelang ihm sogar eine halbwegs sakrale Miene aufzusetzen.

  • Eine Weile blickte der Tribun in die hereinbrechende Nacht hinaus und ließ jene aufs Neue philosophischen Gedanken langsam verhallen. Als der Decurio sodann keine weiteren Anliegen an ihn herantrug, nickte er.
    "Mich zumindest saturiert, was du und deine Männer geben. Ich wollte dies lediglich klarifiziert haben. Weitermachen!"
    Mit einem Lächeln wandte der junge Flavius sich um, um lediglich festzustellen, dass im inzwischen entstandenen Dunkel der Nacht er kaum imstande war, sich zu orientieren. Schlagartig wurde ihm sodann jedoch bewusst, dass sein Zelt am Kreuzungspunkt der zentralen Wege des Lagers lag und er sich am Zelt des Decurio ebenfalls unmittelbar neben der Via Principalis befand. Also zog er erneut sein Paludamentum ein wenig enger und machte sich davon, stets die Füße deutlich anhebend und sorgsam voreinander setzend, um nicht ohne Patrokolos' Führung einer in der Dämmerung inidentifikablen Bodenwelle zum Opfer zu fallen.

  • Varro salutierte Tribun! und sah dem Flavier nach, wie er sich den Weg zu seinem Zelt suchte. Lächelnd dachte er, daß dieser Mensch hier völlig ausserhalb seiner üblichen Lebensraums war. Doch er trug diese Herausforderung tapfer. Es ließ daher hoffen, daß er bei den Verhandlungen ebenfalls sein Bestes geben würde, weshalb er sich zu ihm mühte um die eventuellen Missverständnisse zu klären.

  • Während andernorts sich einige der Truppen mit den Germanen ein Stelldichein gaben, einige im Wald rumstanden und auf unsichtbar mimen, hatte Andriscus die vorhandenen Pferde versorgt
    Die Faule waren nun direkt für eine Parade brauchbar so wie sie geschniegelt und gesteigert da standen.
    Eimer mit Wasser standen inmitten der Pferde um den Durst zu löschen aber auch Heu konnte der Tiro bereitstellen. Wobei die Pferde eher das Gras und sonstiges Grün bevorzugten das ringsherum wuchs.



    Jetzt saß er auf einen der Eimer und kaute gedankenverloren auf einem Grashalm herum.

  • Als Manius Minor mit seiner Entourage ins Lager zurückkehrte, lag bereits das Schweigen der Nacht über den Zelten, vor welchen hier und da noch die Kochfeuer glommen und einzelne Milites ihre Wacht präparierten oder schlicht mit ihren Kameraden beisammen saßen, um sich die Ruhe jenes weitgehend freien Tages ausklingen zu lassen. In seinem leichten Trunke (nicht, dass der Tribun die Kraft über seine Sinne eingebüßt oder in einem Rausche sich bewegte, wie er einst in Alexandria an der Tagesordnung war gewesen) erwog er einen Augenschlag, die gesamte Vexillatio zu versammeln, um seinen Triumph zu verkünden, beschied jedoch sodann, bis zum folgenden Tag zu warten und begab sich zu Bett.


    ~~~


    Erst am nächsten Morgen ließ der Tribun noch vor dem Abbau des Lagers seine Männer versammeln. Zweifelsohne hatte sich Gerüchte bereits den Weg gebahnt und jene, die Interesse am Ausgang jener Mission gehegt hatten, mochten über die Trabanten des jungen Flavius diese oder jene Partikularität über die Verhandlungen erfahren haben. Manius Minor wollte jedoch vor ihrer Rückkehr all seine Männer über die Resultate ihrer Mission in Kenntnis setzen in der Hoffnung sie damit zu erbauen und ihre Motivation, sie ordentlich zu einem Ende zu führen, erhöhen.


    Ein wenig noch lastete der Met des Vorabends auf seinem Haupte, dazu deuchte ihm, jene Nacht sei noch weitaus kürzer gewesen als die übrigen während seines Kriegsdienstes, dennoch ließ er sich von Patrokolos und seinem Burschen in aller Frühe präparieren und sich Rüstung und Paludamentum anlegen, während er im Geiste sich für jene Stegreifrede rüstete, welche er nun zu halten gedachte.


    Als er sodann vor seinen Mannen stand, die von ihren Cornicen erweckt und gesammelt worden waren, wirkte er in der Tat wie ein zwar ein wenig dicklicher, doch durchaus respektabler Offizier:
    "Milites!"
    , hob er an und blickte freundlich in die Reihen der Legionäre vor sich, sodann zu den dahinter platzierten Equites, deren Rosse noch auf der provisorischen Koppel weideten.
    "Viele von euch mögen sich gefragt haben, zu welch seltsamer Mission sie beordert wurden, als man euch berief, just eine diplomatische Mission zu den Chatten, jenem uralten Erzfeind unseres Imperiums, zu beschirmen."
    Der Jüngling suchte in den Reihen der Offiziere den Blick Germanicus Varros, welcher so offen ihm den Argwohn manches Soldaten offenbart hatte.
    "Ein vornehmer Jüngling, der erst wenige Wochen sich in dieser Provinz befindet und erst ebenso lange unter dem Adler dient, braucht euch nicht zu belehren, welch lange Kette an Kriegen, Überfällen und Vergeltungsaktionen wir diesem wohl kriegslüsternsten aller germanischen Stämme verdanken. Mancher von euch mag ihnen selbst bereits im Kampfe begegnet sein, manchem mögen sie einen getreuen Kameraden geraubt haben."
    Nun wandte sich sein Blick zu Tiberius, welcher ihm bei seiner ersten Ambulatura vom Schrecken des Krieges berichtet hatte und dessen düsterer Blick beredtes Zeugnis davon gab, welchen Schmerz der Krieg selbst in den ruhmreichsten Kriegern evozierte.
    "Doch diente unsere Mission dazu, jenem unheilvollen Kreislauf ein Ende zu setzen. Ich verhandelte gestern mit den Häuptern der mächtigsten Gentes jenes Stammes, um euch für die Zukunft jenen grässlichen Blutzoll zu ersparen, den ihr und eure Kameraden vor euch stets zu leisten hatten."
    Der Jüngling machte eine kurze Pause und ein sublimes Lächeln brach sich die Bahn in Vorfreude auf das nun Folgende:
    "Und ich darf euch verkünden, dass ich euch zumindest vier Jahre der Ruhe für euch und eure Lieben erkaufen konnte!"
    Wieder pausierte Manius Minor kurz in der Erwartung, dass bereits jene Information seinem Auditorium Grund zum Jubilieren sein mochte.
    "Der Preis erscheint demgegenüber überaus moderat: Wir werden den Chatten Korn schicken, um ihre aktuelle Hungersnot zu lindern, was indessen keineswegs als ein Tribut misszuverstehen wäre, wie Rom ihn niemals leisten würde.
    Vielmehr wird es der Sold für eine Auxilia aus jungen Chatten dienen, welche sich für die Dauer jenes Friedens unter dasselbe Joch beugen werden, welches ihr auf euch nahmt. Anstatt Roms Grenzen zu bedrohen, werden sie sie defendieren, statt euch zu bekämpfen, werden sie an eurer Seite stehen, um andere Barbaren in ihre Schranken zu weisen."

    Diesmalig vermeinte der Jüngling keine ungebrochene Zustimmung in den Antlitzern der Soldaten zu erkennen, welchen es wohl doch nicht recht behagte, Seit an Seit mit ihren einstigen Gegnern zu fechten.
    "Oder vielleicht auch nicht..."
    , relativierte er seine Aussage wieder und sann nach einer adäquaten Ausflucht:
    "Sie werden in jedem Falle für unsere Seite fechten, vermutlich an einer fernen Front, fern von ihren Hütten."
    Wieder unterbrach der Jüngling seinen Redefluss, um sich zu sammeln und jener rhetorischen Sackgasse zu entfleuchen, um sich in ein Fahrwasser größerer Sekurität zu begeben.
    "Die Fürsten der Chatten schworen mir jenen Frieden zu halten und ich bin sicher, dass sie zu ihrem Wort stehen. Folglich erwarten euch Jahre der Ruhe. Zumindest an dieser Front."
    Der Tribun nickte, als konfirmiere er damit seine eigenen Worte.
    "Lasst uns also nach Hause zurückkehren, um euren Kameraden und unserem Legaten und Feldherrn, in dessen Auftrag ich gestern sprach, jene frohe Kunde zu bringen.
    Brechen wir unser Lager ab und marschieren wir, aufdass wir in den kommenden Jahren nicht genötigt sein werden, den Limes aufs Neue an dieser Stelle zu überschreiten!"

  • In Formation stehend, nahm Verus die Worte des Tribuns wahr. Er blickte zur Seite hoch, als dieser Flavius jenen Blutzolle ansprach, den Verus immer noch verfolgte und ihm eine Hölle war. Noch immer schmeckte er den Staub sowie das Blut seiner persönlichen Höllenfahrt. Die Blicke der beiden Römer kreuzten sich und Verus versuchte seine kalte Mimik zurück zu bauen, die er kurzfristig verloren hatte. Der Centurio fand sein hartes Gesicht wieder und nutzte dies, um eine Antwort schuldig zu bleiben. Der Mann blickte zurück in die Reihen der Angetretenen. Der Tribun stellte sich in einigen Passagen seiner Rede etwas ungeschickt an, so dass auch Verus mit seinen geweiteten Augen eine verwirrte Reaktion signalisierte und gleichsam wieder das gedrillte Angesicht verlor. Es war fast ein Freispruch und eine berührte Peinlichkeit, die sein Gesicht zeigte. "Ehm...," räusperte sich Verus leise aber schwieg dann. Es stand ihm nicht zu, eine Korrektur von sich zu geben oder dem Flavius in den Rücken zu fallen. Lieber flüchtete er sich in seine Gedankenwelt und fühlte wieder jene Verrückheit, die man als Kriegseifer beschreiben konnte. Verus glaubte nicht an einen Frieden und machte sich bereits für einen neuen Kampf bereit, wenn auch erst in vier Jahren. Es waren vier Jahre in denen er noch besser in seinem Handwerk werden konnte. Er würde seine Leute besser schützen können und gleichwohl besser die Feinde vernichten, die sich ihm und seinem Befehl in den Weg stellten. Es war diese grausame Dualität aus ängstlicher Verfolgung und seinem kalten Hunger nach Wert im Kampfe. Verus hatte seine Erinnerungen und seinen seelischen Schmerz aber war gleichzeitig zu gut als Soldat und Kämpfer für die blutige Sache des Krieges. Das ausgenutzte Leben des Tiberius war ein wertvoller Schatz für das Arsenal des Kaisers, denn Verus kannte seinen eigenen Wert nicht mehr und suchte stets nach einem Wert im Kampfe, obwohl er im Herzen wusste, dass dort nichts als Willkür und Unglück lauerte. Ein Soldat hatte nicht viel, außer eine feste Absicht und einen Willen zu Überleben, für einen neuen Morgen mit Wein und Weib. Beides hatte Verus nun: Wein in seiner Stube und Luna in seinem Herzen.

  • Die Reaktion seines Auditorium entsprach nicht eben jenem, was der junge Flavius von seinen bisherigen Reden gewohnt war, doch deutete er dies lediglich als neuerliche Mahnung, sich für dergestalte Anlässe intensiver zu präparieren. So begab er sich zu Trautwin, seinem getreuen Ross, und bestieg es, während die Centurionen bereits die Vexillatio zu einem kleinen Heerwurm formierten, in dessen Zentrum der Jüngling sich nunmehr platzierte.


    Er lenkte Trautwin hinüber zu Duccia Silvana, die ebenfalls in der Nähe des "Stabes" ihren Platz hatte, um die Seherin nochmalig zu sprechen. Sie mochte ähnlich viele Lenze wie er selbst zählen, doch schien sie ihm so viel erwachsener, so fokussiert und stark, wie er es selbst nur zu admirieren vermochte. Obschon gestrig er noch im Taumel jenes diplomatischen Sieges verharrt war, schmeckte er nun bereits wieder den schalen Gustus der Imperfektion, welche jener überaus attraktiven, mutigen und bestimmten Person gänzlich abzugehen schien.
    "Duccia, hast du dich gut von den Festivitäten des gestrigen Abends erholt?"
    , fragte er freimütig und schenkte der noch immer ihm Fremden ein sittsames Lächeln. Ihre bisherigen Unterredungen waren stets professioneller Natur gewesen, doch verlangte ihm doch danach, nun auch ein wenig mehr über die Person hinter der listenreichen Priesterin zu finden, zumal nunmehr die Nervosität ob seiner Mission ihn auf dem beschwerlichen Rückweg nicht zu okkupieren vermochte und er nach all dem Dienst der geselligen Rekreation bedurfte.
    "Ich selbst ruhte recht friedlich, doch freue ich mich bereits wieder auf meine Bettstatt im Castellum."

  • Runa ritt die ganze Zeit schweigend und hing ihren gedanken nach. So brauchte sie auch einen Moment um zu begreifen, dass der Flavius sie angesprochen hatte. Dann aber erhob sie den Blick und ein kleines Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
    „Nun ich habe gut geruht, aber auch ich muss gestehen, dass ich nach den Anstrengungen der letzten Tage froh bin, wenn ich wieder in meinem eigenen Bett schlafen kann. Ich freue mich vor allem auf meine kleine Tochter.“ Sagte Runa, sie konnte ja nicht wissen, dass ihr Mann sich bereits wieder in der Stadt befand. Und ja sie freute sich auf ein paar Tage der Ruhe, sie war ja schon einiges vor der Abordnung aufgebrochen und hatte schon mehrere Tage jenseits des Limes verbracht.
    Ihr Blick richtete sich nun wieder gerade aus. „Ich hoffe, dass du mit den Ausgang der Verhandlungen zufrieden bist. Du hast ihnen wirklich einiges abtrotzen können. Du weißt, dass Söhne das wertvollste sind was sie besitzen? Sie vertrauen sie Rom an. Sie tun dies, weil es dir gelungen ist ihr Vertrauen zu gewinnen. Das was du erreicht hast - Flavius – ist mehr als jeder andere vor dir. Du kannst wirklich stolz auf deine Leistung sein.“ Sagte sie, bevor sie ihn wieder ansah. „Ein Frieden am Limes, das ist doch etwas, was du voller Stolz in Rom erzählen kannst. Hast du selbst gedacht, dass du derart viel erreichst, als du hergekommen bist? Mit welchen Vorstellung über Land und Leute kamst du überhaupt her?“ Ja Runa bemerkte eigentlich erst jetzt, dass sie von dem Mann, der nun neben ihr ritt kaum etwas wusste. Sie hatten zwar gemeinsam diese Mission bestritten und sie zu einem guten Abschluss gebracht, aber wer der Mann eigentlich war wusste sie nicht. Natürlich hatte sie die Unsicherheit bemerkt, die dem Mann umgab. Sie hatte es auf sein Alter geschoben. Der Flavius war ja fast in ihrem Alter und dies hier mochte wohl seine erste wirklich Bewährungsprobe gewesen sein. Was Vala geritten hatte einen derart unerfahrenen Tribun zu den Chatten zu schicken wusste Runa nicht. Wäre die Lage der Chatten nicht derart prekär gewesen, dann hätten sie den unsicheren, unerfahrenen jungen Mann sicherlich nicht ernst genommen. Es stand auch während der Verhandlungen oft genug auf der Klippe. Sie hatte natürlich gehört wie sich einige der Begleiter der Oberhäupter über den Flavius und seine Jugend lustig machten. Man glaubte nicht, dass er Kriegserfahren war. Zum Glück hatte er den Tiberius dabei gehabt, vor jenem hatten sie als Krieger Respekt. Und da der Flavius über ihn befehligt ging jener Respekt vor dem Krieger auf den Tribun über.

  • Die Erwähnung von Silvanas Tochter ließ den Tribun lächeln, da doch ihm völlig war entfallen, dass sie in einem Alter sich befand, in welchem eine ehrbare Frau Matrone und Mutter war, anstatt gleich einem Mann zu Pferd durch die Wildnis zu reiten. Doch ehe er bezüglich ihrer Familie sich zu erkundigen vermochte, kam sie aufs Neue auf ihre Mission zu sprechen, lobpries aufs Neue seinen Triumph, was dem Jüngling indessen nur als Reproduktion jener admirierenden Worte des Vorabends erschien und bereits ihn fürchten ließ, dass das Gespräch nun aufs Neue sich der Politik und Diplomatie würde zuwenden.


    Doch fortunablerweise lenkte die Seherin ihre Frage doch wieder auf seine Person, was ihm doch weitaus mehr behagte:
    "Nun, ich hatte mir meinen Kriegsdienst ein wenig kriegerischer imaginiert."
    , kommentierte er daher trocken und lächelte aufs Neue, als er bedachte, mit welchem Todesmut er den Rhenus hinab gefahren war, stets in Gedanken darum kreisend, ob er würde den Mut aufbringen, auf dem Schlachtfeld den Tod des Heroen zu sterben. Dass jenseits des Manövers kein einziger Waffengang ihn hatte erwartet, mochte retrospektiv in der Tat eine, wenn auch nicht unerfreuliche Überraschung sein.
    "Überhaupt hatte ich nicht erwartet, dass jenseits Italias derart viel römische Kultur würde zu finden sein. Mein Kopf schwirrte von dem, was man sich in Rom über Germanen zu erzählen pflegt, dass sie letztlich nichts als kriegslüsterne Wilde seien, welchen Rom erst den Frieden brachte. Ich hatte nicht erwartet, mit derart großer Freundlichkeit aufgenommen zu werden. Zwar hatte ich gehört, dass sie durchaus von edler Gesinnung wären, doch gegenüber einem Römling aus hohem Hause hatte ich weitaus mehr Misstrauen und... nun, Feindseligkeit erwartet.
    Ebenso waren jene Militärsiedlungen mir kein Begriff, wie sie hiesig nahezu sämtlicher größeren Orte Antlitz dominieren. Selbst Mantua, wo ich mich als Knabe eine Weile aufhielt, war nicht in jener Weise durch die Legio Prima dominiert, wie dies in Mogontiacum, Argentoratum und andernorts der Fall ist."

    Er blickte um sich, wo nun wieder links und rechts des Weges der germanische Wald sich erhob.
    "Die Vegetation jenseits der Villae Rusticae indessen entspricht in etwa dem, was ich über dieses Land vernommen hatte."
    Verschmitzt zuckte er mit den Schultern.
    "Doch ich vergaß ganz, mich nach dem Befinden deiner Tochter zu erkundigen. Und wie lautet überhaupt ihr Name?"
    Erst die Erwähnung der Tochter hatte den Tribun memorieren lassen, dass bei seinem Einstandsmahl, auf welchem Duccia Silvana ihm als Tochter des Flamen Divi Augusti war präsentiert worden, selbige noch hochschwanger war gewesen, nun jedoch wieder einen, soweit er dies zu ermessen vermochte, weitgehend abgeflachten Bauch aufwies und folglich niedergekommen sein musste. Zwar vermochte er sich noch zu erinnern, dass der Vater jenes Kindes, ihr Gatte, der lokalen Priesterschaft Mogontiacums entstammte, doch weitere Details zur Familie der Duccia waren ihm entfallen.

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