Schon fürchtete der junge Flavius, die Früchte der Präparationen der Duccia wie seiner umfangreichen Explikationen annihiliert zu haben, als Baldur in überaus provokanter Weise auf seine Einwände reagierte. Wenn jener Kaufmann unter den Barbaren bereits seine Offerte ausschlug, wie mochten kriegslüsterne Narren wie Baldur darauf reagieren? Zweifelsohne war Rom keineswegs auf einen formellen Friedensvertrag mit den Chatten angewiesen, zumal auch in den vergangenen Jahren seines Wissens kaum Konflikte waren aufgetreten, die die Kräfte des Imperiums überspannt hatten, doch würde ein Erfolg in jenen Konsultationen ihm besser zu Gesicht stehen als ein Scheitern, welches letztlich gar die Chatten zu einem desperaten Versuch inspirieren mochte, jene benötigten Vorräte mittels Gewalt an sich zu bringen.
Doch fortunablerweise lenkte Einar ein und stellte seine Gravität gegenüber seinen Stammesgenossen unter Beweis. Vier Jahre mochte zwar nicht eben dies sein, was er sich erhofft hatte, doch verspürte der Tribun doch nach jenen überaus exhaustierlichen Initiativen einen gewissen Kleinmut, die Erträgnisse der Verhandlungen durch weitergehende Forderungen zu riskieren. Letztlich war bereits jene Übereinkunft durchaus zu Roms Gunsten: Der Imperator erhielt eine beachtliche Einheit von Soldaten, welche gewöhnlichen Auxiliarverbänden gleich zum Einsatz zu bringen und auszustaffieren war. Da mitnichten von einem regulären Sold, sondern lediglich der Unterbringung und Verköstigung der werdenden Milites war gesprochen worden, würden sie sogar geringere Kosten verschlingen als reguläre Verbände, sodass die "Gewinne" sich zur Finanzierung der Getreidelieferungen an die Chatten würden einsetzen lassen. Obschon dem Jüngling weder bekannt war, welchen Preis die Versorgung eines ganzen Stammes würde verschlingen, noch er um die Höhe des Soldes eines Auxiliarsoldaten wusste, erschien ihm dies durchaus adäquat, zumal schließlich bekanntermaßen auch Auxiliarsoldaten diesseits des Limes imstande waren, eine Familie zu ernähren. Dessenungeachtet jedoch würde der Frieden durch die Entfernung eines Teiles jener kampfeslustigen Generation als Jünglingen, die zugleich als Geiseln fungieren mochten, zweifelsohne sekuriert werden und Rom Ruhe verschaffen.
Fragend blickte Manius Minor zu der Duccia, welche womöglich besser imstande war das Resultat ihrer Verhandlungen zu ponderieren, doch blickte er lediglich in ein verschwommenes Antlitz, aus welchem in jener Distanz mitnichten eine sublime Regung war zu deduzieren, weshalb er beschied, seinen Konsens ohne weitere Konsultation zu erteilen:
"Rom würde konsent-"
Aufs Neue biss er sich auf die Zunge, als beinahe ihm wieder ein zweifelsohne ein wenig zu elaboriertes Wort ihm echappierte, und korrigierte sich.
"Rom würde dies akzeptieren. Selbstredend wäre uns daran gelegen, den Frieden noch über jene Periode hinaus zu verlängern, doch mag dies in vier Jahren aufs Neue erörtert werden."
Der junge Flavius atmete auf. Es war vollbracht.
Ehe er jener Kongregation mürrischer Senioren zu entfliehen imstande war, erschien ihm jedoch die Frage bedeutsam, wie jene Übereinkunft am trefflichsten zu sekurieren war. Für einen Quiriten erschien es indubitabel, einen derartigen Vertrag in schriftlicher Form aufzusetzen, doch verfügten die Chatten vermutlich gleich sämtlichen germanischen Stämmen kaum über eine adäquate Schrift, um dies zu bewerkstelligen.
So blieb sein fragender Blick final doch wieder an der Duccia haften:
"Sollten wir dies in einem Schriftstück festhalten? Hinsichtlich der exakten Mengen des zu liefernden Getreides, der genauen Zahl der zu stellenden Soldaten et cetera werden zwar zweifelsohne noch Nachverhandlungen vonnöten sein, zu welchen es mir am praktikabelsten erscheint, wenn eine Gesandtschaft eurerseits mich nach Mogontiacum geleitet, doch würde ich unsere Übereinkunft doch als bemerkenswert genug erachten, um sie... nun: festzuhalten."
Selbst in den römischen Provinzen war es kaum möglich, die genaue Zahl von Familien und Sippen zu bestimmen, noch viel weniger mochte dies in den barbarischen Gefilden jenseits des Limes der Fall sein. Ebenso bedurfte der junge Flavius einiger Informationen hinsichtlich der Getreidevorräte, welche in Germania Superior oder der gesamten Region zur Verfügung standen, um die Chatten zu beliefern. Insonderheit war der Jüngling jedoch kaum geneigt, sich in den winzigsten Details jenes Vertrages zu verlieren, sodass er dies überaus gern an andere Stellen delegierte, welche ohnehin diesbezüglich über eine sicherere Vollmacht verfügten und welchen es zweifelsohne leichtlich gelang, einer Handvoll Barbarenfürsten dergestalt zu influenzieren, dass sie den Wünschen Roms konsentierten.