Arbeitsraum des Consul H. Claudius Menecrates

  • "Wie du es wünscht. Ich werde dich gern unterstützen, soweit es mir möglich ist."
    , erwiderte der junge Flavius und nickte. Zweifelsohne würde es ihm durchaus zur Ehre gereichen, wenn nicht lediglich der Name des Claudius, sondern auch sein eigener auf den Ankündigungen zu den Equirria prangte, und es kalmierte ihn durchaus, nicht alleinig, sondern gemeinsam mit dem wettkampferfahrenen Consul für das angesichts der Enge des Marsfeld ohnehin kleineren Rennens verantwortlich zu zeichnen. Wenn er all dies bedachte, stieg sogar sein Mut, auch diese Obliegenheit zu meistern.


    Solchen Eifer bereitete die Perspektive ihm gar, dass er sogleich sich zu einem Vorschlag ließ hinreißen:
    "Womöglich könnte man das Rennen, in Abgrenzung zum ersten Termin, explizit als Nachwuchsrennen deklarieren oder dergleichen."

  • Der Vorschlag gefiel dem Consul und obwohl er die Arme verschränkte, was oft als Ablehnung empfunden wurde, signalisierte es in seinem Fall, dass er nachdachte. Seine Augen richteten sich auf einen Punkt, währen er gedanklich verschiedene Richtungen ausleuchtete. Schließlich öffnete er wieder seine Haltung und beugte sich interessiert vor.

    "Allein der Gedanke einer Abgrenzung gefällt mir gut. Abgrenzung in Form von Nachwuchsstartern ist ebenfalls sehr interessant. Lass uns darüber beratschlagen.
    Wir müssten ein Höchstalter festlegen. Dazu müsste ich einmal nachsehen, welches Alter infrage käme, damit jede Factio einen Fahrer melden kann, denn du weißt..."
    , er wiegte einmal den Kopf und lächelte dabei, ".. es gibt Factiones, die führt der Neid und scheinbar kein menschliches Wesen an."


    Er angelte nach einem Stapel Wachstafeln, aus deren Mitte er eine herauszog. Da es sich um die falsche handelte, legte er sie zur Seite und versuchte sein Glück erneut. Als auch dieser Versuch scheiterte, stand er auf und machte sich die Mühe, jede einzelne Tafel - beginnend von oben - anzusehen und wegzulegen, bis er die gewünschte in den Händen hielt.


    "Sechsundzwanzig, wenn die Russata teilnehmen soll", stellte er fest und ließ die Tafel sinken. "Das nenne ich nicht gerade Nachwuchs." Er dachte nach und äußerte die Überlegungen laut. "Wenn wir neunzehn als Grenze festlegen würden, könnten vier Factiones teilnehmen. Nachteil: Wir hätten nur ein halbes Starterfeld. Risiko:" Er blickte so bedeutungsvoll, wie man nur bedeutungsvoll dreinblicken konnte. "Es würde wieder Ausraster von Seiten einiger Factiones bzw. Senatoren geben." Obwohl er diese Ausraster keineswegs lustig fand, musste er über die Formulierung schmunzeln.

    "Welche Lösung schwebte dir vor, als du den Vorschlag in den Raum gestellt hast?"
    Selten harrte Menecrates derart gespannt auf die Antwort zu seiner Frage.

  • Der Consul war augenscheinlich für sämtliche Eventualitäten gewappnet, denn nach seiner Offerte ging er immediat in medias res und präsentierte umgehend auch die erforderlichen Fakten, welche er gar auf dem Schreibtisch vor sich parat hatte. Zweifelsohne stammte jene Notizen noch von den Präparationen der übrigen Läufe, derer Menecrates ja einige in seiner Amtszeit veranstaltet hatte, respektive zu veranstalten gedachte.
    "Nun, prinzipiell schwebte mir nichts Konkretes vor."
    , erwiderte der Quaestor auf die Rückfrage und präsentierte ein sublimes Lächeln.
    "Es handelte sich lediglich um eine spontane Idee. Nun, da ich darüber nachdenke, erschiene es mir indessen am praktikabelsten, wenn aus jeder Factio schlicht der jüngste Fahrer zu starten die Option erhielte."
    Konträr zu dem Claudius war Manius Minor kein Experte hinsichtlich des Renngeschäftes, weshalb er die Implikationen seiner Offerte nicht zu ersinnen vermochte, obschon er argwöhnte, dass sämtliche der jüngsten Aurigae der Factiones in einem komparablen Alter waren.

  • "Mir gefällt deine spontane Idee nach wie vor. Wir müssen nur die praktikabelsten Modalitäten finden." Er warf erneut einen Blick auf die Tafel und begann mit der Äußerung erster Festlegungen.


    "Jede Factio ist gehalten, ihren jüngsten Fahrer anzumelden, um das Rennen als Nachwuchsrennen deklarieren zu können. Damit haben wir eine Altersobergrenze festgelegt, die zwar variabel, aber vermutlich für alle akzeptabel ist. Ich halte es darüber hinaus für notwendig, eine Untergrenze festzulegen, denn zum Beispiel bei der Praesina befinden sich zwei Fahrer im Kader, die zum Nachwuchskader gehören. Der eine ist bisher nur bei einem Freundschaftsrennen gestartet, wo es um nichts ging und bei einem weiteren Rennen gegen seine eigenen Rennstallgefährten. Der andere ist über Trainingsrennen noch gar nicht hinausgekommen. Mir ist das Risiko zu groß, derart Unerfahrene in ein Feld zu schicken, bei dem jeder einzelne ein erbitterter Gegner ist. Auf frühzeitige Todesfälle kann ich gerne verzichten."
    Er studierte die Tafel erneut und las laut vor.
    "Der Jüngste der Russata ist elf Rennen gefahren, der Jüngste der Albata sieben, der Jüngste der Aurata vier, der Jüngste der Veneta sieben, der Jüngste der Purpurea ... tja, sind alle gleichalt und liegen zwischen drei und sechs Rennen und bei der Praesina wäre der Jüngste erst ein Trainingsrennen gefahren." Er blickte auf.


    "Wie gesagt, sowohl vom Alter, er ist fünfzehn, als auch von der Erfahrung, werde ich diesen Nachwuchsfahrer gewiss nicht fahrlässig gefährden. Ich schlage vor, eine Mindestanzahl von vier absolvierten Rennen muss der gemeldete Fahrer aufweisen. Drei würde auch noch gehen, fünf wäre zu viel."


    Nun studierte er Flavius' Gesicht, um die Antwort vorab zu erraten.

  • Der Quaestor legte die Stirn in Falten, als der Consul die detaillierten Hintergründe seines Votums erörterte, welche zu beachten ihm in Unkenntnis der Einzelheiten des Renngeschäftes niemals in den Sinn gekommen wären. Dass die Aurigae bisweilen lediglich fünfzehn Lenze zählten, erschien ihm zudem als erschröckliche Einsicht, wenn er bedachte, dass er in jenem Alter sich bereits als zu jung hatte erachtet, die Toga virilis zu tragen, während diese bereits ihr Leben auf der Rennbahn riskierten.
    "Nun, wenn dem so ist, habe ich diesbezüglich nichts einzuwenden. Letztlich sollten für die Starter ja zumindest annäherungsweise similäre Voraussetzungen vorliegen, um das Rennen für das Publikum hinreichend spannend zu halten."
    In dieser Frage war der Jüngling ohnehin gänzlich unpassioniert und verließ sich somit auf die Expertise seines Vorgesetzten.

    Sim-Off:

    Da du nun bereits die Einladungen versandt hast, könnte ich, sofern du dies wünscht, die Beschreibung des Rennens übernehmen. Heute schließe ich zumindest eines meiner SimOff-Projekte ab, sodass mir hoffentlich wieder ein wenig mehr Zeit für das IR bleiben wird.

  • Sim-Off:

    Sehr gerne. Solltest du heute bis zum späten Abend den Eröffnungspost nicht schaffen, würde ich den gern erstellen, um dass Kalenderdatum zu treffen.


    Einigungen brachten Fortschritte und Erleichterungen zugleich. Die Absprache näherte sich ihrem Ende und das Rennen selbst versprach Spannung.
    "Wir werden gänzlich andere Teilnehmer sehen und dem Publikum präsentieren als zu den letzten Equirria. Wenn wir zwei noch eine längere Weile zusammenarbeiten würden, was nicht der Fall ist, weil sich die Amtszeit ihrem Ende zuneigt, aber falls..., wer weiß, was wir zwei Rom noch alles bieten würden." Er lachte auf, wurde aber gleich wieder ernst.
    "Ich schlage vor, die Einladungen, die Ankündigung, den Schriftverkehr mit den Factiones übernehme ich. Mein Sekretär ist darin bereits geübt. Mir wäre sehr geholfen, wenn du bei diesen Equirria die Aufbauten der Tribünen, den Einzug der Statuen, ein paar Stände mit Esswaren usw. organisieren würdest. Sofern du Hilfe brauchst, scheu dich nicht, es zu sagen. Im Prinzip warten die wichtigsten Dinge seit dem letzten Rennen nur auf ihren erneuten Abruf."


    Er stapelte die Wachstafeln wieder zu einem stabilen Turm und schuf damit Platz auf seiner Arbeitsfläche.
    "Du kannst gerne schon mit den Vorbereitungen starten, ich werde das auch. Ich fertige mir im Vorfeld eine Liste all derer, die die Voraussetzungen erfüllen und notiere dazu, in welcher Reihenfolge sie gemeldet werden dürfen. Deine Idee eines Nachwuchsrennens benötigt nicht nur klare Startbedingungen, sondern auch eine Überprüfung der Meldungen, was es bisher meines Erachtens noch nicht gab. Zumindest nicht bei mir. Wenn du möchtest, kannst du die Listung gerne im Nachhinein anschauen."


    Der Consul nahm Platz und griff nach der ersten Informationstafel.

  • Augenscheinlich empfand der Consul durchaus Freude an ihrer Kooperation, was dem Jüngling durchaus Satisfaktion bereitete, zumal er doch fürchtete, seine kläglichen Beiträge zum Wirken des Claudius, welcher seine Gesetzesinitiativen und bisherig auch seine zahllosen ferialen Unternehmungen weitgehend in Eigenregie durchzuführen und seinen Quaestor lediglich in bestimmten Fällen hinzuzuziehen pflegte, seien dem Umstand geschuldet, dass er ihm als inkapabel erschiene.
    "Wie du es wünscht, Consul."
    , konfirmierte er daher nicht ohne guten Mut, zumal die Auctoritas eines Consuls zweifelsohne die Domini factionis eher zur Partizipation an jenem Rennen würde bewegen als die bescheidene Anfrage eines simplen Quaestors, selbst wenn dieser dem noblen Hause der Flavii mochte entstammen.

    Sim-Off:

    PN

  • "Dann lass uns an die Arbeit gehen." Bevor er die Tafel in seiner Hand studierte, fügte er noch an: "Wenn der Tag der Equirria hinter uns liegt, ist das Meiste getan. Ich möchte dich danach zu einer Cena laden, bei der wir noch einmal die Amtszeit Revue passieren lassen und uns auch über vielerlei Dinge unterhalten können, die fern der Politik stattfinden. Ich dachte an einen größeren Kreis, also meine Familie und du kannst gern eine Begleitung mitbringen. Sie alle sollen Sorge dafür tragen, dass wir nicht beständig in Dienstgespräche abdriften." Er schmunzelte, weil er sich kannte.
    "Gutes Gelingen, Quaestor." Damit meinte er die zahlreichen Wege für die Vorbereitung des Marsfestes.

  • Nach dem Eklat beim Verhör Sergia Faustas erschien der Quaestor erst am übernächsten Tage zu seinem Dienst beim Consul, da am Vortage er in seinem Auftrag bereits andernorts tätig war gewesen. Ein wenig furchtsam schlich er sich ins Officium, nachdem er dem Usus entsprechend hereingebeten worden war, und trat vor den Schreibtisch des Alten.
    "Consul, ich hätte eine Frage: Wie beurteilst du das Geschehen der Kommission? Die Sitzung vorgestern irritierte mich doch sehr."
    Er wollte Menecrates Raum geben, sich selbst bezüglich der Geschehnisse zu äußern, ehe er seine eigene Interpretation offerierte, da er es für adäquat erachtete, auch in diesem Fall die Rangfolge von Alter und Amt zu berücksichtigen.

  • Die letzten Wochen im Amt lagen vor Menecrates. Nicht nur die Amtszeit als solches hatte ihn stark gefordert, vor allem die letze Zeugenbefragung und die darauf folgende Senatsdebatte saßen ihm in den Knochen.
    Er seufzte hörbar, als Flavius ihn danach fragte. Nicht, weil er die Nachfrage lästig fand, sondern weil er selbst noch unter dem Einfluss der Ereignisse stand.


    "Ich habe, solange ich lebe, dergleichen noch nicht erlebt", begann er etwas schleppend. Das Schwungvolle hatte sich verbraucht. "Irritation trifft es für mich nicht, ich bin schockiert. Aber ich finde es hübsch umschrieben, wenn du sagt, die Sitzung hat dich irritiert." Er lächelte, wenn auch müde. "Wenn ich die Sitzung vor zwei Tagen kurz zusammenfassen müsste, würde ich sagen: Die Zeugin hat alle bis auf mich und den Trecenarius zum Schweigen gebracht. Sie hat aus unserer Sicht das letzte Teilstück zur Ursachenklärung geliefert - ungewollt - und durch sie konnte ich die Kommissionsarbeit vor dem Ende der Amtszeit abschließen. Ein Umstand, mit dem ich nicht gerechnet habe. Die für heute geplante Zeugenvernehmung des Tolmides ist abgesagt."


    Er lehnte sich zurück und atmete einmal durch.
    "Ich gebe dir anschließend den Einblick in das Fazit, was der Trecenarius und ich getroffen haben. Mich würde aber auch deine von mir unbeeinflusste Schlussfolgerung interessieren."

  • Im vergangenen Jahr hatte der junge Flavius gelernt, dass der Consul ein Mann klarer Worte war und folglich von der bisweilen überzogen umsichtige Formulierungsweise des Quaestors klärlich differierte. Er lächelte somit ein wenig genierlich, ehe er aufs Neue achtsam seine Augen hob, als Menecrates sein Resümee ankündigte, welches interessanterweise er augenscheinlich allein mit dem Tiberius konstruiert hatte, was deplorablerweise implizierte, dass die Meinung Manius Minors wie der meisten übrigen Kommissionäre ihm als unmaßgeblich erschien. Jene Einsicht desillusionierte den Jüngling ein wenig, zumal er bereits aus den Senatsdebatten vernommen hatte, welche Schlüsse der greise Claudius gezogen hatte, ohne die Kommission diesbezüglich zu konsultieren.
    "Nun, ich vermute, meine Interpretation differiert ein wenig von der euren: Sergia Faustas Auftritt zum Ersten erschien mir geradehin obsolet, denn abgesehen von ihrem ungebührlichen Betragen trug sie meines Erachtens nichts zu den Interessen der Kommission bei. Was sie uns bezüglich ihres Sklaven hätte berichten können, wäre Tiberius Verus wohl in weitaus adäquaterer Weise möglich gewesen."
    Er stockte ein wenig, da seine Gedanken ihn doch dazu neigten, dem Wort des Consul im Senat zu widersprechen, doch beschied er schlussendlich, sich dennoch hier zumindest privatim zu äußern:
    "Wie ich vernahm, beurteilst du die Situation different und erachtest die Respektlosigkeit der Weiber als tieferliegenden Grund für den Sklavenaufstand. Obwohl auch mich das Betragen der Sergia schockierte, vermag ich dir in dieser Hinsicht nicht recht zu folgen, da doch ihre Relation zu Varia mir reichlich konstruiert erscheint. Ich verstehe durchaus deinen Zorn über Sergia Fausta, doch fürchte ich, dass dein Gesetzesantrag ein wenig vorschnell und in der Hitze der Emotion erfolgte, weshalb ich geneigt bin mich den Reserven der übrigen Senatoren anzuschließen."
    Dass jene überaus emotionale Initiative auch das Fazit des Trecenarius darstellte, vermochte der Quaestor leichtlich zu imaginieren, da doch jener bereits während der Kommissionssitzung seiner Sicht der Dinge klärlich Ausdruck hatte verliehen. Ob Menecrates seinen Zorn inzwischen jedoch ein wenig kalmiert hatte und die Dinge nunmehr ein wenig differenzierter betrachtete, wusste er nicht zu sagen.

  • Der Auftritt der Sergia zog weitere Folgen nach sich: Menecrates erlebte seinen Quaestor so gesprächig wie nie. Und obwohl er eigentlich des Amtes müde war, zeigte er sich an dessen Äußerungen interessiert.
    "Wie mir scheint, reißen wir ein Thema an, das nicht ohne weiteres abzuhandeln ist. Bitte nimm doch Platz." Er wies auf einen Hocker, bevor er seinen - zugegeben etwas bequemeren - Stuhl hinter dem Tisch hervorschob, um sich in Flavius‘ Nähe zu setzen.
    "Meine erste Einschätzung, die Sergia betreffend, differiert gar nicht so sehr von deiner", begann er. "Inhaltlich hat sie keine neuen Erkenntnisse vermittelt, das ist ein Fakt. Als mir das klar wurde, habe ich die Befragung beendet. Warum ich mich entschlossen habe, alle schweigsamen Mitglieder der Kommission ebenfalls fortzuschicken, hat folgenden Grund: Wer in der heikelsten Befragung der gesamten Ermittlungszeit untätig die Arme verschränkt und anderen die Schwerstarbeit überlässt, hat in meinen Augen seine Daseinsberechtigung in der Kommission verwirkt. Es stand jedem frei, sich einzubringen. Wer schweigt, zeigt Interesselosigkeit an. So habe ich das Schweigen zumindest gewertet. Du bist der Einzige gewesen, der außer Tiberius hilfreich war." Er dachte kurz nach, bevor er einräumte: "Vielleicht hätte ich dich hinzuziehen sollen."
    Mir waren deine Schreibpausen zu groß, denn ich hatte nur noch eine Woche Amtszeit.
    "Aus diesem Grund betreiben wir heute den nachträglichen Gedankenaustausch." Menecrates wäre insbesondere zum Zeitpunkt der Befragung für andere Gedanken offen gewesen und obwohl er bereits eigene Rückschlüsse gezogen hatte, interessierten ihn andere Meinungen auch jetzt noch. Er hörte sich den Standpunkt seines Quaestors an, dann versuchte er sich an einer Richtigstellung.
    "Hier liegt übrigens ein Irrtum vor: Ich sehe keine Verbindung zwischen Varia und Sergia. Das ist schon alleine deswegen nicht möglich, weil es sich bei der einen um eine Amazone und bei der anderen um eine römische Bürgerin mit gänzlich anderer Kultur und Tradition handelt. Mir fehlte aber bei allen Belegen für das umfängliche Aufbegehren der Bewohner der Subura, die Verknüpfung zwischen ihnen und Varia, denn auch da gibt es keine augenfällige Verbindung. Eine Amazone ist eine weibliche Kämpferin, ohne Familie und ohne Kind. Warum sollte sie Frauen und Mütter in Rom mitreißen können?


    Wir wissen, dass es so gekommen ist, aber wir können es nicht erklären und damit gebe ich mich nicht zufrieden.


    Solange mir nicht jemand einen schlüssigeren Grund liefert, bin ich der Auffassung, dass das jahrelange Vorbild der Sergia - römische Mutter und an Dreistigkeit kaum noch zu überbieten, gleichzeitig nie von irgendjemand zurechtgewiesen, geschweige denn abgestraft - den Mut der Frauen entfacht hat. Dass ein Mann für sich und seine Familie kämpft, ist normal. Dass Frauen und Mütter sich dem Kampf anschließen, eher nicht. Das Heer der Sklaven hat für die Freiheit gekämpft und Sergia Fausta hatte sich als erste ihres Geschlechts seit Jahren aus ihrer angestammten Rolle befreit. Wie gesagt, ohne Folgen für sie."
    Sein Blick ruhte auf Flavius, als er anfügte: "Ich höre mir gerne deine Alternativerklärung an.
    Und was das Gesetz betrifft, es ist nicht im Zorn verfasst. Zornig war ich zu keiner Zeit, bestenfalls schockiert. Ich habe mit dem Leiter der kaiserlichen Ermittlungen im Nachhinein und ganz in Ruhe beratschlagt, wie der Vorfall zu werten und wie darauf zu reagieren ist. Ich habe zwar leider im Senat feststellen müssen, dass die wenigsten Senatoren noch etwas von der Mos Maiorum halten, daher bin ich ihnen einen gewaltigen Schritt entgegengekommen."

    An dieser Stelle kürzte Menecrates ab. Er hätte noch erwähnen können, dass das Wenige, was er nun noch per Gesetz erwartete, eine Selbstverständlichkeit für jeden Römer mit Werten sein sollte, aber ganz langsam dämmerte ihm, dass die Claudia womöglich die letzte Gens im Imperium war, die auf die Einhaltung der alten Traditionen pochte.

  • Manius Minor ließ gedanklich sein eigenes Schweigen während der Befragung der Sergia Revue passieren, welches keineswegs dem Desinteresse war geschuldet gewesen, sondern vielmehr der Abstrusität der Situation, zu deren Klärung er sich nicht als mächtig genug erachtet hatte, zumal der Consul dies ja selbst unternommen hatte.
    "Womöglich waren die Kommissionäre auch schlicht zu schockiert von ihrem Betragen der Sergia, um adäquat reagieren zu können. Hinzu kam, dass Tiberius Verus eine überaus scharfe Replik formulierte und dabei den Kaiser selbst überaus heftig kritisierte. Für meine Person kam dies gänzlich unerwartet und womöglich schien es manchem unter uns zu heikel, sich in similär kritischer Weise über unseren Princeps zu äußern, während der oberste Speculator im Raume steht."
    , offerierte der Jüngling somit eine alternative Deutung des befremdlichen Schweigens während der letzten und augenscheinlich finalen Sitzung der Kommission.


    Die Verbindungen, welche der Consul schlussendlich zwischen Sergia Fausta und dem Aufstand zog, vermochte der junge Flavius weiterhin nicht zu folgen. Dies war zum einen darin begründet, dass Sergia Fausta (welche hier aber zweifelsohne lediglich als Exemplum diente) und ihresgleichen in seinen eigenen Augen kaum in Erscheinung traten, so marginal wie ihre Existenz war. Zum anderen war er jedoch außerstande, politisches und administratives Engagement von Frauen so rundheraus abzulehnen, wie dies dem Claudius möglich war, denn Manius Minors eigene Großmutter war ja noch selbst im Senat gesessen und hatte Provinzen und Armeen kommandiert. Gewiss war dies den Umständen ihrer Zeit primär geschuldet gewesen und in diesen, neuerlich stabilen Zeiten erschien es auch Manius Minor als Gräuel, wenn Frauen nach der Waffe griffen oder allzu exponierte Positionen in der Administration oder gar im Heer einnahmen. Doch dies war ja ohnehin nicht mehr der Fall und bisherig hatte es ihn kaum tangiert, wer die Korrespondenz des Kaisers präparierte oder auch einem Magistraten als Scriba diente.


    Der junge Flavius dachte an seine Schuld bei den Unsterblichen und runzelte die Stirne. War dies womöglich eine Prüfung der Götter, ob er sich von den Irrlehren des Epikur nun endlich emanzipiert hatte?
    "Tiberius Verus' Position scheint mir klar, obschon gerade die Tiberii doch noch lange weibliche Politiker in ihren Reihen gezählt hatten."
    , wich er somit vorerst einer klaren Position aus und sog stumm neue Luft in seine Lungen.
    "Deplorablerweise - oder zum Glück liegt mir das Denken und Handeln des Pöbels recht fern. Insofern bin ich ratlos, was just jene Kriegerin befähigte, eine dergestalt breite Anhängerschaft zu generieren. Die Ungerechtigkeiten unseres Staatswesens tragen dazu zweifelsohne bei, womöglich auch die Sittenlosigkeit unserer Zeit. Ob es hingegen eine singuläre Explikation geben kann, welche du zwar meines Erachtens nicht forderst, doch in deinem Senatsantrag nahelegtest, und diese gerade in der femininen Arroganz zu suchen ist, wage ich zu bezweifeln. Mir zumindest kommt bei der Betrachtung unserer Probleme wieder die Geschichte des Menenius Agrippa in den Sinn, welche meines Erachtens die Ordnung unseres Staatswesens ein wenig breiter erfasst: Zweifelsohne sollen die Frauen ihren vorbestimmten Platz einnehmen, doch ebenso die Handwerker, die Sklaven und auch wir Aristokraten. Diese allgemeine Pflicht zu betonen, scheint mir eine geeignetere Perspektive, um zu Ruhe und Ordnung zurückzukehren."
    Dies zumindest war das Resultat seiner Überlegungen gewesen, welches zwar den Vorstoß Menecrates' integrierte, jedoch ein wenig weiter griff und damit womöglich geeignet war, dem claudischen Antrag ein wenig den faden Beigeschmack einer Sündenbock-Suche zu nehmen.

  • Menecrates wiegte den Kopf und schien zu überlegen, bevor er antwortete.
    "Ja, gut möglich, dass die Kommissionäre zu schockiert vom Betragen der Sergia waren, um adäquat reagieren zu können. Decimus konnte man das sogar ansehen. Was aber hielt sie an den anderen Sitzungstagen zurück, sich aktiver zu beteiligen?" Der Consul lächelte. Er sah eine schleichende Unlust bei den Mitgliedern, die ihren Höhepunkt bei der Befragung der Sergia fand, und er konnte sich nicht vorstellen, dass Flavius eine ähnlich passende Erklärung für die mangelnde Beteiligung der vorangegangenen Sitzungen finden würde.
    Die Kritik am Kaiser hingegen lag ihm nur am Rande in Erinnerung. Er stand auf und griff zu den Protokollen, um sie zu überfliegen.
    "Jaaa, es klangen Worte der Kritik an. Sogar deutliche Worte. Um ehrlich zu sein, ist das bei mir etwas untergegangen. Hm, ich würde andere Worte wählen, aber ich scheue mich nicht, meine Meinung und unsere Schlussfolgerung zu Frauen in Ämtern vor dem Kaiser zu thematisieren. Ist er der Mann, für den ich ihn halte, wiegelt er nicht vorschnell ab. Es ist leicht, sich angegriffen zu fühlen, aber schwer, sich selbst zu hinterfragen. Ich hoffe, er wählt den schweren Weg, zumal nicht er derjenige war, der zuerst Frauen in Ämter hob, sondern dies bereits vor ein, zwei Generationen eingerissen ist."


    Der junge Flavius schwenkte zurück zum Trecenarius und Menecrates folgte ihm. Auch er fand die Position des Tiberius' erstaunlich, wenn man die über Jahrzehnte üblichen Gepflogenheiten der Gens berücksichtigte. Es folgte der Versuch einer Alternativerklärung zur geschlechterübergreifenden Gefolgschaft der Varia, der sich aus Menecrates' Sicht, nicht nennenswert weit entfernt von seiner eigenen These befand.
    "Ist nicht aber gerade durch die Fehlleitung von Frauen die Ordnung unseres Staatswesens aus dem Gleichgewicht geraten? Sowas tritt nicht von heute auf morgen ein. Das ist ein Prozess und er begann vor Jahrzehnten, lange vor der Inthronisierung unseres jetzigen Kaisers.
    Oder hat aus deiner Sicht noch eine andere Bevölkerungsgruppe ihre angestammte Position verlassen - sei es durch kaiserliche Förderung, durch Vernachlässigung vom Staat, durch die Folgen des Bürgerkrieges oder sonstiger einschneidender Ereignisse?"

    Er wartete einen Moment gespannt, dann schob er aber doch noch etwas nach, bevor Flavius antworten konnte.
    "Ich bin nicht sicher, ob es reichen würde, die von dir angesprochenen allgemeinen Pflichten für jedermann zu betonen. Worte sind schnell vergessen. Ich hatte ein Gesetz angestrebt als Rahmen, Orientierung und Halt für jedermann. Es hätte ein Gemeinschaftsprojekt werden können." Er hob die geöffnete Hand. "Vielleicht wird es das ja noch. Manches braucht Zeit."

  • "Nun, dies ist mir ebenfalls rätselhaft."
    , kapitulierte der Quaestor hinsichtlich der Ehrenrettung seiner Mitkommissionäre, als der Consul spitzfindig nachfragte. Womöglich hatte es an der bisweilen nicht recht identifizierbaren Zielsetzung gelegen, welche Menecrates zur Vermeidung etwaiger Engführungen für lange Zeit hatte offen gehalten, doch erschien ihm diese Hypothese zu insekur, um sie nun zu formulieren, zumal er aus dem Stande nicht zu bestimmen imstande war, wann und wie eine klarere Definition geboten wäre gewesen. Womöglich war es indessen durchaus die Kritik am Kaiser gewesen, selbst wenn der Consul sie augenscheinlich nicht in ihrer Vehemenz wahrgenommen hatte.


    Die Fragen, welche Menecrates nunmehr stellte und womit er das Feld der Beklagung des Unabänderlichen verließ, brachten Manius Minor schlussendlich neuerlich ins Spintisieren, da doch sein Vorschlag lediglich aus dem Stegreife war formuliert worden und somit nun ex post einer dichteren Unterfütterung bedurften.
    Nach einem tiefen Seufzen offerierte der Jüngling jedoch zumindest eine nährungsweise Explikation, welche spontan ihm in den Sinn kam:
    "Nun... ich sehe weniger eine Überambition der Frauen als eine Pflichtvergessenheit der führenden Familien, Sorge für das Gemeinwohl zu tragen, was den Hass der Plebs schürte. Womöglich lässt sich auch eine zu starke Nivellierung zwischen römischen Bürgern und Peregrini beklagen, welche es der Plebs dubitabel erscheinen lässt, aus welchem Grunde sie sich noch dem römischen Staatswesen verpflichtet fühlen sollten."
    Die Majorität des stadtrömischen Pöbels besaß ja ebenfalls die Civitas Romana, die seit den Reformen des Iulianus sie jedoch steuerlich kaum noch von den Peregrini in den Provinzen distinguierte.

  • Menecrates ließ die Äußerungen bezüglich des Ungleichgewichts erneut wirken, fühlte sich gleichzeitig aber nicht selbst angesprochen, als im Speziellen die Pflichtvergessenheit der führenden Familien thematisiert wurde.


    "Ich vermute, die Debatte um die Konsequenzen wird im Senat noch lange Zeit in Anspruch nehmen. So wie ich die Schnelligkleit der römischen Mühlen kenne, wirst du eher Senator sein und mitreden können als dass diese abgeschlossen sind." Im schlimmsten Fall fielen die Ermittlungsergebnisse gänzlich unter den Tisch, weil die Trägheit gegenüber der Anstrengung und Gewohnsheitsänderung siegte.


    "Lass uns das Thema abschließen und zu einem neuen kommen. Ich habe mich von dir während meiner Amtszeit gut unterstützt gefühlt und möchte mich deswegen erkenntlich zeigen. Ich weiß, dass dies nicht unbedingt üblich ist, aber ich halte mich nur dann an das Übliche, wenn es mir sinnvoll erscheint. Ich möchte dir ein Grundstück schenken." Durchaus gespannt, wie Flavius reagierte, blickte Menecrates den jungen Mann an.

  • Manius Minor konnte sich nicht des Eindruckes erwehren, der Consul sei gänzlich desillusioniert von der Aktivität des Senates, dessen Kritik ihm selbst (soweit er sie aus den offiziösen Berichten entnommen hatte) überhaupt nicht derart fundamental erschienen war. Die Angelegenheit weiter zu erörtern erschien somit auch dem Jüngling müßig und er wandte sich dem neuen Sujet zu, welches ihn durchaus überraschte.


    Nach dem Lamentieren hinsichtlich der Trägheit und Passivität der Ermittlungskommission und des Senates strahlte das positive Urteil Menecrates' umso heller auf, weshalb der junge Gracche ein genierliches Lächeln zeigte, welches sich in ungläubiges Staunen wandelte, als der Claudius die Gratifikation nannte, mit welcher er seinen Quaestor auszuzeichnen gedachte.
    "Ich-"
    , setzte Manius Minor zu einer Replik an, doch wusste selbst der wortgewandte Jüngling nicht recht, was er auf diese Offerte erwidern sollte, weshalb er verstummte. Auch wenn Menecrates das Grundstück nicht genauer bemessen hatte, musste er doch annehmen, dass es sich um ein beachtliches Stücklein Erde von beträchtlichem Wert handelte, welches, obschon die Flavia selbstredend mehr als hinreichend Land ihr Eigen nannte, durchaus ein pretioses Zeichen der Anerkennung darstellte.
    "Ich danke dir!"
    , rang er endlich hervor, um sogleich wieder zu verstummen. Er selbst hatte seinen Beitrag zum Consulat des Claudius stets eher kritisch bewertet, denn selbst wenn er doch konzedieren musste, dass er solide Arbeit geleistet hatte, so hatte er doch niemals den Eindruck gehabt, neben dem fulminanten Einsatz des greisen Consul auch nur in irgendeiner Weise seine jugendliche Energie in adäquater Weise zum Einsatz gebracht zu haben. Mitnichten hatte er diesbezüglich sich vor dem Claudius selbst geschämt, doch in mancher stillen Stunde war in ihm die Befürchtung aufgekeimt, seinen eigenen Ahnen nicht zu genügen und mit seinem bisherigen Betragen kein bisschen zur Purgation vom Schmach der Schicksalsvergessenheit beigetragen zu haben. Diese Anerkennung nun kalmierte ihn ein wenig, selbst wenn der Zweifel blieb, ob irgendeine irdische Kraft seine Leistung in endgültiger Weise zu ponderieren imstande war.


    Als ihm bewusst wurde, dass er eine ganze Weile geschwiegen hatte und bereits begann, aufs Neue ins Spintisieren abzugleiten, lächelte er amüsiert.
    "Selbst ich muss vor sie viel Güte verstummen."
    Einen Augenschlag fühlte er sich bemüßigt, sich sogleich über die Lage, Größe und Bebauung jener Parzelle zu erkundigen, doch nahm er davon Abstand, um nicht allzu begierig zu erscheinen (zumal ihm dies mitnichten anstand).
    "Es ehrt mich überaus und ich bin stolz, dir eine Stütze gewesen zu sein. Ich hoffe, der Princeps wird dir deine umso viel größere Leistung ebenfalls adäquat vergelten."
    Selbstredend dachte Gracchus hier keineswegs an eine monetäre oder physische Rekompensation, doch verblieben für einen Consular selbstredend zahlreiche, in vielerlei Hinsicht lukrative Okkupationen, die der Kaiser zu vergeben pflegte.
    "Ich konnte von dir Vieles lernen und bin dankbar, dass du mir Gelegenheit gabst, mich in so vielen Bereichen zu erproben."

  • Menecrates schmunzelte, während er Flavius beobachtete. Alleine der wechselnde Gesichtsausdruck war das Geschenk wert und die abschließenden Worte freuten ihn. Er sann ihnen eine Weile nach und ertappte sich dabei, wie er den nahenden Scheideweg bedauerte. Eine vergleichbare Zusammenarbeit zwischen ihnen würde es vermutlich nicht geben. Zwar sollten sie sich eines nicht allzu fernen Tages sicherlich im Senat begegnen, aber zum einen lagen ihre Sitzpositionen weit auseinander und zum anderen wollte Menecrates eigentlich seine Senatsaktivität senken. So lautete zumindest der Plan. Er atmete einmal hörbar durch.


    "Nun ja, bevor ich noch rührselig werde, sollten wir aufbrechen." Er erhob sich, griff nach der vorbereiteten Schenkungsurkunde und reichte sie seinem Quaestor. "Ich habe mit Bedacht gewählt. Das Grundstück liegt neben einem Pferdezuchtbetrieb. Es soll dich an deine Quaestur und die Equirria erinnern." Er schmunzelte. "Es liegt in Ostia. Aula Oestrus heißt das Gestüt."

    Sim-Off:

    WiSim

  • Augenscheinlich erübrigte sein Mentor neuerlich wenig Zeit für eine private Unterredung, was der junge Flavius ein wenig bedauerte, zumal er sich nach jener überaus beachtlichen Geste der Anerkennung ihm noch stärker verbunden fühlte als zuvor. Gerührt ergriff er die Urkunde und betrachtete sie, obschon ihr Text vor seinen Augen selbstredend verschwomm.
    "Ich danke dir von Herzen."
    , bemerkte er, als schlagartig ihm gewahr wurde, dass dies seine erster Besitz war, welchen er ganz persönlich hatte erworben, denn obschon auch dieses Anwesen ob der Patria potestas Manius Maiors in den Familienbesitz würde übergehen, war Manius Minor doch gewiss, dass auch sein Vater es als seinen Besitz würde betrachten. Insofern erfüllte bereits ihn ein gewisser Vorwitz über seine Beschaffenheit, seine Bebauung und den Nutzen, welchen es für die Ökonomie der Flavia würde entfalten können.


    Als er aufblickte, bedachte er wieder Menecrates' Aufbruchspläne, welche die gewisse Intimität des Momentes zu durchbrechen drohte. Um sie dennoch zu nutzen, intervenierte der Jüngling aufs Neue:
    "Eine Frage noch: Was gedenkst du als nächstes zu unternehmen, wenn deine Amtszeit endet?"

  • Die Frage durchkreuzte Menecrates' Pläne, sich aus der Situation zu retten, bevor er rührselig wurde. Eine kurze Antwort hatte er nicht parat und Flavius abzuwürgen, hätte der junge Mann nicht verdient und das würde auch nicht Menecrates' Gepflogenheiten entsprechen.
    "Tja." Die Ratlosigkeit bezog sich noch mehr auf die Situation als auf die gestellte Frage, obwohl auch die Frage nicht leicht zu beantworten war. Menecrates stand unbewegt hinter seinem Schreibtisch und schwankte zwischen hervortreten und sich wieder hinsetzen. Im Vertrauen darauf, dass er seine Gemütsregung im Zaum halten konnte, setzte er sich wieder.


    "Ich gehe davon aus, dass du mit Unternehmung keine Ausflüge meinst", erwiderte er schmunzelnd, bevor er wieder ernst wurde. "Ich bin unschlüssig", gab er zu. "Ich habe jahrelang einen Traum verfolgt und das Consulat stellte den letzten Schritt im Vorfeld dar. Ausgerechnet die Amtszeit ist es aber nun, die mich zögern lässt, diese alt gehegten Pläne zu beflügeln." Er atmete einmal durch und lachte einmal kurz auf, als er in alte Erinnerungen abschweifte.
    "Als junger Mann schien mir mein Weg klar: Als Offizier wollte ich eines Tages Kommandant werden und als Legat träumte ich von der Stadtpräfektur. Solange ich Träume verfolgt habe, ging es mir nur um den Weg. Dabei habe ich nichts übereilt, sondern alles mit Bedacht entschieden." Er legte eine Pause ein, in der er die Gedanken sortierte.


    "Spätestens das Consulat eröffnet den Blick auf die inneren Strukturen. Das Staatswesen ist eine komplizierte Maschinerie. Es gibt widersprüchliche Bestrebungen, ein Machtgezerre, Intrigen, Anfeindungen…" Er atmete einmal durch. "Ich gehöre eher zu den Menschen, die solcherlei Umfeld für ihr Wirken meiden. Was bedeutet, spontan fehlt mir die Antwort auf deine Frage." Er hob und senkte bedauernd die Brauen.


    "Vielleicht wäre es klug, mich zunächst mit angenehmen Charakteren zu umgeben und letztlich eine Rolle in einem gemeinsam geplanten Lebenswerk zu übernehmen. Damit würde ich allerdings persönliche Befindlichkeiten vor die Pflichttreue stellen, was wiederum auch nicht korrekt, erstrebenswert und Teil meines Charakters ist." Er hob die Hand, stoppte in der Bewegung, während er nachdachte, dann senkte er sie wieder.
    "Wahrscheinlich sagt dir diese Antwort viel und gleichzeitig so gut wie nichts.
    Sehen deine Pläne denn konkreter aus?"
    Er lehnte sich zurück und fühlte sich als Zuhörer gleich viel wohler.

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