Etwa 11 Meilen südöstlich von Roma liegt direkt an der Via Appia und unweit des Lacus Albanus das Municipium Bovillae (Karte, Pauly) - eine Stadt nicht nur mit besonderer historischer Bedeutung für die Gens Iulia, sondern überdies auch allgemein ein beliebter Vorort im Umland von Roma mit einer ausgeprägten Villenlandschaft. Eine genau dieser Villen ist auch der senatorische Landsitz des Marcus Iulius Dives: Das komfortabel ausgestattete und stilvoll eingerichtete Hauptgebäude lässt kaum eine Annehmlichkeit städtischer Wohnbauten vermissen und wird in angemessener Entfernung ergänzt durch die wirtschaftlichen Betriebe, welche der Senator sein Eigen nennt. Neben dem Anbau von Getreide, Obst, Gemüse, Blumen und Kräutern ist vor allem die exzellente Pferdezucht des vom Wagenrennsport begeisterten Iuliers sein ganzer Stolz.
Vor geraumer Zeit nun bereits hatte Dives die Urbs Aeterna verlassen, um zunächst nur seine politischen und gesellschaftlichen Kontakte in seiner ehemaligen Wirkungsstätte Ostia zu pflegen. Einmal dort, besuchte er bei dieser Gelegenheit selbstredend auch die Taberna "Granum et Vennuncula" und dachte zurück an die wunderbaren Begegnungen mit seinem verblichenen Freund Aculeo. Der Schwermut trug ihn anschließend nicht zum ersten Male zur letzten Ruhestatt Ocellas, eines ebenfalls geschätzten Freundes, verlässlichen Weggefährten und viel zu früh aus dieser Welt geschiedenen Mannes. Und natürlich durfte auch ein kurzer Besuch der Bauruine des Serapis-Tempels nicht fehlen, um sich selbst zu mahnen, nie wieder so angreifbar und verletzlich, den eigenen Gefühlen so wehrlos ausgeliefert zu sein.
Es war wohl purer Zufall, dass der iulische Senator ausgerechnet am Tag seiner Abreise aus der Hafenstadt einem weiteren, verloren geglaubten Freund in die Arme lief: Caius Caelius Caldus! Nach einer doch eher unterkühlten Begrüßung entwickelte sich ein durchaus aufschlussreiches Gespräch, in dessen Verlauf Dives unter anderem davon erfuhr, dass der Caelier einst nur unfreiwillig die Domus Iulia und Roma verlassen hatte - und fest entschlossen war, auch in der Tat nie wieder einen Fuß in diese Stadt zu setzen.
So schlussendlich verschlug es die beiden Männer, den iulischen Senator und seinen 'vorzüglichen Freund' - Oder sollte man ihn gar als einen 'Freund mit Vorzügen' titulieren? -, auf das divitische Anwesen bei Bovillae. Denn auch hier hatte der Senator zunächst noch durchaus einige Angelegenheiten zu klären, die seinen hiesigen Aufenthalt begründen konnten. Doch bald schon begann die Zeit zu verstreichen wie im Fluge. Roma schien sich zu entfernen von Bovillae - und Bovillae entfernte sich von Roma: Die Teilnahme an einer unter anderen Umständen hochgradig interessant klingenden Einladung ins Hause Aurelia sagte Dives ebenso ab, wie er auch das Ansuchen des jüngeren Flavius Gracchus unter terminlichen Vorwänden höflich ablehnte. *
* Aufgrund der zeitlichen Differenz stelle ich es Lupus und Gracchus Minor frei, ob sie derartige Antworten tatsächlich erhalten haben oder ob meine Briefe in der Post verloren gegangen sind.
Und selbst auf einen - nicht zuletzt überaus charmant geschriebenen - Letter des hübschen Beau Callistus reagierte der divitische Iulier nur langsam und vergleichsweise zurückhaltend. - Das Leben in Bovillae, es erinnerte den Senator in seiner relativen Unbeschwertheit an den Beginn seiner Karriere. So war zwar auch jene keinesfalls frei von Konflikten gewesen, doch kannte er damals weder den grausamen Schmerz verursacht durch den Tod des eigenen Kindes, noch die bittere Enttäuschung einer zerbrochenen Liebe; und auch nicht die seelischen Abgründe mancher Nachfahrin des bekannten Hochverräters Sergius Catilina...