Officium | MFGM et GSR - De re publica

  • Ziel eines Tirocinium fori war es, einen jungen Mann in die Subtilitäten des öffentlichen Lebens zu initiieren und eine profunde Kenntnis der Mechanik der Res publica zu verschaffen, wozu selbstredend die Zeit das Wahlkampfes sich insbesondere eignete. Aus diesem Grunde ließ Manius Minor kurz nach dem Einzug Ravillas nach selbigem schicken, um in seinem Officium mit dem Erörtern jener Fragen zu beginnen und zugleich zu erfahren, wie der Spross cappadokischer Priester und römischer Kriegsmannen ihm mochte vonnutzen sein.


    "Guten Morgen, Seius!"

    , salutierte er den Jüngling, als dieser das Officium betrat, welches in römischer Weise lediglich mit zwei Klinen (auf deren prächtigerer der flavische Senator hatte Platz genommen), einem Regal voller Buchrollen sowie einem Schreibpult (an dem Patrokolos, Minors Leibsklave war platziert) eingerichtet war.

    "Nimm Platz! Ich hoffe, deine Kammer behagt dir und du kannst wohl darin ruhen?"

  • "Guten Morgen, teurer Flavius! Ich residiere vorzüglich im mir zur Verfügung gestellten Cubiculum."


    Der Aufforderung folgend machte Ravilla es sich auf der Kline bequem. Da es sich um einen privateren Rahmen handelte, war er weniger auffällig zurechtgemacht als beim Gang in die Öffentlichkeit oder zum Anlass eines Treffens unter mehr als vier Augen, wobei jene der Sklaven selbstverständlich nicht mitgerechnet wurden. So trug Ravilla heute seine blütenweiße Toga, nur dezent nach Jasmin duftend. Nachdem Anaxis die Falten der Gewandung mit geschickten Fingern vorteilhaft um den Leib seines Herrn arrangiert hatte, nahm er am Fußende der Kline Aufstellung, wo er schweigend seiner weiteren Verwendung harrte.

  • "Sehr erfreulich!"

    , erwiderte der Flavius und präsentierte ein sublimes Lächeln. Der Privatheit seiner Räumlichkeiten und des Anlasses entsprechend trug er keine Toga, welche ja in ihrer Voluminität ein wenig günstiges Kleidungsstück für das alltägliche Sitzen, Liegen und Gehen darstellte, doch dass sein Tiro ihm den Respekt erwies, selbst im Hause im Staatskleid zu erscheinen, erfreute ihn selbstredend. Dennoch fühlte er sich geneigt, Ravilla zumindest die Option auf eine legerere Garderobe ebenfalls zu offerieren:

    "Soweit wir im Hause sind, ist es dir im Übrigen gestattet, auf die Toga zu verzichten."

    Weiter hielt Minor sich jedoch nicht mehr mit dergestalten Nihilitäten auf, sondern eröffnete sogleich das Feld:

    "Ich habe nach dir schicken lassen, um die Belange des Wahlkampfes mit dir zu erörtern. Wie du weißt, kandidiere ich für das Amt des Aedilis Curulis und arbeite derzeitig daran, Senatoren für meine Wahl zu gewinnen. Sind dir denn die Mechanismen dieses Wahlkampfes bekannt?"
    Einen Augenblick erwog er, bei dieser Frage zu verharren, doch da ein simples "Ja" oder "Nein" doch eine mäßige Aussagekraft besaß, nachdem jene Selbst-Ästimierung ja allzu sehr im Auge des Betrachters lag, fügte er eine kleine "Prüfungsfrage" an:

    "Oder setzen wir anders an: Was würdest du mir raten, wie ich vorgehen sollte?"
    Selbstredend verfügte der Flavius längst über einen elaborierten Plan, welchen wie gewöhnlich er mit seinem Vater sowie einigen Vertrauten seit dem Tag seines Entschlusses, dieses Amt anzustreben, erarbeitet hatte. Dennoch ergab sich ja womöglich eine Inspiration und ganz sicher würde er so erfahren, wie der Seius politisch dachte!

  • "Spätestens in den wärmeren Tagen eine Wohltat, für die ich dir danken muss", sprach Ravilla, der indes an das Tragen der Toga so gewöhnt war, dass er sie nicht als störend empfand. Im Gegenteil trug sie aufgrund ihres respektablen Charakters dazu bei, dass ihr Träger sich in seiner Haut besonders wohlfühlte.


    "Die exakten Mechanismen der Wahl für die höheren Ämter sind mir noch fremd, jedoch hatte ich mir freilich einen Plan für meinen eigenen Wahlkampf zum Vigintivir zurechtgelegt. Versuchen wir doch, einiges davon auf den deinen umzumünzen. Zunächst wollen wir die grobe Richtung erörtern. Grundsätzlich stehen zwei Strategien des Wahlkampfes zur Auswahl. Erstens."


    Ravilla hob den Zeigefinger. "Überzeugungskraft durch Inhalt. Die Wähler respektive die Senatoren werden durch jene Argumente überzeugt, welche sie hören wollen. Inwieweit sie mit den tatsächlichen Plänen nach erfolgreicher Wahl deckungsgleich sind, ist dabei reine Ermessensfrage. Entscheidend sind ihre Stimmen, denn die edelsten Ambitionen nützen nichts, wenn sie nicht verwirklicht werden können. Zweitens."


    Er nahm den Mittelfinger dazu. "Überzeugungskraft durch Emotionen. Die Wähler werden an ihren Herzen gepackt, an ihrer Hoffnung, ihrem Gewissen, ihrem Glauben und ihren Ängsten. Cicero vernichtete Catilina nicht, indem er dessen Verfehlungen sachlich gegen mögliche Vorzüge abwog, sondern indem er die niedersten Instinkte der Zuhörer reizte: Zorn, Angst, Ekel und Verachtung. Bis Catilina am Ende als der einsamste Mensch der Welt seinem Freitod entgegenging.


    Der perfekte Wahlkampf, den wir als Ideal annehmen wollen, spricht Kopf und Herz in gleichem Maße an und sorgt dafür, dass der Wähler gar nicht anders kann als dir, mein lieber Flavius, freudig zuzustimmen. Und sollten beide Strategien aus diesen und jenen Gründen nicht fruchten, so sollte der praktisch denkende Mann stets noch ein paar materielle Argumente parat haben in Form von Geld, schönen Mädchen oder Knaben, teuren Geschenken und nicht zuletzt in Form von wirksamen Drohungen."

  • Der Flavius lauschte aufmerksam dem jungen Seius und lächelte milde, als jener mit größtem Verve seine Argumente platzierte und dabei geschickt offenbarte, dass er über hinreichend klassische Bildung, aber auch jugendlichen Idealismus verfügte, welchen er selbst (wohl ob des Umstandes, dass er die wahre, bisweilen hässliche Fratze der Politik am Exempel seines Vaters gleichsam mit der Muttermilch hatte aufgesogen) niemals hatte zu entwickeln vermocht.

    "Nun, wie ich sehe, kennst du deinen Cicero und die Philosophen vortrefflich und ich freue mich bereits jetzt darauf, deinen Reden zu lauschen!"

    , bemerkte er und präsentierte erneut ein diesmal offeneres Strahlen.

    "Womöglich könntest du uns bei der nächsten Gelegenheit zu einem Gastmahl eine Kostprobe geben!"

    Dass Jünglinge bei derarten Gesellschaften ihre rhetorischen Talente zum Besten gaben, war immerhin durchaus möglich und sorgte insonderheit bei der Commissatio nach dem eigentlichen Essen bisweilen für heitere Zerstreuung. Dass Ravilla hierfür ein herausragender Kandidat war, lag bereits jetzt auf der Hand.


    Dennoch war er genötigt, die aufstrebenden Gedanken des Jünglings ein wenig zu bremsen, weshalb nun er mit der Schulter zuckte und eine reserviertere Mimik offenbarte.

    "Deplorablerweise entbehren viel zu viele Senatoren viel zu sehr jener ethischen Ideale und der Begeisterung für kluge Köpfe und gute Ideen.

    Ehe sie geneigt sind, deinen Reden auch nur zu lauschen, werden sie gänzlich andere Fragen stellen:

    Wer ist dieser Mann?

    Kennen wir ihn oder zumindest seine Familie?

    Verfügt er über bedeutsame Fürsprecher und Kontakte?

    Besitzt er jene Gravitas und Dignitas, derer es bedarf, um ein öffentliches Amt zu bekleiden?

    Aber selbstredend auch jener letzte Punkt, den du bereits nanntest: Inwiefern werde ich von jener Wahl profitieren? Unterstützt sein Patron bei der nächsten Gelegenheit meinen Klienten? Verspricht seine Wahl, dass meine Belange verfolgt oder die meiner Feinde vereitelt werden?


    Sodann erst werden Fragen folgen wie:

    Ist er kapabel, das angestrebte Amt zu bekleiden?

    Welchen Anliegen will er sich widmen und ist dies die richtige Wahl?

    Sind seine Reden glaubwürdig?"

    Ein Seufzen entfleuchte Gracchus Minor, als jene unrühmliche, doch realistische Beschreibung der römischen Politik er hatte vorgetragen. Zweifelsohne war dies einer jener Aspekte, aus welchen heraus er einst sich den Lehren Epikurs hatte zugewandt, die das öffentliche Leben mit jener glänzenden Fassade hoher Tugenden und staatstragender Parolen und dem maroden Innenleben partikularer Interessen und ignoranter Seilschaften als unwahr verachteten.

    "Versuchen wir es also noch einmal von einem grundlegenderen Ansatz her: Wie würdest du meine Lage einschätzen? Und welche Maßnahmen würdest du empfehlen, um mich in jener Situiertheit zum Erfolg zu führen?"

  • "Sollte die Gelegenheit sich bieten, wäre es mir eine Freude, dieser Einladung zu folgen."


    Ein solches Gastmahl würde dafür sorgen, dass Ravilla die Nobilitas samt Anhang kennenlernte. In einer Gesellschaft, in welcher Kontakte das Alpha und das Omega darstellten, wäre Ravilla ein Narr, würde er diese Gelegenheit nicht beim Schopfe greifen.


    "Die große Vergangenheit der flavischen Ahnen ist hinreichend bezeugt. Dein ehrenwerter Vater amtiert in heutiger Zeit als Pontifex. Er wäre nie zu einem solchen berufen worden, würde es den Flaviern an respektablen Kontakten und Fürsprechern mangeln. Selbiges gilt für seinen Sohn, weshalb die ersten Fragen ohne jeden Zweifel positiv zu beantworten sind. In Anbetracht der altehrwürdigen Tradition der Flavier darf man auch davon ausgehen, dass für eine Bezeugung traditioneller Werte wie Gravitas und Dignitas gesorgt wurde. Ansonsten werden wir Gelegenheiten suchen und Situationen schaffen, in denen sie gezielt vertieft werden.


    Ich gehe summa summarum also davon aus, dass die gesellschaftlichen und politischen Grundvoraussetzungen für die Kandidatur in deinem Falle stimmen und wir uns auf den inhaltlichen und strategischen Aspekt deines Wahlkampfs fokussieren können. Was den Inhalt betrifft, so bitte ich dich zunächst um eine Erläuterung deiner Intentionen und alsdann werde ich dir einen passenden Vorschlag zur Umsetzung offerieren."

  • Der Flavius lächelte, als Ravilla nach seinen überaus korrekten Ausführungen zur Einschätzung seiner Situation aufs Neue auf Intentionen und Agenden zu sprechen kam.

    "Nun, Seius, was meine Intentionen betrifft, kann ich diese rasch umreißen: Ich wünsche mein Amt ordentlich zu absolvieren, selbstredend Spiele zu veranstalten und sonst den Gepflogenheiten meiner Vorgänger zu folgen. Ein spezifisches Anliegen verfolge ich nicht, außer dem, eine Rangstufe im Senat aufzusteigen und womöglich mich für neue Ämter und Würden zu qualifizieren."

    Die Zeiten des politisierten Cursus Honorum, in denen ambitionierte Politiker wie die legendären Gracchen oder ein Cato Censorius ihre Programme hatten verfolgt, in denen Kampfabstimmungen über Bodenreformen und politische Initiativen den Senat hatten bestimmt, waren lange vergangen. Selbstredend erhob sich hier und dort noch immer die ein oder andere Debatte, fochten rivalisierende Seilschaften um Einfluss und das Ohr des Kaisers. Doch die Ämter des Cursus Honorum spielten hierfür (deplorablerweise?) kaum mehr eine Rolle, sie waren zu drögen Verwaltungsämtern verkommen, lediglich erhellt durch die Gunst diverser Auftritte bei Spielen oder Sacrae publicae.

    "Was also würdest du mir also hinsichtlich Inhalten und Strategie raten?"

    Er lächelte erwartungsvoll, wohl wissend, dass er seinen Tiro fori womöglich ein wenig aus der Reserve lockte mit seiner Negation des seischen Ansatzes.

  • Gracchus Minor ließ sich nicht abwimmeln. Dies wäre indes auch ein unglücklicher Wesenszug für einen Ädil gewesen. Ravilla stützte, auf der Kline liegend, das Kinn in seine Hand. Nachdenklich schmunzelnd hüllte er sich einige Zeit in Schweigen.


    "Als spektakuläre Spiele bieten sich freilich die Megalesia an. Kreischende Eunuchen, welche sich mit Astragal-Peitschen ihre Leiber zerfleischen - wer liebt so etwas nicht?"


    Ein kurzes Emporzucken seiner Braue deutete an, dass der letzte Satz nicht gänzlich ernst gemeint war. Es gab genügend Personen, welche diese Inszenierung als barbarisch erachteten. Nicht von ungefähr war es römischen Bürgern untersagt, ein Galluspriester zu werden. Ravilla zählte nicht zu den Kritikern. In seiner Heimat gab es häufige Feste dieser Art und die exzentrischen Eunuchenpriester der Kybele, Bellona, Ma - der Großen Mutter - waren je nach Region ein alltäglicher Anblick.


    "In jedem Fall ein Schauspiel, welches im Gedächtnis haften bleibt. Sind die dazugehörigen Wagenrennen verbunden mit deinem Namen, so wird man sich an diesen hervorragend erinnern. Besonders, wenn du Geschenke in die Menge wirfst. Deine wichtigsten Freunde, Verbündeten und Gönner solltest du ebenso, vielleicht bei einer Ansprache, nicht zu lobpreisen versäumen."


    Ihm kam der Gedanke, einen der Galloi zu engagieren, welcher sich den Namen des Gracchus auf den Rücken ritzen lassen würde, doch würde dies womöglich als Lästerung der Magna Mater oder Gottesanmaßung des Flaviers fehlinterpretiert werden, weshalb Ravilla diesen gewagten Einfall in weiser Voraussicht für sich behielt.

  • Der Flavius lauschte und fand neuerlich Anlass, sich über die Ausführungen seines Tiro zu amüsieren. Indessen waren die Ludi in der Tat eine vortreffliche Idee, sich bei den Römern in Erinnerung zu halten. Und tatsächlich erinnerte er sich, dass auch sein Vater einst jene Spiele mit sonderlichem Pomp hatte zelebriert.

    "Eine vortreffliche Idee, Seius!"

    erwiderte er daher und nickte, um jedoch sogleich wieder die Stirn in Falten zu legen.

    "Deplorablerweise liegen die nächsten dieser Spiele erst in meiner avisierten Amtszeit, sodass kaum ich sie für meinen Wahlkampf werde nutzen können."

    Wieder hielt er inne, als ihm eine neuerliche Eventualität in der Interpretation des Gesagten in den Sinn kam.

    "Oder meintest du dies als Argument für meine Wahl? Dafür wäre es Zweifels ohne geeignet. Und dennoch: was sollte ich konkret tun, um die Senatoren jetzt führ mich zu gewinnen?"

    Möglicherweise war seine Frage auch zu banal, zielte sie doch schlicht auf die konkreten Aktionen, welche für einen Wahlkampf sich schickten.

  • Hier hatte Ravilla sich zweifelsohne zu einem Denkfehler hinreißen lassen. Spiele, welche nach der Wahl stattfanden, konnte man schwerlich zum Zwecke des Wahlkampfes nutzen. Nachdenklich strich er über sein gut rasiertes und gepudertes Kinn.


    "Bisweilen formen die Gedanken einen gordischen Knoten. In jenem Fall darob, was die temporären Verhältnisse anbelangt. So wären die Ludi Megalensis womöglich als Wahlkampfversprechen tauglich? Freilich müsste ein besonderer Inhalt in Aussicht gestellt werden. Besonders spektakuläre Rennen mit von weither angereisten Fahrern, oder vielleicht eine präparierte Bahn."


    Doch machte der kleine Mann deutlich, dass Ravillas Gedankengänge ihm zu vage erschienen. Und mit den bisherigen Ausführungen war in der Tat weder ein Blumentopf noch eine Wahl zu gewinnen.


    "Um die Senatoren für dich zu gewinnen, musst du dich bei ihnen von Verbündeten empfehlen lassen, sie bestechen und von dir überzeugen. Spende ihnen Geld und erlesene Sachgeschenke für ersteres, halte eine umwerfende Rede für zweiteres. Vielleicht die eine oder andere Cena, in denen du sie mit kulturellen Darbietungen und je nach Gusto auch fleischlichen Verführungen gewogen stimmst, während du sie in klugen Debatten von deiner Wertigkeit überzeugst."


    Freilich war dieses Vorgehen moralisch diskutabel, doch hatte es sich oft als effizient erwiesen.

  • "Nun, die Auswahl der Aurigae obliegt den Factiones, hinsichtlich des Ablaufes wäre ich doch geneigt, die Traditionen zu achten. Hinsichtlich der flankierenden Theater-Darbietungen könnte man sich indessen etwas einfallen lassen..."

    Wie viele etablierte Sportarten war selbstredend auch das Wagenrennen ein recht konservativer Sport und die Anhängerschaft schätzte es nicht, wenn ihre geliebten und vielgerühmten Aurigae mit Novitäten wurden konfrontiert, die womöglich ihre Leistungsfähigkeit schmälerten.


    Die Empfehlungen hinsichtlich der Gewinnung von Senatorenstimmen ließen Manius Minor aufs Neue schmunzeln.

    "Dem einen oder anderen lüsternen Senator wäre womöglich mit einem guten Essen und einer hübschen Gespielin beizukommen, in der Tat. Die erfolgreicheren unter ihnen werde ich indessen eher mit Empfehlungen und klugen Reden gewinnen können, da hast du Recht. In der Tat ist ersteres wohl das größte Pfund, mit welchem ich als Spross einer etablierten Familien zu wuchern vermag, da doch mein Vater selbst nicht allein die höchste Rangklasse im Senat bekleidet, sondern darüber hinaus als Pontifex über nicht geringen Einfluss verfügt und damit auch in direkter Nähe zu Kaiser steht. Ebenso dient mir, wie ich verhoffe, Claudius Menecrates als Fürsprecher. Er ist zwar nicht mein Patron, doch konnte ich ihn während meiner Quaestur, in der ich ihm als Quaestor Consulum diente, für mich gewinnen. Ihn sollte ich also durchaus aktivieren.

    Potente Fürsprecher sind in der Tat bedeutsam. Oftmals unterstützen sich die Mächtigen tatsächlich weniger ob der konkreten Personen, sondern im Sinne eines 'Kuhhandels': Der eine wählt den Klienten oder Anverwandten des anderen, dafür unterstützt der andere die eigenen Kandidaten. Oder man tauscht eine Stimme bei der Wahl gegen eine Stimme für ein Gesetzesvorhaben, eine Empfehlung beim Kaiser oder dergleichen. Darüber können wir, die wir letztlich beide unter der Potestas meines Vaters stehen, jedoch nur recht mäßig verfügen. Dennoch ist es wichtig, dies zu beachten und womöglich direkt mit dem Patron abzusprechen, so man gedenkt sich um ein Amt zu bewerben."

    Einen Augenschlag hielt der Flavius inne und dachte nach.

    "Uns bleibt es somit vor allem, die Boten der Mächtigen zu spielen: Gewünschte Unterstützer persönlich aufsuchen und sie nach ihren Wünschen fragen, die der eigene Patron womöglich erfüllen kann. Gastmähler zu geben, um die eigene Eignung als eloquenter, solventer Kandidat zu belegen und immer wieder auf die eigenen Vorzüge hinsichtlich Abkunft, Bildung und Verbündeten zu verweisen."
    Dies war zunächst das Wichtigste für den Wahlkampf.

    "Für dieses Unterfangen wie die gesamte Politik ist es somit von besonderer Bedeutung, die Bündnisse und Allianzen innerhalb des Senates zu kennen, familiäre Verflechtungen und Differenzen zu beachten und zwischen ihnen geschickt zu changieren. Welche Senatoren sind dir denn bisher persönlich bekannt?"

  • Jenes komplexe Geflecht war für Ravilla noch zu abstrakt, um es in seiner Gänze zu begreifen, wenngleich es zu dechiffrieren er sich bemühte. Doch würde es sich in den kommenden Jahren vor ihm entfalten. Er würde bald wissen, welche Seilschaften welche Bereiche dominierten, wo Vorsicht geboten war und wo es gar notwendig sein mochte, Opponenten aus der Bahn zu drängen, für sich selbst oder seine eigenen Bündnispartner. Noch lief alles blendend, jedermann war ihm freundlich zugewandt - doch würde dies in Zukunft so bleiben? Ravilla mochte dies hoffen, war sich jedoch des Umstandes bewusst, dass an der Spitze eines jeden Berges ein eisiger Wind fauchte.


    "Welches ist denn dein Patron?", erkundigte er sich. Den Namen des Claudius Menecrates verwahrte er als Fürsprecher seines Aedils im Gedächtnis - ebenso die Kaisernähe des ehrwürdigen Pontifex, welche der Vater des Flavius Gracchus Minor war. "Mir ist der Name des gastfreundlichen wie zuvorkommenden Senators Annaeus Florus Minor bekannt, bei welchem ich zu Neujahr zu speisen das Vergnügen hatte."


    Ein weiterer Minor, stellte Ravilla verzückt fest. Den "Kleinen" wohnte anscheinend eine magische Anziehungskraft auf ihn inne.

  • "Bisherig konnte ich mich noch nicht entschließen, mir einen Patron zu erwählen."

    , erklärte Minor, für den jene Thematik ein heikles Unterfangen war, da doch auch sein Vater lediglich innerfamiliär einen Fürsprecher hatte erwählt.

    "Dank des herausragenden Status meines Vaters ist es mir vergönnt, gewissermaßen unter seinem Patronat zu agieren. So führte er mich in die Netze des Senates ein und machte mich mit seinen Freunden und Weggefährten bekannt, welche mich schlicht unterstützen, weil ich der Sohn meines Vaters bin. Zu jenen Senatoren zählt im Übrigen etwa Cornelius Scapula, der ebenfalls dem Collegium Pontificium angehört, ebenso dessen Neffen, welche zugleich die Brüder meiner Gattin sind. In der Tat stellen auch die Collegia maiores vortreffliche Räume zur Verfügung, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu anderen Granden zu pflegen, weshalb etwa mein Vater eine herzliche Relation zu den meisten Pontifices pflegt. Auch andere Kultvereine, aber selbst die Factiones können selbstredend eine derartige Funktion übernehmen, sodass es als Homo novus, wie du einer bist, möglicherweise geraten sein kann, sich in derartigen Gruppierungen zu tummeln. Ich selbst bin etwa Mitglied bei den Salii Palatini, die indessen nur Patriziern vorbehalten sind und vornehmlich jüngere Standesgenossen, nicht selten selbstredend aufstrebende Jungpolitiker, in ihren Reihen haben."

    Die Flavii als alte, etablierte Familie hatten hier eher das Privileg, vornehmlich die informellen Bande zu pflegen, die sie ohnehin ererbt oder welche aufgrund ihres Status selbst zugefallen waren.

    "Mit Annaeus Florus hatte ich bereits das Vergnügen, doch kenne ich ihn kaum. Sein Vater ist ein Emporkömmling aus den Provinzen, wenn ich mich nicht irre. Er machte eine steile Karriere beim Militär, doch erwarb er sich währenddessen erst das Bürgerrecht, soweit ich mich entsinne."

    Bisherig waren die Annaei jener Linie im Senat nur mäßig in Erscheinung getreten, was zweifelsohne auch ihrem inferioren Status als Außenseiter war geschuldet.

    "Derartige Homines novi gibt es inzwischen in großer Zahl in den Reihen des Senates, doch streben die meisten dort lediglich nach lukrativen Ämtern und Einnahmen und bleiben so gleichsam farblos. Annaeus Florus Minor hingegen scheint scheint durchaus Ambition zu besitzen, ich nahm erstmalig von ihm Notiz, als der Princeps selbst ihn als seinen Quaestor erwählte. Eine derarte Nähe zum Augustus ist selbstredend auch ein außerordentlicher Beschleuniger der eigenen Karriere. Mit Annaeus werden wir zweifelsohne noch rechnen müssen! Sind dir weitere Senatoren bekannt? Oder kennst du gar jemanden aus deiner Provinz, der hier in Rom karrieriert?"

  • "Ein praktischer Umstand, zweifelsohne! So bist du mit den Cornelii verwandt."


    Welchem auch einer der jüngeren Kaiser entstammte. Ravilla, höchst empfänglich für derlei Nimbus, war beeindruckt, wie man unschwer dem Ausdruck seines geschminkten Antlitzes entnehmen konnte. Die Götter mussten ihm wahrlich hold gewesen sein an jenem Tage, als Valerius Flaccus den Pfad seines Lebens in der Taberna Palindromos gekreuzt hatte!


    "Sich bei den Factiones zu tummeln ist freilich eine interessante Option, welche sich offeriert! Gibt es eine solche, vor welcher du avertieren würdest, wenn mir an einer Kontinuation unseres guten Verhältnisses gelegen ist? Eine persönliche Präferenz konnte ich noch nicht entwickeln mangels lokaler Verbundenheit, jedoch erscheint mir dem Hörensagen nach die Aurata als eine sympathische Factio. Leidenschaft und Tüchtigkeit, das birgt Identifikationspotenzial."


    Wobei er hoffte, mit der konkreten Benennung nicht an einem wunden Punkt seines Gegenübers zu rühren. Manchereins war etwas empfindlich, was das betraf. Doch ohne eigene Gedanken zu fragen, erschien ihm gleichsam seelenlos und der Vorsicht gar zu viel.


    "Einen Karrieristen in Rom? Nun, beim neuerlichen Rhetorenwettstreit in der Taberna Palindromos war es mir vergönnt, Bekanntschaft mit den beiden vorzüglichen Aeditui Lucius Quintilius Clemens - den Mann mit der Seidenzunge - sowie den äußerst gebildeten Servius Annaeus Vindex zu machen, beides großartige Menschen mit bestem Potenzial. Auch Aulus Furius Saturninus vom Palatinum, einen Mann mit einem Verstand so scharf und kühl wie ein Messer, zähle ich zu meinen Bekannten."*


    Valerius Flaccus bedurfte keiner Erwähnung, war er es doch, welchem Ravilla seine hiesige Anwesenheit verdankte.


    "Annaeus Florus ist zweifelsohne ein engagierter und korrekter Mann, mit dem zu konversieren sich angenehm gestaltet. Man munkelt, wenn niemand hinsieht, würde er manchmal Anzeichen von Humor zeigen, doch steht der Beweis noch aus."


    Ein Schmunzeln kündete vom beabsichtigten Scherz, wobei zu berücksichtigen ward, dass er den Mann bisher nur bei offiziellen Gelegenheiten hatte getroffen. Bei einer Cena zu fortgeschrittener Stunde war er womöglich in anderer emotionaler Kondition.


    Sim-Off:

    *Jene vortrefflichen Menschen vom Opferereignis am Templum Martis Ultoris kennt Ravilla zu diesem Zeitpunkt noch nicht. :)

  • "In der Tat. Indessen möchte ich bemerken, dass diese Linie der Gens keinerlei verwandtschaftliche Relation zum Princeps Cornelius Palma besitzt. Obschon mein Vater, wie man weiß, durchaus zu den Unterstützern des verschiedenen Kaisers zählte."

    Die Rolle Manius Maiors im vergangenen Bürgerkrieg mochte im Einzelnen wenig rühmlich gewesen sein, doch bestand keinerlein Zweifel, dass die Flavia beim Staatsstreich des patrizischen Überwinders des Usurpators sekundiert hatte, weshalb sie auch unter der Tyrannis Salinators laboriert hatte.


    Hinsichtlich der Factiones vermochte der Aedil ebenfalls keine rechte Präferenz zu benennen:

    "Wir Flavii unterstützen nach Gusto verschiedene Factiones: Mein Onkel Furianus amtierte als Dominus Factionis der Purpurea, mein Onkel Aristides und mein Vetter Serenus präferierten die Russata. Ich selbst konnte mich nie gänzlich für einen Rennstall erwärmen, doch würde ich doch ebenfalls von einer gewissen Sympathie für die Russata sprechen."
    Er lächelte ein wenig versonnen, ehe er klarifizierte:

    "Ob der Factiones werden wir aber unter keinem Umstand in Streit geraten, vermute ich. Insofern sei dir freigestellt, ob und welche von ihnen du zu wählen gewillt bist."


    Die Bekanntschaften des Seius erschienen indessen eher limitiert, obschon durchaus interessant:

    "Ich meine mich zu entsinnen, den Namen Annaeus Vindex schon einmal gehört zu haben... welchem Tempel steht er denn vor? Womöglich erwähnte mein Vater ihn..."

    Dies zumindest erschien naheliegend bei einem Aedituus.

    "Doch sprich: Was für ein Rhetorenwettstreit war dies denn? Mir war gar nicht bekannt, dass du deine rhetorischen Qualitäten bereits publico unter Beweis stelltest!"

  • "Wie erbaulich. So werde ich mich allfällig bei den Factiones umsehen und evidieren, ob ich einer davon meine Präsenz affilieren sollte."


    Leiten lassen würde er sich in der Reihenfolge von seinem Gefühl und die Aurata würde die erste Factio sein, welche er mit einem Kontaktgesuch würde beehren. Eine Verwandtschaft zu Cornelius Palma wäre nicht dazu geeignet gewesen, einen Ravilla zu verschrecken - denn Palma war ein großer Mann gewesen. Nicht zwangsläufig ein guter - aber ein großer.


    "Der Rhetorenwettstreit fand in der Taberna Palindromos statt, wobei eine These zur Diskussion gestellt wurde, welche lautete: Wenn das Imperium sich weiter ausdehnt, so wird es sich selbst aufzehren. Pro und Contra waren durch je ein Rhetoren-Duo zu verteidigen. Meine Wenigkeit trat per Losentscheid mit Furius Saturninus dafür ein, dass diese These wahr sei. Während einige Beteiligten den Wettstreit als unterhaltsame Herausforderung betrachteten, begriff ich ihn als eine Gelegenheit, meine Fähigkeiten zu schulen und die Reaktion des Publikums auf diese wie jene Strategie der Redner zu analysieren. Dabei stellte ich etwas Interessantes fest."


    Er hob einen Finger.


    "Fakten interessieren den Durchschnittsrömer bestenfalls subsidiär. Saturninus hat bereits im ersten Beitrag mathematisch bewiesen, dass eine weitere Ausdehnung des Imperiums unter den gegenwärtigen Konditionen in einem wirtschaftlichen Desaster enden würde. Die Reaktionen des Publikums waren verhalten. Doch als er eine aufgeblasene Schweinsblase platzen ließ, welche das zum Bersten aufgeblasene Imperium verkörpern sollte, johlte das Volk oder zog entrüstete Gesichter! Diese Schweinsblase hat so viel mehr Reaktion evoziert!"


    Die zum Ende hin anschwellende Stimme des Seius brachte dessen Amüsement zum Ausdruck.


    "Für jedweden Wahlkampf ist das eine interessante Lehre! Den Pöbel mit Determinanten zu konfrontieren, ennuyiert diesen zu Tode. Theaterreife Einlagen hingegen, Zitate berühmter Männer aus Philosophie und Literatur, all das reißt sie mit. Brot und Spiele - ich beginne das Prinzip zu begreifen. Man muss den Menschen mit geballter Faust das Herz in der Brust packen und es ihnen quetschen, bis die Tränen fließen! Dann erst lieben sie die Rede und den Mann, der sie sprach. Im Senat werden diese Mechanismen freilich gemäß anderer Gesetzmäßigkeiten funktionieren, dort sind erfahrene Staatsmänner versammelt, doch wenn es an die plumpen Massen der Plebs geht, so muss man diese über ihre Herzen lenken und nicht über den Verstand."


    Er sah in das ob seiner Feistheit stets zu jeder Tageszeit liebenswürdig wirkende Gesicht seines Magistraten.


    "Teilst du diese Interpretation oder machtest du andere Erfahrungen?"

  • Aufmerksam lauschte Manius Minor der Narration über den Rhetoren-Wettstreit, der in der Tat sich nach einem erquicklichen Stelldichein anhörte, wie er selbst es seit seinem Besuch in der Rhetorenschule des Quinctius Rhetor nicht mehr erlebt hatte, obschon er stets sich an einer erbaulichen Rede konnte ergötzen. Dass Ravilla daraus nicht nur Lust, sondern auch ernstliche Lehren hatte gezogen, war umso erfreulicher, zumal dies ja durchaus Relevanz für seine präfigurierte Karriere hatte.

    "In der Tat würde ich konsentieren, dass die emotionale Ansprache insonderheit bei der Plebs die vernünftige Einsicht an Bedeutung übertrifft. Dennoch würde ich nicht den Sophisten das Wort reden und behaupten, dass rhetorische Effekthascherei jeden Inhalt verdaulich macht, zumal stets nicht nur tumbe Narren, sondern auch kritische Geister in einem Auditorium zu erwarten sind. Das eine zu verfolgen und das andere nicht zu unterlassen, wäre somit meine Devise."

    Der Flavius präsentierte ein erfreutes Lächeln, da doch die Kunst der Beredsamkeit ihm ein geliebtes Sujet war.

    "Doch welche Strategie wähltest du denn? Und welcher Erfolg war dir beschieden?"

    Ein Wettstreit implizierte immerhin auch einen Sieger sowie einen Verlierer!

  • "Meine Wenigkeit ist der Emotionalität zugeneigt. Die Ekphrasis empfinde ich dabei als eine besonders wirkungsvolle Technik, ohne von mir behaupten zu können, die Erzählkunst bereits zufriedenstellend zu beherrschen. Der rhetorischen Stilmittel gibt es viele, die zu erproben ich noch auf dem Weg bin. Oft ist ein Gemisch angeraten, doch sollte gleich eines gut gewürzten Mahles nicht jede verfügbare Zutat in den Topf geworfen werden. Mithilfe von auf Emotionen zielenden Techniken vermag der Orator seine Worte in die Herzen der Rezipienten zu ritzen, denn die wenigsten Menschen denken so tief, wie sie fühlen.


    Da ich jedoch den Weg der Politik nicht beschreiten möchte, um als Held schillernder Worte in die Geschichte einzugehen, sondern konkrete und gute Ziele zu verwirklichen gedenke, waren es keine inhaltsleeren Worthülsen, die ich um ihrer selbst willen in die Runde geworfen habe. Nein, sie waren drall gefüllt mit Argumenten der Literatur, des gesunden Menschenverstandes, der Allgemeinbildung und meiner eigenen Erfahrung. In Synthese mit dem faktischen Wissen des Saturninus und seiner platzenden Schweinsblase führte uns dies zum Sieg."

  • Minor schmunzelte, als Ravilla seine Emotionalität thematisierte, welche doch kaum einem Menschen mochte entgehen, der auch nur für eine Stunde mit ihm in einem Raum sich aufhielt. Indessen enthielt er sich eines Kommentares, sondern lauschte den weiteren Ausführungen über jenen augenscheinlich kurzweiligen Wettstreit, der ihm deplorablerweise war entgangen und deren Resümee die vortreffliche Bildung und das nicht geringe Talent seines Tiro fori untermauerten.

    "Ausgezeichnet! Auch ich präferiere den Gebrauch bildhafter Mittel wie Metaphern, jedoch muss ich dir auch beipflichten, dass die Aurea mediocritas auch in der Rhetorik geraten ist: Weder sollte man sich zu stark eines Mittels bedienen, noch das Auditorium durch allzu ausschweifende Monologe langweilen. In der Kürze liegt bisweilen durchaus die Würze."
    , resümierte er seine Perspektive auf die Rhetorik und brachte zugleich jenes Sujet zum Abschluss.

    "Doch was meinst du damit, nicht den Weg der Politik beschreiten zu wollen, sondern konkrete und gute Ziele anzustreben? Ist es nicht eben das, was die Politik ausmacht?"

    Die Bemerkung erschien ihm doch als eine Kritik des Senates und damit auch indirekt seiner Person, selbst wenn er sich nicht sonderlich gekränkt, sondern eher provoziert fühlte, eine Lanze für seine Zunft zu brechen.

    "Und welche Ziele sind es denn, die du zu verwirklichen anstrebst?"

  • Ravilla gestattete sich ein freundliches, aber leises Lachen. Er schüttelte den Kopf.


    "Augenscheinlich muss ich noch feilen an der Kunst, verwertbare Informationen in das Gewand schöner Worte zu kleiden. Freilich meinte ich nicht, dass ich jene Ziele anstreben möchte anstelle des Weges der Politik, sondern gerade, indem ich diesen beschreite! Ich darf meine Äußerung präzisieren: Ich gedenke, den Weg der Politik zu beschreiten, um konkrete und gute Ziele zu verwirklichen."


    Die Interpretation, welche sich für zuvörderst sein Gegenüber ergeben hatte, wäre einer Dreistigkeit entsprungen, welche Ravilla sich bei aller Extravaganz nicht absichtlich schuldig machen würde. Bei aller Freundlichkeit, die Flavius Gracchus Minor ihm entgegenbrachte, war er dennoch Ravillas Vorgesetzter.


    "Meine Ziele sind, wie andernorts bereits erwähnt, noch nicht klar definiert. Sie ergeben sich aus dem politischen Gefüge, welches ich dereinst betreten werde. Vielleicht ist es daher eher angeraten, von Wünschen zu sprechen, von Träumen und Visionen, deren Machbarkeit noch zu überprüfen ist, wenn es an der Zeit dafür ist.


    Aktuell blicken wir auf einen starken Senat, der mit einem konservativ-gemäßigten Kaiser für das Wohl des Imperiums sorgt. Es geht uns so gut wie nie. Da die politische und wirtschaftliche Lage im Reich stabil erscheint, wäre mir die Verbesserung des Wohlstands der breiten Masse ein Anliegen. Freilich ist es keine bloße Menschenliebe, welche mich auf diesen Gedanken bringt. Vielmehr sehe ich diese Dinge aus einer pragmatischen Perspektive: Wohlstand bedingt stärkeres Wirtschaftswachstum, höhere Steuereinnahmen, ein stärkeres Militär und so weiter. Von breitgefächertem Wohlstand profitieren am Ende alle.


    Rom steht seiner relativen inneren und äußeren Sicherheit aktuell vor einem Kriminalitätsproblem, dem, meinen Informationen nach, mit einem verstärkten Aufgebot regulierender Exekutivkräfte entgegengewirkt werden soll. Dem ist nichts entgegenzusetzen, solche Schritte erachte ich als absolut notwendig, um den Schaden einzudämmen. Doch ein zweites, nachhaltigeres Standbein zur Eindämmung der Kriminalität wäre die Verbesserung der Situation für die unteren Schichten! Der Einsatz von Urbaniciani und Cohortes Vigilum kostet Steuergelder, die auch andernorts eingesetzt werden könnten. Um diese Ausgaben langfristig zu reduzieren, ist zuzüglich zur Bekämpfung des Verbrechens auch ein Vorbeugen erforderlich. Und daran mangelt es noch.


    Mit diesem Anliegen mag man sich im Senat, dessen Mitglieder aus der gehobenen Klasse stammen, wenig Freunde machen, weshalb du der Erste bist, demgegenüber ich diese Idee zu erwähnen wage."

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