Audienz für Senator und Pontifex M'. Flavius Gracchus

  • Flavius Gracchus folgte dem Prätorianer durch den Palast, welchen er in letzter Zeit bereits häufiger hatte aufgesucht. Gleichwohl die Domus Flaviana seinen Namen trug war sie doch nicht dazu geeignet, ihm einen Hauch von Behaglichkeit einzuflößen - gegenteilig stets ein Gefühl der Bedeutungslosigkeit im Angesichte der Größe seiner Vorfahren, welche konträr zu ihm die Gelegenheit ein Imperium zu regieren nicht hatten an sich vorüberziehen lassen.

    "Ave, Augustus!"

    , grüßte er den Kaiser, verzichtete indes auf die überflüssige Erwähnung, dass Aquilius ihn zur Audienz hatte gebeten, schlussendlich würde dieser dies bereits wissen, und Gracchus war kein Freund überflüssiger Worte im Ansinnen dadurch ein Gespräch zu beginnen.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • "Ah, Salve Flavius. Danke, dass du es einrichten konntest. Setz dich doch und trink einen Schluck. Ich komme gleich zur Sache, wenn du erlaubst." Der Augustus seinerseits nahm einen ordentlichen Zug von seinem Becher und kramte derweil einen Brief heraus, den er vor etwa einer Woche erhalten hatte. "Das hier... ist von unserem guten Pontifex Pro Magistro. Er informiert mich darüber, dass die Krankheit, die ihn schon länger plagt, keine Anstalten macht, sich in irgendeiner Form zu bessern. Vielleicht hat er dich auch schon davon unterrichtet. Er hat mich deshalb darum gebeten ihn in den Ruhestand zu entlassen. Und ich bin geneigt ihm diesen Abschied zu gewähren. Der arme Mann hat wirklich genug geleistet, da wirst du mir zustimmen.


    Nun. Dies lässt uns allerdings ohne einen Pro Magistro. Ich frage dich deshalb ganz ohne Umschweife, ob du einmal mehr dieses Amt übernehmen würdest. Du bist schon, wie man so schön sagt eingearbeitet und es würde viel Zeit und Aufwand sparen. Ganz abgesehen davon, dass es in der Stadt und dem Gemeinwesen generell wenige gibt, die an Ansehen höher stehen als... du."
    sagte der Kaiser und deutete mit dem zusammen gerollten Brief auf den Flavier.

    "Und ganz abgesehen davon wird damit ein Platz bei den Pontifices frei, der nachbesetzt werden muss. Wenn du jemanden weißt, der sich eignen würde, würde ich deiner Empfehlung gerne folgen."

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    CENSOR - CURSUS HONORUM

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  • Während er Platz nahm beschäftigte Gracchus einen Augenblick die Frage, ob es tatsächlich jemals vorkam, dass jemand es nicht konnte einrichten zu einer Audienz im Palast zu erscheinen - abgesehen davon, dass diese Person das Zeitliche hatte gesegnet. Er nahm dankend den Becher an und trank einen Schluck - nicht aus Durst, sondern aus Neugierde, welche mit einer überaus schmackhaften Degustation wurde belohnt. Die Nachricht des Kaisers indes ließ ihn innehalten - sie war ebenso vorhersehbar, wie überraschend, ein wenig wie die Saturnalien, welche jedes Jahr am gleichen Datum zelebriert wurden, und doch stets ganz plötzlich anstanden. Der pro magistro Curtilius Victor laborierte bereits seit geraumer Zeit an seiner Krankheit und hatte gegen Ende des letzen Jahres sich mehr schlecht als recht mit seinen Verpflichtungen abgemüht. In diesem Jahre hatte Gracchus den Curtilier tatsächlich nur zu einer einzigen Sitzung des Collegium gesehen.

    "Das ist überaus deplorablel, doch mehr als verständlich"

    , kommentierte er darob das Ruhestandsgesuch, und war im nächsten Augenblicke tatsächlich ein wenig überrascht über das Angebot des Augustus, gleichwohl es allfällig nachvollziehbar war - insbesondere da Aquilius oft überaus pragmatisch dachte und Gracchus das Amt zuvor bereits unter ihm hatte ausgefüllt bis die eigene körperliche Unzulänglichkeit vor Jahren einige Zeit ihn aus Rom hatte hinfortgetrieben. Dennoch hatte der Flavier nicht damit gerechnet, dieses Amt noch einmal angetragen zu bekommen, gleichwohl es ein Angebot war, das er nicht ablehnen konnte. Schlussendlich gab es derzeit weder einen Grund, noch einen Vorwand, dieser Pflicht nicht nachzukommen.

    "Ich werde dieses Amt selbstredend übernehmen und danke dir für dein Vertrauen"

    , konfirmierte er darob, ehedem er über die Frage des Augustus nachsann. Gleichwohl in der heutigen Zeit längst überholt, so gehörten nach Gracchus' Ansicht noch immer vorwiegend Patrizier in das Collegium. Indes musste er sich durchaus eingestehen, dass es von jenen dieser Zeit niemanden gab, welcher des Gremiums würdig war.

    "Für den vakanten Platz kommt mir niemand direkt in den Sinn"

    , sagte er darob.

    "Ich werde jedoch darüber na'hdenken und dich wissen lassen, wer ein geeigneter Kandidat ist."

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  • Der Flavier nickte, zögerte einen Augenblick, entschied sich indes direkt die auf ihn zukommende Pflicht bereits wahrzunehmen.

    "Es gibt noch eine kultische Angelegenheit, welche ich adressieren möchte. Es geht um die Ernennung des Octavius Gracchus zum Quindecimvir."

    Das Thema war durchaus eine heikle Angelegenheit, da Gracchus nicht wusste, was den Imperator zu solchem Handeln hatte bewogen. Es drängte ihn, schlichtweg danach zu fragen, doch da er sein bisheriges Verhältnis zum Augustus als etwaig fragile, amtliche Relation betrachtete, mochte er so weit nicht gehen.
    "Es steht dir selbstredend als Augustus frei, in die An..gelegenheiten der Collegien nach Gutdünken einzugreifen, in gleichem Maße wie es dir als Augustus freisteht, in jeglicher Angelegenheit nach belieben zu agieren. Darob möchte ich mich nicht anmaßen, dein Handeln zu bewerten, sondern dir schlichtweg die Konsequenzen aufzeigen, welche dies evoziert."
    Da es dem Kaiser in Hinblick auf zusätzliche Kohorten in Rom wichtig gewesen war, welchen Eindruck dies auf die Bevölkerung mochte haben, hoffte Gracchus, dass sehe Worte ihn nicht düpierten.
    "Das Collegium der Quindecimviri ist ein überaus altehrwürdiges und hoch angesehenes Gremium, in welches vorwiegend verdiente Männer aufgenommen werden - gleich ob dies Verdienste im Cursus Honorum oder anderweitiger Natur sind. Seit Alters her und den Kultgesetzen folgend kooptieren sie neue Mitglieder selbst."
    Der Flavier pausierte kurz in der Überlegung, es bei diesen Andeutungen zu belassen. Indes war es gegen seine Überzeugung, vor dem Augustus die Gegebenheiten zu bemänteln, sah er doch seine Pflicht nicht gegenüber der Person des Aquilius, sondern gegenüber dem Wohle des Prinzips des Augustus - für welches er immerhin bereits eine Person in der Rolle des Augustus hatte geopfert und Rom in einen Bürgerkrieg gestürzt. Nicht nur aus diesem Grunde mochte er seinen Beitrag leisten, dass Aquilius dieses Prinzip noch lange Zeit fruchtbringend auszufüllen vermochte. Er atmete tief ein und fuhr fort.

    "Dass du über die Köpfe des Collegium der Quindecimviri einen im Staatswesen völlig un..bekannten jungen Mann in ihre Reihen hast erhoben, führte nicht nur dort zu Unmut, sondern auch an anderen Stellen zu Fragen und Bedenken."
    Selbst dem Octavius war damit im schlechtesten Falle kein Gefallen getan, da seine Sonderbehandlung unter den Quindecimviri durchaus Missgunst konnte hervorrufen.
    "Bei allem Respekt möchte ich dir darob anraten, bei ähnlicher Gelegenheit den offiziellen Schein zu wahren. Eine Weisung an den Magister Quindecimviri hätte genügt, dass dieser deinen Wunsch den Kultgesetzen entspre'hend hätte umgesetzt."
    Im besten Falle hätte ein wenig Druck hinter den offiziellen Kulissen das Votum der Mitglieder bestimmt, im schlechtesten Falle ein wenig Geld oder andere Gefälligkeiten.

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  • Der Kaiser lauschte dem natürlich verklausuliert vorgebrachten Anpfiff des Pontifex, nickte und antwortete dann:

    "Nun ich denke, letzteres ist nicht zu viel verlangt. Nichtsdestoweniger habe ich großes Vertrauen in den jungen Octavius. Er besitzt Ehrgeiz, Intelligenz und Durchsetzungsvermögen. Ich bin überzeugt, er wird bei den Quindecimviri gute Dienste leisten. Er wird insofern denke ich auf diesem Posten bleiben." Der Kaiser sah keine Veranlassung, sein Wort zu brechen.

    "Aber es ist sicher vernünftig, wenn beim nächsten Mal die ordentlichen Wege eingehalten werden. Ich danke dir für deinen vernünftigen Ratschlag und auch dafür, dass du mich über die Bedenken bei den ehrenwerten Kollegen ins Bild gesetzt hast.

    Nun bist du sicher mit mir einer Meinung, dass dem jungen Octavius meine, sagen wir mal, Zügigkeit in dieser Sache nicht zum Schaden gereichen sollte. Mögen sie ihre Fragen und ihre Bedenken haben, damit muss der Octavius Gracchus schon selbst fertig werden. Sollten allerdings die ehrenwerten Kollegen der Quindecimviri ihren Bedenken gar missgünstige Taten oder dergleichen folgen lassen, würde das... mein Missfallen erregen." Schon allein aus Gründen der Pax Deorum


    Um die Spannung ein bisschen zu lösen und dem Flavier zu zeigen, dass er ihm den Hinweis nicht nachsah, reichte der Herr der Welt dem Pontifex noch einen Becher Wein. Nicht jeder hätte sich getraut, dem Augustus dezent aber doch deutlich auf so etwas hinzuweisen und der Kaiser respektierte das.


    "Ach ja alles nicht so einfach, mein Freund."

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  • Der Flavier kommentierte das Vertrauen des Augustus in den jungen Octavius nur mit einem stummen Nicken - es stand ihm einerseits nicht zu, dies in Frage zu stellen, noch hatte er ernsthafte Bedenken gegen den Octavier, abgesehen von dessen Alter und eines persönlichen Ressentiments gegen dessen Vater, welche indes auf Gegebenheiten beruhten, welche unaussprechlich waren, da sie mit der Ermordung eines Kaisers in Zusammenhang standen. Ohnehin war das Kind bereits in den Brunnen gefallen, respektive der Octavius in das Kollegium, so dass Gracchus' Ansinnen lediglich darin hatte bestanden, Aquilius auf die Auswirkungen dessen hinzuweisen und für die nächste Erhebung besser vorzubereiten.

    "Ich bin zuversi'htlich, dass die Wogen des Unmutes sich alsbald glätten, und die Quindecimviri deine Entscheidung letztendlich gutheißen werden."

    Eine offene Revolte ob dieser Angelegenheit war wohl kaum zu erwarten, gleichwohl etwaige Missgunst sich ebenfalls kaum öffentlich würde zeigen - dazu waren die stadtrömischen Kollegien zu sehr eine ebensolche Schlangengrube wie alle anderen Bereiche der Politik. Gracchus nehm den angebotenen Becher Wein in seine Hände und stockte sogleich. Mein Freund - es gab nur wenige Menschen, welche ihn derart titulierten und vermutlich noch wenigere, denen er selbst dies zukommen ließ. Während er den Becher anhob und trank suchte er in Gedanken zu eruieren, was dies mochte bedeuten. Selbstredend war der Flavier sich dessen gewahr, dass nicht jeder das Konzept der Freundschaft derart idealisierte wie er selbst, und mit Freundschaftsbekundungen auf weitaus geringerer Basis weitaus freigebiger war. War Aquilius ein solcher Mann? Oder lag eine Absicht in diesen Worten, eine Berechnung allfällig? Der kühle Wein rann seine Kehle hinab - naturgemäß ohne Gracchus eine Antwort zu gewähren.

    "In der Tat"

    , antwortete er darob nur auf den offensichtlichen Teil der Aussage.

    "Die meisten Angelegenheiten sind gegenteilig weitaus komplexer als es von Außen oder auf einen ersten BIick den Anschein erwecken mag - und dies deplorablerweise in so gut wie allen Berei'hen des Lebens."

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