Irgendwo zwischen Nichts und Gar Nichts

  • Mit ziemlichen Tempo hatte der Cebturio die beiden Cebturien aus der Castra gescheucht und quer durch die cappadokische Pampa gehetzt.

    Das Gros der dienenden Milites hatte keine Probleme mit den klimatischen Verhältnissen da sie ja schon viele Monate oder gar Jahre ihren Dienst hier taten.

    Anders war es bei denen die erst vor kurzem hier her versetzt wurden.

    Man konnte sehen wie der Körper auf die Temperaturen reagierte.


    Die Rast kam wie gerufen. Eine kurze Pause zur Erholung war auf jedenfall notwendig.


    " Centurio?" Nochmals sprach Cerretanus seinen Vorgesetzten an der, mit keinerlei Regung, immer noch in die Richtung blickte aus der das Blinken kam.

    Dieses Blinken war ein vorher vereinbarten Zeichen. So sollten die Kundschafter welche zuvor vorausgeschickt worden waren auf diverse Zustände aufmerksam.

  • Während ich mit meinem neuen Kollegen plauderte, ihm von meinem Wasser anbot und er mir meine Lorica feste schloss, fing ich aus dem Augenwinkel ein immer wiederkehrendes Blitzen auf. Dieses konnte zwei Dinge bedeuten. Entweder die Kundschafter hatten etwas entdeckt, oder irgend jemand mit Metall, und das waren üblicherweise Waffen, war dort draussen. Da ich jedoch keinen blassen Schimmer hatte, ob wir hier auf einer Übung oder mitten in einem Ernstkampf waren, wollte ich meine Kollegen nicht beunruhigen, denn nicht umsonst hatte man mich Sophus genannt.


    "Sagt mal, da ich ja erst wenige Minuten vor dem Abmarsch überhaupt angekommen bin, weiss ich gar nicht, was wir hier eigentlich tun. Ist dies ein regulärer Übungsmarsch oder wisst ihr da überhaupt etwas darüber?" fragte ich also ganz unbedarft in die Runde.

  • Bellatus kratzte sich das Kinn. Sie waren hier im Krieg, es gab keine Übung. Wenn das Blinkzeichen dort hinten eine Störung des Friedens bedeuten sollte würden sie es alsbald schon merken. Sicher würde gleich einer der Speculatures zurück kommen und Nuntio machen.

    Innerlich erbebte Bellatus. Sein letztes Gefecht lag ein paar Jahre zurück und er hatte kampferprobte und verlässliche Legionäre an seiner Seite. Seine jetzige Situation war etwas heikel, die Optiones waren neu, die Legionäre desillusioniert und bestenfalls unwillig. Er hoffte, daß sie sich an den Drill ihrer Ausbildung noch erinnerten und die Erfahrenen unter ihnen sich zusammenreissen würden.

    Er sah in zwei fragende Gesichter und entgegnete nur trocken,

    Gefechtsbereitschaft herstellen, wir marschieren weiter in Contuberniae immer 15 Fuß Abstand...die erste macht Sicherung die zweite kämpft mit Bogen, und so weiter, 1,2,1,2... Bei Feindsicht ein Hornstoß,...Kombattanten stehen bleiben, Bogenschützen allesamt nach rechts austreten. 2. Hornstoß...Kombattanten bilden wir ein Carreé, Bogenschützen in der Mitte, Lanzenträger in Feindrichtung nach vorn...einen Melder zurück zum Castellum zur Nuntio und fertig machen zum Abmarsch!

    Er wandte sich wieder der Stelle zu an der das Blinken zu sehen war. Doch es blinkte nicht mehr. Es kam auch keiner der Speculatores heran. Bellatus ergriff eine gewisse Stumpfheit, eine Art innerer Schutzschild. Er zog seinen Helm fest, holte den Signifer und Cornicen zu sich und gab das Zeichen zum Abmarsch.

    Die Frage ob er sich im Castellum zurückziehen sollte stellte sich ihm nicht, das waren vier Kameraden, die aus sie zählten.

    Er setzte sich in Bewegung und fühlte sich jung, zäh und kampfeslustig. Er war noch da, der Krieger Bellatus.

  • Die Befehle eines Centurio erschallten, noch bevor mein Kamerad oder einer der Anderen, welche um mich herum standen, mir antworten konnte. Doch diese Befehle erklärten alles. Ernstfall! Urplötzlich war ich eiskalt, trotz der sengenden Hitze, die um mich herum herrschte. Ein weiterer Blick in Richtung des vorherigen Blinkens zeigte mir, dass es aufgehört hatte. Das konnte nichts Gutes heissen!


    "Ihr habt den Centurio gehört! Los geht's!" raunzte ich den Umstehenden zu, auf einen Schlag wieder der Veteran dutzender grosser Schlachten und Belagerungen. Ich war froh, dass nun meine Lorica richtig sass. Der Trinkschlauch landete mit einem Schwung wieder im Marschgepäck, der Traggurt des Scutums wurde gelöst und verstaut. Von nun an würden wir es in der Hand tragen müssen, was nicht nur anstrengender war, sondern auch das Gehen mühsamer machte. Marschieren in Gefechtsbereitschaft war mühsam, genau deshalb war das Tempo in diesen Situationen auch massiv langsamer.


    Hoffentlich haben die Bogenschützen ihre Aufgabe im Griff, dachte ich noch, während ich wie zufällig, aber in Tat und Wahrheit alles andere als das, mein mir noch unbekanntes Contubernium fand. Auch hier half mir meine Erfahrung, die richtigen Männer zu finden. In der Baracke hatte es nicht viele freie Plätze gegeben, also gab es in dieser Situation nicht viele Gruppen, in welchen ein Mann fehlte. Ich gesellte mich also automatisch zu derjenigen, die mir am nächsten war und erst aus 7 Mann bestand.


    In meinem Kopf registrierte ich unterbewusst, dass sich seit einiger Zeit keine Boten oder Speculatores mehr bemerkbar gemacht hatten, doch im Moment konnte ich mit dieser unterbewussten Information noch nichts anfangen.


    Sim-Off:

    Mir wäre neu, dass die Legionäre gleichzeitig als schwere Infanterie und auch als Bogenschützen amtierten, daher gehe ich davon aus, dass wir eine Auxilia mit Bogen dabei haben?

  • "Gefechtsbereitschaft herstellen", röhrte Stilo. Den Befehl des Centurios gab er damit unmissverständlich auch an die letzte Tranfunzel weiter. Er marschierte an seiner Centuria vorbei, den Stab im Anschlag, und jagte die Männer auf die Beine und in die korrekte Formation. "Contuberniae Abstand FÜNFZEHN Fuß! Lanzen, Bögen, Lanzen, Bögen...!"


    Die Formation war noch durchschaubar, doch was Bellatus sich im Gefecht vorstellte, war anspruchsvoll. Er hoffte, seine verpeilte Centuria wäre dem gewachsen. Auf der anderen Seite waren die Geografie, das Klima und die Sicht günstig, so dass die Voraussetzungen nicht besser hätten sein können. Wenn sie hier Fehler machten, dann war es rein menschliches Versagen.


    Stilo krallte sich einen Soldaten, der nach einem guten Läufer aussah. "MILES! Zurück zum Castellum zur Nuntio! ABI!" Der Mann rannte in einer Staubwolke davon.


    Stilo fuhr wieder zur Truppe herum, wo inzwischen die Formation stand. Sein Blick richtete sich auf den Centurio. Stilo war hoch konzentriert und spürte keine Angst. Die hätte erstens nichts genützt und zweitens war er kein ängstlicher Typ. All seine Aufmerksamkeit galt dem Hier und Jetzt.


    Sim-Off:

    Wir haben eigene Bogenschützen dabei: Link

  • Bellatus hatte etwas Zeit benötigt um die passende Entscheidung zu fällen. Aber nachdem er sich nun entschieden hatte erkannte man worauf es nun hinaus ging.

    Cerretanus gab sofort die Befehle an die Centurie weiter.

    Conuberniae im Abstand jeweils 15 Fuß. Waffengattungen abwechselnd in der Aufstellung.

    Der Umstand das es sich hier nun nicht mehr um eine Übung handelte sondern ein Ernstfall mit Feindkontakt darstellte, ließ den Furier relativ kalt. Doch dass man sich hier auf freiem Feld und nicht im der Stadt befand löste ihn ihm leichtes Unbehagen aus. Er hatte nich damit zu kämpfen die Praktiken zu vergessen und das Neue anzuwenden.

    Aber zuerst wollte er sehen mit wem er es zu tun hatte. Nur so war die Vorgehensweise vorherbestimmt.

  • Sim-Off:

    Na dann wird es ja lustig. Das ist ein mir gänzlich unbekanntes Vorgehen. Willkommen in unbekannten Gewässern, Sophus.


    Bisher hatte ich mir den Kopf nicht darüber zerbrochen, weshalb ich an Stelle eines Pilum eine Art Lanze als Primärwaffe erhalten hatte. Doch nun, da ich mich plötzlich in einer Ernstsituation befand, ohne auch nur einen Tag mit der Einheit trainiert zu haben, und mit einer mir doch relativ fremden Waffe in der Hand, schlich sich doch eine leichte Nervosität in mein Unterbewusstsein. Zum Glück war das Gelände hier einigermassen offen, was uns die Möglichkeit gab, die Aufstellung und Position der Feinde zu sehen, bevor wir in einen grandiosen Hinterhalt gerieten, zumindest falls alles einigermassen normal lief.


    Die Optiones sorgten für Ordnung und schon bald wartete alles auf weitere Befehle.

  • Cinna hatte gerade einen entspannten Plausch mit dem Neuen begonnen, da ging das Gebrüll der Offiziere los. Den Mund noch nass vom Wasser, reichte er rasch Sophus seinen Wasserschlauch zurück und machte sich wie alle anderen gefechtsbereit.


    Cinna gehörte zu denen, die einen Bogen trugen. Weil das Spannen einige Minuten in Anspruch nehmen konnte, war es bei den Streitkräften üblich, ihn im gespannten Zustand zu transportieren, auch wenn jeder Bogenbauer darob schreiend die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Cinna brachte seine Ausrüstung am Leib in Position, dann Köcher und Bogen. Den Pfeil nockte er schon ein, ohne den Bogen zu spannen, er hielt die Waffe weiterhin gesenkt vor dem Körper.


    Neben ihm schaute Pansa sehr schlecht gelaunt aus seiner Lorica und sein Narbengesicht verriet, warum. Was nach einer überstandenen Messerstecherei aussah und worüber er gern eine heroische Geschichte erzählte, hatte in Wahrheit ein während der Ausbildung beim Auszug gebrochener Bogen verursacht. Aus dem unsäglichen Pansa wurde nun ein Kamerad, dessen Name und Geschichte keine Rolle mehr spielte.


    Persönliche Sympathien oder Rivalitäten traten in den Hintergrund und sie wurden eine Einheit.

  • Das Blinken hörte plötzlich auf. Falls die Soldaten darauf warteten, dass einer der Speculatores zurückkehrte, um Entwarnung zu geben, so warteten sie vergebens. Keiner der vier kehrte zurück.


    Dafür erschien nach einer Weile ein Reiter auf einer Hügelkuppe. Er hielt und betrachtete seelenruhig die Truppe, die gerade außerhalb der Schussreichweite vor ihm stand, so als ob er ihre Anzahl und Zusammensetzung analysierte. Um Kopf und Körper flatterten staubige Tücher im Wind, sein Gesicht war vermummt. Sein braunes Wildpferd stampfte mit dem Vorderhuf und warf den Kopf. Irgendetwas machte das Tier nervös.


    Sein Reiter schickte es schließlich im gemütlichen Schritttempo die Anhöhe hinab in Richtung der Römer. Die Körperhaltung des Reiters war gelassen.


    Hinter der Hügelkuppe tauchte ein weiterer Mensch auf, von dem sich herausstellte, dass er zu Fuß ging. Er wirkte mitgenommen. Die Soldaten erkannten einen nackten Mann, der mit einem Strick um den Hals am Sattel des Reiters festgemacht war. Das war einer der ihren, Faustus Aulius Pandus von der ersten Centuria. Augenscheinlich hatte man ihm übel mitgespielt, denn er war nicht sicher auf den Beinen. Er stemmte sich in das Seil, so als ob er den Reiter daran hindern wollte, wieder mit ihm zu verschwinden, doch gegen die Kraft des Tieres hatte er keine Chance, er wurde stolpernd mitgezogen.


    In aller Seelenruhe führte der Reiter den Römer eine Runde vor den Augen seiner Kameraden spazieren.

  • Wenn irgend ein Soldat noch einen Zweifel gehabt hatte, ob es sich hier um einen Ernstfall oder um eine gut organisierte Übung handelte, so waren diese Zweifel nun verflogen, sofern man sehen konnte, was sich bei der Hügelkuppe abspielte. Der Reiter stellte jedoch sicher, dass es alle sehen konnten, denn er zeigte seinen Gefangenen nicht bloss, sondern führte ihn regelrecht vor. So etwas hatte ich in meinen ganzen Jahren in Iudea nie gesehen. Das Blut gefror mir beinahe in den Adern.


    Ich versuchte abzuschätzen, ob vielleicht einer der Bogenschützen eine Chance hatte den Reiter zu erreichen, doch erstens zweifelte ich daran, dass die Legionäre eine ähnliche Reichweite erzielen konnten wie die professionellen Bogentruppen in Syria, zweitens war ich mir ziemlich sicher, dass die Entfernung zu gross war und drittens wäre die Gefahr für den Gefangenen viel zu gross. Auf diese Distanz konnte man nicht auf einen einzelnen Reiter zielen.


    Einige der jungen Legionäre um mich herum wurden etwas unruhig.

    "Ruhig, Jungs! Konzentriert euch auf das, was Centurio und Optio von euch wollen. Wenn ihr genau das tut, was befohlen wird, dann werden wir überleben, egal was da auf uns zukommt! Dafür sind wir ausgebildet, damit rechnen die Offiziere!"

  • Appius bemerkte ebenfalls den Reiter, der über die Kuppe kam als würde er gerade auf einen gemütlichen Ausritt sein.

    Als dieser dann im ruhigen Schritt die Erhebung herunter kam sah man auf einen Mann dahinter. Die Schritte des "Gefangenen" waren unkoordiniert, schwankend und schlingernd. Vermutlich allein durch den Zug des Pferdes am Strick machten es dem Mann möglich die gleiche Richtung zu laufen wie der Reiter.

    " Centurie" Appius legte besondere Ruhe in seine Stimme. Er wollte nicht unnötig die Legionäre nervös machen und schon gar nicht den Reiter.

    " Centurie. Ausrüstung bereit machen. Aber keine Hektik. Macht euch bereit Position zu beziehen."

  • Was wie eine bloße Demütigung aussah, war in Stilos Augen mehr als das. Niemand provozierte eine Kohorte aus Spaß und ihre Gegner waren keine Dummköpfe, sondern verflucht gerissen. Das Contubernium von Pandus wurde unruhig und brach in Wutgeschrei aus. Stilo war kein emotionaler Mensch, aber der Anblick des verzweifelten Kameraden packte auch ihn kalt.


    Letztlich kam es aber darauf an, was ihr Centurio aus dem Verhalten des Reiters las und zu welchem Vorgehen er sich entscheiden würde. Stilo war dankbar, dass nicht er es war, der diese Entscheidung treffen musste. Bellatus hatte die Wahl zwischen Pest und Cholera.


    Stilo registrierte, wie die Männer von einem Fuß auf den anderen traten, die Muskeln gespannt. Die Erfahreneren unter ihnen hatten eine vollkommen ausdruckslose und hochkonzentrierte Miene angenommen, die Jüngeren schauten besorgt oder wütend. Manche schnaubten oder fluchten. Einem Bübchen schossen die Tränen in die Augen, der Veteran neben ihm spuckte beim Treiben des Barbaren in den Sand.


    "Ruhig bleiben", mahnte Stilo seine Leute. "Konzentriert euch!" Kopflosigkeit konnten sie jetzt nicht gebrauchen.

  • Eine Provokation,...zweifellos. Man wollte ihnen zeigen was sie hatten. Bellatus dachte daran, daß es jetzt günstig wäre eine Turma Reiterei dabei zu haben. Doch er verwarf den Gedanken schnell wieder. Römische Reiterei hatte nicht die Klasse der Steppenreiter Cappadocias.

    Was also tun? Zurück ins Castellum, wo es sicher vor diesen Kerlen war? Den Legionären damit klar vor Augen führen, daß sie nicht auf ihre Kameraden zählen konnten wenn es hart auf hart kam? Die Überlegenheit der indigenen Bevölkerung gegenüber den Truppen des Imperiums einräumen?

    Bellatus wußte, daß diese Horden nicht wirklich groß waren. Nicht groß genug um mit zwei Centurien fertig zu werden.

    Als gab es nur eine wirklich logische Konsequenz,...und die lautete,

    Signifer und Cornicen zu mir! Legionäre...! Schilde auf, Formation halten... Marschbereitschaft herstellen,...im Doppelschritt maaaarsch!

    Er zog sein Gladius welches ihm schon Dekaden gute Dienste leistete und rammte es in die Luft, kurz darauf ließ er den Cornicen zum Angriff blasen, stieß das Gladius in Richtung des Reiters und trabte im Doppelschritt auf den Reiter zu.

    Was der Reiter geboten wurde war eine zu allem entschlossene, Waffenstarrende römische Allmachtsbekundung und das martialische Versprechen ihnen den Garaus zu machen oder dabei unterzugehen..

    Niemand durfte sich an den Legionären des Imperiums vergreifen.

  • Gespannt wartete ich auf die Entscheidung des Centurio, welche uns zweifellos entweder durch den Cornicen oder durch den Optio weitergeleitet werden würde. Noch bevor ich meinen Gedanken zu Ende gedacht hatte, erscholl auch bereits der Befehl und Cornicen bliess zum Angriff.


    Irgendetwas in meinem Kopf sträubte sich gegen diesen Befehl. Wir hatten keine Ahnung, was uns erwarten würde. Der Reiter war sicher nicht alleine, denn es fehlten weitere Gefangene und er musste mit Sicherheit wissen, dass er alleine gegen uns keine Chance haben würde. Meine Erfahrungen mit den Hinterhalten der Juden liessen mir keine Ruhe. Trotzdem reagierte ich auf den Befehl des Centurio genau so, wie es erwartet wurde. Scutum hoch und Reihe halten. Mehr konnte in diesem Moment nicht getan werden, doch ich war froh, eher etwas hinten in der Schlachtreihe zu sein. Das liess mir mit etwas Glück einen Moment mehr Zeit zu reagieren als wenn ich in der vordersten Reihe stehen würde.


    Alle diese Dinge spielten sich in einem Augenblick in meinem Kopf ab. Den Übernamen Sophus hatte ich nicht bloss deshalb erhalten, weil es mir immer und immer wieder gelungen war Auszeichnungen zu vermeiden und andere Männer in den Vordergrund zu rücken. Nein, diesen Namen hatte ich mir von meinen Kameraden verdient weil ich oft, viel und schnell überlegte, was ebenso oft zu guten Entscheidungen führte, auch neben dem Schlachtfeld.


    "OK Männer, Reihe halten! Was auch immer da vorne auf uns wartet, es wird nicht bloss ein einzelner Reiter sein, also wappnet euch für alles mögliche und unmögliche." raunzte ich ihnen zu, während wir im doppelten Schritt ins Ungewisse eilten.

  • Als Stilo an den Reihen seiner Männer vorbei schritt, meinte er, bei Einigen skeptische Gesichter zu erkennen, doch er achtete nicht weiter darauf. Jetzt an irgendetwas anders als den Augenblick zu denken war Vergeudung von Zeit und Energie und würde die Abläufe durcheinanderbringen. Die Kriegsmaschinerie Roms musste reibungslos funktionieren, denn in der Effizienz und Disziplin lagen ihre größte Stärke und ihr Vorteil gegenüber den Barbaren. Der Befehl des Centurios wurde von Stilo ohne den Hauch eines Zweifels weitergeleitet.


    "Schilde auf, Formation halten! Marschbereitschaft herstellen! Im Doppelschritt - marsch!"


    Sie befanden sich schließlich nicht in einem akustisch bis zum letzten Mauseloch durchgeplanten Amphitheatrum, sondern in der Wildnis. Hier fauchte der Wind, hier klapperte das Material, ständig quatschten die Soldaten. Es war erforderlich, dass auch im letzten Winkel seiner Centuria der Befehl deutlich ankam. Zwar gaben auch die Cornicen die wichtigsten Befehle weiter, doch es tat vielen Milites gut, wenn sie im Stress die vertraute Stimme ihres Kommandanten vernahmen. Von Stilo ging eine Aura in sich ruhenden Selbstbewusstseins aus, die gerade auf nervösere Soldaten oft eine positive Wirkung hatte. Ehe ein Stilo die Nerven verlor, musste schon einiges passieren.

  • Eine kleine Staubfahne auf der Hügelkuppe war alles, was von dem Reiter und dem gefangenen Kameraden blieb. Eine gelbliche Wolke, die vom Wind fortgetragen wurde. Was sie dahinter erwartete - ungewiss.


    An Tagen wie heute fragte Cinna sich, ob er nicht zu jung der Legio beigetreten war. Ihm fehlte die Nervenstärke der älteren Kameraden, sein Gesicht war vor Anspannung verzogen, Wut und Angst pulsierten in einem unerträglichen Wechselspiel in seiner Brust. Er wollte angreifen, er wollte schreien, aber eines wollte er nicht - im Schneckentempo marschieren. Alles in Cinna schrie danach, vorzupreschen und den Gefangenen zu helfen, bevor sie endgültig verschwanden. Wie man mit den wehrlosen Männern umgehen würde, sobald sie außer Reichweite gezerrt waren, konnte sich jeder denken. Auch die Römer ließen ihre Wut auf den Feind oft an genug an ihren Gefangenen aus, besonders, wenn sie Gefallene zu beklagen hatten. Heute erwartete vier gute Kameraden ein solches Schicksal. Man würde sie quälen und demütigen. Ihre Schreie würden auf Ohren stoßen, in denen sie wie Musik klangen, ihr Leid sich unter Augen abspielen, für die sie nur Fleisch waren.


    Seine Hände hielten den Bogen viel zu fest umklammert. Ein Pfeil war schon eingenockt, ohne die Sehne zu spannen, ein zweiter klemmte zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen. Speichel tropfte ihm vom staubigen Kinn. Sehnsüchtig wartete er auf den Befehl des Centurios, schießen zu dürfen.

  • Das Unfassbare geschah: Nachdem zwei Centurien mit nur einem Centurio ausgerückt waren, stürzte Optio Furius Cerretanus wie ein gefällter Baum in den Staub. Er kollabierte wahrscheinlich unter der Hitze, lag im Dreck der kappadokischen Steppe und rührte sich nicht mehr. Fast wären seine eigenen Leute über ihn hinweg getrampelt.


    Stilo warf einen Blick in Richtung ihres einzigen Centurios in der Erwartung von dessen Befehl. Bei Centurio Cossutus Bellatus stand ihr Signifer Caecilius Felix, der wenig glücklich auf den zu Boden gegangenen Cerretanus blickte.


    Diese Einheit war wahrlich vom Pech verfolgt.


    Sim-Off:

    Exilmeldung von Cerretanus: RE: In Exilium

  • Felix keuchte Bellatus den Ausfall des Furiers zu. Sofort ließ er halten befahl Verteidigungsformation um den gestürzten Optio und trabte zu den am Boden liegenden Optio. Sein Hochroter Kopf ließ nichts Gutes erahnen. Der Capsarius kniete bereits bei ihm und nahm ihm den Helm ab.

    Er nahm kurzen Blickkontakt mit ihm auf und dieser schüttelte den Kopf.

    Bellatus´rechte Faust ballte sich. Ausgerechnet der Furier, ausgerechnet jetzt!

    Na schön, vier Mann, am besten die ebenfalls Geschwächtesten tragen den Optio zurück ins Castellum. Er sah kurz auf und tippte mit Kennerblick vier Legionäre heraus.

    Diese lösten sich aus der Formation, ...ihr bringt den Optio zurück ins Castellum und schickt mir die Reiterei hierher! Nach der Anweisung und schleppten sie den wie leblosen Körper des Furiers zurück.

    Bellatus warf einen Blick in den Himmel. Die Sonne begann bereits zu fallen. Die größte Hitze war erreicht.

    Optio Seius?! rief er kurz aus und als dieser herankam meinte er,

    Wir haben zwei Möglichkeiten,...weiter zu Fuß hinterher bis zum Hügel um zu sehen was Sache ist, oder auf die Reiterei warten und die sehen lassen was Sache ist.

    Eine Schweißperle suchte sich Bahn durch sein staubiges Gesicht. Er hoffte die Nähe zur Stadt würde die Renegaten davon abhalten sie zu flankieren und sich die vier Legionäre und den Optio zu holen. Das wäre dann übel, er würde dann nicht vier sondern neun Männer verlieren und sich einiges anhören müssen.

    Zeit war neben Beweglichkeit der entscheidende Faktor. Mit Fußtruppen gegen Reiterei konnte nur zum Erfolg führen, wenn sich die Reiter zum Angriff provozieren ließen. Da würde sie nicht wenn sie hier bloß herumstehen würden...

    Er warf einen Blick in das Gesicht des Optios,...er hatte nicht nur eine rhetorische Bemerkung gemacht.

  • Plötzlich kam ein Haltebefehl, welcher zusätzlich damit verbunden wurde, dass wir Verteidigungsformation um den Centurio und einige weitere Männer nehmen sollten. Dies führten wir sofort aus, doch da wir nun den Rücken zur Gruppe hatten, konnten nur die Männer ganz hinten erahnen oder gar gar mithören, was geschah.


    Ich gehörte nicht zu diesen Männern. Ich stand durch die neue Formation plötzlich in der ersten Reihe, mit Blick auf die Dünen, hinter welchen der Reiter und sein Gefangener verschwunden waren. So gesehen stand ich also nun plötzlich an der vermuteten Frontlinie, während hinter mir irgend etwas geschah, von dem ich keine Ahnung hatte.


    Aufmerksam beobachtete ich die Dünen vor mir, um ja nicht überrascht zu werden, wenn sich dort etwas tun sollte.

  • Der gute Felix. Stilo wurde bewusst, dass er hätte Meldung brüllen müssen, als der Optio Furius im Dreck landete. Einen Moment ärgerte er sich über seine Nachlässigkeit, das würde ihm kein zweites Mal passieren. Als Centurio Cossutus Bellatus seine Meinung hören wollte, eilte er zu diesem und sah ihn einen Augenblick lang schweigend an, während er nachdachte. Natürlich war es für manch einen verlockend, hier bequem auf die Reiterei zu warten mit dem Verweis auf das unabwägbare Risiko. Die vier Kameraden würde man damit ihrem Schicksal überlassen, was Stilo nicht gefiel. Auf der anderen Seite stand jedoch die Aussicht, zwei Centurien mit halbierter Führung - einem unerfahrenen Optio darunter - in den Kampf mit einem unbekannten Gegner zu führen. Er war kein Feigling, aber er war Realist und wusste, dass er Bellatus noch keine große Hilfe war. Das Unterfangen wäre also recht gewagt. Beide Varianten waren summa summarum beschissen. Stilo schlug daher eine Dritte vor.


    "Ich schlage vor, einen Läufer in die Castra zu schicken und gleichzeitig hier vor Ort Zeit zu schinden. Die Equites sollten Brieftauben mitbringen für schnellstmögliche Kommunikation mit der Castra!"


    Er ärgerte sich, dass sie jetzt keine dabei hatten, sie hätten sie nun gut gebrauchen können. Schon Caesar hatte bei seinen Feldzügen auf die unbestechlichen gefiederten Boten vertraut, die aufgrund ihrer enormen Geschwindigkeit und der Fähigkeit zu Kapriolen selbst für Falken eine schwierig zu schlagende Beute waren. Diese Boten konnte keiner abfangen.


    "Wir versuchen derweil, die Zeit bis zu ihrer Ankunft zu überbrücken, hören uns die Forderungen der Barbaren an, falls sie sich darauf einlassen, unterbreiten ihnen irgendein Angebot, damit sie die vier gefangenen Kameraden am Leben lassen. Wenn sie sich nicht drauf einlassen, könnten wir versuchen, sie mit Plänkeleien hinzuhalten, bis die Reiter eintreffen."


    Der Gedanke dahinter war, sie nicht derart zu provozieren, dass sie die Gefangenen töteten, sondern nur beschäftigt zu halten, bis man sie mithilfe der Equites überwältigen konnte, falls sie sich nicht anders beschäftigen ließen.

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