Triclinium | Recht hat, wer Recht hat

  • Zwei Tage nachdem Valerius Flaccus in die Klientenschar der Flavier aufgenommen worden war, war er erneut in die Villa eingeladen, um sich an einer Cena gütlich zu tun und sodann seine Vorschläge zur Änderung der Lex Mercatus zu teilen - vorwiegend mit dem derzeitigen Aedil und Sohn seines Patrons, Gracchus Minor. Denn letztendlich würde eine Gesetzesänderung sich durchaus gut in dessen Amtsjahr einfügen, zumindest nach den Plänen des älteren Gracchus. Wie üblich - insbesondere in Anwesenheit eines Gastes - wurde am flavischen Mahl nicht gespart, weder an Fülle noch an Variation der Speisen, so dass spätestens nach der Süßspeise wohl kaum Bedarf an weiterer Nahrung bestand, zumindest nicht der stofflichen. Der ältere Gracchus spülte die letzten Krümel in seinem Halse mit ein wenig Wein hinab, um sodann den Anlass des Abends zu thematisieren.

    "Wie ich euch bereits eröffnete wird uns Valerius einige Änderungen für die lex mercatus präsentieren. Während des Aedilates Aurelius Lupus' - mögen seine Taten für Rom stets in Erinnerung bleiben"

    , sprach Gracchus und schüttet einen Schluck Wein aus dem Glas auf den Boden, um dem verstorbenen Freund seinen Tribut zu zollen, und setzte noch einmal an.

    "Während des Aedilates Aurelius Lupus' hat Valerius ihm mit seiner umfangrei'hen Sachkenntnis bei der Reform dieses Gesetzes unterstütz. Indes wandelt die Welt sich weiterhin und Valerius verwies darauf, dass es durchaus noch einige Feinheiten an der lex mercatus gibt, welche weiterer Anpassungen bedürfen. Ich habe ihn daher gebeten, diese uns heute Abend vorzustellen, so dass sie in den Senat eingebracht werden können."



    Sim-Off:

    Ich überspringe den Akt des langwierigen Essens, so dass wir uns direkt dem Thema widmen können. Für ein wenig Smalltalk ist danach zweifelsohne noch Gelegenheit.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Bei den Flaviern speiste man natürlich immer ganz hervorragend. So hervorragend, dass er schon beinahe die leichte Nervosität vergessen hatte, die er zusammen mit seinen Vorschlägen mitgebracht hatte.

    Nachdem er sich also aufgesetzt und man ihm seine Unterlagen ausgehändigt antwortete er: "Ich danke dir, Patron. Für das ausgezeichnete Mahl und die Gelegenheit meine Vorschläge zum Besten zu geben.

    Bei der Lex Mercatus handelt es sich um eines der wichtigsten, aber zugleich seltsamsten und schwierigsten Gesetze, die wir haben. Die meisten ihrer Vorschriften mögen ganz einleuchtend und einfach genug daher kommen. Es regelt ganz alltägliche Dinge. Kauf, Verkauf, Miete, Eigentum, Besitz. Es sind allerdings gerade diese Dinge, die uns so vertraut sind, die einen großen Einfluss auf unser Gemeinwesen haben. Deswegen haben sind Änderungen auch immer kontrovers und deswegen haben der Aedil Aurelius seinerzeit vielfältige Abwägungen getroffen. Aber wie schon gesagt wurde Zeiten ändern sich, politische Gegebenheite ändern sich. Deswegen müssen sich auch die Gesetze ändern.

    Ich sehe nun zwei... Arten, wie man bei der Verbesserung vorgehen könnte. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Die erste politisch wahrscheinlich einfachere Variante wäre es, einfach im vorhandenen Gerüst ein paar Ausbesserungen vorzunehmen. Plakatives Beispiel: Der Pars Secunda ist mit "De Foederibus" überschrieben. Es geht aber in diesem Abschnitt um Verträge zwischen Privaten, also wäre das Wort "Contractum" angemessener. Einige Vorschriften sind auch unvollständig, man könnte Nötiges ergänzen. An einigen wenigen Stellen haben sich dinge eingeschlichen, die sich in der Praxis als überflüssig erwiesen haben. So etwa der Hinweis in § 5 dass der Kaufvertrag bindend ist. Nun, natürlich ist er bindend. Es ist ein Vertrag.

    Dieser Ansatz wäre sicher machbar und wenn dies gewünscht ist, habe ich eine Liste mit dringenden Änderungen dabei.


    Es gibt aber auch eine zweite, ambitioniertere Möglichkeit. Sie fußt auf dem Umstand, dass Pars Prima und Pars Secunda im ädilizischen Marktrecht eigentlich ein Fremdkörper sind. Diese Partes behandeln Dinge, die auch für Rechtsverhältnisse unter Privaten auch außerhalb einer Marktsituation auf dem Forum zutreffen. Ein Bürger, der mit einem anderen Bürger in der Stille eines Hauses einen Kaufvertrag über ein Grundstück abschließt, ist nicht auf dem Markt. Das echte Marktrecht steht in der Lex Mercatus in Pars Tertia und betrifft die klassischen aedilizischen Ordnungsaufgaben. Für die anderen Dinge in Pars Prima und Secunda ist eigentlich der Praetor zuständig.

    Es entspräche der römischen Tradition, den ehrwürdigen alten Zustand wieder herzustellen. Diese Variante wäre sicher auch politisch lukrativer für den geschätzten Ädil, könnte ich mir vorstellen." sagte Tiberius und nickte dem jüngeren Gracchus zu. "Schließlich steht als nächstes die Prätur an, denke ich? Mir erschiene die Restaurierung des traditionellen mos romanus als eine ersprießliche Zielsetzung, die letztlich auch im Sinne des großen Ädils Aurelius gewesen wäre, könnte ich mir vorstellen.

    Wie könnte das also aussehen?

    Man teilt die Lex Mercatus in zwei. Der eine Teil würde Pars I und Pars II enthalten, der andere Pars III. Letzterer bliebe als genuine Lex Mercatus erhalten. In etwa so:" Tiberius kramte in einer Wachstafel.


    I. Betriebe

    (a) Der Verkauf von Waren und Dienstleistungen darf nur durch behördlich genehmigte Betriebe geschehen.

    (b) Ausnahmen bilden Waren, die bei Aufgabe eines Betriebes noch auf Lager sind und weiterhin zum Standardpreis verkauft werden dürfen.

    (c) Jeder freien, erwachsenen Person ist es erlaubt, maximal fünf Betriebe im Eigentum zu haben.

    (d) Patriziern und Mitgliedern des Ordo Senatorius ist es verboten, andere als landwirtschaftliche Betriebe in ihrem Eigentum zu führen. Landwirtschaftlich ist ein Betrieb, wenn er ausschließlich zur Erzeugung und unmittelbaren Weiterverarbeitung der Ernte oder der Gewinnung von tierischen Produkten dient. Betriebe, die sich rein mit der Weiterverarbeitung pflanzlicher oder tierischer Produkte (Handwerk) oder einzig mit deren Transport (Handel) befassen, sind keine landwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des Gesetzes.

    (e) Personen, welche durch den Censor in den Ordo Equester erhoben wurden und die ohne Sitz im Senat sind, unterliegen nicht den Bestimmungen des vorherigen Absatzes, selbst wenn sie durch Heirat, Adoption oder Geburt Angehörige des Ordo Senatorius sind.


    II. Erbe von Betrieben

    (a) Erlangt eine Person durch Erbschaft Eigentum an Betrieben, die sie nach § 11 nicht führen darf, so hat sie diese Betriebe binnen eines Monats zu veräußern oder stillzulegen. Die Produktion neuer Waren mit diesen Betrieben ist untersagt.

    (b) Überschreitet eine Person durch Erbschaft die zulässige Höchstanzahl an zugelassenen Betrieben, so hat sie dem zuständigen Aedilen mitzuteilen, welche der Betriebe sie aktiv zu führen wünscht. Ohne entsprechende Meldung gilt bis dahin jeder Betrieb als nicht genehmigt. Die Meldung kann auch im Vorfeld einer zu erwartenden Erbschaft erfolgen.


    III. Cura Minorum, Cura Furiosi, Cura Prodigi

    (a) Kindern unter 14 Jahren, Geisteskranken (furiosi) und Verschwendern (prodigi) ist es verboten, Betriebe zu gründen. Ebenfalls ist es verboten, diesen Personen Betriebe zu übereignen, zu schenken oder zu verkaufen.

    (b) Gelangen Personen nach Absatz 1 durch Erbschaft an das Eigentum eines Betriebes, so ist ihnen ein Curator an die Seite zu stellen, der diese Betriebe in ihrem Namen verwaltet. Wenn dies vom Praetor nicht anders bestimmt wird, ist der Curator der nächste erwachsene, männliche Agnat.


    IV. Preisliche Regelungen

    (a) Die staatliche Preisempfehlung ist nicht bindend.

    (b) Der Staat darf Produkte genau zum empfohlenen Preis anbieten, wenn der Marktpreis aller Angebote dieses Produktes im Mittel mehr als 125% des empfohlene Preises beträgt.

    Der Staat kann von dieser Maßnahme absehen, wenn der hohe Preis durch hohe Herstellungskosten aufgrund hoher Rohstoffpreise gerechtfertigt ist oder mit einer baldigen Besserung der Marktlage zu rechnen ist oder andere triftige Gründe vorliegen.

    Sobald der Grund der Intervention entfällt, ist die Maßnahme einzustellen.

    (c) Der Staat darf einen Betrieb mit einer Strafabgabe belegen, wenn er Waren zu einem Preis unterhalb der Herstellungskosten anbietet, um damit Mitbewerbern den Zutritt zum Markt zu erschweren.


    V. Kostenfreie Abgabe von Waren

    (a) Die verbilligte oder kostenfreie Abgabe von Waren im Sinne von Schenkungen oder Spenden unterliegt grundsätzlich nicht den Beschränkungen bezüglich § 11 und § 14 dieser Lex.

    (b) Alle Sach- und Lebensmittelspenden von Privatpersonen an die Allgemeinheit müssen bei einem der für sie zuständigen Aedilen in ihrer voraussichtlichen Höhe angemeldet werden. In der Stadt Rom sind dies die Aediles Plebis und Curules, in Civitates außerhalb von Rom die örtlichen Aediles, in Ortschaften ohne Magistrate die Aediles der nächstgrößeren Civitas.

    (c) Die Anmeldung einer Spende ist grundsätzlich spätestens am Tag der Spende zu tätigen.

    (d) Im Einzelfall ist die nachträgliche Anmeldung genehmigungsfreier Spenden bis zu zwei Tage später möglich, sofern diese Möglichkeit nicht häufiger als zweimal pro Jahr in Anspruch genommen wird.

    (e) Sach- und Lebensmittelspenden über einem Gesamtwert von 500 Sesterzen bedürfen der Genehmigung durch einen Aedil. Diese Genehmigung ist immer vor Ausführung der Spende einzuholen.

    (f) Sollten von einer Einzelperson in einem Jahr Sach- und Lebensmittelspenden in Höhe von 2000 Sesterzen getätigt worden sein, bedarf jede weitere Sach- oder Lebensmittelspende im selben Jahr der Genehmigung beider Aedile. Diese Genehmigung ist immer vor Ausführung der Spende einzuholen.


    VI. Veräußerung von Erbschaften ohne Betriebskonzession

    (a) Nach Erhalt einer Erbschaft an Sachwaren ist es erlaubt, diese auch ohne die nach § 11 (1) notwendigen Betriebe zu veräußern.

    (b) Veräußerungen von Erbschaften müssen in ihrer Höhe dem Aedil gemeldet und von diesem genehmigt werden. Waren ab einem Gesamtwert von über 2000 Sesterzen benötigen die Genehmigung beider Aedile.

    (c) Waren aus Erbschaften, die ohne die nach Ia notwendigen Betriebe veräußert werden, dürfen nur genau zum vom Staat vorgeschlagenen Preis veräußert werden.


    VII. Städte und Gemeinden

    (a) Waren aus Erbschaften können von Städten analog zu den Vorschriften für Privatpersonen nach § 16 verkauft werden.

    (b) Städte und Gemeinden sind berechtigt, ihnen zufallende Betriebe zu deren Anschaffungskosten an die Provinz zu verkaufen, in welcher der Betrieb steht, oder an den Pasceolus Imperialis. Der Verkauf an Privatpersonen unterliegt keinerlei preislicher Beschränkung.

    (c) Provinzen sind berechtigt, Waren zu produzieren und auf dem freien Markt zum Standardpreis zu verkaufen, wenn die betreffende Ware seit 3 Wochen von keinem anderen Marktteilnehmer hergestellt wurde.

    (d) Auf besonderen Antrag eines römischen Bürgers sind der Pasceolus Imperialis oder die Provinzkassen berechtigt, Waren zu produzieren und auf dem freien Markt zum Standardpreis zu verkaufen, wenn der Bürger die unzureichende Versorgung mit dieser Ware begründen kann und einer der Aedilen in Rom dem Vorgang zustimmt. Genehmigt werden kann jeweils nur eine einmalige Produktion. Eine erneute Produktion erfolgt nur auf erneuten, begründeten Antrag.


    VIII. Umlaufverbot

    (a) Es ist verboten, Lebensmittel und Getränke in Verkehr zu bringen, die gesundheitsschädlich, verdorben, unreif, nachgemacht, verfälscht sind.

    (b) Es ist verboten, mangelhafte Waren wie beispielsweise Werkzeug in den Umlauf zu bringen, die aufgrund ihrer Mängel das Leben und die Gesundheit des Käufers oder Dritter gefährden könnten.


    § 19 Ausschluss von Unwissen

    Der Besitzer eines Verkaufsstandes oder einer Schänke hat seine Waren nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Er darf sich aufgrund seiner Qualifikation nicht darauf berufen, dass ihm die Minderwertigkeit einer Ware nicht bewusst war.


    IX. Unlauterer Wettbewerb

    (a) Es ist verboten, bewusst falsch für eine Sache zu werben oder der Sache bewusst Eigenschaften zuzuschreiben, die sie in Wahrheit nicht hat.

    (b2) Es ist verboten, das Geschäft einer anderen Person durch gezielte Manipulation zu schädigen. Gezielte Manipulation ist die absichtliche Zerstörung des Geschäfts oder Waren, die Beeinflussung von Dritten hierzu oder gezielte Einschüchterung oder Bestechung des Geschädigten oder seiner Mitarbeiter, um schädliche Aktionen im Sinne des Schädigenden durchzuführen oder zu tolerieren.

    (c) Es ist verboten, andere Personen oder ihre Geschäfte für selbst in Umlauf gebrachte mangelhafte Ware verantwortlich zu machen.


    X. Strafen

    (a) Das Strafmaß beträgt nach der Schwere des Verstoßes und nach Anzahl der bisherigen Verstöße gestaffelt einen Anteil am Vermögen der Person:


    (Tabelle)


    Ist der Schuldige nicht in der Lage, die Geldstrafe zu bezahlen, werden alternativ für den 1. Verstoß eine Woche, für den 2. Verstoß zwei Wochen und für den 3. Verstoß vier Wochen Haftstrafe angesetzt.


    (b) Sollte der Geahndete auch nach dem dritten Verstoß nicht den Bestimmungen des Gesetzes Folge leisten, ist ihm die Genehmigung für diesen Betrieb zu entziehen. Der Genehmigungsentzug beschränkt sich auf den betroffenen Wirtschaftszweig, nicht auf alle. Wurde außerhalb eines Betriebes gegen die Vorschriften verstoßen, bringt der dritte Verstoß eine Erhöhung des Strafbetrages um 5 Prozentpunkte mit sich oder alternativ eine Woche Gefängnisstrafe.

    (c) Für die Bemessungsgrundlage der Strafe wird das Umlaufvermögen der Person herangezogen. Dazu zählen Barvermögen und Waren auf Lager. Bemessungsgrundlage ist der durchschnittliche Wert des Umlaufvermögens am aktuellen Tag, 5 Tage davor und 10 Tage davor.

    (d) Gegen verhängte Strafzahlungen kann beim Praetor Einspruch eingelegt werden. Die Zahlung wird dann bis zu seiner Entscheidung ausgesetzt.

    (5e) Bei Verstoß gegen eine der Regelungen dieser Lex kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn der zu Ahndende seinen Verstoß selbst anzeigt, ehe ein Aedil den Verstoß festgestellt hat.


    XI. Weitere Konsequenzen und Regelungen

    (a) Die Ahndungen werden in einer Akte vermerkt. Zuständig für die Überwachung des Gesetzes und der nötigen Aktenvermerke sind die Aedilen. Diese können hierfür geeignete Einheiten als Unterstützung hinzuziehen.

    (b) Sollte der erste Verstoß länger zurückliegen als 2 Monate, ist ein neuerlicher Verstoß so zu ahnden, als wäre dies der erste Verstoß. Dasselbige ist auch dann durchzuführen, sollten 2 Verstöße begangen worden sein und der zweite Verstoß länger zurückliegen als 6 Monate.

    (c) Sollte ein dritter Verstoß in den Akten vermerkt sein, gilt keine Verjährungsfrist.

    (d) Die Strafen werden durch Aushang und in der Acta Diurna veröffentlicht



    "Der Inhalt von Pars Primus und Secundus gehört traditionell ins Edikt des Prätors. Das sähe dann in etwa so aus:"


    Pars Prima


    IN IURE


    I. In Ius Vocatio – Klageerhebung

    Ein Bürger kann gegen einen anderen Bürger wegen einer Streitigkeit, zu der in diesem Edikt eine Klage gewährt wird, beim Prätor Urbanus eine Klage erheben.


    Die Klage kann auch durch einen vom Bürger benannten Prozessvertreter erhoben werden.


    Der Kläger muss sein Anliegen vor dem Prätor begründen. Daraufhin gewährt der Prätor die Klage oder weißt den Kläger ab.


    Der Kläger muss den Beklagten über die gewährte Klage benachrichtigen.

    Der Beklagte hat sich am anberaumten Termin vor Gericht einzufinden, oder einen Prozessvertreter zu entsenden.


    II. De Postulando – Klagefähigkeit

    Personen, die unter siebzehn Jahren oder geisteskrank sind, können keine Klage erheben. Für sie kann ihr Vormund die Klage erheben.


    III. Urteilsverkündung

    Der Prätor verkündet nach der Verhandlung apud Iudicem das Urteil


    APUD IUDICEM


    Gewährt der Prätor die Klage, benennt er in der Klagformel den Iudex.


    Die Parteien legen ihren Streit vor dem Iudex dar. Zuerst der Kläger, dann der Beklagte.


    Die Parteien können Zeugen benennen und die Zeugen der Gegenseite befragen.


    Der Iudex entscheidet den Streit nach dem Vorbringen der am Prozess beteiligten Parteien.


    Pars Secunda


    ACTIONES EX CONTRACTU – KLAGEN AUS VERTRAG*

    I. Bona Fide Iudicia – Klagen nach Treu und Glauben


    Klagen aus Kaufvertrag

    Wenn es sich erweist, dass sich N.N. und A.A. geeinigt haben, dass A.A dem N.N eine Sache verkauft hat und N.N. den vereinbarten Kaufpreis nicht bezahlt hat, soll der Richter den N.N. darauf verurteilen, wie viel die Kaufsache wert ist und darauf was N.N. dem A.A. nach Treu und Glauben sonst zu leisten hat. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn frei sprechen.

    Wenn es sich erweist, dass sich N.N. und A.A. geeinigt haben, dass A.A von N.N eine Sache gekauft hat und N.N. die Kaufsache gar nicht übergeben oder nicht wie vereinbart übergeben hat, soll der Richter den N.N. darauf verurteilen, wie viel die Kaufsache wert ist und darauf was N.N. dem A.A. nach Treu und Glauben sonst zu leisten hat. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn frei sprechen.


    Klage aus Werkvertrag

    Wenn es sich erweist, dass N.N. und A.A. sich darüber geeinigt haben, dass A.A. dem N.N. ein bestimmtes Werk vollbringt, er dieses tut und N.N. ihm nicht die vereinbarte Summe bezahlt, soll der Richter den N.N. zur Zahlung der vereinbarten Summe und dem, was N.N. dem A.A. aus Treu und Glauben sonst schuldet, verurteilen. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.

    Wenn es sich erweist, dass N.N. und A.A. sich darüber geeinigt haben, dass A.A. dem N.N. ein bestimmtes Werk vollbringt, er dieses aber vollbringt, soll der Richter den A.A. zur Zahlung der vereinbarten Summe und dem, was A.A. dem N.N. aus Treu und Glauben sonst schuldet, verurteilen. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.


    Klage aus Mietvertrag

    Wenn es sich erweist, dass N.N. und A.A. sich darüber geeinigt haben, dass N.N. von A.A. eine Sache gemietet hat und N.N. aber die vereinbarte Miete nicht bezahlt hat, soll der Richter den N.N. zur Zahlung der vereinbarten Summe und dem, was N.N. dem A.A. aus Treu und Glauben sonst schuldet, verurteilen. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.

    Wenn es sich erweist, dass N.N. und A.A. sich darüber geeinigt haben, dass A.A. von N.N. eine Sache gemietet hat und N.N. aber die gemietete Sache dem Mieter nicht zur Verfügung gestellt hat, soll der Richter den N.N. zum Ersatz des entstandenen Schadens und dem, was N.N. dem A.A. aus Treu und Glauben sonst schuldet, verurteilen. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.


    Klage aus Pachtvertrag

    Wenn es sich erweist, dass N.N. und A.A. sich darüber geeinigt haben, dass N.N. von A.A. ein Grundstück gepachtet hat und N.N. aber die vereinbarte Pacht nicht bezahlt hat, soll der Richter den N.N. zur Zahlung der vereinbarten Summe und dem, was N.N. dem A.A. aus Treu und Glauben sonst schuldet, verurteilen. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.

    Wenn es sich erweist, dass N.N. und A.A. sich darüber geeinigt haben, dass A.A. von N.N. ein Grundstück gepachtet hat und N.N. aber das gepachtete Grundstück nicht zur Verfügung gestellt hat, soll der Richter den N.N. zum Ersatz des entstandenen Schadens und dem, was N.N. dem A.A. aus Treu und Glauben sonst schuldet, verurteilen. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.

    II. Iudicia Stricti Iuris


    Klage aus Darlehen

    Wenn es sich erweist, dass N.N. und A.A. darauf geeinigt haben, dass A.A. einen Geldbetrag als Darlehen stellt, A.A. dem N.N. diese Summe überträgt und N.N. die Summe zum vereinbarten Zeitpunkt nicht zurück gezahlt hat, soll der Richter den N.N. zur Zahlung von des vereinbarten Geldbetrages an A.A. verurteilen. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.


    III. Actiones ex Delicto


    Klage auf Schadenersatz

    Wenn es sich erweist, dass N.N. dem A.A. durch Brennen, Brechen oder Zerreißen einen Schaden an seinem Vermögen verursacht hat, soll der Richter den N.N. zu einer Buße verurteilen, die dem doppelten Wert des verursachten Schadens entspricht. Wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen.


    IV. Actio In Factum

    Kraft seiner Autorität kann der Prätor auch eine Klage gewähren, wenn sie noch nicht im Edikt aufgeführt war.




    "Und so weiter. Die Liste ist erweiterbar. Die Rechtsgelehrten würden es dankend willkommen heißen, würde der Zustand, den die Veteres intendiert hatten, wieder hergestellt."


    Das war eine ganze Menge. Tiberius ließ den Zuhörern einen Moment, auf ihn warteten sicher Nachfragen.




    Sim-Off:

    * Ich versuche hier die alten Blankettformeln des römischen Formularprozesses nachzubilden. Wir wissen heute leider nicht mehr, wie genau das aussah, aber hier ist eine Rekonstuktion. Das ist natürlich in der Form nicht bei uns machbar, aber wir können uns ja Mühe geben. :D

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Als Tiro fori des jüngeren Flavius Gracchus ward auch Ravilla die Ehre und das Vergnügen zuteil, an der heutigen Cena zu partizipieren. Wenngleich er inhaltlich kaum mehr als Nichts würde beitragen können, so nahm er doch gern die Gelegenheit war, sich lernend an der folgenden Diskussion zu erfreuen. Sie passte insbesondere dahingehend gut in seine Planung, da er zum theoretischen Cursus des römischen Rechts und der exekutiven Arbeit des Aedils nun auch erstmalig die Judikative bei der Arbeit respektive Vorarbeit erleben durfte. So harrte er gespannt der Worte, die da reichlich sprudeln mochten, während er das wohlige Gefühl seines vollen Magens mit einigen Schlucken süßem, gut gewürztem Weißwein perfektionierte.

  • Manius Minor war pflichtschuldig erschienen, als Manius Maior ihn zur Disputation einer juristischen Frage geladen hatte, obschon er in seinen ädilizischen Pflichten bereits hatte erkennen müssen, dass die Winkelzüge der Jurisprudenz ihm mäßig Freude bereiteten, selbst wenn das Spiel mit den Worten ihm durchaus zusagte. Erfreulicherweise dominierte während des Essens indessen noch weniger schwere Themen, man sprach über einige Belange des Cultus Deorum und Ravilla und Minor gaben Anekdoten aus seinem magistratischen Tagesgeschäft zum Besten.


    Erst nach dem Dessert holte Valerius Flaccus, mit dem der jüngere Flavius bisherig wenig mehr hatte verbunden, als dass er ein Klient der Familie und ein pontificischer Amtskollege seines Vaters war, zu einer umfassenden juristischen Erörterung aus, welche sogleich mit konkreten Entwürfen wurde garniert. Nachdenklich lauschte der amtierende Aedilis, dessen Tagewerk immediat davon würde betroffen sein, den Worten des Juristen, ehe endlich er das Wort ergriff:

    "Valerius, es ist eine höchst löbliche Sache, dass du dich jener Thematik annimmst, die der geschätzte Aurelius begonnen hat-"
    Minor dehnte das lobende Attribut seines aurelischen Amtsvorgängers ein wenig länger, als notwendig, empfand er doch nichts denn Abscheu gegenüber jenem Standesgenossen, der ihm seine verhasste Stiefmutter hatte beschert und dessen Ambitus nur durch seinen vorschnellen Tod war ein Ende gesetzt worden.

    "In der Tat sehe ich eine Schwäche unseres bestehenden Rechts in Fragen des Ius privatum, das in wenigen Sentenzen der Lex Mercatus ist zusammengefasst, obschon es doch den gemeinen Civis weitaus häufiger tangiert als die Bestimmungen des Strafrechts, dem wir immerhin einen ganzen Codex widmen. Insofern begrüße ich dein Ansinnen generell und halte dafür, dass durchaus auch eine dynamische Entwicklung des Rechts durch ein Edictum Praetoris eine gute Sache wäre."
    Tatsächlich hatte Flaccus die alten Bestimmungen über die Zusammensetzung und Prozessierweise jenes Iudicium trefflich subsummiert.

    "Ich frage mich indessen, ob es nicht sinnvoll wäre, jene altehrwürdigen Formulierungen des Edictum, wie du sie widergibst, ein wenig knapper zu fassen und die Tatbestände nach Möglichkeit so zusammenzufassen und zu abstrahieren, dass sie jener Nüchternheit und Klarheit entsprechen, die auch der Codex Iuridicialis für das Strafrecht bereithält. Obschon ich durchaus ein Freund anspruchsvoller Sprache und hergebrachter Formeln bin, so scheint mir doch zu bedenken, dass viele der Senatoren, Juristen und Magistrate heute nicht mehr sonderlich geübt sind in den hergebrachten Rechten und die Vorzüge jener neuartigen Kompilationen durchaus schätzen. Ihren Einwänden würde es zweifelsohne den Wind aus den Segeln nehmen, gliche man sich ein wenig an ihre Formen an."

  • Die Formulierung des Aedils war vortrefflich gewählt. Er kleidete sein Anliegen in erlesene Höflichkeit, mit welcher er die Ablehnung gegenüber einem Standesgenossen ebenso auszudrücken vermochte wie einen konstruktiv gestalteten Gegenvorschlag zum vorliegenden Gesetzesentwurf. Ravilla, welcher der Kunst der Rhetorik zugetan war, schmolz innerlich dahin, während er nach außen hin zustimmend nickte.


    Freilich hätte er ebenso genickt, würde er das Anliegen zur simplifizierten Syntax weniger gutheißen, als er es tat. Seine Aufgabe war es, den jüngeren Flavius zu unterstützen und nicht, dessen Vorhaben Steine in den Weg zu legen. So sprach Ravilla die eigenen Gedanken nur unverfälscht aus, wenn er danach gefragt wurde, wie beim erbaulichen Gespräch im Officium, welches indes unter vier Augen stattgefunden hatte. Doch es begab sich selten, dass Situationen entstanden, in welchen seine Ansichten mehr als nuanciert von denen seines Magistraten differierten, sodass Ravilla in den Genuss des Privilegs kam, nicht als Heuchler auftreten zu müssen, der gegen die Stimme des eigenen Gewissens sprach, sondern sich mit seinem Tun und Treiben rundum wohlfühlen zu dürfen.

  • Der Valerius, dessen umfassende Vorarbeit nun die Kritik des Magistraten traf, wirkte ein wenig derangiert, sodass eine kurze Pause des Schweigens erfolgte, die Manius Minor nutzte, noch ein wenig weiter über die Ideen und Intentionen des Juristen zu spintisieren. Endlich ergriff sodann erneut er das Wort, um einen weiteren Gedanken, welcher unfiltriert und lediglich unvollkommen durchdacht war, zu formulieren:

    "Eine weitere Option wäre indessen, zunächst mit einem Edictum Aedilis Curulis zu beginnen, das zu erlassen mir in meiner amtlichen Vollmacht ohnehin zusteht. Da das bestehende Recht mir sowohl die Aufsicht über die Märkte als auch das Iud Edicendi in meinem Amtsbereich zubilligt, könnte ich dadurch immediat die Leistungsfähigkeit des Systemes unter Beweis stellen, was den Senat womöglich noch leichter würde überzeugen."

    Dies war eine schlankere Variante als das Risiko einer erschöpfenden Senatsdebatte, wie er sich in seinem jungen Senatorenleben schon so häufig hatte erleben müssen.

  • Einen Augenblick konnte Gracchus ein Schmunzeln nicht zurückhalten als Valerius die Lex Mercatus als eines der seltsamsten Gesetze titulierte, folgte sodann jedoch den Ausführungen seines Klienten aufmerksam.

    "Ausgezeichnete Arbeit, Valerius"

    , lobte er nach den Worten seines Sohnes zuerst einmal Flaccus, war doch nicht zu bezweifeln, dass jener sein Handwerk verstand.

    "Indes muss ich meinem Sohn beipfli'hten - es ist überaus deplorablel, doch in dieser Form sehe ich es aus den genannten Gründen ebenfalls als überaus diffizil, im Senat zu einer positiven Abstimmung zu gelangen."

    Wohlwollend nickte er Minor zu, welcher mit dem Vorschlag eines Edictum bewies, dass auch er sein Handwerk beherrschte und die Mechanismen der Poltik verstand.

    "Ein Edictum Aedilis Curulis könnte in der Tat zu einem Gelingen beitragen, dennoch sehe ich ein Erfordernis zu sprachlicher Simplifizierung. Letztendlich bist du ein Flavius Gracchus, man erwartet von dir, dich gewählt zu artikulieren, doch kaum ein Senator wird die Mühewaltung auf sich nehmen, dir zu folgen."

    Der ältere Gracchus wusste durchaus, wovon er sprach. Während er als junger Mann Rom als Bühne der Rhetorik hatte angenommen, hatte Rom ihn eines besseren, respektive schlechteren belehrt - was indes kaum verwunderlich war in einem System, das an adäquate Bildung keinen Anspruch mehr zu stellen schien. Ein wenig amüsiert stellte er fest, dass die Villa Flavia in diesem Sinne augenscheinlich ein Bollwerk war, denn an der Bildung und Ausdrucksform seiner Klienten bestand kein Zweifel.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Tiberius nickte dem Patron für das Lob dankend zu und fügte dann zu den anschließenden Überlegungen hinzu:

    "Eine gut gemachte Verbesserung des Ädilischen Edikts ist immer gern gesehen bei den guten Leuten auf dem Markt. Ein kompetenter Ädil verdient sich für Erleichterungen und Regelungen des täglichen Lebens den Respekt derer, deren Leben er erleichtert.

    Es geht denen um Lösungen für praktische Probleme, bei denen ein Magistrat zeigen kann, dass er sich auf die Technik und auf die Details versteht. Gelingt die Qualität hingegen nicht..." stand der fragliche Ädil als inkompetenter Schnösel da, der sich irgendwie in diese Position gegammelt haben musste. Das sagte er allerdings nicht. Und der jüngere Gracchus schien ohnedies nicht in diese Kategorie zu fallen. Götter sei Dank.

    "Es gibt auf diesem Feld immer konkrete Ideen und Sachen, die es anzupacken gilt."

    Von denen Tiberius auch spontan einiges einfallen würde.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Rudimentär waren die Kenntnisse des jüngeren Flavius in Fragen des Marktrechtes wohl zu titulieren, denn obschon er derzeitig tagtäglich mit ihnen war konfrontiert, so empfand er doch die Details als überaus disturbierend und er war überaus dankbar, in seinem Consilium eine Schar überaus kompetenter Juristen um sich zu haben, welche ihm rieten, wie die vorgebrachten Streitfälle zu entscheiden waren.

    "Nun, ich wäre dir überaus dankbar, wenn du mir bei diesem Edikt ein wenig assistieren würdest, da du bereits intensiv dich mit der Materie befasst hast. Gemeinsam werden wir zweifelsohne eine Stütze für das Marktrecht der Urbs entwickeln!"

    Faktisch würde Manius Minor dazu wohl nicht viel mehr als einige salbungsvolle Worte zur Einführung beitragen, doch war dies der Lauf der Welt: Die Experten ersonnen in mühevoller Kleinarbeit Inhalte, die Politik offerierte sie der Menge!

  • Der Valerier nahm noch einen Schluck von dem Wein, kramte einen Moment in seinem Kopf nach seienn mentalen Notizen und machte dann seine Vorschläge. "Ein ädilizisches Edikt ja. Nun, beginnen wir mit dem Zentralaspekt der ädilizischen Marktgerichtsbarkeit...


    In Ius Vocatio

    Alle Streitigkeiten, die auf den Märkten der Stadt entstehen mögen, sollen vor die Rechtsprechungsgewalt des Ädils gebracht, werden. Die Klagen sind beim Amtssitz des Ädils zu erheben.

    Ist jemand vor das ädilizische Gericht gerufen worden, sei es als Zeuge oder Beklagter, so soll er gehen.

    Erscheint er nicht, so kann entweder der Kläger selbst oder der Ädil kraft seiner Amtsgewalt den Beklagten herbei schaffen lassen.

    Beklagter und Kläger können sich durch Advocaten vertreten lassen.

    Erscheint der Kläger nicht zur Verhandlung, so verliert er die von ihm angestrengte Klage und hat dem Beklagten dessen Auslagen, die ihm durch sein Erscheinen vor Gericht entstanden sein mögen, zu erstatten.


    Rechtsprechungsgewalt des Ädil

    Dem Ädil kommt diejenige Rechtsprechungsgewalt zu, die dem Amte seit jeher zugestanden war. Sie umfasst die Streitigkeiten, die auf den Märkten der Stadt entstehen, soweit sie nicht unter die Rechtsprechungsgewalt des Prätors fallen.

    Der Ädil mag dem Edikt diejenigen Klagen hinzufügen, die er zur Wahrung des Friedens im Bereich seiner Rechtsprechungsgewalt für angemessen hält.


    " Hier möchte ich dem geschätzten Ädil Flavius Minor nicht vorgreifen. Es hier vieles möglich. Mir fiele spontan dieses ein:"


    Klage wegen Mangel an der Sache

    Wenn jemand auf dem Markt eine Sache verkauft oder vermietet hat, die nicht der Qualität entspricht, wie sie vereinbart war, wie andere Sachen derseleben Art gewöhnlich beschaffen sind oder sie sich nicht für den Gebrauch eignen, der Sache dieser Art normalerweise ermöglichen soll, so soll man ihn zu einer Zahlung von M an den Geschädigten verurteilen und zu der Summe, die dem Kläger aufgrund des Mangel.

    Dasselbe gilt,

    wenn jemand Lebensmittel und Getränke in den Verkehr zu bringen sucht, die gesundheitsschädlich, verdorben, unreif, nachgemacht, verfälscht sind.

    Es ist verboten, mangelhafte Waren wie beispielsweise Werkzeug in den Umlauf zu bringen, die aufgrund ihrer Mängel das Leben und die Gesundheit des Käufers oder Dritter gefährden könnten


    Actio Flaviana De Mendaciis

    Wenn jemand auf dem Markt wider die Wahrheit die Ware eines Konkurrenten als mangelhaft oder wertlos beschimpft, so soll man ihn zu einer Zahlung von M an den Geschädigten verurteilen oder zu der Summe, die dem Kläger aufgrund der unwahren Beschimpfung an Schaden entstanden ist.

    Wenn sich die Beschimpfung als wahr heraus stellt, soll man ihn freisprechen.


    Exceptio Flaviana

    Wenn es sich bei einer Klage wegen eines Mangels an einer Sache herausstellt, dass der Kläger auf dem Markt den Mangel vorher kannte oder der Mangel so offensichtlich war, dass ein gewissenhafter Pater familias den Mangel erkennen musste, so soll man den Beklagten freisprechen.


    Klage wegen Ordnungsstörung auf dem Markt

    Wenn jemand auf dem Markt auf irgendeine Weise derart die Ordnung stört, dass er durch sein Benehmen den guten Ablauf auf dem Markte stört, so kann der Ädil geeignete Maßnahemn treffen um die Ordnung auf dem Markte wieder herzustellen.

    Der Ädil kann dem Störer die Kosten für die Wiederherstellung der Ordnung auf dem Markte auferlegen und ihn zur Zahlung einer Summe verurteilen, die MMM nicht übersteigt.


    Der Betreiber eines Marktstandes oder einer Schänke hat seine Waren nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Er darf sich aufgrund seiner Qualifikation nicht darauf berufen, dass ihm die Minderwertigkeit einer Ware nicht bewusst war.


    "Eine bescheide Sammlung von Dingen, die mir schon länger im Kopf herum schweben, teilweise auch Dinge von der Lex Mercatus übernehmend. Ließe man diese in Kraft, bräuchte man entsprechende Vorschriften natürlich nicht."

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Mit höchster Freude nahm der jüngere Flavius zur Kenntnis, dass der Valerius selbst für diese Eventualität bereits einige Ideen in Hinterhand hielt, sodass er sich auch jene Tafeln ließ reichen, einen Blick darauf warf (welcher eher symbolischer als informativer Natur war, da er ob seiner Fehlsicht außerstande war, eine Tabula in seinen Händen zu entziffern) und diesen dann an einen der bereitstehenden Sklaven weiterreichte.

    "Ich würde dafürhalten, dass dies eine hinreichende Ausgangsbasis darstellt. Ich werde dies mit meinem Accensus und dem Consilium erörtern, doch ich bin gewiss, dass wir daraus ein formidables Edictum werden gießen können, das, wie du bereits sagst, ja beständig fortzuschreiben wäre."

    Die Nuancen des juristischen Jargon waren Manius Minor, obschon er ein Liebhaber der Sprache war, nicht in sämtlichen Verästelungen vertraut, doch erschien ihm jene Vorlage doch als ein sinnvoller Kompromiss aus Verständlichkeit und Präzision, wie er ihn auch in anderen Gesetzestexten bereits hatte vernommen. Und in der Tat würde es wenig später in derartiger Form publiziert werden.

    "Damit hätten wir zweifelsohne einen ersten Schritt, um die altehrwürdige Rechtsordnung der Maiores Schritt um Schritt wieder ein wenig zu restituieren - und dies ganz ohne den Senat einschalten zu müssen. Ein nächster Schritt dürfte indessen, wie du bereits sagtest, Valerius, ein wenig umfangreicher ausfallen, sodass wir uns hier ausgiebig präparieren und den Entwurf mit verschiedenen Juristen im Vorfeld disputieren sollten."

  • "Wenn eine Anmerkung meiner Person gestattet ist", meldete Ravilla sich in einer Pause zu Wort, "so möchte ich ein Lob verlauten lassen. Mir sind im Rahmen meines Tirocinium Fori schon Gesetzestexte mannigfacher Gestalt untergekommen, doch dieses gehört zu jenen, welche sich dem Anwender als besonders angenehm präsentieren, folgerichtig unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität gar vortrefflich formuliert wurde."


    Inhaltlich beizutragen hatte der Seius nichts, es wäre wohl auch anmaßend erschienen in dieser hoch dotierten Runde, doch vertrat er die Auffassung, dass gute Arbeit durchaus erwähnt werden durfte - nicht zuletzt, da auch er selbst eines Tages von der erwähnten Praktikabilität profitieren mochte.

  • Ein Abschied und doch kein Scheiden - MFG et GSR


    Die Suche nach dem vielbeschäftigten Patron führte Ravilla schließlich ins Triclinium. Flavius Gracchus Senior war nicht leicht zu finden. Vielleicht fand er sich hier? Ravilla würde nicht gehen, ohne sich von seinem Patron und dessen Sohn zu verabschieden, welche sich während der letzten Jahre aufopferungsvoll um ihn und seine Karriere gekümmert hatten. In seiner mit zahllosen Ringen besetzten Hand hielt er, in Seide gewickelt, ein kleines Objekt.

  • Tatsächlich fand Ravilla seinen Patron im Triclinium vor, wo dieser ein etwas spätes prandium einnahm, da seine Pflichten es an diesem Tage nicht eher hatten erlaubt.

    "Ah, Seius, bist du ebenfalls noch auf der Suche nach etwas Essbaren? Nimm Platz, es ist noch genügend übrig."

    Was selbstredend nur eine Redensart war, denn in der flavischen Villa wäre selbstredend auch dann noch genügend übrig, wenn die gesamten Platten auf dem Tisch bis auf den letzten Krümel wären geleert gewesen.

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  • "Nicht die Suche nach leiblichen Genüssen treibt mich durch die Gänge, mein lieber Patron", sprach Ravilla. "Wenngleich die Köstlichkeiten der Villa Flavia Felix ihresgleichen suchen." Eine Nuance von Melancholie lag in seiner Stimme, als er eintrat. Ach, der Abschied war seine Sache nicht, er drückte auf sein Herz. Wie geheißen nahm der Seius Platz. "Ich bin hier, weil ich nach dir suchte. Kürzlich war ich an höchster Stelle im Palatinum vorstellig. Der Imperator Caesar Augustus akzeptierte meine Bewerbung um ein Tribunat. Er ließ mir die Ernennungsurkunde postalisch zukommen, gleichsam legte die Kanzlei den Befehl bei, ich möge unverzüglich nach Germania superior aufbrechen, um meinen Dienst bei der Legio XXII Primigenia anzutreten.


    So bin ich heute hier, um mich für die nächsten Monate von dir zu verabschieden und dir meinen Dank auszusprechent für Kost und Logis, für Rat und Engagement. Ohne deine Hilfe, mein lieber Patron, und jene deines entzückenden wie kompetenten Sohnes, wäre ich heute nicht dort, wo ich nun stehe, und nach meiner wohl unglücklich geratenen jüngsten Rede vor dem Senat stünde ich ohne die schützende Aura der Gens Flavia vielleicht überhaupt nicht mehr im Lichte von Roma caput mundi. Ich bitte dich um Verzeihung dafür, dass ich vor dem Senat mit meiner Rede womöglich über das Ziel hinausschoss. Mit dem Tribunat habe ich die Chance, die Dinge wieder gerade zu rücken, und dem Kaiser, dem Senat und dem Volk von Rom zu beweisen, dass dein Klient zu mehr imstande ist, als einem losen Mundwerk und dem, was er in seiner Amtszeit als Vigintivir zu leisten vermochte.


    Damit ich dir während meiner Abwesenheit nicht allzu schnell in Vergessenheit gerate, es wäre doch schade um das Andenken an die erquickliche Zeit, habe ich dir ein kleines Präsent organisiert."


    Freilich war es hier nicht der materielle Wert, welcher hier zählte, wenngleich ein solches Präsent kaum von Jedermann würde organisiert werden können. Ravilla stellte das Präsent auf den Tisch. Ein schwarzes Seidentuch, beste Qualität, welches mit schillernden Silberfäden durchwirkt war, umhüllte etwas Hartes, aufrecht Stehendes, das ausgewickelt wohl in eine Hand passen mochte.

  • "Ah, exzellent! Meinen herzlichen Glückwunsch!"

    , gratulierte Gracchus seinem Klienten zum Tribunat, nur um nach dessen Eröffnung seiner Abberufung anzufügen:

    "Oh, mein Beileid! Germania superior - welch triste Aussi'ht. Allfällig ist dies der Ausgleich für deine Worte im Senat. Indes, auch Minor hat sein Tribunat in Germania abgeleistet und dies überlebt."

    Bis heute war Gracchus nicht sicher, was seinen Sohn zu diesem Schritt hatte bewogen, hatte er doch sonst nie militärische Ambitionen gezeigt, und hätte als Patrizier zudem keine Notwendigkeit dazu gehabt.

    "Ich bin überzeugt, Seius, du wirst deine Aufgabe gut erfüllen, und bis du nach Rom zurückkehrst, wird kaum noch jemand deines Fauxpas gedenken. Nicht niemand indes, denn Senator Claudius wird ihn nicht ver..gessen. Ein Homo Novus würde allfällig in ein paar Monaten darüber hinweggehen, doch Claudius Menecrates ist der Spross einer altehrwürdigen Familie, welche vor allem anderen die virtutes ehrt. Du bist ein ebensolcher Mann, Seius, darob wäre es angebra'ht, dass du ihm gegenüber Abbitte leistest, denn Senator Claudius ist niemand, den du dir als Opponent verstetigen möchtest."

    Gleichwohl der Flavier es nicht direkt aussprach, so war dies seine Erwartung als Patron. Als Anregung vorgebracht ließ er Ravilla indes die Option, aus eigenem Antriebe mit einer simplen Geste seine Ehre wiederherzustellen.

    "Ich danke dir, wenngleich ich die Gefahr als sehr gering einschätze, dass ich dich allzu bald vergessen werde"

    , lachte er sodann, denn Ravilla in seiner Gänze, begonnen bei der exzentrischen Kleidung, nicht zu vergessen - doch auch nicht zu vordergründig zu erwähnen - sein gefälliges Äußeres, über sein außergewöhnliches Naturell bis hin zu seinen profunden Zukunftsplänen, war zweifelsohne eine Person, welche einen langen Nachhall nach sich zog. Erfreut und neugierig zugleich entfernte der Flavier das seidene Tuch.

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  • "Dein Sohn versah dort sein Tribunat? Wie erfreulich, so werde ich nach Spuren seines Schaffens forschen und ihm postalisch mitteilen, wie seine Erfolge gediehen. Ich gehe davon aus, dass ihn der Verlauf der von ihm initiierten Entwicklungen interessieren werden. Nun, es mag sein, dass die Entsendung in die nördliche Provinz wohlverdient ist, doch sehe ich darin in erster Linie die erwähnte Chance, die ich zu nutzen gedenke."


    Doch ach, was danach folgte, verdross den jungen Seius. Warum nur hatte er Anstand walten lassen und war zum Abschied auf seinen unglücklichen Wortwechsel mit dem Praefectus Urbi zu sprechen gekommen! Nun gab es keine Ausrede mehr, dem hochdekorierten alten Mann, von dem Ravilla überzeugt war, er würde ihn, den Homo novus, aus ganzem Herzen verabscheuen, noch einmal persönlich gegenüberzutreten. Wie sollte eine Abbitte Gehör finden, wo doch dem Claudier schon Ravillas bloße Existenz Anlass genug gewesen war, die Arbeit zu erschweren? Ein theatralischer, doch stummer Blick gen Himmel, mochte andeuten, was in dem jungen Magistrat vorging, doch nein, er sprach kein Widerwort, sondern senkte den Blick wieder und ließ ein kleinlautes Nicken folgen.


    "Es wird geschehen, wie du empfielst, mein Patron." Denn zweifelsohne war dem Rat des erfahrenen Pontifex, selbst wenn er eine tatsächliche Wahl impliziert hätte, höheres Gewicht beizumessen als Ravillas bisweilen noch beinahe jugendliche Empfindungen. Doch würde dies erst nach seiner Rückkehr aus Germania erfolgen, wenn mit Orden und Auszeichnungen behangen er keinen Zweifel an seiner Eignung für die weitere politische Laufbahn des Cursus honorum irgendwelchen Raum böte!


    Das gelüftete Seidentuch derweil offenbarte dem Beschenkten einen verspielt geformten Flakon aus schwarzen Glas, vor allem jedoch offenbarte der entströmende Duft den Zauber des Orients, der durchaus an die Parfums von Ravilla erinnerte, und doch anders roch: ernster, würdevoller, zu einem älteren Manne passend, der zu entsprechenden Anlässen vielleicht einmal nicht den - nach Ravillas Empfinden - biederen Düften Italias zum Opfer fallen wollte. Wärmende Akkorde sorgten für einen unbeschwerten orientalischen Zauber, während die Basisnote mit erlesener Tonkabohne, Vanille, veredelt mit einem holzig-orientalischen Kastanien-Klang die kühne Männlichkeit in den Vordergrund stellte. Nach Ravillas Dafürhalten war diese Komposition einem Würdenträger vom Kaliber des Flavius Gracchus Senior mehr als nur angemessen!


    "Es genügen wenige Tropfen", fügte er hinzu, wohl unnötiger Weise, denn der Duft war selbst durch die geschlossene Flasche intensiv. "Dieser Duft zeichnet sich nicht nur durch seine zauberhafte Komposition aus, sondern aufgrund der hohen Konzentration an Duftölen vor allem durch seine extrem lange Haltbarkeit."

  • Gracchus nickte nur, denn an die Details Minors Aufenthalt in Germania konnte er sich nicht entsinnen, gleichwohl er sich wohl dessen entsann, dass sein Spross damals überaus erfolgreich in provinzielle Angelegenheiten gewesen war - er hatte Streitigkeiten mit lokalen Barbarenstämmen geschlichtet, oder ähnliches. Zweifelsohne würde man sich dort in der Provinz noch an den Flavier erinnern!

    "Ein überaus kostbares Präsent, hab vielen Dank!"

    Bedachtsam drehte Gracchus den Flakon in seinen Hängen, erfreute sich an der Ästhetik der Form und des geheimnisvoll schimmernden Glases, zog sodann den Verschluss nach oben und sog - die Augen kurz schließend - den Duft in seine Nase. Olivgrün und Mauve durchzog seine Sinne, ein rauchiger Wald wie die Albaner Berge nach einem Regenguss aus Feuer, trockener Nebel wie ein Tanz aus tausenden Räucherschalen, mit einem Hauch von honigsüßem Klang aus den Kehlen eines Chorals achaischer Krieger - und mit einem Male überrollte den Flavier die Erinnerung an eine unvergessliche Meditrinaliennacht. Faustus hatte Recht, er zehrte von dieser Nacht, doch war es nicht besser auf diese Weise, als von den Schrecken anderer Tage? Ein schmales Lächeln umspielte seine Lippen, als er die Augen wieder öffnete und in das dunkle Braun seines Gegenübers blickte. Als flamboyanten Schönling hatte Faustus ihn bezeichnet, und auch damit hatte er Recht.

    "Ich wünsche dir alles Gute, Seius Ravilla, für deine Reise und dein Tribunat. Und hoffe darauf, dass wir uns als..bald wiedersehen."

    Zwar schätzte er die Gefahr, dass Seius in Germania heimisch werden würde, als überaus gering ein, doch noch immer war die Provinz rau und wild und mancher Soldat war nicht mehr von dort zurück gekehrt.

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