"Wahrheit ist die kostbarste aller Tugenden - und sollte aus diesem Grund mit äußerster Vorsicht und Bedachtsamkeit angewandt werden."
Als ich das Triclinium betrat, legte sich die Befangenheit lähmend schwer auf mich, und das lag nicht an der ungeheuren Pracht dieser Säle. So oft hatte ich mir in den letzten Monaten gesagt: Ich muß mit Manius reden! und so oft hatte ich es dann doch nicht getan. Auch wenn ich mir selbst intensiv versicherte, dass das Verschweigen gewisser Dinge bei weitem nicht das gleiche war wie mutwillige Lügen, so war mir doch, als würde ein Dorn in meinem Herzen stecken, jedes mal wenn ich Manius sah, jedes mal wenn ich an ihn dachte.
Seit Sciurus, Hadesbrut Sciurus, der verfluchte Sicarius, von den Toten wiederauferstanden war, waren Manius und ich übereingekommen, uns nicht mehr in der Villa Eutopia zu treffen, wir pflegten zur Zeit nur den unverfänglichen Umgang "guter Freunde".
Und wie einen guten Freund empfing Manius mich vertraulich im Triclinium, nachdem ich unangemeldet vor der Türe seiner Villa gestanden hatte. Es war ein schwüler Tag, die Hitze des beginnenden Sommers machte Roms Glanz stumpf, die Menschen halb schläfrig, halb reizbar. Ich war nach dem Dienst in der Therme gewesen, hatte mir Schweiß und Staub abgewaschen, mich pflegen und ölen lassen, bevor ich zu ihm kam.
"Salve..." Meine Füße schritten über das noble Mosaik auf ihn zu, und schienen zentnerschwer dabei. Ich lächelte angestrengt. "Nein, es ist nicht wegen Sciurus, es gibt da leider noch immer nichts neues. - Ich wollte nur... dich sehen, mit dir sprechen." Ich holte tief Luft, und fragte dann doch nur: "Wie... wie war deine Woche?"