Kaminzimmer

  • Audaod hatte sich ein bisschen zu viel Zeit gelassen mit seiner Vorbereitung und kam dementsprechend nicht so pünktlich runter, wie sein Vater es sich wohl gerne gewünscht hätte. Er präsentierte sich aber ähnlich gemischt römisch-germanisch wie Witjon. Nur, dass Audaod noch keinen beachtenswerten Bartwuchs besaß und auch seine Haare nicht so wallend lang von seinem Schädel hingen. Im Grunde genommen sah er in den Augen eines vorurteilsbehafteten Römers sogar ziemlich zivilisiert aus. So setzte er sich zu seinem Vater dazu, woraufhin sie sich die wenige Zeit bis zur Ankunft der Gäste mit trivialen Plaudereien und diversen aus Langeweile resultierenden Schweigeminuten vertrieben.

  • Albin klopfte an den Türrahmen zum Kaminzimmer und räusperte sich auffällig. Im Schlepptau hatte er den petronischen Besuch.
    "Petronius Crispus und Sohn", kündigte er die beiden an und nahm sich sogleich Armin zur Seite, den er in jahrelanger Erfahrung sogleich als Sklaven erkannt hatte. "Du kannst gleich mal in der Küche und beim Servieren mithelfen", wies er den Burschen an, als er mit diesem in den Hintergrund getreten war und es den hohen Herren überließ, sich nun gegenseitig zu begrüßen und Floskeln auszutauschen.

  • Der alte Petronier hatte seine Winterstiefel gegen Gästesandalen mit Socken getauscht - ein interessanter Brauch, der aber im zugigen germanischen Winter vielleicht nicht dumm war, denn die Winterstiefel wurden im Haus doch ein wenig warm.


    So vorbereitet folgte er dem alten Sklaven und kam endlich in das Kaminzimmer, das er aber nicht als solches erkannte - er hielt es schlicht für das Triclinium. Erfreut stellte er fest, dass der Gastgeber ihn bereits erwartete und er strahlte in die Runde.


    "Salvete zusammen! Wie geht es euch Duccii?"

  • Witjon erhob sich rasch, als die Gäste schließlich eintrafen. Ehrlich erfreut ging er auf Petronius den Älteren zu und streckte ihm die Hand zur Begrüßung hin.
    "Salve, Pontifex Petronius. Herzlich willkommen in der Casa Duccia!" erwiderte er die Worte seines Gastes und wandte sich dann auch an dessen Sohn: "Und auch dir Salve und mein herzliches Willkommen. Uns geht es hervorragend, danke der Nachfrage." Er schüttelte seinen Gästen die Hände und wies auf die Liegen. "Und wie geht es euch? Seid ihr gut hergekommen? Nehmt doch Platz."


    Wie zuvor abgesprochen erschien nun bereits Lanthilda, die zwei Karaffen mit Wein und Met herbrachte, gefolgt von Albin, der eine Karaffe voller Bier hielt.
    "Was darf es zu trinken sein? Wir haben Wein aus Gallia Narbonensis von einem massilischen Winzer. Oder Met und Bier aus eigener Produktion."
    Da sie nur vier Personen waren, die Klinen der Duccii aber auch nicht dem römischen Standardmaß entsprachen, sondern nur zwei statt drei Personen Platz boten - größere Gesellschaften pflegten sie nicht auf Klinen zu bewirten, sondern am großen Tisch sitzend; vorzugsweise bei sonnigem Wetter im Garten - hatte man die beiden Petronii auf einer Kline zusammen positioniert. Dem älteren der beiden kam der locus consularis zu. Rechtwinklig zu diesem stand eine Kline, die Witjon allein belegte, wodurch er wie üblich den summus in imo einnahm. Zu Lucius' Linken schließlich hatte Audaod seinen Platz auf einer weiteren Kline. So hatte Witjon sichergestellt, dass die beiden jüngeren Männer sich im Notfall auch über etwas spannenderes als die Geschäfte unterhalten konnten und keine Gespräche über Kreuz geführt wurden, was im Allgemeinen eher anstrengend war. In der Mitte stand dazu die mensa, so dass die Petronii sich Witjons Erwartung gemäß recht heimisch fühlen mussten.

  • Obwohl Lucius die Duccier noch immer verachtete, musste er sich eingestehen, dass die Idee mit den Socken nicht schlecht war - seine Schuhe waren nämlich auf dem langen Weg durch den Schnee innen schon feucht geworden und er wusste, dass er damit eisige Füße bekommen würde. Und das war wiederum Gift für seinen Schnupfen, der ihn ja noch plagte - wie er sich informiert hatte, hing das wohl mit einem Körpersaft namens Pflegma zusammen, der die Kälte und Feuchte liebte, sodass der Winter die ideale Jahreszeit für seine unkontrollierte Vermehrung war.


    So vorbereitet traf er dann im Kaminzimmer ein, das er letztes Jahr schon als Vicomagister besucht hatte. Noch einmal betrachtete er die verputzte Wand um den Kamin, die er damals kontrolliert hatte - ob sie wirklich aus Stein war? Jetzt, wo er wieder hier war, hatte er gute Lust, mit einem Messer den Putz aufzukratzen, um die Unterlage zu prüfen...


    Aus diesem Gedanken wurde er aber durch die Begrüßung Marsus' gerissen und erwiderte mit seiner verstopften Nase ein knappes


    "Salve!"


    Da er selbst feststellte, dass er so etwas seltsam klang, holte er das mitgebrachte Schnupftuch hervor und schneuzte sich. Beim Wegstecken begutachtete er dabei kurz den widerlichen Schleim, den er für das überproduzierte Phlegma hielt - wahrscheinlich war es am besten, wenn er den Platz nahe am Kamin nahm, wo es warm und trocken war. Das musste ja das beste Gegenmittel gegen eine Phlegma-Überproduktion sein...

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  • "Puh, Schweinekalt, kann ich nur sagen!"


    kommentierte Crispus die Frage nach ihrer Anreise und fröstelte ein wenig - gut, dass sie die feuchten Umhänge auch schon im Vestibulum hatten abgeben können. Dann sah er sich kurz um und stellte fest, dass Armin verschwunden war - offensichtlich hatte man ihn in die Gesindestube gebracht, wo er auf das Ende des Essens warten durfte und hoffentlich bewirtet wurde.


    "Wir nehmen den Wein - is' das ein Roter oder ein Weißer?"


    entschied er dann über die Getränke. Zwar wusste er, dass Lucius auch ein Faible für Bier hatte, aber das konnte der alte Petronier nicht recht verstehen - das schmeckte ja wie Brot, während ein edles Tröpfchen ihn wenigstens ans sonnige Hispania erinnerte!


    Während sie Platz nahmen, fragte Crispus dann auch ganz unverschämt:


    "Oder habt ihr vielleicht warmen Met? Bei dem kalten Wetter, könnte ich eine kleine Aufwämung vertragen..."


    Soweit er wusste, tranken Germanen auch warmen Met - was Crispus ausnahmsweise für eine gute Idee hielt, denn Süßes schmeckte kalt wie warm. Außerdem erinnerte der Met ihn an Mulsum, das italische Pendant...

  • "Oh ja, der Winter trifft uns dieses Jahr besonders hart, dünkt es mir", bekräftigte Witjon auch gleich Crispus' Kälteempfinden. "Da lässt man ja nichtmal mehr die Hunde vor der Tür winseln", fügte er noch zur Veranschaulichung seiner Meinung an.


    "Es ist ein Weißer", beantwortete er daraufhin die Frage nach der Weinsorte, musste jedoch sogleich schmunzeln, als der Petronier Sekunden später seinen Wunsch nach heißem Met äußerte. "Warmen Met kannst du selbstverständlich auch gerne bekommen", bejahte Witjon und warf daraufhin Lucius einen fragenden Blick zu. "Für dich auch der warme Met, oder lieber etwas anderes?"
    Lanthilda jedenfalls wusste von Witjon und Audaod bereits, dass diese warmen Met trinken wollten und so hatte Marga auch einen Topf voll aufgewärmt. Sie nahm die Karaffe mit kaltem Met wieder mit und kam statt dessen mit warmem Met wieder herein, wo sie zunächst dem älteren Petronius einen Becher einschenkte, gefolgt von Witjon und Audaod. Dann wartete sie, wie sich der jüngere Petronier entschied.


    Als dann schließlich alle etwas zu trinken hatten, vergoss Witjon einen ordentlichen Schluck davon auf den Boden und erhob dann sein Glas in die Runde. "Für Wodan, Donar und Teiwaz, die uns und unsere Verbündeten in des Statthalters Legionen vor Unheil bewahren mögen!" Milde fügte er als Erklärung für seine Gäste hinzu: "Vergießt ihr ruhig euren Wein zu Ehren Juppiters, Bacchus und Mars. Unsere Männer können drunten in Italia wohl aller Götter Hilfe gut gebrauchen..."


    Gewöhnlich würde Witjon jetzt den Becher zu Ehren der genannten Götter leeren. Aber da der Met gerade frisch aufgewärmt war, sah er zugunsten seines noch unverbrannten Gaumens davon ab und trank nur einen angemessenen Schluck, um im Folgenden wieder mit den Petroniern zu plaudern. Zu lange wollte er heute lieber nicht über diesen trübseligen Krieg reden, das verdarb nur die Stimmung.

  • Audaod erhob sich ebenfalls, als die Gäste den Raum betraten, wartete jedoch erst einmal die Begrüßung seines Vaters ab. Als dieser die Petronier so freundlich willkommen hieß und auf die Klinen verwies, gab auch Audaod dem Pontifex und sodann auch dessen Sohn die Hand und begrüßte sie mit einem freundlichen "Salve."


    Im Folgenden ließ er die beiden Älteren das Gespräch beginnen und nahm einen Becher Met von Lanthilda entgegen. Den hob er, es seinem Vater gleich tuend, sodann ebenfalls in die Höhe und trank schließlich einen großen Schluck des güldenen Honigweines. Entspannt überließ er daraufhin zunächst weiter seinem Vater die Wortführung und genoss einfach die Wärme, die sich in seinem Bauch ausbreitete.

  • Der alte Petronier ließ sich den Met reichen und verschüttete ebenfalls einen Schluck - dieses klebrige Zeug würde sicherlich noch sehr viel schwieriger wegzuputzen sein als der normale Wein. Aber offensichtlich hatten die Duccier ja genügend Bedienstete dafür!


    "Im Grunde sind's doch die gleichen Götter, Duccius! In eurer Sprache heißen sie eben Wodan und Teiwaz, in unserer Iuppiter und Mars - wichtig ist, dass wir alle zu ihnen beten, damit sie uns Glück bringen!"


    Solche religiösen Bemerkungen hatte Crispus sich ein wenig angewöhnt, nachdem er regelmäßig mit den Pontifices über kultische Themen diskutieren musste. Dort war ihm auch noch klarer geworden, dass es bei den Germanen und Römern im Grunde um das Gleiche ging, weshalb die Interpretatio Romana ja auch hier in Mogontiacum fleißig geübt wurde.


    "Sag' mal, von eurer Familie sind doch auch welche mitgezogen! Habt ihr schon etwas von ihnen gehört?"


    Von seinen Veteranen-Freunden hatte sich leider noch niemand bei Crispus gemeldet...

  • "Na, das trifft vermutlich nicht auf alle Götter zu, aber im Groben hast du wohl Recht", relativierte Witjon Crispus' Bemerkung über die Benennung der Götter. "Über dieses Thema wird es wohl nie eine einheitliche Meinung geben. Ich kann mich an Diskussionen erinnern, die wir hier manchmal in der Familie geführt haben..." Kurz sah es so aus, als denke Witjon tatsächlich zurück an vergangene Tage und ließe seine Gedanken in die Ferne schweifen, bevor er die Vergangenheit abzuschüttelte und diese Sache mit einer Geste beiseite schob. "Naja, lassen wir das."


    Die Frage nach den Soldaten in der Sippe brachte einen ernsten Ton in das Gespräch, den Witjon eigentlich hatte vermeiden wollen. Er war noch völlig Ahnungslos, wie es um die Legionen im Süden stand und versuchte so wenig wie möglich über den Ausgang des Feldzugs und die Folgen zu spekulieren.
    "Tut mir leid, ich habe auch noch keine Meldungen erhalten", verneinte er daher mit bedauerndem Gesichtsausdruck.*
    "Aber wir hoffen natürlich, dass sie siegreich und wohlbehalten heimkehren werden."


    In diesem Moment kam zum Glück Lanthilda und brachte die Vorspeise.
    "Ah, da kommt der erste Gang. Hier habt ihr die obligatorischen Eier mit einer Auswahl von Soßen. Diese rote ist recht scharf, die hellere hier ist mit Kräutern und Knoblauch und die hier ist eine Piniensoße." Er nahm sich auch gleich eins der Eier, das er in die letztgenannte Soße tunkte. "Guten Hunger", wünschte er und biss herzhaft hinein.
    Dazu wurde selbstverständlich Brot gereicht. Witjon hatte sowohl ein Fladenbrot aus Dinkel geordert als auch ein dunkles Körnerbrot. Eine Schale mit grünen Oliven war natürlich auch dabei, denn diese war spätestens seit Landos Leidenschaft für diese herrlichen Leckereien eine Standardbeilage auf dem duccischen Esstisch.


    Während sie die Eier aßen und heißen Met tranken, wollte Witjon das Gesprächsthema auf sein eigentliches Ziel lenken. Deshalb fragte er ganz unverbindlich nach: "Sag mal, du hattest doch vor ein paar Jahren auch einmal eine Societas gegründet, nicht wahr? Societas Mogontiaci...äh...hilf mir aus, wie war das noch?"

  • Lucius war noch gedanklich mit seiner Phlegma-Produktion beschäftigt, als Marsus ihn nach seinen Getränkewünschen fragte. Um ein Haar hätte sein Vater ihm dann auch schon irgendeinen Wein bestellt - obwohl er doch Bier viel lieber mochte. Aber glücklicherweise wurde er nochmals gefragt und war schon drauf und dran, sein Leibgetränk zu ordern, als ihm ein Gedanke kam.


    Wenn er überlegte, war es wahrscheinlich unklug, etwas Kalt-Feuchtes zu trinken, wenn er doch Warm-Trockenes brauchte! Bitterer Wein wurde auch als "Trocken" bezeichnet - ob das mit der Viersäftelehre zusammenhing? Unter dieser Prämisse war es aber auf jeden Fall geschickter, etwas weniger Süßes zu trinken, das zugleich warm war - und weißer Wein war in der Regel eher süßer als Bier, also gab es nur eine logische Schlussfolgerung:


    "Habt ihr auch warmes Bier?"


    Dann nahm er Platz und überlegte, welche Sauce nun wieder am besten gegen seine Krankheit helfen mochte. Da Schärfe auch Hitze erzeugte - zumindest innerlich - war diese wahrscheinlich am besten geeignet. Andererseits war Sauce generell ja eher feucht - ob man dann lieber pure Eier essen sollte? Medizin war wirklich eine komplizierte Sache, mit der er sich mehr beschäftigen sollte...

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  • Die Frage seines Sohnes verwirrte Crispus ein wenig - was hatte er denn jetzt wieder für verrückte Ideen? Bier an sich war ja schon... eigenartig, aber warmes Bier hatte er noch nie gehört!


    "Mach' keine Umstände - gebt ihm auch einen warmen Met, das is' gut für seine Erkältung!"


    wandte er deshalb ein und ging dann wieder auf Marsus' Gespräch ein. Dass es keine Neuigkeiten aus Italia gab, war natürlich schade - andererseits waren keine Nachrichten ja immerhin keine schlechten Nachrichten...


    Abgesehen davon war kaum mehr Zeit für den Krieg, denn der Duccier kam sofort auf das Geschäftliche zu sprechen. Und der alte Petronier war gespannt, worauf Marsus nun hinauswollte...


    "Ja, hab' ich. Meine Socii sind aber inzwischen in bisschen verstreut... Wieso?"


    Dass die Geschäfte genaugenommen fast zum Erliegen gekommen waren, posaunte Crispus vorerst lieber nicht so hinaus... immerhin waren sie hier noch keine richtigen Geschäftspartner.

  • Lucius wollte also warmes Bier, was dessen Vater aber offensichtlich ablehnte. Interessant zu sehen, wie wenig Entscheidungsfreiheit der Petronier seinem Sohn zugestand. Witjon gab Audaod einen Wink, dass dieser gleich bei Lanthilda entsprechend ordern möge.


    "Verstreut, ja. Da fällt es derzeit sicherlich schwer, die geschäftlichen Kontakte zueinander aufrecht zu erhalten, oder?" Witjon wusste ja, dass Hadrianus Iustus irgendwo in Italia lebte und, dass Vinicius Lucianus sogar auf der Proskriptionsliste stand. Wo der Artorier sich aufhielt, konnte er nicht einmal sagen.
    "Aber du möchtest wissen, wieso ich danach frage. Nun, ich will dich nicht länger auf die Folter spannen, Petronius. Du führst ja einen Steinbruch. Und ich führe eine Werkzeugschmiede. Ich dachte mir ich frage einmal nach ob ich du an einem Angebot meinerseits interessiert wärest, das etwaige Versorgungsengpässe in deiner Produktion ausgleichen könnte."
    Mit nach außen entspannter Miene sah Witjon seinen Gegenüber an und stopfte sich noch ein, zwei weitere Eier in den Mund, während er dessen Reaktion erwartete. Dieses Mal würde er sich jedenfalls geschickter anstellen, als er es bei seiner ersten und seitdem letzten Verhandlung mit Marcus Petronius Crispus getan hatte.

  • "Naja, es geht..."


    log Crispus weiter, denn erst vorgestern hatte er erfahren, dass auch von Reatinus lange keine Lieferung mehr gekommen war. Nicht, dass er damit Versorgungsprobleme gehabt hätte - dank des entlaufenen Sklaven arbeitete der Steinbruch sowieso nicht ganz so rund wie sonst - aber genaugenommen passte das Angebot des Ducciers im Augenblick ganz gut.


    "Aber Werkzeug... naja, das kann man immer brauchen. Was würdest du denn anbieten?"


    antwortete er deshalb vorsichtig - er hätte vielleicht doch Privatus mitbringen sollen, der etwas mehr von Preisen und Angeboten verstand als der alte Petronier selbst...

  • Audaod horchte auf, als Lucius' Vater dessen Nachfrage so unwirsch überging. Der arme Kerl durfte kein Bier trinken? Das konnte Audaod so nicht passieren lassen! Er winkte Lanthilda unauffällig zu sich und während Witjon mit dem Pontifex über dessen Societas sprach, flüsterte Audaod der Dienstmagd ein paar Worte ins Ohr woraufhin er sie in die Küche entließ. Dann verfolgte er zunächst aufmerksam den Wortwechsel zwischen den Erwachsenen und hörte ernsthaft interessiert zu, wie da Angebote unterbreitet wurden.


    In der Zwischenzeit kam Lanthilda wieder und bereitete an einem Tischchen zwei Becher vor. Dabei stand sie im Rücken der beiden Petronier, so dass ihr Tun nicht gleich gesehen werden konnte, ohne dass die beiden sich umständlich hätten umdrehen müssen. Audaod dagegen konnte genau sehen, dass seine Anweisungen ausgeführt wurden.


    Sodann reichte Lanthilda dem Pontifex einen Becher dampfenden Mets und dessen Sohn einen Becher dampfenden ... Bieres! Audaod zwinkerte Lucius unauffällig zu und hob dezent seinen Becher, um dem jungen Petronier mit spitzbübischem Lächeln zuzuprosten.

  • Der Fisch hatte die Angel also bemerkt und für interessant befunden. Jetzt hieß es geduldig sein und bloß keine Hektik verbreiten. Das Feilschen konnte beginnen.
    "Ich kann dir anbieten, sämtliche überschüssigen Kontingente aus meinen Werkstätten zu liefern, falls du solche benötigen solltest. Ich würde quasi vor dem freien Verkauf eine gewisse Anzahl zurückhalten." Die duccischen Betriebe verbrauchten ja selbst auch eine gewisse Zahl an Werkzeugen im Laufe ihrer Betätigung. Doch je nach Produktionsstärke am Ende der Kette blieb gelegentlich am Anfang, wo Witjons Werkzeugschmiede stand, auch schonmal ein kleiner Überschuss erhalten.


    "Als Konditionen kann ich dir pro Stück einen preis von circa siebzehn Sesterzen bieten, je nach Art des Werkzeugs, versteht sich." Für einen Nagel zahlte man schließlich nicht so viel wie für einen Meißel oder gar einen Vorschlaghammer.

  • Siebzehn Sesterzen? Crispus war nicht gerade ein erfahrener Krämer - die meiste Zeit seines Lebens hatte er sich um seine materielle Versorgung wenige Sorgen machen müssen und als Centurio kaufte man für seine Einheit sowieso immer nach dem staatlich vorgegebenen Preis. Siebzehn Sesterzen kam ihm allerdings doch reichlich hoch vor - aber was war realistisch? Vermutlich musste er einen lächerlich niedrigen Preis entgegensetzen, sodass sie sich in der Mitte treffen konnten:


    "Also ich hatte eher so an den Bereich von zehn Sesterzen gedacht... so wertvoll sind Hämmer und Meißel ja auch wieder nicht..."


    sagte er deshalb und nahm rasch einen Schluck.

  • Eine gleichgültige Miene war alles, was Witjons Mimik als Reaktion auf Crispus' unterirdisches Gegenangebot zeigte. Bei Donars Hammer, wollte der ihn arm machen? Im Kamin knackte laut ein Holzscheit im festen Griff der Flammen. Ein Funke flog aus dem Kamin auf den Boden des Raumes, wo er von Lanthilda schnell und unauffällig ausgetreten wurde.


    "Mit Verlaub, Petronius, bei einem Preis von zehn Sesterzen würde ich Verlust machen. Das kannst du doch nicht wollen?" Er ließ die Frage im Raum stehen, gab seinem Gegenüber auch gar keine Möglichkeit zur Beantwortung. Statt dessen verkündete er ein entgegenkommendes Angebot: "Ich kann auf fünfzehneinhalb Sesterzen runtergehen. Wäre das nichts? Zehn sind also wirklich zu wenig, das tut mir sehr leid." Tat es nicht. Es machte ihn sogar regelrecht ärgerlich. Wie konnte man nur so krass tiefstapeln?

  • Die Reaktion Marsus' hatte er erwartet, allerdings wusste er nicht recht, wie er sie deuten musste. Er wirkte gar ein bisschen ärgerlich, dazu kam er weit entgegen - hatte er sich verkalkuliert? Andererseits konnte man es ja versuchen, denn selbst wenn sie nicht einig wurden, würde er sicherlich einen Lieferanten finden.


    "Naja, gut, wie wäre es mit dreizehn Sesterzen?"

  • Indem Witjon einen Schluck Met zu sich nahm, gab er sich einen Moment Bedenkzeit. Dreizehn Sesterzen waren ihm natürlich auch noch viel zu wenig. Als er den Becher wieder abgesetzt hatte, sagte er: "Nur ein Narr verkauft sein Werkzeug auf dem Markt für dreizehn Sesterzen." Er lächelte arglos. "Ich kann auf fünfzehn runtergehen. Das ist meine absolute Schmerzgrenze." Letzte Chance, Mister.

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