Beiträge von Kallydianos Nikias

    Nikias, der diese Ecke einer Gasse noch nicht passiert hatte, hörte plötzlich die Rufe hinter sich. Der Grieche drehte sich um und erblickte einen Mann, der ihm durchaus bekannt vorkam. Langsam dämmerte ihm, woher er den Mann kannte. Es war in Rom, als sich die beiden bei einem Disput anderer zusammengestellt und unterhalten hatte. "Chaire, Ioshua..." jetzt dauerte es schon ein Weilchen, bis ihm auch der zweite Teil des namens einfallen wollte..."Hraluch! Es ist ja kaum zu glauben, wie klein der Erdkreis in Wahrheit ist." Er machte kehrt und ging auf Ioshua zu, der offensichtlich gerade mit seinen Waren auf den Märkten beschäftigt war. "Du hast dich also aus Rom auf den Weg nach Alexandria gemacht? Laufen die Geschäfte hier besser? Wie geht es dir überhaupt und wie hast du die lange Zeit überstanden, in der wir uns nicht gesehen haben?"Mit einem Lächeln reichte der Alte dem Mann die Hand zur Begrüßung.

    Bald schon wurde er fündig. Nach einiger Zeit des Feilschens hatte Nikias ein neues Gewand erwerben können, mit dessen Preis sowohl er als auch der Händler zufrieden sein konnte.
    Der alte Grieche wandelte weiter und betrachtete die Papyrusrollen, die hier in einer besonderen Qualität verkauft wurden, wie sie in Rom nur zu wesentlich teureren Preisen erhältlich gewesen wären. Sogleich nahm er seinen Beutel und kaufte auch hier ein wenig ein. Es war im Getümmel der Menschen und den Mengen der Waren kaum zu merken, wie schnell die Zeit verging. Den Sonnenstand beobachtend beschloss Nikias, sich auf den Weg zum Museion zu machen und lief durch die Straßen Alexandrias.

    Der alte Grieche hatte nach einer für ihn subjektiv langen Seefahrt die Stadt Alexandria erreicht. Er war in seinem Leben viel gereist, doch das Alter machte es von Mal zu Mal beschwerlicher.
    Nachdem er dem Schiff entstiegen war blickte er auf den gigantischen Hafen Alexandrias. Es war nicht Athen, nicht seine Heimat Hellas, und doch fühlte er sich hier in irgendeiner Form heimischer, geborgener und eher zuhause als es je in Rom der Fall war, wo er doch eine lange Zeit seines Lebens verbracht hatte. Nach dem Tod seines Herrn hielt ihn nichts in der Stadt am Tiber und sein Patron, der Senator Quarto, gewährte dem Alten die Fahrt nach Aegyptus, legte dieser doch wenig wert auf die morgendlichen Schlangen von Kienten vor der Haustür.
    Nikias ging langsam durch die Gassen, die sich zwischen den Ständen der Händler gebildet hatten und schaute sich das bunte Treiben an. Es war auch für ihn überwältigend, welche Vielzahl an Waren es hier gab, wie die Leute um jede Drachme feilschten und wie lautstark ein jeder Händler seine Waren darbot.
    Der alte Grieche schaute sich auch sogleich bei den Stoffen um. Seine doch etwas abgewetzte Toga galt es durch etwas landestypischeres zu ersetzen.
    Eigentlich würde er sich das Sehenswerte der Stadt am liebsten sofort anschauen, doch versuchte er sich mit stoischer Gelassenheit selbst dazu aufzufordern langsam und Stück für Stück alle Sehenswürdigkeiten, aufsteigend nach ihrer Wichtigkeit, zu besuchen.

    Nikias trat jetzt etwas nach vorn, denn auf diese Frage hatte er gewartet und er wusste, dass sie gestellt wird, wenn nicht von irgendjemandem, dann spätestens noch von ihm. Den Aurelier kannte er und er hatte sich nun auch sein Gesicht und seinen Namen merken können, denn Kunden vergaß der alte Grieche seltener....
    " Titus Aurelius Cicero, für die Anhänger und auch Gegner der Position der Aurelier wird es also stets dieses Thema bleiben, dass den Wahlkampf bestimmen soll, wenn ein Aurelier kandidiert? Aurelius Antoninus, mit dem ich das ein oder andere Wort wechseln durfte, führte einen strikten Wahlkampf, der viele Stimmen einbrachte, aber er gewann ihn dennoch nicht! Diese so klar ausgerichtete politische Einstellung manövrierte den Mann möglicherweise auch aus dem Amt. Würde man Rom nicht besser dienen können, wenn man sich neu ausrichtet? Denn die tatkraft der Aurelier darf man nicht in Zweifel ziehen, doch sind ihre in den Vordergrund geschobenen Ziele eher eine Selbsthinderung ihrer eigenen Tatkraft. Wie siehst du das? Soll Rom nun an jede Kandidatur eines Aureliers die Wahlrede des Aurelius Antoninus hängen, die stets dasselbe verspricht? "
    Nachdenklich fuhr sich Nikias mit einer Hand durch den Bart. Immer wieder würde man die Aurelier mit diesem Thema in Verbindung bringen und der alte Grieche konnte sich nicht vorstellen, dass die Ergenisse dabei immer besser wurden. Spätestens bei der Wahl zum Ädilat konnte man hiermit schon scheitern, wie die Geschichte bewies.

    Nikias wartete ab. Bis hierher hatte er keine Fragen und die Kandidatin hatte sich machte einen ausgesprochen guten Wahlkampf. Interessiert schaute er jetzt jedoch, ob sie über den Knüppel, der ihr da zwischen die Beine geworfen wurde, stolpern würde.

    Nikias hatte sich den Weg durch die Casa gebahnt und war ins nett beleuchtete Peristyl gelangt, das so spärlich ausgestattet war, dass er zunächst Probleme hatte, seinen Büschel von Weinblättern zu deponieren. In der Casa Pompeia pflegte er stets die kleinen Hecken und Lorbeersträucher, auch das Efeu wusste er sorgsam zu beschneiden. Als er seine Reben losgeworden war, hatte er sich endlich einen Becher Wein besorgen können. Hier huldigte man nicht dem Dionysos, sondern nun dem Iuppiter, ihm war es recht. Den etwas wackeligen Kranz auf dem Kopf geraderückend prostete er den Anderen in einem neumodischen griechischen Dialekt zu...." stnv uyieia sas! "

    " aiaiai " ...dachte sich Nikias.... " hier ist ja hoher Besuch " ...etwas unscheinbar trat der Grieche neben den Senator, der bereits vor der Tür wartete. Vielleicht sah er für den ehrenwerten Römer etwas lächerlich aus, mit seinem Kranz auf dem Kopf und einem Traubenbüschel in der Hand, aber man tat es so zu den Oschophoria in Athen.
    Die Römer waren immer schnell mit den Festen. In Hellas hatte man das Weinlesefest erst später gefeiert, doch in Rom dachte man wohl praktischer, denn vor der Lese die Götter noch zu besänftigen, war schon clever....." Salve, Senator! "...sagte Nikias und stellte sich bekränzt und mit Blättern in der Hand neben den Wartenden.

    In den letzten Tagen tummelten sich die Bürger auf dem Forum und auch die Zahl der Kandidaten für den Cursus Honorum war beträchtlich. Die Kandidaten fischten hier und da nach Stimmen, die Bürger fischten hier und da nach Geschneken und erhielten sie teilweise auch.
    Der alte Grieche hatte sich die Worte der Kandidaten angehört, sooft es nur ging und interessierte sich besonders für das Amt des Ädilen. Ihm war es egal, konnte er doch eh nicht wählen, doch angesichts der Tatsache, dass so viele Bewerber auf jenes Amt kamen, wollte er doch mehr erfahren.....
    " Aulus Octavius Avitus! Du sagst, die allzu lasche Vergabe von Lizenzen für Neueröffnungen sei die Wurzel allen Übels, was die schleppende Wirtschaft Roms betrifft. Doch liegt dies alles wirkich in der Verantwortung des Ädilen? Bist du nicht gewählt, sollte man dich wählen, um diese Lizenzen an die Bürger zu vergeben? Musst du denen die Lizenzen nicht ausstellen, die um ihre Ausstellung bitten? Das Gesetz begrenzt nicht die Anzahl der Bäckereien Roms, daher wirst du anderes vorhaben müssen. Wie also wirst du deine Worte umsetzen wollen? Wirst du bald schon durch einen Consul dem Senat vortragen wollen, dass man die Anzahl gewisser Betriebe begrenzen muss? Strebst du eine Gesetzesänderung bezüglich der Lizenzvergabe an? "
    ....interessiert schaute Nikias den Mann an. Im Getümmel hatte er auch andere Kandidaten erblicken können, die teils auch die Rostra erklommen hatten. Auch diese würde er dazu befragen wollen.

    Im Atrium angekommen bot Nikias dem Bruder seines Herrn Trimalchio Platz auf einer kleinen Bank an, er selbst blieb davor stehen. Im Hintergrund werkten ein paar Sklaven und bereits nach kurzer Zeit kam ein Mädchen, dass dem Ankömmling ausreichend Honigwein servierte....." Mein Name ist Kallydianos Nikias, Herr, ich bin der Scriba Personalis des Pompeius Trimalchio und während seiner Abwesenheit auch der Hausverwalter dieses Anwesens. Ist mir die Fage erlaubt, woher du kommst, Pompeius Severus? ".....Nikias beobachtete kurz noch die Sklavin, nahm sich dann selbst einen Becher ein von ihr und schaute den Pompeier an.

    " Manius Pompeius Severus " ....wiederholte Nikias in Gedanken und fuhr sich durch den Bart. Der Name kam ihm nicht gänzlich unbekannt vor, doch konnte er zu diesem Zeitpunkt recht wenig damit anfangen. Auch hatte der Herr ihn nicht über die Ankunft des Familienmitgliedes in Kenntnis gesetzt. Als der Grieche den Mann betrachtete, dem es zudem nun auch gleichgültig zu sein schien, ob ihm Einlass gewährt wurde oder nicht, beschloss er, dass dieser doch harmlos sei, auch, weil Severus einen eher müden Eindruck machte...." So tritt ein, Manius Pompeius Severus, ich werde die Sklaven anweisen dir Wein in das Atrium bringen zu lassen. " ....Nikias drehte sich um und führte den Pompeier in die Casa.

    Äußerst skeptisch schaute Nikias den Mann an. Er versuchte sich zu erinnern, ob der Herr Trimalchio einmal etwas von einem Bruder erzählte, jedoch wollte ihm auf Anhieb nichts einfallen. "aiaiai"....der Mann wollte auch noch Wein und etwas zu essen, vielleicht hatte er auch nur vor sich durchzubetteln. Schon der letzte Mann, der sich über den jungen Strabo erkundigte, kam ihm merkwürdig vor. So schaute sich der alte Grieche den Mann weiter genau an und fragte...." wie ist dein Name, und wie der deines Bruders, Herr? "....Nikias wich nicht aus der Tür, denn er konnte ja nicht jeden einfach einlassen.

    In der letzten Zeit war es ruhig geworden in der Casa Pompeia und so war das laute Pochen an der schweren Tür für Nikias auch im Triclinium gut zu hören. Er wartete einen Augenblick, las noch die Verse zuende, legte dann sogleich die Schriftrolle beiseite und begab sich durch das Atrium zur Pforte....." Chaire, werter Herr, was kann ich für dich tun? " ....sprach er, nachdem er die Tür geöffnet hatte und blickte den davorstehenden Mann interessiert an.

    Aus der Handelsstation kommend, kreuzte der Grieche wiederum das Forum der kleinen Stadt Ostia..." aiaiai "....dachte sich Nikias. Es gab nicht nur in Rom schöne Reden, auch in den Städten konnte man sich dieser Freude widmen. Er hörte der Frau zu und wartete auch die anderen Reden ab. Zu der Lage Ostias konnte er jedoch nur wenig sagen, und so müssten sich die Einwohner mit den Kandidaten auseinandersetzen. Doch der Besuch in Ostia schien sich bereits gelohnt zu haben.

    Der alte Grieche nickte bei den Worten des Königs, um dann zu antworten..." ich habe noch Reserven und werde vorläufig mit den Gewinnen auskommen müssen. Ich danke dir und werde die feinen Perlen kaufen...." So nahm er genug Säckchen mit den kostbaren Meeresedelsteinen mit, um seinem Schmied wieder Arbeit zu verschaffen.

    Aus einem der Räume kam der alte Grieche in das Atrium geschlendert. Es war nicht schwierig gewesen das Schluchzen des Mädchens zu hören. So trat Nikias ein und schaute sich um, als er Strabo dort mit einem jungen Mädchen sah...." Pompeius Strabo, was ist hier los? "....Er betrachtete das Mädchen und fuhr sich nachdenklich durch den Bart.

    Sim-Off:

    Sorry, dass die Antwort nun so lange brauchte


    Nikias fuhr sich mit der Hand durch den Bart...." aiaiai "....dachte er sich...." 48 Sesterzen sagst du? Ich zahlte stets 36 für dieselbe Menge. Einen Preisanstieg kann ich noch verkraften, doch ist dieser äußerst hoch und schmälert meine Gewinne äußerst stark. Wie kommt es, dass die Perlen so teuer geworden sind? "....immer noch fuhr er sich nachdenklich durch den Bart. Der alte Grieche schätzte seine Gewinne bei diesen Preisen ab und war damit etwas unzufrieden.

    Auf den Ruf hin trat der alte Nikias ein. Er blickte sich im Raum um und sah einen Mann, den er sogleich grüßte...." chaire, ich bin hier, um erlesene tylusische Waren zu kaufen. ".....wieder blickte er sich unsicher um. Er hätte auch viel lieber seinen Schmied geschickt, doch konnte dieser stumme Geselle nicht sprechen und es wäre wohl somit keine gute Idee gewesen.

    Nikias schlenderte durch das Peristyl der Casa Pompeia und schaute sich das Efeu an. Es war schon deutlich höher als beim letzten Mal und auch zu den Seiten rankelte es ganz wunderbar. Über die kleinen Lorbeersträucher würde der Grieche noch mit dem Sklaven reden müssen, denn sie hatten in der heißen Woche offensichtlich zu wenig Wasser gesehen. Was sollte Herr Trimalchio sagen, würde er wiederkommen und das Grün wäre ausgedörrt?
    Langsam begab er sich zu der marmornen Bank, auf die er sich niederließ, um einen Brief zu schreiben. Es waren dieses Mal gar nicht die Wahlreden, sondern vielmehr die Geschehnisse danach, die Nikias Aufmerksamkeit fanden, und denen er sich in diesem Brief an Trimalchio widmen wollte.