Beiträge von Lucius Albius Decius

    Lucius zuckte die Schultern. Immer diese Neulinge...
    Da die Gruppe wieder angetreten war galt es keine Zeit zu verschwenden.
    "Heute üben wir Formationsreiten. Ich will jetzt eine saubere Zweierreihe sehen wenn ich mich im Sattel umdrehe! " Damit ritt er los und in großen Kreisen um den Platz, gefolgt von den Probati, die fieberhaft versuchten, ihre Tiere in Formation zu positionieren. Mehrere Wächter, die auf dem nahen Wall ihren vormittäglichen Dienst schoben, würden heute garantiert voll auf ihre Kosten kommen.

    Es interessierte Lucius nun wirklich garnicht, was die Probati langweilig fanden. Wenn sie später nicht bereit für die Gefahren des Kampfes waren würden sie sich schon bald in der Unterwelt langweilen.


    "Ich bin Lucius Albius Decius." antwortete er in gewohntem Ton.

    "Das Pferd, das du dir aussuchst, wird höchstwahrscheinlich auch später deines bleiben." sagte Lucius ruhig. "Also würde ich sagen ja, sieh nach! Und wenn du zu wenig davon verstehst bring es wieder in den Stall und lass einen der Stallburschen nachsehen!"

    Lucius drehte sich zu dem Neuling um. "Aber das macht doch nichts Probatus, du kannst doch trotzdem noch dein Tagessoll erfüllen! Wie wäre es, vor dem Wegtreten noch 15 Runden um den Platz?" Das war wirklich nicht viel, am nächsten Morgen würden es allein zum Aufwärmen mehr sein...

    Lucius wartete bis wirklich alle angetreten waren, dann trat er vor die Männer hin. "Guten Morgen Jungens!" rief er. "Ihr werdet ein wenig überrascht sein, dass euch heute jemand andrer in den Hintern tritt, aber das wird ab jetzt immer so sein. Ich bin Decurio Lucius Albius Decius und für eure Ausbildung zuständig! Ich kam gestern aus Barbetomagus zurück, wo ich gemeinsam mit der ersten Turma ein paar Banditen unschädlich gemacht habe. " Er ließ die Worte einen Moment wirken. "Gut. Fangen wir an. Ich will, dass ihr zunächst einmal dafür sorgt, dass sich die Tiere warmlaufen. Hat noch irgendjemand ein Problem damit, auf einem Pferd zu sitzen?"

    Da war der Tag schon wieder vorbei. Lucius kam gerade zu dem Zeitpunkt auf den Übungsplatz als die Männer schon wieder wegtraten. Na da waren ja mal ein paar abgerissene Gestalten dabei. Er schlenderte zu Tubero, der ihn noch nicht bemerkt hatte und räusperte sich. Der andere drehte sich um. "Lucius?!" entfuhr es ihm. Lucius nickte. "Ich bin's! In Fleisch und Blut." Tuberos Züge hellten sich einen Moment lang auf, dann wurden sie wieder so hart wie gewohnt. "Du musst mir unbedingt erzählen, was dir wiederfahrne ist, bei den Göttern!" Lucius nickte abermals. "Dazu haben wir zu einem späteren Zeitpunkt bei einem guten Wein sicher Gelegenheit. Jetzt solltest du dich aber wieder um deine Leute kümmern." Er nickte in Richtung des Neulings, der gerade sein Wort an Tubero gerichtet hatte. Der Decurio verkniff sich ein Grinsen. "Nichts da. Da du wieder da bist sind es deine Leute!" Er klopfte Lucius auf die Schulter und marschierte in Richtung der Unterkünfte seiner Turma davon.

    Ein neuer Tag, ein neues Disaster - so lief das zumindest meistens ab wenn Neulinge dabei waren, die hohe Kunst des Reitens zu erlernen. Lucius hatte keinen Zweifel daran, dass sich daran rein garnichts geändert hatte als er am frühen Morgen, den Gescheckten am Zaunzeug führend, auf den Platz trat. Die Luft wa klar und noch kühl, doch das würde sich schon bald ändern. Lucius war gespannt, wer die neuen Rekruten waren und wie sie sich schlagen würden.

    Lucius nickte leicht. "Ich werde mich sofort um die Neulinge kümmern. Ausgeruht habe ich mich in Barbetomagus genug, der dortige Medicus wollte mich glaube ich garnicht mehr aufstehen lassen. Wenn es nach ihm ginge läge ich wohl immernoch auf meinem Bett, würde heissen Brei löffeln und die meiste Zeit des Tages die Decke anstarren. Für Patrouillen ist die Turma denke ich nach wie vor bereit."

    Lucius blieb in Habachtstellung. "Salve. Ich glaube, dich schon einmal gesehen zu haben." Er machte eine kurze Pause. "Nun, ich hatte das Fieber und war dadurch sehr geschwächt. Der kommandierende Offizier aus Barbetomagus wollte eine Nachricht an die Ala schicken, aber er scheint es vergessen zu haben. Wie dem auch sei, ich bin wieder da und bereit zum Dienst. Wie lauten deine Befehle?"

    Lucius trat ein und salutierte. Verwundert stellte er fest, dass hinter dem Schreibtisch des Praefecten nicht mehr Balbus saß. "Lucius Albius Decius meldet sich zurück! Ich komme gerade aus Barbetomagus zurück. Dort war ich noch einige Wochen auf dem Krankenlager. Nun kann ich das Kommando der Turma Prima wieder übernehmen!" Er wartete ab, wie der neue Vorgesetzte reagieren würde. Gesehen hatte er den Mann schonmal irgendwo.

    Eine etwas abgerissen wirkende Gestalt erschien auf einem mageren Pferd vor dem Tor. Routinemäßig wurden die Speere etwas fester gefasst und die Torwache rückte näher aneinander, wie immer, wenn ein scheinbar Fremder sich näherte. Der Duplicarius der Wache verschränkte die Arme vor der Brust und wartete darauf, dass der Mann etwas sagen würde, der sich in einen zerschlissenen Umhang gehüllt hatte. Und das geschah dann auch.
    "Was denn Marcus, du bist tatsächlich noch fetter geworden?" rief er aus und legte eine erstaunte Miene auf. Dem Duplicarius stockte für einen Moment der Atem, doch dann sah er genauer hin. "Decurio?" fragte er entgeistert. "Decurio Albius?" Der andere nickte lächelnd. "Auferstanden von den Toten, zurück aus den Wäldern der Provinz, etwas heruntergekommen zwar, aber nach wie vor lebendig!" Die Wache nahm geschlossen Haltung an während er sprach und der Duplicarius trat beiseite und salutierte. "Willkommen zurück Decurio! Die erste Turma wird sich freuen, dich wieder zu haben!" Lucius schmunzelte. "Ich hoffe doch, sie haben den Männern nicht irgendeinen Idioten vor die Nase gesetzt..." Mit diesen leisen, halb zu sich selbst gesprochenen Worten ritt er im leichten Kanter durch das Tor und den Unterkünften seiner alten Turma entgegen...

    Diese Briganten hatten wirklich keinerlei Ahnung von militärischen Taktiken oder der effektiven Sicherung eines Lagerplatzes. Es war nich tschwer, den behelfsmäßigen Pferch zu finden, in dem die Pferde angepflockt waren. Lucius schlüpfte zwischen den halb verwitterten Holzbalken hindurch und fand nach kurzer Suche zwischen den etwas unruhig reagierenden Tieren den Gescheckten. Rasch suchte er die Umgebung nach Zaumzeug und einer Decke ab, die er als Sattel benutzen konnte. Natürlich fand er beides und rüstete sein Tier damit aus. Als er gerade fertig war näherten sich zwei Wächter dem Pferch. Lucius ging zwischen den Tieren in Deckung und wartete ab, was die beiden wollten...

    Die Klinmge des Dolches fuhr durch den lockeren Stoff der Kleidung des Mannes und fraß sich danach tief in seine Eingeweide. Da Lucius direkt auf einen der Lungenflügel gezielt und diesen auch getroffen hatte entrang sich der Kehle des Mannes nur ein Gurgeln bevor er Blut spuckte und von Lucius ins Zelt gezogen wurde. Rasch nahm sich der Decurio die Waffen des Toten und spähte zwischen den leicht geöffneten Zeltklappen hinaus ins Freie. Scheinbar hatte noch keiner der Banditen da draußen bemerkt, dass er seine Fesseln los war. Lucius stand der Schweiß auf der Stirn. Seit er vor Stunden gefesselt aufgewacht war hatte er versucht, sich zu befreien. Letztendlich mit Erfolg. Er hatte keine Ahnung, wie lange er bewußtlos gewesen war nachdem ihn der Stein im Getümmel am Kopf getroffen hatte, aber er wusste, dass er jetzt zwei Dinge wollte: Sein Pferd finden und dann nichts wie zurück seine Kameraden warnen, denn die Banditen schienen soetwas wie eine größere angelegte Offensive gegen die römischen Truppen zu planen. Zumindest waren sie kurz vor Einbruch der Dämmerung aufgebrochen um zu Wielands Dorf zu marschieren, einem Ort, von dem Lucius zwar bislang noch nichts gehört hatte, wo sich aber offenbar römische Truppen aufhielten. Er konnte nur hoffen, dass seine Turma halbwegs heil heimgekehrt war. Rasch zerschnitt er die hintere Zeltwand und verschwand im Dickicht, das das Lager umgab...

    Lucius hatte die Gestalten in den Wipfeln erst recht spät bemerkt - nämlich dann, als einer der Späher sein Tier neben das seine setzte um ihn darauf hinzuweisen. Seine Unwissenheit hatte er gekonnt überspielt, immerhin war es für einen Offizier eine Schlappe, soetwas nicht bemerken, ganz gleich wie sehr er mit seinen Gedanken beschäftigt war. Andererseits war es aber für die Späher eine noch viel größere, eine solche Bedrohung nicht rechtzeitig zu bemerken...


    Der Wald war an dieser Stelle nicht sehr dicht, man konnte fast hundert Schritt weit sehen bis kleine Büsche, die am Waldbogen wuchsen, die Sicht versperrten. Die paar Tölpel in den Bäumen am Rand der langgezogenen, schmalen Lichtung, die sie gerade überquerten, konnten ihnen wohl kaum gefährlich werden. Dennoch musste man erstmal feststellen, wer sie waren.
    Lucius hielt den Gescheckten an. "Sistere!" gab er Befehl. "Milites, ad arma!" Die Männer zogen ihre Waffen. "Lineae facete!" donnerte Lucius und die Soldaten der Turma wendeten die Tiere, sodass sie zu beiden Seiten in den Wald blickten. Die Männer, die bemerkt hatten, worum es bei der Sache ging, starrten grimmig in die Baumwipfel, die anderen wurden rasch in Kenntnis gesetzt...

    "Cupidus soll die Augen offen halten." antwortete Lucius. "Wenn die Secunda eine kleinere Gruppe dieser Banditen aufstöbert sollen Gefangene gemacht werden damit wir sie zum Verhör zurück ins Lager bringen können. Aber sag dem Duplicarius, dass er nichts riskieren soll - schließlich wissen wir noch immer nicht, mit wievielen Gegnern wir es im Endeffekt zu tun haben!"

    Lucius schien heute Geduld zu brauchen. "Wir werden das gesamte Umland absuchen. Dabei werden wir zwangsläufig über diese Banditen stolpern. Oder sie über uns. Und wenn nicht müssen wir eben alles mehrfach durchkämmen oder zu anderen Mitteln greifen." Welche Mittel das waren musste er noch überlegen. Eigentlich war ja klar, dass die Banditen aus diversen Dörfern zusammen gekommen waren. Notfalls würde er etwas Spionagearbeit leisten müssen...

    Lucius wog die Frage ab bevor er antwortete. "Ich glaube nicht, dass die Dörfler ihre Landsleute für Gold verraten, denn Gold kann man nicht essen. Meiner Erfahrung nach brauchen sie eher mehr Vorräte für den Rest des Winters. Aber die brauchen wir von ihnen... Außerdem haben die Banditen vielleicht gar kein festes Lager. Wenn sie umherziehen kann keiner genau sagen, wo sie sich aufhalten - bis wir sie finden..."