Wenige Tage waren nach der Meldung von Quintilius Sermo vergangen, als sich Reatinus' Tross bestehend aus ihm selbst und einer gut bewaffneten Reitereskorte am Horizont auftat. Schon von weiter Entfernung waren die Pferdehufe auf dem staubtrockenen Wüstenboden dumpf und schallend zu hören, während die Rüstungen und Speere in der Mittagssonne hell funkelten. Sie waren früh aufgebrochen, um möglichst anzukommen, noch bevor die gleisende Mittagssonne die Gelegenheit dazu hatte, ihnen ihre Hirne zu brutzeln. Es war in der Tat ein imposanter Zug, den Reatinus mit sich führte. Und das musste er, war er doch gerade in diesen Zeiten jemand, den einige Leute nur zu gerne tot sehen würden. Ganz zu schweigen von den üblichen Räubern und Kriminellen, gab es gewiss auch Menschen, die im Versteckten dem falschen Kaiser namens Vescularius die Treue geboten. Auch Privernas, der ehemalige Centurio, der nach seinem Ruhestand als Reatinus' Berater blieb, war mit dabei.
Aus der ferne sah man die Befestigungen der Hilftruppen und die Schreie der Offiziere wurden immer lauter hörbar. Offenbar exerzierten die Truppen gerade. "Manchmal wünsche ich mir das zurück", sagte Privernas, nostalgisch von alten Zeiten, seinen Zeiten schwelgend. Er war nicht mehr der jüngste, sein altes Gesicht war voller Falten und von den Jahren in der ägyptischen Sonne verdunkelt.
"Es hilft nichts, von der Vergangenheit zu schwelgen. Du hast Deinen Dienst für Rom getan und hast Dir den Ruhestand verdient", antwortete der Artorier. Privernas lachte. "Ich denke, der Ruhestand steht mir nicht so gut zu Gesicht. Wenigstens habe ich nicht das Gefühl, meine Jahre verschwendet zu haben." Das waren Worte, die Reatinus nachdenklich machten. Er hatte als einfacher Legionär angefangen, besaß nichts, war ein niemand. Die Jahre im Militär waren an ihm vorübergezogen und rückblickend war alles so schnell gegangen. Seine offizielle Dienstzeit war vermutlich schon längst vorbei. Oder auch nicht? Wie lange war er überhaupt in der Legion? Er hatte zugegebenermaßen aufgehört, die Jahre zu zählen.
Sie kamen der bewachten Porta des Castellums näher und der Zug hielt nach einer Handgeste seines Anführers vor den Torwachen an. "Ich bin Servius Artorius Reatinus, Praefectus Legionis der Legio XXII Deitoriana! Ich wünsche Tribunus Angusticlavius Quintilius Sermo zu sprechen!" Sein Ton vermittelte weniger den Eindruck einer Bitte als vielmehr einen direkten Befehl.