Beiträge von Hannibal

    Via Appia | Crucifixio! Das Ende einer Flucht und eines Sklavendaseins


    Ich bedanke mich bei allen Mitspielern, die in den letzten Jahren dieser ID und dem Charakter hier reichlich Stoff für allerlei schöne Geschichten und spannende Experimente gegeben hatten.
    Danke insbesondere an
    F. Gracchus und Sciurus (einen besseren Feind kann sich niemand wünschen.)
    D. Serapio (ein bewegendes Intermezzo und Stoff für einige Spannung)
    Felicia Scintilla (mit der man die besten Experimente und schrägesten Mordgeschichten schreiben konnte)
    Nadia (bei der Hannibal leider nicht leiden durfte, erst als sie verschwand :( )
    Sicca (den eisigsten Verwalter und Sklaventreiber, den das IR je gesehen hat und wohl auch nie wieder so einen Charakter erleben wird)
    F. Serenus (bei dem noch nicht mal ich bestimmen durfte, was Hannibal macht :P)


    Dann noch meine besten Danksagungen an Cassim, Catubodus, Chimerion für die Fluchtgeschichte, Celeste für ihre Anteilnahme bei der Kreuzigung und ansonsten auch allen anderen, die ich jetzt namentlich nicht erwähne, aber die mir genauso viel Freude gebracht haben.


    ....nein, einen Oscar hab ich leider nicht gewonnen, aber das musste ich noch los werden ehe der Tartaros mich verschlingt. Adios :wink:

    Die Sonne blendete Hannibal als er mitsamt des Kreuzes in die Höhe gehoben wurde. Den Sklavenjäger bedachte er mit keiner Aufmerksamkeit mehr. Auch die anderen Anwesenden übersah Hannibal. Weil vor seinen Augen wieder alles zu verschwimmen begann. Das Fieber hielt ihn gefangen und benebelte seinen Kopf. Glasig starrte er nach vorne, spürte den Schmerz der durch seinen Körper ging als sein Gewicht jetzt auf den Seilen um seine Hände und seine Beine drückten. Sein Atem ging jetzt schon flach und er schloß die Augen um dem blendenden Gelb der Sonne zu entweichen. Schon dämmerte er hinweg. Schwarze Punkte bewegten sich vor dem Licht, das selbst seine Augenlider durch drang. Die Minuten verstrichen und Hannibal dämmerte einfach stumm, bis sein Körper sich gegen das Hängen am Kreuz zu wehren begann. Schmerz zuckte durch seinen Körper und weckte den Sklaven aus dem Fieber auf. Er blinzelte und öffnete ganz langsam die Augenlider. Verwischte Schemen starrten ihm entgegen. Augenpaare, die gafften. Einige lachten? Weinten sie? Stöhnte er? Durst brannte in seinem Mund. Doch schon wurde es wieder schwarz vor seinen Augen. Zeit? Keine Bedeutung. Hannibal wurde von dem nächsten Schmerz aus seinem Dämmern gerissen. Er schmeckte Blut in seinem Mund, fühlte die aufgerissenen Lippen, die nach Wasser verlangten, doch keiner reichte es ihm. Wo war er überhaupt?


    Glotzende Totenschädel, die ihn ansahen. Knochenkörper, die ein grausiges Reigen begannen. Eine lachende Frau. Sie hob die Hand und deutete anklagend auf Hannibal. "Siehst du es? Jetzt erkennst du es. Das ist die Strafe für das, was Du mir angetan hast. Du wirst dafür büßen und für alle Ewigkeit im Tartaros leiden. Der Mörder gesellt sich zu seinen Opfern. Nicht die Götter haben die erwählt, es war Pluto, der dich zu seinem Werkzeug machte. Siehst du es, Hannibal. Es ist die Strafe für all das." Stiche, heiße und kalt zu gleich, fuhren in Hannibals Herz als das Blut nur mit Mühe durch seinen Körper pulsierte. "Romana....du hast...es verdient.", flüsterte der Sklave. Die Totenschädel lachten höhnisch. Romana verschwand zwischen den Knochenbergen. Hannibals Augenlider fielen herab. Schwärze.


    Brennendes Feuer. Es griff nach jeder Faser seines Körpers. Brannte durch seine Adern, griff nach seinem unstetig schlagendem Herzen. Verzehrte jeden Muskel und brachte unsägliche Pein. Wimmernde Gestalten krochen über den Boden. Braune Augen starrten auf diese hinab und sahen die zerschmetterten Körper, die von Dolchstichen durchbohrt waren. Sah das Leid, das gesät wurde. "Büssen wirst du, Hannibal. Büssen!" Männergesichter verschmolzen mit denen von Frauen. Alle sahen ihn anklagend an. "Vertraut habe ich Dir....aber ich hab dich doch geliebt...warum hast du micht getötet...warum verlassen....du hast uns betrogen." Ein Kanon aus anklagenden Stimmen erhob sich. Hannibal wollte sich die Ohren zu halten, doch seine Hände waren gefesselt. "Lasst mich...", flüsterte er kraftlos. Rannen Tränen über seine Wangen? Über sich oder über die, die er hintergangen hatte. In seinem Glauben das Richtige zu tun und immer nur den falschen Pfad gegangen zu sein. Schmerz und Qual. Dann Schwärze.


    Eisige Kälte. Schwarze Schatten umhüllten ihn. Er öffnete die Augen und doch sah er nicht. Aber er spürte ihre schwarzen Arme überall um sich. Sie drückten ihm die Luft ab. Sie verschlossen ihm den Mund, sie drückten gegen seinen Brustkorb, sie zwangen seine Hände gegen Holz. Er konnte sich nicht rühren. "Du hast schon immer etwas von einem Philosophen gehabt, Hannibal." Er hörte die kalte Stimme seines Herrn, sah ihn jedoch nicht. "Für Platon ist der Tod das höchste Ziel eines Philosophen. Das Schauereregendste aller Übel, der Tod, betrifft uns überhaupt nicht, wenn wir sind, ist der Tod nicht da; wenn der Tod da ist, sind wir nicht. Ich habe es dir doch gesagt, eines Tages wird das passieren. Aber nimm es mit Fassung. Wir haben es eigentlich viel schlechter als Du, wir müssen weiter leben. Für Dich ist es bald zu Ende. Du glaubst doch sowieso nicht an die Götter. Stimmt es nicht? Nun, Du wirst bald sehen, ob Du in Deinem ganzen Leben lang geirrt hast oder Recht. Finis. Sterbe wohl, mein Freund." Wieder Schwärze. Fortwährende Dunkelheit. Kälte, die ihn weiter umfasst hielt. Ein Herz, das immer langsamer schlug. Stöhnen und schweres Atmen. Poch...Poch....das Herz, es schlug immer langsamer. Der Atem versiegte und ein letztes Mal glitt das warme Hauchen über die blutigen Lippen.


    Wieviel Zeit verging? Stunden, womöglich weit mehr, doch die Qualen des Kreuzes hielten den Sklaven lange gefangen. Immer wieder stöhnte er Namen, von Menschen, denen er vielleicht einst Unrecht getan hatte, die er ermordete, die seine Freunde waren, die er geliebt hatte. Bis er gar nichts mehr sagte und sein Kopf auf seine Brust gesunken war. Und so starb Hannibal, Sklave der siebten Generation einer flavischen Zuchtlinie. Einer der vielen, die verrückt im Kopf waren und dennoch lange den Flaviern treu gedient hatte. Im Jahr 106 nach jenes Heilandes, der auch am Kreuze starb.


    Acanthus höchstpersönlich lief, immer wieder die beiden Alten beäugend, in den großen Raum, der das Herz eines jeden römischen Hauses darstellte und wo auch Besucher hier hin geführt wurden. Alte Büsten säumten den Raum, Kaiser, die mal über das römische Imperium herrschten, alter Glanz in einer alten und doch noch pompösen Villa, die jedoch kaum verbergen konnte, dass die Zeiten jenes Ruhmes für die Flavier einige Jährchen schon vorbei waren. Grimmig drein schauend blieb Acanthus stehen und schickte einen Sklaven, damit er der Herrschaft Bescheid gab. Seine Augen funkelten Warnungen, dass keiner von den beiden Männern etwas anfassten. Wenn es nach Acanthus gingen, hätten die Beiden auch besser über den Boden schweben sollen. Oder am Besten: Gar nicht hier sein. Doch er schwieg und wartete.


    Acanthus wog ab, was zu tun wäre. Er glaubte nicht, dass er hier einen Patrizier vor sich hatte. Andererseits war jener so sturköpfig, wie man es von den Flaviern gewohnt war. Und beharrlich. Sollte er deswegen des Nachts die Herrschaften stören? Immerhin, er hatte richtige Namen genannt und einen Siegelring. Acanthus stöhnte verärgert in sich hinein und rollte mit den Augen. Warum war er nicht bei den Claudiern Türsklave. Von diesem wusste er, dass er in den letzten Monaten kaum behelligt wurde. "Wenn Du von den Brüdern des Flavius Romulus sprichst, wirst Du sie schwerlich zu Dir rufen können. Außer an ihrem Grabmal. Und Senator Flavius Felix weilt schon seit längerem auf Sardinien.", brummte der Sklave unwillig. "Also gut. Ich führe Dich in das Atrium und werde einen der Herrschaften rufen. Aber solltest Du ein Lügner sein oder ein gemeiner Dieb, dann werde ich Dir Dein Fell grün und blau schlagen, so dass Du Deine alten Knochen nicht mehr zu zählen brauchst." Sicherheitshalber griff er doch nach seinem Knüppel als er argwöhnisch die Tür aufmachte. Oh nein, hier würde er selbst mitgehen und nicht einen Sklavenjungen mitschicken. Wie sonst meistens. Er wartete, bis die beiden Männer hinein kam, ehe er lautstark die Tür zufallen ließ und sie in Richtung des Atriums führte.


    ----> ATRIVM

    Blei- schwer und wie Klötze fühlten sich die Beine des flavischen Sklaven an, als er sich den Weg in Richtung Via Appia schleppte. Hätte man ihm vor einigen Jahren dieses Schicksal prophezeit, dann hätte Hannibal laut gelacht über jenen, der den Orakelspruch verkündete. Er hätte den Kopf geschüttelt und es als Nonsense abgetan. Doch was nicht alles in einigen wenigen Jahren passieren konnte. In wenigen Tagen wäre er vierzig Jahre alt geworden, nur einige Wochen jünger als sein Herr war Hannibal. Doch den Tag würde er wohl nicht mehr erleben. Welch Hohn die Parzen doch mit ihm veranstaltet hatten. War das der Lohn, dass er immer ihren Willen vollführt hatte? Zumindest bildete es sich Hannibal ein, der seine eigenen grausamen Taten damit rechtfertigte. Grau waren die Menschen, die an ihm vorbei zogen. Er hatte das Gefühl als ob ein nebliger Vorhang zwischen ihm und dieser Welt stand. Vielleicht war er schon lange tot? Vielleicht träumte er das auf dem Weg in das Unterreich? Der Zug hielt kurz an, ein Sklave murmelte was leise nebem ihm. "Wenn Du willst!" Die Worte ergaben bei dem Sklaven keinen Sinn, er sah auch nicht, dass Cassim den Balken, an den er gebunden werden sollte, übernahm.


    Irgendwann zeigten sich dann die Stadtmauern, selbst wenn der ehemalige flavische Leibsklave nicht den fiebrigen Kopf hob, sondern sogar gestützt wurde, damit er die letzten Schritte bis hinaus und zu dem mauernahem Stück der Straße ankam. Einer der Sklaven zerrte ihn nach vorne und stieß ihn in Richtung von Catubodus, und den Männern, die er für das Graben des Lochs erhalten hatten. "Hier, jetzt könnt ihr euch um den Wicht kümmern." Hannibal taumelte und sackte in die Knie. Er spürte all zu deutlich den trockenen und sandigen Boden unter seiner Haut. Hier waren die berühmt berüchtigten Sümpfe von Rom nicht mehr, hier hatte der Mensch bereits den Sieg über die Natur errungen. Es war das Empfinden an seinem Körper, das ihn für den Moment aus seinem Dämmerzustand wieder zurück holte. Seine Lungen versuchten rasselnd Luft zu schöpfen und er hob den Kopf, den er zu dem Zug neben sich um wandte. Dabei erheischte er kurz seine Mitflüchtlinge. Chimerion sah auch reichlich übel aus, ein Schatten von dem einstig stolzen Mann. Hannibal sah ihn kurz ernst an und nickte ihm zu. Ehe er Cassim erblickte, den er erst jetzt richtig zu erkennen schien. " Danke...Cassim!", murmelte er leise, so dass der Parther es hören konnte.


    Hannibal, der nicht wie ein Feigling sterben wollte, kämpfte gegen den Körper, der ihn jetzt im Stich lassen wollte, und kam mit eigener Kraft wieder auf die Beine. Er wandte den Kopf zu Catubodus und seine dunklen Augen bekamen trotz des Fiebers einen kühlen Ausdruck. " Dann, Sklavenjäger, solltest...Du das beenden, was Du vor einigen Tagen... nicht... konntest." Hohn und tiefe Verachtung sprachen aus den wenigen Worten von Hannibal.


    Es wurde ja noch besser. Ein zweiter verlumpter Bettler auf Krücken tauchte auf. Acanthus verzog angewidert das Gesicht. Dass jene Subjekte so unbelehrbar waren und weiterhin versuchten hier zu schmarotzern. Er drückte fester gegen den störrischen Fuss, doch es half nichts. Genauso starrsinnig, wie jener Mann an der Tür verharrte, war auch die Extremität, die sich in den Eingang schob. Finster stierte der flavische Türsklave auf den zweiten Bettlerkumpanen und rümpfte die Nase als dieser doch allzu nahe kam. Mit einer seltsamen Mischung von grenzenloser Belustigung und finsterer Wut taxierte der Sklave mit seiner nicht gerade als schön zu bezeichnenden Erscheinung sein Gegenüber und dann den Ring, der freilich sehr echt aussah. Was noch lange nichts bedeutete. "So? Und wer sagt mir, dass Du nicht ein gemeiner Dieb bist und das Siegel dem rechtmässigem Besitzer geraubt hast? He?"


    Acanthus verzog missbilligend das Gesicht als die Tür statt auf den Rahmen auf den Fuß des 'Bettlers' traf. Er drückte noch ein wenig fester und hoffte, damit den impertinenten Kerl doch noch los zu werden. Vergeblich! "Na, Dich, alter Mann!", raunzte er ungerührt. Das Aussehen von dem anderen Mann reichte Acanthus, um ihm zu sagen, dass er ein ungewünschtes Subjekt vor sich hatte.
    "Hoho! Ein Verwandter der Patrizier und Du willst sein Freund sein? Denkst Du, Du lockst mich so aus dem Eingang, damit Deine Kumpanen schön in die Villa hinein schlüpfen können? Pah. Und jetzt nimm' Deinen Fuß weg oder ich zeige hier ganz andere Seiten, dann wirst Du meinen Knüppel und das Gebiss der Hunde zu spüren bekommen. Los, weg mit Dir!"


    Acanthus hatte nur einen mässig guten Tag. Seine Laune war wie immer im Keller und er hatte eigentlich gerade vor seine Essenspause, selbst wenn eine sehr späte, zu nehmen und einen Knirps an seiner Stelle auf den Stuhl vor die Tür zu setzen. Doch es kam anders als geklopft wurde. Grimmig und mit finsterem Gesicht marschierte der Sklave zu der Tür und riss sie genauso ungnädig auf. Es war dunkel vor der Villa, aber hell genug, damit er im Licht der Fackel vom Eingang den Mann vor der Tür sehen konnte. Acanthus, geübter Ianitor, erkannte es sofort. Ein Bettler. Und der wagte es, spät zu dieser Stunde am großen Eingang zu klopfen, statt wie alle anderen zur Morgenstunde am Hintereingang zu betteln? "Hier gibt es nichts für Dich, alter Mann. Komm' morgen wieder, wie alle anderen Taugenichtse auch!", sprach er barsch und brüsk. Und schon wollte er die Tür wieder zu schlagen...

    Es war noch im Morgengrauen, dass die Bewohner der Villa Flavia erwachten, um einem Spektakel der ganz eigenen Art beizuwohnen. Alle Sklaven mussten und jene Bewohner der Villa, die sich dazu bemüßigt fühlten, durften der Kreuzigung des Sklavens beiwohnen, der vor wenigen Wochen ausgebrochen war und die Ehefrau des Aristides geraubt hatte. Und da jener aus der flavischen Sklavenlinie entstammte, hatte er auch nicht mit der Gnade der Flavier, und ganz besonders seinem Herrn, zu rechnen. Die Sänfte wartete bereits im Innenhof, die die patrizischen Corpi zu der Via Appia tragen sollten, ebenso der große und massive Holzbalken, an den Hannibal am heutigen Tage gebunden wurden, und auch jene Sklaven, die unter der Aufsicht des Sklavenjägers die Flüchtigen eingefangen hatten, die natürlich mitkamen, damit sie nicht doch noch in letzter Sekunde entkommen konnten. Langsam verfärbte sich der Horizont heller, die Sonne kroch hinter den sieben Hügeln von Rom hervor. Unten wurde der Carcer aufgesperrt, in dem sowohl Hannibal als auch noch Cassim gehalten wurden in jener Zeit. Einer der Sklaven zog den fiebernden Hannibal auf die Beine und stieß ihn nach draußen, damit dieser taumelnd die Treppen nach oben erklomm. Der Sklave war nur noch aschfahl im Gesicht. Es schwärte an seiner Wunde und sein Körper zitterte immer wieder im fiebrigen Frost. Nur mühsam schaffte er den Weg bis zum Innenhof, wo ihm die Beine weg knickten und er mit seiner dreckigen und blutigen Sklaventunika auf dem staubigen Boden landete. Er stöhnte leise und vor Schmerz, nahm aber inzwischen kaum noch etwas von seiner Umgebung wahr.


    "Auf die Beine mit Dir und nimm das Kreuz!" Hannibal versuchte sich wieder zu erheben, schaffte es jedoch nur als einer der Männer den Strick um seine Hände ergriff und ihn hoch hievte. Seine Finger glitten glitschig über das Holz, das er noch nicht mal einen Finger breit in die Höhe bewegen konnte. Ermattet und völlig am Ende seiner Kräfte sank er wieder neben dem Holzkreuz zusammen. Einer der Sklaven starrte kalt auf den zum Tode Verurteilten herunter und griff dann nach dem Balken, um ihn hoch zu heben. Schritte ertönten von weiter hinten, Hannibal hörte die Stimme seines Herrn, die zum Aufbruch rief. Er wusste, dass ihn viele der Sklaven anstarrten und weder beneideten, aber auch nicht bemitleideten. Er war zwar einer von ihnen, aber sie teilten sein Schicksal nicht und er als ehemaliger Günstling hatte sowieso wenig Freunde in der Villa. Der Zug setzte sich in Bewegung und zwar aus der Villa hinaus und in Richtung der Via Appia. Wie eine Marionette taumelte Hannibal mit und nur wie Schemen aus einer anderen Welt, glitt Rom an ihm vorbei. Er sah die Menschen nicht, die stehen blieben, um dem Kreuzigungszug hinter her zu starren. Er stand schon jetzt mit halbem Fuß im Jenseits und es war überhaupt ein Wunder, dass er die Tage überhaupt überlebt hatte.

    Es ging Hannibal schlecht, sehr schlecht als die anderen Sklaven ihn packten und aus dem Carcer zerrten. Er hatte die ganze Nacht schon sich im Schüttelfrost und den Schmerzen von seinen Wunden hin und her gewälzt. Viele Worte hatte er mit Cassim nicht gewechselt, aber Hannibal machte dem Mitsklaven wirklich keine Vorwürfe, wie dieser es wohl tat. Hannibal war aus freier Entscheidung mitgekommen und hatte sich der Flucht angeschlossen. Er fühlte sich eher schuldig selber, dass er nicht die Falschheit seiner Tochter erkannte, sondern verblendet ihrem Lügengesicht glauben wollte. Dabei wusste er doch, dass sie ihn nicht mochte. Aber dass ihr Hass so groß war, war ein Schock für den Sklaven. Ermattet taumelte er hinter her und schließlich in den Garten, wo er entkräftet auf die Knie sackte. Seine Augenlider flatterten herunter als er darauf wartete, dass Aristides erschien, der auch nicht lange auf sich warten ließ.
    Er hob nur kurz den Kopf an, um in das Gesicht des Flaviers zu sehen, der von der Abendsonne umrahmt wurde und dessen Züge mehr in Schatten gehüllt waren. Aber das, was Hannibal sah, war von Kälte und Abweisung geprägt. Hannibal schloß die Augen und konzentrierte sich darauf, Luft zu bekommen. Seine Seite schmerze höllisch und jeder Zug in seine Lungen war wie ein weiterer Stich, den ihm ein Dolch, oder eben ein Schwert, versetzte. Als er seinen Namen hörte, blinzelte Hannibal und hob das eingefallene Gesicht. Langsam dämmerte es ihm, was Aristides zu ihm gesagt hatte. Er würde doch nicht...? Oder doch...? Hannibal erstarrte und er kannte seinen Herrn gut genug, dass jener nicht einfach nur täuschte. " Das Kreuz.", flüsterte Hannibal. Er wusste, wie drakonisch die flavische Linie bestraft wurde und hatte es mit eigenen Augen gesehen. Aber er hatte sich immer eingebildet, davor geschützt zu sein. Anscheinend war dem doch nicht so und jegliche Freundschaft, die er zwischen sich und seinem Herrn geglaubt hatte, war nur Fassade gewesen. Sein Kopf sank herunter und die Luft wollte noch viel weniger in seine Lungen. Er merkte schon seit letzter Nacht, dass die Kälte des Todes nach ihm griff. Was machte es da noch, am Kreuz zu enden? Außerdem, was hatte er noch zu erwarten? Der Traum der Freiheit war zerplatzt, alles, was ihm bedeutete, war Stück für Stück zerstört, er hatte eine Tochter, die ihn hasste und Tod sehen wollte, und zu guter Letzt wusste er, dass er nicht mehr als ein gemeiner Mörder war. Schweigend verharrte er und sah weder zu Cassim, noch zu Aristides, als sich Cassim so vehement für seine Mitstreiter einsetzte und die ganze Schuld auf sich lud.

    Düster glomm es in den Augen des Sklaven, der all das Jubeln um sich herum nicht mehr wahr nahm. Vergessen war die Arena, vergessen, wer dort unten kämpfte, unbedeutend, wo sie sich befanden. Oh ja, er machte Faustus dafür verantwortlich, dass ihm jede letzte Hoffnung geraubt wurde, die er sich in den letzten Jahren noch aufbewahrt hatte. Doch der junge Mann war zu verblendet um weiter als seinem eigenen Leidenshorizont zu denken. Was brachte es da noch, mit eindringlichen Worten zu widersprechen. Der Krug war zerbrochen, das was mal gewesen ist, verschüttet, und Hannibal nicht gewillt, dieses zu kitten. Zumal er glaubte, dass es so besser war. Jeder, der sich auf Hannibal eingelassen hatte, erfuhr ein schreckliches Schicksal. Romana, die durch seine eigene Hand starb, Nadia, die eines Tages einfach spurlos verschwand und von der er später Gerüchte um ihren Tod vernommen hatte. Nein, diejenigen, die ihm etwas bedeuteten sollte er gerade darum von sich fern halten. Und auch wenn er Faustus einige Dinge übel nahm, eben die Unbesonnenheit mit der er zu seinem Herrn gestürzt war und damit Hannibal verraten hatte, so bedeutete der junge Mann ihm noch genug. Und es war besser, wenn er diesem schmerzvoll, aber kurz, hier und jetzt das Herz brach (wie selbiger es ausdrückte) und nicht noch in größeres Unheil stürzte. Für einen Moment wurden die Züge des Sklavens weicher und er betrachtete den Soldaten nachdenklich. Doch schnell verbannte er den Ausdruck von seinem Gesicht und versuchte sich einen harten und unerbittlichen Eindruck zu geben.


    "Du hast Recht, Faustus. Es war eine nette Zeit mit Dir, aber nicht mehr. Ich habe nie mehr als eine Sympathie für Dich empfunden. Es wäre sowieso zwischen uns beiden bald vorbei gewesen. Außerdem ist es auch absurd, Du bist ein römischer Bürger und ich ein Sklave. Was erwartest Du da schon?" Hannibal schnaubte verächtlich. "Ich werde Dir die Briefe zurück schicken. In den nächsten Tagen." Noch ahnte er nicht, dass es schon bald drunter und drüber gehen würde und er nicht mehr vor der Flucht dazu kommen würde. Immer noch hielt er seine Hand neben dem Gesicht des Soldaten abgestützt. "Du wirst schon darüber hin weg kommen.", meinte er leichthin. Er wollte sich brüsk abwenden, doch etwas hinderte ihn daran. Er beugte sich vor und murmelte leise, was fast im lauten Jubel um sie herum unter ging. "Leb wohl, Faustus, mögen die Götter Dich beschützen."Was jetzt für einige Atemzüge deutlich anders klang als die brüsken Worte vorher. Hastig drehte sich Hannibal ab und drängte sich durch die Menschen davon, um der Begegnung mit Serapio zu entkommen, denn er wusste nicht, wie lange er die Maskerade aufrecht erhalten konnte. Eine, die für sie beide notwendig war. Die Dunkelheit der Treppenaufgänge schluckte den Sklaven, der das flavische Theater kurz darauf verließ.

    Jeder Schritt, den Hannibal machen musste, kostete ihn schier unüberwindliche Kraft. Nicht nur, weil ihre Flucht gescheitert war und ihre Zukunft somit mehr als düster aussah, sondern, weil ihm die Verletzungen zu schaffen machten, zudem die Erkenntnis, von seiner eigenen Tochter ans Messer geliefert worden zu sein. Den Hass in den Augen des Kindes würde der Italiker nicht so leicht vergessen. Die ersten Tage ihrer Reise hatte Hannibal nicht mehr in Erinnerung, da er dort mehr zwischen der Welt der Toten und der Lebenden geschwebt hatte. Und immer noch schienen die Hände des Tartaros nach ihm zu greifen. Er war blass, gräulich im Gesicht. Seine Augen lagen in tiefen Höhlen und jede Faser in seinem Körper schmerzte. Die Wunde an seiner Flanke hatte sich zudem entzündet und schwärte schon seit Tagen, das Fieber hielt ihn in seinen heißen und eisigen Klauen fest gefangen. Sein Mund war trocken und er hatte das Gefühl, immer die bittere Galle seines Körpers auf der Zunge zu schmecken. Es gierte ihm nach Wasser, doch wenn er ein paar Schlücke nahm, wurde ihm schier übel. Genauso wie von dem kargen Essen, das ihnen zu geschoben wurde, damit sie noch lebendig in Rom für ihre Bestrafung ankamen. Womöglich gab es dann für den Sklavenjäger mehr Sesterces? Hannibal, dessen Gedanken in diesen Tagen nicht mehr konzentriert waren, wusste es natürlich nicht. Humpelnd, wankend und von einem der überlebenden Sklavenjäger fest gehalten, mehr, damit Hannibal nicht fiel und nicht weil er noch entkommen könnte, folgte er in den vertrauten und langjährig bekannten Eingang der Villa Flavia.


    Seine Augen wanderten über das Atrium, die Blumen im Impluvium und die Statuen am Rande. Auch er machte sich nicht mehr große Hoffnungen, was ihr Schicksal anging. Aber letztendlich begann es, Hannibal gleichgültig zu sein. In den letzten Jahren war so viel in seinem Leben zerbrochen, jegliche Wünsche, die er noch hatte, zerschmettert worden. Jede Utopie von einem besseren Leben geraubt. Was blieb ihm noch? Nicht mehr viel. Mit halb geschlossenen Augen blieb er stehen als auch die anderen Sklaven verharrten. Er wankte leicht. Am liebsten wäre er erschöpft auf den Boden gesunken und hätte sich nicht mehr erhoben. Doch da ertönten schon die Schritte. Seine Augen flatterten kurz hoch und er spähte zu Aristides. Abweisend, hart und unerbittlich. Kein Wunder, sie hatten seine Frau entführt. Und nachdem das schon seiner Tochter passiert war, was wohl auch zu ihrem Tode geführt hatte, war der Flavier bestimmt noch weniger gnädig. Hannibal leckte sich über die aufgesprungenen und schorfigen Lippen und wartete ab, welch Schicksal die Parzen ihnen an ihren letzten Tagen webten.

    Das Kreuzen von Klingen durchschnitt mit lauten metallischen Geräuschen die Nacht. In einem der oberen Stockwerke eines Gasthauses ging einer der hölzernen Fensterläden auf und ein älterer Mann streckte vorsichtig seinen Kopf nach draußen. Doch da die Dunkelheit schon lange von der Stadt Besitz genommen hatte, konnte der alte Mann nur Schemen erkennen. Auch Hannibal erging es nicht anders, doch er wusste, dass sich der Nachteil dadurch ausgleichte, in dem sein Gegner dieselben Probleme haben würde. Fest, aber nicht zu fest, wog er seinen Dolch in der Hand. Ja, er war kein guter Schwertkämpfer und von seinem Herrn oft und leicht besiegt worden, aber er war ein verdammt guter Dolchkämpfer und hatte die harte Schule der Subura hinter sich. Aber da er in der Villa als ein Bücherwurm und Exzentriker verschrien war, der normalerweise niemals eine Waffe bei sich führte, hoffte er natürlich darauf, deutlich unterschätzt zu werden. Keiner von den Mitsklaven wusste um sein Doppelleben, das er eine Zeit lang geführt hatte. Auch jetzt verbarg er den Dolch an seinem Handgelenk und hielt die Hand mit dem ledernen Fausthandschuh hinter seinem Rücken. Scheinbar unschlüssig sah er zu den nach vorne stürmenden Sklaven und machte eher einen (gespielt) zögerlichen Schritt nach vorne. Der Custos, den Hannibal nur vom Sehen kannte, hob abfällig die Augenbrauen und überbrückte die Distanz mit einem schnellen Sprung. Näher ran! Der Gedanke schoss durch Hannibals Kopf, der wusste, dass sein Nachteil der kurze Dolch war, dafür sein Vorteil die Schnelligkeit mit der er agieren konnte, sobald er an dem anderen Sklaven dran war. Sein Herz schlug schneller, die Gefahr und der Kampf um Leben und Tod rieselte über seinen Rücken, seine Gedanken wurden jedoch ruhig und klar. Aber nicht so klar, wie sie einst waren, wenn er in einen Kampf verwickelt wurde. Immer dann, wenn jemand in der Nähe war, der ihm etwas bedeutete, brachte es den Sklaven deutlich durcheinander. Seine Tochter, deren Schicksal auch von seinem Gelingen hier abhing.


    Die Klinge sauste auf ihn zu, und nur im letzten Moment duckte sich Hannibal unter der Schneide des Schwertes hinweg und sprang nach vorne und direkt auf Armeslänge heran. Mit der Fausthandschuh schlug Hannibal brutal zu und setzte sofort mit dem Dolch nach. Der Handschuh traf den Arm und das Handgelenk des anderen Sklaven, der überrascht den Mund aufriss, denn er hatte nicht mit bewaffneter Gegenwehr von dem 'Bücherwurm' gerechnet. Doch eine schnelle Bewegung des geübten Kämpfers brachte ihn außer Reichweite des Dolchs. Es polterte laut als das Schwert des Sklaven krachend auf den Boden fiel und einige Meter weiter schlitterte. Ein hastiger Sprung und er konnte wieder der kurzen Klinge der Dolchsica ausweichen, selber dabei seinen Dolch aus der Lederscheide reissend. Mit einem wütenden Knurren warf sich der Sklave mit seinem bulligem Körperbau dem deutlich schlankeren Hannibal entgegen. Hieb auf Hieb folgte, Schläge, die ausgeteilt wurden, Hannibal, einige Jährchen älter als der Sklave, spürte jedoch diesen Nachteil allzu bald. Hannibal schlitterte über den Boden, von einer eisenharten Faust getroffen. Blut rann über seine Lippen und sammelten sich in seinem Mund und einer seiner Zähne fühlte sich verdächtig locker an. Benommen blinzelte er in die Dunkelheit und seine Lungen sogen gierig nach der Nachtluft, sein Körper schmerzte von den Schlägen, von seiner Schulter tropfte das Blut aus einer Schnittwunde und in seinem Schenkel spürte er den Schmerz von einem heftigen Dolchstoß.


    Steh auf! Sein Geist, der niemals die Schwäche seines Körper zu lassen wollte, donnerte den Befehl. Doch es dauerte einige Atemzüge, bis sich seine Muskeln dazu in der Lage sahen. Über sich sah er den Sklaven aufragen, der sein Schwert wieder gepackt hielt und auf ihn hinunter stoßen wollte. Hannibal zog schnell seinen Fuß an und schmetterte ihn nach vorne. Der Riese brüllte schmerzerfüllt auf als Hannibal sein Kniegelenk traf, das mit einem lauten Splittern barst. Mit Wutgeheul fiel der Mann zusammen, Hannibal rollte sich auf die Seite und stiess mit seinem Dolch dem Sklaven in die Brust. Überleben, ja das eigene Überleben schätzte er höher ein als einen Mitsklaven zu verschonen. Blut spritzte in sein Gesicht, warm und vom Tode zeugend. Hinter ihm hörte er auch Todeskampf, immer noch das Lärmen der Anderen, was ihn dazu anmahnte wieder auf die Füße zu kommen. Ihm wurde schummrig vor Augen und er spürte, dass sein Körper nicht nur vom Blut seines Gegners besudelt war, sondern viel von seinem eigenem Lebensodem offenbarte. Seine Augen richteten sich auch Catubodus, der sich seines Gegners entledigt hatte und ihm zuwandte. Verflucht...das war der einzige Gedanke. Denn sein neuer Gegner sah nicht so fertig aus, wie sich Hannibal fühlte. "Hilfe!", ertönte es in dem Augenblick hinter ihm. Didos Stimme. Hannibal fuhr herum und spürte das Stechen in seiner Seite zu spät. Seine Augen wanderten herunter und ungläubig sah er auf das Schwert, das sich in seine Seite gebohrt hatte. Das Schwert, das die junge Dido mit aufgerissenen Augen in der Hand hielt und das beim Dringen in sein Fleisch heftig erzitterte. "Du...Dido?" Hass, es war Hass in den Augen des Kindes. Und es war auch das, was Hannibal als Letztes sah, ehe er bewusstlos auf die Pflastersteine fiel, das Schwert mit sich reißend. Er sah auch nicht mehr, wie Dido einen Schritt zurück wankte und dann den Kopf hob und mit zitternden Lippen in Richtung der Sklavenjäger sah.

    Friedlich wirkte es am Hafen, ruhig in der Bucht, die Ravenna umgab und beschaulich die Silhouetten der Schiffe, die die Freiheit in ein unbekanntes Land versprachen. Nichts schien in dem Moment darauf hin zu deuten, dass ihre Flucht derart behindert werden sollte. Ruhig und schweigend hatte Hannibal gewartet, auf die Anderen, die sich noch ihrer Reise anschließen sollten und die auch ihr Heil in der Flucht suchten, jeder aus seinen ganz eigenen Gründen. Hannibal legte gedankenverloren seine Hand auf die Schulter von Dido, nichts sich dabei denkend aber womöglich ahnend, dass sie nicht gerne auf das Schiff ging und vielleicht doch noch in letzter Sekunde ausbüchsen würde. Als sich die ersten Schritte näherten, sah Hannibal in die Richtung. Die Augenbrauen zusammen gezogen musterte er den dunklen Schatten, bis er den ehemaligen Bücherhändler und Sklaven erkannte, dem er kurz zu nickte. Schließlich traf auch Cassim ein, den Hannibal gleichermaßen begrüßte. Dessen Frage konnte er nur mit einem Schulterzucken beantworten, aber gleich darauf erschien auch der, nachdem gefragt wurde. Seine Augen folgten dem Deuten von Chimerion und er sah auf das Schiff, das sie bald besteigen würden. Und damit Hannibals kleine und persönliche Misere beginnen würde. Aber so weit kam es gar nicht und wahrscheinlich hätte Hannibal sich über dieses Leiden eher gefreut, wenn er geahnt hätte, was gleich darauf folgen sollte.


    Sofort spannten sich seine Muskeln an als er die Stimme hinter sich vernahm und er merkte auch, wie unter seiner Hand die kleine Dido zusammen zuckte und hastig in die Richtung sah, aus der der Ruf kam. Hannibal hingegen wandte sich eher gemächlich dorthin um und seine Augen durchbohrten die Dunkelheit um den angekommen Jägertrupp zu mustern. Seine Finger schlossen sich fest um die Schulter seiner Tochter, die er langsam, aber sie mit einem misstrauischen Blick bedenkend, hinter sich schob. Denn er hatte für einen Moment ehrliche Freude in ihrem rundlichen Gesicht erkannt, der sich in einen Verschlossenen wandelte als das Mädchen die Aufmerksamkeit von Chimerion auf sich spürte. Hannibals Hand glitt zu seinem Dolch und dem Lederhandschuh unter dem Umhang, während der Beutel, den er mit in die Fremde nehmen wollte, von seinen Schultern glitt und leise auf dem Boden landete. Er war kein Gladiator, er war kein ehemaliger Soldat, aber mit dem Dolch und dem Fausthandschuh hatte er gelernt, sich recht gut zu schlagen, spätestens die Subura war Lektion genug darin. "Uns brauchst Du nicht an der Nase herum zu führen. Die Flavier werden unser Leben nicht verschonen." Zumindest glaubte Hannibal nicht daran. " Aber wie stehts es mit Dir? Bist Du bereit für ein paar fremde Sklaven zu sterben?" Unbewaffnet waren sie nun mal nicht und Catubodus konnte seines Sieges gewiss noch nicht sicher sein.

    Die Dunkelheit hatte sich über die Stadt wie ein schützender Mantel gelegt, eine düstere Hülle, in der sich auch die Sklaven womöglich geschützter bewegen konnten. So lange sie nicht den Vigilen der Hafenstadt in die Arme liefen. Hannibal hatte seine wenigen Habseligkeiten gepackt und über seine Schulter geworfen. Sie passten in einen kleinen Sack. Dido zog er jetzt neben sich her, die irgendwie einen schmollenden Eindruck machte, denn sie hatte von der Begegnung mit Cassims Häscherin nicht erfahren und glaubte schon, dass ihre Bemühungen, die Flucht zu sabotieren, völlig fehl geschlagen waren. Hannibal zog sie an der Hand hinter sich her und hinunter die Treppen bis zum Schankraum, er wartete kurz, aber die Anderen schienen schon los gegangen zu sein, weswegen er schlussendlich aufbrach. Wie anders wirkte doch die Stadt, wenn die Bewohner sich in ihre Häuser zurück zogen. Gelbe Lichter tanzten hinter den Fensterhöhlen, die wie Augen auf sie herab starrten. Einige Ratten huschten nun aus den Rissen der Häuser hervor um sich die Beute zu sichern, die von den Abfällen der Menschen stammte, die sie am Tag zurück gelassen hatten. Einige Wolkenfetzen trieben über den nachtblauen Himmel entlang und schluckten die Sterne, die sich ihnen entgegen stellten. Der Mond war nur schwach zu sehen und womöglich von einer Wolke verborgen. Dennoch reichte das Glimmen aus, um ihnen einigermaßen den Weg zu bahnen. Außerdem kannte Hannibal auch die Straßen zum Hafen, er war ja vor nicht allzu langer Zeit schon mal hier gewesen als er seinen Herrn damals abholte. Der von Parthia nach Hause gekommen war und das in einem ziemlich lädierten Zustand. Hannibal leckte sich über die Lippen, die mit einem Mal trocken wurden. Damals war er auch auf einen anderen Mann getroffen, an den er in den letzten Tagen krampfhaft versucht hatte, nicht mehr zu denken. Ihm schob er die Schuld für seine ganze Misere zu und dass er jetzt fliehen musste. Hannibal schluckte und schüttelte den Kopf, als ob er versuchte, den Gedanken fort zu treiben.


    Schwarzen Finger gleichend ragten die Masten der Schiffe in den Himmel hinauf. Die Gerüche des Hafens waren auch in der Nacht sehr präsent. Und der salzgeschwängerte Meeresduft lag intensiv in der Luft und vermochte jetzt schon den Magen von Hannibal aufzuwühlen. Oh, wie sehr würde er in den nächsten Wochen leiden müssen auf dem Schiff? Er hasste die Schifffahrt, ebenso das Reiten und das Reisen im Allgemeinen. Zu schade, dass nicht alle interessanten Orte an einen Fleck versammelt waren, nur einen Tagesmarsch höchstens voneinander entfernt. Und doch welch Glück. Wohin sollte Hannibal dennn sonst fliehen können? Die Schritte von Dido wurden immer mürrischer als sie sich den Schiffen näherten. "Müssen wir Italia verlassen?", murmelte Dido quengelig und sah misstrauisch von den Häusern um sie herum zu Hannibal. Hannibal nickte schweigend, in den letzten beiden Tagen hatte er mehrmals versucht, Dido für ihre Flucht zu gewinnen. Doch langsam kam er zu der Überzeugung, dass Dido gar nicht mit wollte. Aber warum hatte sie ihm dann das anders noch vorgespielt? Seine Gedanken rotierten noch darum, während er sich dem Schiff näherte, dass sie heute in die Freiheit tragen sollte.



    [SIZE=4]/edit: Nur die Schriftfarbe von Dido geändert. Sie spricht ja nicht wie Hannibal ^^
    /edit 2 - den Postings der Nachfolgenden angepasst, da es nicht divergent war.[/SIZE]

    Es war noch am selben Tag, an dem sie Ravenna erreichten, an dem sie sich aufmachten, alles notwendige zu organsieren. Verfolger schienen ihnen dicht auf den Fersen zu sein und es galt, jede kostbare Minute auszunutzen, um eventuell bei der nächsten Tide schon auslaufen zu können und dann schon mal einen sicheren Abstand zwischen sich und die unbekannten Verfolger zu machen. Proviant, ein Schiff, Sesterzen mussten organisiert werden und dafür hatten sich die Sklaven aufgeteilt. Jeder ging seiner Wege, um seinen Part bei der Fluchtgeschichte zu erledigen.

    Der lange Ritt in all den Tagen, die karge Kost, das sehr unbequeme Schlafen unter freiem Himmel und immer mit einem offenen Auge, war für den in den letzten Jahren doch zu sehr verwöhnten Hannibal eine arge Plage gewesen. Selbst wenn er nicht zu den ganz verweichlichten Sklaven gehörte, so war er doch keiner der Robusten mehr und auch nicht der Jüngste. Darum war Hannibal froh als er den wohltuenden Tropfen eines italischen Weines auf seiner Zunge und seine Kehle hinab rinnen spürte. So weit waren sie schon mal gekommen und wenn sie erstmal auf einem Schiff waren, fern von Italien und womöglich in Syrien ankamen, dann war es schon fast geschafft. Denn er bezweifelte, dass die Flavier so viel Ehrgeiz zeigen würden, oder? Zumal sie die Ehefrau seines Herrn schon in ihre Freiheit zurück entlassen hatten. Aber es gab Verfolger, immerhin diese wichtige Information hatte Menelaos ihnen mitteilen können. "Auf uns und mögen die Parzen uns gewogen sein, bei unserem weiteren Vorgehen.", erwiderte Hannibal. Dann trank er einen Schluck und spähte zu der unbekannten Komponente, die sich in ihre Flucht eingeschlichen hatte, ehe sie es sich versahen. Immer noch stand die Gier auf das wundervolle Schriftstück deutlich in sein Gesicht geschrieben. Wenn es nach ihm ging, würden sie lieber nach Syrien schwimmen als dieses Schriftstück zu veräußern. "Ich kenne einen Händler für Schriften und Papyri, also zumindest von früher noch. Er war damals schon ein alter Mann aber vor einigen Monaten besaß er seinen Laden noch. Ich denke, er wird es uns abnehmen ohne groß Fragen zu stellen. Am Besten wir Beide machen uns dann auf. Cassim, Chimerion, kümmert ihr euch um das Schiff und den Proviant? Ich nehme Dido dann mit mir." Er sah kurz zu seiner Tochter, die wieder mal recht bockig aussah, selbst wenn sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Aber dafür war sie noch eine zu schlechte Schauspielerin.