Beiträge von Hannibal

    Gleichwohl es ein schöner Tag war und die Sonne fröhlich von dem Himmel blitzte, so vermochte all die Idyll nicht das Gemüt von Hannibal zu erleuchten. Schon seit einigen Tagen schien eine düstere Wolke über seiner Seele zu schweben. Melancholie und Trübsinn beherrschten in letzter Zeit seine Gedanken. Immer, wenn er nicht beschäftigt war. Immer, wenn er Zeit hatte, sich über alte Begebenheiten Gedanken zu machen. Auch wenn er schlief. Der Duft der Blumen aus dem Garten drang bereits zu Hannibals Nase als die Sänfte am Eingang halt machte. Den schweren Korb in den Armen lauschte er den Worten von Minna und schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. "Nein, Minna, leider bin ich noch nie in Germania gewesen. Ich habe nur über das Land gelesen und Erzählungen von anderen Sklaven oder Reisenden gehört. Aber es soll ein sehr schönes Land sein. Voller Wälder, die nach Harz und Kräutern duften. Im Sommern ein strahlend blauer Himmel. Im Winter wiederum fast die ganze Zeit eine weiße Schneelandschaft, sagt man." Was man sagt und wie es wirklich ist, das unterschied Hannibal genau. Denn so manch ein Germane, der Italia nicht gesehen hatte, könnte zu dem Schluss gelangen, dass Italia immer nur von der Sonne liebkost wurde. Aber genauso wie in Hispania oder sogar in Afrika, konnte es hier in Italia bitterkalt werden und der Schnee die Landschaft in eine weiße Pracht hüllen. Aber nicht nur die Landschaft wurde die raue Schönheit nachgesagt, auch die Menschen waren von annehmbarem Äußeren. Hochgewachsen und oft blond oder helläugig, ob Mann oder Frau. Wie man an Minna sah, aber auch dem Germanen in der Villa der Flavier. "Chatten?", fragte Hannibal nach, selbst wenn er es genau vernommen hatte. "Die Chatten scheinen mir ein interessantes Volk zu sein. Einer der Sklaven in der Villa ist ebenfalls Chatte. Rutger Severus ist sein Name. Er ist der Leibwächter von Flavius Aquilius!" Ein sehr fescher Sklave war das. Selbst wenn dieser ihn in letzter Zeit mied. Hannibal hatte den Germanen wohl zu sehr im Zuber vor einiger Zeit erschreckt.


    Da es ein schöner Tag war, verwunderte es Hannibal nicht auch noch andere Spaziergänger zu sehen. Einige andere Römer durchschritten den von Blumen umrankten Eingang. Ein Plätschern war von dahinter zu vernehmen. Womöglich ein Brunnen. Eine Lerche zwitscherte hell und klar. Hannibal lauschte der Geräuschkulisse kurz ehe er zu Fiona sah. "Da hast Du es getroffen. Er mag Epicharis nicht. Aber das liegt nicht an Epicharis selber, so wie es mir scheint. Es liegt wohl eher daran, dass er glaubt, Epicharis wolle das Andenken seiner Mutter in den Schmutz ziehen. Dabei kennt der junge Serenus noch nicht mal seine Mutter. Sie ist bei seiner Geburt gestorben." Hannibal hatte die Frau nicht sonderlich gemocht. Sie hatte ihn hin und her geschickt, drangsaliert und auch einige Male wegen Nichtigkeiten bestraft. Eine launische Frau war sie gewesen. Silures, der Name ihres Stammes war Hannibal auf Anhieb nicht geläufig, weswegen er den Kopf ein wenig zur Seite neigte. Er sah Fiona nachdenklich an. "Britannia? Die Silures, wie ist Dein Stamm?" Dass beide Sklavinnen aus der Freiheit entstammten und sicherlich noch ihre Heimat vermissten, das ahnte Hannibal. "Wie lange seid ihr denn schon in Rom?", fragte Hannibal beide.

    Nur eine Nacht, eine Nacht. Es gab zahlreiche syrische Geschichten, die Hannibal früher verschlungen hatte, die von einer solchen Nacht erzählten. Vielleicht nicht ganz eine solche Nacht, aber eine Mondwanderung lang erlebten die Helden dieser Geschichten allerhand Dinge. Abenteuer, die manch ein Mensch sein ganzes Leben lang nicht erfuhr. Nur wenige Schritte von Faustus entfernt war Hannibal stehen geblieben. An seinem Rücken spürte er die Arkaden eines Baus, der in seinem Busen die Geschäfte der zahlreichen Händler beherbergte. Jetzt jedoch standen davor andere Feilbietende, die am Tage von diesen guten Plätzen vertrieben wurden. Hannibal betrachtete das Tete-à-tete des Orientalen mit Faustus erst mit verschlossener Miene, dann zuckte der Hauch von Eifersucht durch ihn. Hannibal war in dieser Hinsicht schon immer sehr empfänglich gewesen. Der düstere Schatten, das schwarze Monster, was in seiner Seele ruhte, begann sich ein wenig zu rühren. Aus einem Schlaf heraus, in dem es die letzten Monate verbracht hatte. Hannibal leckte sich über seine Lippen und seine Nasenflügel blähten sich auf. Doch noch ehe sich das dunkle Wesen in ihm weiter rühren konnte, löste sich Faustus schon von dem Orientalen. Der nahm das mit einem bedauernden Schulterzucken hin. Der Puerus wusste wohl, wenn ein Kunde nicht zu gewinnen war. Darum ließ er schnell von Faustus ab und wandte sich einer anderen Gruppe zu, wo er wohl bereitwilligere Kundschaft vermutete. Hannibal wandte sich um, um weiter zu gehen, aber auch, damit Faustus nicht den düsteren Glanz in seinen Augen sah. Dieser schwand so schnell, wie er gekommen war. So dass Hannibals braune Augen wieder friedlich wirkten als er sie das nächste Mal und bei der Frage auf Faustus richtete.


    "Fidenas ist sein Name! Er ist Bildhauer!", erwiderte Hannibal. Wirklich viel wußte Hannibal nicht über Fidenas. Er hatte sich noch nie viel mit ihm unterhalten. Es war ihm im Grunde auch egal, denn es ging mehr um die nächtlichen Gesellschaften, die besagter Fidenas gab. "Seine Feste sind recht unterhaltsam!" Hannibal lächelte schief und strebte an der Statue mit der Löwenhaut vorbei, der Hannibal keinen Blick schenkte. Er war schon so oft diese Straße entlang gewandelt. Schon erreichte er das Haus, das nach außen hin dunkel erschien und kaum verriet, dass dahinter ein Fest im Gange war. Hannibal blieb vor dem Toreingang stehen, der in den Innenhof und von dort in die Räumlichkeiten des Fidenas führten. In dem Augenblick zögerte Hannibal und sah zu Faustus. Womöglich war es keine gute Idee Faustus mit zu diesem Fest zu nehmen. Hannibal biss sich auf die Unterlippe und hatte den Impuls, doch etwas anderes vorzuschlagen. "Vielleicht...!", setzte Hannibal an. Doch schon näherten sich Schritte und ein Mann näherte sich ihnen von hinten. Er überragte sowohl Hannibal, als auch Faustus um gut zwei Handspannen. Er hatte recht breite Schultern und mehr breite, kantige Gesichtszüge, dazu kurz geschnittene Haare, die schon soldatisch wirkten und einen einfachen Umhang, den er sich über die Schulter geworfen hatte.


    Mit verengten Augen musterte der Mann sowohl Hannibal als auch Faustus, bis Erkennen über sein Gesicht glitt. "Ah, Hannibal! Grüß Dich!", meinte er zu dem flavischen Sklaven. Er sah an Hannibal hoch und runter. "Hm!", murmelte er. "Wo hast Du denn Chrysanta gelassen?" Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Fremden. Hannibal sah ihn kalt an. "Sie wird heute wohl nicht kommen, Potitus!", erwiderte Hannibal mit einem brüsken Unterton. Besagter Potitus zuckte mit der Schulter. "Schade!" Dann sah er auch zu Faustus und lächelte breit. "Salve, schöner Mann! Dich habe ich noch nie hier gesehen. Aber kommt, die Feier läuft uns sonst davon!" Schon strebte Potitus mit einem breiten Gang und deutlicher Vorfreude auf dem Gesicht in den Innenhof. Hannibal sah zu Faustus und konnte sich jetzt wohl kaum noch drücken. Durch einen unscheinbaren Innenhof ging es. Schon drang die Töne leichter Musik zu ihnen. Dann auch das Murmeln und Sprechen von Menschen. Schließlich Lachen und zuletzt das Klappern von Bechern und Tellern.


    Kerzen- und Lampenlicht beleuchtete Hannibals Gesicht als er in den Raum trat, der einst mal eine Handwerkerwerkstatt war. Doch jetzt beherbergte sie die Räume eines Bildhauers. Im ganzen großen Raum standen Statuen, die in verschiedenen Reifestadien gediehen waren. Manche waren noch mehr grobe Blöcke, Andere zeigten schon ihre spätere Form. Ganz besonders die Statue, die in der Mitte des erleuchteten Raumes stand. Ein Apoll aus weißem Marmor räkelte sich auf einem Felsen, das Kinn auf die Faust gelegt und die Augen auf die Ferne gerichtet. Der schöne Körper war minutiös dargestellt. Das Gewand und Haare waren mit gold gemalt, die Augen leuchteten in einem strahlenden Saphirblau. Womöglich weil es tatsächlich zwei Saphire waren, die die Augen zierten. Zwischen den Skulpturen waren jedoch Klinen aufgestellt, Tische und zwischen ihnen tummelten sich die Gäste jener Feierlichkeit. Lyra und Flötenspiel durchdrang den Raum, aber auch der Geruch nach verbrannten Kräutern, nach Wein und nach guten Speisen.

    Hörte er da recht? Wollte sein Herr dem neuen Sklaven jetzt schon so viel Freiraum gewähren, die für eine solche Tätigkeit notwendig war? Hannibal, der immer noch am Rande des Fischteichs stand und die bunten und vielfältigen Zierfische betrachtete, wölbte verblüfft seine Augenbrauen nach oben. Aber er kannte die Schwächen von Aristides sehr gut. Alles, was seine Freuden und Genüsse betraft, da war sein Herr halb blind gegenüber Vernunft und Überlegungen. Hannibal ließ seine Augenbrauen herunter sinken und beugte sich herunter, um einen flachen Stein zu ergreifen. Er erspürte die kalte, glatte Oberfläche des Steins und wandte nur ein wenig seinen Kopf in Richtung seines Herrn und von Cassim. Immer dasselbe, dachte sich Hannibal, er hat die unsinnigen Ideen und ich soll dafür sorgen, dass sie nicht schief gehen. Hannibal wandte sich wieder von den Beiden ab und ließ den Blick auf die Wasseroberfläche gleiten, damit Aristides sein Augenrollen nicht bemerkte. Aber ein Gutes hatte das Ganze. Womöglich würde dann Hannibal nicht mehr dazu gezwungen werden, an einer Jagd teilzunehmen. Er mochte dieses Treiben durch den Wald nicht. Auch das blutige Geschäft an den Tieren war ihm zuwider. Ganz besonders aber den Treiber zu spielen, wozu ihn Aristides in der Vergangenheit schon einige Male genötigt hatte. Hannibal hatte immer lustlos mit dem Treiberstecken auf das Geäst geschlagen und ein unmotiviertes "Hai! Hai!" von sich gegeben. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen.


    Nachdenklich betrachtete Hannibal seine Gesichtszüge, die sich auf dem Wasser wieder spiegelten. Verzerrt und verschroben sahen diese auf dem Wasser aus. Ein Fisch glitt darunter entlang und wölbte sein Gesicht nach oben, ehe das Wasser erzitterte, die Wellen sich überschlugen und sein Spiegelbild in der Erschütterung verschwand. Erst da drehte sich Hannibal zu den beiden Männern um. Die Hände hielt er hinter seinem Rücken verschränkt und wartete ruhig auf den weiteren Verlauf der Unterhaltung.

    Schon bald schien das Treiben der Stadt sie zu umspülen wie die Brandung die Felsen am Strand. Das Lärmen der Menschen war an vielen Stellen zu vernehmen. Mal liefen einige Kinder vorbei, denen man ansah, dass sie aus der Schicht der hart arbeitenden Römer und Menschen der Stadt kamen. Die Idylle des Villenviertels hatten sie hinter sich gelassen. Gerade eröffnete eine Gasse den Blick auf eine Handwerkerviertel. Hannibal betrachtete einen Moment lang einen älteren Mann, dessen Gesicht von Wind und Wetter gezeichnet waren. Zwischen seinen Lippen hielt er einige Nägel fest, von denen er sich justament einen nahm und auf die Sohle eines fast schon fertigen Schuhs legte, um ihn mit Schwung und Hammer in das harte Leder zu stoßen. Der Schuh erzitterte kurz, doch der Holzblock, auf den er gelegt war, rührte sich kein Fleck von der Stelle. Schon war die Sänfte weiter gezogen und Hannibal sah den Mann nicht mehr. Aber die breiten Hände des Alten verharrten am Längsten als Bildschatten vor seinen Augen. Der Korb hing an seinem linken Arm, während er gemächlichen Schrittes der sanft hin und her schaukelnden Sänfte folgte, in deren Windschatten das Vorankommen deutlich einfacher war. "Im Krieg?" Hannibal sah zu Fiona und schüttelte den Kopf. "Nein, ich habe meinen Herrn nicht in den Krieg begleitet." Worüber Hannibal auch sehr froh war. Er konnte mit Schlachten, Kampf und ganz besonders Legion nicht viel anfangen. "Ich bin in Italia geblieben, um mich um die Angelegenheiten meines Herrn hier zu Hause zu kümmern. Wie um seinen Sohn. Der ist, als mein Herr gerade aufbrach in den Krieg, wegen der Verlobung Deiner Herrin und von Aristides getürmt." Hannibals Mundwinkel zuckten als er sich daran erinnerte. Damals war es für ihn sehr nervig gewesen, dem Jungen auf die Spur zu kommen. Aber insgeheim konnte er es nur anerkennen, dass der Junge es so ziemlich alleine und mit nur einer geringen Sklavenanzahl nach Ägypten geschafft hatte.


    Dass er auch die Verantwortung für Arrecina hatte, erwähnte Hannibal nicht. Zumindest glaubte er, die Verantwortung zu haben und somit auch für ihren Tod. Schon bog die Sänfte an einer der Straßen ab, entfernte sich von dem Viertel, was sie nur peripher gestreift hatten. Der Subura. Langsam näherten sie sich dem Mons Esquilinus, der auf ihrer Seite durchaus dicht besiedelt war. Doch noch waren nicht alle Teile des Hügels bebaut, so dass es durchaus noch Platz für die Gärten gab, zu denen sie wohl strebten. "Ihr kommt nicht aus Rom, oder?", fragte Hannibal. Selbst Sklaven, die in Italia aufgewachsen waren oder gerade in Rom, erkannte man an der Sprache. Es war der feine Unterschied der Aussprache, an dem man sogar erkennen konnte, aus welchem Viertel ein Römer oder ein Sklave kam. "Kommt ihr aus Germania?" Gerade in Anbetracht, dass Minna hellblonde Haare besaß und ihm der Name vertraut klang, stellte er die Vermutung in den Raum. Bei Fiona war sich Hannibal jedoch nicht ganz sicher.

    Sternenklar war die Nacht, die ihre Dunkelheit über das Treiben so manch eines infamen Römers legte, wiederum den gesunden Schlaf vieler Menschen schützte, und sich ungetrübt mit vielen kleinen funkelnden Sternen über Hannibals Kopf hinweg erstreckte. Nur einige Wolkenschwaden zogen über den mächtigen Titusbogen hinweg, um in der nächtlichen Dunkelheit zu entschwinden. In sich gesunken wartete Hannibal, die Augen auf das Pflaster gesenkt, während er den Geräuschen um sich herum aufmerksam lauschte. Mal schienen Schritte sich zu nähern, doch sie verklangen wieder. Ohne dass sie ihn aus der Nähe streiften. Ein wenig kühl war es in der Nacht geworden. Selbst wenn der Tag von der Sonne geliebkost wurde. Hannibal zog den Umhang fester um seine Schultern und unterdrückte einen Hustenreiz, der sich in seiner Brust ausbreitete. Ein lästiger Husten, den er in der letzten Woche immer mal wieder hatte. Seitdem er in Ravenna eingetroffen war, hatte es angefangen.


    Vielleicht hatte Hannibal auch das typische Klacken von Soldatenschuhen erwartet. Wenn die Nägel die Pflastersteine streiften, dann machten sie ein Geräusch, was man selbst noch drei Straßenzüge zu hören meinte. Ein Glück für manch einen Ganoven in der Subura oder dem Aventin, denn die Urbaner meldeten sich oftmals selber an, ehe sie noch zum Orte des Geschehens oder Verbrechens kamen. Erst im letzten Augenblick hörte Hannibal die leichten Schritte, die sich ihm näherten und hob den Kopf. Ein Lächeln schlich sich auf seine Gesichtszüge. "Faustus, mein schöner Faustus!", grüßte Hannibal den flotten Soldaten und legte seine Hände um dessen Schultern und auf seinen Rücken als er so euphorisch umarmt wurde. "Hm!", murmelte Hannibal nach dem Kuss und suchte mit seinen Lippen nach der Halsbeuge von Faustus, um ihn dort sachte zu küssen. "Gut!", raunte Hannibal als Antwort und ließ seine Lippen an den soldatischen und gut duftenden Hals entlang gleiten. "Und Dir, mein schöner Faustus? Wie lange hast Du denn frei?" Dass es nur eine Nacht war, das ahnte Hannibal freilich nicht. Aber dass so sparsam mit Freigang bei der Legion umgegangen wurde, das wäre ihm nie in den Sinn gekommen.


    Hannibal löste sich ein wenig von der verlockenden Haut, die er noch nicht ausgiebig genug liebkost hatte. Aber eine Kostprobe war ihm gewährt worden und diese gustierte ihm formidabel. "Ein Freund..." Ein Freund? Hannibal kam diese Floskel leicht über die Lippen. Aber eigentlich war das kein Freund. Ein Bekannter. Ein Zweckbekannschaft, die es in Rom doch so reichlich gab. Man traf sich, lernte sich kennen und erfuhr meist nicht mehr als den Namen und die gemeinsame Aktivität, der man nach ging. Dann trennten sich die Wege und man vergaß sich schnell wieder. So war es in Rom nun mal. Und nur wenige Menschen würde Hannibal ehrlich als einen Freund bezeichnen. Menschen, auf die man sich verlassen konnte. Dennoch sprach er es aus. "Ein Freund gibt heute Nacht eine Feier. Gleich hier in der Nähe. Wir könnten uns ihr anschließen. Und wer weiß, wozu wir später noch Lust haben!" Ein doppeldeutiges Glitzern erschien in seinen braunen Augen, dann ergriff er die Hand von dem schönen jungen Mann, um ihn einige Schritte mit sich zu ziehen. Erst als sie sich aus dem Schatten des Titusbogen lösten und den dazu gehörigen Säulen, ließ Hannibal von Faustus ab. An dem mächtigen Tempel des Saturn strebte Hannibal vorbei. Dort, wo der große Goldschatz des römischen Staates aufbewahrt wurde. Nun kam auch die Basilica Iulia in Sicht. Ebenso die Curia, die sich wie ein Schatten auf dem nächtlichen und unbeleuchteten Forum abzeichnete. Hannibal ging schlendernd vom Forum weg und in Richtung der etruskischen Straße, in die er tatsächlich hinein bog.


    In den Viscus Tuscus lief Hannibal, die eine Straße mit zahlreichen Gesichtern war. Am Tage voller Händler, die ihre Waren feil boten. Auch einige Buchhändler hatten sich in diesem langen Straßenzug breit gemacht und boten von schlüpfrigen orientalischen Geschichten bis hin zu tiefsinnigen philosophischen Schriften alles an, wonach das römische Herz begehrte. Deshalb mochte Hannibal die Straße. Indes in der Nacht, aber auch schon am Tage, zeigte sich hier noch ein anderes Gesicht. Junge Männer, Sklaven, Pueri Cauponii boten an jener Stelle wie die Händler ihre Waren den interessierten Passanten ihre Körper dar. Auch jetzt sah Hannibal in den Schatten der Häuser den einen oder anderen Jüngling stehen, der aufreizend gekleidet war. Manche trugen auch Frauenkleider und waren nicht minder geschminkt als ihre weiblichen Pendants. Ein orientalisch anmutender junger Mann, der in einer gelbbeigen langen Tunika gekleidet und dessen Augen und Lippen mit Schwarz und Rot bemalt war, beugte sich etwas nach vorne und schenkte Hannibal und Faustus ein laszives Lächeln, dabei sein Gewand lüftend, um sich anzupreisen. "Auf ein kleines Abenteuer zu dritt aus?", fragte er mit schnurrender Stimme. "Für euch auch nur 9 Ass!" Hannibal streifte ihn einen Moment mit den Augen und schüttelte den Kopf, um weiter zu laufen, auch den anderen Pueri nicht groß Beachtung schenkend. Der Orientale, der die mögliche Kundschaft für die Nacht nicht so einfach ziehen lassen wollte, trat jedoch schnell auf Faustus zu und schlang einen Arm über dessen Schultern. Ein schwerer süßlicher Duft, wie nach Moschus, ging von dem Puerus aus. "Na, vielleicht nur wir zwei, wenn Dein Freund keine Lust hat? Für Dich nur fünf Ass!" Der Puerus ließ seine Hand an Faustus entlang wandern. Über die Brust, den Bauch und sogar bis zum Tunikarand, um dort langsam herunter zu fahren. "So ein stattlicher Mann wie Du ist sicher ein richtiger Stier in der Nacht!", hauchte der Orientale mit einer obszönen rauchigen Stimme.

    Immer, wenn Hannibal mit seinem Herrn unterwegs war wie bei solchen Gelegenheiten, hatte es sich Hannibal zur Angewohnheit gemacht, irgendwo im Hintergrund zu warten. Wie auch jetzt, als er an der Säule gelehnt verharrt hatte. Auf den Gedanken, die beiden Frauen hätte ihn nicht gesehen, war er erst gekommen als er das erschrockene Gesicht des Lockenschopfs Fiona gesehen hatte. Ihre schönen Locken, die stachen Hannibal sofort in die Augen. Er lächelte kurz als er die munteren rotbraunen Strähnen betrachtete und ergriff den Korb. Der deutlich schwerer war, als Hannibal gedacht hätte. Wenn das alles mit Essen gefüllt war, würde sich ein ganz bestimmter Flavier bestimmt sehr freuen. "Es freut mich ebenso. Du bist Fiona? Oder Minna?", fragte Hannibal sicherheitshalber nach. Er sah kurz in die Richtung, in der Epicharis und sein Herr verschwunden waren. "Die Herrin hatte vorgeschlagen, den Ausflug zum Esquilin zu veranstalten. Aber womöglich ändern sie noch ihre Meinung unterwegs." Aber immerhin, der Tag war von schönem Wetter geprägt. Zwei gut gelaunten Patriziern hinter her zu laufen war auch nicht die schlimmste Beschäftigung für Sklaven, womöglich würden sie selber noch dazu kommen, den schönen Tag ein wenig genießen zu können. Ein Luxus den wohl wenige Sklaven in Rom hatten. "Wollen wir?", fragte Hannibal und deutete einladend mit der freien Hand in die Richtung, wo es auch zur Tür ging.

    Etwas verdutzt war Hannibal schon gewesen, als sich Epicharis bei ihm bedankte. Zurück gebracht hat? Ganz ersichtlich, was sie damit meinte, war es ihm nicht. Denn den Weg von der Villa Flavia zur claudischen Residenz konnte sie wohl kaum gemeint haben. Er hob seinen rechten Mundwinkel ein Wenig und erwiderte darauf nichts. Was auch, wenn man nicht wusste, was wirklich gemeint war? Hannibal schlenderte ein wenig weiter und ging bis zu den Flügeln des Atriums. Dort angekommen betrachtete er eine Statue, die an jenem Ort aufgestellt war. Während in seinem Rücken das Wiedersehen gefeiert wurde. Da wäre er jetzt nur das fünfte Rad am Wagen, weswegen er weiter hier stehen blieb. Es dauerte eine Weile, bis sich hinter ihm wieder etwas anderes zu regen schien als das Gurren zweier Turteltauben. Hannibal dreht sich um, als er von den Plänen hörte, noch einen Ausflug zu unternehmen. Langsam ging er auch wieder zurück und blieb einige Schritte neben seinem Herrn stehen. Und in der Tat konnte sich Hannibal schwer ein Schmunzeln unterdrücken, als er die Beiden betrachtete. Vor sich hin lächelnd sah Hannibal auf den Boden und wich dem Blick von Aristides aus. Womöglich hätte er dort dann die Belustigung erkannt, die Hannibal durchaus verspürte. Wenn diese auch mehr freundlicher Natur war. Als sich Epicharis ein weiteres Mal an ihn wandte, sah Hannibal von den Mustern des Bodens auf. Er schüttelte sachte den Kopf. "Nein, Domina, ich kenne die Beiden leider noch nicht.", erwiderte er ruhiger Stimme. "Ich werde hier auf die Anderen warten.", meinte er dann mehr zu seinem Herrn. Aber der, wohl ganz beflügelt von seinem Wiedersehensglück, schien ihn sowieso nicht zu bemerken.


    Erst als die Beiden aus dem Atrium heraus waren, begann Hannibal wieder etwas entlang zu schlendern. Er blieb neben dem Wasserbecken stehen. Sah auf das glitzernde Wasser. Er ging einige Schritte weiter und lehnte sich schlussendlich an eine Säule, die seine Gestalt mit ihrem Schatten zu verbergen wußte. Dort harrte er und wartete, dass das Gefolge von Epicharis noch kommen würde. Und er musste nicht lange warten, schon tauchte der rotbraune Lockenschopf von Fiona auf, den Hannibal als erstes ausmachen konnte. Hannibal löste sich aus dem Schatten der Säule und schlenderte auf die Sklaven zu. "Salve!", grüßte er freundlich. "Ich bin Hannibal, der Sklave von Flavius Aristides. Seid ihr Fiona und Minna?", fragte er und sah von der einen schönen Frau zu der Anderen. "Du kannst mir den Korb geben!" Hannibal streckte die Hand aus, um den Korb zu ergreifen.

    Jetzt, wo schon ihr Herr in Sicht kam, hatte Hannibal sich einige Schritte hinter Cassim zurück fallen lassen. Er betrachtete nachdenklich den muskulösen Rücken des anderen Mannes. Mehr gedankenverloren, wegen der Worte, die Cassim ihm erwidert hatte. Er war recht froh, dann keinen orientalischen Herrn dienen zu müssen. Wenn er sich jedes Mal, wenn der Herr auftauchte, gleich in den Staub werfen musste. Schweigend blieb Hannibal erst hinter Cassim stehen als Aristides ihn ansprach, dann wanderte Hannibal einige Schritte weiter, direkt zu dem Fischteich. Dort angekommen blieb Hannibal stehen und hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Als ob ihn die ganze Unterhaltung nichts anging, verharrte Hannibal am Rande des Wassers. Obwohl Hannibal durchaus mit Neugier dem Ganzen lauschte.


    Es interessierte ihn nämlich durchaus, wo Cassim her kam und insbesondere, wie er in Gefangenschaft geraten war. Eine Gefangenschaft, die nun in der Sklaverei endete. Ob er darüber verbittert war? Ein rebellisches Glitzern und eine stolze Haltung hatte Hannibal ihm durchaus angesehen. Oder meinte, das zu erkennen. Er drehte sich nun doch langsam um und betrachtete die Beiden. Beides Soldaten, die auf zwei verschiedenen Seiten gekämpft hatten. Da war es doch vorhersehbar, daß das nur Ärger bieten würde. Überrascht blinzelte Hannibal sogar, als er die Drohung mit der Peitsche hörte. Auch das mit den Löwen. Schweigend wartete Hannibal und ließ seinen Geist in seinen eigenen Gedanken treiben, die er sich über seinen Herrn und auch Cassim machte.

    Nur die Wunde, die Cassim noch trug, betrachtete Hannibal einen längeren Augenblick lang. Dann sah er jedoch von Cassim weg, um ihn nicht an zu starren und betrachtete die Wasserpfütze, die sich an den Füßen des Parthers bildete. Viele kleine Tropen, die sich zu einem großen und glänzenden Rund zusammen taten. Ein weiteres Mal zuckte Hannibal lediglich mit der Schulter, als Cassim das mit der Rasur ablehnte. Er machte ein paar Schritte bis zur Tür und lehnte sich dort gegen den Rahmen. Die Arme vor der Brust verschränkt, wartete er geduldig darauf, dass Cassim sich noch rasierte. Wie Aristides so ist? Hannibal schwieg einen Augenblick lang und dachte über eine Antwort nach. Wie man einen Menschen in wenigen Worten zusammen fassen sollte, darüber sann Hannibal. "Er ist wie ein Herr nun mal ist. Natürlich erwartet er Gehorsam und Respekt von den Sklaven. Ansonsten ist er ein Hedonist. Er mag das Leben, gutes Essen und schöne Frauen!" Hannibal zuckte mit der Schulter. Wirklich viel erzählen wollte Hannibal nun doch wieder nicht über seinen Herrn. Insbesondere sich über die Schwächen und die Spinnereien jenes Mannes auszulassen. "Er hat etwas übrig für Wagenrennen, Gladiatorenkämpfe und die Jagd. Ganz besonders die Jagd. Aber für Theaterstücke ist er wiederum nicht zu gewinnen. Er ist recht sorglos oft, kann umgänglich sein und ist nicht von großem Jähzorn beseelt. Aber nett ist er wiederum auch nicht immer. Wie jeder Herr wohl. Zudem..." Hannibal verstummte und wollte noch etwas wegen Parthia anfügen, doch er befand, daß er genug erzählt hatte. "Nun, den Rest wirst Du selber sehen."


    Bis der Parther schließlich fertig war wartete Hannibal. Erst dann drehte sich Hannibal um und schritt aus dem Waschraum. Schweigend ging Hannibal voraus. Durch den Sklaventrakt und die angrenzenden Gänge, die immer noch recht schlicht wirkten und in so ein großes Anwesen und einer Villa nicht zu passen schienen. Doch dann fing sich die Umgebung an zu wandeln. Fresken überzogen die Wände der Gänge. Florale Muster, mythologische Darstellungen oder Heldenepen waren hier mit Farbe und von der Hand eines Meisters an die Mauern gemalt worden. Der Boden war nun mit roten, schwarzen und hellem Mosaiksteinchen oder Marmorplatten verziert. Auch an Marmorstatuen kam Hannibal vorbei. Die Gestalt eines ernsten Mannes, einer der Kaiser, schien ihm grimmig hinter her zu sehen. Schon wurde der Gang in helles Sonnenlicht getaucht als Hannibal sich seinem Ende näherte und in den Säulengang trat. Marmorne, sich nach oben verjüngende Säulen, mit goldenen Blattranken, die an ihrem Kapitel angebracht waren, hielten das Dach des Säulenganges. In der Mitte gedieh ein Garten, in dem schon zahlreiche Frühlingsblumen blühten. Aber ebenso auch ein Springbrunnen vor sich hin plätscherte. Doch auch dieses kleine Idyll ließ Hannibal ungeachtet hinter sich. Durch einen weiteren Gang und schließlich durch eine Pforte ging es hinaus in den großen Garten, der hinter der Villa lag und den Flaviern Erholung und Müßiggang bot, aber ebenso auch manch einem Sklaven, der hier schon sein Fest gefeiert hatte. Selbst ohne das Wissen der Herrn der Villa. Während Hannibal durch den Garten ging, sah er über die Schulter. "Ich habe gehört, bei euch Orientalen müssen sich die Sklaven auf den Boden vor ihren Herren werfen. Und ihre Stirn auf die Erde pressen. Stimmt das?"

    Mit einem Knappen nicken quittierte Hannibal die Antwort und trat hinaus in den Gang, um den Küchensklaven Bescheid zu sagen. Er selber blieb noch einen Moment in der Küche, schnitt sich ein Stück von einem alten und würzigen Käse ab und ging, langsam kauend, erst einige Momente später wieder zurück in den Waschraum für die Sklaven. Sich unschlüssig, ob er den Sklaven überwachen sollte, wegen dem Messer und Fluchtgefahr, verharrte Hannibal am Rande und beobachtete, wie Eimer für Eimer in den Zuber geschüttet wurde. Warmer Dampf stieg nach oben auf. Wie anders doch das Bad für die Herrschaft war, ein Marmorbecken, eine ausgeklügelte Konstruktion, damit das Wasser in einem warmen Schwall dort hinein floss. Wunderschöne Fresken an den Wänden, Mosaikböden und herrlich duftende Öle. Aber auch Hannibal war es wie den anderen Sklaven natürlich verboten, dort für das eigene Vergnügen den Fuß hinein zu setzen, geschweige denn dort zu baden. Hannibal löste den Blick von den weißen Dampfschwaden. Ein mattes Lächeln huschte über seine Gesichtszüge als er sah, was Cassim so freimütig tat. Hannibal ließ seine braunen Augen über das schweifen, was er dort sah. Das Lächeln wurde noch etwas breiter. Doch dann riß Hannibal seine Augen von dem durchaus interessanten Anblick ab und drehte sich um. "Ich komme wieder, wenn Du fertig bist, Cassim!", meinte Hannibal noch beim Hinausgehen. Womit er den Parther wieder alleine ließ.


    Somit ließ Hannibal tatsächlich Cassim lange Zeit im Bad und mit dem, voll heißen Wasser, gefüllten Zuber alleine. Erst eine Weile später kam Hannibal wieder in den Raum hinein und ging gemächlichen Schrittes auf den Zuber zu, um sich mit den Händen an dem Rand ab zu stützen. Mit einem unbestimmten und recht neutralen Gesichtsausdruck dieses Mal sah er auf Cassim herunter. "Wenn Du so langsam hier mit dem Bad fertig bist, Cassim, solltest Du Dich in Schale werfen!" Hannibal deutete mit dem Kinn auf die nicht wirklich prachtvolle Tunika. "Unser Herr möchte Dich gleich sehen!" Gleichwohl Hannibals Augenbraue erneut verdächtig zuckte, als er einen Blick auf den neuen Sklaven erhaschen konnte, beherrschte sich Hannibal, nicht allzu deutlich eine Regung zu zeigen. Er hatte schon den Germanen damit bis in die Grundfesten seines Seins wohl mit seinen Avancen verstört. Er wollte das bei dem Parther nicht gleich wiederholen. "Wenn Du willst, rasiere ich Dich. Wir haben leider keinen Spiegel hier in den Räumlichkeiten!" Was das Rasieren etwas schwieriger machte. Hannibal selber, der immer ein kleines Auskommen hatte und ein paar Sesterces sich zur Seite stecken konnte, pflegte sich ab und an bei einem Barbier rasieren zu lassen. Wer in der Stadt wusste schon, ob er ein Sklave war oder nicht? Außerdem interessierte es die wenigsten Barbiere, schließlich zahlte er sie auch für ihre Arbeit.

    Nur ein Kratzer? Hannibal wölbte seine linke Augenbraue in die Höhe. Solche Antworten hatte Hannibal nicht das erste Mal gehört. Aber dann wollte der Parther wohl keine Abhilfe dagegen. Der italische Sklave zuckte mit der Schulter als er die Antwort hörte. Aber immerhin, der andere Mann hatte sich nicht gleich, als er die Fesseln durchgeschnitten hatte, auf Hannibal gestürzt. Wenn er da an eine germanische Sklavin zurück dachte, die ähnlich der Freiheit entrissen wurde, war das hier doch schon mal ein Fortschritt. Zudem schien der Mann vom ganzen Verhalten her gesitteter zu sein als jene Wildkatze von damals. Und zögerlich schien Cassim ebenfalls nicht zu sein. Hannibal verschränkte die Arme vor der Brust und wartete, bis Cassim sich ein Bett ausgesucht hatte. Dabei sah er den Parther nachdenklich an. Einen römischen Sklaven hatte er besessen? Und jetzt war er der Sklave eines Römers. Die Götter spielten mit den Menschen schon ihre bitteren Streiche. Die Parzen waren nun mal oft grausam und glichen das Unglück wiederum nicht mit dem Glück wieder aus.


    Dass sich Cassim die Spuren der wohl langen Reisen von sich waschen wollte, war nicht nur verständlich, Hannibal hätte das ebenfalls noch angesprochen. Mit dem Kinn deutete er auf eine der beiden schweren Holztruhen. "Dort sind frische Tuniken. Du kannst Dir eine davon nehmen, Cassim. Dann führe ich Dich dorthin, wo Du Dich waschen kannst." Hannibal wartete einen Moment, falls sich Cassim bei der Kleidung bedienen wollte, dann drehte er sich um und ging wieder aus der Sklavenunterkunft hinaus, erwartend, dass ihm Cassim bestimmt noch folgen würde.


    Nicht weit durch den Gang schritt Hannibal und in den Raum, der den Sklaven als eine Art Balneum diente. Ein hölzerner Zuber stand in der Mitte, in dem man sogar baden konnte. Waschschüsseln, Tücher, die als Handtücher dienten lagen auf einem großen Tisch. Es war ebenso bescheiden wie in der Sklavenunterkunft, aber ein doch großer Raum, denn hier wuschen sich so einige Sklaven am frühen Morgen ehe sie mit dem Tageswerk begonnen. Da es nun mitten am Tag war, befand sich außer den Beiden, Hannibal und Cassim, nun niemand in dem Raum. Hannibal ging auf einen Schrank zu, den er öffnete und alles hervor holte, was man für eine anständige Rasur brauchte, ein scharfes Rasiermesser und Öl, damit das Messer nicht so hart über das Gesicht fuhr. Alle zwei Gegenstände legte Hannibal auf den Tisch, neben einer der Waschschüsseln und dem Krug, der auch mit Wasser gefüllt war. "Du solltest ein Bad nehmen!", meinte Hannibal und sah kurz zu dem Zuber. "Ich würde zwei Sklaven aus der Küche schicken, daß sie Dir den Zuber füllen." Halb fragend sah Hannibal den Parther an.

    [SIZE=1]Da der Sklavenhändler wohl anderweitig beschäftigt ist, mache ich mal weiter ^^ Geld müsste überwiesen sein.
    ______________[/SIZE]




    Es war nicht zu leugnen, aber Männer, die diesen wilden und störrischen Ausdruck in ihren Augen trugen, gefielen Hannibal nun mal außerordentlich gut, sie hatte einen rauhen Charme, den wenige Männer besaßen. Womöglich fand er sie deswegen so interessant. Schon bei dem germanischen Sklaven in der Villa war es Hannibal zu ergangen. Diesen Glanz meinte Hannibal auch bei dem Parther zu sehen. Na, ob sich sein Herr damit nicht ein Kuckucksei ins Nest geholt hatte? Einfach zu bändigen würde der bestimmt nicht werden. Aber im Grunde war das doch immer so mit Sklaven, die vorher den Geschmack der Freiheit genossen hatten. Das Zucken um Hannibals Mundwinkel wurde etwas breiter. Zudem bedachte er den Sklaven mit einem ganz eigenen, interessierten Glanz in den Augen. "Cassim? So. Nun, Du wirst ab jetzt den Flaviern dienen, aber Du wirst mehr in der Villa erfahren." Hannibal ließ seine Augen an den Sklaven hoch und runter schweifen, ehe er anfügte. "Ich würde nicht auf den Gedanken kommen, schon hier abhauen zu wollen, Cassim." Es sei denn, er wollte bereits heute den Geschmack der Peitsche auf seinem Rücken spüren. Hannibal wartete, bis die zwei Männer heran gekommen waren. Die Custodes waren zwar aus keiner altgedienten Sklavenlinie, wie Hannibal, aber dafür Männer, die ihre Verlässlichkeit schon bewiesen hatten und wohl damit hofften, eines Tages ihre Freiheit zu verdienen. "Kritios?", meinte Hannibal zu dem einen Custos. "Pass auf den Sklaven auf, damit er nicht glaubt, schon am ersten Tag türmen zu können." Kritios, ein Mann mit einem wahrhaftigen Stiernacken und dunklen, kurzen Haaren nickte stumm und mit verschlossener Miene. Hannibal obliess Cassim für den Moment den beiden breitschultrigen Leibwächter, die ihrerseits abschätzig und taxierend den Neuen für die Villa musterten.


    Hannibal schob sich durch die Menge, um sich bis zu Aristides vor zu arbeiten. Mit dem wechselte er einige Worte, nickte zwei Mal, dann drehte er sich um und kehrte wieder zur Tribüne zurück. Da sein Herr noch mit dem anderen Senator, den Hannibal sofort wieder erkannt hatte von der Verlobungsfeier, in einer Unterhaltung vertieft zu sein schien. "Wir brechen auf!" Hannibal wandte sich an den zweiten Sklaven, der eher der germanische Typus war. "Duribista, Du bleibst bei unserem Herrn, Kritios, Du kommst mit mir mit!" Beide Sklaven nickten, während Duribista sich von ihnen entfernte und zu den Sänftensklaven begab. Hannibal sah zu Cassim. "Komm' mit, ich bringe Dich erstmal in die Villa Flavia. Deinen neuen Herrn wirst Du später kennen lernen." Hannibal deutete Kritios, den lydischen Sklaven, daß er hinter Cassim gehen sollte, dann drehte sich Hannibal um. Seine Schritt lenkten sich vorbei an der Sänfte und den vielen Menschen. Immer wieder warf er dem parthischen Sklaven einen Blick zu, falls dieser sich doch verselbstständigen wollte. Seine eigene Hand war an den Dolch gelegt. Erst als sie aus dem dichtesten Gedränge heraus waren, begab sich Hannibal an die Seite von Cassim und schritt weit aus, um in Richtung Villa Flavia zu streben.

    Schon vor längerer Zeit hatten sie das Drängen der Menschen auf den Märkten verlaßen und sich durch die Straßen von Rom geschlagen, der Hauptstadt, aus der so manch einer der Soldaten stammte, die noch vor wenigen Wochen im fernen Parthia gegen die feindlichen Truppen gekämpft hatte. Während Hannibal einige Schritte vor jenen parthischen Kriegsgefangenen lief, der das Pech hatte dadurch in die Sklaverei gekommen zu sein, sah er immer mal wieder über seine Schulter zu dem Mann zurück. "Sprichst Du besser Griechisch oder Latein?", fragte Hannibal als er die Straße entlang schritt, die an der Villa Flavia vorbei führte. Vorbei an dem Tor ging Hannibal, das zur Porta der Residenz führte. Denn jener Eingang war etwas für die Herrschaften und Besucher. Hannibal marschierte weiter an der Mauer vorbei, die mit eisernen Spitzen versehen war. Die die Diebe der Nacht abhalten sollten, aber auch störrischen Sklaven die Flucht erschwerten. Dahinter waren die Wipfel so mancher Bäume zu sehen, die um die Villa herum gepflanzt waren, damit sie den Bewohner Schutz vor dem nächtlichen Lärm boten. Über den Seiteneingang, einer großen Hofeinfahrt, betrat Hannibal das Gelände, den Sklaven im Schlepptau und immer darauf achtend, dass jener sich nicht davon machte oder gar versuchte, ihn mit den Fesseln zu erwürgen.


    Vorbei an den Stallungen kamen sie und direkt auf den Eingang zu, der für Lieferanten, Angestellte und eben auch Sklaven gedacht war. Einige Kieselsteine knirschten unter Hannibals Sandalen, als er sich dem Nebeneingang näherte und schließlich die Tür öffnete. Erneut ging er voraus und in die weniger prachtvollen Trakte der großräumigen Villa, die mehr vorne ihre Prunkräume hatte, ebenso die Cubicula der verschiedenen Herrschaften. Hannibal führte den neuen Sklaven direkt in einer der Sklavenunterkünfte, ein Raum, der kaum schmuckloser sein konnte. Nur schmale Fensterschlitze ließen Licht von Draußen in das Innere des Raumes, in denen gut ein Dutzend Menschen schlafen konnten. Holzkisten standen hier, in denen Stroh gestreut war, das als Nachtlager für die Sklaven dienten, schlicht und schmucklos. Zwei Truhen säumten die Wände, in denen grobe Lacken aufbewahrt wurden, zu dem auch frische Sklaventuniken. Hannibal ging bis zur Mitte des Raumes und dreht sich dann zu Cassim um. Seine Hand wanderte zu seinem Gürtel, wo Pugio und Caestus steckten. Er zog den Dolch hervor, der gerade geformt war und keinerlei Verzierungen aufwies, dafür umso schärfer war. Ohne ein Vorwort zu sprechen, trat Hannibal auf Cassim zu und durchschnitt mit einer schnellen Gestik das Seil. Dann steckte Hannibal den Dolch wieder in die dunkelbraune Dolchscheide, die an seinem Gürtel hing. "Das hier wird Dein neues Zuhause sein, Cassim. Die Villa Flavia." Hannibal deutete mit seinem Kinn auf einer der Lager, die auch nur mit Stroh gefüllt waren, drei von ihnen schienen noch frei zu sein. "Du kannst Dir hier ein Lager aussuchen, wo Du nächtigst. Was mein Herr mit Dir vor hat, weiß ich auch nicht, darum werde ich Dir kaum sagen können, was Deine Aufgaben sind!" Hannibal verstummte und betrachtete den Parther aufmerksam von oben bis unten. Dabei eher auf andere Dinge achtend als die strammen Waden oder die gute Figur, die der andere Mann machte. "Du bist verletzt?", fragte Hannibal darum.

    Patrizierbeschäftigungsprogramm war keine einfache Tätigkeit als Sklave. An manchen Tagen wünschte sich Hannibal, sein Herr hätte wieder Arbeit, die ihn in Beschlag nahm. Aber so musste sich Hannibal tagein und tagaus mit darum kümmern, dass sich sein Herr nicht langweilte. Auch so an diesem Tag, als Hannibal hinter der Sänfte her lief. Obwohl er eigentlich mit anderen Dingen beschäftigt war. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt und nachdenklich war er. Immer wieder blieb er stehen, wenn die Sänfte anhielt. Ab und an gab Hannibal mal einen lustlosen Kommentar zu dem ab, was sein Herr kaufen wollte. Immerhin hatte dieser ihn heute nicht geschickt, damit er für seine Familie oder die Verlobte Geschenke kaufen musste. Weil dieser mal wieder keine Ahnung hatte, was er denn schenken sollte. Hannibal blieb vor einigen Duftflaschen länger stehen und hob eine goldene und silberne Phiole in die Höhe um die ölige Tinktur darin zu betrachten und sie unter seine Nase zu halten. Nach Sanddorn roch das Öl, was Hannibal gut gefiel. Schon tauschte er einige Münzen aus mit dem Händler, nachdem er lange und breit darum gefeilscht hatte. Als er sich umdrehte, war die Sänfte weg. Ärgerlich seufzte Hannibal. War mal wieder typisch, dass sein Herr nicht auf ihn wartete. Die Phiole ließ Hannibal in eine lederne Tasche gleiten, die er umhängen hatte. Dann machte er sich auf, die Sänfte zu suchen. Immerhin war diese deutlich markanter als wenn sein Herr nur durch die Menge humpeln würde. Bei den Stoffen fand er sie nicht, ebenso wenig bei den süßen Früchten. Erst dann ging es ihm auf, wo sein Herr noch nach einem süßen 'Früchtchen' suchen würde und steuerte umgehend den Sklavenmarkt an.


    Nicht sofort, aber recht bald fand Hannibal die Sänfte endlich. Aber nicht dort, wo er sie eigentlich erwartet hatte. Aber immerhin waren sie schon bei der Exotenecke. Gerade hörte Hannibal ein Gebot, das doch klar und deutlich sich wie die Stimme seines Herrn anhörte. Zielgerichtet steuerte Hannibal darauf zu und kam auch prompt zur Sänfte an. Er warf einen Blick auf die Bühne und sah, was dort angeboten wurde. Ein Sklave? Keine Sklavin? Verwundert starrte Hannibal auf den Rücken von Aristides. Neben Hannibal raunte ein Mann: "So viel Geld gebe ich doch nicht für einen Sklaven aus.", während ein Anderer erwiderte: "Die Parther sind heiß begehrt, Titus!" Ein Parther?, dachte Hannibal erstaunt und sah erneut von Aristides zur Bühne. Da hatte sein Herr lange Zeit in Parthia gekämpft um sich, gleich nach seiner Ankunft, einen parthischen Sklaven zu kaufen? Was für ein Abersinn. Hannibal schüttelte den Kopf und wollte seinen Herrn von dieser Verschwendungssucht abbringen. "Marcus...?", setzte Hannibal an, doch zu spät. Erneut bot Aristides und hatte wohl den Zuschlag gemacht. Außerdem schien er Hannibal gar nicht zu beachten. Schon humpelte sein Herr davon und Hannibal stand noch immer bar vor Erstaunen neben der Sänfte. Was soll's?, dachte sich Hannibal und bahnte sich durch die Menschenmenge. Schließlich hatte sein Herr den Mann gerade erworben und Hannibal gedachte, den Sklavenhändler auch zu bezahlen.


    Hannibal kramte in der Tasche und zog es schließlich hervor, das flavische Siegel. Über jenes konnte Hannibal recht großzügig verfügen, denn sein Herr vertraute ihm die finanziellen Dinge an. Mit dem Siegel nahm Hannibal eine Tabula, die den Träger dazu befähigen würde, sich das Geld zu holen, was dieser bekommen sollte. Aber wer trug schon fast dreitausend Sesterces mit sich herum? "Hier ist das Geld, Sklavenhändler. Du kennst das ja. Ach, übrigens..." Hannibal musterte den Mann taxierend. "Sollte demnächst ein junger Mann mit einer Bulla um den Hals hier her kommen, der den Namen der Gens Flavia trägt, dann solltest Du es Dir drei Mal überlegen, ob Du ihn beleidigst. Er ist wohl kaufkräftiger als die meisten Römer hier in der Stadt, Sklavenhändler. Zudem aus einem Patriziergeschlecht. Also hüte Deine Zunge, wenn Du sie nicht am Titusbogen genagelt sehen willst. Haben wir uns verstanden, Sklavenhändler?" Hannibal sah den Mann eiskalt an. Er wollte dem Mann keine Zweifel lassen, dass die Drohung auch wahr gemacht werden würde. Aber wo kamen sie hin, wenn schon Peregrini anfingen die Patriziersöhne zu beleidigen? Und das auch noch auf offener Straße.


    Dann wandte sich Hannibal dem Sklaven zu und betrachtete ihn von oben bis unten. Nun, er sah wirklich nicht übel aus. Etwas geschunden sah er schon aus. Aber dass Hannibal dort einen gut aussehenden, einen sehr gut aussehenden Mann vor sich hatte, erkannte er durchaus. Hannibals Mundwinkel hoben sich eine Nuance. "Wie heißt Du?", fragte Hannibal den Sklaven Cassim, während sich schon zwei der Baiaeleibwächter näherten, die Aristides in letzter Zeit immer mit nahm. Serenus hatte sie wohl noch mitgebracht. "Nehme ihm die Fußfesseln ab, Sklavenhändler, die an den Händen lasse noch vorerst dort, wo sie sind!"


    Die Sonne war bereits vor ein paar Horae hinter den Horizont gefallen, hatte sich in einem flammenden Schein jenseits der irdischen Oberfläche begeben, um der Nacht den Einzug über das Land zu gewähren, schwarz und dunkel war sie nun gekommen und legte ihren schützenden, finsteren Umhang über die Stadt, nur um Selene einen schwachen Einblick auf die ewige Hauptstadt zu gewähren, denn nur als schmale Sichel stand sie am Himmel, um noch in den nächsten beiden Tagen ganz zu schwinden und nur noch den Sternen das ätherische Leuchten am Himmel zu überlassen. In vielen Straßenzügen Roms war es auch genauso dunkel wie in den Wäldern und den Sümpfen rings um die Stadt. Kein Licht erhellte den Weg dort und keine Fackel zeigte dem nächtlichen Wanderer den Weg. Doch was sollte der brave Handwerksmann schon zu dieser Stunde in der Stadt? Schlief nicht der ehrbare Bäckermeister, der in wenigen Stunden bereits aufstehen musste, um den Teig zu walken und die Brotleiber in den Ofen zu stecken, damit die frühen Aufsteher, die schon im Morgengrauen zu ihrer Arbeit eilten, noch schnell das warme Brot zu sich nehmen konnten, ein karges Frühstück, ehe sie hart arbeiten würden? Trieben sich nicht nur zwielichtige Gesellen und Menschen, mit arglistiger Intention, jetzt noch durch das nächtliche Rom? Gingen zu dieser späten Stunde nicht nur Prostibulae, Meretrices oder Pueri cauponii ihrer nächtlichen Beschäftigungen nach, darauf wartend, dass doch einige 'ruchlose' Römer zu ihnen kamen, um sich den nächtlichen Lastern hinzugeben? Womöglich war dem so, doch auch noch andere Menschen trieben sich nachts in der Stadt herum, Menschengrüppchen aus den unteren Schichten, die sich in manch einer Popina die Zeit vertrieben, fehlte ihnen doch, im Gegensatz zu der reichen Oberschicht, auch die Räumlichkeiten für private Feiern. Aber auch Männer der Oberschicht waren in der Stadt anzutreffen. Ältere, die immer noch den Kitzel in der Nacht suchten, oder Jüngere, die die Stadt erforschen wollten getreu dem Motto 'Nippe, Jüngling, den Kuss von den blühenden Lippen des Mädchens; gönn' es den Greisen, die Stirn mürrisch in Falten zu ziehen!'


    Doch auch jemand ganz anderen zog es heute in die Nacht hinaus, es war Hannibal, der sich aus der Villa Flavia geschlichen hatte, um sich dem nächtlichen Treiben anzuschließen und einer Verabredung nachzukommen. Ohne Fackel und ohne Laterne war er durch die Straßen von Rom gegangen, sich bewusst, dass ihm eine Fackel mehr Ärger eingebracht hätte als Nutzen. Still und ruhig lag das Forum Romanum nun vor ihm. An seinem Rücken spürte er die Reliefs des großen und mächtigen Titusbogen, der den Eingang des Forums markierte und an den gelehnt Hannibal nun wartete. Schwarze lange Schatten zogen die Gebäude vor seinen Augen. Und über dem Forum schienen die wichtigsten Hügel der Stadt zu thronen und das einstig politische Zentrum der Stadt erdrücken zu wollen, die kleien Curia, eingekeilt zwischen Palatin und Kaisersforen. Selbst wenn Hannibal von da, wo er stand, die Hallen des Senates nicht sah, umspielte seine Lippen ein hauchdünnes Lächeln als er über die Symbolkraft der Architektur nachdachte. Seine Augen schweiften über die Paläste am Palatin entlang zum Capitolium und der Arx. Ganz ruhig war es auf dem Forum nicht, immer mal wieder hörte Hannibal die Stimmen anderer Männer oder mal Schritte in der Ferne. Er sah das Leuchten von einem Fackelzug, wohl reiche Herrschaft, die von einem Gelage nun nach Hause kehrten und sich von ihren Sklaven den Weg leuchten ließ. Hannibal hatte die Arme vor der Brust verschränkt, er spürte den Stoff seiner dunkelroten Tunika, die mit einem braunen Gürtel gehalten wurde, unter seiner Hand, darüber lag sein schlichter Überwurf, den er immer des Nachts trug und der seinen Dolch am Gürtel zu verbergen wußte. So harrte Hannibal, der wohl etwas zu früh gekommen war, an den Titusbogen gelehnt dem entgegen, den er in dieser Nacht zu erwarten gedachte und der ihm eine kleine Nachricht am Nachmittag hatte zukommen laßen.

    Schwarz und fasrig krochen die Wolken am nächtlichen Himmel entlang. Noch schwärzer als das Firmament das Licht aufsaugte, nur unterbrochen von einem silbrig schimmernden Mond, der sein Licht geisterhaft auf die Bäume scheinen ließ. Wie Knochen wirkten die Stämme, wie Gerippe ihre Kronen und wie fleischlose Finger das Geäst, das sich in den Himmel streckte und immer wieder erzitterte, wenn der Wind durch die Zweige spielte. Ein Kauz ließ seinen Ruf ertönen. Irgendwo in den schwarzen Verzweigungen, ohne selber sichtbar zu werden. Es raschelte leise im Unterholz. Gebannt von dem Mysterium des alten Ortes war Hannibal näher an den steinernen Schrein getreten. Seine Fingerspitzen berührten den kalten und schroffen Stein. Er fuhr an der Kante entlang und zu dem vorderen Teil, in denen Vertiefungen zu spüren waren. Es gab immer fleißig Hände, die den Stein von Flechten und Moos befreiten, so dass die Gravuren gut zu spüren waren. Kantig, eckig und unverständlich. Die alten Schriftzüge erkundend, lauschte Hannibal der jungen Frau. Was wir an diesem Ort unter Umständen treffen und erzürnen könnten? Hannibal drehte sich zu dem blonden Mädchen um. Sein Gesicht zeigte deutlich sein Amüsement über die Worte, die er gerade vernommen hatte. "Was wir an diesem Ort treffen könnten?" Einen skeptischen Kommentar unterdrückte Hannibal dann jedoch. Es war nicht so, dass Hannibal nicht an Geister oder übermenschliche Kreaturen glauben würde. Aber er brachte dem üblichen Geschwätz sehr viel mehr Skepsis entgegen als sein Herr oder manche Mitsklaven es taten. An manchen Tagen jedoch schwankte Hannibal sogar im Glauben daran, ob es überhaupt Götter gab. Hannibal konnte sich viel mehr mit dem Gedanken anfreunden, den schon Männer wie Thales von Milet hervor gebracht haben. Oder auch die Gedanken des Aristoteles. Vielleicht war das auch der Grund, warum Hannibal selber sich nicht zu einem Opfer an die Götter entschließen konnte, noch dem Bedürfnis mancher Sklaven folgte, die sich einem Sklavenkult anschlossen. Oder gar den Christen. Aber wer wußte schon, was eine solche Nacht bringen konnte und womöglich besaß Asny ein sehr viel feineres Gespür für solche Dinge als Hannibal


    Seelenruhig griff Hannibal in seine Tasche und zog eine kleine Öllampe hervor. Aus Ton geformt und in der Gestalt eines Bären. Hannibal entzündete schweigend die Lampe. Die kleine Flamme züngelte aus dem Maul des Bären hervor. Hannibal hob die Lampe und direkt über den Sockel, der von den Schriftzeichen verziert wurde. "Siehst Du das, Asny?" Die Flamme strich mit ihrem schwachen Licht über die eckigen Schriftzeichen. Immer wieder tanzte sie hin und her, wenn der Wind mit ihr spielte. Sie warf Schatten, erleuchtete und verdunkelte mit ihrer winzigen Flamme, die die Dunkelheit des Waldes natürlich nicht anzutasten wusste. "Das sind etruskische Schriftzeichen. Ich kenne diese Schriftzeichen allzu gut." Selbst wenn Hannibal nicht genau wusste, was sie bedeuteten, so war er doch ihrer Harmlosigkeit wegen nicht besorgt. Insbesondere was den Ort anging. Hannibal richtete sich auf und nahm das schwache Licht von der Schrift. "Die Etrusker standen den Römern nahe, sehr nahe, selbst wenn einiges von ihnen sehr fremdartig ist. Aber sogar die Götter sind sich sehr ähnlich. Dieser Schrein ist zwar nicht vom römischen Kult abgesegnet, aber er ist dem Göttertrias geweiht und war es in alter Zeit dem Gott Laran." Unbeeindruckt strich Hannibal über den Altar, der ihn nicht im Mindesten das Fürchten lehrte. Er sah in den dunklen Wald, der durch das wenige Licht in seiner Hand noch umso schwärzer wirkte. Es waren mehr die weltlichen Gefahren, die Hannibal in Sorge versetzte. Obwohl eher ein Skeptiker, war Hannibal durchaus gespannt, ob nicht doch etwas passieren könnte. "Wir sollten uns aber mehr um das Irdische Gedanken machen. Nicht, dass uns am Ende noch die Cohortes Urbanae aufgreift." Sie waren abseits genug von der Straße, um von dort auch nicht gesehen zu werden, selbst wenn sie Lichter entzünden wollten. "Aus dem Grund dachte ich mir, dass ein abgelegener Schrein besser ist als einer, der direkt am Wegesrand liegt oder gar in der Stadt. Meinst Du nicht auch, Asny?"


    Ein kleines Intermezzo:
    Nur einige Schritte entfernt, womöglich sogar sehr viele Schritte, aber fast noch in Steinwurf, huschte tatsächlich etwas höchst Irdisches vorbei. Vier Gestalten, in dunkelgrauer Kleidung gehüllt, darunter ledernen Schutz verbergend. Einer der Männer blieb stehen als er das flackernde Licht auf der Lichtung bemerkte. Er legte einen Finger an seine Lippen und deutete seinen Kumpanen, die mehr wie Schemen in der Dunkelheit wirkten, still zu verharren. Langsam trat der Mann über das Laub und die Äste hinweg und lehnte sich gegen einen Baum am Rande der Lichtung. Seine Augen hafteten sich auf die Drei in der Mitte und auf das Tier. Er zog die Augenbrauen zusammen und ballte die Faust, doch dann wandte er sich ab und verschmolz sofort wieder mit der Dunkelheit. "Was ist?", fragte ihn einer der Männer leise als er zurück kam. "Nichts, nur ein paar Verrückte mal wieder. Zu schade. Ist auch eine Frau dabei. Hätte gerne gesehen, ob es die sind, die sich dort immer nackt ausziehen und tanzen." Er erntete damit bei den anderen Männern ein leises Glucksen, nur eine Gestalt zischte leise und kalt. "Still! Wir haben zu tun. Kommt schon!" Schon schlichen die Gestalten weiter bis zum Rande der Straße, nicht unweit von dem Fleckchen Erde, wo Hannibal und Asny abgebogen waren, um zu dem Schrein zu gelangen. Die Gestalten sahen sich auf der Strasse um, einer ging voraus und ein Flüstern ertönte noch im Wind. Doch als sie sich in Richtung des Flussufers begaben, vermischte sich das Raunen ihrer Stimmen mit dem Wispern des Windes und verklang, so wie die Gestalten verschwanden.


    Zurück zu Hannibal und Asny, ebenso zu Milios und dem armen, namenlosen Kalb:
    Hannibal stellte die Öllampe auf dem Schrein ab und unterdrückte mühsam ein Seufzen. Auf was hatte er sich nur eingelassen? Zudem mochte er es ganz und gar nicht, wenn eine junge Frau wie Asny einen solch belehrenden Ton anschlug. Eine junge Frau, die doch, selbst wenn wie belesen sein mochte, gerade mal halb so alt wie er war. Hannibal warf dem Mann, der sie begleitet hatte, nur einen schnellen Blick zu, ehe er fragend zu Asny sah. "Dein Opfer ist ein ungewöhnliches Vorhaben für eine Sklavin. Somit sind wir auch zu ungewöhnlichen Orten gezwungen, Asny. Der Schrein ist den Göttern geweiht. Möchtest Du das Opfer alleine vollführen? Oder kann ich Dir noch helfen?" Seine Nasenflügel blähten sich auf, als er tief die Luft in sich hinein saugte und einfach abwartete. Es war ihr Opfer, es war ihre Entscheidung was sie wollte. Seine Hilfe oder nicht. Der Schrein oder ein Anderer. Der Schrein in der Nähe des Diana-Tempels war mehr als ungünstig, denn das Muhen des Kalbes könnte einer der dort lebenden Priesterinnen wecken und das Trara wäre laut und unangenehm.

    Still entzog Hannibal seinen Daumen wieder den Lippen von Faustus. Nachdem er das Spiel mit den Zähnen genossen hatte. Der Kosenamen, mit den ihn Faustus bedachte, amüsierte Hannibal im Grunde. Doch nur eine Nuance eines Schmunzeln zeigte sich auf seinem Gesicht. Auch Hannibal löste sich von Faustus und stützte seine Hand wieder an der Mauer ab. "Gerüchte?" Hannibal nickte leicht. Gerüchte, eventuell eine Reise nach Rom? Das war wohl das Los eines Soldaten. Hannibal war immer wieder froh, kein Soldat zu sein. Er taugte für solche Dinge auch nicht. "Dann, Faustus, schöner Faustus, weißt Du ja, wo Du mich findest!" Hannibal beugte sich vor, legte leicht seine Lippen auf den Mund von Faustus und löste sich jedoch sofort von ihm. Ihn nicht aus den Augen lassend, strich er Faustus über die Wange und fuhr mit der Kante seiner Hand sanft an seinem Hals entlang. "Victoria uti nescis!", fügte Hannibal an. "Beschwöre lieber nichts falsches, schöner Faustus!" Mit einem Lächeln auf den Lippen ließ Hannibal die Hand sinken und löste sich von Faustus. "Bis in Rom!" Hannibal machte einen Schritt zurück, wandte immer noch nicht die Augen von dem schönen Soldaten ab, und machte einen weiteren Schritt in Richtung des belebten Hafens, dann war er schon wieder mitten im Gedränge der Hafenanlagen. Das Licht der am Zenit stehenden Sonne leuchtete auf seinen Rücken. Warm und angenehm fühlte es sich an. Eine Frau lief eilig an ihm vorbei. Hannibal drehte sich um und verschwand in der Menschenmenge.


    Der Weg zurück in die Taverne war nicht weit, so fand Hannibal schlussendlich doch zu seinem Herrn zurück. Er aß dann doch noch einige Bissen von dem Eintopf. Einige Vorbereitungen mussten getroffen werden, während sein Herr wohl noch mit Legionsangelegenheiten beschäftigt war. So blieb Hannibal genügend Zeit einen Wagen auf zu treiben. Schließlich konnte Aristides wohl kaum Reiten. Und als sich die Sonne dem Nachmittag zu neigte brach er schließlich mit seinem Herrn auf, um den Weg auf das flavische Landgut in der Nähe zu wählen. Dort, wo sie die erste Nacht verbringen würden, bei dem Vater der verstorbenen Leontia, Flavius Aetius. Und schon kurze Zeit später waren sie auf dem Weg nach Rom.

    Brüchige Wand kratzte an Hannibals Hand, mit der er sich an der Mauer abstützte. Das Treiben des Hafens, der Menschen und der wiehernden Pferde der Reiterei trat immer mehr in den Hintergrund. Geschützt in dieser Gasse, wie ein kleines Refugium inmitten eines Ozeans von Menschen und Geräuschen. Hannibal ließ seine Hand an Faustus entlang wandern und schob sie in die Lücke zwischen Mauer und dessen Rücken. So den jungen und feschen Soldaten haltend, zog er Faustus mit der Hand an sich heran, presste sich aber gleichzeitig an seinen Körper. Erbötig ließ Hannibal die Lippen einander treffen, ebenso öffnete er seinen Mund. Mit wachsendem Verlangen ließ sich Hannibal in dem Kuss treiben. Seine Atem, durch die Nase gepresst, ging immer stosshafter. Hannibal schloss seine Hand fest um den Stoff und krallte die Finger dort hinein. Lüstern erbebten seine Nasenflügel als er die Hände von Faustus an sich spürte und sein Kuss wurde noch verlangender. Hannibal drängte den jungen Mann noch etwas fester gegen die Wand, wobei seine eigene Hand schon schmerzhaft gegen den rauen Putz kratzte und die Haut aufschürfte. Aber den Schmerz spürte Hannibal nicht. Hannibal löste die Hand, mit der er sich noch eben an der Wand abgestützt hatte. Die er nun nicht mehr brauchte, da er sich gegen Faustus lehnte. Seine Finger glitten zu dem Saum der soldatischen Tunika und schob diese ein wenig nach oben. Mit dem Daumen strich er an der Innenseite des, welch Wunder, muskulösen Schenkels entlang, dabei leicht mit dem Daumennagel an der Haut entlang kratzend.


    Während der impulsive, der affektive Anteil in Hannibal den Kuss auskostete und nicht von Faustus ab ließ, keimte es an einer anderen Stelle in seinem Bewusstsein. Es war jener Teil, der immer ein wenig von ihm distanziert war. Der die Situation betrachtete, als ob er ein Fremder war, und doch an allem beteiligt, wie ein Bruder von Hannibal. Und jener Teil betrachtete Faustus mit Skepsis. Jene Versicherungen, die Hannibal nicht bezweifelt oder in Frage gestellt hatte, wurden von ihm mit kritischem Blick hin und her gewälzt. Und dieser Aspekt von Hannibal war es, der solche Lügen verabscheute und hasste. Jener Geist wurde angewidert durch leichtfertige Versicherungen und Worte, die nicht wirklich so gemeint waren. Aber noch, das wusste dieser Anteil, würde ihm der gefühlsbetonte Res cogitans des Hannibal nicht glauben. So blieb es bei einem leisen Murren im Hinterstübchen, was jedoch nicht die wilden und hohen Wellen erreichte, die Hannibal gerade bewegten, nach all der Zeit, die von düsteren Wolken um sein Gemüt bestimmt war.


    Hannibal löste sich schwer atmend. "Faustus, mein schöner Faustus!", raunte er und beugte sich vor. Atemlos ließ er seine Lippen erneut mit denen von Faustus treffen. Um sich abermals zu lösen. "Dann sollte...", begann er und brachte den Satz nicht zu Ende. Denn während noch seine Hand unter der Tunika höher wanderte, vergrub Hannibal seine Lippen an Faustus' Hals. Leidenschaftlich küsste er ihn dort und biss ihn an den Ansatz, wo die Tunika begann. "...ich Dich vielleicht nicht..." Schnell fuhr der Atem über das Gesicht des Jüngeren als Hannibals Mund wieder dicht vor seinem Antlitz schwebte. "...aufhalten?" Hannibal zog die Hand von der Wand hervor, erneut schürfte er sich die Haut ab und fuhr mit seinem Daumen über die feuchten Lippen von Faustus. "Kommst Du bald nach Rom?", raunte Hannibal.


    Silbrig schimmerte Selene am schwarzen Firmament. Weiß und flau schickte sie ihren milchigen Glanz durch den scheinbar undurchdringlichen Äther, um das Diesseits schwach zu beleuchten. Ohne zu Zaudern hatte Hannibal den kleinen Trupp durch die nächtlichen und unbeleuchteten Straßen von Rom geführt, bestehend aus Asny und den seltsamen Kerl, den sie mitsamt des stattlichen Kalbes angeschleppt hatte. Er war den gefährlicheren Vierteln ausgewichen, hatte auf Laterne oder Fackeln verzichtet. Immer mal wieder wurde ihr Weg jedoch durch die störrischen Ausreißer des Kalbes unterbrochen. Ab und an fluchte Hannibal leise und kaum hörbar durch seine Zähne hindurch, sah sich misstrauisch in den Gassen um, immer bereit seinen Dolch zu ziehen. Denn nicht nur Fuhrwerke bewegten sich des Nachts durch die Straßen, sondern auch jene Gesellen, die sich nicht mit den Beuteln der reichen Herrschaft am Tage ab fanden. Die nicht vor einem niederträchtigen Mord zurück schreckten, wenn sich ein Mann oder gar eine Frau leichtsinnig auf die Straßen der Stadt begaben. Schon schälte sich aus der Dunkelheit das monumentale Gebäude des Marcellus- Theaters heraus, umrahmt von einem schwarzen Himmelsdom, beleuchtet von den Sternen und der Mondesscheibe. Hannibal hielt darauf zu, ließ das halb runde Theater dann jedoch zu seiner Linken liegen um in der Straße daneben weiter zu laufen. Immer mal wieder sah er zu Asny zurück und war erstaunt, wie ruhig sie schien. Aber eigentlich hatte er bisher an ihr wenige Züge entdecken können, die eigentlich für eine junge Frau typisch waren. Die Sklavin erstaunte ihn immer wieder. Aber Hannibal wandte sich um und schenkte Asny wenig Beachtung, denn sie würden über die Tiberinsel die Stadt verlassen und die Tiberinsel war um diese Zeit immer noch genug bevölkert.


    Schon trat er mit seinen Füßen auf die Brücke, die sich über den mächtigen Tiber hinweg streckte. Zahllose Gesellen tummelten sich hier. Aufschneider, Messerstecher, die ihre Frauen 'beschützten'. Frauen, die an dieser Stelle auf diejenigen warteten, die noch weniger Geld hatten, um einen Lupanarbesuch zu bezahlen oder auch so manch eine Frau, die in die Sänfte einer der ganz Reichen stieg, damit er ja nicht in einem Lupanar gesichtet wurde. Hannibals Hand ruhte jetzt an seinem Dolch, er drückte den Strick Milios in die Hand und ging der kleinen Gruppe voraus. Zwei Frauen, deren Gesichter stark geschminkt waren, ihre Wangen schienen in der Dunkelheit rot zu leuchten und ihre Lippen waren nicht minder angemalt, tuschelten leise. Die Jüngere von den Beiden grinste und rief mit heller Stimme, die etwas nasal klang. "Na, habt ihr euer Vieh net verkauf'n können?" Ein breitschultriger Mann mit Glatze und eine Narbe quer über das Gesicht schlendert wie zufällig heran und blieb neben den Frauen stehen, Hannibal und Asny, ebenso Milios mit den schmalen Augen fixierend. Hannibal musterte den Mann abschätzig, ein Hauch von Erkennen zog über Hannibals Gesicht und im selben Augenblick ebenso auf dem des Mannes. Der blinzelte verblüfft und ließ dann seine Mundwinkel nach oben wandern. "Ist das nicht die liebreizende Chrysantha?" Bellend lachte der Fremde, verstummte jedoch sofort als er sah, dass Hannibal ein Stück von seinem Dolch hervor zog. Hannibal sah hinter sich und zu Asny. Ohne ein Wort zu sagen marschierte Hannibal weiter, deutlich missmutiger als noch zuvor. Aber eisern schweigend. Hinter sich vernahm Hannibal noch das kichernde Gelächter der beiden Frauen, ehe er seinen Fuß auf die Tiberinsel setzte, um zwischen den Häusern entlang zu ziehen.


    Dem Äskulaptempel schenkte Hannibal wenig Beachtung, er strebte über die nicht sehr große Insel und erneut über eine Brücke. Die Zeit schien sich unendlich lange zu dehnen, wie zähe Wachstropfen bewegte sie sich, um langsam in einem trägen Strom sich nach vorne zu schieben. Lange schien es zu dauern, bis sie endlich die Häuser von Rom hinter sich gelassen hatten und auf der gepflasterten Via Aurelia entlang kamen, um endlich ihr Ziel zu erreichen, was bis anhin nur Hannibal kannte. Das laute Lärmen der Fuhrwerke, die nun endlich durch die Straßen rollen durften, um Waren zu Mann und Haus zu bringen, die den Römern die Nachtruhe raubten, verhallten langsam. In seinem Rücken rauschte der Tiber, breit und träge. Er blieb einen Augenblick lang stehen und sah sich zu der Stadt um, die durch den Schein zahlreicher Häuser in einen schwachen Lichtschein eingerahmt wurde. "Es ist nicht mehr weit!", verkündete Hannibal und schritt forsch aus. Die Bäume raschelten um sie herum, wenn der Wind durch die Blätter strichen. Graufahl wirkte das Laub der immergrünen Bäume, der Zypressen und Pinien, die ihren würzigen Duft ausstrahlten. In der Ferne waren die Geräusche von Nachttieren zu vernehmen, eine dunkle Silhouette strich über den Himmel und verschwand in den Zweigen der säumenden Bäume. Hannibal ging an einem Meilenstein vorbei, der auf der Rückseite den Namen Roma eingemeißelt trug. Noch einige Minuten vergingen, in denen Hannibal der Straße folgte, bis er schließlich auf einen schmalen Weg deutete, den er einschlug. Es wurde schlagartig dunkler als sie unter den Zweigen entlang schritten, durch die Selene schwer zu dringen vermochte. Immer mal wieder knackte ein Ast, Hannibal strich mal mit der Schulter an Zweigen entlang, die sich nach vorne bogen und dann leise zurück schnappten. Irgendwo im Wald schien eine andere Silhouette von einem mit einer kleinen Kuppel versehenen Bau zu stammen schien, aber dorthin wandte sich Hannibal nicht.


    Silbrig schimmerte Selene und brach durch das Dach der Zweige als diese Bäume ihrem Drängen nach zu geben schienen und sich zu einer Lichtung ausweiteten. Eine Lichtung, in der in der Mitte ein steinerner Schrein stand, ein großer und klobiger Klotz, der schon aus alter Zeit zu stammen schien, womöglich sogar schon von den Etruskern als Heiligtum genutzt wurde. Derart waren auch die Gestalten, die den Altar zierten, von grober Machart, der Sockel trug Schriftzeichen, die von den Menschen heute nicht mehr verstanden wurde. Das Gras um den Altar war welk und trocken und der Stein an manchen Stellen tief rot verfärbt als ob schon seit vielen, vielen Generationen das Blut hier floß. "Das ist der Schrein!", fügte Hannibal an. Er sah sich auf der Lichtung um und betrachtete die Bäume, die mit ihren noch kahlen Ästen in den Himmel stachen und sogar noch schwärzer als der Äther wirkten. Hannibal blieb einige Schritte vor dem Altar stehen und sah zu Asny. Es war ihr Opfer, darum wartete er darauf, was sie zu tun gedachte!

    Zitat

    Original von Lucius Annaeus Florus
    ...


    Im IR: NEIN.
    Grund siehe Oben, simOFF-Zustimmung des simOFF-Gens-Verwalters.
    Allerdings kann man ja noch immer nach der Freilassung eine Adoption durchführen, falls man seinen Freigelassenen in seiner Gens will.
    ...


    Sehr schön, schon einige Dinge klarer. Danke.


    Aber ein Nachfragen hätte ich dann doch noch. Also verstehe ich das richtig? Das mit dem Anhängsel an den Namen der Gens ist lediglich eine SimOff Regelung, aber nicht SimOn unmöglich?


    Hypothetischer Fall: Der SimOff Verwalter gibt seine Zustimmung, dass der Sklave den Gensnamen tragen darf. Müsste es dann nicht auch im IR gehen?
    Es gibt bei den Patriziern ja auch die Möglichkeit einen plebejischen Zweig zu eröffnen. Bei den Flaviern gibt es das auch, die imho wenig mit den Flaviern oder gar nichts mit ihnen zu tun haben, aber dennoch den Namen der Flavier tragen. Könnte man das nicht auch in ähnlicher Form im IR mit den Libertini angehen? Dass ein Libertinus dahinter steckt, kann man ja auch, für das SimOff, schließlich an der Signatur sehen.


    War das mit dem Sklaven von Cicero wirklich nur eine 'Ausnahme'?
    Wenn man das weiter denken würde, würde das ja bedeuten, dass die späteren Nachfahren von dem Sklaven, sofern er Kinder zeugt, dann auch den Namen tragen. Erhielten die Kinderskinder nicht auch die vollen Bürgerrechte? Sprich, gab es dann viele Gentes mit der Endigung?



    Das mit der Adoption erscheint mir doch wenig schlüssig, denn dann müsste doch der Adoptierte auch die Bürgerrechte erhalten und es wurde eine solche Option im IR doch immer ausgeschlossen, oder?