Zitat
Original von Rediviva Helena
Helena, der Eretha immer noch folgte, betrat mit einem warmen Lächeln den Eingangsbereich. Sie selbst hatte keine weiteren Bedenken gehabt, als der Praetorianer ihre Sklavin nicht weiter verwies und hatte sie einfach mitgenommen. Da sie noch immer sehr ängstlich war, kam es ihr nur gelegen, dass Eretha an ihrer Seite blieb.
Sie war ihrer Herrin in das Innere des Palastes gefolgt und mit jedem Schritt nahm das mulmige Gefühl zu. Auf der Straße, im Wald, auf einer Wiese, dort fühlte sie sich sicher, weil sie die Natur kannte und wusste, welcher Geruch, welches Geräusch zu welchem Ereignis gehörten. Hier aber war alles anders. Die Kleidung dieser Römer war teuer, sie rochen sogar teuer, und die leise Art, wie sie sich bewegten, verriet ihr, dass diese Menschen sich hier weit mehr zuhause fühlten als sie es selbst jemals tun konnte. Andere Sklaven hätten sie vermutlich um diese Gelegenheit, mit wirklich wichtigen Personen zusammen zu treffen, beneidet, aber die Amazone fühlte sich ohne eine Waffe und ohne eine gewisse grundlegende Orientierung im Palast einfach nur unwohl.
Ihr Blick glitt über die Anwesenden und taxierte sie nacheinander. Dass ihre Herrin sich mit einem Mann unterhielt, den sie nicht kannte, verlief nur mit einem sehr misstrauischen Seitenblick der Leibwächterin, aber sie schritt nicht ein, schien doch etwas mehr als nur Höflichkeit zwischen den beiden zu existieren, letztendlich verrieten sie ihre Blicke dann doch. Einer ihrer Mundwinkel zuckte kurz empor, dann machte sie sich daran, die anderen Gäste zu betrachten - Soldaten ebenso wie Zivilisten. An den Männern, deren Körperbau kämpferische Erfahrung verriet, blieb der Blick etwas länger hängen, und sollte sie selbst beobachtet werden, dürften wohl einige Dinge grundlegend auffallen: Sie trug eine kurze, saubere weiße Tunika aus gutem Stoff, als sei sie unter Soldaten, welche den Blick auf ihre muskulösen Arme und Beine frei ließ, ebenso auch auf die vielen kleineren und größeren Narben, die für einen kundigen Beobachter als die Rückstände eines kämpferischen Lebens erscheinen mussten. Einfache Ledersandalen rundeten das Bild ab, die Augen blickten klar und wach drein, und das schwarze Haar war streng zu einem Zopf zurückgebunden. Inmitten dieser römischen, distinguierten Gesellschaft musste die Amazone wirken wie eine schief sitzende Toga beim Kaiser - nicht gerade alltäglich.