Beiträge von Eretha

    "Sie hätten nur dann Grund, mit Waffengewalt gegen ihre Herren vorzugehen, wären sie schlecht behandelt worden," gab sie ruhig zu bedenken und verspeiste den letzten Krümel des hellen Brots. "Spartakus wollte irgendwann zuviel, glaube ich. Soweit ich diese Geschichte verstanden habe, war ihm die Freiheit nicht mehr genug, und dann kamen die Legionen. Ich verstehe nach wie vor nicht, wieso Dein Volk einen Mann wie Pompeius bewundert, der sechstausend Menschen entlang der Straße kreuzigen ließ ...aber es gibt vieles, das ich bei den Römern wahrscheinlich nie verstehen werde." Sie lächelte schief und betrachtete ihn eine Weile lang aufmerksam.


    "Hier? Ich weiss es nicht. Mein Wort bindet mich an meine Herrin, bis sie mich wegschickt - ich versprach, ihr Leben zu schützen, und das werde ich tun, bis sie mir dieses Versprechen erlässt. Danach ... ich weiss es nicht. Es gibt hier nichts, was ich tun könnte. Vielleicht sehr lange reiten, mir das Land ansehen ... aber ich habe keine Pläne. Wenn man nicht frei ist, plant man nicht mehr. Dieses Vorrecht ist den Römern gegeben, die unsere Ketten geschmiedet haben." Sie blickte kurz auf die Finger, um zu nicken. "Es hat gut geschmeckt. Genau richtig."

    "Ich fürchte, mit deiner Meinung über bestimmte ... Praktiken ... stehst Du ziemlich alleine da, aber sie ehrt Dich. Es gibt nicht viele Römer, die offen das Verhalten anderer verurteilen, die sich an Wehrlosen vergehen. Dürften Sklaven Waffen tragen, wäre das alles sicher anders, aber ... es ist, wie es ist." Sie aß das letzte Stück der Fleischscheibe und leckte sich sorgfältig die Finger sauber, um kein Stück des Aromas zu vergeuden, dann säuberte sie wie schon zuvor die Finger mit dem Brot und begann, auch dieses zu essen. "Es bringt nichts, darob einen Gedanken zu verlieren, denn die, die es tun wollen, werden es auch weiterhin tun, und die anderen tun es eben nicht."


    Sie streckte die Beine ein wenig aus und wippte bedächtig mit einem Fuß auf und ab. "Kultur ... es ist eine Lebensweise, die unserer Tradition entspricht, und so werden wir auch weiterhin leben, solange auch nur eine freie Frau Themiskyra verteidigt. Wir haben uns nie danach gesehnt, viel zu besitzen, wir wollten einfach nur in alle Ruhe so leben, wie es unserer Tradition entspricht. Ich wünschte, ich könnte wieder dort sein, aber ich glaube nicht daran, dass ich jemals wieder zurückkehren werde. Als Kriegerin bin ich entehrt und hier gilt ein Sklave weniger als nichts ... egal, wie gut oder schlecht sein Charakter ist. Ich glaube nicht, dass sich irgendein Römer auch nur ansatzweise vorstellen kann, was es bedeutet, nicht frei zu sein. Sonst gäbe es keine Sklaven mehr."

    "Bei uns gibt es durchaus Wein, aber nur, wenn man ihn geschenkt bekommt - wir betreiben keinen Ackerbau und müssen solche Dinge handeln. In Themiskyra selbst werden solche Waren natürlich benutzt, es gibt auch angesiedelte Bäuerinnen um die Stadt herum, aber das eigentliche Leben einer Amazone besteht aus dem Kampf und dem Reiten ..." sie legte den Kopf etwas schief. "Ich mag den Wein nicht besonders, er macht schnell betrunken, und ich bin nicht daran gewöhnt. Die meisten benutzen ihn eher dazu, eine Frau willig zu machen, die nicht willig ist - zumindest haben das meine früheren Herren gern bei den anderen Sklavinnen getan," meinte sie recht freimütig und blickte ihn ruhig an.


    "Die Steppe ... sie ist endlos, so weit, dass man tagelang reiten kann und darin zu ertrinken glaubt," meinte sie schließlich nach einer längeren Pause, die Augen halb schließend, damit er den wehmütigen Ausdruck darin nicht entdecken konnte. "Tagsüber ist das Klima mild bis rauh, im Sommer kann es sehr heiss werden, dann verbringen wir viel Zeit damit, nach einem Wasserloch zu suchen und solche Dinge - im Winter wird es kühl und wir suchen uns einen Ort, an dem wir in Frieden überwintern können, ohne viel herum ziehen zu müssen. Die meisten Stämme haben ein Winterlager, in dem sie sich einfinden, wenn es kalt wird." Sie aß schnell weiter, die weiteren Erinnerungen in neuen Bissen Fleisch erstickend. "Wir haben keine Häuser, und keine Kamine, wir leben unter freiem Himmel, und die Sterne sind uns Licht."

    "Es klingt trotzdem sehr seltsam ... bei uns gibt es wenigstens normale Tage und Nächte, und bei uns wirft auch keiner Baumstämme durch die Gegend. Holz ist viel zu teuer und kostbar für so einen Freizeitspaß," meinte die Amazone und schüttelte etwas den Kopf. Diese Kaledonier würde sie jedenfalls sicher nie verstehen, so etwas sinnloses - da gab es doch bessere Möglichkeiten, die eigene Kraft zu erproben und vor allem, keinen allzu großen Schaden in der eigenen Umgebung anzurichten. Sie biss abermals von ihrem Fleischstück ab und wischte sich die fettglänzenden Lippen mit dem Handrücken sauber.


    "Na, Dein Liebesleben geht mich auch nichts an, aber ich dachte immer, es würden alle Römer so tun. Ich habe das nie anders erlebt," erklärte sie trocken und zuckte dann die Schultern. In der langen Reihe ihrer Herren war es zumindest so gewesen, und irgendwie hätte sie es auch nicht anders erwartet - dass er sich dagegen so vehement verwehrte, war eher erstaunlich. "Sie alt ich bin, weiss ich nicht, wir zählen die Sommer selten, aber ich würde vermuten, dass wir im etwa ähnlichen Alter sind. Es dürften etwa dreissig Sommer sein, vielleicht ein paar mehr, aber meine Mutter konnte es mir nie sagen, weil sie ebenfalls nicht gezählt hat." Dann blickte sie ihn etwas aufmerksamer an. "Was willst Du wissen? Meine Lebensgeschichte? Wie Dein Volk mir die Freiheit nahm, mich verletzte, vergewaltigte und in Ketten schlug?" Die Brauen Erethas hoben sich etwas an.


    "Du wirst vielleicht verstehen, dass ich nicht unbedingt scharf darauf bin, einem Römer meine Schande zu berichten." Zu der Weinfrage schüttelte sie kurz den Kopf. "Ich trinke keinen Wein. Er macht den Geist schwach und den Körper willig."

    "So ein Land gibt es doch nicht," meinte Eretha und schüttelte heftig den Kopf. "Du veralberst mich, weil ich nicht so viel gereist bin wie Du, aber das ist nicht gerecht. Wie soll denn da etwas lebendiges wachsen, wenn es ein halbes Jahr hell und ein halbes Jahr dunkel ist? Da kann doch kein Mensch leben." Sie wischte sich an dem Brotstück die Finger ab und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn, bevor sie die zweite Fleischscheibe anging und zu kauen begann. Das war bestimmt die Rache dafür, dass sie ihre eigene Geschichte erzählt hatte. Thule! Zumindestens phantasievoll war er, das musste man ihm lassen, aber er sollte sich nicht so leicht auf die Schliche kommen lassen. Eine Lüge, die der Wahrheit nahe kam, glaubte man viel eher.


    "Baumstämme ...die Kaledonier müssen wirklich stark sein, wenn sie mit Bäumen werfen, aber dann gibt es dort sicher auch so viele wie in Germanien. Holz ist in meiner Heimat viel zu kostbar, als dass man es einfach herumwerfen würde, weil man gerade Lust darauf hat." Sie runzelte etwas die Stirn, aß dann aber weiter, ihn dabei beobachtend. Das Frauenthema schien nicht so ganz seine Sache zu sein, dafür sprang er viel zu schnell wieder in die andere Richtung, und während sie ihn betrachtete, wunderte sie sich ein wenig darüber, dass er anscheinend keine Frau fand. Bei den Römern herrschten, was das anbelangte, ohnehin seltsame Sitten - man heiratete, bekam Kinder und mochte sich meistens nicht einmal, aber man lebte trotzdem zusammen. Sie würde es nie verstehen, wie man sich freiwillig ein solches Leben suchen konnte - zudem sah er nicht schlecht aus. "Dann gehst Du auch zu den Sklavinnen?" fragte sie, immerhin kannte sie es nicht anders. Ein Römer mit Bedürfnissen lud sie eben bei denen ab, die sich nicht wehren durften.


    "Wir reiten schon früher, als wir laufen lernen," meinte sie dann ausweichend. "So hat meine Tochter schon sehr klein gelernt, mit Waffen und Pferden umzugehen. Sie hat sicher bald ihr erstes Sommerwendfest, ich denke, es ist die Zeit dazu ... das erste Fest, mit Männern gemeinsam," erklärte sie auf seinen Blick hin. "Ich bekam sie nach meinem dritten Sommerwendfest und das ist ...hm ..." sie zählte es an den Fingern ab. "... fünf-zehn Sommer lang her."

    Langsam trat eine weitere Person in den Empfangsraum und blieb, die Arme verschränkend, an einer Säule im Hintergrund stehen. Die Gestalt der Amazone dürfte auch einem halbblinden Ignoranten verraten, dass hier potentieller Ärger wartete, wenn man sich im Haus der gens Rediviva nicht benahm - ihre muskulösen Schenkel und Oberarme, von diversen hellen Narbenstrichen geziert, waren unter der kurzen Tunika deutlich genug zu sehen. Sie sagte nichts, sie stand nur da, hinter ihrer Herrin, und schwieg, den Besucher betrachtend - aber ihr Körper sprach die deutliche Sprache, die zumindest einem Grundüberlebensinstinkt eines anderen signalisieren mochte, keine unüberlegten Handlungen zu begehen. Daphne indes huschte eilig los und beeilte sich, das angewiesene zu holen - ein Tablett mit einer Schale Obst und einem Becher voll gefüllt mit Wasser. Einen Krug bekam der Fremde nicht, immerhin sollte er nicht glauben, so lange willkommen zu sein, dass er den Krug Wasser hätte leeren können.

    "Ich fürchte, nein. Deine Mutter wäre bestimmt dagegen, dass Du Dein Leben in Gefahr bringst, nur um eine Theorie zu überprüfen - und was ist ein Tier gegen einen Menschen?" Die Amazone sah das relativ pragmatisch - aber wer sich bei langen Dürreperioden ohne Wasserstellen in der Steppe vom Blut des eigenen Pferdes nährte, um überleben zu können, der sah eben viele Dinge vollkommen anders als ein im behüteten Reichtum aufgewachsenes Mädchen aus guter Familie.
    "Ich denke, Küken werden uns am schnellsten zeigen, was wir wissen wollen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass nicht irgendein Nachbar hier Hühner hat. Wenn es in diesem Haus wirklich jemanden gibt, der Deiner Mutter Übles will, sind wir verpflichtet, diese Person zu finden und sie dingfest zu machen - damit nicht noch mehr Übel geschieht. Verstehst Du das?" Sie blickte Minervina ernst an, auf eine seltsame Weise entschlossen.

    Sie lauschte seiner Geschichte schweigend und aß dabei, merkend, dass ihr Körper auf die ungewohnt fleischige Nahrung mit einem leisen Grollen im Magen reagierte. Ihre vorherigen Herren hatten den Sklaven Fleisch nicht zugestanden, und der römische Einheitsbrei aus irgendwelchen Körnern war ihr seit Jahren zuwider, wenngleich er auch sättigte und Kraft gab. Die einzige jedoch richtige Nahrung, wie sie es empfand, war Fleisch, wie sie es von klein auf gewöhnt war. Und dieses Fleisch hier in der Taverne, ungesalzen, ungewürzt, wie sie es bevorzugte, schmeckte so sehr nach Kraft und Steppe, dass sie kurz die Augen schließen musste, um den wehmütigen Ausdruck der Augen zu verbergen.


    Ihr Gegenüber schien mit Appetit zu essen, was sie begrüßte, sie mochte es nicht, wenn ein kräftiger Mann glaubte, sich selbst mit allzu viel Zurückhaltung kasteien zu müssen - man nannte das 'Stoa', wie sie bei einem ihrer früheren Herren hatte lernen müssen, aber das war doch keine Ernährung für jemanden, der seine Kraft brauchte. "So weit im Norden war ich noch nie," erwiederte sie und schluckte den gekauten Bissen Fleisch herunter. "Nördlicher als Germanien kam ich nie, und ich bin froh darum, es ist so eiskalt dort. Und es regnet fast dauernd, und überall Bäume!" Sie schüttelte eilig den Kopf, Germanien war wirklich kein Land nach dem Geschmack der Amazone gewesen. Da kam ihr das wesentlich baumärmere Hispania schon eher zu Gemüte. "Aber wie kann das sein, ein Tag mit zwanzig Stunden? Wann schläft man dann? Es ist doch dann viel zu hell," überlegte sie und ass lieber weiter, bevor sie zuviel über so etwas nachdachte. Das klang schon reichlich bizarr, was er da erzählte, und ihr Blick verriet auch eine gewisse Skepsis. Wollte er sie nun veralbern?


    "Hast Du keine Kinder, keine Frau? Ich dachte immer, dass das bei Deinem Volk wichtig ist, schnell eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen," fragte sie dann und wich dem offensichtlichen Blick des Valens aus. So leicht wollte sie sich die Würmer nicht aus der Nase ziehen lassen und sie war sich sicher, noch viele Fragen finden zu können, um ein Gespräch über ihr eigenes Leben zu vermeiden. "Und was macht ein Scriba? Nur schreiben? Das stelle ich mir ziemlich langweilig vor."


    Sim-Off:

    also ich hätte ihn jetzt so zwischen 30 und 35 geschätzt - liegt am Bart ;) der lässt einen fast immer älter wirken als man ist.

    Tudmicen hatte die richtigen Sachen ausgewählt - das von Valens gewünschte Frühstück war wohl eindeutig für einen römischen Gaumen zusammengestellt worden und enthielt neben dem Brot, dem Ei mit Speck und dem Wasser auch eine Schale mit Oliven und ein kleines Schälchen Garum, dem wohl universellsten Würzmittel seiner Zeit, falls ihm das Aroma nicht stark genug sein würde. Erethas Teller sah ganz anders aus - zwei dicke Scheiben Fleisch, frisch angebraten, dazu ein Stück Brot, damit schien die Amazone deutlich leichter zufrieden zu stellen sein als jeder sonstige Kunde. Sie hob den Blick etwas zu Valens an, und für einige Momente lang mochte er das Echo der Traurigkeit noch erblicken können, das ihre Gedanken zuvor umklammert gehalten hatte. Sie atmete leise ein, betrachtete ihn einige Momente lang und setzte sich dann etwas auf - auf einer Kline liegen war einfach undenkbar, also benutzte sie die Liege als Sitzmöbel, nur eben ohne Rückenlehne.


    "Wenn Du sie noch immer erzählen willst, höre ich Dir zu. Zumindest weiss ich jetzt, dass Du im Norden warst und dass Du kein Kämpfer zu sein scheinst." Der Kontrast zum melodischen Wohlklang ihres griechischen dürfte nun noch deutlicher zutage treten, denn das Lateinische aus ihrem Mund klang hart, kratzig und deutlich fremdartig, hier merkte man ihr den Akzent einer anderen Herkunft deutlich an. Sie tat sich keinen Zwang an, griff eine Scheibe Fleisch mit der Hand und begann langsam, fast mechanisch, zu essen.

    Sie sagte nichts zu seinen Worten, denn sie konnte es nicht. Das Gesicht Erethas offenbarte einen seltenen Ernst, der ebenso eine deutliche Traurigkeit in sich trug, eine Traurigkeit, die so alt war wie ihr Sklavenleben selbst. In den ersten Jahren hatte sie die Römer gehasst, aber inzwischen war dieser Hass abgeflaut. Es waren zu viele, und sie waren zu stark - genauso hätte man gegen die Gewissheit des Todes am Ende eines Lebens kämpfen können, es hätte genausowenig Sinn gemacht. Dass er weggelaufen war und es so offen und freimütig zugab, konnte sie nicht verstehen, aber ... sie hatte es inzwischen aufgegeben, die Römer verstehen zu wollen.


    "Fleisch," sagte sie und blickte zu Tudmicen hinauf, als jemand, der einem Reitervolk entstammte, würde er wissen, was sie wollte, ernährte man sich dort doch hauptsächlich von Fleisch, gesammelten Früchten und Milch der Stuten. Viel mehr gab es ohnehin auf der Steppe nicht zu essen, und keines der Reitervölker war jemals ansässig genug gewesen, um sich um den Ackerbau zu kümmern, von dem sie alle glaubten, er würde einen Krieger nur verweichlichen. Noch immer blickte sie Valens nicht an, sondern starrte geradeaus auf den Boden, die Bilder unterdrückend, die sich in ihrem Hinterkopf unwillkommenerweise bildeten und auch nicht vorüberziehen wollten.

    Oh, wunderbar. Ein gebildeter Römer war ihr da über den Weg gelaufen, besser hatte sich der Tag wirklich nicht entwickeln können. "Vergiss es einfach," murmelte sie und war für einen kurzen Moment in absoluter Versuchung, sich einfach nur davon zu machen und den Römer sitzen zu lassen - das Dumme an der Sache war nur, dass er ihren Namen kannte und auch ihre Herrin. Das nächste Mal würde sie sicherlich nicht mehr so dumm sein, solche Dinge gleich zu Beginn eines Gesprächs zu sagen, das schwor sie sich.


    "Es gibt Amazonen, wie ich es Dir bereits gesagt habe. Aber wir legen wenig Wert auf Aufsehen und noch weniger darauf, unsere Geschichte in die Welt zu verbreiten. Dein Volk, Matinius Valens, ist nicht gerade zimperlich, wenn es glaubt, eine Gefahr zu sehen, selbst wenn es keine gibt. Denkst Du, ich habe Vergnügen daran zu denken, dass irgendwann mein ganzes Volk versklavt sein könnte? So etwas wünscht sich niemand." Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihn direkt an, das Gesicht war ernst geworden und zeigte eine abweisende Miene - nicht das weiche Gesicht einer anschmiegsamen Hausfrau, hier blickte er tatsächlich in die Augen einer Kämpferin, wenngleich einer, die sehr genau wusste, wann ein Kampf im Grunde verloren war.

    Der Laden war deutlich teurer und besser als alles, in dem sie jemals im römischen Reich selbst hatte essen können - ihre bisherigen Herren hatten sehr darauf geachtet, sie im Haus zu behalten, und nirgends sonst, in sofern waren ihre Erfahrungen mit dem ausgehen und Essen kaufen nicht allzu groß. Dass sie sich auf eine Kline legen sollte, registrierte sie jedoch mit einer gewissen Verwirrung. Hatte der Mann keine Sklaven? Es stand nur den Römern zu, auf diesen bettartigen Sitzgelegenheiten die Mahlzeit einzunehmen, und Sklaven bekamen für gewöhnlich einen höllischen Ärger, wenn sie es versuchten - also setzte sie sich an die äusserste Kante des Möbelstücks und blickte sich fast misstrauisch um. Irgendwo hier lauerte bestimmt Ärger - dass er sich allerdings in Form eines Mannes aus ihrer Heimat manifestieren sollte, hatte sie dann auch nicht erwartet.


    "Hast Du denn keine Ehre und keinen Stolz, diesen Römern alles zu erzählen, was unserer Kultur wichtig ist?" fauchte sie Tudmicen in fließendem, deutlich melodischer klingendem Griechisch an, die Augen zusammenkneifend. Was für ein Idiot! "Sie glauben uns doch ohnehin nichts, also behalte für Dich, was Du weisst." Leise seufzte sie innerlich und blickte den Steppenreiter fast giftig an, entspannte sich dann aber sehr langsam wieder - immerhin war das jetzt eine Überraschung der eher unliebsamen Art gewesen. Nun wieder ins eher heiser-kratzige Latein gewechselt, antwortete sie nur: "Mir scheint diese Stadt ein Treffpunkt für verlorene Seelen aus dem Osten zu sein."

    Sie folgte dem Römer, fast ein wenig kopfschüttelnd über seine plötzliche Eile - man sollte sich eben nie von den Bedürfnissen des eigenen Körpers knechten lassen. Aber so waren sie eben, die Römer, dachte Eretha und schmunzelte, während sie sich der Stadt näherten.

    Dieser Römer war wirklich gut darin, einer klaren Antwort auszuweichen, soviel war sicher - aber was hatte sie auch von einem Römer erwartet? Langsam zog sie beide Brauen auf der Stirn in die Höhe und blickte ihn abschätzend an. Frühstück klang ausgesprochen gut, und wenn er unbedingt bezahlen wollte, dann erwuchs ihr daraus auch kein allzu großer Nachteil - schuldig sein wollte sie keinem Römer etwas, soviel war sicher.


    "Ich habe noch Zeit, so früh am Morgen braucht mich meine Herrin nicht," antwortete sie und schob sich von der Klippe, sich nun wieder aufrichtend, ohne wirklich zu registrieren, dass die leichte Tunika durch die Nässe der Gischt fast an ihrem Körper klebte - und nun keinen Zweifel mehr darüber zuließ, dass sie auch unter dem Stoff durchtrainiert war wie ein Krieger. "Aber Du musst vorangehen, ich kenne mich nicht so gut aus."

    "Meine Geschichte ist meine Geschichte," beharrte Eretha und trat etwas beiseite, um sich gemütlich auf die Kante eines aufragenden Klippenteils zu setzen, die Beine etwas ausstreckend, die von der hinauf klatschenden Gischt immer wieder befeuchtet wurden und von abertausend winzigen Wassertröpfchen zu schimmern begonnen hatten. "Du musst sie nicht glauben, wenn Du das nicht willst, genauso wie ich manche römische Geschichten nicht glaube." Sich mit einer Hand abstützend, neigte sie sich etwas vor, um das im Wind peitschende Haar zurückzustreichen.


    "Aber wenn Du meine Geschichte seltsam findest, warum fragst Du dann nach dem Vater meiner Tochter und meiner Tochter selbst? Denkst Du, Dir erscheint alles glaubhafter, wenn Du mehr über mich erfährst? Ich denke eher, Du hast Dir Dein Urteil schon gebildet - dass Du mir nicht glaubst - und dass alles, was ich sage, dieses Urteil nicht verändern wird. In sofern ist es doch ganz und gar unnötig, Dir mehr zu erzählen." Sie kickte mit der Sandale ein Steinchen weg und blickte ihn aufmerksam an. "Ausserdem weiss ich über Dich ja auch nichts. Wenn Du etwas über mich wissen willst, wirst Du mir auch dafür etwas über Dich erzählen müssen."

    "Ich meine die Steppenreiter," sagte sie schmunzelnd und schüttelte dann den Kopf. "Oder glaubst Du wirklich, dass wir uns mit Sagengestalten paaren? Mit Pferdeleibern und Männerkörpern? Ich weiss ja nicht, ob Du schon einmal einen Blick auf einen Hengst geworfen hast, aber allein ein guter Blick für die Natur sollte Dir schon sagen, dass das unmöglich ist." Sie stemmte eine Hand in die Seite und blickte ihn grinsend an. Auf was für Ideen diese Römer manchmal kamen, es war doch kaum zu glauben. Echte Kentauren!


    Sim-Off:

    wir können auch eine eile Pause machen ;) der Thread läuft ja nicht weg.

    "Ich weiss nicht, wer es war, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es versucht wurde," sagte Eretha langsam und blickte das Mädchen ernst an. Sie wirkte so gedankenvoll, dass sie deutlich älter aussah, als sie sein mochte, vielleicht dreizehn, vierzehn Sommer alt? In diesem Alter verheirateten manche römischen Familien ihre Kinder bereits, überlegte Eretha, und für einen flüchtigen Moment empfand sie fast etwas wie Mitgefühl. Sie schien so jung zu sein, mehr noch Kind als Frau - und zu hören, dass jemand ihrer Mutter Schlechtes wollte, musste hart für sie sein.


    "Und bevor wir überlegen, wer es gewesen sein könnte, müssen wir wissen, ob es wirklich Gift war oder nicht." Sie stellte den Becher beiseite und begann, die übrigen Becher genauer in Augenschein zu nehmen, die noch neben ungespülten Tellern und Schüsseln standen - kaum zu glauben, wieviel Geschirr sich in diesem Haushalt anzusammeln schien bisweilen. Zwei andere Becher, die ebenso zu passen schienen, nahm sie noch aus dem Stapel hervor und blickte sich dann um. "Wenn es hier keine Tiere gibt, dann haben sicher die Nachbarn welche ... kannst Du vielleicht zu einem der Nachbarn gehen und sie fragen, ob sie drei Katzen haben? Oder kleine Küken oder sowas, Tiere, die Wasser trinken oder Milch ...sonst kann ich meine Theorie nicht überprüfen."

    Als die junge Minervina eintrat, war ihr Blick wachsam zur Türe geglitten, aber ihre Gestalt entspannte sich merklich, als sie das Mädchen erkannt hatte. Sie wirkte aufgewühlt, aber wäre Erethas Mutter es so schlecht gegangen, hätte sie sich selbst sicher auch nicht viel besser gefühlt. "Nun ja ... wenn Du mir helfen möchtest, können wir gemeinsam herausfinden, was Deiner Mutter zugestoßen ist," sagte sie langsam und drehte den Becher in ihren sehnigen, kräftigen Fingern. "Gibt es hier im Haus vielleicht einen siechen Hund oder eine kranke Katze? Denn wenn darin wirklich Gift war, sollte es das Tier erlösen, wenn nicht, verschwenden wir kein Leben sinnlos auf eine falsche Überlegung." Sie blickte Minervina erwartungsvoll an - die meisten Kinder kannten die im Haus ansässigen Tiere besser als die Hausverwalter selbst, das lag in der Natur der Sache.

    Während sie seinen Worten lauschte, entspannte sich ihre Miene mehr und mehr - und schließlich lachte sie laut heraus, musste gar einige Momente lang einfach stehen bleiben und kichern, denn die in ihrem Kopf auftauchenden Bilder verursachten ihr einen nachhaltigen Lachkrampf im Zwerchfell. "Verzeih, ich lache nicht über Dich ... aber stell Dir einmal vor, was passiert, wenn Du wirklich eine wohlgeborene Frau im Arm hältst und wegen ihrem Puder niesen musst. Meinst Du, die Farbe blättert dann in Staubwolken ab und am Ende hast Du eine ganz andere Frau vor Dir als am Anfang? Es wäre sicher ein sehr seltsames Bild ..." Sie schüttelte kichernd den Kopf und blinzelte ihm vergnügt zu. "Die meisten Römerinnen hocken doch ohnehin viel zu sehr im Haus, die meisten sind bleich wie geschältes Ahornholz ...naja, jedem, wie es ihm gefällt, für mich wär' das nichts," meinte sie und zuckte mit den Schultern. "Ohne Sonne kann man doch nicht leben und ohne die Nähe zur Erdmutter genausowenig."


    Dass er dann ihren Traummann wissen wollte, ließ sie wieder etwas ruhiger werden. "Ich habe keinen Traummann ... wir Amazonen leben nicht mit Männern, und wenn man sich trifft, dann für das Liebeslager, in der Hoffnung, dass man ein Kind empfängt. Unsere Männer sind die Kentauren, die wie wir wild durch die Steppen ziehen und sich vor allem um ihre Pferde kümmern ... eine Tochter aus solch einer Begegnung bleibt bei uns, ein Sohn wächst bei den Kentauren auf und wird selbst einer, so bleiben beide Stämme stark. Ein Mann muss stark sein, um mir zu gefallen, und kein Idiot ... er sollte etwas stolzes an sich haben ... aber die äussere Erscheinung, nunja. So wichtig finde ich das nicht. Entweder sein Wesen hat etwas einnehmendes, oder eben nicht." Wieder zuckte sie mit den Schultern, ganz, als hätte dieses Thema wirklich nicht viel Wichtigkeit für sie.

    Der Gedanke an ihre Tochter liess ihre Züge für einige Momente lang weich werden, ein leichtes Lächeln zeigte sich gar auf den eher herben Zügen der Amazone. "Nun, sie ist noch frei, zumindest ist das das letzte, was ich von ihr vernahm - und sie führt unseren kleinen Stamm nun an meiner Stelle, wie es für sie gefügt war. Wenn die Muttergöttin ihr gnädig ist, wird sie niemals eine Sklavin sein, wie ich es geworden bin. Dafür bete ich jeden Abend."


    Die Worte klangen sehnsüchtig, fast ein wenig traurig, aber seine augenscheinliche Verlegenheit riss sie recht bald aus ihren Gedanken. Eretha stutzte für einige Momente und blickte ihn dann reichlich verwirrt an. "Du hast mir doch bereits gesagt, was Du nicht schön findest - Kaledonierinnen - und wieso ist es nun so viel schwerer zu sagen, was Du schön findest? Ich meine, jeder hat doch einen gewissen Geschmack, dafür musst Du Dich doch nicht schämen. Und mit Freundschaft hat Geschmack auch nicht allzu viel zu tun, oder?" Zudem bezweifelte sie recht stark, dass es zwischen einem Römer und einer Sklavin überhaupt etwas wie Freundschaft geben konnte - das brachte der Status der Unfreiheit stets mit sich.