Beiträge von Appius Helvetius Sulla

    Der widerliche Gestank in dem finsteren Raum, in den man Sulla geführt hatte, war barbarisch. An diesem Ort sollte nun er nun seine letzten Minuten auf Erden verbringen. Er wendete sich zu dem Henker


    "Ich werde keine Probleme machen.


    Im wahrsten Sinne des Wortes mit Galgenhumor fügte er noch hinzu


    "Um diesem barbarischen Gestank entfliehen zu können ist mir alles recht. Also beeilen wir uns lieber und verlieren nicht unnötig Zeit. Ich habe nichts mehr zu sagen!"

    Sulla wusste, was nun geschehen würde. Er hatte in den letzten Tagen seinen Frieden mit sich selbst und der Welt gemacht. In den letzten Stunden vor der Hinrichtung hatte er noch einmal alle wichtigen Momente seines Lebens innerlich an sich vorbei ziehen lassen. Ja - er hatte ein ereignisreiches, gutes und ehrenvolles Leben geführt. Eine eigentümliche, unbeschreibliche Stimmung breitete sich in ihm aus. Äußerlich gefasst, trat er aus seiner Zelle heraus und wartete darauf, dass man ihn zum Ort der Hinrichtung führen würde. Er hoffte darauf, dass sie unter freiem Himmel stattfinden würde und er noch einmal die Sonne zu Gesicht bekommen würde...
    Er blickte noch einmal in Strabos Zelle. Sein ehemaliger Weggefährte machte einen erbärmlichen Eindruck. Er lag apathisch auf dem Boden stierte gegen die Wand.

    Sulla hatte sich in der Zeit, in der sich die Richter zur Urteilsfindung zurückgezogen hatten, nocheinmal im Saal umgesehen. Laevina war also tatsächlich nicht anwesend. Als die Richter zurückkehrten, saß er mit verschränkten Armen und versteinerten Gesicht auf seiner Bank und hörte sich das Urteil ohne äußerliche Regungen an. Er blieb sitzen bis man ihn holen würde.

    Sulla begann zu sprechen


    "Bürger Roms, was wir hier sahen, war eine beispiellose Farce: Ein befangener Richter, der kraft der Stellvertretungsregel sich selbst von jedem Verdacht freisprechen konnte. Einen müden Ankläger, der kaum Energie aufwandte um Beweise vorzubringen und den ganzen Prozess über blass blieb; doch man kann es ihm nicht verdenken im Angesicht des ohnehin zu erwartenden Urteils. Desweiteren tauchte ein wackliger Zeuge auf, der seine persönlichen, subjektiven Eindrücke über mich und die Zeit in Corduba zum Besten gab ohne irgendwelche, konkret fassbaren Beweise vorzulegen. Und zu guter letzt die Vorführung des anscheinend mittlerweile in geistige Umnachtung verfallenen Mitangeklagten Strabo, der sich weigerte irgendwelche Aussagen zu machen. Der ganze Prozess besaß keinerlei juristische Integrität, doch was klage ich hier überhaupt? Ich habe Taten begangen, die zweifellos nach den Gesetzen der kaiserlichen Tyrannis strafbar sind. Dessen bin ich mir bewusst, doch warum habe ich so gehandelt und nicht anders? Weil ich nicht anders handeln konnte und ich würde es, wenn ich noch einmal die Möglichkeit bekommen würde, wieder tun. Ich war und bin auch jetzt noch von der prinzipiellen Richtigkeit unseres Aufbegehrens überzeugt. Natürlich habe ich dabei Fehler begangen, sonst würde ich jetzt hier nicht auf der Anklagebank sitzen, doch diese Fehler waren strategischer Natur, die letztendlich zur totalen Niederlage geführt haben. Ja - ich werfe mir vor, nicht energischer die Eroberung des gesamten hispanischen Bodens betrieben zu haben und die Vertreibung der verhassten Provinzregierung und ihres inkompetenten Statthalters vorangetrieben zu haben, statt sich weitesgehend auf die Errichtung einer Polis in Corduba zu beschränken. Ich hätte Strabo hierfür früher entmachten müssen.


    Es ist nun aber alles so geschehen wie es ist. Hypothetische Überlegung führen zu nichts. Meine Pläne sind gescheitert. Der Kaiser hat uns besiegt. Möglicherweise wird es aber irgendwann Menschen geben, denen es gelingt diesen Tyrannen zu stürzen. Der Aufstand in Corduba war sicherlich nicht der letzte dieser Art!


    Anschließend setzte er sich wieder auf seinen Platz und blickte zu seinem Anwalt. Vielleicht hatte dieser noch etwas zu sagen.

    Sulla war überrascht darüber, dass der Ankäger Strabo als Zeugen aufgerufen hatte. Noch mehr überraschte ihn aber das trotzige und unkooperativeVerhalten seines einstigen Weggefährten gegenüber dem Richter und dem Ankläger. Ein Feigling wie er hätte sich doch eigentlich anbiedern müssen. Sulla war trotzdem amüsiert und erfreut seinen zum Schluss feindlich gesinnten Mitverschwörer wiederzusehen. Deshalb begrüßte er ihn , nachdem ihm das Wort erteilt worden war, versöhnlich in einem spöttischen Tonfall


    "Decimus du sturer Hund. Dass ich dich hier noch einmal wiedersehe, hätte ich nicht erwartet. Na mal sehen, vielleicht haben wir in der Arena ja nocheinmal das Vergnügen haben Seite an Seite zu kämpfen. Ich will Dir dann auch deinen Verrat verzeihen."


    Er wendete sich dann wieder dem ganzen Saal zu


    "Es macht wohl keinen Sinn hier in einer Befragung entlastendes Material zu Tage fördern zu wollen, da ich mich ja wohl selbst nach der Meinung dieses von einem Tyrannen eingesetzten Gerichts bereits schwer belastet habe. Die Anklage mag vielleicht darauf spekuliert haben, dass wir uns jetzt wie zänkische Weiber gegenseitig demontieren und dem Publikum eine lächerliche Komödie bieten, an der es sich ergötzen kann, doch darin hat sie sich getäuscht. Ich habe keine weiteren Fragen"


    ZUm Publikum und auch zu seinem Anwalt gewandt fügte er hinzu.
    "Alldiejenigen, die glauben, dass ich hier jede Chance verspiele, meine Haut zu retten. Denen habe ich nur zu sagen: Wenn man etwas tut, was man für richtig hält, dann sollte man auch dazu stehen. Jede Kriecherei vor dem Gericht und jede erbämliche Bitte um Strafverschonung wäre zum Einen sinnlos, da die STrafe ohnehin beschlossen ist und zum Anderen auch hochgradig ehrlos."

    Sulla war überascht über die dann doch wider Erwarten sehr harmlosen Aussagen des Zeugen und die völlig elanlose und geradezu stümperhafte Befragung durch den Ankläger. Doch das konnte Sulla ja nur recht sein, deshalb antwortete er in einem spöttisch-bissigen Tonfall mit Blick zum Publikum.


    "Der außerordentlich gerissenen und geschickten Befragungstechnik des überdurchschnittlich eloquenten und erfolgsorientierten Anklägers habe ich leider nichts entgegen zu setzen und in Anbetracht der dadurch zu Tage geförderten, schier erdrückenden Beweislast, steht es mir eher zu, resignierend zu schweigen, statt den Zeugen hier weiter zu befragen. Daher verzichten wir auf das Befragungsrecht."


    Diesen Sulla nicht geheuren Annaer so leicht loswerden zu können, hatte er nicht erwartet.

    Als der Richter Annaeus Domitianus als Zeugen aufrief, war Sulla etwas irritiert. Im ersten Moment hatte er Schwierigkeiten diesen Namen einzuordnen. Es brauchte einige Sekunden bis er sich wieder erinnern konnte wer dieser Mann war. Sulla brachte sich das Gespräch mit diesem Mann in der Casa Helvetia in Corduba wieder ins Gedächtnis. Dieser falsche Heuchler, der Sulla schon vor dem Gespräch gehasst haben musste, hatte sich versucht durch geheuchelte Lobpreisungen Sullas Vertrauen zu erschleichen um Informationen über Laevina zu erlangen. In diesem Moment war Sulla erst recht foh, dass Laevina so wie es schien nicht im Gerichtssaal anwesend war.


    Nachdem Domitianus den Saal betreten hatte, spürte Sulla sofort dessen fixierenden Blick. Er entgegnete ihn, doch was er dort erblickte, war verstörend. Aus Domitianus Augen sprach ihn eine Mischung aus tiefstem Hass, Verachtung, Zorn, Schadenfreude und vor allem Rachlust an. Sulla graute es vor diesem Menschen. Er war befremdet, ja geradezu entsetzt über diesen unbeschreiblichen Hass, der ihm alleine aus dem Blick jenes Mannes entgegenschlug. Zweifellos - die Antipathie beruhte auf Gegenseitigkeit, doch warum hasste ihn dieser Mensch so sehr? War es gekränkte Eitelkeit? Oder hatte ER, Sulla, diesem Mann ohne es zu wissen tatsächlich so schwerwiegenden Schaden zugefügt, dass dieser ihn so verachtete? In diesem Moment spürte Sulla neben dem Gefühl der Befremdung auch ein Gefühl der Unsicherheit.
    Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch das Auftreten dieses Mannes verunsicherte ihn, nicht aus Angst vor Vorwürfen gegen ihn, das Todesurteil stand ja ohnehin fest, sondern es war eine Verunsicherung darüber, wie es sein konnte, das ein Mensch ihn so abgrundtief hasste.

    Sim-Off:

    Dieses Posting zeitlich bitte vor dem EIntreffen von Domitianus einordnen


    Die ablehnende Antwort des Iudex Prior hatte Sulla erwartet. Trotzdem erzürnte es ihn, dass auch der Ankläger nicht eine Bermerkung zu den durchaus diskutablen Vorwürfen machte. Seine Stimme ertönte erneut im Gerichtssaal.


    "Das ich hier nicht mit einem fairen Prozess rechen können würde, war mir bereits im Vorfeld der Verhandlung bewusst, doch dass derart eklatante Rechtsmängel in der Prozessführung mit solcher Unverhohlenheit übergangen und bewusst in Kauf genommen werden, ja das ist ein Armutsszeugnis sondergleichen! Und Caecillius Crassus, du sagst es selbst: Es war der Kaiser, der dies so entschied und entscheiden konnte und genau das ist der Grund, weshalb ich in meinem Leben immer so handeln musste, wie ich gehandelt habe. Diesem Tyrannen steht es zu alte, ehrwürdige, römische Gesetze mit Füßen zu treten ohne in irgendeiner Weise dafür haftbar zu machen zu sein. Der törrichste Narr könnte auf dem Kaiserthron sitzen und die aberwitzigsten Handlungen begehen ohne auch nur einen Funken rechtlicher Konsequenzen erwarten zu müssen. Man muss sich doch fragen, weshalb der Kaiser einen derart herausgehobenen Rechtsstatus besitzt. Ich habe in meinem Leben niemal.s eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage gefunden."


    Er hatte dies vor allem zu dem Richter gewendet, gesagt und blickte nun zum Ankläger


    "Da ich der vermessenen Hoffnung unterlag mit meinem Hinweis zu der Unrechtmäßigkeit des Prozesses, etwas zu erreichen, vielleicht eine zeitweilige Unterbrechung des Prozesses, so erkläre ich mich nun, da sich diese Hoffnung als lächerliche Illusion herausstellte, dazu bereit, deine Fragen zu beantworten.


    Es war nicht so, dass ich 'mein Glück bei Strabo gesucht habe' und es war auch nicht so, dass ich den 'Aufstand' nicht gewollt haben soll. Was mich mit Strabo anfangs verband, war zum einen die gemeinsame Ablehnung der katastrophalen Arbeit der Provinzregierung und zum anderen eine tiefe Skepsis gegenüber dem kaiserlichen System des Imperium Romanums. Diese zwei Punkte kumulierten sich zu dem, was Ihr alle unseren 'Aufstand' nennt. Wir wollten neue Wege gehen für ein besseres Corduba, ein besseres Hispania und langfristig auch für ein besseres Rom. Unsere Ablehnung des Bestehenden vereinte uns, doch unsere unterschiedlichen Wege zum Ziel trennten uns. Strabos Vorstellung von der besten Staatsform war die einer Demokratie athenischen Vorbilds. Auf dem Weg zu dieser Pöbelherrschaft, installierte er seine eigene ilegitime Tyrannei. Ich hingegen bevorzugte die Idee der Konzeption des platonischen Idealstaates: Ein vollkommen gerechter Staat in dem die Vernunft und die Philosophen über die drei natürlichen Stände herrschen. Dass diese Vorstellung auch nicht ansatzweise umgesetzt worden ist, dessen bin ich mir bewusst. Doch ein solcher Prozess braucht Zeit und kann nur in ruhigen Zeiten geschehen. Doch um einen solchen Plan überhaupt in Angriff nehmen zu können, braucht man ein festes Territorium. Deshalb haben wir zunächst alles daran gesetzt, die Region unter unserer Herrschaft vollends unter Kontrolle zu bringen und zu stabilisieren. Dabei ist sicher auch viel Unrecht geschehen, dessen ich mir durchaus bewusst bin. Es tut mir um die Opfer leid, doch es diente einem höheren Ziel. Die Aussicht, dass all die Pläne durch die Landung der Prätorianer schon im Keim zerschmettert werden sollten, brachten mich dazu auch bis zum letzten Moment zu kämpfen. Es war ein verzweifelter Kampf, ja und auch ein Kampf auf verlorenem Posten, doch dieser Widerstand soll für alle Ewigkeiten ein Symbol für den Kampf gegen kaiserliche Tyrannei bleiben!"



    Sim-Off:

    Ähm, mein Anwalt Durus ist ja im Urlaub, wie kann die Vertedigung dann den Zeugen befragen? Darf Sulla das dann machen?

    ]

    Die Andeutung eines Lachens von Seiten des Präfekten Crassus empfand Sulla als Unverschämtheit. Sulla ergriff nun wieder das Wort.


    "Ich werde keinerlei Fragen hier beantworten! Es ist schon beinahe eine Farce, was hier unter dem Deckmantel des heiligen Rechts geschieht und eine wahrhaftige Beleidigung der heiligen Justitia. Ist es in Rom neuerdings Sitte das der Iudex Prior in höchstem Maße befangen ist? Gaius Caecillius Crassus war in seiner Funktion als Kommandeur der Prätorianeramee, die Corduba im Auftrag des Kaisers zurückerobern sollte und die Ursachen des Aufstandes klären sollte, zugleich Ermittler, 'Opfer' und Zeuge der mir vorgeworfenen Rechtsübertritte und sitzt nun in dem Richtersessel, der über mich urteilen soll. Ist es heutzutage Sitte auf derartige Weise grundsätzliche Prinzipien des römischen Rechts zu missachten? Ich beantrage daher hiermit den Ausschluss des Iudex Prior Gaius Caecilius Crassus von dem Verfahren aufgrund von Befangenheit gemäß Codex Iuridicialis § 11 Abs. I. Nr.1,4,5 und § 13. Der Prozess muss solang ausgesetzt werden, bis der Kaiser über mein Ablehnungsgesuch entschieden hat!


    Eine derart schwerwiegende Verletzung der Strafprozessordnung lässt sich auch nicht mehr mit fahrlässiger Unkenntnis erklären, denn der Iudex Prior muss sich dieser eigenen Rechtsübertretung bewusst gewesen sein, wenn er auch nur ein Mindestmaß von Rechtsverständnis besitzt. Es muss sich demnach zweifellos um Vorsatz handeln. Daher klage ich den Iudex Prior Gaius Caecilius Crassus der Rechtsbeugung gemäß Codex Iuridicialis § 112 und des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß Codex Iuridicialis § 113 an!


    Wenn es sich so verhält, dass die römischen Gesetzesbüchen auf diese Weise kaiserlich sanktioniert mit Füßen getreten werden, so steht es wohl weit schlimmer um das Imperium als ich es mir in meinen kühnsten Vermutungen hätte ausmalen können.


    Sulla hatte sich bei diesen Worten vor allem zur Anklage und zu den Beobachtern, unter denen sich zweifellos viele juristisch geschulte Bürger finden mussten, gewendet.

    Sulla hatte alles bisherige gehört. Er wurde nun von zwei Prätorianern in den Gerichtssaal geführt. Eingehüllt in eine dunkle Toga schritt er langsam und bedächtig zum Platz des Angeklagten. Die Torturen des Aufstands, der Schlacht um Corduba, die schwerwiegenden Verletzungen und das karge Leben in der Zelle hatten ihn stark altern lassen. Nichts war mehr da von dem vitalen Aufrührer. Er machte eher den Eindruck eines alten, gebrechlichen Greises. Seinen rechten Armstumpf behielt er in seiner Toga.. Sein Gesicht war aschfahl. Die Wangenknochen traten deutlich in dem eingefallenen Gesicht hervor. Sein Haar war mittlerweile schneeweiß. Nur seine tief in den Höhlen sitzenden Augen ließen noch etwas von dem Feuer vergangener Tage erahnen.


    Ein geschwätziger Wächter hatte ihm einige Details aus dem Prozess gegen Strabo erzählt. Er hatte sich auf den Augenblick seiner Verteidigungsrede schon eine Weile vorbereitet. Als er an seinem Platz stand, blickte er in den Saal. Er erkannte seinen militärischen Bezwinger, den Prätorianerpräfekten an seiner Uniform. Sonst konnte er kein ihm bekanntes Gesicht entdecken. Laevina war anscheinend nicht da. Das beruhigte ihn. Er atmete noch einmal tief durch und fing an zu sprechen.


    “Söhne und Töchter des Romulus,
    hier stehe ich, Appius Helvetius Sulla und werde Rede und Antwort für meine Handlungen stehen. Ich bin mir des bereits jetzt feststehenden Urteils bewusst und brauche daher mich nicht auf irgendwelche Albernheiten von Winkeladvokaten einlassen. Meine nun folgende Rede ist daher nicht als Verteidigungsrede zu verstehen, sondern als Erklärung meines Handelns und als politisches Testament.


    Um zu den mir vorgeworfenen Taten Stellung zu beziehen, ist es notwendig etwas weiter auszuholen. Ich bin vor mehr als 28 Jahren zu den Legionen gegangen um dem Kaiser und dem Imperium zu dienen und habe mir meine Sporen auf den Schlachtfeldern Palästinas, Britanniens und Germaniens verdient. Ich habe an dem Chattenfeldzug des Kaisers Domitian teilgenommen. Ganz Rom und vor allem er selbst feierte sich als „Bezwinger der Germanen“. Diese Scheinheiligkeit wurde den im Felde stehenden Truppen zum Verhängnis. Schnell hatte sich das Barbarenpack wieder zusammengerottet und drängte die Römer erneut zurück. Domitian aber ließ sich weiter feiern, während gleichzeitig tausende Legionäre in den kalten Wäldern Germaniens ihr Leben ließen. Zu dieser Zeit begann ich erstmals ernsthaft am Kaiser zu zweifeln. Ich fand unter den kämpfenden Truppen Gleichgesinnte, die auch Kontakte zur Politik hatten. Der damalige obergermanische Statthalter Lucius Antonius Saturnius erhob sich als erster gegen Domitian, doch er musste dafür mit dem Leben zahlen. Nach und Nach entwickelte sich aber eine immer stärkere Verschwörung gegen den Kaiser. Das Ende der Geschichte ist bekannt. Im Jahr 96 wurde er ermordet. Im Jahr 100 nahm ich im Bürgerkrieg auf Seiten der republikanischen Aufständischen teil. Als die Ulpier aber die Macht zurückgewonnen hatten, musste ich untertauchen und lebte fortan im Untergrund in verschiedenen Provinzen des Reiches.


    Vor einem Jahr dann hielt ich die Zeit für reif mich wieder an die Öffentlichkeit zu wagen. Die damaligen Ereignisse lagen lange zurück und es gab keine Verfolgungen mehr von Republikanern. Ich war gewillt mich nun mit dem System zu arrangieren und nicht mehr subversiv zu agieren. Als Geläuterter betrat ich nach Jahren wieder Rom, doch was ich dort erblickte, ließ mich schnell in meine alten Ansichten zurückfallen. Die Sittenlosigkeit und mangelnde Tugend dieser Stadt, der aufgeblähte Hofstaat des Kaisers, die Schar von Speichelleckern im Senat, all das machte einen derart abstoßenden Eindruck auf mich, dass ich schnell wieder längst abgelegte republikanische Überzeugungen aufgriff. Trotzdem war ich noch gewillt, nicht erneut Ärger zu machen. Ich wendete mich an den mittlerweile verstorbenen, aber wohl den meisten hier noch bekannten, Senator Caius Helvetius Tacitus, der mich aufgrund eines weitläufigen Verwandtschaftsverhältnisses als seinen Clienten aufnahm. Er war es, der mir den Posten als Magister Scriniorum in der hispanischen Region Baetica vermittelte. Ich war voller Hoffnung wenigstens in dieser schönen Provinz zum Wohle der Menschen wirken zu können. Doch ich erblickte eine Provinz, die trotz großartigen wirtschaftlichen Potentials am Boden lag. Jahrelange Misswirtschaft und Korruption hatten Baetica verrotten lassen. Im krassen Gegensatz dazu häufte die Provinzregierung unter Proconsul Agrippa unermessliche Reichtümer an . Während die Bevölkerung Hunger litt, frönte dieser wollüstige Epikureer entweder seiner schon geradezu sprichwörtlichen Liebe zum Wein oder er gab sich seiner Leidenschaft für junge Knaben hin. In einem Gespräch über die fatale finanzielle Lage der Regio, die jedes wirtschaftliche Entwicklungsprogramm schon im Keim ersticke, schielte der Senator lieber auf einen in meinem Officium angestellten Diener, statt den Lösungsvorschlägen zu zuhören und war nicht bereit die Regio finanziell zu unterstützen. Die Sitzungen der Provinzcurie(der ich nie angehörte) endeten für gewöhnlich in ausschweifenden Orgien in denen keine noch so widernatürliche Tat ausgelassen wurde. Es musste etwas geschehen um die Regio vor dem völligen Ruin zu bewahren. In dem damaligen Duumvir Pompeius Strabo fand ich einen Verbündeten. Wir hatten ähnliche politische Überzeugungen, trotzdem merkte ich schnell, dass auch er seine charakterlichen Schattenseiten besaß. So teilte er mit Agrippa die gleichen sexuellen Neigungen. Er schwärmte immer von den Ausschweifungen bei den Curiensitzungen. Ich lernte ihn als Mann der Extreme kennen. Mit außerordentlicher Brutalität versuchte er die Christen von Baetica physisch auszurotten. In diesem Vorhaben wurde er vom Proconsul unterstützt. Allein mein Eingreifen verhinderte weitere Greueltaten. Gleichwohl war Strabo ein äußerst fähiger Beamter, der mit kreativen Ideen und Tatendrang das beste für die Regio herauszuholen suchte.


    Als der damalige Comes von Baetica Aulus Octavius Avitus, der wie ich hörte nun in Rom wieder zu neuen Ehren gekommen ist, damals plötzlich die Lust verlor sich den schwerwiegenden Problemen der Regio zu stellen, wurde Strabo von seinem Intimfreund Agrippa zum Comes befördert. Von nun an konnte er seine politischen Vorstellungen umsetzen. Oftmals befragte er mich nicht einmal, sondern preschte mit immer neuen Verordnungen hervor. Ich bekenne mich in dieser Hinsicht für schuldig, dass ich nicht entschiedener gegen seine immer absurderen Anordnungen protestiert habe. Das Problem war, dass er über eine größere Anhängerschaft als ich verfügte. Jede Opposition hätte meinen Tod zur Folge gehabt. Daher entschied ich lieber meinen Einfluss zu nutzen um das Schlimmste zu verhindern. Seine Anhänger bredrohten mich immer wieder, weil ich versuchte die Ausschreitungen der marodierenden Milizsoldaten gegen die Zivilbevölkerung zu dämpfen. Als sein Einfluss in der Stadt schwand und sich das Kräfteverhältnis zu meinen Gunsten verschob, flüchtete er und stahl sich aus der Verantwortung. Als ich die alleinige Herrschaft über die Stadt besaß, war es allerdings bereits zu spät die fatalen Folgen von Strabos Terroregime rückgängig zu machen. Eine Reintegration ins Reich war nicht möglich, da wir alle als Verschwörer galten. Für eine weitere Befreiung hispanischen Bodens von der Herrschaft der unsäglichen Provinzregierung war es bereits zu spät, denn Strabo hatte mit seinen brutalen Maßnahmen und seinem autoritären Gehabe bereits bei den uns eigentlich, anfänglich sehr wohlgesonnenen hispanischen Städte, die unter dem Joch der Provinzregierung litten, jede Sympathie verspielt. Mit der Landung der Prätorianer in Hispania war es dann ohnehin zu spät. Der Rest ist bekannt. Die Stadt wurde eingekesselt und von den Prätorianern erobert.“


    Sulla hielt kurz inne


    “Mehr habe ich nicht zu sagen“

    Man führte Sulla in den übel riechenden Gefängstrakt der Castra Praetoria und sperrte ihn in eine leere Zelle. Der Soldat, den Sulla irgendwoher kannte, sagte irgendetwas von "falscher Seite" zu ihm. Was sollte das bedeuten? Er überlegte eine Weile, doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Dieser wackere Praetorianer war es, der ihn in Corduba bezwungen hatte und ihm seinen rechten Unterarm abgeschlagen hatte. Beschämt darüber seinen Bezwinger gegenüber gestanden zu haben, blickte er dem davongehenden Praetorianer nach. 'Nicht immer ist die richtige Seite auch die erfolgreichere' hätte Sulla ihm am liebsten hinterher gerufen, doch er unterließ es. Vielleicht würde sich noch eine Möglichkeit ergeben mit ihm zu sprechen. Sulla fühlte keinen Hass. Diese jungen Praetorianer hatten das System, dem sie dienten, einfach noch nicht durchschaut, so wie er einst selbst als junger Soldat begeistert für den Kaiser ins Feld gezogen war. Erinnerungen kamen hoch. Er nahm sich vor das nächste mal einen Wächter nach Schreibmöglichkeiten zu fragen. Er wollte seine Erinnerungen aufschreiben. Vielleicht würde sie Laevina eines Tages lesen und ihn verstehen.


    In Gedanken über derlei Dinge versunken, merkte er zunächst gar nicht wie eine Gestalt aus der gegenüberliegen Zellen etwas zu ihm sagte. Plötzlich vernahm er dann aber doch seinen Namen und blickte herüber. Eine völlig zerzauste und verkommene Gestalt blickte ihn an. Dieser Mann hatte jede Form römischer Zivilisiertheit verloren, ja er sah schlimmer aus als so mancher Barbar. Zunächst erkannte Sulla ihn nicht, doch als er dann die bekannte Stimme hörte, war es ihm klar, wen er vor sich hatte: Decimus Pompeius Strabo. Als dieser ihn mit "alter Freund" anredete, packte Sulla sogleich die Wut


    "Strabo du elender Feigling. Du wagst es mich als alten Freund zu bezeichen? DU, der du doch geflohen bist und mich im Stich gelassen hast."


    Verächtlich fügte er hinzu


    "Geholfen hat es dir ja glücklicherweise auch nicht. Hätten meine Männer dich auf deiner Flucht noch gefasst, hätte ich persönlich für deine Hinrichtung gesorgt, Nichtswürdiger!"

    Nach zwei Wochen befand der Medicus Sulla für soweit gesund, dass er das Lazarett verlassen könne. Sulla hatte immer noch nicht viel mehr erfahren, was mit ihm weiter geschehen sollte. Er hatte aus einem Plausch mit einem Wächter heraushören können, dass sich auch Strabo, dieser miese Verräter in der Castra befand. Würde man ihn mit ihm in eine Zelle stecken? Er wartete bis zwei Soldaten kamen um ihn umzuverlegen...

    EIn Medicus weckte SUlla aus seinen ÜBerlegungen. Daraufhin wurde er untersucht. Anscheinend hatte dieser Arzt ihn bereits öfters im Zustand seiner Bewusstlosigkeit behandelt. Er nahm einige Verbände ab und beurteilte die Entwicklung des Patienten als positiv. Sulla war aus dem Gröbsten raus. Auch wenn er sicher noch lange Schmerzen spüren würde, könne er wahrscheinlich in ein bis zwei Wochen aus dem Lazarett entlassen werden. Der Medicus verordnete ihm noch einige gymnastische Leibesübungen und ging. Bereits einen Tag später machte SUlla wieder erste Laufversuche in seinem Zimmer und es gelang ihm bereits einige Schritte zu gehen...


    Sim-Off:

    Ich hab das ganze mal ein bisschen abgekürzt;)

    Sulla nickte dem Soldaten dankend zu und trank erst einmal den Becher leer.


    "Wenn es möglich sein sollte, schickt mir den Verantwortlichen her"


    Dann sank er erschöpft und niedergeschlagen mit dem Oberkörper zurück auf das Bett und begann zu überlegen wie er aus dieser misslichen Lage entkommen könnte. Er war sich sicher, dass er lieber den Freitod wählen würde anstatt als Löwenfraß herzuhalten oder gekreuzigt zu werden, doch zunächst wollte er abwarten bis er erfahren haben würde, was mit ihm geschehen sollte.

    Als der Soldat vor Sulla stand und dieser dessen prätorianische Uniform erkannte, wurde es für ihn bittere Gewissheit: Er befand sich in der Hand der verhassten Prätorianer. Etwas verstört fragte er:


    "Kann ich vielleicht etwas zu trinken haben? Es dürstet mich ganz schrecklich. Wo bin ich? Was wird mit mir geschehen? Wer ist hier verantwortlich?"

    Nach einem wochenlangen Zustand der Bewusstlosigkeit mit nur wenigen wachen Momenten, die Sulla auch gleich wieder veregessen hatte, erwachte er nun endgültig wieder aus seinem geistigen Dämmerzustand. Sein ganzer Körper schmerzte. Nach einer Weile öffnete er seine Augen. Sie mussten sich erst an das Tageslicht gewöhnen mit dem der ihm unbekannte Raum geflutet war. Er schaute sich um. Am Eingang saßen zwei Soldaten und schliefen. Was sollte das? Wurde er etwa bewacht? Wo befand er sich? Er blickte nun an seinem eigenen Körper hinab. Alles war mit Wunden, Narben und Verbänden überseht und schockiert musste er feststellen, dass sein rechter Arm nur noch ein Stumpf war. Was war passiert? Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern. Nach einer Weile kamen Bilder aus Hispania wieder: Corduba, seine Casa, Laevina, der Aufstand und bald erinnerte er sich auch wieder an die schreckliche Schlacht. Schnell wurde ihm die bittere Wahrheit klar: Er war von den Prätorianern GEFANGEN genommen worden. Diese entsetzliche Schmach konnte er kaum verwinden. Was würden man mit ihm machen? Einen Schaupozess führen? Ihn in einem Käfig dem Spott des Pöbels aussetzen? Ihn in den Arenen den Löwen vorwerfen?


    Mit großer Mühe und unter schweren Schmerzen richtete er seinen Oberkörper auf. Er war entsetzlich schwach geworden. Er betrachtete die beiden schlafenden Soldaten. Fluchtgedanken schlichen sich ein, doch er verwarf sie schnell als illusorisch. Er konnte wahrscheinlich ja nicht einmal gehen, geschweige denn kämpfen. Wo war er eigentlich? Noch in Hispania? In Rom oder irgendwo anders?


    Plötzlich verspürte er entsetzlichen Durst. Er versuchte etwas zu sagen um die Soldaten zu wecken, doch seine trockene, dem Sprechen entwöhnte Kehle war nicht im Stande einen Ton zu bilden. Nach mehrmaligen Versuchen hörte man ein erstes Krächzen und erst nach einer Weile konnte er mit einer blechernen Stimme wieder Worte formen.


    "Milites, Milites aufwachen"!

    Die schwer verwundete Sulla wurde die ganze Zeit mittransportiert. Er befand sich seit seiner Verletzung in einer dauerhaften Bewusstlosigkeit. Die Ärzte der Prätorianer taten alles um ihn am Leben zu erhalten damit man ihm in Rom den Prozess machen könnte. Er hatte soviel Blut verloren. Sein restlicher Unterarmstumpf musste amputiert werden, da die Gefahr bestand, dass sich der WUndbrand ausbreiten würde. Sein Gesicht war noch eingefallener als vor einigen Wochen. Er sah stark gealtert aus.


    Nachdem man ihn auf ein Schiff verladen hatte und er sich eine Weile auf See befand, kam er erstmals zu Bewusstsein. Entsetzt musste er feststellen, dass er sich in Gefangenschaft seiner Totfeinde befand. Seine zahlreichen Wunden schmerzten noch dazu. Der Schock über seine Situation und seine körperliche Schwächung sorgte dafür, dass er erneut sein Bewusstsein verlor...