Aintzane winkte ab, als sie Fionas Worte hörte. Es gelang ihr sogar, ein etwas angeschlagenes Lächeln zu machen. "Hör doch auf. Es war nicht deine Schuld. Ich verzeihe dir... und hoffe, dass du mir auch verzeihen kannst. Niemand von uns hat an jenem Abend vorzeigbare, moralische Taten getan... ich... ich möchte damit abschließen. Wenn es dir recht ist.", hustete sie heraus.
Es entging ihr nicht, dass ihre Erwähnung von Schatten und Geistern Sorge in Fionas Gesicht erzeugt hatte. Schließlich kam die Frage, die sie fast schon erwartet hatte.
"Ob ich sie sehen kann?", meinte sie und schloss kurz die Augen. "Die ganze Zeit. Sie kommen durch den Rauch. Rauch von brennenden Häusern. Den brennenden Häusern meines Dorfes, meiner Heimat. Durch diesen stinkenden, in den Augen beissenden Rauch kommen sie... sie strecken ihre Arme nach mir aus... sie...", sie konnte nicht mehr, blickte nach unten und atmete tief ein und aus. "Habe ich dir meine Geschichte schon erzählt? So unterschiedlich von der deinigen kann sie nicht sein. Wenn man von deiner Schilderung in Callistas Bädern ausgeht." Sie blickte wieder auf und schaute Fiona direkt an.
Beiträge von Aintzane
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Fassungslos starrte Aintzane auf die vor ihr niederfallende Fiona. Dann starrte sie auf ihre Hand. Langsam öffnete sie wieder ihre Faust.
Sie wollte etwas sagen. Irgendetwas, was, das wusste sie nicht. Sie öffnete ihren Mund, aber heraus kam nur ein unangenehm klingendes Krächzen.
Um sie nahm sie weder Benohé noch Minna, die auf sie einschimpfte, noch die paar anderen Sklaven wahr, die missmutig in ihren Betten herumschimpften.
Langsam machte sie einen Schritt zurück. Sie stieß mit ihrer Kniekehle an ein Hindernis - ein Hocker. Vorsichtig setzte sie sich hin, die Arme ließ sie hinunterbaumeln.
Wie... wie war das möglich gewesen? Aintzane hatte sich selbst nie als zimperlich oder schwächlich gesehen, aber was war hier geschehen? Sie griff sich mit ihrer Hand an den Kopf. War es möglich, dass sie doch mehr von ihrem Vater hatte, als ihr bisher bewusst war?
Er war ein Kriegsfürst gewesen... mächtig, unbesiegbar scheinend... und am Ende war er doch besiegt worden. Aufrichtig, gerecht, doch brutal... sie durfte nicht so sein! In ihrer Verzweiflung entging ihr, dass gerade dies wohl ihr Leben gerettet hatte.
Dumpf hörte sie Minna. Ob es ihr wieder besser ginge? Aintzane blickte auf und gab ein klägliches Krächzen von sich. Dann schüttelte sie jämmerlich den Kopf und vergrub anschließend denselbigen in ihren Armen. Sie fühlte sich erbärmlich. -
Aintzane sang ein Lied aus ihrer Heimat vor sich hin, unmelodiös und bar jeder Eleganz. Sie unterbrach sich, als sie erneuert husten musste. Sie hatte sich ein weißes Tuch umgebunden, um die Würgemale zu verbergen, und trotzdem hörte man ihr deutlich an, dass ihr Kehlkopf malträtiert worden ist. Man hatte ihr gesagt, es würde wieder werden, doch derweil hatte Aintzane noch immer eine sehr heisere Stimme.
Sie fühlte sich angesprochen, von der linken Seite.
"Hallo, Fiona.", meinte Aintzane. Fiona hatte sich die längste Zeit um ein Gespräch mit ihr gedrückt, doch es schien, dass sie jetzt endlich reden musste. Elend sah sie aus. Fast schon hätte Aintzane aufgelacht - die Keltin sah aus wie die Personifikation des schlechten Gewissens.
"Ich...", sie wusste nicht, womit sie beginnen sollte. "Ich weiß, wieso du das getan hast. Ich habe viel nachgedacht darüber... und ich bin dir nicht mehr böse. Ich denke jedenfalls nicht. Ich bin darüber hinweg." Sie machte eine kurze Pause. "Es war, nun, der selbe Grund, wieso ich dich anfallen hätte können, genauso wie du mich angefallen hast." Sie schluckte auf. Es schmerzte. Aintzane versuchte jenes unangenehmes Gefühl durch ein unangenehm klingendes Räuspern aufzuheben, doch es wurde nicht besser.
Mit kratziger Stimme fuhr sie leise fort. "Es sind SIE. Die Schatten. Die Geister der Toten. Sie jagen dich, verfolgen dich, wohin du auch gehst. Sie treiben dich um den Verstand. Wenn du deine Augen schließt, siehst du sie, und auch die Art und Weise, wie sie ums Leben gekommen sind. Wenn du schläfst, kommen sie an dein Bett und wispern dir zu... deinen Namen... sie rufen dich..."
Nochmals machte sie eine kurze Pause. Dann meinte sie abrupt: "Es... es tut mir furchtbar Leid, dass ich dich geschlagen habe. Aber anders hätte ich mich nicht retten können." -
Ehrlich gesagt, war Aintzane recht schockiert über die Verzweiflung, mit der ihre Worte aufgefasst wurden. Schon machte sie sich Vorwürfe, dass sie den Traum der Sklavinnen so zerplatzen hatte lassen. Doch sie hatte die von Höhenflügen beseelten Frauen einfach wieder auf den Boden bringen müssen. Krampfhaft versuchte Aintzane, ein tröstendes Wort für Fiona zu finden. "Ach, Fiona...", fing sie an, "schau, ich habe es immer alleine versucht... vielleicht schaffen wir es zusammen...", versuchte sie einen halbwegs überzeugenden tröstenden Satz zustande zu bringen. Da bemerkte sie, dass sie das Wort "wir" verwendet hatte. Für Fiona, Minna und sie selbst. "Ja, wir.", wiederholte sie. "Allein habe ich keine Chance, keine von uns hat das... doch gemeinsam wird es gehen!", fast war Aintzane bereit, ihren Worten selber zu glauben... aber nur fast. Doch Fiona schien sich wieder von jenem schweren Schlag zu erholen. Fast schon zuversichtlich sah sie Aintzanes Meinung nach aus. Oder... gab es da nicht doch noch etwas? Etwas viel... Dunkleres?
"Also, die Karten!", versuchte sie auf ein anderes Tema zu kommen. "Ich habe sie in meiner Kiste. Woher ich sie habe, nun... ich habe sie einem alten Kartenhändler am Trajansmarkt abgeluchst... dem Mann habe ich nur ein bisschen Honig um den Mund schmieren müssen, und schon hat er mir alles gegeben, was ich wollte.", meinte sie mit einem verhaltenen Lachen. -
Die ominöse Kiste der geheimnisvollen Inderin enthielt einige winzige Flaschen, von denen sie eine entnahm, in einen Becher leerte und es Aintzane gab.
Vollkommen konträr zu Benohes Ruhe riss Aintzane der anderen den Becher aus der Hand und begann das Getränk herunterzutrinken. Es schmeckte sehrr bitter und medizinisch. Doch es wirkte, wie sie herausfand, als sich wieder Leben in ihren Glieder zu regen begann.
Sie lächelte ob der eigenartigen Färbung, die ihr Name durch die Sklavin Callistas erfuhr.
"Sinn? Das sagst du? Was macht denn Sinn. Nichts. Alles ist irgendwie...", sie rang nach einem passenden Wort, "wie Sisyphosarbeit. Sisypheisch."
Sie versuchte, so leise wie möglich die Worte ihres Gegenübers nachzusprechen. "Benoohee.", machte sie einen erneuerten Versuch. "Arriggammeddu."
Doch als sie die nächsten Worte hörte, füllten sich ihre Augen mit einem Glanz. Saken, davon hatte sie gehört. Und natürlch auch vom besten Feldherrn aller Zeiten. "Alexandros megas...", formulierte sie mit ihren Lippen, "am Indus stand... vor ihm die Elefanten... und die Horden der Saken zu seiner Linken... und die Verräter in seinem Rücken..." Sie rezitierte ein Gedicht, dass ihr ihr alter Pflegevater, Oligos, beigebracht hatte. "Denn über den Hindukusch waren sie gezogen... die Suche nach der Weite hat sie weit weg geführt... vom guten Griechenland, der Heimat der Götter."
Sie schwieg, als sie sich alles ins Gedächtnis rief, was sie je über Alexander gehört hatte, als die Frage nach ihrer Herkunft kam.
Sie lächelte die Inderin an. "Ich komme aus dem Norden von Spaaaaanuachhhhhhhhh...", stiess sie entsetzt aus, als sich plötzlich Fiona vor ihr aufbäumte und ihr mit einem stählernen Griff an die Gurgel fasste.
Aintzane ruderte wild mit ihren Armen herum, während sie spürte, dass sie keine Luft mehr bekam. Was war in Fiona gefahren? Wollte sie sie umbringen? Wieso? Sie riss ihre Augen weit auf und sah zur selben Zeit, wie Benohe einen Dolch in ihrer Hand trug... doch sie konnte es nicht zulassen, das Benohe Fiona tötete.
Die Daumen Fionas bohrten sich in ihre Haut hinein und quetschten die Luftröhre ab. Aintzanes Lippen verfärbten sich blau. Ihre Lippen bewegten sich wie bei einem Fisch auf und ab, wobei kein Ton herauskam.
Eine ungeheure Kraft entwickelte sich in ihrer Rechten. Trotz der geringen Luftzufuhr schaffte sie es, weit auszuholen und instinktiv eine Faust zu ballen.
Dann fuhr sie schnell und mit der vollen Wucht, die die Verzweiflung mit sich bringt, mit dem Arm nach vorne.
Die Faust traf mitten ins Gesicht der von Wahnwitz befallenen Fiona.Sim-Off: @ Callista: Danke für die Klärung.
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Aintzane müchte sich ab, den Körper Fionas zum Sklavenquartier zu tragen. Von den Ereginissen der letzen Viertelstunde schwirrte ihr der Kopf. Sie konzentrierte sich nicht auf den Weg und auf ihre Umgebung. Automatisch lenkten sie ihre Füße zum Sklavenquartier, wohin sie Minna führte, die voranging. Als sie endlich ihre Fracht loswurde, streckte sie sich kurz, ohne jedoch Fiona aus den Augen zu lassen.
Die Inderin, die die Öllampe anzündete, kam wie eine schützende Fee - ein Schutz vor der alles verschlingenden Nacht. Die Flamme erhellte die Torsen der Menschen um sie. Hoffentlich wachte niemand auf. Sie wollte nicht, dass noch mehr Sklaven Zeugen des schwachen Zusatnd Fionas sein müssten.
Die Last Fionas war wirklich unglaublich gewesen. War sie so schwer? Und hing die seltsame Art der Müdigkeit - ja, Benommenheit - , die Aintzane befiel, mit der späten Nacht zusammen?
Da fing die Inderin an zu reden. Doch das Ziel ihre Reder war nicht an sie. Im Gegensatz zu jenem Lächeln, das auf eine merkwürdige Weise wie manikürt aussah.
Sie solle sich setzen, sagte sie. Ihr nächster Satz war für Aintzane ein Hinweis, wieso sie so müde war. Das Gift, das sie gesaugt hatte. Etwas davon schien in ihrem Gaumen geblieben zu sein. "Danke.", murmelte sie und ließ sich an den Bettrand fallen. Mit schweren Augen sah sie Benohé dabei zu, wie sie eine heruntergekommene Kiste holte - woher, war nicht auszumachen.
"Ich glaube nicht, dass sie etwas ges... gesagt hat.", meinte Aintzane. Beim Wort "gesagt" verschlug es ihr die Sprache, und sie musste kurz schlucken, um sich wieder zu fangen.
Als sie die nächste Wortfolge Benohés vernahm, konnte sie sich ein leises, verhaltenes Lachen nicht mehr verkneifen. "Tollkühn... hm...", meinte sie lächelnd. "Mein Name ist Aintzane." Um einem verwunderten Blick ob ihres nicht allzu häufig anzutreffenden Namen vorzubeugen, fügte sie hinzu: "Das ist baskisch und heißt Ruhm. Was für eine Ironie."
Sie schwieg ein oder zwei Sekunden, dann fuhr sie fort: "Und du heißt... Benno-hä." Sie hatte Schwierigkeiten, das Wort auszusprechen. "Woher kommst du denn?" Sie merkte, während sie sprach, dass sie sich beherrschen musste, um nicht ihren Augenlidern zu erlauben, über ihre Augen zu rutschen.Sim-Off: Kleine Frage... Soigniert: ich hoffe, ich habe es richtig interpretiert und es hat das etwas mit "soigner les mains" zu tun...
Nettes Gedicht übrigens. -
Sim-Off: Das spielt ja vor Callistas Gemeinheiten, oder?
Der letzte Rest von Lachen verschwand von Aintzanes Gesicht. "Ich habe es versucht." Fiona schien nicht alllzu begeistert zu sein, dass Aintzane sie belauscht hatte. Aintzane waere das sicher auch nicht gewesen, das musste sie sich eingestehen. Doch es war ihre feste Ueberzeugung, dass die beiden drauf und dran waren, etwas nicht sehr Kluges zu tun. Und sie dachte fuer sich, dass die Empoerung der Keltin nicht nur mit der Belauschung zu tun hatte. Sondern auch damit, dass das, was Aintzane zu sagen hatte, das Potential besass, ihre Traeume zu vernichten.
Betont sachlich, um nicht noch mehr Missmut bei ihren Schicksalsgenossinnen zu erzeugen, fing sie an: "Ich habe versucht, im Garten ueber die Mauer zu kommen. Sie ist zu hoch. Und ausserdem gibt es ueberall im Haus Wachen. Aus dem Haus auszubrechen geht nur mit Gewalt, so, wie es Spartacus getan hatte. Doch ich kann keine Waffe handhaben.
Ich habe auch versucht, mich bei einer Roemerin einzuschleimen, auf dass sie mir helfen wuerde... es funktionierte nicht. Die Frau begann auf einmal herrisch und unfreundlich zu werden, als sie bemerkte, dass ich ihr naeher kam... Roemer kann man nicht zur Mithilfe ueberreden. Da hebt eher ein Berg vom Boden ab.
Dann gibt es die Moeglichkeit, bei einer Einkaufstour durch Rom zu verschwinden. Ich habe Geschichten gehoert. Es dauert kaum je laenger als 10 Minuten, bis sie dich wieder haben. Ausser jemand hilft dir, dich zu verstecken. Deshalb habe ich das nicht probiert.", schloss sie ab. " Also, entkommen kann man nur mit Gewalt... oder mit Hilfe von aussen. 2 Arten zu entkommen... An andere Wege kann ich nicht denken. Was nicht ausschliesst, dass es einen gibt... aber ich habe ueber den Sachverhalt schon 14 lange Jahre nachgedacht. Doch ich habe weder Hilfe von aussen noch die Staerke, Gewalt anzuwenden. Das einzige, was ich zu bieten habe...", sie blickte sich vorsichtig um, "...befindet sich in meiner Truhe im Sklavenquartier, in einem meiner Kleider versteckt. Vier Karten. Eine von Rom, eine von Ostia, eine von Tarraco und eine von Nordhispania." Ihre Augen senkten sich zu Boden. "Ein Weg nach Hause... ein Zuhause, von dem ich nicht weiss, ob es ueberhaupt noch existiert." -
Hinter den beiden Sklavinnen konnte man plötzlich ein Lachen hören. Es war jenes feine, ein bisschen spöttische Lachen, das Minna und Fiona sicher schon ein paar mal gehört hatten. Doch die von einem herben Akzent gefärbte Altstimme, die nun erklang, und der Anblick seiner Besitzerin, die aus dem Halbdunkeln, welches hinter einer Ansammlung von Körben herrschte, hervorkam, ließ jeden Verdacht, dass es sich hier um jemand anderen als Aintzane handeln konnte, schwinden.
"Eine Sesterze für eure Gedanken. Eure Gedanken, wie ihr diesen Plan umsetzen wollt.", lächelte Aintzane. "Weg von hier. Wie oft habe ich mir das schon gedacht?" Sie schüttelte den Kopf. "Es ist unmöglich. Wenn du aus der Villa heraudkommst, sind da die Mauern, wenn die Mauern überwunden werden, ist man in unserem Viertel, das - im Gegensatz zu anderen Vierteln von Rom - von Wachen durchsetzt ist. Doch wenn man es schafft, dort harauszukommen, ist man in der Subura, und wenn man das übersteht, ist man in Italia, auf weiter Flur, wo es angeblich professionelle Sklavenjäger gibt. Wie soll das bewerkstelligt werden?" Sie schwieg einen Moment, dann setzte sie hinzu: "Tschuldigung fürs Belauschen und die Unterbrechung. Aber ich will euch nur sagen, dass ich es auch schon probiert habe und es bisher immer vergebens war. -
Als Aintzane ihre Schritte rückwärts machte, merkte sie, wie die Spannung im Raum nachließ. War es Zeit zum Aufatmen? Ein Luftzug neben ihr machte sie darauf aufmerksam, dass auch Minna zurückgetreten war und sich nun neben Aintzane aufgestellt hatte. Minna murmelte undeutliche Worte, aus denen man ein paar Fetzen erraten konnte. Verlasse uns nicht. Ja, Minna hatte recht. Sie riss sich vom Anblick des ekeligen Viehs weg und sah zu Fiona, die noch immer am Boden lag, und dann zu Callista.
Sie ging. Es war kein Spukgebilde, sondern Wahrhaftigkeit. Die Römerin wandte sich unwirsch um und verschwand aus dem Zimmer. Doch Aintzane konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, dass das ganze hier noch ein Nachspiel haben würde. Es war immer so.
Die erste, die sich aus ihrer Starre riss und zu Fiona hinging, war weder Aintzane noch Minna, sondern Benohé. Leichtfüßig, als ob sie das ganze nichts angehen würde, stackste sie zu Fiona hin und versuchte vergebens, sie hochzuheben. Aintzane hörte ihren Worten zu. Zur Hand gehen, und wo das Obdach der Sklavinnen sei. Erst diese Worte bewegten Aintzane dazu, ebenfalls vorsichtig zu Fiona hinzugehen und sich über sie zu beugen.
Da bemerkte sie einen Laut. Leben? Hatte Fiona gerade gesagt, dass sie leben wollte? "Fiona!", rief Aintzane.
Die nächsten Worte erschütterten sie und machten sie fassungslos. Fiona ließ sich nicht unterkriegen. Ein Bekenntnis zum Leben. Einem schönen Leben, dass ein Skorpion beinahe genommen hätte.
Aintzane blickte auf ihre Arme. Sie spürte, wie ihre Hände zitterten, vor lauter unterdrücktem Zorn.
Sie fand ein Ventil. Mit langen Schritten ging sie zum Skorpion, der noch immer am Boden lag, und nahm ihn auf.
"Oh ezezko! Kabroi hori!", schrie sie und warf das Biest an die Wand. "Madarikatu da!"*
Dann wandte sie sich weg und atmete tief durch, bis sie sich wieder weniger verkrampft fühlte. Anschließend meinte sie zu Benohé: "Das Sklavenquartier. Wir müssen sie dorthin bringen. Minna, fasst du auch mit an?", fragte sie die selbige.Sim-Off: *"Oh nein! Du Bastard! Sei verdammt!"
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Nochmals versuchte Aintzane an Fionas Hand zu saugen, doch es ging nicht mehr. Immerhin hatte sie die Giftreserven, die direkt unterhalb von Fionas Haut festhingen, durch ihr Saugen entfernen koennen. Nochmals spuckte sie den ekeligen Geschmack neben sich aus, als sie Minna sah, die sich neben Fiona hinueberbeugte und ihren Kopf nahm. Sie war erleichtert. Immens erleichtert. Sie hatte Beistand. Sie war keine Aussenseiterin im Widerstand gegen Callista. Ja.
Die Augen all jener Sklavinnen und der Roemerin, die noch zuvor fassungslos auf das fliegende und am Grund leblos aufpralllende Tier aus der Wueste gestarrt haben, wandten sich nun Aintzane, Minna und Fiona zu.
Die Roemerin... was wuerde sie bloss tun? Ein leises "Au" liess sie von sich hoeren, gefolgt von einer Serie von leisen, aeusserst undamenhaften Fluechen.
Das Naechste, was Aintzane spuerte, war die Ohrfeige. Schmerzhaft gruben sich die perfekt zugefeilten langen Fingernaegel der Roemerin in die Haut ihrer linken Wange.
Sie blickte auf, waerend sie sich selbst mit der linken Hand an ihre Wange griff. Als sie die Hand in ihr Gesichtsfeld fuehrte, sah sie, wie das Blut die Innenflaeche ihrer Hand rot verfaerbt hatte.
Sie liess die Hand sinken. Oft konnte man Aintzane Widerwillen, Grantigkeit, Agonie oder Trauer ansehen. Doch die Emotion, die aus ihren Augen blitzte, war etwas, was man sonst nur selten bei ihr sehen konnte. Hass. Zurueck, befahl die Roemerin. Aintzane bewegte sich keinen Zoll.
In diesem Augenblick besann sie sich auf eine alte Freundin. Sie war zwar Roemerin, wie auch Callista, doch sie war hilfreich, auch wenn andere Roemer keinen Wert auf sie legten und ihre Prinzipien missachteten. Es war Iustitia, die Goettin der Gerechtigkeit. Sie wuerde kommen. Frueher oder spaeter. "Drohung? Tod?", wiederholte Aintzane ohne jegliche Gefuehlsaeusserung in ihrer Stimme. "Das ist..." Sie wollte gerade zu einer rebellischen Antwort ansetzen, da schaelte sich auf einmal die Figur der Inderin aus dem Halbdunkeln, in dem sie vorher gewesen war. Sie versuchte, die Aufmerksamkeit auf sich zu richten. Doch es misslang. Aintzane nickte ihr zu, auf ihrem Gesicht bildete sich eine Andeutung eines gehaessigen Grinsens. "4 zu eins...", murmelte sie leise, unhoerbar, zu sich selbst. Ein paar Sekunden stand sie da.
Dann entschied sie sich gegen den Aufstand. Es war nicht passend. Ihre Freiheit wuerde noch etwas warten muessen. Doch einmal wuerde es soweit sein.
"Minna...", meinte sie zur selbigen. "Es tut mir Leid... aber es hat keinen Wert." Langsam trat sie zurueck. Ein Schritt, zwei Schritte, drei und vier. Dann stand sie still und schaute indifferent zum toten Skorpion hinueber. -
Die Tuer war offen gestanden. Also hatte Aintzane nichts weiter zu tun, als der Aufforderung der Callista Folge zu leisten.
Es war unmoeglich, irgendetwas zu tun, um den Wahnsinn zu verhindern. Denn Wahnsinn war es. Die Frau, diese Roemerin, war komplett verrueckt, das stand fuer Aintzane fest. Es war eben jene Verruecktheit, die sich hinter der unschuldigen Fassade einer schoenen Frau mit blumiger Ausdrucksweise zu verbergen pflegt, und dan unvermutet und schnell zum Vorschein kommt.
Nein, sie stand bei Callista still, denn die Ansicht des Korb mitsamt seiner kriechigen, giftigen Insassen liessen sie verstummen. Sie hoerte nichts mehr um sie, die Roemerin, die gehaessige Wortbrocken von sich gab, und die Inderin, die sie umschmeichelte wie eine Katze und dem Zuschauer Anlass zur Vermutung gab, dass sie schier danach trachtete, das Hinterteil ihrer Herrin abzulecken.
Fuer so etwas hatte Aintzane nur Verachtung uebrig. Ihre echt empfundenen Emotionen sparte sie sich allerdings fuer Fiona und ihren Anblick.
Tatsaechlich nahm sie den Skorpion in die Hand. Sie tat es wirklich. Nein. In Aintzanes Hirn arbeitete es.
Dann sah sie es. Die Schweissperlen. Der Ausdruck in Fionas Gesicht. Das Aufzucken und Zittern. Die Atemnot.
Aintzane scherte sich jetzt nicht mehr um irgendetwas. Sie sprang nach vorn und schlug Fiona seitlich auf ihre Hand. Der Skorpion wurde, wie Aintzane es beabsichtigt hatte, aus Fionas Hand weggeschleudert und landete mit einem Klatschen inmitten von Callistas wertvollen Fiolae, von denen einige zersplitterten. Das hatte sie nicht beabsichtigt, doch dagegen konnte sie nichts tun. Sicher wuerde jetzt ein Geschrei und ein Gezeter anheben, doch sie kuemmerte das nicht.
Dann nahm sie die Hand her. Sie war komplett angeschwollen. Die Wunde sah man ganz klar, und man sah auch, wie weit das Gift im Arm fortgeschritten war. Sie umklammerte mit festen Griff den Arm und saugte an der schwaerenden Wunde. Amilamia, grosse Goettin der Naechstenliebe, steh mir bei, dachte sie innerlich, als sie das schaal schmeckende Gift in ihren Mund sog und neben sich ausspuckte. -
Aintzane bekam eine bestätigende Antwort auf ihre Frage. Callista fügte auch noch ein Wort hinzu, welches so ähnlich klang wie "Limonade"... wollte die Herrin ein Getränk haben? Sie brauchte eine Sekunde, bis ihr klar wurde, dass sie damit gemeint war und es vermutlich nichts boshaftes war. Das hoffte sie einmal.
Einen Befehl bekam sie noch. Eine rote Phiole. Sie langte nach hinten, auf ein winziges Schränkchen, das im Raum stand, nahm sich die rote Phiole hinunter und stellte sie neben der Frau hin. "Bitte.", meinte sie.
Schon wollte sich Aintzane abwenden von der Römerin und sich ein Kleid suchen gehen, da bemerkte sie die betroffenen Blicke der Sklavinnen rund um sich.
Sie blickte herum. Dann sah sie, dass alle Augen auf Fiona gerichtet waren.
Zeitgleich mit Callista ging es ihr auf, was Fiona mit der Geschichte ausgedrückt hatte. Es war nicht einfach nur irgendeine Geschichte gewesen. Es war ihre Lebensgeschichte.
Wie ein Blitz durchzuckte jene Erkenntnis Aintzane. Fiona hatte den Anwesenden ihre Vita erzählt... und Aintzane hatte es als gute Geschichte empfunden. Sie war schockiert über sich selbst. Wie uneinfindsam und trampelhaft war sie gewesen, dass ihr diese Bedeutung so komplett entgangen war?
Sie blickte zu Fiona hin. Tiefe Traurigkeit lag in ihren Augen. Aintzanes Geschichte war fast schon unheimlich ähnlich. Bilder, die sich ihr aufdrängten, musste sie mit Gewalt zurückhalten.
Stattdessen ging sie langsam zur Tür hin, machte sie auf und schloss sie. Da hörte sie noch von hinten Fiona, gedämpft durch die Tür. Sie sehne sich jeden einzelnen tag auf ihre Toteninsel.
Das war zuviel. Aintzane ging hastig weg, hin zu ihrem Zimmer, wo sie das Kleid aus ihrem Kasten herauskramte.
Schließlich ging sie wieder langsam zum Zimmer zurück. Und stand davor. Irgendwie überkam sie eine Scheu. Was sollte sie jetzt tun? Anklopfen, ohne Zweifel. Aber sie zögerte kurz.Sim-Off: Lasst Aintzane ruhig ein bisschen warten. Ich bin am Wochenende weg.
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Träumerisch sah die Frau zu Minna und Aintzane hin. Ihre Augen schienen zu strahlen, als die beiden Sklavinnen sich neben ihr in einer Reihe, fast schon soldatisch, hinstellten.
In diesem Moment hörte Aintzane, dass Fiona, neben der Römerin, zu sprechen angefangen hatte. Andächtig hörte sie hin. Es war eine schöne Erzählung, die jede Anwesende hier im Raum weit weg versetzte, in ein fernes, kaltes und verregnetes Land, voller Magie, Träume und Wäldern, ein Land, in den die Elfen und Drachen omnipräsent waren.
Es ging vor allem um eine Apfelinsel. Einen Apfel. Irgendwie sehnte sich Aintzane auf einmal danach, einen Apfel zu essen. Sie sah sich um, doch es gab keine Spur einer solchen Frucht. Sie nickte Fiona freundlich zu, als diese geendet hatte, und wollte gerade sagen, dass sie die Geschichte sehr gut gefunden hatte, da ließ die Römerin einen Kommentar los, der sich eindeutig auf den Geruch eines anwesenden Menschen bezog. Aintzane blickte auf sich hinunter. War sie etwa gemeint?
Offenbar. Aintzane starrte die Römerin höchst erstaunt, eigentlich schon entgeistert an. Ihr Gesichtsausdruck verdunkelte sich eindeutig, als Callista "Widerlich." meinte und ihr befahl, sie solle sich mit irgendeiner Tinktur einreiben.
Die Baskin wollte ihren Ohren nicht trauen. Garstig? Widerlich? Stinkend? Was waren das für Worte? Doch sie war klug genug, nicht darauf einzugehen. Immerhin hatten die Worte der Frau einen Effekt - sie konnte diese kratzigen Kleider ausziehen und sie war hiermit offiziell vom Küchendienst befreit.
"Zu Befehl, Herrin.", meinte Aintzane mit einem gewissen beleidigten Unterton in ihrer Stimme.
Doch gerade, als sie nach hinten ging und die Phiole suchte, fiel ihr auf, dass sie keine andere Kleidung hatte. Also wandte sie sich an die Frau. "Herrin, erlaube mir, in meinem Kleiderschrank ein angemessenes Kleid zu suchen. Anschliessend werde ich anfallende olfaktorische Unpässlichkeiten bereinigen.", meinte sie zu der Frau, in der Hoffnung, dass es ihr erlaubt sein würde, etwas zum Umziehen zu holen. Das grüne Kleid würde sie sich holen, dachte sie sich. Das passt sicher zur Färbung des Wassers in jener Halle. -
Sim-Off: Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, wenn ich mich in den Raum hineinschmuggle.
Aintzane hatte eigentlich anderes vorgehabt. Irgendeine langweilige Aufgabe, die darin bestand, in der Küche zu helfen. Küche! Wenn sie das Wort schon vernahm! Arbeit in der Küche hatte sie schon immer als monoton und langweilig empfunden, und sie würde es auch immer tun.
Doch etwas ließ sie in ihrer Arbeit innehalten, als sie mit zwei schweren, nutzlosen Pfannen an einer Tür vorbeiging.
Sie hörte einen Gesang, einen fremden Gesang von einer Sprache, die sie noch nie gehört hatte.
Im dunklen Gang sah sie plötzlich Minna, die, ohne sie zu sehen, die Türe einen Spalt öffnete. Der Gesang wurde lauter, da das Hindernis der Türe nicht mehr die Musik abdämpfte. Eigenartig.
Aintzane ging langsam zu Minna hin, nickte ihr wortlos zu und lugte dann ebenfalls durch den Spalt. Sie sah mehrere Frauen. Eine davon, Fiona, kannte sie bereits. Doch wer waren die drei anderen? Eine davon war, der Kleidung und dem Gehabe nach zu schließen, eine Römerin. Eine andere war eine zierliche junge Frau, die irgendwie schüchtern aussah. Aber vielleicht war das nur die Abwesenheit von Licht, welches den Raum erhellen könnte.
Die dritte Frau sang. Sie war die eigenartigste von allen. Doch noch bevor Aintzane konstatieren konnte, was sie so eigenartig an ihr fand, befahl ihr die Römerin abrupt, mit dem Singen aufzuhören. Die Sklavin gehorchte und erzählte. Sie erzählte eine Geschichte, die ein Land beschrieb, wie es eigenartiger und fremder nicht sein konnte. Doch die Geschichte hatte etwas an sich. Aintzane mochte sie. Und der letzte Satz veranlasste sie zu einem belustigten Lächeln. Sie traute sich was, die Frau. Der Akzent klang ebenfalls irgendwie witzig.
Was die Römerin nun sagte, verstand Aintzane nicht - es war einfach zu leise - , aber es klang abgehoben, auf eine merkwürdige Weise beruhigend und nicht unfreundlich.
Also überwand sie ihre Scheu und trat aus dem Türspalt hinaus. Alles war besser, als Küchenarbeit zu machen. "Salvete.", grüßte sie brav. "Darf ich mich dazusetzen?" -
Als Aintzane kurz zuruecksah, erkannte sie, dass sich der Sud noch immer ausbreitete. Ihre Herrin schien es entweder nicht zu bemerken, oder sie machte keine Bemerkung dazu.
Deandra stimmte ihr zu, dass das wegmusste. Und Aintzane wusste schon sehr genau, wer das wegschrubben m usste und sich dann von Deandra hetzen lassen musste. Ihr eigener Seufzer war dementsprechend lauter als der ihrer Herrin.
Doch waehrend sie sich den Finger am Boden abwischte und nach einem geeigneten Putzlappen - einen sehr dicken Putzlappen - Ausschau hielt, sagte ihre Herrin etwas, das sie stutzig machen liess. Was fuer ein Keks? War das wieder eine Anspielung darauf, dass Deandra Aintzane fuer dick hielt? Sie schaute abermals an sich hinunter und vergewisserte sich ihren Bauchumfanges. Alles wie immer. Allerdings war vor allem die Kombination mit dem Wort "Scherz" verblueffend. Was soll das fuer ein Gebaeck sein, ein Scherzkeks? Und wieso nannte Deandra sie so? Aintzane liess es einfach sein. Frueher oder spaeter wuerde sie daraufkommen - sie muesste irgendjemanden fragen.
Die naechste Ansage aus Deandras Mund war gefolgt von einem Stoehnen aus Aintzanes Richtung. "Vier, fuenf Jahre...", machte sie und blickte die Sosse einmal mehr an. Jetzt bemerkte sie die kleinen pelzigen Fetzen, die im ehemaligen Oel herumschwammen. So etwas hatte sie gerade noch gebraucht. "Es ist nicht schaedlich, aber auch nicht sehr appetitlich. Und, ja, ich mache es weg, ich..."
Sie wurde unterbrochen, als Minna zu ihnen hintrat. Sie hielt Fiona in ihren Armen. Erstaunlich fuer eine so zarte Gestalt... doch in Notsituationen war alles moeglich.
Deandra befahl Minna, die Bewusstlose in die Kutsche zu legen. Aintzane fiel ein, dass sie gut etwas von der Kutschenplane gebrauchen konnte. Es war ein dicker Stoff, der sich sicher gut zum Wegwischen von der Bruhe eignete, doch sie war sicher, dass Deandra so einen Vorschlag kategorisch ablehnen wuerde, und so brachte die die Thematik gar nicht einmal aufs Tapet.
"Ich wuerde gern die Bruehe wegwischen.", meinte Aintzane so zu ihrer Herrin. "Aber womit? Du kennst das Haus ja - weisst du, wo Putzfetzen sind?" -
Als Deandra mit einem gewissen Staunen in ihrer Stimme fragte, was das denn gewesen war, fuhr Aintzane zusammen. Sie hatte sich die ganze Zeit auf die zerstoerte Tuere konzentriert. Was jetzt?
Ihre Herrin meinte, sie habe das gut gemacht, und Aintzanes Schultern sanken erleichtert hinab. Na also, ging doch. Unwillkuerlich fragte sie sich, was es gegeben haette, wenn Fiona das selbe getan haette... vermutlich ein Donnerwetter. Aber sie hielt sich nicht lange mit solchen Theorien auf, sondern hoerte aufmerksam ihrer Herrin zu. Was die roemische Patrizierin von sich gab, klang ausgesprochen verwirrt. Hatte sie doch Anteil genommen an Fionas Schicksal? Hatte das sie so verwirrt? Oder war es der selbe, nebuloese Grund, der sie veranlasst hatte, Hals ueber Kopf aus Rom zu fliehen? Nun, eines stand fest: Sie konne jetzt wieder arbeiten.
Immerhin, Zimmer begutachten... das klang nach ein paar Minuten Pause. Doch als sie hinter Deandra das Zimmer betrat, verblueffte sie etwas.
Der unglaubliche Gestank, der im Haus herrschte und offenbar von einer zerbrochenen Amphore ausging. Ein kurzer Blick bestaetigte den Verdacht, den sie hegte. Der Bolzen hatte, als er ins Haus hineingeschnellt war, genau jene Vase getroffen. Darueber wuerde Aintzane sicher schweigen.
Die Herrin befahl ihr, wie sie schon erwartet hatte, den Inhalt, der am Boden ausgeschwemmt lag, zu untersuchen. Also dann, los geht's. Im Sud sah sie zunaechst einmal den Bolzen liegen, komplett von der Bruehe verkleistert.
Ganz, ganz versichtig dippte sie mit ihrem rechten kleinen Finger in die Suppe. Als sie die Hand wieder hob, zog das Geschluder einen Faden hinter sich nach. Das Zeug war klebriger als alles andere, was sie kannte.
Sie fuhr langsam mit der rechten Hand ins Tageslicht, dass durch die offene Tuer hindurchstroemte.
Die Fluessigkeit war braeunlich. Was es war, konnte sie beim besten Willen nicht sagen. Innerlich tippte sie auf Kuhfladen. Nur dass jenes nicht so klebrig war wie der Sud, der an ihrer Hand pickte. Die Galle stieg ihr hoch, und angeekelt wandte sie ihr Gesicht von ihrem Finger ab, hin zu Deandra. "Ich weiss nicht, was das ist. Ich weiss nur, dass es wegmuss, und zwar so schnell wie nur moeglich." Ein dumpfer Verdacht stieg in ihr hoch. "Weisst du zufaelligerweise, wie lange Olivenoel braucht, bis es verdirbt? Und wann war das letzte Mal jemand in diesem Haus?", fragte sie ihre Herrin. -
Zorionak!
Tja, da gratuliere ich! Alles Gute zum Geburtstag, Mitsklavin! Lass dich feiern!
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Es war ein sehr grosser und sehr desolater Hammer, den Aintzane am Haus angelehnt fand, im Zugang zum Hinterhof. Vermulich war es irgendein Handwerker oder Arbeiter, der das Geraet dort gelassen hatte, weil das alte Werkzeug einfach etwas zu schwer und zu klobig war, um es wieder nach Hause zu nehmen.
Kurz entschlossen packte Aintzane den Hammer, der schon uralt sein musste, und zerrte ihn unter Aufwendung all ihrer Kraefte zur Haustuer hin. In der Ferne hoerte sie Fiona. Ihr schien klar zu werden, dass sie sich nicht mehr in ihrer Heimat befand. Nein, das hier war ganz gewiss nicht Cymru. Sie war weit von ihrer Heimat entfernt.
Irgendeine noch unentdeckte Kraft in Aintzane veranlasste sie, langsam den Hammer zu heben. "Nicht das und auch sonst nichts.", fluesterte sie in sich hinein, als sie den hammer erhob, langsam und bestaendig. Es war ebenso wenig Cymru wie Euskadi, ihre Heimat. Wo waren die Berge, wo waren die Steppen, wo waren die schier endlosen Straende des Biskayischen Meeres? Alles fort. Langsam wuerde Fiona klar werden, dass sie keine Herrscherin ueber ihr Anwesen mehr war, sondern nur noch Sklavin, genauso wenig, wie Aintzane die Herrin ihres Anwesens in den Pyrenaeen und den Taelern und Wiesen von Pasadaia war.Sie bemerkte mit gewissen Erstaunen, dass sie den Hammer auf die Hoehe ihres Kopfes gebracht hatte.
Sie liess ihn fallen, direkt auf das Schloss der Tuer hinauf.
Die Klinke brach ab und fiel mit Klirren zu Boden. Der Hammer fuhr in das Holz der Tuer hinein und traf den Bolzen, der mit einem hellen Klingen ins Haus hineinsprang und mit einem dunpfen Knall etwas traf.
Der Hammer fiel zu Boden. Die Tuer schwang auf.
Und Aintzane stand da, starrte auf das zerstoerte Schloss, die offene Tuer. Konnte das wahr sein? Hatte sie das getan?
Sie blickte zu ihrer Herrin hinueber. Wuerde sie sauer auf Aintzane sein, weil sie die Tuer zerstoert hatte, oder wuerde sie sich freuen, weil die Tuer endlich offen war? -
"Ja, ich kenne dich. Ich bin Aintzane. Aintzane, und alles wird gut, ekine Sorge. Alles wird bestens, Fiona. Was hier los ist, ist nicht wichtig. Du bist in Sicherheit.", erklärte sie mit ruhiger Stimme.
Als sie den rechten Arm anfasste, schrie Fiona auf und Aintzane sah, dass der Silurerin fast die Tränen in den Augen standen. Der Arm. Er hatte eine merkwürdige Krümmung. Konnte es etwa ein gebrochener Knochen sein? Große Mutter der Erde, erspare uns das, dachte sich Aintzane.
Da sah sie Minna mit dem Medicus zurückkommen. Die war aber schnell, dachte sich Aintzane, war aber auch erleichtert, dass dem so war.
Der Medicus kniete sich neben Fiona hin. "Ich glaube, sie hat einen Gedächtnisverlust, ziemlich sicher auch eine Gehirnerschütterung und eventuell einen gebrochenen Arm.", meinte Aintzane zum Arzt und zu Minna. Dann blickte sie zu Minna hin. "Ja, Fiona lebt noch, aber ich glaube nicht, dass es ihr gut geht. Es ist ganz wichtig, dass du bei ihr bleibst. Ich muss jetzt weg." Leicht, damit Deandra es nicht bemerkte, nickte sie seitlich zu ihr hin. "Ich muss das Haus irgendwie öffnen. Pass gut auf Fiona auf."
Dann warf sie nochmals einen Blick auf die am Boden liegende Fiona und ging möglichst schnell zum Haus.
Sie fand die Tür noch immer verschlossen vor. Was sollte sie bloß tun? -
Als Deandra langsam auch Fiona zuschritt, loeste sich Aintzane aus ihrer Starre und ging ebenso langsam auf Fiona zu. Die Befehle ihrer Herrin vernahm sie als ein angenehmes, weit entferntes Brabbeln, dass so gutmuetig klang wie das Gurgeln eines friedlichen Gebirgsbaches in den Pyrenaeen. Sie ging nicht darauf ein.
Aintzane hoerte, wie Fiona auf einmal wieder zu sprechen anfing! Sie war erleichtert, doch sie hoerte auf einmal, wie Fiona zu sprechen anfing.
Doch die Sprache, die sie sprach, war nicht latein.
Vielmehr war es jene Sprache, die Aintzane hie und da gehoert hatte, als sie noch auf jener Villa in Nordgallien Sklavin war... es war die Sprache der Briten, der Inselbewohner, die regelmaessig aus dem Norden kamen, um verschiede Sachen in Nordgallien zu kaufen - vor allem Zwiebeln.
Sie marterte ihr Gehirn auf der Suche nach Worten in dieser Sprache, die sie kannte, aber sie musste zugeben, dass jenes Vokabular aeusserst duerftig war. Das erste war irgendetwas mit ihrem Kopf, glaubte sie... das zweite verstand sie nicht.
Ihre naechsten Worte brachten dann die komplette Einsicht. Aintzane sah fast ihren frueheren Lehrer Oligos vor ihr stehen, der sie ueber die Symptome des Gedaechtnisverlustes lehrte.
"Fiona.", meinte sie, so sanft sie konnte, "Es ist alles gut. Es wird alles gut. Kannst du aufstehen? Ich bringe dich ins Haus."