Beiträge von Minna

    Dass man Nordwin um Hilfe bitten wollte, hielt Minna für eine gute Idee. Er machte auf sie einen verlässlichen Eindruck und außerdem konnte sie ihn gut leiden. Hoffentlich würde alles nur gut gehen, denn sie wollte natürlich nicht, dass er wegen ihnen in Schwierigkeiten geriet.


    Minna war erleichtert, als sie feststellte, dass Fiona mit Nordwin wiederkam. Aber was sollte das denn jetzt? Er weigerte sich einzutreten? Sie schaute Samira fragend an. "Was meinst du, Samira? Draußen wird das Ganze noch auffälliger... ". Anderseits hatten sie ja keine andere Möglichkeit als rauszugehen, denn so wie es schien würde Nordwin stur bleiben.

    Wie so oft konnte Minna auch diese Nacht nicht so recht einschlafen. Zu sehr sehnte sie sich nach ihrer fernen Heimat. Wie lange war sie nun schon von ihrer Familie getrennt? Es mussten jetzt ein paar Monate sein seit sie nach Rom verschleppt wurde, doch es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. So lange war sie noch nie von zuhause fort gewesen. Sie dachte an ihre armen Eltern. Ob sie sie jemals sehen würde? Die Hoffnung eines Tages fliehen zu können hatte sie bisher noch nicht aufgegeben, doch im Moment schien ihre Lage ziemlich aussichtslos zu sein. Tränen liefen ihr über die Wangen.


    Plötzlich vernahm sie eine Stimme. "Fiona? Ja, ich bin noch wach. Ich kann nicht einschlafen. Was ist los?" Minna wischte sich die Tränen weg und versuchte sich wieder zu fassen. Sie wusste es selbst nicht so genau, aber aus irgendeinem Grund wollte sie ihren Kummer vor Fiona verbergen.

    Da sie ihn eh nicht verstand, versank Minna allmählich in ihren Gedanken. Sie dachte an ihre Heimat. Wie gerne wäre sie doch wieder bei ihrer Familie! Wie es ihnen wohl ging? Ob ihre Eltern nach ihr suchten? Oder hatte man sie bereits für tot geglaubt? All diese Fragen schossen ihr durch den Kopf. Das Wichtigste, was sie aber beschäftigte, war die Ungewissheit, ob sie jemals überhaupt jemanden von ihrer Familie sehen würde. Vielleicht hatten aber auch schon die Römer ihr Dorf bereits erobert? Nein, daran durfte sie nicht mal denken! Die Vorstellung war viel zu schrecklich. ...


    Fionas Anstoßen riss sie aus ihren Tagträumen. Wieder nickte sie brav. Tief in ihrem Inneren lachte sie diesen Römer aus. Merkte er das denn gar nicht, dass sie kein Wort von ihm verstand ? Naja, ihr sollte es nur recht sein. Er würde sich schwarz ärgern und seine Wut womöglich an sie auslassen, wenn er es rausbekommen würde und das wollte auch wieder nicht.

    Sein Gesichtsausdruck verriet deutlich, wie zornig er war. Die Art, wie seine Augen sie anblickten, flößte Minna eine ungeheure Furcht ein. Hätte Vesuvianus’ Blick nicht Bände gesprochen, wäre sie glücklich gewesen, dass sie sich endlich aus dieser entsetzlichen Lage entziehen konnte. Doch so war ihr bewusst, dass das Ganze noch ein schlimmes Nachspiel haben wird. Sie konnte nur noch hoffen, dass seine Bestrafungen nicht allzu grausam waren.


    Das Einzige, was ihr in diesem Moment Halt gab, waren Fionas besänftigen Worte. Auch wenn sie nichts verstand, der Klang in ihrer Stimme ließ Minna erkennen, dass sie ihr Trost spenden wollte. Traurig lächelte sie Fiona an. "Danke." sagte sie leise auf germanisch. Sie wollte sich so gerne für all das bedanken, was Fiona ihretwegen alles getan hat.

    Minnas Augen weiteten sich als sie Samiras Worte hörte. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Sie brauchte Gift? Gut, sie konnte sich denken, wofür sie es benötigte, aber ihr war nicht klar, was sie das anging. In so eine Sache wollte sie nur ungern reingezogen werden, denn sie roch geradezu nach Ärger. Misstrauisch blickte sie die Frau an. Sie wusste nicht, ob sie ihr vertrauen könnte, aber so wie es aussah blieb ihr gar keine andere Wahl.


    "Ich kenne mich leider ebenso wenig in Rom aus. Auch hab ich keine Idee, wo wir welches auftreiben könnten." flüsterte sie.

    Während er vor ihnen stand und so daher redete, schaute Minna ihn nur perplex an. Er ging anscheinend davon aus, dass sie diese verdammte Sprache verstehen würde. Was redete der denn nur die ganze Zeit? Sicherlich nichts erfreuliches. Es ging bestimmt darum, dass sie ihm ab jetzt gehorsam dienen sollen und ähnliche Dinge. Was ihr in die Augenblick vielmehr beunruhigte war die Art wie er die beiden Sklavinnen musterte. Was er wohl mit ihnen vorhatte?


    Als sein Wortschwall endlich endete, nickte Fiona. Anschließend machte sie hinter ihrem Rücken ein kurzes Zeichen. Minna begriff sofort. Sie nickte ebenfalls eifrig und tat einfach als hätte sie jedes Wort verstanden. Hoffentlich merkte er nur nicht, dass etwas faul war. Denn sie war schon immer schlecht im Lügen gewesen und jedes Mal hatte sie dabei das Gefühl ihr Gegenüber könne ihre wahren Gedanken erkennen.

    Mittlerweile schien es ganz gut zu laufen. Die Unterhaltung verlief schon eine zeitlang ruhig und den beiden Sklavinnen unterliefen keine weiteren Patzer, die diese ausgeglichene Atmosphäre stören könnte. Minna wog sich schon in Sicherheit, dass die Konversation bald endete und sie das Schlimmste überstanden hatte. Doch dann wandte sich Vesuvianus mit einem Blick zu ihnen, der all ihren Optimismus mit einem Schlag zunichte machte. Nachdem er Fiona eine Anweisung gab, schaute er ihr direkt in die Augen und sprach Minna an. Er sprach sie tatsächlich an. Es kam ihr vor, als hätte ein Blitz sie getroffen. Mit großen Augen stand sie ihm ängstlich gegenüber. Warum konnte er sie nicht einfach ignorieren? In ihrem Kopf suchte sie panisch nach einer Lösung. Plötzlich ergriff Fiona das Wort. Hoffentlich hatte sie eine Idee. Doch es schien, als würde er keine Ausreden mehr dulden. Wenn sie nur wüsste, was er eigentlich von ihr wollte. Sicher war es nur eine Kleinigkeit und nur wegen ihren mangelnden Lateinkenntnissen kam sie – und bedauerlicherweise auch Fiona - nun in große Schwierigkeiten.


    Langsam wurde er ungeduldig. Minna rührte sie jedoch nicht von der Stelle und schaute ihn nur ängstlich an. Herje, ihr Gesichtsausdruck musste sie jämmerlich ausgesehen lassen haben. Hilfesuchend blickte sie zu seinen Gästen. Vielleicht hatte einer von ihnen Erbarmen mit ihr? Doch sie glaubte nicht wirklich daran, dass jemand von diesen Römern Partei für sie ergreifen würde. Plötzlich bemerkte sie, wie Fiona versuchte ihr unauffällig Hinweise zu geben. Hatte sie das richtig verstanden? Sie sollte den Kopf schütteln? Sie war sich nicht sicher. Sonst hatte sie einfach immer genickt und das hatte ihr bisher jedes mal geholfen. Vesuvianus schien irgendetwas von ihr zu erwarten und wenn sie das jetzt verneinen würde, würde er bestimmt wütend werden. Andererseits hatte Fiona ihr schon mehrmals geholfen. Sie wusste, sie konnte sich auf sie verlassen. Was sollte sie jetzt nur machen? Da ihr die Zeit davonlief, fasste sie allen Mut zusammen und schüttelte kurz entschlossen den Kopf.

    Minna hielt sich gerade im Garten auf, als sie plötzlich jemanden rufen hörte. Nanu, hatte sie da nicht eben ihren Namen gehört? Sie eilte in die Richtung, aus der sie die Stimme vernommen hatte. In der Sklavenunterkunft traf sie auf eine fremde Frau. Wer war das denn schon wieder? Minna staunte, wie viele verschiedene Menschen sich in dieser Villa aufhielten. Dann entdeckte sie Fiona. Anscheinend warteten die beiden bereits auf sie. "Salve, ich bin Minna." sagte sie freundlich. Ihr germanischer Akzent klang kratzig und scharf, aber immerhin hatte sie seit ihrer Ankunft in der Villa schon einiges an Latein gelernt. Anschließend lächelte sie Fiona an. Sie war froh, dass sie auch hier war. Dann fiel ihr Blick wieder auf die Fremde. Ob sie wohl ebenfalls eine Sklavin war? Minna war sich nicht sicher.

    Minna verstand zwar nicht, was die Sklavin zu ihnen sagte, doch es schien von großer Bedeutung zu sein. So eilte sie ihnen einfach hinterher.


    Als sie eintrafen, ahnte sie was nun kommen würde. Sie würden den Mann treffen, der sie auf dem Sklavenmarkt erworben hatte. Nun wurde auch Minna sichtlich nervös. Sie hatte ihn ja bereits auf dem Markt zu Gesicht bekommen. Dort hatte er auf sie den Eindruck eines reichen und strengen Römers gemacht. Er sicherlich genauso arrogant und kaltherzig wie jeder andere Römer auch, den sie bisher begegnet ist, da war sie sich sicher.


    Vorsichtig betrat sie den Raum, in dem er bereits auf die beiden Sklavinnen wartete. Die prächtige Einrichtung beeindruckte sie sehr. Diese Familie hier musste wirklich sehr wohlhabend sein. Dann musterte sie ihn... ihren neuen Herren. Er wirkte auf sie kalt und ernst. Es schüttelte sie bei dem Gedanken, ihn und seine Familie zu dienen. Schüchtern stellte sie sich ganz dicht zu Fiona. Neben ihr fühlte sie sich gleich viel sicherer. Was nun auf sie zukommen würde?

    Nachdem Vesuvianus ihr durch einen erneuten Wink verständlich gemacht hatte, dass sie neuen Wein einschenken sollte, trat sie unverzüglich hervor und tat, wie man es ihr aufgetragen hatte. Selbstverständlich mischte sie diesmal den Wein sofort mit Wasser.
    Sie wollte sich schon wieder zurückziehen, doch plötzlich blickte ihr Herr sie kalt an. Ihr Atem stockte. Er wollte sie doch nicht etwa ansprechen! Bitte nicht, dachte sie panisch. Als er anfing zu reden, wurde sie kreidebleich, doch er musste Fiona gemeint haben, denn diese eilte umgehend zum Tisch und reichte ihm neue Speisen an. Erleichtert darüber nutzte Minna den Augenblick um wieder in den Hintergrund zu treten. Hoffentlich würde diese Unterhaltung nicht noch allzu lange dauern.

    In der Küche gab Fiona ihr zu verstehen, dass die Herren noch Wasser zu ihrem Wein benötigten. Natürlich, die Römer trinken ja ihren Wein meistens verdünnt! Daran hatte Minna nicht gedacht. Schleunigst eilte sie mit dem Krug Wasser zurück ins Atrium und bewirtete die Herren weiter.


    Als sie fürs Erste versorgt waren, zog sie sich in eine Ecke zurück und beobachtete die ganze Unterhaltung. Sie musterte die Gäste von Vesuvianus nun genauer. Der Jüngere war eher ruhig. Viel zu sagen hatte der wahrscheinlich nicht. Sicherlich war das nur so ein arroganter Bengel eines reichen Römers. Ob er zur Familie gehörte? Bei dem älteren Herren hatte sie den Eindruck, dass er mit seiner eleganten Kleidung wohl ein äußerst wohlhabender und einflussreicher Römer sein musste.
    Es missfiel ihr sehr, dass sie diese Menschen von vorne bis hinten zu bedienen musste, aber sie wusste auch, dass sie im Moment nichts dagegen tun konnte, wenn sie ihre Lage nicht noch verschlimmern wollte. Sie würde ihnen eine demütige Sklavin verheucheln, aber sie würde nie vergessen, wo sie herkam und was ihr die Römer antaten. Wie es wohl bei Fiona aussah? Sie begann sich Gedanken um den Vorfall mit dem Tablett zu machen. Plötzlich kam es ihr in den Sinn, dass es vielleicht gar kein Versehen von ihr gewesen war. Denn nur so konnte sie Minna noch rechtzeitig auf das Verdünnen des Weines hinweisen. Hatte sie das wirklich nur getan um ihr zu helfen? Minna war sich nicht sicher, aber sie würde es Fiona durchaus zutrauen. Sie selber würde dies auch für andere Sklaven machen. Aus Trotz hatte sie es bestimmt nicht so weit kommen lassen, dafür machte sie auf Minna einen viel zu intelligenten Eindruck. Wie dem auch sei, sie hätte ihr zu gerne gedankt und für sie im Anbetracht der drohenden Strafe ein paar tröstende Worte gefunden.

    "Ja, ich bin in meinem Dorf Heilerin gewesen." sagte sie stolz. Bei den Worten über die Kreuzigung des Sklaven musste sie schlucken. Wie grausam die Römer doch sein konnten. Was der arme Kerl wohl getan hat?


    Dann ging es wieder um Minnas fehlende Lateinkenntnisse. Eine Sklavin namens Kassandra sollte sie ihr beibringen. Nordwin brachte sie zu ihnen in die Küche. Hm, wie eine Germanin sieht aber nicht aus, dachte sie sich. Wie Nordwin sich das wohl mit dem Lernen gedacht hat... Aber irgendwie würden sie das schon hinbekommen. Nett schaut sie ja schon mal aus. "Minna." sagte sie freundlich lächelnd und zeigte dabei auf sich.

    Interessiert hörte sie Nordwin zu, was er zu den Bestrafungen zu Sagen hatte. Das ihr Herr das nicht selbst erledigen würde, hatte sie sich schon fast gedacht. Das war wieder einmal typisch, dass sich die Römer für so etwas zu fein waren.


    "Vergiften? Da könnte ich behilflich sein. Ich bin kräuterkundig und weiß, was man benötigt um jemanden umzubringen..." sagte sie betont verschwörerisch und schmunzelte. Sie meinte das natürlich nicht ernst, denn dafür war ihr eigenes Leben ihr viel zu lieb. Sie würde es bestimmt nicht für irgendeinen Römer opfern. Aber sie musste zugeben, ihr gefiel der Gedanke.


    "Ja es schmeckt hervorragend! Vielen Dank für dieses wunderbare Essen." Es war eine ehrliche Antwort. Es war schon etwas länger her, dass sie so etwas vergleichbares Gutes gegessen hatte. "Sag mal Nordwin, wo werden wir eigentlich schlafen?" Das interessierte sie doch sehr, unter welchen Umständen die Römer ihre Sklaven unterbringen.

    Der plötzliche Lärm ließ Minna aufschrecken. Sie konnte kaum glauben, was soeben passiert war. Fassungslos starrte sie zu Fiona rüber. Die Arme! Sie tat ihr leid, denn ihr war bewusst, dass Vesuvianus dieses Missgeschick sicher nicht ungestraft lassen würde.


    Es dauerte ein wenig bis sie sich wieder gefasst hatte. Bevor Fiona in die Küche eilte, bemerkte sie, wie sie ihr unauffällig ein Zeichen gab. Allem Anschein nach wollte sie ihr irgendetwas Wichtiges mitteilen. Daraufhin stellte sie den Weinkrug vorsichtig beiseite und sammelte zügig die restlichen Scherben auf. Den Wink von ihrem Herren hatte sie zwar zur Kenntnis genommen, doch sie hoffte, er würde es so auffassen, dass sie zunächst die Unordnung beiseite räumen möchte bevor sie weiter den Wein einschenkt. Anschließend lief sie ebenfalls in Richtung Küche.

    Vesuvianus machte Minna mit einer Geste deutlich, dass sie die Becher noch nicht voll einschenken sollte. Zumindest hatte sie das daraus geschlossen. Sie setzte den Krug ab und wartete. Im Blickwinkel beobachtete sie Fiona, die wie angewurzelt da stand. Bitte Fiona, reich ihnen die Speisen an, bevor sie ungeduldig werden, flehte Minna sie innerlich an. Kaum hatte sie das gedacht, sprach auch schon Vesuvianus sie an. Hoffentlich wird das gut gehen...

    Minna hielt sich gerade mit Fiona im Atrium auf, als drei Männer erscheinen. Es war Vesuvianus, der zusammen mit zwei anderen Männern eintraf. Die beiden anderen Männer hatte sie zuvor noch nicht gesehen. Es interessierte sie aber auch nicht besonders, wer diese beiden waren. Für sie waren alle Römer gleich.


    Gleich darauf kam Vesuvianus auf die beiden Sklavinnen zu und teilte ihnen etwas mit. Minna zuckte ein wenig, denn seine Stimme klang hart und kalt. Da sie kein Wort verstand, nickte sie einfach nur und hoffte das Richtige getan zu haben. Nachdem die Männer weitergegangen sind, erklärte Fiona ihr mit Händen und Füßen die ganze Situation. Ein Glück, dass sie Latein konnte, denn ihr Herr wäre sicherlich erzürnt gewesen, wenn er bemerken müsste, dass seine neue Sklavin seine Anweisungen nicht versteht. Und das auch noch vor den Augen seiner Besucher... er wäre blamiert gewesen.


    Anscheinend sollten sie für die Herren ein Essen vorbereiten. Also liefen die beiden Mädchen umgehend in die Küche und bereiteten die Speisen zu. Minna wusste zunächst nicht so recht, was für Mahlzeiten sich die Herrschaften vorstellten, also schnappte sie sich gleich den Weinkrug. Bei Wein konnte man nicht viel verkehrt machen, da war sie sich sicher. Fiona richtete währenddessen die Speisen her. Minna beobachtete sie von der Seite und fand, dass sie das sehr gut konnte. Hoffentlich hatten diese pingeligen Römer nichts daran auszusetzen... Was hatte Nordwin über Vesuvianus noch mal gesagt? Solange man ihm gehorchte, war alles in Ordnung. Man durfte nur keine Patzer machen. Sie redete sich zu, dass das schon klappen würde und dann machten sich die beiden wieder auf den Weg.


    Sie war furchtbar aufgeregt, als sie das Atrium betraten. Auch Fiona schien nervös zu sein. Mit gesenktem Blick gingen sie auf die Liegen zu. Hoffentlich war das nicht unhöflich, dass sie sie nicht in die Augen schauten. Minna wäre dadurch vermutlich noch angespannter geworden, als sie ohnehin schon war. In ihren Gedanken betete sie zu den Göttern, dass ihnen ja kein Missgeschick passiert und keiner Minna ansprach. Schweigend stand sie nun vor den Herren und begann dann den Wein in die Becher einzuschenken.

    Fiona hieß sie also? Netter Name, fand Minna. Irgendwie war sie froh, dass es noch jemanden gab, der ihr Schicksal teilte. So war sie schon einmal nicht alleine in dieser ungewohnten Lage. Konzentriert hörte sich Minna an, was Nordwin zu ihrem neuen Herren zu sagen hatte. Fehler lässt er kaum durchgehen? Oh je, das kann ja noch was werden, dachte sie sich. Auch wenn sie diese Römer nicht ausstehen konnte, so würde sie sich Mühe geben, denn schließlich wollte sie sich ihre momentane Situation nicht noch unnötig verschlechtern.


    Nachdem Nordwin mit den ganzen Informationen fertig war, gingen sie alle zur Küche. Es schien so, als hätte Fiona noch mehr Hunger als sie selbst, denn ihr Magenknurren konnte man deutlich hören.
    Minna erschrak, als sie die Köchin erblickte. Eine Frau mit solch einer dunklen Haut hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Außerdem trug sie ein merkwürdiges Tuch auf ihrem Kopf und auch ihre Sprache klang fremd. Wo die wohl herkam? Das Beil in ihrer Hand beunruhigte Minna noch mehr, doch sie erkannte schnell, dass nur die Gans sich davor fürchten musste. Sie war sichtlich überrascht, als die Dame sie so freundlich begrüßte. Die Frau machte auf Minna einen liebenswerten Eindruck. Noch sympathischer wurde sie ihr, als sie ihnen etwas zu Essen reichte. Den Göttern sei dank, endlich wieder etwas Gescheites zu essen! So etwas Gutes hatte sie schon länger nicht mehr zu sich genommen. Ihre Augen strahlten. Sie zögerte nicht lange und griff sich gleich etwas und schlang es herunter.


    Als sie alles aufgegessen hatten, drehte sich Fiona zu Nordwin. Irgendetwas fragte sie ihn. Zu dumm, dass sie kein Latein konnte. Zu gerne hätte sie es verstanden, doch so blieb ihr nichts anderes übrig zu warten bis Nordwin es wieder für sie übersetzt. Der arme Kerl! Wahrscheinlich war er schon völlig genervt von ihr.

    Wie sich herausstellte, sprach das andere Mädchen Latein und so unterhielten sich die beiden zunächst in dieser ihr völlig fremden Sprache. Aufmerksam lauschte Minna ihre Unterhaltung, auch wenn sie kein Wort verstand. Während sie da so saß und denen zuhörte, beschloss sie so schnell wie möglich Latein zu lernen. Eigentlich verachtete sie diese Sprache, aber sie könnte ihr sicher noch ganz nützlich sein. Außerdem sollte Nordwin ja nicht ewig als Dolmetscher herhalten müssen.


    Als er mit Fiona fertig war, wandte er sich zu ihr und erklärte ihr das Wichtigste auf germanisch. Puh, das klang aber alles ganz schön kompliziert. Was wohl passieren würde, wenn man etwas verkehrt macht? Oder wenn man sich sogar gegen irgendwelche Anweisungen widersetzt? Sie malte sich schon die schrecklichsten Bestrafungen aus. So wie sie die Römer bisher erlebt hatte, besaßen sie in der Hinsicht sicherlich viel Phantasie.


    "Bevor diese widerlichen Römer mich in ihre Gefangenschaft nahmen, hatte ich glücklich als freier Mensch in meinem Dorf gelebt. Ich habe vorher noch nie jemanden gedient." .... und das hatte sie auch eigentlich nie vorgehabt, dachte sie trotzig. Ob sie noch Fragen hatten? Minna überlegte. "Der Herr, der mich gekauft hat... Wie ist sein Name? Und wie behandelt er seine Sklaven?" fragte sie zaghaft. Und was wird er vor allen Dingen mit ihr vorhaben? Diese Frage schoss ihr ebenfalls durch den Kopf, aber das wollte sie lieber nicht wissen. "Hm... und wer ist das eigentlich neben mir?" Sie schaute die andere Sklavin an und lächelte schüchtern. Da gab es bestimmt noch weitere Dinge, die sie wissen wollte, aber im Moment fiel ihr nichts mehr ein. Sie war einfach zu müde und hatte zudem einen fürchterlichen Hunger. Schon seit Stunden hatte sie schon nichts mehr gegessen und so langsam brauchte sie was zu essen.

    Zusammen mit einer weiteren Sklavin wurde sie zur Villa gebracht. Minna musterte vorsichtig die Sklavin. Sie schien wie sie aus dem Norden zu kommen. Ob sie wohl auch Germanin war? Zu gerne hätte sie sie danach gefragt, doch Minna traute sich nicht so recht sie anzusprechen. Der Gehilfe vom Sklavenhändler hätte sie wahrscheinlich geschlagen, wenn sie die Sklavin auf germanisch ansprechen würde.

    Nach einer halben Ewigkeit kamen sie an ihrem Ziel an. Das war also das Haus, in dem sie irgendwelchen Römern dienen sollte. Sie musste zugeben, das Anwesen beeindruckte sie sehr. Überhaupt war sie völlig überwältigt von dem, was sie bisher in Rom gesehen hat. Solche imposanten Gebäude und so viele verschiedene Menschen hatte sie noch nie gesehen. In ihrem Dorf war alles so anders gewesen... Ob ihr Dorf von den Römern verschont geblieben ist? Traurig dachte sie an ihre Familie.


    Freudig stellte sie fest, dass sie von Nordwin empfangen wurden. "Heilsa," grüßte Minna ihn leise. Dann beobachtete sie, wie er dem Handlanger einen Beutel übergab. Als der Kerl endlich verschwunden war, wandte sich Nordwin zu ihnen. Neues Zuhause? Hatte er das gerade ernst gemeint? Pah, als ob sie dies hier als ihr Zuhause ansehen würde. Minna war empört. Allerdings hatte sie im Moment gar keine andere Wahl, das musste sie mit Bedauern einräumen.


    Sie gingen auf ein Wasserbecken zu und Nordwin deutete ihnen sich auf einer Bank Platz zu nehmen. Angespannt schaute Minna auf und fragte sich, was nun kommen würde.