Beiträge von Dido

    Fatigant waren jene Tage für das Mädchen, dass das Atrium betrat, unerträglich öde, denn ihr Herr war nicht in Rom und Dido hier, dabei war sie die Zeit zuvor keinen einzigen Tag von ihrem Herrn getrennt gewesen. Die anfänglichen Vorbehalte gegenüber ihrem Herrn waren damals schnell verschwunden, Kampfhund, Spiele und die Bevorzugung als Leibsklavin und Spielgefährtin hatten Dido schnell zur treuen und loyalen Dienerin von Serenus gemacht. Als sie all den Schmuck im Atrium sah, verzog das Mädchen angwidert das Gesicht. „Wie letztes Jahr...“, murmelte sie. Es entsann sie an das Fest, wo sie ihrem Herrn geschenkt wurde. Zum Glück musste sie keine trottelige Schleife im Haar tragen, damit sie auch als Geschenk wirkte. Prüfend musternd stolzierte das Mädchen, das keine zehn Jahre alt war, an dem Wandschmuck vorbei, ihre Hände hinter der grünen Tunika gefaltet, die ihr am Morgen von einer Sklavin hin gelegt worden war, wohl auf Geheiß jenes Mannes der Sklavenschaft, den Dido am Meisten verachtete. Die goldblonden Haare sorgfältig geflochten, wenn sich bereits auch schon die ein oder andere Strähne aus der Frisur löste. Sie war eben ein kleiner Wildfang. Die Beutel ließen die junge Dido verharren, sie reckte sich und streckte sich, strich mit ihren Fingern über den Stoff entlang, um zu Tasten, was dahinter war. Es war immer von Vorteil, wenn man sich schon im Vornherein ein Bild davon verschaffte, um das beste Geschenk zu erhalten. Dido spähte nach links und nach rechts, wähnte die Luft rein und sah sich nach einem geeigneten Gegenstand um. Sie zog einen flachen Tisch heran, räumte die Vase herunter und kletterte gewandt auf den Tisch. Damit war sie nun auch bedeutend größer, um in Höhe der Saturnalienbeutel zu stehen. Noch einmal gespäht, ob kein Sklave in der Nähe war, geschweige denn eine Herrschaft, mit einem tückischen Glitzern in ihren grünblauen Augen, dann griff sie zu einem der Beutel, öffnete den Verschluss und spähte hinein.


    „Ihhh...“, murmelte sie. „Was für ein blödes Geschenk!“ Sie knüpfte den Beutel zu. Und öffnete bereits den Nächsten. „Hm...lecker...“ Selbst wenn Süßes die junge Dido stets lockte, so hoffte sie auf den großen Gewinn. Einen Aureus gar. Manche in der Sklavenschaft behaupteten, in einem der Beutel wäre tatsächlich ein Solchiger versteckt. Schnell griff Dido in den Beutel, zog etwas vom Naschwerk heraus und stopfte ihn sich in den Mund. Krümel fielen auf ihre Tunika, etwas Honig blieb an ihrem Kinn hängen. Dido merkte es nicht, denn sie knüpfte hastig den Beutel wieder zu. Um gleich in den Nächsten zu spähen, auf der Suche nach einer Goldmünze oder etwas anderes Schönes. Gierig leuchteten ihre Augen. Darum bemerkte sie auch nicht die Schritte hinter sich....

    Einen kleinen Einblick in das Original möchten wir dem geneigten Leser eröffnen, ehe wir wieder die Gattung der literarischen Prosa wählen.


    Rutger und Hannibal
    4. Szene
    (Ein Badezuber. Im Hintergrund sieht man eine schlichte Mauer. Einen Stuhl, Kleider, einen Eimer: Er ist leer.)


    Rutger
    Ich hab ihn schon gefunden.
    (wirkt nicht erfreut)
    Also nicht dass Du etwa denkst... für einen Moment glaube ich wirklich Du wärst... Wegen dem Bart! ...weil Du jetzt keinen mehr trägst, meine ich natürlich. Verändert Dich, äh, sehr.


    Hannibal
    Wohlan, Rutger. Du hast mich in der Tat gefunden.
    (lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.)
    Nun, mein Freund, trete hinein durch die Thüre. Weiche doch nicht zurück.
    Ein fehlender Bart wird Dich doch wohl nicht schrecken, wackerer Weigand.
    Oder was fürchtest Du sonst?


    Rutger
    Warum tust Du sowas?
    (er deutet auf ein Kleid. Es liegt auf dem Schemel)


    Hannibal
    (Ignoriert den Wink auf das Kleid)
    Baden? Von weil zu weil ist es von Nöten, Adonis.


    Aber nun, werter Leser, zurück zu dem Werk, dessen sich das antike Theaterstück als Quelle gewählt hat.


    Hannibal ließ den Schwamm in das Wasser versinken und konnte das amüsierte Schmunzeln auf seinen Lippen schwer vertreiben, es schlich sich immer wieder dorthin, suchte danach sich einen Weg hinaus zu bahnen und fand Ausdruck auf seinem Gesicht. Bis zu dem Rand des Badezuber zog sich Hannibal und legte seine Arme auf den Rand, betrachtete dabei Rutger aufmerksam. Was für ein Hin und Her! Was wollte der gutaussehende Mann nun eigentlich? Mit ihm anbändeln oder dann doch lieber die scheue Jungfer spielen? Doch Hannibal war zu müde, um große Verwunderung über das Gebarden des Germanen zu verspüren, er amüsierte sich mehr darüber. Keinen Augenblick ließ er Rutger aus den Augen, besonders als jener die Arme vor seiner Brust verschränkte, die Muskeln am Körper des Germanen spannten sich stärker dadurch an, sein Körper wurde noch auf das Vortrefflichste modelliert, die starken Arme wirkten umso anziehender, außerdem rutschte die Tunika einen Finger breit höher. Hannibals Augen wanderten erneut hoch und runter. Nett, nett, dachte sich Hannibal. Souverän ignorierte Hannibal das Gehabe um sein Kleid, tat so als ob es völlig irrelevant war. „Ja, das bin ich.“, bestätigte Hannibal die Frage. Schon bei dem Gedanken an diese elende Reise wurde Hannibal ganz übel, all das schreckliche Schaukeln an Bord eines Schiffes. Oh, wie hatte sich Hannibal die Seele aus dem Leib gekotzt und dabei auch noch den Spott von Sciurus ertragen müssen. Hannibals Gesicht verzog sich einen Moment unangenehm berührt, als er sich daran zurück entsann. „Die Elefanten? Hm...?“


    Hannibal war etwas überrascht über die Frage. Er hob die Hand und fuhr damit durch seine dunkelbraunen Haare, die durch das Wasser noch etwas dunkler wirkten und teilweise an seiner Schläfe kleben blieben, dann jedoch durch seine Hand gebändigt wurden. „Natürlich sagen die mir was, beide, sowohl die Dickhäuter als auch die Menschen. Also, wenn Du Dich auf diese Bande in Hispania beziehst, die dort ihr Unwesen treibt. Wieso?“ Hannibals Neugier war geweckt, aber dennoch beherrschte ihn der Spieltrieb, der in ihm aufgekeimt war, seitdem Rutger das Bad betreten hatte und mit seinem charmantesten Lächeln einem Irrtum erlegen war. Hannibals Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Soll ich Dir etwa von den Elefanten berichten?“ Hannibals Augenbraue wölbte sich eine Nuance nach oben. „Was bietest Du mir denn für die Informationen?“ Ein drittes Mal ließ Hannibal seinen Blick an dem anziehenden Germanen entlang gleiten, während Hannibal anzüglich lächelte.

    Womöglich wäre ein kleiner Rückblick für den geneigten Leser und Zuschauer der Szenerie von Nöten. Wann ist die blond gelockte Chrysantha geboren worden, die tatsächlich 'neu' in der Villa Flavia war? - Insofern irrte sich der urchige Germane nicht. Erst einige Wochen war Chrysantha alt, hatte schon unzählige Nächte sich um die Ohren geschlagen und zahlreiche Bekanntschaften gemacht. Und die Erste davon, ja, die war für die Geburt von Chrysantha verantwortlich. Hatte das geweckt, was schon seit einigen Jahren in Hannibal schlummerte, seit einem ganz unscheinbaren Auftrag in Ostia, der in einer Orgie der Verwüstung endete. Doch dazu, werter Leser, wollen wir ein anderes Mal kommen. Schließlich ist das hier nicht die Tragikomödie 'Hannibal und Chrysantha', sondern 'Verbrechen und Strafe*'. Doch nun, meine treue Leserschaft, möchte ich mit folgendem Satz einleiten: Möge die Geschichte weiter gehen.


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    ~Hannibal~ weiterhin den Part des ~Hannibal~ spielend.


    Nicht viele Minuten der Ruhe waren Hannibal vergönnt, obwohl er sie nach dieser Nacht bitter nötig hatte. Erst wenn alle Sklaven aus dem Trakt der Servi entschwunden war, würde Hannibal sich in seinem Lager verkriechen können; wenn Sciurus erneut so wachsam herum schritt, dann würde er lieber doch in das Zimmer seines Herrn verschwinden und dort die nötige Nachtruhe nach holen. Sicherlich hatte er noch eine Wohnung in der Subura, die er immer noch finanzierte, denn die Hoffnung starb bekanntermaßen zuletzt, aber seit jenen Tagen vor mehr als einem Jahr hatte er dort keinen Fuß mehr herein gesetzt. Munter plätscherte das Wasser dort entlang, wo Hannibal mit seinem Schwamm entlang fuhr, hinterließ einen wohl duftenden öligen Film auf seiner glatten Haut, und schäumte das Wasser auf; gerade als die Tür aufgestoßen wurde.
    'Bona Dea, muss das jetzt sein??', fluchte Hannibal in Gedanken. Wollte bereit in den Untiefen des kleinen Gewässers abtauchen und so sich verbergen. Zu spät! Er war entdeckt worden. So beschloss Hannibal nach vorne zu stürmen und die Flucht zu meiden – es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Ganz als ob es das Natürlichste der Welt wäre ließ er den Schwamm über seine Wade gleiten, der Fuß – deutlich männlich markant – war im Wasser verborgen. Um seinen Mundwinkel spielte ein belustigtes Schmunzeln. Sein Schwamm stockte schließlich.


    'Bei Eros, flirtet der?' Hannibal sah unverwandt den Germanen an, der ihm natürlich kein Unbekannter war. Das fesche Lächeln, die legere Art, die doch eindeutig betörende Erotik ausstrahlte. Hannibals Augenbrauen, geschwungen und mit der Pinzette nochmals in Form gebracht, wölbten sich nach oben. Bei der Schürzenjägerei, die man diesem Germanen nachsagte in der Villa, war Hannibal über diese Wendung doch eindeutig überrascht. Nicht unangenehm, Hannibals Blick wanderte darum an dem Germanen hoch und runter, er betrachtete ihn das erste Mal aus dem Blickwinkel und grinste etwas breiter. 'Er wird ja ganz rot, bei Venus, wie verlockend.' Hannibal beugte sich etwas nach vorne, stützte sich auf dem Rand des Zubers ab und ließ den mit einem Mal deutlich reizvolleren Mann nicht aus den Augen. „Hannibal suchst Du also?“ Warm und weich klang die Stimme von Hannibal. „Der Abwechslung wegen oder aus einem profanen Grund? Wenn Letzteres Deine Motivation ist, dann ist Hannibal fort und weg. Wenn nicht, dann vermag ich Dir zu sagen, wo er ist.“ Gleichgültigkeit gegenüber den Konsequenzen mischte sich mit der Freude, womöglich durch das Risiko belohnt zu werden. Blond, er mochte die Farbe der Haare, ob bei Männern oder Frauen. Aufgrund dessen lag ein interessierter Ausdruck in den braunen Augen von Hannibal.



    * A.d.Ü.: In Fachkreisen der altphilologischen Literaturwissenschaft, besonders von Dr. Dr. Dr. h.c. Nequissimus, wird über die Interpretation dieses Titels noch diskutiert. Meiner Meinung nach, weswegen ich die Freiheit dieser Übersetzung gewählt habe, passt es in den Kontext des Stückes.

    Die Protagonisten: Hannibal und ein Schwamm


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    ~ Hannibal ~ in der Rolle des ~ Hannibal ~ oder in der Nachtwelt auch als Chrysantha bekannt.


    Titel: Frau oder nicht Frau? Irrungen und Wirrungen!


    Warm plätscherte das Wasser in das hölzerne Becken. Mit jedem Eimer Wasser füllte sich der Badezuber mehr, der in einem einfachen Zimmer im Sklaventrakt sich befand und von allen Sklaven des Haushaltes gemeinsam genutzt wurde. Keine schönen Fresken zierten die Wände und keine bunten Mosaike den Boden. Grober Steinboden, schlecht verputztes Mauerwerk wurden von schmalen Sonnenstreifen beleuchtet, die sich von der östlichen Seite in den Raum schlichen. Dreckig war der bescheidene Raum im Sklaventrakt nicht, aber fern von Luxus und Dekadenz. Es sei denn man betrachtete die Möglichkeit für Sklaven in einem einfachen Holztrog sich baden zu dürfen als Opulenz. Platsch!, noch ein letzter Eimer wurde im Badezuber entleert. Die Männerhand stellte den Eimer zurück neben den hölzernen Schemel. Müde streckte sich der Mann, der den Zuber gefüllt hatte, strich sich durch seine nussbraunen Haare hindurch, die einen warmen Schimmer offenbarten. Seine Kleidung raschelte dezent als er sich bewegte. Der weiche Stoff auf seinem Körper umschmeichelte ihn immer noch, er genoss ihn auf seiner Haut, fühlte sich so wohl wie seit langem nicht. Der grobe Umhang darüber war notwendig gewesen, schließlich war Hannibal nicht darauf aus, dass alle in der Villa von seinen nächtlichen Ausflügen erfuhren. Gar die Natur der Selbigen! Eine goldblonde Perücke rutschte unter dem Umhang hervor, Hannibal legte sie auf den hölzernen Schemel und warf lässig den grauen Umhang darüber. Roter Seidenstoff offenbarte sich darunter, eine gold geblümte Tunika, die er unter seiner Brust mit goldenen Bändern geschnürt hatte. Die weiche Füllung die des Nachts neuerdings über seiner nicht vorhandenen weiblichen Brust ruhten, fielen neben die Perücke aus goldenem germanischem Haar. Teuer, das war dieses Kunsthaar gewesen, aber es hatte sich für Hannibal gelohnt. Mit seinen manikürten Händen löste Hannibal die goldenen Bänder, er streifte die Seidentunika von seinem Körper und warf sie achtlos auf den Stuhl. Ehe er sich anders besann, immerhin war das gute Stück sehr teuer gewesen, wenn vielleicht nicht die Ausgeburt des erlesenen Geschmaks, etwas zu grell, zu schillernd und zu auffällig war sie. Er hob sie hoch und legte sie sodann sorgfältig gefaltet zurück auf den Stuhl. Neben der Tunika deponierte er den Dolch, den er immer mit sich führte. Selbst in seiner neuen Erscheinung gedachte Hannibal nicht, ein leichtes Opfer zu werden. Es sei denn, die Umstände sprachen dafür.


    Zuerst tasteten seine Zehen in das heiße Wasser. Doch, es war wohl temperiert. Der andere Fuß folgte stante pede, dann sank Hannibal in das warme Wasser hinab, was ihn wohlig umfing. Ein erleichtertes Seufzen gab Hannibal von sich, als ihn das Wohlbehagen erfasste, die Ruhe und Entspannung. Gemartert war er, die Nacht hatte er erneut durchgemacht. Schließlich konnte er nach Belieben die Villa verlassen, tun, was ihm beliebte. Dem Einzigen, den er Rechenschaft schuldig war, der kämpfte in Parthia. Mit beiden Händen schöpfte Hannibal das heiße Wasser und wischte sich damit über das Gesicht. Schminke verlief von seinen Augen, Kohleschminke, das warme Rot auf seinen Lippen hatte er durch wilde Küsse in der Nacht schon längstens verloren, es bildete einen feinen, schmierigen Schleier um seine Lippen herum, die sich vortrefflich für die Schminke der Damenwelt eigneten. Zumindest wurde ihm das stets und immerfort versichert. Hannibal lächelte genüsslich und sank tiefer in das Wasser. War die Tür abgeschlossen? Doch, Hannibal meinte sich daran zu entsinnen. So versank er zu sorglos in der weichen Wolke um sich herum, die die Spuren der nächtlichen Aktivität von ihm streifen sollte. Leise summend griff Hannibal nach dem Schwamm, den er sich bereit gehalten hatte. Das Wasser aus dem voll gesogenen Schwamm plätscherte über seinen Arm. Ein Bein streckte sich aus dem Wasser hervor, sinnend betrachtete Hannibal seine Wade, die er von jedem Haar befreit hatte. Was für eine Tortour! Aber auch das hatte sich gelohnt. Der Bart war aus dem Grunde auch geopfert worden und Hannibal pflegte sich jeden Tag von einem Barbier auf dem Forum rasieren zu lassen. Versunken frönte er seinem Bad.




    [SIZE=7]Edits: Die Nacht hat ihre Tücken...besonders bei meinen blinden Augen.[/SIZE]

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    ~ Salambo ~



    Ihr Auftritt hatte seine Wirkung nicht verfehlt, stellte Salambo zufrieden fest. Sich sinnlich in den Hüften wiegend durchschritt die Nubierin wiederum den Raum, auf ihren Gebieter zu, aus dessen Miene und Gebaren sie jedoch eine gewisse - nein, eine gewaltige - Unsicherheit herauslesen konnte. Wie unterschiedlich waren doch die Flavier in ihrem Wesen! Blitzschnell überlegte sie - welche Strategie war wohl hier die angemessene? Offenbar musste sie das Heft in die Hand nehmen. Zu schnelles Vorgehen mochte ihn verschrecken, zu zaghaftes jedoch dazu führen, dass er es sich womöglich doch noch anders überlegte. Das wäre fatal!


    Sie beschloss alles auf eine Karte zu setzen, und öffnete im Gehen lächelnd, mit einer lasziven (und routinierten) Geste die Spangen, die ihr Gewand auf den Schultern zusammenhielten. Leise raschelnd glitt der Stoff von ihren schlanken Schultern, bei jedem Schritt etwas tiefer, und enthüllte Stück für Stück ihres geschmeidigen Leibes, der schlank, jedoch kurvenreich sich dem Blick des Betrachters darbot, mit festen Brüsten, einer schlanken Taille, langen kräftigen Schenkeln und einem strammen, zu zwei perfekten Halbkugeln gewölbten Hinterteil. Der feine Schimmer des Duftöles verlieh ihrer Haut im Kerzenschein einen dunkelgoldenen Glanz. Wie ein hingegossener roter Fleck blieb das Kleid auf dem Fußboden zurück, und mit vollkommener Selbstverständlichkeit trat Salambo splitterfasernackt - bis auf ihren Schmuck - vor Flavius Gracchus. Sie beugte sich zu dem Tischchen, hob anmutig die Karaffe, und liess den angereicherten Wein in einem vollendeten Bogen in den Glaspokal hineinfliessen, so dass der Flavier zugreifen konnte wenn er wollte.


    Katzenhaft liess sie sich dann neben ihm auf dem Bettrand nieder, ihn unverwandt ansehend, und legte ihm, zum ersten Mal Körperkontakt aufnehmend, die Hand auf die Brust, kosend und ohne Scheu."Wenn ich so kühn sein darf, Gebieter...", schnurrte Salambo, und liess unter den langen Wimpern einen glutvollen Blick aufflammen, verstärkte dann den Druck, um den Flavier sanft aber nachdrücklich hinunter auf das Laken zu drücken. So ein schöner Mann, und in seiner Verlegenheit wirklich hinreissend! Wie glücklich sie sein konnte, dass er sie erwählt hatte! Mit einem sphinxhaften Lächeln auf den vollen Lippen kam das Kammerkätzchen über ihn. Und wurde zum Tiger!

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    ~ Salambo ~



    Einer nubischen Liebesgöttin gleich schwebte das Kammerkätzchen Salambo des Abends, wie befohlen, in das Schlafgemach ihres Herren. Samtig glänzte ihre dunkle Haut, seidig ihre Locken, und es umwehte sie ein dezenter Duft von Zimt und Narde. Beinahe hätte sie 'Pfirsich' gewählt, doch glücklicherweise hatte sie noch Erkundigungen eingezogen, welchen Duft die Gemahlin des Dominus bevorzugte - das war wohl ebenjener - und das hatte sie gerade noch vor den fatalen Fehler bewahrt, den selben zu benutzen!
    Fein geschnitzte Elfenbeinreifen zierten ihre schlanken Handgelenke und die Fesseln, kontrastierten mit dem tiefen Kakaoton ihrer Haut. Um ihr linkes Handgelenk war außerdem die Haut einer weißen Schlange gewunden, gezeichnet mit dem Veve des des großen Loa Wedo Danbala. Salambo hatte ihre Sache gründlich gemacht. Auch im Tempel der Iuno war sie heute schon gewesen, und hatte dort Fruchtbarkeit erfleht.


    Das dünne, lachsrote Gewand schmiegte sich um ihren geschmeidigen Körper, als sie ehrerbietig zu ihrem Gebieter trat, es ließ die straffen, fraulichen Formen der Nubierin erahnen, lockte den (interessierten) Beobachter zu dem Versuch den feinen Stoff mit den Augen zu durchdringen, und war dabei doch nicht zu unzüchtig geschnitten.
    Vor allem aber lag ein Strahlen in Salambos Augen, als sie sie auf ihren neuen Herren richtete, ein Glanz der von ihrer Freude sprach, ihm zu Diensten sein zu dürfen, von Bewunderung und Dankbarkeit, von glücklicher Unterwerfung und von dem unbedingten Wunsch ihm in allen Dingen gut zu dienen.
    Sich verneigend stellte die Nubierin auf einem Tischchen ein verziertes Silbertablet ab, auf dem sich einige Speisen und Leckereien befanden. Sie hatte sich ausbedungen, dem Herren einen kleinen Happen zum Nachtmahl bereiten zu dürfen, und all ihr Wissen um aphrodisische Speisen in dessen Zubereitung einfließen lassen.


    So verströmten dort nun kleine Spiesse mit zart gebratenem, kräftig gewürztem Schildkrötenfleisch ihren Duft, und sattgelbe Safransosse lud dazu ein, sie hineinzutunken. Um den dann hoffentlich auftretenden Durst zu löschen, stand ein Krug mit goldenem Falerner dabei, der reichlich mit dem Extrakt der segensreichen Stendelwurz versetzt war. Tiefrote Granatapfelschnitze und pikantes Ingwergebäck standen ausserdem bereit.
    Wenn das alles nicht ausreichen sollte, die Sinne des Dominius zu entflammen, dann wüsste Salambo auch nicht mehr weiter.
    "Nun mein Gebieter bin ich ganz Dein...", schnurrte das Kammerkätzchen (was in jeder Hinsicht der Wahrheit entsprach) und schloss, die Augen verführerisch auf den zu Verführenden gerichtet, mit langsamen, kalkuliert lasziven Bewegungen die Türe des Cubiculums...

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    ~ Salambo ~



    "Wie Du wünschst mein Gebieter.", schnurrte das Kätzchen und erhob sich, dem Flavier zugleich einen Blick von glutvoller Verheißung unter den halbgesenkten Wimpern schenkend. Servil verneigte sie sich noch einmal tief vor ihm, und verließ sodann, nachdem er sie entlassen hatte, den Raum geschmeidigen Schrittes. Die Trauer um ihre Herrin war beinahe vergessen, gegenüber der Aussicht auf eine Zukunft in leuchtenden Farben, im Dienste des Dominus Flavius Gracchus.
    Bei der Vorstellung, wie Sciurus für ein Bad für sie Sorge trug, musste sie gar ein Schmunzeln unterdrücken. Damit würde sie ihn bestimmt nicht behelligen, sondern dieses bescheidene Unterfangen selbst in die Hand nehmen. Gewiss würden ihre Dienste für den Dominus seinen Leibsklaven schon genug brüskieren. Mit äußerstem Respekt würde sie Sciurus entgegentreten müssen, ihn in Sicherheit wiegen dass sie keinen Angriff auf seine herausgehobene Stellung vorhatte.


    Doch jetzt musste sie sich sputen! Es galt der Iuno zu opfern und den Loas, ein paar Aphrodisiaka vorzubereiten, und natürlich sich selbst auf Hochglanz zu bringen, bevor sie dann am Abend das Schlafgemach des Dominus aufsuchen würde. Soviel hing davon ab.



    edit: link

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    ~ Salambo ~



    Demütig stand die junge Nubierin vor dem Standbild der Iuno. Zuletzt war sie zu den Nonae Caprotinae hier im Tempel gewesen, das war ein Heidenspaß gewesen, doch heute war sie hier mit einem wichtigen, für sie tatsächlich lebenswichtigen Anliegen. Noch immer war sie überwältigt, von der Wendung, die ihr Schicksal zu nehmen versprach, seitdem der Dominus Flavius Gracchus ihr heute ein nicht gerade alltägliches Angebot gemacht hatte.


    Sorgsam hatte sie ihre Hände in dem Wasserbecken am Eingang symbolisch gereinigt, ebenso sorgsam legte sie sich die Opfergaben bereit. Sodann atmete sie einmal tief ein und wieder aus, zog sich ein leichtes Schleiertuch über den munteren Lockenkopf und lies ein paar Weihrauchkörner auf den Rost über den glimmenden Kohlen vor dem Altar rieseln. Rauch stieg auf, kringelte sich und verbreitete einen Wohlgeruch, den die junge Sklavin mit bebenden Nasenflügen einsog. Durch den Rauch hindurch sah sie zu dem Kultbild der Göttin auf, und hoffte, dass ihr der Duft ebenso genehm sein würde, und dass sie ihr geneigt ihr himmlischen Ohr leihen würde.


    "Mater Iuno!", sprach Salambo klangvoll, und hob die Handflächen gen Himmel, "Gütige Himmelkönigin, erhabene Beschützerin des Hauses und der Frauen, sieh die Gaben ich Dir in tiefster Verehrung darbiete, auf dass Du Dich daran erfreuen mögest."
    Ehrfürchtig legte sie die Opfergaben auf den Fokulus, wobei sie darauf achtete, ihn nicht mit der Hand zu berühren. Rotwangige Äpfel waren darunter und saftige Trauben, dazu aus Dinkel gebackene, mit Honig gesüsste Opferkuchen, und zuletzt drapierte sie außen herum drei prächtige, duftende, samtrote Herbstrosen, die sie von den unvergleichlichen Sträuchern des Flavius Felix stibitzt, und sorgfältig von den Dornen befreit hatte.


    "Oh Mater Iuno, Geliebte Göttin, Allerhöchste Herrscherin, mögen Dir diese Früchte und Kuchen Dir munden, mögen die Blumen Dein Auge erfreuen und ihr Duft Deine Nase."
    Salambo wartete ein wenig, um der Himmlischen Zeit zum Begutachten der Gaben zu geben, und warf derweil noch etwas Weihrauch auf die Glut, bevor sie fortfuhr:
    "Oh Mater Iuno, Verehrungswürdigste Spenderin alles Lebens, höre gnädig meine Bitte. Es hat mich ein Mann erwählt, von Würde, Stärke und unübertroffenem Adel, ihm ein Kind zu gebären, und mein größter Wunsch, mein innigstes Flehen ist es, ihm dieses zu erfüllen."


    Beide Hände legte die Nubierin auf ihren Bauch, und sah beschwörend empor zu dem ruhigen und majestätischen Antlitz des Kultbildes der Göttin.
    "Oh Mater Iuno, laß meinen Schoß fruchtbar sein, segne ihn, Hohe Göttin, auf dass er bei der Vereinigung die Saat bereitwillig empfange wie die Ackerfurche im Frühjahr den Samen. Und wie alsbald im Erdreich es keimt, wie sich der zarte grüne Spross erhebt, und reift zur goldenen, fruchttragenden Ähre, so lass auch in mir Leben heranwachsen, und gewähre mir, oh machtvolle Gebieterin über das Leben, ein gesundes Kind auszutragen und zu gebären..."
    Die letzten Weihrauchkörner fanden den Weg auf den Rost und verglommen knisternd vor dem Altar.


    "Gewähre mir Deinen Segen, oh Erhabene", flehte noch einmal inständig die Nubierin, "gewähre mir Fruchtbarkeit. Do ut des."
    Mit einer Drehung zur rechten Seite hin beendete sie ihr Gebet, verneigte sich dann noch einmal tief und demütig vor dem Götterbildnis. Der Schleier glitt hinab von ihrer Lockenpracht, und ehrfürchtig trat Salambo zurück vom Altar, inständig hoffend dass die große Göttin sie erhört hatte.

    Missbilligend wölbte sich Hannibals Augenbraue in die Höhe, scheinbar war Dido mehr als nur eine Leibsklavin, wenn sie sich angegriffen fühlte durch die Worte eines anderen Patriziers. Hannibal befand das nicht für gut, aber er entsann sich deutlich an die eigene Kindheit mit seinem Herrn. Und war im Grunde nicht mehr als nur ein Herr- Sklave Verhältnis daraus geworden? Echte Freundschaft und Sympathie, die Hannibal für seinen Herrn hegte, wenn er es ihm auch nach trug, dass dieser sein Versprechen von früher bisher nicht eingehalten hatte und es womöglich niemals tun würde. Ernst war Hannibals Haltung, sein Gesichtsausdruck und er schwieg zu Serenus Ausführungen was das Rennen anging oder einer möglichen Beteiligung von Dido daran, denn Hannibal wollte nicht sich über das mit Serenus unterhalten. So ging er mit Serenus an der Seite auf die Rosensträucher zu und zu der Marmorbank. Mit einer Hand wischte er einige vergilbte Blätter von dem Stein herunter, wartete bis Serenus Platz genommen hatte. Hannibal fiel in dem Moment auf, wie groß der junge Herr geworden war, seine Füße baumelten noch vor kurzem über dem Boden auf Stühlen und Bänken, aber nun nicht mehr, oder war das auch schon Jahre her? Hannibal nahm neben Serenus Platz. Ein frischer Wind zerrte an den Zweigen über ihnen und die Äste in den Bäumen ächzten leise. Hannibal überlegte einen Moment lang.


    „Lucius, es gibt eine sehr schlechte Nachricht, die ich Dir überbringen muss.“ Hannibal sah dem jungen Mann ernst ins Gesicht, verstummte. Es bedrückte Hannibal selber noch zu sehr, zudem die Erkenntnis, dass es seinen Herrn und dessen Sohn sicherlich sehr hart treffen würde. Womöglich seinen Herrn noch mehr, der davon, so war die Order von Agrippina, nichts erfahren durfte. Aber Serenus musste es wissen, daran führte kein Weg vorbei und es war besser, er konnte es von Hannibal erfahren, als von einem unbedarften Sklaven im Haus. „Deiner Schwester ist ein tragisches Unglück widerfahren. Sie...“ Hannibal suchte nach den passenden Worten, aber es war einer der seltenen Gelegenheiten, wo auch ihm nichts Kluges oder Weises einfiel. „...hatte vor einiger Zeit einen Unfall, Lucius. Ihre Verletzungen waren zu schwer. So haben die Götter bestimmt, sie auf den letzten Weg zu geleiten. Sie ist verstorben, Lucius.“ Hannibal wappnete sich und war auf alle Reaktionen gefasst, Wut, Weinen, Verzweiflung, Hass...

    Bleiern hingen silbergraue Wolken am Himmel, verdeckten die strahlende Sonne, die sich nur selten durch Wolkenlücken hindurch wagte und ihre Strahlen auf die Erde sandte. Gelbes Laub lag auf dem Rasen des Hortus, einige Regentropfen schillerten auf der Bank und einer Mädchenstatue. Hannibal ging vor der Statue auf und ab, hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und starrte auf das gelbe Blattwerk, ohne sie wirklich zu sehen, die Blätter. Stattdessen arbeiteten seine Gedanken bis er die leisen Schritte hinter sich vernahm. Dido blieb einige Schritte entfernt, stumm, mit verschlossener Miene und brav gefalteten Händen. Hannibal wandte sich zu ihr um, seine Augen ruhten auf dem kindlichen Gesicht des Mädchens und er musterte sie aufmerksam, suchte nach Zeichen in ihrem Gesicht, in ihren Augen und ihrer Erscheinung. Grünblaue Augen erwidern den Blick, ernst und ohne sonderlich große Sympathie, denn Hannibal und das Mädchen hatten doch nicht viel miteinander zu tun. Das einzige Ereignis, was sie beide verband und ihr Schicksal mit einem unsichtbaren Faden verwob, lag neun Jahre zurück und hatte Hannibal nicht viel Zeit gekostet, aber auch kein sonderliches Vergnügen. Hannibal seufzte still in sich hinein, manchmal wünschte er sich, es wäre alles anders und er hätte die Wahl, das Mädchen als seine Tochter zu behandeln, eine Familie zu haben, normal zu leben als freier Mensch und nicht als Sklave. Die Parzen hatten es jedoch anders bestimmt und Hannibal fügte sich, tat es schon über dreißig Jahre, wenn es ihm in den letzten Jahren immer schwerer fiel, denn mittlerweile hatte er erkannt: Sein Herr wird ihn niemals frei lassen.


    „Dienst Du Deinem Herrn gut?“ Hannibal ärgerte sich selber. Warum fragte er nicht das, was er wirklich wissen wollte? Ob es Dido gut ging, ob sie glücklich war, zufrieden zumindest, ob Serenus sie gut behandelte. Doch das blieb alles unausgesprochen. „Ja!“ Einsilbig war die Antwort von Dido, Hannibal schwieg eine Weile, beide sahen sich an. Hannibal war etwas verlegen, was er mit dem Mädchen sprechen sollte und Dido, weil es ihr gleichgültig war und sie gar nicht mit Hannibal sprechen mochte. „Wo ist Dein Herr?“ Dido deutete mit der Hand auf das Ende des Gartens. „Dort hinten. Bei einem Sklaven, der seinen Rennwagen richten soll. Die Achse ist gebrochen, aber in zwei Tagen steht das Rennen gegen Cornelius an.“ Hannibal nickte andeutungsweise. „Gehe ins Haus!“ Hannibal ging an ihr vorbei. Er beachtete das Mädchen nicht länger, mit ihr würde er sich an einem anderen Tag genauer beschäftigen und es ihr auch sagen, was es mit ihm und ihr auf sich hatte. Dabei wusste Dido es schon lange. Sie sah ihrem Vater hinter her, verengte die Augen und spuckte verächtlich auf den Boden. Sciurus war ihr Vorbild und Dido wusste, dass Hannibal und Sciurus sich hassten, doch war ihre Loyalität nicht auf der Seite ihres Erzeugers.


    Schnell machte Hannibal den breitschultrigen Sklaven aus, der sich über den kleinen Ziegenwagen beugte und an dem Rad herum schraubte, um die Achse zu lösen. „Ein Tag, Dominus! Dann hab ich es repariert.“ Hannibal trat an Serenus heran. „Dominus!“ Freundlich, fast väterlich war der Ausdruck von Hannibal und er lächelte den jungen Sohn seines Herrn an. „Hättest Du einen Moment? Ich muss mit Dir sprechen! Unter vier Augen!“

    Schrill und gruselig drangen das Wimmern der Klageweiber zu Dido, die eigentlich sonst recht abgebrüht war und bei blutigen Spielen laut jubeln konnte, aber der Tod hatte etwas unheimliches an sich und verunsicherte die junge Sklavin sehr. Schleichend folgte sie ihrem Herrn und zupfte nervös an ihrem grauen Sklavengewand. Ihre Haare waren fest nach hinten gebunden und ihr Gesicht deutete eine ungewöhnliche Scheu an. Leise trippelte sie in das Atrium, es schien hier noch sehr viel kälter zu sein, so dass sie den Umhang fest um sich schlang. Schweigend blieb sie hinter Serenus stehen, einem Schatten gleichend und hob zögerlich den Blick. Eine Tote fand sie stets unheimlich, wenn sie bereits seit einigen Tagen verstorben waren, denn ihr Geist befand sich – wie Dido mal erfahren hatte von einigen Küchensklaven - direkt neben dem Leichnam, bis dieser verbrannt wurde und der Rauch in den Himmel stieg. Erst dann konnte der Geist entweichen. Dido suchte bang nach einem solchen Geist, sah jedoch nur wunderschöne Blüten und noch nicht mal einen toten Körper. Verblüfft blinzelte das Mädchen und senkte schnell den Kopf, damit man ihre grünen Augen nicht sah, in denen sich Unglauben mengte. Still blieb sie stehen, heuchelte Andacht vor und verschränkte die Hände vor ihrem Schoß.


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    Ebenso stumm war Hannibal all dem gefolgt. Nicht der Aberglaube war es, was Hannibal betroffen machte, sondern der Tod, der in der Familie der Flavier nur um sich griff. Erst die junge Leontia, die liebreizende Base seines Herrn, dann sogar die junge Tochter von seinem Herrn selber. Auch Hannibal war gezeichnet von eigenem Gram, um seiner großen Liebe wegen, die aus seinem Leben entschwunden war. Schweigend folgte er den beiden Kindern und stellte sich hinter die Beiden, darauf achten, dass sich Dido gut benahm und auch Serenus die Andacht mit der passenden Würde beging. Aber er zweifelte nicht daran. Der Junge, so er doch manches Mal sehr dickfellig wirkte, schien durchaus von dem Tod seiner Tante berührt zu sein. Noch hatte Hannibal dem Jungen nicht gesagt, dass auch seine Schwester in das Elysium gegangen war, was er noch in wenigen Tagen nach holen musste. Hannibal wusste, eigentlich bräuchte der Junge seinen Vater, schon seit langer Zeit, aber der war nun mal in Parthia. Beruhigend, familiär und onkelhaft legte Hannibal eine Hand auf die Schulter des Sohnes seines Herrn, den er von den ersten Tagen an mit erzogen und umsorgt hatte, mehr als jede Amme oder sein eigener Vater.

    Noch am letzten Tag kam der Bote schwer atmend vor der basilica an. Den weiten Weg von Baiae hatte er in einer Rekordzeit hinter sich gebracht und schnaubend brachte er den kurzen Brief zur richtigen Stelle. Persönlich gesiegelt von Flavius Aristides war der Brief nicht. Aber es war nicht Aristides Sohn, der seine Unterschrift hervorragend imitieren konnte und auch das aristidische M würde seinem Vetter wohl nie gelingen. Aber seine eigene Mutter vollbrachte dies vorzüglich. Und einen Siegelring für ihren Sohn hatte sie natürlich auch. Womit sie den Brief eigens gesiegelt hatte. Somit würde es wohl Aristides selber nicht auffallen, daß der Brief nicht von ihm war.




    Ad
    Decemvir Litibus Iucandis
    BASILICA ULPIA
    ROMA


    In der Erbschaft- Flavia Arrecina:


    Ich, Flavius Aristides, nehme hiermit die Erbschaft an.


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    Das Klopfen hallte durch den Eingangsflur zu Acanthus Sitz. Der Napf in seinen Händen erzitterte. Dass die Besucher auch immer dann kommen müssen, wenn er gerade beschäftigt war? Stundenlang langweilte er sich am Tag und da kam dann natürlich niemand. Der Napf knallte auf den verborgenen Tisch und er stand auf. Die Tür wurde geöffnet. Miesepetrig starrte Acanthus nach draußen. „Salve, was willst Du?“ Immerhin das Salve hat er sich mittlerweile angewöhnt. Ein Zugeständnis an die 'neuen' Sitten in der Villa.

    Die Sonne schien mild durch die Zweige der Bäume. Gold, Orange und Rot hatte sich das Laub verfärbt, fiel in sachtem Flug hinab auf den flavischen Grund und Boden. Täglich waren Sklaven beschäftigt das Blätterwerk aus dem Garten zu entfernen. Doch an jenem schönen Herbsttag in dem Hortus der Villa Flavia ging etwas ganz anderes vor sich. Kinderfüße trappelten hin und her. Ein Hund bellte laut und aufgeregt, bis ihn ein großer Knochen beruhigte. Die kleine Laube im Garten wurde für das Treffen bereitet. Und schon seit einer Hora stand Dido hinten an der Gartenmauer. Von dem Gärtner hatte sich Dido den Schlüssel stibitzt. Zu dem Tor auf die Gasse hinter dem Garten. Sie spähte durch sich verfärbendes Laub eines wilden Weins, der dort entlang wuchs und die weiße Mauer mit herbstlichen Farben zierte. Mit einem Fuß stand sie im Blumenbeet, knickte rotgelbe Herbstblumen um. Doch ihre Sinne waren auf etwas ganz anderes gerichtet. Still wartete sie. Immer wieder vergewisserte sich Dido, dass auch ja niemand ihre Anwesenheit am Tor bemerkte. Wenn mal ein Sklave vorbei kam, huschte sie schnell hinter den nächsten Baum und wartete, bis dieser wieder davon geschlichen war. Einige Male hatte Dido das bereits tun müssen und es gefiel ihr außerordentlich gut. Die Gefahr erwischt zu werden, die Reize des Verbotenen, all das machte ihr Dasein doch sehr aufregend. Deswegen war sie heilfroh die Leibsklavin von Serenus zu sein. Nicht mehr tröge Küchenarbeit winkte jeden Tag, nein- Aufregung und Abenteuer, lustige Spiele und nur selten die seltsamen Anwandlungen ihres Herrn.


    „Gaius und Salvus in den Gassen der Subura!“ Eine Stimme flüsterte durch das Tor hindurch. „Wo war der Pferdekopf?“, antwortete Dido leise und mit einem verschwörerischen Unterton. „Im Bett des Onkels.“ Zufrieden schloss Dido das Gartentor auf. Das Eisen quietsche leise und eine Gestalt in einer leuchtend gelben Tunika huschte herein, einen anderen Jungen – weniger auffällig gekleidet – im Schlepptau. „He, das war nicht ausgemacht. Oder ist das Dein Sklave?“ Der Junge in der gelben Tunika sah Dido abschätzig an. „Das geht Dich nichts an, Sklavin.“ Eingeschnappt verzog Dido das Gesicht. „In der Laube dort hinten, Herr. Mein Dominus wartet dort bereits.“ Der Junge wandte sich ab und stolzierte mit seinem Freund in die angewiesene Richtung. Dido streckte ihm die Zunge raus als der Junge ihr den Rücken zu wandte. Dann wartete sie erneut. „Gaius und Iulia auf der Pirateninsel.“ Dido erwiderte leise die geheimen Worte, erneut wurde das Tor aufgeschlossen. Noch zwei Mal passierte das. Dann war Dido fertig mit ihrer Arbeit am Tor. Sich umsehend folgte sie zu der Laube. Weintrauben hingen saftig und prall über dem Konstrukt aus Metall und Holz, Rosen rankten sich hinauf und in diesem kleinen Versteck saßen die Kinder, mehrere Jungs und ein Mädchen, was es in den erlauchten Kreis geschafft hatte. Aber nur, weil sie die Schwester des Corneliers war und alles heraus gefunden hatte. Dido gesellte sich an die Seite ihres Herrn.


    Quintus Rubrius Fullo, stolze neun Jahre alt, erhob sich. Er kramte in einem Tuch und reichte Serenus einige Schriften. „Hier. Das ist die neueste Ausgabe. Die Männer meines Vaters haben sie besorgt.“ Quintus grinste breit und ein wenig stolz. Die Arbeit seines Vaters war bestimmt nichts, womit viele Leute prahlen würden, doch Quintus bildete sich trotzdem etwas darauf ein. Er behauptete sogar, sein Vater würde den Autor von -Gaius ist der Beste- kennen. Ob gelogen oder nicht, das konnte trotz einiger heftiger Prügeleien nicht geklärt werden. Dido rutschte unruhig hin und her. Sie hatte die Karte bei sich, die sie aus dem Zimmer von Sciurus gestohlen hatte. War das vielleicht aufregend gewesen. Nun wartete sie darauf, dass ihr Herr den Plan erläuterte. Der Zirkel war versammelt, der Kreis komplett.

    Dido schniefte. Sie hatte schon seit zwei Wochen einen elenden Schnupfen. Und die Aussicht in der Erde zu buddeln behagte ihr auch nicht, zudem drückte der schwere Korb auf ihren Armen. Aber Dido hatte inzwischen gelernt, dass ihr Herr einige seltsame Anwandlungen an den Tag legte. Nein, spielen war ihm nicht genug. Er wollte höher hinaus, strebte bereits jetzt schon nach dem wahren Römerleben. Was auch immer das war. Und da gehörte wohl in der Erde graben dazu. Lustlos trottete sie hinter ihrem Herrn hinter her und spähte mißtrauisch zu dem Germanen hoch. Rebellisch, aufmucksend, frech und zudem ein Feind von Sciurus. Pah. Den konnte Dido – die Jüngere – nicht ausstehen. Sciurus! Ja, Sciurus hingegen, den fand Dido toll. Ganz großartig. Wie er die Sklaven in Griff hatte. Von diesem ominösen Sica hat sie wenig mitbekommen, zu ihrem Verdruss. Der war wohl noch besser. Aber Sciurus hatte sich Dido als Vorbild genommen.


    Eines Tages, da würde ihr Dominus nicht nur Hausherr, sondern auch Kaiser von Rom, nein, dem ganzen Imperium sein. Und sie würde dann seine liebste Sklavin sein. Dafür lohnte es sich doch, ein bisschen in der Erde rum zu wühlen. Didos Augen verschmälerten sich als sie die offenkundige Unverschämtheit des Germanen beobachtete. Sie starrte auf seinen Rücken und wandte sich dann – schniefend- wieder ihrem Herrn zu.


    „Dominus, der kann das sowieso nicht. Ich glaube, der kann nur drauf hauen. So ein Tumper ist der. Er hat sogar versucht...“ Dido sah ganz bedeutungsvoll zu Serenus. „...Sciurus einzuschüchtern. Hihi. Ist ihm natürlich nicht gelungen.“ Der Korb und Eimer wurde immer schwerer. Neidvoll sah Dido auf Nero, der einem Schmetterling hinter her sprang, ihn mit seinen Lefzen erwischte und zermalmte. Der durfte spielen. Nur sie nicht. „Wo sollen wir graben, Dominus?“

    Dido schüttelte nur den Kopf. Wie konnte man nur so dumm sein und solche Hetzreden und Beleidigungen vor allen Sklaven und vor allem vor Sciurus halten. Sein Gerede würde den Domini zu Ohren kommen.


    Und ihr Dominus Serenus konnte sich selbst die Sandalen zubinden und sich anziehen. Er versorgte auch den Hund. Der Kampfhund beschützte ihn auch bei Besuchen außerhalb der Villa. Die restlichen Leibwächter waren stets eine Anweisung der Erwachsenen. Ob der Dominus auch kochen konnte? Also zumindest wusste er wie man einen Fisch über dem Feuer grillte und wie man ein solches machte. Das hatte sie ihm nämlich gezeigt, nachdem sie Zierfische aus dem Fischteich von Dominus Flavius Aquilius im Garten gefischt hatten. Angeln und Speerfischen konnte ihr Dominus sehr gut. Wie eigentlich alle Kinder die aus Baiae stammten. Dido hielt Serenus für einen der selbstständigsten und aktivsten Patrizier in der ganzen Villa.


    Didos Aufmerksamkeit wurde abgelenkt als die Köchin und ihre Gehilfin jeweils ein riesiges Tablett mit dem Frühstück für sie und Dominus Serenus an 2 herumstehende Haussklaven übergaben, welche es zur Frühstückskline brachten.


    Pflichtbewusst und vom eigenen Hunger getrieben machte sie sich mit Nero wieder auf zu ihrem Dominus, welcher sich für heute Gartenarbeit vorgenommen hatte. Das würde sicher sehr lustig werden. Vielleicht vergriff er sich ja an den Rosensträuchern von dem uralten Senator Flavius. Sie mochte keine Rosen.

    Didos Sympathien galten natürlich in diesem Streit Sciurus. Dieser war ein reinrassiger Stammbaumsklave. Geboren, aufgewachsen und ausgebildet auf den flavischen Gütern, seit Generationen in Familienbesitz. Angeblich gab es für Sklaven wie Sciurus, Hannibal und sie sogar so etwas wie eine Ahnenreihe, die man bis zur Gründung der römischen Republik und noch viel weiter zurück verfolgen konnte.


    Das, was der andere Sklave da von sich gab, hörte sich nach Ärger und Aufruhr an. Das war sicher ein Sub. So nannte man in Baiae minderwertige Sklaven, welche die niedersten und unangenehmsten Arbeiten erledigen mussten. Diese waren auch zumeist auf die Güter importiert worden. Solche Sklaven wurden normalerweise schnell gekreuzigt oder kamen als Futter zu einer Löwung.
    Angeblich hatte die Gens Flavia laut Hannibal ja doch viele Löwen, aber diese waren ganzjährig im Circus untergebracht. Das hatte wiederum mit den Rosen von Senator Flavius Felix im Garten zu tun. Und der Einstellung der restlichen Flavier in der Villa, dass ein Molocherkampfhund wie Nero (anstelle eines kleinen Löwen) als Haustier für Dominus Serenus voll und ganz ausreicht. Und dass sich Löwen und Kinder in derselben Villa nicht vertrugen.
    Ihr Dominus lauerte nur auf eine passende Gelegenheit Sklaven zu den Löwen zu entsenden. Dann würden sie offiziell die flavischen Löwen einmal zu Gesicht bekommen. Die Besichtigung der Löwen vor Ort, hinter der Kulissen des Circus in ihren Käfigen, war wohl sehr schwer zu organisieren und bedurfte laut Hannibal der Zustimmung von Senator Flavius Furianus. Und der war nun einmal bedauerlicherweise als Proconsul in Hispania. Er war nämlich der offizielle Löwenbeauftragte der Gens Flavia. Dido hatte irgendwie so ein Bauchgefühl, dass seine Abwesenheit und vor allem der damit ausfallende Löwenbesuch Hannibal gar nicht so unrecht waren.


    Dido entschied ihrem Dominus erst einmal nichts von dieser Sache hier zu erzählen. Und Nero würde auch schweigen. In solchen Dingen konnte man sich auf einen Hund voll verlassen.
    Dominus Serenus gehörte nämlich zu denen, die da nicht lange fackelten. Er würde alle Sklaven bestrafen, auch wenn nur diese beiden für Unruhe gesorgt hatten. Und er würde alle ganz hart arbeiten lassen. Denn wer streitet, der hat nicht genug zu tun war sein Motto. Und dann würde er am Ende die Unruhestifter trotzdem kreuzigen oder pfählen oder löwen lassen und sich dann erst mit seinen Onkels als Besitzer auseinander setzen. Ob ihr Dominus auch den Schneid hatte sich an Sciurus, dem Leibsklaven und Secretarius von Flavius Gracchus zu vergreifen? Morgen war wieder Spinat- und Gerstenbreitag. Da war selbst das Leben von Sciurus nicht sicher, denn an diesen Tagen hatte der Dominus immer sehr schlechte Laune. Und die war wegen dem brodelnden Konflikt zwischen ihrem Dominus, dessen Vater Dominus Flavius Aristides und der Wurzel allen Übels, Domina Claudia Epichariss, dauernd schlecht. Was Domina Claudia jetzt mit einer Wurzel zu tun hatte, wusste sie aber auch nicht. Laut dem Dominus hatte sie ja einen bösen Liebeszauber über dessen Vater geworfen.
    Das war vermutlich so eine Falaffel, so ein Bildnis.

    Dido hatte still und leise den Raum betreten und aufmerksam den Streit verfolgt, während sie der Köchin die neusten Frühstücksanweisungen ihres Dominus mitteilte und ihrerseits einige kleine Ergänzungen für sich selbst beisteuerte.
    Nur weil der Dominus am Bauch etwas pummelig geworden war, musste sie ja nicht gleich fasten. Ohnehin bestand die Änderung des Speiseplans ja aus mehr Obst, weniger Käse und Wurst, weniger Brot. Und ungesüssten Fruchtsaft und Wasser anstelle der gesüssten Getränke.


    Dann gab es wohl Handgreiflichkeiten zwischen Sciurus und einem Sklaven namens Ruttger. An dieser Stelle erklang ein lautes Knurren im Raum und Nero schob sich schützend vor Dido, bereit die streitenden Sklaven in Stücke zu reissen, wenn sie etwas von Dido wollten.


    “GRRRRR!”


    Obgleich der Hund die halbe Nacht die Katzen der Villa gejagt hatte (in Roma waren die Katzen ja keine heiligen Tiere wie in Ägypten und für einige Tage hatte das Jagen wieder seinen Reiz) hatte die Aussicht auf einen schönen fleischigen Markknochen ihn zusammen mit Dido in die Küche getrieben. Nero hätte niemals von Fremden etwas genommen oder gebettelt. Aber Dido war neben seinem Herrchen ein Fütterer und der Hund ließ es sich nicht nehmen Dido hin und wieder am Morgen in die Küche zu begleiten. Und ab und an gab Dido ihm auch schon mal einen kleinen Knochen.
    Dido schnippste mit den Fingern und zog den Hund sanft an einem seiner riesigen Ohren zurück. Zu ihrer eigenen Erleichterung hörte der Hund mal auf sie (was keine Selbstverständlichkeit war), stellte das Knurren ein und trat wieder artig neben sie. Dido wäre vor Stolz beinahe geplatzt. Sie sollten ruhig alle sehen, wie gut sie den gefährlichen und riesigen Hund ihres Dominus, den gefürchteten Sklavenjäger, die blutrünstige Bestie unter Kontrolle hatte.


    Aufmerksam, wenn auch nach außen sich unbeteiligt gebend, beobachtete sie den Streit weiter und wartete auf die Fertigstellung des Frühstück für ihren Dominus.

    Dido und Serenus begannen in den ganz frühen Morgenstunden die vielen Geschenke aus Alexandria im Haushalt zu verteilen. Außer den Sklaven war bislang kaum jemand auf den Beinen. Das gab den Kindern in aller Ruhe Gelegenheit die Villa und ihre eventuellen Veränderungen in aller Ruhe zu inspizieren.


    Zuerst einmal besuchten sie Arcanthus. Für diesen hatte Serenus als Ianitor einen gepolsterten Kamel-Höcker-Hocker mitgebracht hatte, damit er sich auch ab und an mal setzen konnte.


    Arcanthus war einer der wichtigsten Sklaven der ganzen Villa, zumindest für Serenus und Dido. Er bewachte das Tor, welches den Zugang in die große Stadt bedeutete. Es war fast unmöglich über die Mauern der Villa das Anwesen zu betreten oder zu verlassen. Auf jeden Fall war das kein Weg, der für Dignitas und Gravitas stand. Auch fehlte den Kindern eine lange Leiter oder ein Seil mit Wurfanker.
    Dominus Serenus mochte zwar Patrizier sein und über Leben und Tod in der Villa gebieten, aber das bedeutet nicht, daß er so ohne Weiteres aus der sicheren Villa raus durfte. Auch patrizischen Kindern wurden Grenzen gesetzt. Vor allem nie alleine raus und erst recht nicht in die Subura oder TransTiberim. Dorthin selbst mit Wachen nicht.

    Serenus schätzte Arcanthus, weil er immer ganz früh aufstand und das Tor bereitwillig öffnete, wenn es mit den vielen Wachen zum Forum ging um eine neue Ausgabe von “Sklave Gaius ist der Beste” zu besorgen. Auch leitete er eingehende und ausgehende Briefe und Nachrichten zwischen Serenus und Mitgliedern der Gens Cornelia stets direkt über Boten weiter. Mitunter bekam Serenus so auch die Post von seiner Oma und anderen Freunden aus Baiae noch bevor Sciurus sie für Flavius Gracchus bekam.


    Dido fand Arcanthus sehr nett, obwohl er Besucher und Bittsteller immer sehr böse anschaute. Und er hatte die Kinder nie gestört, wenn sie an der Porta spielten, auf den Boden zeichneten oder mit den Hunden tobten.


    Derweil beschnupperten Nero (der riesige Kampfhund von Serenus) und Caligula (der neue, noch kleine Kampfhund von Dido mit dem Knick im Ohr und der zuchtungeeigneten Fellzeichnung) alles, pinkelten hier und da an Tor und Säulen und liefen schwanzwedelnd um Arcanthus.

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    ~ Salambo ~



    Um ganz genau sein, waren es nun bereits sieben Generationen, in denen Salambos Linie der edlen Gens Flavia treu zu Diensten war. Sie waren, im ursprünglichen Sinne jenes vielstrapazierten Ausspruches, ohne Zweifel wahre Patrizier unter den Sklaven. All die Gravitas, die Salambo die Siebte in sich trug, war in jenem Moment gefragt, angesichts des vollkommen überwältigenden Anliegens des Dominus Flavius Gracchus. Hatte sie das Lob zu Beginn seiner Rede noch still, mit einem tiefen, unterwürfigen Glücksgefühl goutiert, so ließ die Enthüllung seines exzeptionellen Wunsches doch einen gewaltigen Riss in ihrer Contenance entstehen. - Sein Kind austragen?! Sein Kind?


    Verblüfft sah das Kammerkätzchen den Flavier an, erwiderte dessen Blick einen Augenblick lang ganz direkt, voll des Erstaunens, bevor sie sich besann, und wieder schicklich die Augen niederschlug. Es gebührte den Sklaven nicht, den Herren in die Augen zu sehen. Halb senkte sie die Augenlider, fasste sich, und hörte ruhig die Rede des Dominus. Jeder Zoll ihrer selbst war gebannte Aufmerksamkeit, in jenem für ihr Schicksal so bedeutsamen Moment, der sehr wohl ein Scheideweg sein konnte, zwischen einem Leben in größtmöglicher Annehmlichkeit auf der einen Seite, und dem Grund eines Muränenteiches auf der anderen.


    Die Kinderlosigkeit des flavischen Paares war selbstverständlich eines der beliebtesten Themen für den Tratsch im Sklavenquartier, und es gab die gewagtesten Thesen dazu. Salambo verfolgte die Argumentation des Dominus, und fand sie - natürlich - von bestechender Logik. Ja, in der Tat, es war notwendig, dass er seine Fähigkeit zu zeugen überprüfte, bevor er eine Scheidung andachte. Die Fruchtbarkeit seiner Gattin zu überprüfen wäre zwar ebenso stimmig gewesen, aber natürlich stand da die Sitte davor, und zudem die Strapazen einer Schwangerschaft, die man einer Patrizierin natürlich nicht aus solch einem Grund zumuten konnte. Salambo verstand vollkommen. Und auch die Bedingungen, die er für das Arrangement stellte, waren plausibel. Außerdem mochte sie Kinder, und die Aussicht, eines zu bekommen, das sie dann vielleicht auch behalten dürfte, war schön. Lediglich die Befürchtung, sein gegebenes Wort würde nicht ausreichen, einen flavisch-sklavischen Bastard vor der gewaltsamen Beseitigung zu schützen, keimte einen Augenblick lang in ihr auf. Jedoch konnte sie daran nichts ändern, zudem war es abwegig, sich mit Gedanken um die Sicherheit eines hypothetischen, da noch nicht gezeugten Kindes, zu befassen. Bass erstaunt war Salambo, als der Dominus gar eine mögliche Freilassung ansprach. Niemals hatte sie eine solche angestrebt, befand den Gedanken als höchst befremdlich. Sie existierte um der Gens Flavia zu dienen, und dieses Daseinzweckes beraubt zu werden schien ihr ein in keinster Weise erstrebenswertes Schicksal.


    Der Dominus hatte offensichtlich, bevor er sie herbeirief, das ganze Thema auf das genaueste durchdacht. Auch Salambo nahm sich wie verlangt einen Augenblick des Nachdenkens, obgleich sie ihre Zustimmung ohne Zögern auch sofort hätte aussprechen können. Sie verbarg ihr marginale Indignation ob der - überflüssigen - Drohung, mit der er seine Rede ausklingen ließ, und trug eine Miene wacher Reflexion zu Schau. Sehr bedacht antwortete sie sodann:
    "Dominus, Dein Angebot ehrt mich ungemein und mit Freuden nehme ich es an. Die Großzügigkeit, die damit einher geht, ist mehr als überwältigend für Deine treue Sklavin. Mich Dir, oh Gebieter, hingeben zu dürfen, und darauf hoffen zu dürfen, Dir in bei der Klärung dieser so bedeutsamen Frage, so die Götter es wollen, ein wenig von Nutzen zu sein - dies ist mir Lohn genug!" Emphatisch, um nicht zu sagen fanatisch, blitzten ihre dunkeln Augen bei diesen Worten, die durchaus der Wahrheit entsprachen. Nichtsdestotrotz würde sie natürlich auch die in Aussicht gestellten Gratifikationen zu schätzen wissen.


    "Deine Anweisungen, Dominus, habe ich verstanden und werde sie mit allergrößter Gewissenhaftigkeit einhalten." Das würde allerdings hart werden. Es gab da einen wohlgestalteten Sänftenträger in Salambos Leben, auf den sie ungern verzichtete, dann und wann noch einen herrlich animalischen Pferdeburschen, und nicht zu vergessen den schnuckeligen Mundschenk, diese süße Unschuld. Aber Pflicht war nun mal Pflicht, die würde sie ernst nehmen. Salambo überlegte und rechnete nach. Nach den Gesetzen der Luna war ihr Schoß dieser Tage einer Empfängnis wohlgeneigt. Wunderbar. Natürlich würde sie noch der Iuno opfern müssen und den Loas. Servil neigte sie ihr Haupt, und erwartete das Geheiß wann sie sich denn im Schlafgemach einzufinden hatte.