Beiträge von Dido

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    "Bona Saturnalia, Hannibal!"
    "Du hast nicht etwa zuletzt etwas von deinem Herrn, welcher heute nicht dein Herr sein mag, es sonstig aber ist, gehört?"


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    Hannibal


    Dramen, Komödien, Tragödien, nichts blieb einem erspart, wenn man ein solches buntes Treiben beobachten durfte und Hannibal beäugte das bunte Getummel schon seit einer langen Weile, teils abwesend, teils mit Genuß und Belustigung, gleichermaßen die Tragödien wie auch die Komödien. Doch, werter Leser, was würde Hannibal wohl als Tragödie bezeichnen? Das Tamtam von Rutger und Bridhe oder das Aneinandervorbeireden von Antonia und Gracchus? Oder waren es Komödien oder Tragödien, deren komödiantisches Ende noch auf sich warten liessen? Eine Weile lang betrachtete Hannibal die Unterhaltung von den Gästen, beobachtete die stumme junge Frau mit dem aufgeweckten Gesicht und den lebhaften Gesten, er konnte sich ein Lächeln nicht erwehren als der Inhalt ihres Bechers auf dem Kleide einer anderen Dame landete, sklavisch oder patrizisch, heute waren doch alle gleich, oder? Erneut sah sich Hannibal um und lehnte gemütlich weiterhin gegen die Säule gelehnt, fühlte sich als stummer Beobachter recht wohl und hatte gar nicht vor, sich in das Geschehen hinein zu drängen, zudem blieb ihm weiterhin die Möglichkeit den Germanen ein wenig von der Ferne und, hoffentlich unerkannt, ein wenig anzuschmachten. Wobei ihm die schönen blondhaarigen jungen Frauen an seiner Seite nicht minder gefielen, Hannibals Lippen hoben sich ein wenig und er betrachtete die drei schönen Menschen aufmerksam, so aufmerksam, dass es ihm entging, selbst Objekt der Wahrnehmung zu sein, die von Flavius Gracchus. Ein Bona Saturnalia riß ihn gänzlich aus dem Beschauen von menschlicher Pracht und amüsanter Geschichten heraus und Hannibal wandte sich verdutzt dem Sprecher jener Worte um...und erkannte Flavius Gracchus, der ihm eine kleine Tonfigur in die Hand drückte.


    Hannibals braune Augen wanderten nach unten und er betrachtete den Hasen. Meister Langohr oder der Hasenfuß! Hannibal musste unwillkürlich grinsen, teils über das doch amüsante Geschenk, dann auch wieder über sich, denn in mancher Hinsicht war das Tier für ihn nicht abwegig. "Bona Saturnalia! Meinen Dank für jenes vortreffliche Tier." Das Dominus verkniff sich Hannibal. Er wußte genau, dass Gracchus sich an der scheinbaren Gleichheit an diesem Tage mehr erfreute als so manch ein Sklave, es hätte schon etwas drollig kindisches an sich, wenn Gracchus nicht gleichzeitig eine fröhliche Heiterkeit voller Würde ausstrahlen würde. Mit der Fröhlichkeit an sich erinnerte Gracchus in einer gewissen Familienähnlichkeit tatsächlich an seinen Vetter, oder war es mehr umgekehrt? Hannibals Lächeln wurde etwas schmaler, wenn es auch nicht ganz von seinem Gesicht entschwand. "Leider habe ich schon seit längerer Zeit nichts mehr von meinem Herrn vernommen! Aber die Nachrichten von der Front sind auch spärlich und die Briefe dauern immer sehr lange, bis sie uns erreichen. Zudem..." Hannibal konnte sich ein andeutungsweises Grinsen nicht ersparen, bis er es wieder unter Kontrolle hatte. "Zudem schreibt Aristides nicht gerne, ich glaube kaum, dass sich daran etwas geändert hat." Hannibals Augen glitten über die wohlgestalteten Züge von Flavius Gracchus, Hannibal wußte viel von jenem Mann, teils erlebt und teils von seinem Herrn erfahren, und dann schien es ihm wiederum nichtig wenig zu sein. "Ich schätze, Aristides hätte gerne mit uns diese Tage mitgefeiert.", fügte Hannibal an, der das sicher wusste, denn die Saturnalia war seines Herrn liebstes Fest, was auch an den nächtlichen Ausflügen lag, die er an jenem Abend besonders vergnügt frönte. Hannibal war das Fest als Kind wichtig gewesen, womöglich noch als junger Mann, doch seit fast zehn Jahren war es mehr bitter als erfreulich. "Meinst Du, der Krieg wird bald enden? Hat der Senat, falls Du mir das überhaupt mitteilen darfst, etwas erfahren darüber?"

    Asinus lachte laut. Den Kopf und den Stiernacken nach hinten gebeugt, zuckten seine Schultern heftig, sein ganzer Leib erzitterte unter dem Gelächter und auf seinen Wangen rollten nur so die Lachtränen hinab, köstlich amüsierte sich der römische Bäcker, der einige Stunden und sogar Tage womöglich frei hatte, gezwungenermaßen, war doch der Betrieb seines Arbeitgebers, ein vermögender Eques, am gestrigen Tage geschlossen worden. Irgendetwas wegen einer Konfession oder so, aber Asinus war es egal, so lange er am Ende der Woche wieder den Teig auf dem hölzernen Tisch auswalken konnte und zu Brotleiber formen, schließlich brauchte er die Arbeit. Warum lachte Asinus? Es amüsierte ihn köstlich, was alles auf dem Sklavenmarkt geboten wurde, Ringereien auf der Tribüne, kindliche Schützen mitten zwischen den Zuschauern, Asinus ergötzte sich, immer wenn er Zeit hatte, an solch einfachen Vergnügungen. Aber wen interessiert schon Asinus? Wenden wir uns doch, werter Leser, wieder der kleinen Dido zu, die endlich von ihrem Häscher, oder sagen wir ehrlicherweise: Menschenverbesser, los gelassen wurde. Dido rieb sich die schmalen und schmerzenden Hände und starrte misstrauisch und vorsichtig zu Lucanus hoch. Keine Peitsche? Kriegerin? Sie? Didos Mund öffnete sich ein wenig und sie starrte Lucanus baff an, denn außer womöglich Serenus hat niemand sie auf diese Weise gesehen oder genannt. Oder machte sich Lucanus über die junge Dido nur lustig? Dido war sich dessen nicht ganz sicher, so schlich sich erneut ein argwöhnischer Ausdruck in ihre Augen. Ihr Mund stand schließlich offen, so dass ein ganzes Heer von Fliegen dort einen Eingang gefunden hätte, als sie die anderen Worte von Lucanus vernahm. Sie solle ihre Strafe selber ausdenken? „Äh!“, brachte Dido aus dem Konzept gebracht hervor, noch nicht mal Bedauern über ihre verlustig gegangene Zwille konnte sie mehr spüren. Meinte Lucanus das ernst? Zahllose, mehr harmlose Strafen fielen Dido ein, doch sie merkte, irgendwo war da ein Hacken an der Angelegenheit, was sie noch ergründen müsste. „Öhm....äh...ja, Dominus!“, meinte sie jetzt relativ brav zu ihm, die Verwunderung spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder und sie starrte dem Flavier hinter her.


    Am Rande vernahm Dido, dass Hannibal sich weiterhin mit Asny beschäftigte, sie wandte sich gerade um als Hannibal meinte: „Asny? Ein schöner Name, aber nicht Germanisch, oder?“ Dido beobachtete, dass ein verhaltenes Lächeln von Hannibal der weiß blonden Sklavin geschenkt wurde. „Aber Du brauchst mich nicht Herr zu nennen, Asny. Hannibal reicht. Ich bin genauso wie Du ein Sklave. Dein Herr wird von nun an Marcus Aristides aus dem Geschlecht der patrizischen Flavier sein. Er kämpft momentan noch als Soldat in Parthia für das römische Imperium.“ Das dröhnende Lachen von einem groß gewachsenen Mann drang zu Dido, sie musterte schnell den Bäcker, wandte sich ab und trat eilends auf Hannibal und Asny zu, drängte sich vorbei an einer Gruppe von jungen Männern, die über den Markt schlenderten und nach passender Ware Ausschau hielten. „Da bin ich wieder!“, quiekte Dido nach oben zu den beiden Erwachsenen und unterbrach damit den Satz von Hannibal, der gerade sich derart äußerte: „Aber keine Sorge, Du wirst erst mal...“ Hannibal wandte sich, derart gestört, zu Dido um und betrachtete die kindliche Sklavin. „Welche Strafe hast Du bekommen, Dido?“ Dido blinzelte einige Male und log dreist und ohne schuldig dabei zu wirken. „Gar keine, der werte Lucanus war ganz nett zu mir und meinte, ich solle das ja nicht noch einmal machen.“ Hannibals Augen bohrten sich in die von Dido, die den Blick starr erwiderte. „Wirklich?“ „Ja!“, flunkerte Dido ein zweites Mal dreist. „Hm?“ Und obwohl noch kein Hahn krähte, gab Dido schnell und ein drittes Mal in Form einer Lüge von sich. „Wirklich!“ Hannibal nickte zweiflerisch. Dido wandte sich eilends und aufgeregt Asny zu. „Jetzt gehörst Du auch zu den Flaviern, Asny! Und wir gehören beide auch dem selben Herrn!“ Begeistert strahlten Didos Augen. „Eigentlich gehöre ich dem Sohn von unserem Herrn, aber der ist in Baiae, aber den wirst Du bestimmt auch kennen lernen, der ist gaaaaaaaannnz toll und er hat einen großen Kampfhund und überhaupt...er ist der beste Herr der Welt und...“ Ehe der Redefluss weiterging wurde Dido dieses Mal von Hannibal gestoppt. „Das reicht, Dido! Wir kehren zur Villa Flavia zurück und dann können wir alles weitere bereden.“


    Irgendwas von einem Parther wurde schon von der Tribüne herunter gerufen und meinte Dido nicht, die erhabene Gestalt von Flavius Gracchus zu erkennen? Aber sie war einfach doch zu klein, um über alle Menschen hinweg spähen zu können. Doch in ihrem Eifer gebremst, nickte Dido folgsam. Sie hatte ja das, was sie wollte: Asny würde mit zur Villa kommen und womöglich fingen nun rosigere Zeiten für die vom Herrn verlassene Dido dort an. Dido lächelte breit wie ein Honigkuchenpferd, folgte dann jedoch Hannibal botmäßig, als er den beiden weiblichen Wesen, einmal Kind, einmal junge Frau, den Weg durch das Treiben des Sklavenmarktes bahnte und sie vorbei an dem trajanischen Markt in Richtung der noblen Villa Flavia führte.

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    Hannibal


    Stickig schien es auf dem Sklavenmarkt, hunderte von römischen Leibern, dicke Senatoren, dürre Schreiber im Schlepptau oder muskelbepackte Leibwächter, römische Matronen, die das Geld ihrer Ehemänner mit vollen Händen hinaus warfen, Sänften, die kostbare Jungfern durch das Treiben trugen, Sklaven, überall Sklaven, nicht nur auf der Bühne, sondern inmitten von all den Menschen. Hannibal sah von Cassander einen Augenblick durch die Menge, die am Abend verschwunden sein würde und nur noch Dreck und Abfall von all dem Leben und den Verkäufen deuten würde. Wenn die Sklaven einen Willen hätten, kein Römer in der ewigen Hauptstadt hätte eine Chance sich zu retten, sie wären alle dem Untergang geweiht. Jene Überlegungen aber auch die Worte von Cassander ließen das Lächeln auf dem Gesicht des flavischen Sklaven ersterben. „Ich mache mich nicht lustig...“, murmelte Hannibal, aber es ging in dem Treiben unter, das der Sklavenhändler mit seiner anderen Ware veranstaltete. Jegliche Freude und Frohsinn des Tages schwand ebenfalls. Doch Du bist nicht Aristides. Hannibal nickte. „Wohl wahr!“, murmelte Hannibal. „Dann wünsche ich Dir noch viel Erfolg, Cassander. Dort drüben beim Stand gab es auch Ägypterinnen, schöne Gestalten, die als Gesellschafterin dienen können.“ Doch damit war jegliches, gar falsch verstandene, Hilfeleistungen nicht mehr nötig. Außerdem war ihm Cassander etwas zu sehr betrunken, schon in der Frühe des Tages. „Vale, Cassander!“. Du bist nicht Aristides...Du bist nicht...Du bist...ein Sklave. Hannibals Mund verzog sich zu einem über sich selbst angewiderten Ausdruck, schon seit vielen Monaten schmeckte der Gedanke wie Galle, denn das Versprechen seines Herrn würde dieser niemals, das wusste Hannibal mittlerweile, wahr machen. Der Sklave wandte sich wieder der Tribüne zu und suchte danach, Selbstzweifel, Verbitterung und den stetig schwellenden Zorn in sich zu unterdrücken als die Fesseln von Asny herunter genommen wurden. Hannibal trat auf sie zu, umgriff sie an ihren Hüften und hob sie , wie leicht sie doch war!, von der Bühne herunter, setzte sie auf den Boden. Ein wenig größer war Hannibal, er trug eine einfache, grüne Tunika aus fester Wolle und dazu einen ledernen, braunen Gürtel. Der Dolch und sein Caecus war unter dem grau wollenen Überwurf, der seine halbe Schulter bedeckte, versteckt. Hannibal richtete etwas abwesend seine braunen, nussbraune, Augen auf Asny. „Komm, Kind.“ Asny erschien in Hannibals Augen kaum älter als die Tochter von Aristides zu sein, die Hannibal von klein auf selber mit aufgezogen hatte. „Lass uns erst mal von hier weg gehen. Du wirst bald Dein neues Heim kennen lernen...“ Er nahm ihre Hand und führte sie mit durch das dichte Drängen von Menschen, vorbei an einer Frau, die ihre braunen Haare hoch aufgetürmt trug und dazu leuchtend rote Tuniken trug, die bis zum Boden wallten. Eine penetrante Duftwolke umwehte die Frau und Hannibal rümpfte einen Moment die Nase als er des Gestanks Gewahr wurde. Augenblicklich erreichten sie die Murmel-schleudernde Dido, den hoch flavischen Lucanus und den geschädigten Lars.


    .....Dido derweil litt immer noch Höllenqualen, denn die drohende Peitsche stand weiterhin im Raume oder gar Schlimmeres. Was erzählte man nicht alles in den Sklavenquartieren von der Phantasie der Flavier, wenn es um Bestrafungen ging? Löwung war noch ein gnadenvoller Tod gewesen, den eine Sklavin vor vielen Jahren von dem alten Hausherrn, Flavius Felix, erlitten hatte. Wenn Dido an den Folterraum dachte, der angeblich im Keller der Villa Flavia war und vor kurzem von der edlen Flavia Leontia sogar noch aufgestockt worden war und wohl an dem Sklaven Daphnus erprobt wurde, da wurde es Dido ganz schlecht. Sie war auch schon gänzlich blass um die Nase, ihre Frisur hatte sich gänzlich gelöst, das Band war herunter gerutscht und die weizenblonden Haare flogen wild und unbändig in jede Richtung, Dido war den Tränen nahe und hatte das Gefühl, eine kleine Minute würde sich zu Jahren ausdehnen. Sie hörte in der Ferne Hannibal fragen, eine Frage, die er eindeutig an Asny gerichtet hatte. „Wie ist Dein Name, Kind? Und wie alt bist Du?“

    Idyllisch erstreckte sich die Straßen in dem Viertel, dass die Villa Flavia Felix von Rom beherbergte. Wohl gepflegte Häuser standen in den Straßen, leuchtende rote Dächer streckten sich hinter Mauern in den winterlichen Himmel, Baumkronen rauschten hinter den Bauten, manch ein paradiesischer Garten war hinter Tonsteinen verborgen, die mit weißem Kalk bestrichen waren. Tauben flatterten am Himmel entlang, sie schlugen mit ihren grau blauen Flügeln, der Vogelschwarm schwang sich wie ein Korpus durch die Luft, schlug einen Hacken, um in einer scharfen Wendung über ein prachtvolles Anwesen zu gleiten. Eine ziemlich hohe Mauer rankte sich um das Anwesen, dass mehrere Bauten, nebst dem großen Hauptkomplex, enthielt. Die Mauer war von eisernen Spitzen besetzt. Um Eindringlinge fern zu halten oder manch einen Bewohner in der Villa? Das konnte wohl nur der Flavier sagen, der das Anwesen erbaut hatte. Keine Wagen polterten durch die Straßen, es war am Tage verboten, einige Kinder tollten an der Mauer entlang und rauften sich eines kleinen Welpen wegen, den ein Mann am Morgen an einem Baum über den Tiber gebunden hatte und den die Kinder der Nachbarschaft gerettet hatten. Ihr Lärmen und Brüllen löste den Klamauk der Stadt und des Sklavenmarktes ab, untermalt von den Schritten der Sklaven, die zur Villa Flavia zurück kehrten, oder dort das erste Mal einkehrten. Dido rieb sich immer noch ihre Handgelenke, selbst wenn sie nicht mehr weh taten, so schmerzte die Erinnerung immer noch. Wegen der mahnenden Blicke von Hannibal schwieg Dido erst noch, wenn sie auch Asny immer mal wieder neugierige und gespannte Blicke zu warf. Sie folgte Hannibal durch das Tor hindurch und vorbei an einigen Eibenbüschen, die von dem Gärtner in Form geschnitten worden waren und auf ein massives Tor, dass von einem mit Statuen gesäumten Eingang umrahmt wurde. Hannibal klopfte, es wurde geöffnet und der Ianitor, der Sklave, der eigens für das Öffnen der Tür abgestellt worden war, ließ die drei Sklaven hinein, mit einem mürrischen Grummeln und einem abfälligen Kommentar, wie dieser es stets von sich gab. Dido sah ihn mit verengten Augen an und schritt eilends in den Fauces und das große Atrium hinein, ehe der Ianitor es sich anders überlegte und doch ihnen die Tür vor der Nase zu schlug. Was auch nicht schlimm wäre, dann müsste Dido nur um die Villa laufen und den eigentlichen Eingang für die Sklaven und das Fußvolk nutzen.


    Licht fiel in weichen Strahlen durch die Öffnung im Dache, dass das Atrium überspannte. Die Sonne spiegelte sich in dem Wasserbecken wieder. Das Wasserbecken befand sich in der Mitte des Atriums und war eine Vertiefung im Marmorboden. Wahrlich lieblich erblühten Wasserrosen in dem Becken, das noch, wie das Atrium überhaupt, von der kundigen Hand der Flavia Leontia geschmückt worden war. Marmorsäulen erhoben sich an der Seite, der Boden glänzte, war er doch vor kurzem frisch gewischt worden und links und rechts säumten Ahnenstatuen das Atrium, alte grimmig oder 'erhaben' vor sich hin starrende Büsten von Flaviern. Auf steinernen, runden Tischen zu allen vier Seiten stand je eine attische Vase mit braun, schwarzen und weißen Figuren und die Rosen aus dem eigenen felixschen Garten, eine Winterblüte, in sich trugen. Hannibal wandte sich zu Dido und Asny um und meinte zu Beiden. „Dido wird Dir die Villa zeigen und auch die Unterkunft. Ich komme später hinzu. Willkommen in der Villa Flavia, Asny. Du wirst Dich sicherlich hier schnell einleben und sehen, dass man hier nicht übel als Sklave lebt.“ Hannibal lächelte kurz, Dido musterte ihn misstrauisch und traute dem erst als der andere Sklave durch das Atrium geschritten war und aus ihrer Sicht entschwunden. Dido klatschte fröhlich in ihre Hände und wandte sich um. „Wunderbar. Wir sind ihn los!“ Dido grinste breit, sie hatte zwar Zwille auf dem Mark verloren auch ihre Kreide und ebenso die Murmeln, aber das würde sie sich noch zurück stehlen. Die blaugrünen Augen von Dido blitzten vergnügt. „Möchtest Du zuerst die Villa sehen oder sollen wir lieber Spielen gehen...solange uns niemand Arbeit aufbrummt?“

    Das Geschüttel hörte auf, was vielleicht daran lag, dass sich Dido nicht mehr dem Griff erwehrte. Denn in jenem Augenblick nahm das Bieten um die Sklavin das junge Mädchen ganz gefangen. Ihr Blick eilte zu dem Aelier, der für Asny bot. Ihre Augen verschmälerten sich und könnten Blicke töten...dann...ja, dann wäre wohl schon längst halb Rom tot nach dem Willen von der kleinen Dido, auf jeden Fall alle lästigen Erwachsenen. Sie presste ihre Lippen aufeinander und schnaubte, doch sie konnte nicht den anderen flavischen Sklaven drängen, schnell höher zu bieten. Nein, sie war immer noch in dem Griff von Lucanus. Die Zahlen sausten um Didos Kopf hinweg und ihr Mund öffnete sich. Sooo viele Sesterces? Das konnte sich die kleine Dido kaum vorstellen, selbst wenn sie in der Villa Flavia in all dem Pracht und Prunk wohnte, der so viel Geld wert war. Didos bescheidene Welt hielt noch einhundert Sesterces für ein wunderbares Vermögen. „Hannibal...“, krakeelte die kleine Dido, als sie glaubte, der flavische Sklave wäre nun endgültig dem Schweigen verfallen. „Biete mehr...“, aber ihre Worte wurden von dem aufgeregtem Raunen und erneut ein Gebot übertönt. Dido versuchte sich erneut aus dem Griff zu entwinden. „Biiiiittte!“, flehte die kleine, aber nicht gerade harmlose Sklavin. Als Dido wieder zur Bühne sah, erkannte sie, dass Asny auf sie zu getreten war. Wenige Schritte nur trennte Dido von Asny und in dem Moment hatte Dido das Gefühl: Das Schicksal wollte ihr erneut einen bösen Streich spielen. Da kam mal ein Mensch, der augenscheinlich Sympathie für die kleine Dido hegte, Hannibal zählte nicht und Serenus war ja weit fort, und dann sollte diese erlesene Person doch woanders hinkommen? Fast wäre Dido versucht, sich zu winden und Lucanus böse in den Handballen zu beißen und mit dem Fuß einen ordentlichen Tritt zwischen seine Beine zu versetzen, aber dann schien es Fortuna doch gut mit der neunjährigen Sklavin zu meinen, denn sie hörte endlich Hannibal wieder bieten und den Sklavenhändler einwilligen. Dido lächelte zufrieden, jetzt würden ihr die Peitschenhiebe von Lucanus auch nichts mehr ausmachen, was natürlich auch mehr theoretischer Natur war.


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    Hannibal


    Fünftausendfünfhundert? Was für eine Zahl! Hannibal ließ das in seinem Kopf zergehen und blinzelte, als er aus dem Rausch heraus trat, der ihn in dem Augenblick erfasst hatte, wo es Schlag auf Schlag ging. Hatte er gerade so viel Geld seines Herrn in weniger als sechshundert Herzschlägen ausgegeben, etwas, wofür sein Herr Wochen arbeitete? Mal abgesehen davon, dass sein Herr nicht auf den Lohn angewiesen war, so wusste Hannibal, dass Aristides durch seine Arbeit bei der Legion einen Sinn für Geld gewonnen hatte. Oder vielleicht doch nicht? Hannibals Mundwinkel verzogen sich nach oben. Was soll's!?, dachte er sich. Die wenigen Augenblicke, die er die Sklavin hatte beobachten können, zeigten ihm: Jeder Sesterces war wohl angelegt. Womöglich sogar ein Schnäppchen, gute Sklaven wurden sogar noch weit teurer versteigert hier in Rom. Mit einem breiten Lächeln fing Hannibal an in seinem Beutel zu suchen, um das Geschäft abzuschließen. Gerade als Hannibal einen versiegelten Brief hervor zog, der von einem Bankhaus ausgestellt worden war und eine versicherte Auszahlungsurkunde darstellte, hörte Hannibal das Gebot von Cassander. Langsam wanderte Hannibals Augenbraue in die Höhe, und da er schon sein ganzes Leben lang unter den Flavier weilte und lebte, war diese Geste gänzlich flavisch, sogar flavischer als bei seinem eigenen Herrn. „Zehntausend Sesterces? Mein Freund...“ Hannibal lächelte erst, lachte dann sogar in einem versöhnlichen Tonfall. „...ich möchte Dich nicht einem derartigen Risiko aussetzen. Eisenstäbe und Peitsche? Stell Dir vor, Du zahlst zehntausend Sesterces für ein Mädchen, was Dein Herr am Ende gar nicht so exotisch findet. Blond ist nicht eine Seltenheit, schau Dir die kleine Dido an. Weizenblond und dabei sogar noch Italikerin!“ Nur zur Hälfte, aber das verschwieg Hannibal geflissentlich. Er grinste schief. „Ich würde Dir einen schlechten Dienst erweisen. Mein Herr hingegen wird von der Musik begeistert sein und selbst wenn nicht...er wird mir nicht Gram sein. Du weißt ja, umgänglich und unkompliziert. “ Hannibal kramte dabei fleißig weiter in seinem Beutel und zog noch zwei weitere Umschläge hervor, zudem einen Beutel mit Aurei, den er eigentlich für den Sklavenmarkt vorgesehen hatte, der aber eindeutig nicht ausreichte. „Aber ich zeige Dir gerne den Markt mit den absonderlichsten und exotischsten Sklaven. Ich bin auch auf der Suche nach einer weiteren Sklavin, womöglich.“


    Hannibal wandte sich zu dem Sklavenhändler und reichte ihm die Umschläge und den Beutel mit Aurei gefüllt. „Bares Geld und so gut wie, Händler. Fünftausendfünfhundert!“, die sich der Sklavenhändler von dem größten Bankhaus Roms holen konnte anhand der Dokumente, die Hannibal an den Sklavenhändler überreichte, abgesehen von den gut zweitausend Sesterces in Aureiform. Und somit war es sichergestellt, dass weder Hannibal auf dem Weg zum Sklavenmarkt, noch der Sklavenhändler vom Sklavenmarkt ausgeraubt werden konnte. „Nehmt der Sklavin die Fesseln ab. Wenn sie so zahm ist, wie Du stets behauptest, Händler, wird es auch keine Probleme bereiten...“ Ansonsten würde Asny nicht weit kommen, in dieser Hinsicht machte sich Hannibal keine Sorgen. Hannibal wandte sich erneut Cassander zu. „Die Zeiten für Dich als kleiner König der Villa Flavia in Hispania sind leider vorbei, nicht wahr?“, mehr amüsiert als boshaft war der angeschlagene Tonfall. Doch wer gesagt hatte, eine Krähe hackte der Anderen das Auge nicht aus, kannte die flavischen Sklaven wohl schlecht. Wenngleich es Hannibal nicht danach strebte, mehr als kleine rhetorische Dolchstöße zu erwidern.



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    Hannibal


    Sanft entzog sich Hannibal der betrunkenen Umarmung seines Kollegen, und wandte dezent den Kopf ein wenig zur Seite um dessen Weindunst zu entgehen. Sein Lächeln blieb unbeirrt als Cassander von der Grausamkeit seines Herren erzählte - dergleichen war ja weitverbreit in jener noblen Familie - und ebenso als sein Kollege den Wink mit dem Zaunpfahl nicht hören wollte. „Ich verstehe“, entgegnete er liebenswürdig, „doch um etwas wirklich exotisches für Deinen Herrn zu finden, Cassander, würde ich mich auf dem Markt der Spezialitäten umsehen!“ Er wies mit dem Kinn zu jenen hinteren Bereichen des Sklavenmarktes wo ‚Abnormitäten‘ und ‚Missgeburten‘ verkauft wurden, um auch die seltsamsten Geschmäcker zu erfreuen, und den Anforderungen der Mode genüge zu tun. „Eben wurde dort ein zwergwüchsiger Nubier feilgeboten. Nicht grösser als so...“ Hannibal hielt die Hand flach in Höhe seiner Hüfte. „Ausserdem eine zimtfarbene junge Schönheit aus dem fernen Punt. Mit vier Brüsten.“ Er zwinkerte Cassander zu, behielt dabei sein Pokerface bei.

    „Tarraco“, er nickte. An seinen von der Seekrankheit und der unausstehlichen Gesellschaft überschatteten Besuch in jeder Stadt dachte er ungern zurück. „In der Tat. Meine Linie dient der Flavia bereits in der siebten Generation“, bestätigte er, ohne sich zu brüsten, einfach als ein Faktum. Sein Blick wanderte kurz zu der kleinen, ihrer Bestrafung harrenden Dido und er musste sich innerlich korrigieren. Acht Generationen waren es ja mittlerweile. „Ich kann nicht klagen über meinen Herrn.“ Und seitdem der im fernen Parthia weilte sowieso nicht. Sich selbst überlassen konnte Hannibal unbehelligt Tag für Tag, oder bessergesagt Nacht für Nacht, seinen eigenen Angelegenheiten nachgehen... Trotz dieser netten Plauderei behielt Hannibal selbstverständlich die Versteigerung im Auge, und rief dem Händler nun ein deutliches „Tausendzweihundert Sesterzen!“ zu.

    Das Geschoss flog rasant durch die Luft, gebannt folgte Dido mit ihren Augen seinem Weg, sie hielt den Atem an und zählte noch nicht mal bis zwei, da traf es schon und mitten dorthin, wo Dido ungefähr gezielt hatte. „Ha!“, jubelte die flavische Sklavin, Freude blitzte in ihren Augen auf und sie hüpfte kichernd in die Luft und klatschte sich mit der Zwille in die andere Hand, so dass sich das lederne Band zwischen der Astgabel um ihre Hand wand und auf ihrem Handrücken zum Liegen kam. Das Taubenschießen hatte sich gelohnt, Dido übte schon seitdem sie fünf Jahre alt war mit der Zwille, dem sie einem ein Jahr älteren Sklaven in Baiae abgenommen hatte. Das Holz hielt schon seit Jahren, wenn auch das Lederband immer wieder ausgetauscht werden musste, wurde es doch schnell brüchig und war nicht mehr elastisch genug. Breit grinsend sah Dido zu Asny und war gar nicht enttäuscht, dass sie das Messer nicht angenommen hatte. „Ist auch besser so...mit dem Messer!“, raunte Dido schnell Asny zu. „Du wirst gut in die Villa Flavia passen...“ Dido nickte eifrig. „Sehr klug bist Du!“ Sciurus würde Asny bestimmt nicht dummes Ding nennen, wie er es sonst bei den vielen anderen Sklaven und Sklavinnen in der Villa tat und wer nicht so genannt wurde, der wurde dadurch schon geadelt. In Didos kindlichen und verehrenden Augen zumindest und Dido wollte einfach auch, dass Sciurus das bei Asny nicht tat. Die fremde junge Frau schien eine wunderbare Verbündete für die kindlich flavische Sklavin zu sein.


    Der Triumph und das Hochgefühl wollte nicht lange anhalten, denn wie ein Blitz kam das Verhängnis über Dido. „Ahhh!“, entfuhr es Dido als sie grob am Arm von Lucanus gepackt wurde. Seine Finger schloßen sich um ihren kindlichen Oberarm, den man durchaus als dürr bezeichnen konnte und wenig von einer zukünftigen Gladiatorin, einer Amazone, hatte. Schon entriss er ihr die geliebte und sorgsam gehütete Zwille, Didos Augen weiteten sich erschrocken. Viele Menschen starrten auf Dido hinab und sie versuchte sich leise stöhnend aus dem Griff von Lucanus zu entwinden, der sie sich gekonnt all ihrer Habseligkeiten entledigen lässt. Die zwei Beutel gefüllt mit der Kreide, die sie zum Bemalen von Hauswänden benutzte, rot, weiß und gelb, dann noch einigen Sesterces, den Murmeln aus Glas und einige aus Ton, einem scharfkantiger Stein, einem alten Keks, den sie noch von den Saturnalien aufbewahrt hatte und zu guter Letzt: Das kleine Messer, das von der Schneide nicht größer als der Daumen von Lucanus war, ein Küchenmesser zum Schälen von Äpfeln vielleicht. Es war auch an vielen Stellen schartig und nicht mehr astrein scharf, aber spitz genug, um weh zu tun. Dido hatte sich das Messer erst vor wenigen Wochen aus der Küche gestohlen als sie in der Sklavenunterkunft mit einem älteren Sklaven aneinander geraten war, der sie heftig geschlagen hatte, so dass sogar Didos Nase geblutet hatte. Da hatte Dido erkannt: Sie war in der Villa Flavia nun alleine. Sie hatte keinen Herrn, der sie beschützte. Und darum musste sie selber für sich sorgen. „Ahh...“, hauchte Dido. Es tat immer mehr weh, außerdem schüttelte Lucanus sie ordentlich durch...oder wand sich Dido nur so heftig als er sie an den Handgelenken gepackt hielt? Irre? Dido warf Lars einen vernichtenden Blick zu. Aber gleichzeitig auch einen Genüsslichen. Irre...wenn er das noch in der Sklavenunterkunft erzählte, vielleicht hatte Dido dann endlich ihre Ruhe...


    Aber die Schimpftirade von Lucanus erschreckte das neunjährige Mädchen gewaltig. Wasser stieg in ihre blaugrünen Augen. Nicht weinen, Dummkopf. Nicht eine Schwäche zeigen. Nicht weinen..nicht flennen, wie eine dumme Göre...! Didos Lippen erzitterte. Sie sah wie Hannibal heran getreten kam, der ihrer Attacke wegen dem Flavier nicht mehr hatte antworten können, und sie mit einem enttäuschten Blick musterte, was Dido egal war. Sie hasste ihn und wenn er ernüchtert war, was sie anging, sollte ihr das Recht sein. „Folgsame Sklaven sind wohl eine Rarität, Dominus!“, hörte Dido den anderen Sklaven sagen. Und die nächsten Worte erschreckten sie gewaltig. „Sie untersteht eigentlich mir...aber da sie Deinen Sklaven angegriffen hat...bestrafe sie nach Deinem Gutdünken!“ Groß sah Dido zu Hannibal hinauf und begriff nicht ganz, was er da sagte. Hatte er nicht immer behauptet, er wolle sich um sie kümmern? Aber nun ließ er sie doch im Stich. Dido fühlte ein seltsames Gefühl in ihrer Brust und sah dem flavischen Sklaven hinterher, der zum Sklavenhändler und jemand anderem bei den Zuschauern sah und sich dann abwandte. Dido war nun dem wütenden Flavier ausgeliefert und wenn der nur einen Funken von der flavischen Bestrafungslust in sich trug, dann würde es Dido nun übel ergehen. Dido sah schnell zu Lucanus hinauf und wurde ganz schlaff in seinem Griff „Verzeih, Dominus...“ Ihre Stimme zitterte und ihre Gedanken rotierten wie wild. „Ich wusste nicht, dass er zu Dir gehört...ich hab ihn nicht erkannt...ich dachte, er wollte Dich grade beklau'n...“, log Dido ungeniert. „Bitte...“ Sie atmete tief ein und entsann sich zurück an die Bestrafung von Flavia Agrippina vor zwei Jahren. „...bitte peitsche mich nicht aus...ich tue alles, was Du willst...“ Ihre Hände wurden ganz kalt. Dido sah sich nach einem Fluchtweg um und dann zu Asny hoch. Amazone...Amazone...eine Amazone kämpft, schoss es Dido durch den Kopf. Dido suchte danach die Angst nieder zu kämpfen und sich aufzurichten, doch immer noch hörte sie das Knallen von Leder durch die Luft und sie erahnte schon den Schmerz, der kommen würde. Ihre Kinderaugen sahen verzweifelt zu Lucanus hoch.



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    Hannibal


    Der Leibsklave von Aristides musste sich einige Schritte durch die wogende Menge von Interessenten und Kauflustigen hindurch drängen, vorbei an dem Dicken, der Dido eben noch zur Seite gestoßen hatte, um die Sklavin Asny zu begutachten. Dann erst stand er direkt neben seinem Kollegen, dem anderen flavischen Sklaven, den er einige Male vor einiger Zeit noch in der Villa Flavia Felix gesehen hatte. Hannibal trat neben den anderen Sklaven, Cassander, und spähte zur Bühne nach oben, dachte dabei über den Namen des anderen Sklaven nach. Etwas mit Troja, Hektor, Achilles? Hannibal hielt den Atem an als er die unerträgliche Weinfahne bemerkte, suchte danach, sich davon nichts anmerken zu lassen. „Salve!“, grüßte Hannibal derweil. „Was für ein Zufall, zwei flavische Sklaven am selben Fleck auf dem großen Markt in Rom und ein Flavier, der hinzu gestoßen ist.“ Hannibal lächelte dünn und sah kurz zu Cassander. Mit dem Kinn deutete er in Richtung von Lucanus. „Du kennst den jungen Flavius Lucanus sicherlich.“ Ob das so war, wusste Hannibal nicht, aber er hatte gehört, dass Lucanus frisch aus Hispania eingetroffen ist, womöglich kannte der Sklave den jungen Herrn darum. „Ist Dein Herr wieder in der Stadt?“ Was Hannibal erstaunen würde, schließlich war Furianus der wichtigste Mann von Hispania und sicherlich mehr als unentbehrlich. Hannibal deutete mit dem Kinn auf die junge Sklavin, Asny. „Ein hübsches Ding, hm? Meinem Herrn, Flavius Aristides, der Onkel Deines Herrn, kann diese Sklavin sehr nützlich sein, darum biete ich bereits für sie.“ Hannibal verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Eine musisch talentierte Sklavin. Mein Herr wird sicherlich seine große Freude an ihr haben. Gerade in diesen schweren Zeiten, die er im Krieg erlebt.“ Hannibal sah erneut zu Cassander, ein wenig forschend und nachdenklich. Cassander würde sicherlich die Intentionen seines eigenen Herr, Flavius Furianus, einschätzen können. Würde der Flavier es gut heißen, dass sein Sklave in die Geschäfte eines anderen Familienmitgliedes pfuschte oder hielt der eigene Sklave seinen Herrn in dieser Hinsicht für integer? Auch würde es Hannibal einen guten Einblick gewähren, mit wem er es womöglich bei Furianus und seinem Sklaven zu tun hatte, konnte der italische Sklave doch den Neffen von Aristides bis anhin nicht sehr gut einschätzen. Aristides Meinung kannte Hannibal: Familienbande war für Aristides das wichtigste Gut und er hielt darum viel von seinem Neffen. Ein Geistesblitz ereilte endlich Hannibal und er lächelte etwas mehr. „Cassander, nicht wahr? Ich bin Hannibal. Du hast nicht lange in der Villa Flavia Felix gewohnt, oder?“

    Der laue Wind zupfte an Didos blonden Haaren, die mit einem Lederband zurück gebunden waren, aber sich, der Feinheit und auch Unbändigbarkeit wegen, bereits aus dem Zopf lösten und ihr in das runde Gesicht fielen, das noch ganz von den kindlichen Zügen geprägt war und wenig von der Frau zeigte, die die junge Sklavin später wohl mal werden konnte. Die aufgesetzte Kälte, der unkindliche Ernst, was sonst Didos Gesicht prägte, war verschwunden. Sonst beherrschte sich die flavische Sklavin aus Notwendigkeit in der Villa, ohne ihren jungen Herrn verzieh ihr niemand kindisches Benehmen, nur mit Serenus konnte Dido die wirkliche Dido sein und ein Kind von gerade mal neun Jahren. Dido drückte sich etwas näher an die Bühne als sich ein massiger Mann an der jungen Sklavin vorbei drückte und mit seinen Froschaugen Asny auf der Bühne musterte und wohl zu überlegen schien, ob er nicht auch für die Sklavin mit bieten sollte, doch dann schob sich der Mann etwas weiter und Dido hatte wieder Luft zum Atmen. „Asny ist auf jeden Fall kein römischer Name. Vielleicht bekommst Du, wenn Hannibal Dich ersteigern kann, einen anderen Namen. Vielleicht auch nicht. Aber Du kannst keinen phönizischen Namen bekommen, die bekommen nur Sklaven aus der flavischen Linie!“ Zuchtlinie wäre wohl der bessere Ausdruck, aber Dido mochte die Bezeichnung nicht, es erinnerte sie an das Gerede von einem Sklaven aus dem Stall in flavischen Villa von Baiae, der damit auch über seine Pferde gesprochen hatte. Dido wusste ja, dass manche Sklaven weniger wert waren als ein edles Ross oder gar eine schöne, mit Perlen geschmückte Muräne, aber dennoch hielt sie viel auf ihre eigene Herkunft, war sehr stolz zu den besonderen flavischen Sklaven zu gehören. Wenn es auch gewisse Nachteile mit sich brachte, Hannibal zum Beispiel.


    Sie warf dem älteren Sklaven, der fast so alt wie der Vater von ihrem Herrn war, einen schnellen Blick zu, doch dieser hatte sich bereits dem Flavier Lucanus zugewandt und schickte sich an, dessen Fragen zu beantworten. Dido nickte dem jungen Herrn schnell und wenig respektvoll zu, wollte aber nicht zu dreist sein. Immerhin konnte es ihr auch durch die Hand jenes Flaviers übel ergehen, selbst wenn sie nicht ihm gehörte, so war er immer noch ein Flavier und als Sklavin würde sie auf sein Wort hören müssen. Aber das kurze Nicken müsste genügen, denn Dido wollte wieder den Worten von Asny lauschen. Doch was war das? Mit einem Mal sah Dido den Sklavenjungen, der ihr frech die Zunge rausstreckte!! Didos Augen verschmälerten sich und sie griff nach ihrem anderen Beutel. Na warte, dachte sich Dido. Die Rache kommt noch! Doch die Worte um Eismeer lenkten Dido für den Augenblick ab. „Schaaade!“, erwiderte Dido mit etwas enttäuschtem Gesicht. „Ich kenne das Eismeer nämlich auch nicht. Meine Mutter kommt von da, glaube ich. Aber ich hätte gerne mal jemanden getroffen, der die Seeschlange Fenris kennt und die bösen Nornen und so...“ Dido kannte nur einige wenige Geschichten von ihrer Mutter ehe sie von ihr getrennt wurde, um zu Serenus gegeben zu werden. Und sie warf immer wieder die Namen durcheinander, verwechselte die Midgardschlange mit dem unsterblichen Wolf, die beide natürlich nicht im Wasser lebten und die wirklichen Seeungeheuer schienen ihr als Fische viel zu banal zu sein.


    Verdutzt sah Dido auf den roten Punkt an ihrem Daumen und erkannte im Sonnenschein und doch gutem Lichte, dass sich ein feiner Holzspan in ihre Haut gebohrt hatte. Mit dem Finger drückte Dido an der Haut herum. Interessiert betrachtete Dido, wie ein roter Blutstropfen sich an ihrer Fingerkuppe bildete, einen Moment erzitterte und dann an ihrem Daumen herunter ran. Eine rote Linie ließ das Blut zurück, hauchfein, so dass Dido die Spur nur mehr erahnen konnte. „Au!“, murmelte Dido, obwohl es eigentlich nicht weh tat. Sie zog vorsichtig den Span heraus und steckte den Finger in den Mund, um das Blut weg zu saugen. „Ischt..nischt schooo...sccchhhlimmm....“, raunte Dido nuschelnd mit Daumen im Mund ehe sie ihn heraus zog und bestätigend präsentierte. „Außerdem übt mich das! Ja, denn eines Tages werde ich eine Amazone sein und dann darf ich keinen Schmerz zeigen, wenn ich von Schwertern oder Löwen verletzt werde, sonst bin ich zu schwach...“ Was natürlich mehr theoretischer Natur war, ihre Rede, denn Dido konnte immer noch weinen, wenn sie sich nur das Knie aufschürfte oder sich mit dem Kopf an der Tür stieß. Dido betrachtete Asny grübelnd und beugte sich noch näher, verschwörerisch. „Ich habe ein Messer. Wenn Du willst, gebe ich es Dir!“, hauchte Dido. „Falls Du versuchen willst zu fliehen...“ Ein wenig Tücke trieb Dido in dem Moment wieder an, aber wer wusste es schon? Vielleicht hätte Asny tatsächlich eine Chance, wenn sie es wirklich wollte.


    So sehr in dem Gespräch gefangen interessierte es Dido dieses Mal nicht, wie sich der Leibsklave, Hannibal, von Aristides, an den jungen Flavier wandte, wenn gleich sie es durchaus noch mitbekam. „In der Tat, Dominus. Ich halte schon länger immer wieder die Augen offen nach Sklaven, die in den flavischen Haushalt passen könnten. Sklaven, die nicht gleich den Gedanken an Flucht oder gar heimtückische Anschläge und Entführungen im Herzen tragen.“ Hannibal lächelte schmal, Dido wußte auch warum, denn für eine Sklavin mit Fluchtabsichten war er selber schon verantwortlich gewesen und einen Sklaven für die Entführung hatte sich Hannibals eigener Herr in den Haushalt geholt, mit dem germanischen Sklaven. „Mein Herr könnte sich sicherlich für ihr musisches Spiel erwärmen.“ Sicherheitshalber fügte Hannibal an: „Mein Herr ist Flavius Aristides, Dominus! Der in Parthia zur Zeit mit der Prima kämpft!“ Hannibal verschränkte die Arme vor der Brust. Dido sah kurz, wie Hannibal mit fragender Miene wieder zu der jungen Sklavin sah. „Was meinst Du, Dominus? Sie würde sich doch sicherlich für die Villa lohnen? Eine gehorsame Sklavin wäre mal eine Abwechslung!“ Um Hannibals Mundwinkel spielte ein süffisantes Lächeln.


    Dido spähte schnell zu Lars hinüber und hatte nicht nur ihr kleines Messer gefunden, damit sie es Asny geben konnte, falls diese es begehrte, sondern auch noch das, um den unverschämten Sklaven maßregeln zu können. Eine Murmel wanderte in ihre Hand, die Zwille in die Andere, die Waffe wurde beladen und dann schickte Dido in einer schnellen und gewandten Bewegung die Kugel direkt in Richtung des Hohlkopfes, so würde Dido ihn schimpfen, von Lars. Dabei streckte sie ihm selber die Zunge raus. Ja, die Hackordnung in der Villa Flavia musste wohl noch geregelt werden. 8)

    Blaue Farben glänzten auf dem hellhäutigen Gesicht der jungen Dido, vermischten sich mit weißen und roten Tupfen und Dido spähte durch das Glas, das drei große Luftblasen in der Mitte trug. Die Wintersonne strahlte durch das trübe Blau und glitzerte, die Welt dahinter verschwamm in einem diffusen Meer, die Gestalten verzerrten sich zu grotesken Figuren, die wohl kein Maler so darstellen würde, zumindest nicht zu Didos Lebzeiten. Es erinnerte Dido an die wunderschönen Glassplitter tief unten in der Subura, die die seltsamen Gesellen, die dort ihr nächtliches Leben – oder auch das Tägliche? - verbrachten, dort aufgehängt hatten. Dido ließ die Glasmurmel herunter sinken als die Antwort des Sklavenhändlers ertönte, Dido konnte kein Instrument, eigentlich konnte sie gar nicht so viel nützliches. Lesen und Schreiben waren magere Fähigkeiten bei ihr, sie konnte auch nicht tanzen – was sie auch gar nicht wollte! - und ebenso wenig singen – sie klang dann wie ein krakeelender Rabe – aber mit der Zwille, damit konnte Dido sehr gut umgehen und dafür waren die Murmeln ideal. Ein genüssliches Grinsen zeigte sich auf ihren Lippen und sie hatte nicht übel Lust, die Murmeln gleich zu erproben, sah sich auf dem Mark um und wieder zu der Bühne. Verblüfft blinzelte Dido als zwei blass blaue Augen sie ansahen, die Augen erinnerten Dido an einen Winterhimmel, der umstrahlt wurde von einer blassen Sonne, ebenso hell wie das lange Haar der fremden Sklavin. Dido hob einen Finger und fing an, an einer Strähne ihrer eigenen, etwas zerzausten Haare zu drehen. Eine Melodei entglitt dem doch schlichten Instrument, fröhlich und munter drang sie an die Ohren von Dido. Dido, die eigentlich keinen Sinn für Kunst und Lyrik – wie die meisten Erwachsenendinge! - hatte, verharrte, versuchte ein abwehrenden Gesichtsausdruck aufzusetzen und wie Sciurus zu wirken, kalt und unnahbar. Aber schon als die 'junge Frauen'-finger über die Löcher am Holz tanzten und ein keckes Reigen erzeugte, öffnete sich der Mund von Dido.


    „Oh!“, entfleuchte der jungen Sklavin, die von der Musik mitgerissen wurde. „Schön...“, flüsterte sie leise. Dido sah unverwandt in das Gesicht der Fremden und in die nordisch hellen Augen, die das junge flavische Mädchen zu bannen wussten. Die Hand mit dem Beutel sank bis zu ihrem Gürtel herunter und Dido schwieg andächtig. Einige Herzschläge lauschte Dido weiter, selbst als die letzten Töne vom Winde mitgetragen wurden und in dem Murmeln der Menschen, dem Anpreisen anderer Händler verschwand. Dido wandte sich zu dem älteren Sklaven an ihrer Seite um, Hannibal, der gerade erneut das Wort an den Händler richten wollte, nachdem auch der männliche, flavische Sklave dem Spielen von Asny gelauscht hatte. Dido zupfte an der Tunika von Hannibal. „Die musst Du kaufen!“, sprach Dido und sah weiterhin zu Asny. Sie spürte den Blick von Hannibal auf sich ruhen, der wohl etwas verwundert schien. „Da bin ich gerade dabei, Dido!“ Dido sah zu ihm und erkannte ein befremdetes, aber freundliches Lächeln auf den Lippen des älteren Sklaven. Schnell ließ sie seine Tunika los und wandte sich von ihm ab. Dummkopf!, schallt sich Dido. Aber Dido wusste, dass sie noch nicht so abgebrüht war wie Sciurus und noch einen weiten Weg vor sich hatte. Außerdem fühlte sich Dido schon seit Wochen recht einsam in der Villa. Sie hatte niemandem zum Spielen, die anderen Sklaven mochte sie nicht oder umgekehrt und selbst wenn Sciurus ihr Vorbild war, so würden sie niemals so etwas wie Freunde werden können.


    Dido trat näher an die Bühne heran und legt eine Hand auf die groben Holzbretter, ein Span bohrte sich in ihren Daumen, doch Dido merkte davon noch nichts. „Wie heißt Du?“, flüsterte sie Asny entgegen. Welcher Sklavenhändler achtete schon auf ein Mädchen bei seiner Ware? „Ich bin Dido!“ Sie deutete mit dem Kinn auf den Sklaven, den Dido begleitete. „Und das ist Hannibal. Er wird versuchen, Dich zu ersteigern.“ In dem Moment hörte Dido die Stimme von Hannibal, die sich ein weiteres Mal an den Händler richtete. „Wo hat die Sklavin vorher gedient, Händler? In welchem Haushalt wurde sie zu einer Sklavin erzogen?“ Dido sah nur kurz über ihre Schulter, aber sie würde das Steigern dem erwachsenen Sklaven überlassen müssen. Denn welcher Sklavenhändler würde schon ein Kind ernst nehmen bei solchen Dingen? „Kommst Du aus dem Norden vom Eismeer? Thule?“, fragte Dido hauchend und fasziniert. Sie wusste, dass ihre eigene Mutter von dort kam, aber Dido hatte nur sehr verschwommene Erinnerung an die Sklavin, die ausgewählt worden war, die Linie der flavischen Sklaven fort zu setzen und deren Frucht Dido war. Aus den Augenwinkeln bemerkte Dido, dass Hannibal wohl noch jemand auf dem Markt entdeckt hatte, Lucanus, den Dido immer nur kurz gesehen hatte und nicht genau einzuschätzen wußte. Hannibal grüßte den Flavier mit einem respektvoll, höflichem Neigen des Kopfes und einem: „Salve, Dominus!“ Aber Dido kümmerte sich nicht darum.

    Licht und Schatten, Dissensen beherrschten die verquere Welt der Subura, die sich so lebendig zeigte wie die strahlende Villa Flavia weit über ihren Köpfen. Ein süffisantes Lächeln zeigte sich auf den Lippen der orientalischen Frau, ihre Finger strichen über Sciurus Rücken entlang, sie tätschelte Didos Kopf, die die Fremde missmutig anstarrte, dann trat die Orientalin mit lautlosen Schritten ebenfalls in die tiefe Dunkelheit. Ein einzelner Wassertropfen ertönte, das Rasseln von Ketten und das dissonante Summen der weiblichen Kreatur. Die Höhle des Löwen entließ sie wieder, der König der Unterwelt hatte gesprochen und Dido hatte alles mit einem Schaudern in sich aufgenommen. Schweigsam folgte sie dem Sklaven, der ihr stets zwei Schritte voraus ging. Forma knurrte Dido zu als sie an ihr vorbei ging, dann grinste die Kreatur breit. Dido zuckte von Forma weg und ärgerte sich über ihre Angst, die sich in ihrer Magengegend fest gesetzt hatte. Jedoch fühlte sich Dido noch ganz beschwingt, hatte der Vogelmann sie sogar angesprochen, Königin von Karthago. Was er mit Humus und Humor meinte? Dido verstand es nicht. Die junge Sklavin zupfte an ihrem Haar herum und dachte über die Worte nach, schließlich wollte sie lernen, erfahren, wie man so ein Sklave wie Sciurus wurde und das hier gehörte eindeutig alles dazu. Sie übte sich in würdevollem Ernst, glaubte es in der Situation zu offenbaren müssen und ließ ihre Augen nicht von Sciurus Rücken weg wandern. Seine Schulterblätter zeichneten sich unter der Tunika ab, bewegten sich geschmeidig bei jedem Schritt den Sciurus tat und Dido hatte das Gefühl einem vorsichtigen und bedachten Raubtier zu folgen, womöglich eine Wildkatze, nein, mehr einem Schakal, der sich gewitzt an seine Beute heran schlich. Bunte Lichtflecken zeichneten sich auf Didos heller Haut ab, glitzerten und funkelten über den Glanz in ihren Augen, spiegelten sich in der Farbe ihrer Iris wieder, das dem lieblichen Mittelmeer so ähnlich war, von Blau zu Grün changierte. Ein Schatten durchbrach das Lichtmuster und bedeckte Dido, der Mann mit dem nach Blut lechzenden Hund erhob sich.


    Flackernd zeichnete sich das Licht eines Öllampenständers auf den Gesichtszügen des älteren Mannes wieder, warf tiefe Schatten auf den knorrig, verdorrten Antlitz, formte scharf die lange Nase in seinem Gesicht, die tiefen Tränensäcke, die welke Haut und die zahlreichen Pockennarben auf seinen Wangen. Der Hund schlich um seinen Herrn herum, drückte seinen Leib an dessen Beine, die von einer langen Tunika bedeckt waren. Von seinem Daumen schnellte eine silbern schimmernde Münze, sie wirbelte zwei Mal durch die Luft, drehte sich herum und fiel hinab auf seinen Handrücken. „Eine Pharaonin schlägt niemals den Kaiser. Doch schwebt die neue Sonne am Himmel.“ Das Abbild des Augustus glänzt auf der Rückseite der Silbermünze. Dido drehte an einer blonden langen Haarsträhne und sah groß zu dem alten Mann, den sie nicht verstand. Genauso wenig die Antwort, die Sciurus erwiderte und Dido ins Grübeln brachte: "Die Schwingen des Nachtvogels verdunkeln das Firmament." Der Alte, Pardus war sein Name, nickte bedächtig und griff unter seinen Umhang. „Zwei Boote in der Nacht. An der Statue der Göttlichen!“ Gebannt verfolgte Dido das Gespräch, sah die gelassene Haltung von Sciurus und bewunderte ihn noch sehr viel mehr. Oder verdeckte der flavische Sklave seine Vorsicht hinter der kühlen Miene des Stoizismus? Ein Paket in braunem Linnen gehüllt wurde an Sciurus weiter gereicht, eine blaue Tonscherbe erhielt dafür der alte Pardus, der damit sehr zufrieden schien, gleichwohl Dido keinen Wert in der bunt bemalten Scherbe erkennen konnte. Pardus drehte sich um und ging zu seinem Stuhl zurück, der vorlaute Gecke wich dem alten Mann, der behäbig in seinen Bewegungen war, mit respektvoller Miene aus. Dido spürte einen Herzschlag lang den Blick von Sciurus auf sich, sah zu ihm hoch und meinte sich getäuscht zu haben, denn Sciurus ging bereits auf den Ausgang zu, schien die feiernde Gesellschaft nicht länger mit seiner Anwesenheit beehren zu wollen. Dido blieb an der Tür stehen und warf einen letzten Blick zurück auf die illustre Runde der besonderen Art. Betörend ließ eine feurig dunkelhaarige Frau mit ausladenden Rundungen ihre Hüften kreisen, drehte herum und schlug mit zwei Holzschellen im Takt gegeneinander. Zwei Gesellen sprangen auf und zückten lange Dolche, gar schon Sicae, die sie sich in den Leib stoßen wollten. Dido lächelte dünn und wirbelte herum, um schnell ihrem neuen Mentor zu folgen, der sie in die düster schöne Welt geführt hatte.


    Braune Blasen stiegen an die Oberfläche der stinkenden Brühe, die zäh durch den Kanal hindurch floss. Eine schwarze Ratte schwamm durch die Mischung aus Fäkalien, Dreck, Abfällen und tierischen Überresten, ein halb verfaultes Fleischstück in der Schnauze, ihr glatter Schwanz bewegte sich wie eine Schlange durch das schlackig, ekelhafte Wasser, sie erreichte das Ufer und kletterte über einen halb verfallenen Stein hinauf auf den Steinrand, legte die glatten, fleischfarbenen Öhrchen an und huschte in ein Loch als Schritte sich näherten. "Du wirst deinen Nutzen unter Beweis stellen, ehe ich mich um die andere Angelegenheit kümmern werde." Dido nickte ernsthaft und blieb stehen als Sciurus verharrte. Er deutete auf ein schmales und enges Loch, das sich neben den beiden Sklaven in die Dunkelheit hinein bohrte. "Mit deiner schmalen Gestalt wird es dir leicht fallen, hier hindurch zu kommen. Gib das an Opilia weiter." Dido nahm das Linnenpaket entgegen, es schauderte sie in die Schwärze klettern zu müssen, doch der stechend kalte Blick von Sciurus ruhte auf ihr. Wenn sie jetzt kniff, dann würde sie in seinen Augen nichts wert sein. Sie biss sich auf die Lippe und kletterte in die Dunkelheit, Feuchtigkeit spürte sie unter ihren Fingern, modrig und moosig, widerlich war der Gestank, doch Dido kroch langsam tiefer in die Schwärze hinein. Immer weiter und weiter, es ging etwas hinauf und Dido rutschte zwei Mal ab, weil sie sich nur mit einer Hand fest klammern konnte. Ihr Kinderherz klopfte wild und zuckte in die Höhe als sie ein Piepen in ihrer Nähe vernahm. Dido unterdrückte einen wimmernden ängstlichen Laut, eine Träne, weil sie sich heftig gestoßen hatte, aber auch der Furcht wegen, ran an ihrer Wange herab, schließlich glomm ein einsames Licht. Erleichtert krabbelte Dido schneller, rutschte halb über den feuchten Boden. Das Licht wurde kräftiger und dann sah Dido eine Öllampe, die in den Händen einer Gestalt ruhte. Dido verharrte und zögerte, was, wenn das jemand anders war? „Opilia?“, flüsterte sie leise. „So ist es, Mädchen. Komm her!“ Dido rutsche näher heran, das gelbe Licht fiel auf Didos Gesicht und die weichen Gesichtszüge einer reiferen Frau, die sich vorbeugte und Dido musterte. „Ein Kind...tsts...und geweint hast Du auch. Hast Du Dir weh getan?“ Böse funkelten Didos Augen als Antwort. „Ich habe nicht geweint, das ist das Wasser von der Decke. Ich soll Dir etwas geben!“ Dido reichte das Bündel an die Frau weiter, die das Tuch zur Seite legte und auf den Inhalt sah, der sich Dido weiterhin verschloss. „Sehr gut!“ Sie packte das Bündel zurück und reichte Dido einen handgroßen hölzernen Kasten. „Gebe ihm das. Und meine ergebenen Grüße. Die Katze wird die Arbeit erfüllen.“ Dido starrte der Frau verwundert hinter her, doch das Licht wanderte schon hin fort, ohne dass Dido sehen konnte, wo sie überhaupt war.


    Eilig drehte sich Dido in der Enge um und kletterte zurück. Sie rutschte den Rest zurück und aus dem Loch der Cloaca wieder auf den steinernen Sims. Wortlos reichte sie den kleinen Kasten an Sciurus weiter. Dido hatte sich nicht getraut dort hinein zu schauen. Sie räusperte sich und sprach die Worte, die Opilia ihr ausgerichtet hatte. Es verwunderte Dido nicht, dass Sciurus das mit erneut kühler Gleichmut hin nahm.

    „Traxos der Große ist flink wie ein Wiesel, stark wie ein Löwe und hinterhältig wie eine Hyäne, grausam macht er alle nieder, die sich ihm in den Weg stellen. Und er lässt keinen seiner Gegner am Leben. Ja, selbst die, die begnadigt werden.“ Grünblaue Augen richteten sich kalt auf zwei Braune, ein kühles Lächeln umspielten die Lippen der jungen Sklavin als sie sich zu dem Straßenjungen Corvax vorbeugte und mit einem Zweig unter seiner Nase herum wedelte. Corvax machte einen Schritt zurück und rümpfte die Nase. „Du warst doch selber niemals in der Schule. Woher weißt Du das?“ Dido lachte gehässig. „Wir haben einen Gladiator in der Villa. Jawohl und ich weiß, dass ich bald in die Schule gehen werde, wo er lernt. Und dann werde ich auch bald eine Amazone und schneide Dir die Nase ab.“ Dido grinste triumphal als sie den Neid in den Augen von Corvax sah. „Aber jetzt zum Geschäft. Wo sind sie?“ Dido trat näher an den Jungen von neun Jahren, dessen magere Gestalt von lumpigen Fetzen bedeckt wurde und der ein braunes Stirnband trug. „Hier!“ Er reichte einen Beutel an Dido und zog ihn im letzten Moment zurück. „Fünf Sesterces. So war es abgemacht!“, fauchte er als Dido schon nach dem Sack greifen wollte. Dido musterte ihn kalt und durchdringend, das hatte sie sich vom Sklaven Sciurus ab geschaut und versuchte ihn schon seit den Saturnalien nachzumachen, bislang war es ihr nicht gelungen, was man auch daran merkte, daß Corvax nicht im mindesten von ihrem Blick eingeschüchtert war. So seufzte Dido und griff in ihren Beutel, wo ihre Zwille steckte, Kreide und auch einige Münzen, die sich erspart und erflunkert hatte, die goldenen Zeiten bei ihrem Herrn waren schließlich vorbei, seit jener wieder unter der Fuchtel seiner Großmutter in Baiae weilte. Sie zählte die Münzen ab und reichte sie an Corvax, der den Sesterzen anhob, ihn im Lichte betrachtete und dann auf das Metall biß. „Gut..hier hast Du es!“ Er steckte die Münzen ein und reichte Dido den Beutel. Zufrieden drückte Dido den Beutel an ihre Brust. „Dido!“, hörte die junge flavische Sklavin ihren Namen, von einer Männerstimme. Sie sah auf und zu dem nächsten Stand, an dem Geschmeide und Duftöle angeboten wurden. Sie nickte Corvax zu, der sich bereits aus dem Staub machte und trottete missmutig zu Hannibal, der erneut ein Familieneinkauf aus dem Ganzen machte.


    „Ja?“ Hannibal sah in Richtung des Jungen und dann zu Dido. „Die Kinder sind nichts für Dich, vergiss nicht, Du bist eine Sklavin einer Patrizierfamilie!“ Dido rollte mit den Augen. „Natürlich nicht...“....Blödmann!, wollte Dido anfügen, verkniff es sich in Anbetracht, dass das der vertrauteste Sklave von dem Vater ihres Herrn war, dem Dido letztendlich gehörte. Der Sklave konnte sie Maßregeln, wenn er es wünschte. Aber Dido wusste, daß Hannibal zu weichlich dafür war, so ließ sie sich erneut auf den Einkauf ein, trottete an der Seite des anderen Sklaven und ein weiteres Mal zu dem Sklavenmarkt, auf den Hannibal seit den Saturnalien immer wieder schaute, nachdem ihm der letzte Sklave so dicht vor der Nase weg geschnappt wurde. „Kaufen wir einen Gladiator? Oder einen Löwenjäger?“ Dido spürte den verwunderten Blick der braunen Augen von Hannibal auf sich ruhen. „Nein. Was sollen wir damit?“ Dido zuckte mit der Schulter. „Sie sind nicht so langweilig.“ Es erstaunte Dido nicht, daß Hannibal nur mit den Schultern zuckte, seufzte und langsam an den Ständen vorbei ging. Vor einem riesigen Nubier blieb Dido stehen und betrachtete den Mann mit seinem Gepardenfell, das sein Gemächt bedeckte, aber nicht die dicken Muskelstränge. Dido stellte sich vor, wie jener Mann wohl im Kampfe gegen zwei Löwen war und ob er schnell oder langsam von ihnen zerfetzt wurde. Erst dann bemerkte sie, dass Hannibal schon weiter war und vor einem Stand halt machte wo...ja, eine Frau stand mit noch helleren Haaren als Dido sie hatte. Dido starrte hinauf und dann zu Hannibal, der aufmerksam die Rede des Sklavenhändlers gehört hatte. „Fünfhundert für die junge Sklavin!“, hörte Dido den flavischen Sklaven rufen, zudem die Frage. „Spielt sie auch ein Instrument oder kann sie singen?“ Dido öffnete derweil den Beutel und fuhr mit den Fingern durch den Inhalt, der leise klimperte und melodisch an einander schlug. Dido lächelte zufrieden und hob eine einzelne Kugel hervor, gefertigt aus blauem Glas, das mit roten und weißen Mustern durchzogen war.

    Tripp, trapp. Schritt für Schritt, in den Wirrgarten hinein, verschlungen, undurchsichtig in seinen Irrwegen; Schlangen, die sich durch den Leib Roma, der Ewigen, hindurch wälzten, träge Wassermassen, schmutzige Kadaver trieben vorbei, Ratten, Ratten und noch mehr von den Nagetieren. Eindringlich prägte sich die Umgebung in des Mädchens Geist hinein. Der Stank des widerwärtigen Gemisches konnte nicht von einem Fluss stammen, der die elysischen Gefilde umrahmte, es war der Begleiter in eine düstere Welt, die sich wundersam jedoch vor der jungen Sklavin auftat, mit funkelnden Sternenlichter im Bauche der Erde, mit grotesk komödiantischen Figuren, die Plautus oder Menander nicht besser hätte entwerfen können. Angewidert wollte sich Dido der Hand des Mannes entwinden, Sciurus kam ihr jedoch zuvor und Stolz keimte in Dido auf. Sie, die doch mehr unbedeutende Dido aus der barkasischen Sklavenlinie, stand unter dem Schutze von Sciurus höchst persönlich. Rumps, die Tür schloß sich hinter ihnen, nun waren sie wahrhaftig im Tartaros und Dido hoffte, dass sie auch wieder heraus gelassen wurden. Blaugrüne Augen ergründen fasziniert ihre possierlich verkehrte und schöne Umgebung, wichen jedoch nicht von der schützenden Gestalt des flavischen Sklaven weg.


    Würfel rollten, sie sausten über einen fettig beschmierten Tisch, der gut Freund mit billigem Weinfusel war, durch eine Lache kullerte der Knochen, ruhte auf einer Kante und fiel auf den Rücken. Ein grober Fisch starrte dem besagten Einäugigen entgegen, dessen Name lange Vergangenheit war, von allen nur noch Fundus genannt. Ein pockennarbiger Mann mit karottenfarbenen Gestrüpp auf dem Kopf lachte laut auf, einer Ziege nicht unähnlich, und klatschte sich in die Hände. „Magnifica! Fisch und Auge, genau was Dir fehlt, Fundus! Gnhihi!“ Fundus verzog nicht das Gesicht bei dem keifenden Gelächter, sondern griff mit seinen fleckigen Händen nach den Würfeln, seinen Würfeln, von denen man behauptete, sie waren aus dem Knochen des ersten Mannes geschnitzt, der ihn beim Spiel betrügen wollte. Die Würfel rollten! Fasziniert blieb Dido unter den bunten Glasscherben stehen, wollte sich recken, um nach einer zu greifen, doch eine dicke Frau stieß sie zur Seite. „Aus dem Weg, Kleene. He, Goldlöckchen...“, warf sie Sciurus zu. „Der Traum meiner schlaflosen Nächte bisde. Willsde nich' endlich meene Gebeete erhör'n?“ Grinsend zwinkerte die dicke Ansera dem flavischen Sklaven zu, wog verführerisch ihre prallen Hüften und wackelte weiter bis zum nächsten Platz der erlauchten Runde, wo sie zwei tönerne Humpen mit Cervisia vor einen Mann stellte, der seine Hand auf ihren Hintern klatschte als sie sich umdrehte. „Du solltest Deenen Mund zumachen, Kindchen. Sonst verschluckste noch 'ne Fleddermus!“, raunte die dicke Ansera Dido zu als sie an ihr vorbei watschelte. Mit einer Hand drückte sie das Mädchen auf einen Stuhl herunter, mit der Anderen schob sie ihr eine Essensplatte herüber. Das, was Ansera in dem Augenblick Sciurus zuflüsterte, ernst und gar nicht mehr mit Schalk, verstand Dido nicht, obwohl sie aufmerksam nach oben starrte und die Handbewegungen der Dicken betrachtete, doch die Worte schienen noch nicht mal Latein zu sein, zumindest konnte Dido nichts davon enträtseln.


    „Ein Kind?“ Ein Lachen neben Dido ließ das junge Mädchen herum fahren, ein Mann mit einer Glatze, dafür umso mehr Narben als Haare, beugte sich vor, seine braunen Augen glitzerten amüsiert, aus seinem Mund drang der intensive Gestank nach ordinärem Fusel als er sich bis direkt neben Dido beugte. „Ha, der kühle Eisklotz zeigt also doch noch menschliche Seiten. Ein Kind! Ho! Ha!“ Das Leder seines Brustpanzers, verdreckt, speckig und an vielen Stellen lädiert, knarrte als sich Milvus zurück lehnte und nach einer Frau griff, sie an ihren schmächtigen Hüften an sich und auf seinen Schoß. „Hoi, Sciurus, hätte ich gewusst, dass Dich Kinder mehr anregen, hätte ich für Dich schon längst ein flottes Mädchen mitgebracht. Statt die hier! Frisch aus Aquitania!“ Glasig starrten die Augen der jungen, brünetten Frau auf den fleckigen Boden vor ihr, die groben Berührungen an ihrem malträtierten Körper schien sie nicht mehr zu bemerken. Blaue Flecken zierte ihre Wange und ein Platzwunde an ihrer Lippe, Milvus verzog seine Lippen zu einem breiten Grinsen und lehnte sich gemütlich zurück auf seinen Stuhl. „Sciurus und ein Mädchen...ha, vortrefflich...der schweigsame Sciurus hat doch...“ Eine heisere Stimme unterbrach ihn. „Halt's Maul, Milvus! Keiner will Dein Geschwätz heute ertragen oder soll ich Dir noch einen Finger abschneiden?“ Hastig zog Milvus seine Hand von der Tischplatte und verstummte in seinem großmäuligen Palaver. Beeindruckt sah Dido zu dem Urheber jener Stimme, konnte jedoch nur den Schatten von einem Gesicht unter einer Kapuze aus schwarzem Wollstoff erkennen, eine Nasenspitze, die aus der Dunkelheit hervor ragte. Ein Bluthund lag zu dessen Füßen, das Tier hob den Kopf, zog seine Lefzen zurück und knurrte leise, aber eindringlich, nur die Hand seines Besitzers an dem stachligen Halsband ließ das Tier auf dem Boden verharren. Dido schluckte und versuchte sich etwas kleiner zu machen als sie war, aus den Augenwinkeln beobachtete sie Sciurus und bewunderte ihn noch sehr viel mehr, da er sich mit einer verblüffenden Leichtigkeit zwischen all diesen Menschen bewegte und nicht nur respektiert wurde, von scheinbar manchen sogar gefürchtet. Oder bildete sich die kleine Dido das nur ein?


    „Drei...“ Ein Husten unterbrach den Mann, der Didos Aufmerksamkeit in all dem Treiben errang, wahrscheinlich weil der blasse und ernst drein schauende Römer keine Ausgeburt der Hässlichkeit war, aber dafür mit einem schlimmen Husten geplagt, den er in ein blutbeflecktes Tuch hinein hauchte, und so gar nicht in die Umgebung zu passen schien. Sogar eine Toga, wenn auch alt und verschlissen, trug der Mann. Er schien mehr ein Gelehrter oder erfolgloser Politiker zu sein. Ein grobschlächtiger Kerl mit bloßer Brust, die von zahlreichen Narben bedeckt wurde, mampfte neben ihm vom Festtagsschmaus. „Dreihundert für einen Abend?“, brachte der Togaträger hervor. Der Zweite nickte und entblößte eine Reihe von schiefen, gelblichen Zähnen. „Jo!“, grunzte er. Der Togaträger seufzte resigniert und hustete in sein Tuch. „Da sage mal einer, der Stylus ist schärfer als das Gladius.“ Didos Augen wanderten weiter, betrachteten all die kleinen Wunder an Menschenpracht bei der etwas anderen Saturnalienfeier, sie kam immer noch nicht aus dem Staunen heraus. Erneut war es Ansera, die Sciurus etwas zu flüsterte, gebannt verfolgte Dido das Spiel ihrer Hände und war sich nun sicher, auch das musste etwas bedeuten, oder liebte es Ansera einfach nur, derartig verschlungene Zeichnungen mit ihren kurzen und dicken Fingern in die Luft zu malen, die sich doch erstaunlich flink und elegant bewegten, kein bisschen Behäbigkeit offenbarten? Ein Mysterium, darum wunderte Dido sich nicht, dass es bereits weiter ging, große Schritte der Erwachsenen, die Dido mit Drei ihrer Kinderbeine antworten musste. Ein Torgewölbe unterschritten sie aus großen Quadern geformt, sonst verschlossen mit dicken Türen, auf denen schwarze Fratzen gemalt waren, in Gestalten von Gorgonen, deren Haare sich in Schlangenformen am Holz entlang wandten und dessen Schuppen durch die Maserung des Holz gebildet wurden; schummrig leuchteten zwei Fackeln im angrenzenden Raum.


    „Mh, hm.
    Strahlend waren ihre Wangen, leuchtend rot.
    Weiß ihre Haut, glänzend ihre blauen Augen'lein.
    Schön ihr Antlitz, wallend das Haupte fein.
    Weich ihr Fleisch, doch ihr Leib war tot.
    Mh, hm!“


    Irritiert sah sich Dido um und erkannte eine Kreatur, die mit ihrem Fuß an die Wand gekettet war, ein brauner Leinenfetzen bekleidete sie und sie war nicht größer als Dido, ihr Haupt dafür grotesk groß, größer als das eines Kindes, ihr Körper eindeutig mit den Rundungen einer Erwachsenen. Mit einer Hand drehte sie an ihren fettigen Haaren und starrte Dido mit einem breiten und zahnlückigen Grinsen an. „Sei still, Forma!“ Eine sanfte Stimme durchdrang den Raum, fehl geleitet in die grobe Welt des römischen Tartaros. Die Kreatur verstummte in ihrem disharmonischen Summen, gaffte unverwandt Dido an, die sich schnell hinter Sciurus stellte und den Blick von der Frau nicht abwenden konnte, deren Gesicht grobschlächtig war und nur deren Augen eine Schönheit offenbarte, die der Name andeutete. Aber irr war das Flackern in ihren rehbraunen Augen.


    Schwärze verbarg ihn, vermochte nicht zu deuten, ob es seine Stimme war oder die eines Anderen. Aus dem Schatten löste sich eine Frau mit hüftlangen, schwarzen Haaren, einem vollschlanken Leib, der sich wie ein Halm in der lichten Sommerwiese bewegte. Ihre bloßen Füße traten über dreckigen Boden hinweg, ihre Finger strichen über Sciurus Schulter. „Das ist also Sciurrrhus!“, schnurrte die Dunkelhaarige mit einem ausgeprägt orientalischen Akzent. „Sciurus?“, ertönte die Stimme, die Weiche, die so hart wie Stahl sein konnte. Goldbraune Augen betrachteten Sciurus, wanderten zu Dido und die Frau trat an den Rücken von Sciurus, zwischen ihn und Dido.

    [Blockierte Grafik: http://img155.imageshack.us/img155/3671/hannibal2yq4.jpg]
    Hannibal, mittlerweile ohne verdächtige Spuren seines nächtlichen Treibens, alias Hannibal


    Ein belustigtes Lachen drang von Hannibals Lippen, nicht laut, mehr verhalten. „Severus? Naja, der Flavier mag noch so sehr auf seine schlechte Komödie bestehen...“ Hannibal verharrte und fuhr mit einer Hand über sein nasses Gesicht, wischte auch noch die letzte Schminke von seiner Wange. „...oder Tragödie, wie auch immer...“ Hannibal seufzte leise in sich hinein. „Aber es ändert nichts daran, wer Du bist, Germane. Egal wie Dich der Flavier auch nun nennen mag und sich damit etwas vormacht.“ Hannibal ließ die Hand herab fallen, die wieder in den Bottich mit dem warmen Wasser zurück sank. Ernst betrachte Hannibal den Germanen und wusste einen Augenblick nicht, ob er nicht den Germanen für alles verantwortlich machen konnte. Nein! Nein, Hannibal schüttelte den Kopf und verdrängte den Gedanken wieder, so schnell er auch gekommen war, wie ein Dolch in der Nacht, der von einem Mann der Subura geschwungen wurde. Genauso verletzend, genauso unangenehm, Hannibal wollte darüber nicht mehr nachdenken. So kam er zu dem zurück, was ihm eindeutig mehr Vergnügen brachte, das eindringliche Betrachten von Rutger. Dieses wilde Funkeln in den Augen, entzückend. Hannibal mochte solche Männer, je ungestümer sie waren, um so mehr. Das anzügliche Grinsen auf seinen Lippen wurde breiter, Hannibal lehnte sich gegen die Wand des Bottiches und ließ sich in keinster Weise durch die Abwehrhaltung des Germanen beeindrucken. „In Rom? Soso...“, murmelte Hannibal in seinen geopferten und somit nicht mehr vorhandenen Bart hinein.


    Im Moment war er noch etwas zu sehr amüsiert, um die ganzen Zusammenhänge zu verstehen, sie in sich aufsteigen zu lassen. Außerdem war ihm die Flavia egal und somit auch, ob ein Verbrechen an ihr gesühnt wurde, schließlich hatte sie sich nicht nur zickig ihnen, Sciurus und Hannibal, was ihn nicht sehr erschüttert hätte, gegenüber benommen, sondern sich sogar noch als recht undankbar erwiesen und am Schluß versucht, Schande über die Familie zu bringen, in dem sie sich in die Arme des nächst besten Mannes warf. Gut, der PP war nicht gerade der nächst beste Mann und hätte bestimmt auch Wohlgefallen von seinem Äußeren bei Hannibal gefunden, aber dennoch befand Hannibal, dass sein Engagement für die loyalen und vorbildlichen Teile der Familie mehr angebracht war als für die schwarzen Schafe.*


    Ist da ein Zaudern bei Hannibal? Wäre ein antiker Chor vorhanden, er würde jetzt auf den Plan treten (was er auch tat, würden wir erneut einen Blick in das Original werfen.)
    Chor: O treuer Sklave der Familie! Sieh, sieh, wohin Dich Dein Pfad geführet hat.
    Sieh! Sieh! Der Familie Schmach kann gerächt werden.
    Säume nicht, o Servus! Diene der Familie göttergefällig.


    Vielleicht war es dann doch das Eingreifen des Chors, der göttliche Wille, des Schicksals Faden, der Hannibal dann letztendlich überzeugte. Mit einer lapidaren Geste mit dem Kinn zu den Kleidern meinte Hannibal: „Naja, eigentlich würde ich meinen: Nein! Das reicht mir nicht. Davon gehe ich schon von ganz alleine aus. Schließlich scheinst Du mir doch kein unanständiger Kerl zu sein, oder?“ Hannibal schmunzelte und beugte sich etwas weiter nach vorne. „Aber vielleicht kannst Du mir mal behilflich sein...in Zukunft.“ Hannibal ließ Rutger weiterhin nicht mit seinen Augen los als er sich wieder in das Wasser zurück sinken ließ. „Die Elefanten haben dieses kleine Lu..ähm..Flavia Minervina in Hispania entführt als die dum...Dame gerade unterwegs war sich an den Hal...in das Haus der Flavier zu begeben. Also, mitten auf der Reise. Sie haben ein Lösegeld von zweihundert Aurei gestellt und sie von einem Eques erhalten, der wiederum die Forderung wohl an den Hausherrn gestellt hat, samt Zinsen wie ich gehört habe. Ein raffgieriger Kerl halt. Und Gracchus hat ihn, meines Wissens nach, auch ausbezahlt. Die Flavia wurde befreit und naja...kam dann irgendwann auch wieder nach Rom...“ Hannibal legte den Kopf zur Seite. „Und diese Elefanten sind hier in Rom? Woher weißt Du das?“ Langsam besann sich Hannibal also doch auf seine Pflichten...



    *Die literarische Prosa erlaubt ein derartiges Abschweifen, dennoch möchte sich das Autor für so viel Geschwafel entschuldigen, womöglich ist jedoch dadurch ein wenig mehr die Intensität der Aufmerksamkeit erklärt, die Hannibal für die Schönheit des Germanen übrig hatte, aber weniger der Familie der Flavier Gerechtigkeit angedeihen zu lassen.

    Wie in einem Taubenschlag ging es im Atrium einher, zahllose Gäste waren eingetroffen, Lachen mischte sich mit den Gesprächen der Gäste, Sklaven und Römer, Geschenke wurden verteilt, zu Didos Verdruss musste sie bemerken, dass die Erwachsenen wohl lieber in Augenhöhe schenkten und nicht hinunter spähten, dort, wo sie stand. In dem Augenblick wünschte sich Dido erneut ihren Herrn hier her, denn Serenus war immer in der Lage genug Aufmerksamkeit und Lärm zu veranstalten, damit auch niemand Dido und ihn vergaß. Die junge Dido verzog ihren Mund zu einem beleidigten Schmollmund, verschränkte trotzig die Arme und presste das einzig kostbare Geschenk, was sie erhalten hatte, an ihre magere Brust. Noch würde sie es nicht wagen, in den Beutel, den ihr Sciurus geschenkt hatte und der somit noch viel wertvoller war, hinein zu spähen, erst wenn die möglichen Neider und gierigen Blicke entschwunden war, sie Ruhe und Stille um sich hatte, dann würde sie nachsehen, was ihr der Sklave von der Gabenwand gepflügt hatte. Stattdessen beobachtete Dido erst einmal, ließ ihren Blick durch das Atrium schweifen und verharrte erneut bei dem Sklaven, den sie so gar nicht mochte.


    Mit verschränkten Armen stand Hannibal an einer Säule gelehnt, gekleidet in der dunkelgrünen Tunika, die mit einem schlichten braunen Ledergürtel verziert wurde. Dido veränderte schnell ihre Körperhaltung, wollte sie doch keinen Zweifel aufkommen lassen, keine Ähnlichkeit zu dem Mann dort zulassen. Intensiv und kalt starrten ihre blaugrünen Augen den Mann an, der seinerseits zu einer Gruppe der Menschen hinüber sah. Dido folgte dem Blick und erkannte einen der Sklaven der Villa, der Germane Severus. Das Gesicht der jungen Dido verzog sich verächtlich, denn sie fand, der Sklave hatte noch ziemliches Glück gehabt, dass er nicht am Kreuz gelandet war. Sie entsann sich noch gut, wie abfällig Serenus darüber gesprochen hatte. Aber so sehr Dido auch versuchte, den Mann als ziemlich dumm und viel zu rebellisch zu halten, so musste sie auch immer wieder den Neid nieder kämpfen, denn Dido hatte gehört, dass der Sklave ein richtiger Gladiator wurde. Außerdem wusste Dido nicht so recht, ob sie nicht lieber den Herrn verachten sollte, der doch so lasch mit seinem Sklaven umging. Oder war der Germane so geschickt im Intrigen spinnen, dass er gar den Herrn trotz aller Vergehen um seinen Finger gewickelt hatte? Wie Sciurus mit seiner Dienstbeflissenheit es bei seinem Herrn geschafft hatte? Didos Augen verschmälerten sich und sie sah den Sklaven nachdenklich an, sah zurück zu Hannibal und war etwas verwundert.


    Der starrte immer noch zu der Gruppe, aber wen genau sah er an? War es einer der beiden blonden Germaninnen, Keltinnen, oder was auch immer sie waren, was Dido nicht genau erkennen konnte? Und den Gesichtsausdruck fand Dido auch komisch, es hatte so etwas raubtierhaftes, wie wenn Nero darauf wartete eine Katze zu erwischen. Oder sah Hannibal den Germanensklaven so eindringlich an? Dido sah zurück und wieder hin und suchte danach, das komplizierte Netzwerk der Sympathien und Antipathien in der Villa Flavia zu ergründen, denn damit glaubte Dido, selbst ohne ihren Herrn, in der Villa bestehen zu können. Man musste nur wissen, wer sich nicht mochte, wer sich hasste und wer verbündet war und anschließend suchte man sich das richtige Lager aus. Gelangweilt wandte sich Dido schließlich ab, als die Keltin sich an den Germanen ran machte. Genau so eine Sklavin wollte Dido gewiss nicht werden. Dido trat von einem Bein auf das Andere und seufzte in sich hinein, sie mochte Feste nicht und hätte lieber was anderes gemacht, aber die Vorfreude auf das, was heute Nacht womöglich noch kommen würde, erfüllte sie dann doch wieder. Sie spürte einen Blick auf sich, sah, dass Hannibal kurz zu ihr sah und wandte sich demonstrativ ab. Sie hatte sich schon ihr Lager ausgesucht und das war ein anderer blonder Sklave - Sciurus.

    Geräuschlosigkeit in all ihren Arten, die hinwieder doch kein Silentium war, sondern nur ein trügerisches Täuschen einer Stille umhüllte die kleine Dido, genauso wie der milchige Nebel, der seine Tränen auf ihren dunkelgrauen Umhang legte, als ob die Nacht selber darüber weinte, dass Dido mit jenem Abend in eine andere, weniger unschuldige Welt hinab steigen würde. Ein wenig ihrer munteren Kindheit würde Dido verlieren, ihrer Naivität, was die Macht und die Welt um sie herum anging. Von der Ferne drang ein helles Kläffen durch den feuchten Dunst, das Klappern von Schuhen folgte, ein Fensterladen wurde geschlossen und ein rauhes Husten verriet, ein weiterer nicht nachtscheuer Geselle war an ihnen vorbei gegangen, gar um all den Lokalitäten auf der Tiber Insel zu frönen, die es dort zahlreich gab und ein Pfuhl von Laszivität darstellte. Matt spiegelte sich das Licht wieder, der Nebel zerrte gierig an der Helle, als ob es neidisch auf den goldenen Glanz des Feuers war. Dido tastete das dritte Mal nach ihrem Beutel, der ihre Zwille enthielt. Zahlreiche scharfe und runde Steine, aber auch ein Daumen langes Küchenmesser, das sie am heutigen Abend aus der Culina gestohlen hatte. Der Wunsch nach einem Dolch war ihr, wie sie erwartet hatte, nicht erfüllt worden.


    Mit den Augen suchte Dido danach die undurchdringliche Wand zu erkunden, dahinter das jenseitige Land zu erkennen. Ein wohliges Schaudern rann über Didos nackte Haut an den Beinen, zog unter ihre Tunika und den wollenen Umhang und kräuselte das feine blonde Haar an ihrem Nacken. Ernst richtete Dido ihre Augen auf Sciurus, denn eine Unterwelt von Rom war dem jungen Mädchen gänzlich unbekannt. Obwohl, hatte sie da nicht einst eine Karte gehabt, die sie in einem wagemutigen Moment aus dem Gemach jenes Mannes neben ihr gestohlen hatte? Ein schlechtes Gewissen keimte in Dido auf, das sie tapfer herunter kämpfte, um sich nichts anmerken zu lassen. Dido fiel keine gute Erwiderung ein, die sie Sciurus sagen konnte. Stumm bewegte sich ihr Kinn auf und ab, was auch immer sie dort erwartete, Dido würde sich nicht fürchten. Das nahm sie sich ganz fest vor. Zumindest würde sie alles daran setzen, Sciurus nicht zu enttäuschen. Dido strich ihren Umhang zur Seite, eine kleine Blendlaterne erschien unter dem grauen Stoff, die Seiten waren mit Leder abgedeckt, nur eine schmale Lücke ließ das Licht heraus glimmen. Für die nächtlichen Straßen war die Laterne gänzlich ungeeignet, aber nun ahnte Dido, warum Sciurus ihr die Laterne gereicht hatte als sie aus der Villa Flavia gegangen waren.


    Eine Hand legte Dido auf den spröden Stein und das Holz, was Teil der Brücke war und sah hinab in die dunklen Strudel, Dido war ganz aufgeregt und an der Seite von Sciurus fühlte sie sich stark, darum folgte sie ihm ohne zu zögern, an ihrem Handgelenk baumelte nun die Laterne, während sich ihre Finger um das rostige Eisen schloss, das die Streben einer Leiter bildeten. Wassertropfen benäßten ihre Stirn als Dido sich vertrat und eine Strebe, die einfach viel zu weit weg für ihre kindlichen Beine war, verfehlte, sie rutschte ein Stück herunter und stieß mit dem Knie gegen scharfen Stein. Ein leises: „Au!“, kam von ihren Lippen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, über den Schmerz, doch sie rappelte sich schnell wieder auf und wollte nicht kindisch wirken, wenn gleich ihr nach Weinen zu mute war. Es brannte an ihrem Knie und sie zog den Umhang zur Seite, feine rote Bluttropfen rannen an ihrer hellen Haut hinunter, ihr Knie war aufgeschürft. Als sie den Blick hob, erschrak sie, denn Sciurus war hin fort, verschwunden, verdutzt sah sich Dido in der Dunkelheit um, die sie mit den Nebelschwaden umarmte.


    "Sciurus?", das Flüstern erstarb auf Didos Lippen ehe sie es ganz in die Nacht erheben konnte. Sie stand auf einem schmalen Steinsims, tastete sich an großen Blöcken einer Mauer vorbei, an dem glitschiges Moos hochwuchs, ein Käfer krabbelte aus einer Spalte und über große aufgerissene Augen. Dido blieb stehen und hob die Hand, um die verzerrte Fratze zu berühren, die aus einem großen Steinblock der Mauer heraus ragte, Orcus Diener persönlich schien ihr entgegen zu starren. Erst da bemerkte sie einen dunklen Eingang. Einen Schlund, der sich vor ihr auftat. Dido schluckte und fühlte dann doch ganz plötzlich die Angst und Furcht in ihr, das Mädchen sah sich nach hinten um, nein, da war auch kein Sciurus. Sors, hilft mir, dass mich Orcus wieder hinaus lässt, die Worte formten sich in Didos Geist, dann trat sie in die völlige Dunkelheit. Ein lautes Aufquietschen musste die junge Sklavin unterdrücken, denn Dido trat auf etwas Großes und Weiches. Schnell griff sie nach der Blendlaterne und sah Ratten, Dutzende von Ratten, die sich auf dem uralten Steinrand der Cloaca tummelten. Dido scheute keine Ratte, sonst würde sie ihres Lebens in der Sklavenunterkunft nicht froh werden, aber die Masse der Nagetiere, die ungleich größer als die Tiere in der Villa waren, erschrak Dido. Sie presste ihre Lippen aufeinander und hob die Laterne, die auf eine Gestalt traf, Sciurus Gesicht beleuchtete und Dido unendliche Erleichterung schenkte. Dido senkte die Laterne, um Sciurus nicht zu blenden.

    Zitat

    Original von Sciurus


    Fröhlichem Gezwitscher gleichend brandeten die Stimmen um Dido, waren doch nun viele Gäste eingetroffen, die sich gleich zu kleinen Grüppchen zusammen rotteten und ihren seltsam grotesken Bräuche und ewig den selben Gesprächen frönten, so erschien das oft der jungen Dido, die sich nicht selten maßlos bei den Gesprächen der Älteren langweilte. Aber hier und in dem Moment interessierte sie sich allemal nicht für dererlei, denn ihre Kinderaugen waren ganz auf Sciurus gerichtet, folgte jedem seiner Bewegungen, studierte seine Mimik, um eine Reaktion vorzuahnen und sich zu wappnen, damit sie keine dumme oder kindliche Erwiderung nur parat hatte. Dido wünschte sich in dem Augenblick, dass ihr mehr von den adulten Worten disponibel wäre, die sie Sciurus schenken konnte. Aber so beschränkte sie sich auf würdevollen Ernst, als sich Sciurus zu ihr herab beugte und die Worte wisperte. In Ordnung...es hallte nach als Sciurus Gesicht bereits vor Dido schwebte, ein Strahlen schlich sich in Didos Augen. Er hat zugestimmt? Er? Der große Sciurus würde sie teilhaben lassen an seiner Welt.


    Die Lichter, Kerzen und Öllampen, flackerten auf Didos kindlichem Gesicht, spielten mit den Konturen auf ihrem Antlitz, warfen Schatten neben ihrer Nase, verbargen die großen Augen in dunklen Höhlen, glitzerten auf der feuchten und glänzenden Oberfläche ihrer Iris, die in vielen grünen und blauen Farben changierten. Dido war schon seit langem von dem Ehrgeiz ergriffen, mehr zu werden als nur eine einfache Haussklavin. Niemals wollte sie so enden, wie viele hübsche, blonde Sklavinnen, die sich nur als Bettgefährtin ihrem Herrn ergaben und sich daraus Privilegien erhofften, bis zu dem bitteren Tag, wo sie fallen gelassen wurden als das, was sie nämlich tatsächlich waren, ein Spielzeug, eine sklavische Mätze. Nein, Dido wollte mehr. Und da konnte sie nur von jemanden lernen, der wie Sciurus war. Würde sie sich da auf die faule Haut legen wollen? Niemals.


    „Ich bin nicht arbeitsscheu. Lieber möchte ich Dich begleiten als mich auf die faule Haut zu legen.“ Gar schon feierlich sprach Dido das, sie wünschte, sie hätte es schöner von sich geben können, als nur die Worte von Sciurus zu wiederholen, aber ihr war nichts besseres eingefallen. Aber sie würde Sciurus mit ihren Taten, nicht unbedingt mit ihrer Eloquenz, die sie als Kind freilich noch nicht besaß, überzeugen. Womöglich zählte das auch mehr. „Wann auch immer, ich werde bereit sein, Sciurus.“ Das wollte sie auch. Lieber ließ sie dieses Fest hier sausen um Sciurus in leibhaftigem Wirken zu erleben und ihm nahe sein zu dürfen. Hach, wenn doch Sciurus ihr Vater wäre!! Wenn Serenus Großmutter ihn gewählt hätte für die Zucht der Sklavenlinie, Sciurus war es mindestens tausend Mal mehr wert als Didos tatsächlicher Vater.

    Lustlos trottete Dido hinter ihm hinter her, sie hatte keinen Wunsch danach, das zu finden, wonach jener Mann suchte, der sie mit auf die Märkte geschleift hatte. Was er von Dido wollte, würde Dido ihm niemals geben! Saturnaliengeschenke wollte der Sklave vor ihr zudem einkaufen, wie er das jedes Jahr wohl für seinen Herrn tat, der völlig unfähig schien, das selber zu machen. Dido hätte lieber mit ihrer Zwille geübt und weiter die Tauben vom Dach geschossen, sie zumindest erschreckt. Aber so folgte sie gezwungenermaßen dem Mann, trippelte von einem Stand zum Nächsten und spielte dabei an dem groben Band, was um ihre kindliche Taille gebunden war und ihre schlichte Tunika gegürtet hielt. Dido seufzte theatralisch als der Mann vor einem Schmuckstand länger stehen blieb. Der Mann sah Dido mit seinen braunen Augen an und hob die Augenbrauen. „Jetzt zieh' doch nicht so ein Gesicht, Dido. Vielleicht finden wir noch was schönes für Dich. Was möchtest Du denn gerne haben?“ Didos Augen verengten sich als sie die Worte hörte. Pah! Der wollte sie doch nur kaufen. Sooo billig war Dido aber nicht zu haben, ihre Zuneigung erhielt der Mann dadurch gewiss nicht, im Gegenteil, die Verachtung wuchs nur. Außerdem wollte Dido ihrem Vorbild weiter nacheifern und der Sklave vor ihr war nun mal ein Feind von Sciurus. „Einen Dolch...“, gab Dido maulig zurück. Wie sie es schon ahnte, erhielt sie nur ein resigniertes Seufzen als Antwort und dann ging es weiter. Auch zum Sklavenmarkt kamen sie schließlich, was Dido noch langweiliger fand, aber scheinbar hatte der Sklave nicht vor, doch noch den Wunsch von Didos Herrn zu erfüllen, den kleine Löwen. Schlurfend folgte Dido, starrte auf die Hacken des Sklaven und schenkte dem Angebot auf der Bühne keine Beachtung. Im Gegensatz zu dem anderen flavischen Sklaven, der sich das Angebot anhörte, den Sklaven einen längeren Augenblick musterte. Erst als Dido ein lautes: 100 Sesterces für den Koch!“, von dem flavischen Sklaven vernahm, hob Dido den Kopf, musterte die Ware auf der Tribüne und rümpfte die Nase. Die noch nicht mal zehn Jahre alte Dido konnte sich gar nicht vorstellen, wozu man einen Koch gebrauchen könnte. Ein Gladiator, der war sicherlich eine tolle Errungenschaft, ein Tierbändiger auch, aber ein Koch? Dido, die kulinarischen Genüsse nicht schätzte, senkte den Blick und beachtete das Ganze nicht mehr. Was Hannibal, der andere Sklave, mit dem Koch wollte, würde sie wohl früh genug erfahren...

    Zitat

    Original von Sciurus
    ...


    Honigsüß zerrann das nächste Gebäck auf Didos Zunge, die für kulinarische Genüsse immer zu haben war, aber mehr die Quantität als die Qualität schätzte, selbst nach all die Zeit, wo sie keinen Hunger leiden und nicht mehr nur den mageren Brei der einfachen Sklaven und Kinder ertragen musste. Denn seitdem Dido mit Serenus aß, gab es nur feine Sachen, außer diesen elenden Gerstenbrei, den ab und an auch Serenus zu sich nehmen musste. Genüsslich kaute Dido auf einer honiggetränkten Nuss herum und wollte weiter ihren Elsterraubzug durch die Beutel angehen als eine Hand sie davon abhielt, die nahe ihrem Kopf einen der Beutel von den grünen Zweigen pflügte. Dido, meist nicht um eine dreiste bis manchmal glaubhafte Ausrede arm, wandte sich um und wollte schon ein Sprüchlein bringen, der jedoch im Keime erstickt wurde als sie gewahr wurde, wer denn hinter ihr stand. Der große Sciurus persönlich und er richtete das Wort an sie. Sie, die kleine Dido. Jegliche Worte wie: 'Ich wollte nur nach dem Rechten sehen.', 'Die Beutel hingen schief!' bis hin zu 'Ich dachte, ich hätte da oben eine Ratte gesehen!' schwanden im Abgrund, wurden überdeckt von der Ehrfurcht und dem Respekt, den Dido gegenüber jenem Sklaven verspürte. Große Bewunderung glitzerten in Didos Augen und sie wußte, dass jegliche Ausreden hier völlig fehl am Platz waren, denn Sciurus war...nun, er war nun mal Sciurus und den konnte man nicht so einfach austricksen oder an der Nase herum führen. Darum versuchte Dido so etwas dummes, wie sie befunden hätte, gar nicht erst. Andächtig lauschte Dido den Worten von Sciurus, als ob ein Prophet sich herab gelassen hatte, ihr einer seiner großen Weisheiten und Erleuchtungen mitzuteilen. Dido verstand jedoch kaum ein Wort davon, versuchte jedoch jedes genau sich einzuprägen. Gleich und gleich...ungleicher als gleich, wenn die Tage der Gleichheit vorbei waren. Das musste etwas eminent wichtiges sein. Dido nickte konzentriert, hielt den Mund fest geschlossen, denn sie wollte keinen dämlichen Eindruck hinterlassen, nun, wo Sciurus sie einmal wahr genommen hatte, mit Wort und Tat.


    „Bona Saturnalia.“, erwiderte sie den Gruß und suchte darin einen gefügig- gehorsamen Unterton zu vermengen, aber es war mehr ein ehrfürchtiges Hauchen als ob der Hausherr persönlich vor ihr stehen würde. Aber in gewisser Weise tat er das auch, war doch Sciurus der Herr der Sklaven hier in der Villa, wie Dido fand. Und Dido würde jeden Befehl von ihm prompt und ohne Murren ausführen, den sie wollte von dem Sklaven alles lernen, alles von ihm aufsaugen und ihm nacheifern, damit sie eines Tages auch so gefürchtet wurde wie jener Germane, der ungermanischer nicht mehr sein konnte. Sprachlosigkeit hielt Dido umfangen als sie den Beutel entgegen nahm und eilends dem Befehl von Sciurus nach kam. Sie ging in die Hocke, stützte sich auf dem Tisch ab und rutschte hinab. Den Beutel hielt sie wie einen kostbaren Schatz an sich gepresst, musste ihn dann jedoch schnell an ihren Gürtel klemmen, um mit beiden Händen wieder die große Vase auf den Tisch zu stellen. „Danke.“ Didos grüne Augen, mit dem Stich ins Blaue, sahen zu Sciurus hinauf. Sie wollte noch etwas sagen, was nicht allzu dumm klang, aber so eloquente Worte wollten ihr nicht einfallen. Womöglich war doch ein Sinn darin zu finden, mit ihrem Herrn mitzulernen, wenn er den Hauslehrer bei sich hatte. „Als Sklave darf man nie seinen Platz vergessen. Auch heute nicht.“ Dido suchte schnell noch nach einigen passenden Worten. „Es tut mir Leid.“ Solche Worte entschlüpften Dido nicht grundlos, sie entschuldigte sich niemals, wenn sie es nicht als taktisch kluge Waffe benutzen konnte oder wenn sie es wirklich, wirklich so meinte.


    Aus den Augenwinkeln bemerkte Dido, dass ein anderer sehr bekannter Sklave des Haushaltes eintrat, Hannibal. In einer dunkelgrünen Tunika gekleidet, schlicht und mit einem abwesenden Blick, übermüdet und mit glanzlosen Augen, all diese Details nahm Dido wahr, denn sie hasste Hannibal genauso wie sie Sciurus verehrte. Sie bemerkte den Blick, den Hannibal ihr zuwarf und dann auch Sciurus neben ihr bemerkte. Mit Genugtuung registrierte Dido, dass Hannibal etwas betroffen wirkte. Triumphal wandte sie sich Sciurus weiterhin zu, fühlte einen Genuss darin, dass sie damit den anderen Sklaven treffen konnte. „Sciurus?“, fragte Dido. Suchte danach, sich etwas größer zu machen. „Mein Herr wird für einige Zeit fort sein und ich weiß noch nicht, wann ich nachkommen soll. Und da habe ich mich gefragt...nun...“ Dido zögerte, denn ihr Mut schwand mit jedem Wort, aber sie wollte auf keinen Fall, dass Sciurus sich desinteressiert von ihr abwandte. „...ob ich vielleicht für Dich etwas tun kann...ich meine arbeiten oder so...Aufträge erledigen, was auch immer...“ Enthusiastisch leuchteten ihre Augen, während es in ihr erbebte, in der Erwartung eine Absage zu bekommen oder gar tatsächlich Sciurus kleiner Handlanger werden zu dürfen. Die anderen Gäste bemerkte Dido auch, denn das Atrium füllte sich zusehends.